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Erscheinungsdatum: 21. August 2023

Alexander Müller – Bundeswehr-Baustellenbeobachter

Die Fahrt auf der stau- und baustellenanfälligen Autobahn 3 nach Süden durch Bayern wäre für Alexander Müller angenehmer, wenn er in einem seiner Opel-Oldtimer sitzen würde. Dem Manta von 1997, dem Corsa von 1991 oder dem Ascona von 1977 etwa, den er für kurze Fahrten in seinem Wahlkreis im Taunus nutzt.

Stattdessen hat er sein modernes Wahlkampfmobil gewählt – von außen beklebt mit seinem Namen und FDP-Folien – als Unterstützung für die bayerischen Parteifreunde im Landtagswahlkampf. In der sitzungsfreien Zeit will er Rüstungsunternehmen in Süddeutschland besuchen, später noch im Norden. Die Fahrtzeit nutzt er für Telefontermine.

Müller ist einer der unbekannteren verteidigungspolitischen Sprecher im Bundestag. Wenn eine FDP-Stimme gefragt ist, interviewen die Tagesthemen und Markus Lanz lieber die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, Marie-Agnes Strack-Zimmermann. Sein Vorgänger als Sprecher in Verteidigungsfragen, Marcus Faber, einer der prominenteren Ukraine-Unterstützer bei den Liberalen, trat im Mai 2022 von seinem Posten zurück.

Er hatte eine Befragung von Bundeskanzler Olaf Scholz im Verteidigungsausschuss vorzeitig verlassen und sich im Nachgang dazu widersprüchlich geäußert. Müller rückte nach und sagt, dass es ihm nichts ausmache, weniger Aufmerksamkeit als Faber und Strack-Zimmermann zu bekommen. „Wir sind uns sehr, sehr einig, was die Politik betrifft“, sagt er. Und: „Politisch passt zwischen uns kein Blatt Papier.“

Wenn Strack-Zimmermann bei der Europawahl 2024 als Spitzenkandidatin für die FDP antritt, könnte zur politikbezogenen Einigkeit aber postenbezogene Uneinigkeit hinzukommen. Der Spiegel berichtet, dass Faber Interesse für den Posten angemeldet habe, Müller, dem auch Chancen nachgesagt werden, wolle zwar noch keine Prognose abgeben, wer es wird, aber grundsätzliches Interesse? „Das habe ich, ja.“

Müller beobachtet vor allem zwei Bundeswehr-Baustellen: Digitalisierung und Personalmangel. In der Reserve sieht er das Potenzial, die Personalprobleme der Bundeswehr etwas abzuschwächen. Bis 2031 soll die Truppenstärke auf 203.000 Soldatinnen und Soldaten wachsen. Derzeit sind es 181.000, Tendenz zuletzt: sinkend.

„Die Reserve hat ein Riesenpotenzial. Wenn wir es schaffen würden, mehr Reservisten fest an die Bundeswehr zu binden, könnten wir eine Menge erreichen, um im Verteidigungsfall schnell mobilisieren zu können.“ Doch auch Reserve kostet Geld. Die Budgets reichten nicht, um Reservisten so viel trainieren zu lassen, wie sie gerne würden, berichtet Müller. Er habe dieses Jahr bereits selbst als Reservist fünf Wochen „in Uniform verbracht“, zwei weitere sollen im Herbst folgen.

Als Softwareentwickler sieht Müller die Bundeswehr bei der Digitalisierung im internationalen Vergleich zwar nicht vorne, in der Cyber-Abwehr sei sie aber „sehr, sehr weit“. Ein Argument, mit dem die Bundeswehr fähiges Personal anziehe, seien zum Beispiel die digitalen Angriffsmöglichkeiten. „Wenn Ihr Rechner in der Privatwirtschaft angegriffen wird, müssen Sie gucken, dass Sie Ihren Rechner dicht machen. Bei der Bundeswehr können Sie auch dafür sorgen, dass der angreifende Rechner mit Artillerie belegt wird.“ Im übertragenen Sinne natürlich. Gabriel Bub

Letzte Aktualisierung: 24. Juli 2025
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