Sie kandidieren Ende des Monats erneut als Landesvorsitzende des BSW in Thüringen. Viele Mitglieder des Bundesvorstands unterstützen öffentlich Ihre Konkurrentin Anke Wirsing. Empfinden Sie das als Angriff?
Dass mehrere Kandidaten antreten, gehört zu einem demokratischen Prozess. Die Haltung der Bundesspitze habe ich allerdings erst aus den Medien erfahren.
Ihr Verhältnis zu Sahra Wagenknecht gilt als zerrüttet.
Das stimmt einfach nicht. Berlin hat aber offenbar andere Prioritäten und eine andere Bewertung vorgenommen. Nach vielen Gesprächen mit unseren Mitgliedern haben Steffen Schütz und ich ein inhaltliches und organisatorisches Angebot vorgelegt – mit einem Leitantrag für den Parteitag und einer klaren Strategie zur Weiterentwicklung der Partei. Bei einem Mitgliedertreffen in der letzten Woche erhielten wir dafür viel Zuspruch. Erst danach entschieden wir uns zur Kandidatur. Die Entscheidung liegt letztlich bei den Mitgliedern.
Frau Wagenknecht unterstützt Ihre Gegenkandidatin und sagt, die Landesvorsitzende solle sich voll auf den Aufbau der Landespartei konzentrieren. Hat sie recht?
Mir liegt der Aufbau einer starken Mitgliederpartei in Thüringen am Herzen – mit einer klaren Stimme für jene, die sich von der Politik nicht mehr vertreten fühlen. Meine Vision ist eine Partei, die von unten wächst. In der aktuellen Krise, in der das BSW ums Überleben kämpft, sind Sichtbarkeit und Präsenz entscheidend. Durch meine Rolle in der Landesregierung kann ich genau das bieten – auch über den Bundesrat.
In einer internen Mail schrieb Generalsekretär Christian Leye laut FAZ, das BSW habe schon vor Ihrer Nominierung 17 Prozent in Umfragen erreicht. Wer steht für den Erfolg in Thüringen – Katja Wolf oder Sahra Wagenknecht?
Erfolg hat viele Mütter und Väter, für den Misserfolg ist immer niemand zuständig. Es ist immer eine Teamleistung, und ich bin stolz auf das, was wir gemeinsam erreicht haben.
Nerven Sie die Machtkämpfe in Ihrer Partei?
Manchmal irritieren sie mich. Aber in einer jungen Partei, die sich noch im Aufbau befindet, ist das nicht ungewöhnlich.
Was fordern Sie vom Bundesvorstand?
In der Politik geht es nicht um „Wünsch dir was“. Aber es wäre praktisch, wenn wir miteinander reden, statt übereinander in der Presse.
Wann verlieren Sie die Geduld?
Geduld ist ein gutes Wort. Mir ist wichtig, dass es keine Gräben zwischen Berlin und Erfurt gibt. Unsere Partei hat das Potenzial, eine bedeutende politische Kraft in Deutschland zu werden – in Teilen ist sie das schon. Dafür müssen wir Brücken bauen, keine Gräben ziehen.
Wie lässt sich der Dauerstreit zwischen Erfurt und Berlin beenden?
Wenn wir unsere Mitglieder selbst aufnehmen, die Kreisverbände stärken und eine funktionierende demokratische Struktur im Landesverband schaffen, kommen wir in ruhigeres Fahrwasser – und sind als breit aufgestellte Partei fest in der Gesellschaft verankert. Nur so kann die Landesregierung sichtbar bleiben und einen wichtigen Beitrag zum Überleben der Partei und zum Wiedereinzug in den Landtag leisten.
Was muss geschehen, damit Sie in Thüringen Ihre Mitglieder selbst aufnehmen können?
Der Bundesvorstand muss zustimmen. Derzeit liegt dieses Privileg allein bei ihm, übrigens ist dieses Verfahren in Deutschland einmalig.
Stimmt es, dass Mitglieder an Ihnen vorbei in den Landesverband aufgenommen wurden, um gegen Sie zu agieren?
Das war ein unrühmlicher Moment. Plötzlich tauchten Menschen in unseren Mitgliedsdateien auf, ohne dass wir informiert wurden. Wir haben das intensiv besprochen, auch mit Herrn Leye. Ich gehe davon aus, dass so etwas nicht wieder vorkommt.
Als Ausgleich durften Sie dann eine ähnliche Zahl aufnehmen?
Die Regionalbeauftragten haben sie ausgewählt. Ein klassisch demokratisches Verfahren war auch das nicht, aber es hat die Wunden etwas geheilt.
Berlin kündigt seit Langem eine Reform der Mitgliederaufnahmepraxis an. Warum zögert Wagenknecht?
Ich würde es diplomatisch ausdrücken: Es gibt unterschiedliche Sichtweisen. Vielleicht braucht es Zeit, bis das Vertrauen in die Landesverbände wächst. Doch ich bin überzeugt, dass jetzt der richtige Moment ist, dieses Vertrauen endlich zu gewähren.