Zwei Wochen vor der Europawahl sucht die Linke prominente Schützenhilfe: Prominente Nicht-Parteimitglieder, die zur Wahl aufrufen; der berühmte französische Philosoph Didier Eribon, der beim Europakonvent spricht. All das ist Teil der Strategie, die Relevanz der Linken zu erhöhen, indem sie sich eher als Teil einer gesellschaftlichen linken Bewegung inszeniert, denn als Partei. Es ist der Kurs der beiden Parteivorsitzenden Martin Schirdewan und Janine Wissler, der sich zu dieser Europawahl in Reinform zeigt. Auch die Wahl der Spitzenkandidaten neben dem relativ unbekannten Schirdewan, die Aktivisten Carola Rackete und Gerhard Trabert aufzustellen, ist Teil dieser Strategie.
Seit der Abspaltung des BSW ist es für die Linke so schwierig wie nie, mit ihren Inhalten durchzudringen. Der Öffentlichkeitswirksamkeit einer Sahra Wagenknecht, die einige Initiativen, wie 14-Euro-Mindestlohn nun für sich in Anspruch nimmt, scheinen die Parteivorsitzenden fast ratlos gegenüberzustehen. Diesem Problem soll die Anbindung an zivilgesellschaftliche Bündnisse entgegenwirken. Die Frage ist, ob das funktioniert. Für die Europawahl ist das noch durchaus möglich, wenn es die Linke schafft, den Grünen über Flüchtlings- und Klimapolitik enttäuschte Wähler abspenstig machen. Spätestens bei den Landtagswahlen im Osten dürften die Grenzen dieser Strategie jedoch sichtbar werden. Die Kritik nämlich, die Partei würde sich von ihrem Kernklientel entfernen und eine abgehobene Politik für eine „Lifestyle-Linke“ machen, lässt sich dadurch nicht entkräften. Vera Weidenbach