Deutsche Staatsräson: Wissenschaftler verweist auf neue Bedingungen. Der Direktor des Global Public Policy Institut (Gppi), Thorsten Benner, bezeichnet die Entscheidung von Merz als „schmerzhaft, aber konsequent“. Zur Kritik aus der Union an Merz sagte er Table.Briefings: „Die teils sehr harschen Reaktionen lassen sich nicht durch die tatsächlichen Auswirkungen der Entscheidung auf Israels Verteidigungsfähigkeit erklären, die dadurch in keinster Weise geschwächt wird.“ Er sehe dahinter eher „einen identitätspolitischen Kampf von Teilen der CDU/CSU, aber auch in anderen Parteien“. Sie seien „nicht willens zu der Differenzierung, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel die Politik der Staatsräson 2008 in einer ganz anderen Situation verkündete, als sie heute herrscht.“ Der damalige israelische Premier Ehud Olmert werfe Netanjahu heute selbst Kriegsverbrechen vor. „Angesichts einer mit rechtsextremen Ministern besetzten Regierung muss deutsche Außenpolitik bereit sein zu nuancieren in den politischen Schritten gegenüber Israel.“
Auch Peter Lintl, Israel-Experte der SWP, unterstützt den Beschluss des Kanzlers. Er sagte Table.Briefings: „Warnungen ohne Konsequenzen sind keine Warnungen.“ Lintl verwies darauf, dass Merz ebenso wie Außenminister Johann Wadephul mit ihren Mahnungen gegenüber der Regierung in Jerusalem wirkungslos geblieben seien. Er schloss nicht aus, dass bei einer Ausweitung der IDF-Operationen auf Gaza-Stadt rechtsextreme Minister aus Netanjahus Kabinett wie Finanzminister Bezalel Smotrich und der Minister für nationale Sicherheit, Itamar Ben Gvir, auch in Deutschland mit einem anderswo in der EU bereits in Kraft getretenen Einreiseverbot belegt werden könnten. Markus Bickel