Was sind für Sie die wichtigsten Punkte im Landtagswahl-Programm?
Das sind die Punkte, die die Menschen direkt betreffen – wie zum Beispiel die Bildungspolitik. Hier sehen die Leute, dass es keine Woche gibt, in der nicht irgendwo der Unterricht ausfällt. Wir brauchen keine ideologischen Bildungsdebatten, sondern müssen die Probleme konkret angehen, damit die Kinder in der Schule guten Unterricht bekommen.
Wie wollen Sie das machen?
Erstens: In der Grundschule bis zur vierten Klasse werden wir Handys und Tablets verbannen, damit Kinder zunächst wieder lesen, schreiben und rechnen lernen. Zweitens: Die Lehrer müssen von fachfremden Aufgaben entlastet werden. Deshalb werden wir an den Schulen für bestimmte Bereiche wie das IT-Management oder die Unterstützung durch Sozialarbeiter Teams einrichten, damit Lehrer in ihrer Arbeit wieder mehr wertgeschätzt werden und sich auf das konzentrieren, was sie am besten können: guten Unterricht gestalten. Und drittens kommt hinzu, dass die Lehrpläne vollgestopft sind mit Dingen, die man nicht braucht. Neben der Bildung ist auf Landesebene die Gesundheitspolitik besonders wichtig. Wir treten für eine Gesundheits- und Pflegeversorgung ein, die an den Bedürfnissen der Bürger orientiert ist und nicht an Rendite und Gewinnmaximierung. Insbesondere die ambulante Versorgung im ländlichen Bereich muss abgesichert werden.
Das erste Kapitel im Programm ist Friedenspolitik. Wie sieht die auf Landesebene aus?
Friedenspolitik ist deshalb mit drin, weil es die Menschen in diesen Zeiten besonders berührt. Viele wünschen sich mehr Diplomatie statt Waffenlieferungen. Auch Herr Kretschmer spielt hier in Sachsen die Friedenstaube, aber er ist in der CDU ein einsamer Kämpfer: Letztlich entscheidet in der CDU der Falke Merz und will den Taurus liefern. Und dagegen setzen wir von der sächsischen Landespolitik auf eine Bundesratsinitiative.
Heißt das, sie stehen für eine Koalition mit der CDU zur Verfügung?
Wir sind eine junge Partei und werben mit unserem neuen Politikansatz um das Vertrauen der Wählerinnen und Wähler. Und wenn das Wahlergebnis eine Regierungsbeteiligung nahelegt, dann entscheiden wir das ausschließlich an den Inhalten. Wir stehen nicht als Mehrheitsbeschaffer zur Verfügung, wie es die SPD in Sachsen jetzt praktisch für die CDU war und darüber ihre eigene Handschrift verloren hat. Das werden wir nicht machen. Wir wollen, dass sich für die Bürgerinnen und Bürger etwas verbessert, sonst gehen wir nicht in eine Koalition.
Wie viel Prozent wollen Sie denn holen?
Wir sind als Partei ja nun wirklich erst drei Monate dabei und freuen uns über die guten Prognosen, aber es macht doch keinen Sinn, jetzt über Prozentergebnisse zu spekulieren. Wichtig ist, dass wir mit unserem Wahlprogramm eine seriöse neue Politik anbieten und damit ein Angebot für all diejenigen machen, die sich von den etablierten Parteien nicht mehr repräsentiert sehen. Viele sagen mir, dass sie auf keinen Fall rechtsextrem wählen wollen, aber nicht mehr wussten, was sie sonst wählen sollen.
Apropos – warum kommt die AfD nicht im Programm vor?
Die Fixierung auf die AfD in der öffentlichen Debatte hilft niemandem. Wir arbeiten politisch mit unseren Inhalten. So sprechen wir in unserem Wahlprogramm auch das Migrationsthema an und bieten klare Lösungsansätze, damit Integration überhaupt noch stattfinden kann: so sollen beispielsweise Asylbewerber, die bereits abgelehnt wurden, in Deutschland nur noch Sachleistungen erhalten, aber kein Geld.
Eine Zusammenarbeit mit der AfD schließen Sie aus?
Ja, das ist völlig klar, eine Koalition mit der AfD wird es mit uns nicht geben. Ich kämpfe seit 30 Jahren gegen Rechtsextremismus, und in der AfD gibt es rechtsextreme Politiker. Wir verschließen nicht die Augen vor den Problemen – aber eine von Hass getriebene Politik ist das Gegenteil von dem, wie wir das Leben der Menschen verbessern werden.
Rein programmatisch gäbe es aber schon ein paar Überschneidungen – mit Blick auf Migrationspolitik, die sie schon angesprochen haben.Wie gehen Sie damit um?
Wir orientieren uns an Sachfragen. Und Sahra Wagenknecht hat auf Ihre Frage mal die folgende Antwort gegeben: „Nur weil die AfD sagt, dass der Himmel blau sei, können wir doch nicht behaupten, er sei grün.“ Und das, so finde ich, beschreibt die Sachlage exakt. Wir lassen uns von anderen Parteien keine Themen verbieten – aber auch nicht vorschreiben.
Sie sagten, es muss sich für die Menschen mit Ihnen an der Regierung etwas „verbessern“. Das ist eine eher subjektive Kategorie – was bedeutet „Verbesserung“ für Sie?
Verbesserung bedeutet konkrete Änderungen: Wir setzen uns dafür ein, dass künftig kein sächsischer Arbeitnehmer weniger als 14 Euro die Stunde verdient und kein Rentner mit einer gesetzlichen Rente unterhalb von 2000 Euro Steuern bezahlen muss. Wir wollen eine konsequente Aufarbeitung der Fehler der Corona-Zeit durch einen Corona-Untersuchungsausschuss im Sächsischen Landtag, damit wir für künftige Pandemien besser gerüstet sind und vor allem eine Übergriffigkeit des Staates verhindern. Und wir wollen Gesundheit, Wohnen, Energie- und Wasserversorgung der Profitmacherei entziehen und kommunale und gemeinnützige Anbieter fördern. Wer mit uns in eine Koalition will, der muss sich überlegen, ob er da mitzieht.
Jetzt sind das alles Punkte, die auch ihre alte Partei, die Linke, thematisiert. Warum konnten Sie sich nicht mehr vorstellen, dass diese Veränderungen mit der Linken möglich sind?
Ich habe die Linke mit aufgebaut. Vorher war ich in der SPD und bin wegen der Hartz-IV-Reformen ausgetreten. Das konnte ich als Gewerkschafterin nicht ertragen. Und dann war der Punkt, dass die Linke diese Themen nicht mehr in den Vordergrund gerückt hat. Die Linke hat sich gekümmert um Gendersternchen, aber nicht um viele Dinge, die in der Breite der Gesellschaft ankommen. Schauen Sie sich doch an, wie weltfremd die Linke geworden ist: Vor kurzem haben die auf ihrem Parteitag die Abschaffung von Schulnoten gefordert. Die Partei sagt zwar immer, dass sie die soziale Partei ist, aber im Endeffekt geht es immer nur um pure Ideologie. Und ich habe erlebt, wie das dann war, wenn man mit anderen Themen kam: Wenn in Auerbach gestreikt wurde, weil die Hälfte der Belegschaft entlassen werden soll, dann musste man die Führungskräfte der Linken dahin tragen.
Sie sagen, Sie sind in Berlin mit Hinweisen auf solche Themen nicht durchgedrungen?
Ja, das sind für die Parteiführung eher Randthemen gewesen. Deswegen hat sich auch diese Lücke gebildet, die Sahra Wagenknecht jetzt füllt. Ich war immer schon im Wagenknecht-Flügel und habe ihr dann angeboten, bei der neuen Partei mitzuarbeiten. Weil ich wirklich eine historische Chance sehe, in diesem Land etwas zu bewegen, habe ich mich beim BSW noch mal so intensiv engagiert.
Sie koordinieren gerade den Parteiaufbau in Sachsen, wollen am Samstag Spitzenkandidatin für die Landtagswahl werden und dann auch in Sachsen mitregieren?
So kann ich das jetzt noch nicht sagen. Aber ja, gemeinsam mit Jörg Scheibe will ich die Partei in den Wahlkampf bringen. Was uns ausmacht, ist aber die ganz breite Mischung der Kandidaten. Wir haben zum Teil erfahrene Politiker, die aus Kommunalparlamenten oder Landesparlamenten kommen, aber auch viele, die noch keine politische Erfahrung haben und für frischen Wind im Parlament sorgen werden. Diese Mischung nach vorne zu bringen ist auch eine Herausforderung, aber wir sind jetzt gut aufgestellt.
Vor der Parteigründung hieß es immer, Sie müssten vorsichtig sein, nicht von Trittbrettfahrern unterwandert zu werden, die vielleicht ganz andere Interessen haben.
Ja, da müssen wir aufpassen und ich habe in den letzten drei Monaten auch einige Geschichten erlebt – ein AfDler hat es Anfang des Jahres mit falschem Namen und mit Perücke verkleidet bei uns versucht. Deshalb ist die wichtigste Methode mit den Leuten direkt zu sprechen und eine Zeit lang mit ihnen zusammenzuarbeiten. Wir haben jetzt auch viele Unterstützer, die noch nicht Parteimitglieder sind, für die Kommunalwahlen aufgestellt. Die Unterstützer sind wichtig für uns und wir wollen, dass die Partei langsam und kontrolliert weiterwächst.