Analyse
Erscheinungsdatum: 23. Juni 2024

Wer führt die Wagenknecht-Partei im Osten?

Seit der Gründung vor einem halben Jahr hat das BSW rund 700 Mitglieder gewonnen und will nach den Landtagswahlen in drei ostdeutschen Bundesländern schon mitregieren – so das erklärte Ziel. Ein Überblick über das Spitzen-Personal, mit dem das BSW antritt.

Katja Wolf

Der Übertritt der ehemaligen Eisenacher Bürgermeisterin von der Linken zum BSW wurde von der Partei als großer Coup gefeiert. Schließlich war die 48-jährige Wolf, die als Spitzenkandidatin bei der Landtagswahl antritt, seit über 30 Jahren in der Partei und galt nicht als Wagenknecht-nah. Sie habe sich auch nicht wegen der Parteivorsitzenden für den Schritt entschieden, sondern um einen AfD-Ministerpräsidenten zu verhindern und das Land regierbar zu halten, sagte sie. Mit 16 Jahren war Wolf in die PDS eingetreten, als 23-Jährige zog sie für die Linke in den Thüringer Landtag ein und wurde mit 36 Jahren Eisenacher Oberbürgermeisterin. Wolf gilt als pragmatische Politikerin und genießt Ansehen für ihre Arbeit als Bürgermeisterin, die sie immer als „Traumjob“ bezeichnete. Sie ist Mitglied im Präsidium des Städtetags.

Steffen Schütz

Der 57-jährige Unternehmer ist im thüringischen Eisenach aufgewachsen und hat lange in Berlin gelebt. Mit seiner Werbeagentur gestaltete er Kampagnen für große Unternehmen wie die Berliner Verkehrsbetriebe. Die Firma führe nun sein Mann, erzählte er der Welt. Schütz war bisher nicht politisch aktiv – ist ein Politik-Neuling. Seine Unerfahrenheit zeigte sich bei der ersten Pressekonferenz zur Gründung des Parteivorstands. Eine Aussage über die AfD suggerierte, dass er eine Zusammenarbeit im Landtag nicht ausschließe. Seine Worte seien unglücklich gewählt gewesen, sagte er später. Er sei in die Politik gegangen, weil er sich nicht irgendwann vorwerfen lassen wolle, „nicht alles getan zu haben, um zu verhindern, dass Demokratiefeinde das Land regieren“.

Die nächsten Listenplätze besetzen der ehemalige MDR-Moderator Steffen Quasebarth – er ist auch Pressesprecher der Landespartei. Es folgen die ehemalige Linken-Bundestagsabgeordnete Sigrid Hupach und der Agrarwissenschaftler Frank Augsten, früher bei den Grünen.

Sabine Zimmermann

Die Landesvorsitzende und Spitzenkandidatin in Sachsen saß von 2005 bis 2017 für die Linke im Bundestag. Gebürtig stammt die 63-Jährige aus Pasewalk, studierte Baustofftechnologie und war nach der Wende Gewerkschaftssekretärin beim DGB in Zwickau. Sie sei schon immer im Sahra-Wagenknecht-Flügel gewesen und habe ihr dann angeboten, die neue Partei mit auszubauen, sagte sie Table.Briefings. Sie gibt sich offen für eine Koalition mit der CDU. Das BSW in Sachsen will im Wahlkampf neben Friedens und Migrationspolitik vor allem Bildungs- und Gesundheitspolitik in den Vordergrund stellen.

Jörg Scheibe

Der 61-jährige Chemnitzer war bis zu seinem Eintritt ins BSW Chef eines Ingenieur-Büros in seiner Heimatstadt und leitete außerdem den Studiengang Versorgungs- und Umwelttechnik an der Berufsakademie Glauchau. Bei seiner Vorstellung auf dem Landesparteitag in Erfurt sagte er, er sei bis ins letzte Jahr hinein nicht politisch aktiv gewesen. Dann schrieb er eine Art Bewerbungsschreiben an Sahra Wagenknecht. In seiner Rede betonte die Friedenspolitik und einen starken Sozialstaat, forderte, Öl- und Gaslieferungen aus Russland wieder zuzulassen und schloss einen Kohleausstieg vor 2038 aus. In einem Porträt von Zeit Online betont Scheibe seine Wirtschaftsfreundlichkeit und erzählt, dass er früher die Grünen und die FDP gewählt habe.

Auf Platz drei tritt Doreen Voigt an, eine Sozialpädagogin aus Leipzig. Auf Platz vier und fünf stehen Lutz Richter und Ronny Kupke. Richter war zuvor Linken-Landtagsabgeordneter in Sachsen.

Robert Crumbach

Der Vorsitzende des BSW in Brandenburg ist der 61-jährige Robert Crumbach erst seit einem Monat. Bisher hat er als Richter am Arbeitsgericht in Brandenburg an der Havel gearbeitet. Crumbach war mehr als vierzig Jahre in der SPD. Seine politischen Einstellungen hätten sich nicht geändert, aber die Partei habe sich geändert, sagt er im Interview mit Zeit Online. Eigentlich ist er Westdeutscher, beziehungsweise gebürtiger Niederländer, der in Rheinland-Pfalz aufwuchs. Nach der Wende baute er das Arbeitsgericht in Frankfurt (Oder) auf, arbeitete in der SPD-Landtagsfraktion, bevor er Arbeitsrichter wurde. Für den Job als Landesvorsitzender sei das BSW nach seinem Eintrittsantrag auf ihn zugekommen. Am kommenden Samstag soll die Landesliste sowie das Parteiprogramm auf einer Mitgliederversammlung beschlossen werden.

Ebenfalls im Landesvorstand sitzt Stefan Roth, der den BSW-Verband in Brandenburg aufgebaut hat. Zuvor war er im Landesvorstand der Linken und Mitarbeiter von Sahra Wagenknecht im Bundestag. Außerdem Andreas Kutsche, Betriebsratschef des Universitätsklinikums in Brandenburg an der Havel, und der Rechtsanwalt Niels-Olaf Lüders.

Letzte Aktualisierung: 24. Juli 2025
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