Sie sind gerade erst mit 93 Prozent wiedergewählt worden. Sind Sie mächtig?
Ich freue mich tierisch über den Vertrauensbeweis meiner Fraktion. Aber ehrlicherweise: In diesen Kategorien denke ich nicht. Eine Fraktion zu führen ist immer Teamplay.
Macht spielt keine Rolle?
Natürlich hat Politik mit Macht zu tun hat. Ich bin nicht naiv. Aber eine Fraktion zu führen, das geht nur im Team, in der Diskussion, auch mal mit sehr kontroversen Debatten. Gottseidank kontrovers, sonst wäre das nicht gut. Dass man in so einer Position natürlich Macht hat und etwas bewirken kann, ist klar. Aber das Wort mächtig kommt mir irgendwie nicht über die Lippen. So führt man weder eine Fraktion noch ein Unternehmen. Die Leute müssen selbst begeistert sein von Ideen, die man hat. Da hilft Dir Deine „Macht“ kaum weiter.
Zwei Ihrer Mitstreiter, Lukas Köhler und Johannes Vogel, hatten weniger Glück und sind mit bescheidenen Ergebnissen aus den Wahlen gekommen. Trösten Sie die dann – oder sagen Sie: Nun ja, das gehört auch dazu?
Es ist aus meiner Sicht, gerade zur Hälfte der Wahlperiode, absolut normal, dass in einer liberalen Fraktion man auch mal unterschiedliche Meinungen hat. Zumal diese beiden als Geschäftsführer und Fraktionsvize besonders hart und auch kontrovers für uns in wichtigen Themen gestritten haben. Zugleich muss ich eines sagen: Mit mir alleine hätten wir die guten Ergebnisse nicht erreicht. Das wäre, kurz gesagt, Null möglich gewesen. Ich bin auf die Kollegen und unser Team angewiesen, jeden Tag.
Und doch: Zeigen die beiden Ergebnisse nicht, dass es in Ihrer Fraktion bei zentralen Fragen wie Klima und Soziales unterschiedliche Strömungen gibt?
Nein. Es gibt unterschiedliche Meinungen zu Themen, was gut und wichtig für unsere Demokratie ist. Zum Glück. Wir sind ja kein uniformer Haufen. Aber was die Geschlossenheit der FDP anbetrifft, kann ich deutlich sagen, dass wir die geschlossenste Truppe von allen sind. Das macht auch die Stärke in einer sehr herausfordernden Koalition aus, die für uns sehr ungewöhnlich ist.
Die Wahlen in der Fraktion sind gut gelaufen, die Wahlen in den Ländern gar nicht. Die FDP hat die letzten fünf Landtagswahlen verloren, ist aus Parlamenten geflogen. Auch am 8. Oktober wird es nicht besser werden. Was haben sie falsch gemacht?
Wenn man sich die jüngst erschienene Zwischenbilanz-Studie der Bertelsmann-Stiftung anschaut, sieht man, dass wir erstens in dieser Koalition mehr erledigt haben als die Vorgängerregierung und dass die FDP sich zweitens in vielem durchgesetzt hat.
Dann müssten Sie bei den Umfragen mindestens 15 Prozent erzielen, stattdessen sind es fünf bis sechs.
Das Bündnis ist gerade für die Wähler der FDP nach wie vor ein sehr, sehr Ungewöhnliches. Gleichzeitig ist es 2021 die einzige Möglichkeit gewesen, um Deutschland wieder auf Kurs zu bringen. Denn die Probleme, die jetzt zum Vorschein kommen und die Menschen in Deutschland umtreiben, sind keine Herausforderungen, die mit dem 8. Dezember 2021 entstanden sind, sondern in den 15 bis 20 Jahren vorher. Ich will nicht nur der Union die Schuld geben. Sie hat ja nie alleine regiert. Aber die Reformunfähigkeit der deutschen Politik in den letzten zwei Jahrzehnten – nach den großen Reformen Anfang der 2000-er Jahre – hat dazu geführt, dass jetzt vieles auf einmal angegangen werden muss.
Wäre das für eine selbsternannte Fortschrittskoalition nicht eine große Chance?
Chance und gigantische Aufgabe. Es sind Probleme, die man nicht mal eben auflösen kann. Umso mehr rufen alle Menschen danach, dass wir wieder modern werden wollen, nach vorne kommen wollen, innovativ sein wollen, wettbewerbsfähig sein wollen, wirtschaftlich erfolgreich sein wollen. Dafür arbeiten wir hart. Und ich bin der Überzeugung, dass sich aufgrund der sachlichen Entscheidungen auch wieder politische Erfolge einstellen werden.
Angesichts der miserablen Werte der Ampel: Bislang hat das nicht geklappt.
Ich sage nicht, dass das einfach ist. Es heißt weiter: Ärmel hochkrempeln und arbeiten. Dafür kriegt man nicht sofort Ruhm und Lob. Das ist auch in Ordnung, am Ende wird man an Erfolgen gemessen. Und jetzt bin ich für einen Moment ganz unbescheiden: Wir haben drei Dinge geschafft: Erstens: Wir haben bei der Belastung der Unternehmen und der Menschen in Deutschland eine Wende herbeigeführt. 50 Milliarden Entlastung bei der Einkommensteuer und das Wachstumschancengesetz von Christian Lindner. Zweitens: Wir haben eine Wende in der Energiepolitik herbeigeführt. Die deutsche Energiepolitik war 20 Jahre Planwirtschaft pur. Wir setzen jetzt auf Technologie-Offenheit. Wir lassen neue Dinge zu. Wir sorgen dafür, dass auch die Frage des Erreichens der Klimaschutzziele viel breiter gedacht wird. Nicht planwirtschaftlich. Und drittens: Wir schaffen auch eine Wende in der Migrationspolitik. Wir machen Deutschland zu einem modernen Fachkräfte- Einwanderungsland – und wir sagen in aller Deutlichkeit: Migration in die sozialen Sicherungssysteme muss aufhören.
Sie loben die Entlastungen. Zugleich sind wir in einer Situation, in der viele vor einer existenziellen Wirtschaftskrise warnen. Also nichts, was schnell kommt und wieder geht. Ein Codewort: der Strompreis. Hier bleibt der Eindruck stehen: Die FDP hilft den Unternehmen nicht.
Im Gegenteil, die Strom- und Energiepreise müssen runter, Ausrufezeichen. Die müssen runter. Es ist ein ganz wichtiger Teil unserer Wettbewerbsfähigkeit. Und gleichzeitig sind die strukturellen, energiepolitischen Probleme keine der letzten zwei Jahre.
Trotzdem rufen die großen Unternehmen jetzt nach Unterstützung.
Aber die Antwort auf eine falsche Energiepolitik kann nicht sein, dass wir die Probleme jetzt mit Steuerzahlergeld zuschütten. Das ist nicht nur nicht FDP-Politik; es ist auch ökonomisch Quatsch.
Was dann?
Wir müssen zwei Dinge tun: Erstens müssen wir die staatlichen Lasten, die auf den Preisen hängen, senken. Deswegen sagen wir: Nicht den Strompreis subventionieren, sondern runter mit der Stromsteuer. Zweitens müssen wir das Angebot ausweiten. Märkte funktionieren so. Wenn man das Angebot durch Verbote, durch Einschränkungen, durch Bürokratie verknappt, gehen Preise in die Höhe. Erhöht man das Angebot, gehen sie runter. Genau das haben wir mit den LNG-Terminals gemacht. In vier Monaten. Früher hieß es, man brauche dafür mindestens 20 Jahre. Das zeigt schon, was die Regierung schaffen kann.
Macht es Sie nicht nachdenklich, dass große Verbände, die Gewerkschaften und Teile der Regierung vor Abwanderungsgefahren warnen?
Doch. Deshalb sagen wir: kurzfristig Steuern und Abgaben runter. Aber die Frage bei einem Industriestrompreis, der jetzt auch gerne Brückenstrompreis heißt, lautet: Wie lang soll die Brücke sein? Und wo soll sie enden? Viele sprechen von fünf Jahren. Ich kenne keine Investition eines großen Unternehmens, die in fünf Jahren abgeschrieben ist. Also zu sagen, wir machen jetzt fünf Jahre Subvention und dann ist alles gut – das wird so nichts. Unter diesen Umständen wird kein einziger Euro in Deutschland investiert. Davon bin ich zutiefst überzeugt. Wenn man mit Unternehmen spricht, dann geben die das auch ganz offen zu. Dahinter steckt also die Hoffnung, dass das keine Brücke wird über fünf Jahre, sondern eine Brücke in die Unendlichkeit. Und das zahlen alle mittelständischen Unternehmen mit ihren Steuern, damit einige wenige große eine Subvention bekommen. Das kann kein Konzept der Marktwirtschaft sein. Wir sagen: Wir ändern die Energiepolitik, wir machen sie breiter.
Es klingt einfacher als es ist: das Angebot verbreitern. Wasserstoff dauert Jahre, wenn nicht Jahrzehnte.
Genau das bezweifle ich. Sie erinnern sich: die LNG-Terminals, vier Monate.
Aber da mussten sie vorhandenes hierherbringen. Wasserstoff muss erst produziert werden. Das ist nicht vergleichbar.
Nicht direkt, aber indirekt natürlich. Ich glaube jenen nicht mehr, die immer nur sagen: Das dauert ewig, deshalb ist es keine Lösung. Im Gegenteil: Ich glaube an die Fähigkeiten unserer Ingenieure, der Staat muss nur die Rahmenbedingungen verbessern. Und wir haben das Ziel, dass wir als Exportnation günstige Energie importieren, um dann hochwertige Produkte in die Welt zu verkaufen. Das ist nur deshalb ins Wanken geraten, weil in der Vergangenheit falsche Energiepolitik gemacht worden ist.
Wasserstoff ist unsere Rettung?
Unsere Rettung wird sein, dass Deutschland fast zum ersten Mal das Signal aussendet, dass wir alle Möglichkeiten nutzen wollen. Alles elektrisch, nur mit Wind und Sonne in Deutschland zu machen, das ist Geschichte. Wir wollen das Land, das zu 70 Prozent von Energieimporten abhängt, auf breitere Füße stellen. Wir brauchen einen möglichst breiten Ansatz. Also auch eFuels in Verbrennern, um nur ein Beispiel zu nennen. Ich sage das mal mit aller martialischen Deutlichkeit: Der Einsatz der FDP für den Verbrennungsmotor mit synthetischen Kraftstoffen ist einer, mit dem wir die Energiepreise niedrig halten und die Klimaschutzziele erreichen wollen. Das wird manchmal vergessen.
Warum werden Sie dafür dann nicht gelobt, sondern beim Streit ums Heizungsgesetz als Querulanten wahrgenommen?
Wir haben das umstrittene Heizungsgesetz um 180 Grad gedreht, um alle anfänglichen Fehler zu beseitigen.
Zum Preis eines riesigen Ansehensverlustes der gesamten Regierung.
Das sehe ich ganz anders. Man stelle sich nur einen Moment vor, wir hätten das nicht getan, sondern das Gesetz durchgewunken. Was glauben Sie, was die Leute dann sagen würden?
Das die Regierung geeint nach vorne marschiert.
Nein. Dass die Regierung unvernünftig ist. Es gab ein Gebäudeenergiegesetz der Vorgängerregierung, schon da war klar: Ab 2026 sollte die Ölheizung verboten werden. Das klingt moralisch ganz toll. Aber 25 Prozent der Menschen in Deutschland haben eine Ölheizung, in Süddeutschland sind es noch mehr. Durch unsere Forderung nach einer echten Technologie-Offenheit können die Heizungen auch durch Biomasse oder durch synthetische Kraftstoffe eine Zukunft haben. Ob das der Weisheit letzter Schluss ist, weiß ich nicht. Aber es ist unendlich sinnvoll, das möglich zu machen und diese Technologien zuzulassen. Verbote funktionieren nicht in der Energiepolitik. Das haben 20 Jahre Energiewende in Deutschland gezeigt. Verbote haben zu hohen Kosten und dem Reißen der Klimaschutzziele geführt. Also machen wir es jetzt genau andersrum.
Sie haben nur ein Problem: Niemand redet darüber, aber alle haben den Streit ums GEG mitbekommen. Was läuft da schief?
Das Heizungsgesetz kam von jemandem, der seinerzeit Staatssekretär war und nicht mehr im Amt ist. Ich glaube, der Grundfehler war, dass der erste Entwurf des Gesetzes das Gegenteil von dem war, was für mich Fortschrittskoalition bedeutet. Also das Gegenteil von Innovation und Technologie-Offenheit. Das hat zu Stress in der Koalition geführt. Ich war über den ersten Entwurf sehr enttäuscht und habe früh klar gemacht, dass das mit der FDP nicht machbar ist.
Wahrgenommen wurden Sie als Opposition in der Koalition – mit entsprechendem Ansehensverlust.
Hätten wir es deswegen durchwinken sollen? Nein. Wir machen jetzt eine kommunale Wärmeplanung, damit die Menschen wissen, welche verschiedenen Angebote es geben wird.
Trotzdem ist das schlechte Erscheinungsbild der Koalition Futter für all jene, die dauernd sagen: Die da können es eh nicht. Stört Sie das gar nicht?
Die Auseinandersetzung in der Regierungskoalition hat ja Gründe gehabt. Und der Grund war, dass es bei den Grünen einige gab, die das ursprüngliche Gesetz von Herrn Graichen verteidigt haben. Und ich habe gesagt: Das wird auf gar keinen Fall kommen, sondern wir werden das Gesetz um 180 Grad drehen müssen. Das war ein sehr schmerzlicher Prozess, wahrscheinlich auch für die Grünen. Dafür habe ich im Grundsatz Verständnis. Aber stellen wir uns eine halbe Sekunde vor, die FDP hätte gesagt: Na ja, um des lieben Friedens willen lassen wir das jetzt so durchlaufen. Und zum 1. Januar des kommenden Jahres, wenn Pelletheizungen verboten gewesen wären, faktisch alle Gasheizungen verboten gewesen, wäre genau das Gegenteil dessen passiert, was ich mit Wende in der Energiepolitik meine – Verbote, Auflagen, Bürokratie, wenig Angebot. Aber vieles teurer. Wäre das besser gewesen? Nein. Jetzt passt wieder die Heizung zum Haus, nicht das Haus muss zur Heizung passen.
Also sind halt immer die Grünen schuld?
Ich will jetzt keinem Einzelnen die Schuld geben. Und ich glaube, auch Robert Habeck hat sich über vieles geärgert, was da aus seinem Haus an die Öffentlichkeit gegangen ist. Aber eins lehrt uns das doch: Vorhaben gut vorbereiten, dann gemeinsam besprechen und dann im Deutschen Bundestag beschließen. Das erwarten die Menschen von uns. Und da sind Fehler passiert.
Und doch bleibt die Tonlage aggressiv. Zuletzt hat der FDP-Generalsekretär die Grünen als „Sicherheitsrisiko für Deutschland” bezeichnet. Was bringt das außer neuen Zoff?
Ja, auch in den letzten Tagen war es hart und deutlich, als es um die europäische Asylpolitik ging. Aber ich sage auch: Es wäre ein gigantischer Fehler gewesen, hätte Deutschland in Brüssel auf Druck eines Koalitionspartners ein Veto eingelegt und die gesamte Wende in der europäischen Migrationspolitik wäre an Deutschland gescheitert. Natürlich kann man sagen: Lasst uns jetzt mal nicht streiten. Aber die Folgen wären bundespolitisch und europapolitisch fatal gewesen. Und dann muss man, wenn man das Gefühl hat, gerade läuft etwas falsch, auch sehr hart sagen, dass es falsch läuft.
Und dann spricht man vom Koalitionspartner als Sicherheitsrisiko?
Ein Generalsekretär hat eine andere Rolle als der Fraktionsvorsitzende und: Die Worte hat er an einer Stelle getroffen. Das ist keine Dauerschleife.
Es war ein bewusst frei gegebenes Interview.
Nur an einer Stelle. Ich wiederhole mich: Stellen Sie sich die Situation vor, die FDP hätte das in der Bundesregierung nicht eskaliert und die Grünen wären bei ihrem Veto geblieben. Wir hätten die gesamte europäische Asylpolitik vor die Wand gefahren und wären dafür verantwortlich gewesen. Ich bin mir nicht sicher, ob allen Beteiligten klar war, wie dramatisch die Situation war. Hätten wir das nicht gemacht – wie wären die Debatten über diese Regierung gewesen? Man stelle sich das nur eine Sekunde vor: Wir hätten die Chance gehabt und hätten es versemmelt. Das wäre für mich nicht hinnehmbar gewesen.
Stellt sich nur die Frage, ob mit einer AfD, die von jedem Streit der Ampel neuen Aufwind bekommt, Streit in dieser Form noch zeitgemäß ist.
Anders als unsere Vorgängerregierungen sind wir in Situationen, in denen sofort Entscheidungen getroffen werden müssen: die Kriegssituation, die Energiekrise und so weiter. Und: Anders als unsere Vorgängerregierung haben wir uns auferlegt, Veränderungen anzugehen. Das erklärt auch ein bisschen, warum es zu den Stresssituationen gekommen ist. Bei Frau Merkel hat man auch gestritten, aber danach ist was passiert? Nichts. Das hatte für Deutschland fatale Folgen. Es hat uns Wettbewerbsfähigkeit gekostet, die Migrationsfrage ist nicht gelöst worden, und die Energiepolitik war falsch. Jetzt sagt diese Koalition: Wir wollen das ändern. Und das führt zu harten Auseinandersetzungen zwischen Demokraten. Wenn die Alternative wäre, weiterzumachen wie die GroKo, dann kann ich sagen: Das ist keine Alternative.
Was ist schön daran, mit den Grünen zu regieren?
In dieser Konstellation, mit Grünen und SPD, ist es möglich, Reformen anzustoßen, die in den Regierungszeiten der Union nicht möglich waren. Die Union ist leider gut darin, in Oppositions- und Wahlkampfzeiten viel über Reformen zu sprechen, aber sie in Regierungsverantwortung nicht anzufassen. Ein Beispiel, ganz aktuell: Markus Söder hat 2018 gesagt, er will die Bargeld-Auszahlungen für Asylbewerber und Flüchtlinge einstellen und auf ein Bezahl-Karten-System umstellen. Wir haben das sehr begrüßt und befürwortet. Dann geht Herr Söder in eine Koalition mit den Freien Wählern und zahlt fünf Jahre weiter Bargeld aus und ändert gar nichts, um dann in den Wahlkampf zu gehen und zu sagen, jetzt müsste man auf ein Bezahl-Karten-System umstellen. Das ist keine Politik, das ist absurdes Theater.
Der Wirtschaftsminister hat jüngst in einer Rede beim BDI erklärt, dass die wichtigsten Säulen unserer bisherigen Politik – billige Energie aus Russland, glänzender Absatzmarkt in China, Schutzschirm aus den USA – wegbrechen oder noch wegbrechen können. Deshalb seine These: Unter diesen Umständen müssen wir auch unsere alten Finanzregeln wie die Schuldenbremse infrage stellen.
Das wird nicht passieren. Es wäre einfach grundfalsch. Wir sagen zwei Dinge und dabei bleiben wir auch. Erstens: Wir halten uns an die Schuldenbremse in dieser Koalition. Und zweitens: Es wird keine Mehrbelastung geben. Ich bin fest gewillt, das durchzusetzen in dieser Bundesregierung und akzeptiere, dass es da auch mal Widerspruch gibt. Aber mein Ziel ist, dass wir dieses Land wirtschaftlich wieder erfolgreich machen. Und ich werde keine andere Entscheidung akzeptieren.
Muss man angesichts der AfD politische Prozesse nicht anders denken? Alte Rituale der Auseinandersetzung durch neue kooperative Töne zwischen den demokratischen Parteien ersetzen?
Ich widerspreche der These, die Sie aufstellen, und zwar aus folgendem Grund: Zu viele, ob in Regierung oder Opposition, haben mir zuletzt erklärt, dass sie politische Initiativen ergreifen, um die AfD kleinzukriegen. Ich finde das grundfalsch. Ich mache Politik, weil ich den richtigen Ideen zur Mehrheit verhelfen will. Nicht, weil ich eine andere Partei kleiner machen will.
Halten Sie es also für richtig, was im Thüringer Landtag passiert ist: Union schlägt vor, FDP und AfD stimmen zu?
Es wäre grundlegend falsch, das eigene Handeln nach einer rechtsradikalen Partei auszurichten. Und meine klare Haltung zur AfD lautet: Das ist eine rechtsradikale Partei. Aber mein Job ist, das Richtige zu tun. Und das ist das, was ich vorhin meinte: Wettbewerbsfähigkeit, andere Energiepolitik, Wende in der Migrationspolitik. Das ist mein Fokus. Nicht die AfD.