Analyse
Erscheinungsdatum: 02. Februar 2023

„Wir waren alle froh, als es beendet war“

Jessika-Wischmeier
Wie schwer ist das: jemanden aus einer Partei auszuschließen? Jessika Wischmeier, die SPD-Bundesgeschäftsführerin, ist beim Verfahren gegen Thilo Sarrazin immer dabei gewesen. Weil sie das schwierige Prozedere von Parteiausschlussverfahren kennt, blickt sie nun mit distanzierter Neugier auf die Bemühungen der CDU, Hans-Georg Maaßen loszuwerden.

Table.Media: Frau Wischmeier, die SPD hat drei Parteiordnungsverfahren gebraucht, es dauerte über zehn Jahre, bis Thilo Sarrazin die Partei verlassen hat. War es der Mühe wert?

Wischmeier: Auf jeden Fall. Die Partei hat aufgeatmet, weil wir uns diese teils rechtsnationalen, teils rassistischen Äußerungen Sarrazins nicht mehr zurechnen lassen mussten.

Welche Abwägungen trifft man als Partei in einem solchen Verfahren?

Es sind ja unglaublich hohe rechtliche Hürden, um jemanden aus der Partei auszuschließen. Und das ist auch gut so. Deshalb wägt man die Erfolgsaussichten permanent ab. Aber für uns war es am Ende befreiend.

Wie umstritten war das Verfahren parteiintern?

Natürlich gab es Diskussionen. Aber am Ende gab es eine breite Zustimmung im Parteivorstand, das Verfahren durchzuziehen. Auch, wenn es lange gedauert hat. Ich vergleiche es manchmal mit einem Fußballspiel: Nach den ersten Äußerungen folgt eine ernste Ermahnung, dann eine gelbe, schließlich die rote Karte.

Wie haben parteiintern die Skeptiker argumentiert?

Sie haben die berechtigte Frage gestellt: Wem nützt das ganze Verfahren am meisten? Der Partei oder der Person, die man versucht auszuschließen.

Gab es während des Verfahrens Kontakt mit Sarrazin oder seinem Anwalt?

Die Kommunikation erfolgt in diesen Verfahren immer ausschließlich über die Schiedskommission. Die hat viele Analogien zu einem ordentlichen Gericht – außer dass die Mitglieder von ordentlichen Parteitagen gewählt werden.

Ein solches Verfahren spaltet immer auch eine Partei, sorgt zumindest für erhebliche Unruhe. Wie war das im Fall Sarrazin?

Wir alle waren froh, als es beendet war.

Wie oft hatten Sie Zweifel und haben mit dem Gedanken gespielt, hätten wir es doch gelassen?

Ich persönlich war immer davon überzeugt, dass wir das durchziehen müssen. Natürlich gab es die Ungewissheit, ob man es hinbekommt. Aber aus meiner Sicht muss ein parteischädigendes Verhalten Konsequenzen haben. Deshalb war unsere Entscheidung, das Verfahren konsequent zu Ende zu bringen, absolut richtig.

Parteiausschlussverfahren sind in Deutschland langwierig und kompliziert. Sollten sie einfacher sein?

Nein, im Gegenteil, ich finde richtig, dass es so kompliziert ist. Und dass man einen solchen Schritt als Partei gut begründen muss. Das hat meines Erachtens viel mit demokratischer Ordnung zu tun. Es darf nicht einfach sein, dass ein Mitglied ohne Weiteres ausgeschlossen wird.

Sie würden also alles so wieder machen?

Ja!

Die CDU hat ab Sonntag mutmaßlich die Causa Maaßen vor der Brust. Was würden Sie den Wettbewerbern empfehlen?

Es liegt jetzt nicht an mir, da Rat zu geben. Jedes Verfahren hat seine eigene Dynamik.

Letzte Aktualisierung: 24. Juli 2025
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