Friedrich Merz will seine Partei erneuern. Er will sie zukunftsfähig machen. Und er weiß: Dafür muss er seine CDU auch beim Thema Klimapolitik neu aufstellen. Deshalb ein Zukunftskongress im Berliner Tempodrom, nur dem Thema Klimawandel gewidmet, deshalb rund 1.000 Teilnehmer aus der ganzen Republik, deshalb die Botschaft an die christdemokratische Gemeinde: „Wir müssen uns über uns und die eigene Politik verständigen.“
Es ist eine nicht ganz risikofreie Operation für die CDU, die bei den Erneuerbaren Energien in der Vergangenheit eher als Bremser denn als Treiber aufgetreten ist. Und deshalb ist als Ehrengast auch eine der Koryphäen der deutschen Klimapolitik dabei, Ottmar Edenhofer, Direktor und Chefökonom des Potsdamer Instituts für Klimafolgenforschung – und irgendeiner Parteinähe eigentlich eher unverdächtig.
Und Edenhofer liefert, zum Teil jedenfalls: Verbote sind nicht sein Ding, es sei „ganz unmöglich, das Ziel zu erreichen, wenn wir Verbot an Verbot reihen“. Der Ökonom setzt auf den Markt. Er will den Emissionshandel vorantreiben, er kalkuliert mit steigenden Preisen für Öl und Gas und sagt es bemerkenswert deutlich: „Wir schaffen Treibhausneutralität nur, wenn wir uns trauen, steigende Preise zu verkraften.“ Denn steigende Preise seien ein Treiber für Innovationen, sie drängten alte Technologien aus dem Markt.
Natürlich nutzt Merz die Gelegenheit, der Regierung, die beim Thema Heizen immer noch nach dem richtigen Pfad sucht, ein paar hämische Sätze hinterherzurufen. Zu viel Hin-und-Her, zu teure Energie, zu viele angebliche Verbote. Die Folge: Im vergangenen Jahr seien in Deutschland so viele Gas- und Ölheizungen verbaut worden wie nie zuvo, behauptete Merz. „Das ist doch der blanke Irrsinn.“ Die Menschen seien verunsichert, bekämen Angst und deshalb seine Botschaft: „Es geht bei dieser Bundesregierung in diesem Bereich alles schief.“
Dass die Union beim Thema Erneuerbare unter Angela Merkel nie wirklich zu den Treibern gehörte, die heimische Solarindustrie gar beerdigt hat, wertet sein Argument nicht unbedingt auf. Zumal auch in der Diskussion ein Experte fast flehentlich den Appell formuliert: „Wir brauchen erneuerbare Energie.“ In jedem Fall viel mehr als bisher. Um die Kohlenmeiler abzustellen, um die Ladesäulen zu versorgen, um Wasserstoff zu produzieren.
Edenhofer jedenfalls drängt zum Handeln. Der ungebremste Klimawandel sei eine Bedrohung für Freiheit und Marktwirtschaft. Man müsse den Emissionshandel „so kosteneffizient und fair wie möglich ausgestalten, dass es andere Länder nachmachen“.
Einen Treiber für Innovationen findet auch der Parteichef gut, Marktgesetze sowieso: „Marktwirtschaftliche Instrumente sind Salbe auf unserer Seele.“ Den anderen zentralen Punkt des Edenhoferschen Regelwerks allerdings umkurvt er: die Ankündigung nämlich, dass der Emissionshandel, wenn er funktionieren soll, mit höheren Preisen für Fossiles einhergehen muss. An dieser Stelle kommt auch bei Friedrich Merz Furcht auf. Die Furcht nämlich, darüber Wähler zu verschrecken, und deshalb lässt er diesen Aspekt links liegen.
Ein Fehler, wie Edenhofer findet, ohne Merz direkt anzusprechen; aber man dürfe den Wählern die Wahrheit nicht vorenthalten. Allerdings: „Es gehört viel Mut und Kraft dazu, das auch zu vermitteln.“ Noch hat der CDU-Vorsitzende diesen Mut nicht.