Letzte Aktualisierung: 2. Oktober 2024
Lindner: „Die Regierung kann auch Teil des Problems werden“
„Darum bewerbe ich mich“, sagte Lindner im Podcast von Table.Briefings. Einen Rücktrittsgrund nach den Wahlniederlagen sieht er nicht. „Ich traue mir weiterhin zu, meine Partei zu führen und bei der Bundestagswahl zu einem guten Wahlergebnis zu führen.“ Ein vorzeitiges Scheitern der Bundesregierung schließt Lindner nicht aus. „Stabilität für Deutschland ist von überragender Wichtigkeit. Aber irgendwann kann eine Regierung auch selbst Teil des Problems sein“, sagte Lindner. „Eine Regierung muss sich immer die Frage stellen, ob sie den Anforderungen der Zeit genügt.“ Die Aufstellung des Haushalts verknüpft Lindner mit wirtschaftlichen Impulsen. „Es gibt nur einen Haushalt mit der Wachstumsinitiative. Beides hängt zusammen.“ Lindner regte an, den Solidaritätszuschlag vollständig abzuschaffen, bevor es möglicherweise das Verfassungsgericht kassieren könnte. „Es wäre politisch klug und auch im Haushalt abbildbar, ihn in drei Schritten abzuschaffen.“
Mit Blick auf die schlechten Umfragewerte gab sich der FDP-Chef gelassen. Es habe für seine Partei „immer harte Jahre“ gegeben, so Lindner. Die schlechte Lage für die FDP habe mit der Ampel zu tun, nicht mit eigenen Fehlern. „Wir stehen als Blockierer da. Aber unsere Wähler sagen mir: Ihr macht zu viel Rot-Grün.“ Seine Wette vor der Bundestagswahl sei: „Das Programm und die Werte der FDP sind nicht das Problem.“ Bei der Zustimmungsfrage zu den Koalitionsoptionen, sei die FDP Teil der unbeliebtesten Koalition, der Ampel, aber auch Teil eines der beliebtesten Bündnisse, Schwarz-Gelb. „Es hat also scheinbar was mit der Konstellation zu tun, in der wir Politik machen.“ Er habe schon im Sommer 2021 davor gewarnt, dass eine Ampel-Koalition für die FDP existenzgefährdend sein könnte.
Der Finanzminister betonte, dass er weiter die Schuldenbremse und die europäischen Schuldenregeln einhalten werde. Es gebe ausreichend Potenzial, im Haushalt umzuschichten. „Wenn ich sehe, wie viele Milliarden Euro wir aufwenden müssen für die Folgen der irregulären Einwanderung in den Sozialstaat, oder die Kosten des Bürgergelds, oder dass wir bis weit in die Mittelschicht Wohngeld zahlen, das sind Milliarden.“
Rückblickend nannte Lindner die versteckten Dissense im Koalitionsvertrag als ein Konstruktionsfehler. „Ein Beispiel: Wir haben uns im Koalitionsvertrag gegen ein Verbrenner-Aus gewendet, so wurde das von den anderen Partnern aber nicht verstanden.“ Das Urteil des Verfassungsgerichts zur Finanzpolitik sei eine Zäsur für die Ampel gewesen. „Mein Vorgänger und sein Team haben 60 Milliarden Euro für den KTF organisiert, was nicht der Schuldenbremse entspricht.“ Nach dem Karlsruher Urteil hätte die Regierung einen neuen Koalitionsvertrag verhandeln sollen. „Darauf hätte ich dringen sollen.“