Analyse
Erscheinungsdatum: 22. Juni 2024

Bundestagswahl 2025: Wolfgang Schmidt gibt Einblick in die SPD-Strategie

Auf dem Progressive Governance Summit erzählte der Kanzleramtschef, wie Olaf Scholz den Wahlkampf für sich entscheiden will.

Was treibt die Menschen an und was besorgt sie? Darum gehe es beim Werben um Mehrheiten. Und eine zweite Herausforderung: Wie erreicht man die Menschen noch? Wie umgeht man die medialen Filter und die Social-Media-Blasen? Zu oft seien Journalisten an den Wer-gegen-Wen-Fragen, an Umfragen und den schnellen Schlagzeilen interessiert. Die Kernfrage hingegen bleibe vielfach außen vor: Was tut ihr als Regierung für die Leute? Die Wähler sollten ihre Wahlentscheidung von 2021 nicht bereuen, was aber einigermaßen schwierig sei in Zeiten eines Krieges. Selbst in den USA seien die Auswirkungen des russischen Überfalls spürbar. Letztlich entscheidend für das Wählervotum seien aber die Monate und Wochen vor dem Wahltag.

Und da blieb Schmidt sich treu – mit dem ihm eigenen Optimismus. Er sei zuversichtlich, dass diese Überzeugungsarbeit noch gelinge. Und dann noch ein Seitenhieb auf die „Schlagzeilen“-Politiker, von denen es zu viele gebe: Es seien Kollegen, die große Projekte ins Schaufenster stellten, aber nicht lieferten. Auch das trage zur kollektiven Frustration bei.

Und natürlich, das Feintuning im Hintergrund sei für die Wähler nicht erkennbar. Die Herausforderung bestehe darin, aus den vielen Versatzstücken am Ende ein großes Projekt zu zimmern, eines, das Vertrauen hinterlässt. Respekt gegenüber den Arbeitnehmern sei das eine, aus der Transformation eine Chance für alle zu machen und das überzeugend zu vermitteln, das andere.

Schmidt sieht ein großes Problem in der kulturellen Hoheit der gebildeten Milieus. Was dazu führe, dass die Mitte der Gesellschaft ihren Lebensstil, ihre Sehnsüchte und Träume häufig nicht mehr respektiert sehe. „Es ist völlig in Ordnung, ein Installateur zu sein – es braucht nicht überall Akademiker.“ Aufgabe der Sozialdemokratie sei es, auch Klempnern, Busfahrern oder Krankenschwestern ein gutes Leben zu ermöglichen. Der Mindestlohn sei so ein Beispiel: 15 Jahre habe der Prozess gedauert, sechs Millionen Arbeitnehmer profitierten heute davon. „Das macht einen Unterschied“, befand Schmidt, und es sei ein Beispiel, wie man die Formel vom Respekt in konkrete Projekte übertragen bekomme.

Und dann war da noch „dieses schreckliche Wort“ der Ersatzzahlungen („compensation“). Die Menschen wollten ganz überwiegend arbeiten, sie wollten keine Ausgleichszahlungen, sich nicht zurücklehnen im Wohlfahrtsstaat. Arbeit habe eine Würde, und auch das sei eng mit dem Wert des Respekts verbunden.

Von Visionen wollte der Kanzleramtschef nicht reden. Aber von Optimismus und von Hoffnung. Parteien, die die Zukunft schlecht redeten, gebe es in Deutschland genug. Seine Philosophie: „Wir brauchen die Idee, das Morgen ist besser. Dafür arbeiten wir jeden Tag.“ Und weil aktuell der Fußball eine zentrale Rolle spielt, stand die Frage im Raum, was die Regierung von der Nationalmannschaft lernen könne. Schmidt: „Wenig versprechen – und viel abliefern.“

Table.Briefings war gemeinsam mit dem Guardian Medienpartner des Progressive Governance Summit

Letzte Aktualisierung: 24. Juli 2025
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