Analyse
Erscheinungsdatum: 25. November 2024

Lage der Luftfahrt: Wie Lufthansa-CEO Carsten Spohr mit der Krise umgehen will  

Der Lufthansa-Chef Carsten Spohr warnt vor einem Rückgang des Luftverkehrs in Deutschland. Er fordert die Politik auf, die Ticketsteuer wieder zurückzunehmen.

Der CEO von Deutschlands größter Airline Lufthansa, Carsten Spohr, hat die Politik aufgefordert, noch in diesem Jahr geplante Umweltauflagen zu stoppen und die Luftverkehrssteuer abzuschaffen. „Dass die Lufthansa weltweit als Premiumairline gilt, hat mit der Qualität der Mitarbeiter zu tun. Das bezahlen wir gerne. Die Luftverkehrssteuer hat aber nichts mit einem Hochlohnland zu tun, sie verteuert den Wettbewerb in einem globalen Umfeld“, sagte Spohr im Podcast Table.Today. Die Ticketsteuer müsse wieder zurückgenommen werden. „Ein gutes Beispiel ist Schweden, die haben ihre Luftverkehrssteuer gerade abgeschafft, weil sie spüren, dass der Luftverkehr so sehr zurückgeht, dass die Volkswirtschaft leidet.“

Der innerdeutsche Luftverkehr sei aktuell bei nur 20 Prozent des Vor-Covid-Niveaus. Regionen wie Friedrichshafen am Bodensee seien vom Luftverkehr abgeschnitten, man diskutiere gerade über Paderborn, sagte Spohr. Dass die innerdeutschen Strecken mit der Bahn klimafreundlicher bedient werden könnten, lässt der Luftfahrt-Manager nicht gelten. Eine Zugfahrt von Hamburg nach Köln dauere vier Stunden. „Keiner macht an einem Tag eine Dienstreise mit vier Stunden für eine Fahrt.“ Die drittgrößte Volkswirtschaft der Welt sei eine exportorientierte Ökonomie und kein Agrarstaat.

Flugscham sei dagegen kein großes Thema mehr, will Spohr beobachtet haben. „Die jungen Leute fliegen mehr denn je.“ Klimaneutrales Fliegen bleibe das Ziel, aber das gehe eben nicht so schnell. „E-Fuels gibt es bisher nur in den Laboren.“ Biokraftstoffe, etwa hergestellt aus Speisefetten, seien bereits mit einem Anteil von 0,5 Prozent des Kerosins enthalten. „Das ist wenig, weil wir nicht mehr finden.“ Bei den strombasierten Kraftstoffen, den Power-to-Liquid-Kraftstoffen (PtL), gebe der europäische Markt noch gar nichts her, so Spohr.

Die EU hatte beschlossen, dass ab dem 1. Januar 2025 an allen EU-Flughäfen zu mindestens zwei Prozent Bio-Kraftstoffe getankt werden müssten. Ab 2030 sollen die Airlines außerdem zu 1,2 Prozent PtL-Kraftstoffe beimischen. Deutschland geht noch darüber hinaus und fordert bereits ab 2026 einen PtL-Anteil von 0,5 Prozent. Bundeskanzler Olaf Scholz hatte nach massiver Kritik der Luftfahrtbranche einen Stopp dieser nationalen Quote in Aussicht gestellt. „Wir warten darauf, dass das verschriftlicht wird“, sagte nun Spohr.

Die Lufthansa hadert außerdem mit gestörten Lieferketten, fehlenden Flugzeugen und Infrastrukturkosten am Boden. „Das Umsteigen in Frankfurt ist deutlich teurer als an jedem anderen Drehkreuz“, sagt Spohr. In Istanbul oder in Dubai lägen die Kosten bei weniger als die Hälfte. Er mache sich Sorgen um den Standort Deutschland, so Spohr. Als größtes Problem nannte er den Fachkräftemangel, die Infrastrukturdefizite und die Bildungsmisere. In das Politik-Bashing der Wirtschaft wollte der CEO des Unternehmens, das knapp 100.000 Mitarbeiter beschäftigt, jedoch nicht einschwenken. „Eine gewisse Demut tut jedem Konzernchef gut.“

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Letzte Aktualisierung: 24. Juli 2025

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