In der Debatte um die Zukunft des Mindestlohns sieht Gewerkschafter Guido Zeitler die Gegenseite in der Pflicht. Wenn die Arbeitgeber nicht zur konsensualen Entscheidungsfindung zurückfänden, stellten sie „die Zukunft der Kommission infrage“, so Zeitler zu Table.Briefings. Er ist Chef der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) und seit April Mitglied der Kommission. Im Juni 2023 war es zum Affront gekommen. Damals hatte eine Mehrheit gegen die Stimmen der Arbeitnehmerseite entschieden, dass der Mindestlohn 2024 und 2025 um jeweils nur 41 Cent steigt.
„So funktionieren sozialpartnerschaftliche Instrumente nicht“, sagte Zeitler. Die Arbeitgeberseite habe ihre Agenda mit Unterstützung der Vorsitzenden „rücksichtslos durchgepeitscht“. Jede Entscheidung der Mindestlohnkommission müsse per se immer ein Kompromiss sein. Deshalb war „das rücksichtslose Durchdrücken der eigenen Position so fatal falsch“ und „ein echter Tabubruch“, so der Gewerkschaftsvorsitzende Er sieht ein „Foulspiel“, das der Kommission und ihrer Akzeptanz einen schweren Schaden zugefügt habe.
Der NGG-Chef verweist auf die EU-Mindestlohnrichtlinie, die Deutschland bis November umsetzen muss. Sie legt als Richtgröße 60 Prozent des Medianlohns nahe, was in absehbarer Zeit auf einen Mindestlohn von mindestens 15 Euro hinausliefe.
Auch Olaf Scholz spricht sich für eine schrittweise Erhöhung auf diesen Wert aus. Stefan Körzell, für den DGB in der Kommission, äußerte sich in einem Standpunkt ähnlich. Er appelliert an die Arbeitgeber, das Thema durch eine zeitnahe Einigung aus dem Wahlkampf 2025 herauszuhalten. Auf Anfrage wollte sich keines der drei Kommissionsmitglieder öffentlich äußern. Die Politik macht Druck: Hubertus Heil sagte kürzlich, er halte es für richtig, Erwartungen an die Kommission zu stellen. Eine davon sei, dass sie einheitlich entscheidet. Zudem sei es 2025 Zeit für „einen deutlichen Anstieg“ – das Gremium selbst stellte Heil nicht infrage.