Analyse
Erscheinungsdatum: 02. November 2023

Ricarda Budke, jüngste Abgeordnete in Brandenburg: „Wir haben die letzten 30 Jahre Transformation ohne Geld gemacht“

Die 24-Jährige ist Sprecherin der Grünen-Fraktion für Klima, Jugend, Bauen, Wohnen und Landesplanung sowie den Strukturwandel in der Lausitz.

Was ist Ihr wichtigstes politisches Ziel?

Bei all den Themen, die jeden Tag auf dem Schreibtisch landen, ist das keine einfache Frage. Als ich für den Landtag kandidiert habe, war das definitiv der schnellstmögliche Kohleausstieg in der Lausitz und die Frage, wie wir ihn so gut wie möglich bewältigen. Inzwischen sehe ich mein politisches Ziel etwas größer: Wir haben die Herausforderung, gerade in Ostdeutschland, sicherzustellen, dass wir in 10, in 50, in 100 Jahren gut und gerne hier leben. Grundlage dafür ist, dass wir die Klimakrise aufhalten.

Gleichzeitig haben wir in den Regionen, die mit viel Wegzug zu tun hatten, die Herausforderung, unsere Infrastruktur zu sichern: den Zug auf die Schiene zu bringen, die Gesundheitsversorgung zu modernisieren, aber auch Kultur und Freizeitangebote in allen Regionen zu halten und Menschen zu stärken, die das auf den Weg bringen wollen. Und all das müssen wir schaffen, während unsere Demokratie jetzt schon in einer massiven Krise ist. Von daher ist es das Wichtigste, jeden Tag für unsere Demokratie zu kämpfen, damit wir all diese Herausforderungen bewältigen können.

Was hat Sie in der Politik bisher am meisten positiv überrascht?

Das klingt vielleicht banal, aber man kann an vielen Stellen wirklich etwas an der Lebensrealität vieler Menschen verändern. Ich habe schon oft erlebt, dass Leute mit einem Problem an einen herangetreten sind und man aufgrund dessen bei einer Gesetzesänderung oder durch eine kleine Änderung in einer Richtlinie echt etwas bewirken kann. Natürlich gibt es auch Beispiele, wo das nicht so schnell klappt. Aber diese positiven Beispiele zeigen: Es lohnt sich, sich einzumischen und zu engagieren.

Was stört Sie an der Landespolitik am meisten?

In vielen Themenbereichen hängt unser Handeln so stark davon ab, in welche Richtung andere politische Ebenen gehen. Ein konkretes Beispiel: Bei der vorherigen Bundesregierung haben wir uns fast die Zähne daran ausgebissen, den Ausbau der Erneuerbaren in Brandenburg weiter zu beschleunigen – obwohl wir im bundesweiten Vergleich echt nicht schlecht dastehen. Mit der nun nicht mehr ganz so neuen Bundesregierung nahmen wir aber richtig Fahrt auf und konnten auch im Land bereits vieles auf den Weg bringen, weil die Rahmenbedingungen gestimmt haben.

Was machen Sie, wenn Sie gerade nicht an Politik denken?

Für mich sind Fahrradfahren und Schwimmen ein guter Ausgleich zum politischen Alltag. Und wenn man dann doch mal einen freien Abend hat, freue ich mich sehr über ein Bier mit meinen Freund*innen in der Bar um die Ecke oder bei uns am WG-Küchentisch.

Was ist die größte Herausforderung in Ihrem Bundesland?

Nachdem es in den letzten Jahrzehnten teils massenhafte Arbeitslosigkeit gab, hat sich inzwischen die Situation ziemlich geändert. Egal ob im Handwerk, im Gesundheitswesen, beim Umsetzen unserer Klimaschutzziele: überall fehlen Fachkräfte. Besser gesagt: Menschen, denn jeder Mensch kann zur Fachkraft werden.

Was ist das wichtigste Thema in Ihrem Wahlkreis?

Ich wünsche mir, dass wir in der Lausitz den Mut finden, die großen Veränderungen richtig gut zu gestalten. Wir haben die letzten 30 Jahre Transformation ohne Geld gemacht. Durch den Kohleausstieg haben wir jetzt Geld und können das auffangen, was die letzten Jahre liegengeblieben ist. Vielen Menschen fehlt dazu noch die Kraft, weil es in den letzten Jahrzehnten viele Rückschläge gab. Ich hoffe, dass dieser Prozess etwas Mut zurückbringen kann.

Welches Thema hat der Bundestag zu wenig auf dem Radar?

Jeder Euro, den wir jetzt an falscher Stelle und zu viel einsparen, wird massive Kosten in der Zukunft verursachen. Vor allem, wenn es um die Klimakrise geht, denn da werden jetzt schon unberechenbare Klimaschäden auf uns zukommen – oder aber, wenn bei Kindern und Jugendlichen gespart wird. Denn wer, wenn nicht sie, sind unsere Zukunft.

Was kann die Bundes- von der Landespolitik lernen?

Unsere Wahlkreise sind kleiner. Ich glaube, dadurch gelingt es besser, mit Menschen in Kontakt zu bleiben. Und ich glaube, dass bei uns nicht ganz so viele Gesetze und Entscheidungen mit heißer Nadel gestrickt sind. Das liegt vielleicht daran, dass der öffentliche Druck nicht so groß ist. Aber am Ende hängt natürlich auch ganz viel von jedem einzelnen Politiker oder Politikerin ab.

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Letzte Aktualisierung: 24. Juli 2025

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