Analyse
Erscheinungsdatum: 13. März 2024

Kanzler Scholz liefert sich Schlagabtausch mit Röttgen wegen Taurus-Lieferungen

Bei der Regierungsbefragung am Mittwoch kam es zwischen Bundeskanzler Olaf Scholz und CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen zu einer Debatte um Lieferungen des Taurus-Marschflugkörpers an die Ukraine.

CDU-Außenexperte Norbert Röttgen brachte den Kanzler am Mittwoch wirklich auf die Palme. Röttgen unterstellte in der Regierungsbefragung, Scholz halte Frankreich und Großbritannien wegen ihrer Lieferung von Marschflugkörpern für Kriegsbeteiligte. Der Kanzler entgegnete dem „lieben Norbert“, er ärgere sich „dass du alles weißt und eine öffentliche Kommunikation betreibst, die darauf baut, dass dein Wissen kein öffentliches Wissen ist“.

Der versierte Außenpolitiker Röttgen ist über alle Facetten des Einsatzes westlicher Marschflugkörper auf dem ukrainischen Kriegsschauplatz gut informiert. Seine Behauptung im Bundestag, „ich weiß gar nicht, wer mir dieses Wissen geben sollte“, geht deshalb ins Leere. Röttgen war im vergangenen Herbst im Auswärtigen Ausschuss zugegen, als Scholz dort in vertraulicher Sitzung seine Sicht der Taurus-Lage darlegte.

Spätestens seitdem kennt Röttgen die Hintergründe dafür, dass Frankreich und Großbritannien die ukrainischen Streitkräfte Marschflugkörper vom Typ Scalp und Storm Shadow nicht allein bedienen lassen. Er weiß, dass ein Einsatz deutscher Experten – ob in Kiew oder in Büchel – ein Mandat des Bundestages nötig machen würde. Und er weiß, dass damit eine breite öffentliche Debatte und ein mögliches Verfassungsgerichtsverfahren verbunden wären. Scholz fürchtet – sogar das ist Röttgen bewusst – dass die Debatte über eine deutsche Beteiligung am Taurus-Einsatz die Hilfsbereitschaft der Deutschen gegenüber der Ukraine insgesamt schwächen könnte.

Der Kanzler sagt nicht alles öffentlich – aus taktischen Gründen Russland gegenüber, aus Bündnistreue oder wegen Geheimnisschutzes. Er kann in solcher Lage lange schweigen. Bei Taurus kam er an seine Grenze. Als er sich Ende Februar doch äußerte – wurde ihm prompt mangelnde Bündnistreue und Geheimnisverrat vorgeworfen. Als Scholz seine Gründe für die Ablehnung von Taurus-Lieferungen damals nannte, twitterte Röttgen, diese seien „politisch infam“.

Scholz sieht im Verhalten der Unionspolitiker ein Muster, das dem der US-Republikaner ähnlich ist. Und er hält das für unpatriotisch. Für einen innenpolitischen Vorteil nehme die Union hier schweren außenpolitischen Schaden in Kauf.

Letzte Aktualisierung: 24. Juli 2025
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