Table.Briefing: Agrifood

Table.Special: Rückenwind für Glyphosat + EVP lockt mit Farmers Deal + Protest zur AMK

Liebe Leserin, lieber Leser,

der Vorschlag der Europäischen Kommission, die Verwendung von Glyphosat in der Europäischen Union erneut für weitere zehn Jahre zuzulassen, schlägt hohe Wellen. Über die Zukunft des umstrittenen Herbizidwirkstoffs wird als Nächstes im Ständigen Ausschuss der EU-Mitgliedstaaten für Pflanzen, Tiere, Lebensmittel und Futtermittel (SCoPAFF) entschieden. Nach bisheriger Planung werden die Staaten am 13. Oktober zur Abstimmung aufgerufen. Dabei ist eine qualifizierte Mehrheit von 15 Mitgliedern, die mindestens 65 Prozent der EU-Bevölkerung vertreten, erforderlich.

Das Bundeslandwirtschaftsministerium sieht eine erneute Zulassung kritisch. Auswirkungen auf die Artenvielfalt würden nicht berücksichtigt, so die Position. Ressortchef Cem Özdemir und Umweltministerin Steffi Lemke kündigten zu ihrem Amtsantritt gemeinsam an, sich auf EU-Ebene für Mehrheiten gegen eine Wiederzulassung einsetzen zu wollen. In jedem Fall dürfte ein “deutsches Nein” zu Glyphosat Gewicht haben und womöglich für ein Resultat sorgen, das Umweltschützern in die Hände spielt. In 2017 war Christian Schmidts “Ja” jedenfalls das Zünglein an der Waage für eine Wiederzulassung des umstrittenen Wirkstoffs.

Am 15. Dezember läuft die Zulassung für Glyphosat aus. Bis dahin will die Brüsseler Behörde den Prozess abgeschlossen haben.

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Henrike Schirmacher
Bild von Henrike  Schirmacher

Analyse

Glyphosat: EU-Kommission für erneute Zulassung

Die Europäische Kommission hat den EU-Mitgliedsstaaten am gestrigen Mittwoch vorgeschlagen, die Zulassung von Glyphosat in der Europäischen Union für einen weiteren Zeitraum von zehn Jahren zu erneuern. Dabei erkennt die EU-Exekutive die von der Europäischen Gesundheitsbehörde (ECDC) festgestellten Risiken und Unsicherheiten an und überlässt es den Staaten, “aufmerksam” auf die Nebenwirkungen von Glyphosat zu achten.

Zehn Jahre sind mehr als die letzte Zulassung, die für fünf Jahre erteilt wurde, aber weniger als das Maximum von 15 Jahren, das im EU-Recht vorgesehen ist. “Wenn innerhalb dieser zehn Jahre Informationen auftauchen, die die Schlussfolgerungen der EFSA oder das, was wir aufgrund unserer Analyse geschlossen haben, infrage stellen, können wir die Zulassung jederzeit erneut prüfen“, fügte ein hochrangiger EU-Beamter hinzu.

Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) hatte im Juli eine erneute Zulassung des umstrittenen Unkrautvernichters in der Europäischen Union als unkritisch bewertet. Die EFSA wies allerdings auf Datenlücken hin, die die Risiken für Verbraucher und für Wasserpflanzen unzureichend bewerten lassen. Zudem gestand die Behörde ein, dass Informationen über die Toxizität sogenannter “Cocktail-Effekte” fehlten – hier geht es um das Zusammenspiel von Glyphosat und Wirkstoffen, die Bestandteil anderer Pestizide sind.

Mitgliedstaaten am Zug

Auf der Grundlage der Bewertungen der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA) und der EFSA urteilt die Kommission, dass “festgestellt wurde, dass für eine oder mehrere repräsentative Verwendungen […] die Kriterien für die Zulassung erfüllt sind”. Sie erläutert dann aber alle Risiken und Unsicherheiten, auf die die EFSA in ihrer Bewertung hingewiesen hat, insbesondere in Bezug auf Beistoffe, Rückstände in Rotationskulturen, Oberflächenwasser oder pflanzenfressende Kleinsäuger.

In all diesen Punkten gibt die Kommission den Ball an die Staaten zurück, die dann für die Erteilung von Zulassungen auf nationaler Ebene zuständig sind. Sie überlässt ihnen die Verantwortung, bei ihren Bewertungsverfahren auf mögliche Nebenwirkungen “zu achten” und gegebenenfalls Anpassungsmaßnahmen zu ergreifen.

Die Kommission hat jedoch entschieden, eine spezielle Verwendung von Glyphosat zu verbieten: die Trocknung, also das Ausbringen von Glyphosat, um eine Kultur vor der Ernte zu trocknen. Diese Praxis der sogenannten Sikkation, die als nicht mit dem EU-Recht vereinbar angesehen wird, darf von den Staaten ab dem Inkrafttreten des Textes, das für Mitte Dezember geplant ist, nicht mehr erlaubt werden.

“Umwelt- und gesundheitspolitischer Skandal”

“Das ist ein umwelt- und gesundheitspolitischer Skandal, die Faktenlage zur Unbedenklichkeit von Glyphosat ist fragwürdig”, sagte Martin Häusling, agrarpolitischer Sprecher der Grünen im Europäischen Parlament und Mitglied im Umwelt- und Gesundheitsausschuss. Er unterstreicht, dass die EFSA in ihrer Einschätzung selbst erklärt hat, dass es noch offene Fragen und Datenlücken gibt. Aus seiner Sicht konterkariert die Kommission mit dieser Vorlage ihre eigene Glaubwürdigkeit und Kohärenz. “Man kann nicht das meistverkaufte, hochtoxische Pestizid Glyphosat weiter im Einsatz lassen, wenn erklärtes EU-Ziel die nachhaltige Verwendung von Pestiziden (SUR) und die Wiederherstellung der Natur ist (Nature Restoration Law),” so Häusling.

Norbert Lins (CDU), Vorsitzender des Ausschusses für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung, begrüßt dagegen die Entscheidung der Kommission. “Dies ist ein wichtiger Schritt für die Landwirtschaft, denn die europäischen Landwirte brauchen Planungssicherheit”, sagte er. “Selten” wurde ein Wirkstoff “so genau” untersucht wie Glyphosat, betont er und erinnert an den Austausch Anfang August zu den vorliegenden Studien mit dem geschäftsführenden Direktor der EFSA. “Bernhard Url hat uns noch einmal erläutert, dass die EFSA in ihrem Peer-Review der Risikobewertung des Wirkstoffs Glyphosat keine kritischen Problembereiche ermittelt hat. Demnach steht der Wiederzulassung aus wissenschaftlicher Sicht nichts entgegen,” so Lins.

Abstimmung Mitte Oktober

“Wir haben Kommentare von insgesamt 17 Mitgliedstaaten erhalten, hauptsächlich technische Kommentare”, fuhr der EU-Beamte fort. “Mehrere” Mitgliedstaaten hätten sich bereits “für” die Erneuerung ausgesprochen, während sich andere nicht geäußert hätten. “Ein Mitgliedstaat hat angegeben, dass er die Verlängerung nicht unterstützen wird”, sagt der Beamte, ohne ihn zu nennen. Deutschland will ab Anfang 2024 Glyphosat nicht mehr zulassen.

Die Europäische Kommission wird den 27 Mitgliedstaaten beim Ständigen Ausschuss der EU-Mitgliedstaaten für Pflanzen, Tiere, Lebensmittel und Futtermittel (SCoPAFF) am Freitag den Entwurf für einen Durchführungsrechtsakt vorlegen. Die Staaten werden beim SCoPAFF – nach bisheriger Planung am 13. Oktober – zur Abstimmung aufgerufen. Dabei ist eine qualifizierte Mehrheit von 15 Mitgliedern, die mindestens 65 Prozent der EU-Bevölkerung vertreten, erforderlich.

Eine erneute Abstimmung könnte im November stattfinden, wenn die qualifizierte Mehrheit nicht erreicht würde, präzisiert der EU-Beamter. “Die Kommission hat aber die feste Absicht, diesen Entscheidungsprozess vor dem 15. Dezember abzuschließen”, also dem Ablaufdatum der derzeitigen Genehmigung. “Denn jede Verzögerung würde dazu führen, dass die derzeitige Genehmigung um einen weiteren Zeitraum verlängert werden müsste”.

  • EFSA
  • EU
  • Europäische Kommission
  • Glyphosat
  • Glyphosat-Verlängerung
  • Nature Restoration Law

News

EVP hofft auf Neuanfang in der Agrarpolitik

EVP-Chef Manfred Weber hofft auf einen Neuanfang in der Landwirtschaftspolitik, nachdem der für den Grünen Deal verantwortliche Frans Timmermans aus der Kommission ausgeschieden ist. Bei der Konferenz der christdemokratischen Parteienfamilie “European Farmers’ Deal” mit 800 Teilnehmern in Brüssel sagte Weber: “Seit dem Abschied von Timmermans ist die Möglichkeit greifbar, die Landwirtschaftspolitik neu zu denken.”

Die Atmosphäre der Gespräche zwischen Parlament und Kommission habe sich merklich verändert. “Jetzt geht es darum, bei den offenen Gesetzgebungsverfahren langfristige Lösungen zu finden.”

Pestizidverordnung im Blick

Vize-Kommissionspräsident Maroš Šefčovič soll Anfang Oktober von Timmermans den Green Deal übernehmen. Die EVP erwartet, dass die Kommission etwa bei der umstrittenen Pestizidverordnung SUR Signale setzt. Nötig wäre dies laut EVP unter anderem bei der Definition der Schutzgebiete, in denen der Einsatz von Pestiziden komplett verboten sein soll.

Herbert Dorfmann, EVP-Koordinator für Landwirtschaft, sagte: “Wir arbeiten im Ausschuss zielstrebig auf einen Kompromiss hin.” Von dem Ergebnis hänge ab, ob die EVP im Ausschuss und im Plenum der Pestizidverordnung zustimmen werde.

Norbert Lins, Chef des Agrarausschusses, sagte im Hinblick auf einen möglichen Beitritt der Ukraine zur EU: “Die Ukraine ist ein Land mit einem sehr wettbewerbsfähigen Agrarsektor. Außerdem geht es um riesige Flächen. Es zeichnet sich schon jetzt ab, dass die Integration in die GAP eine große Herausforderung wird.” mgr

  • EU
  • Green Deal
  • Pestizide-Verordnung

AMK: Bauern planen Demo in Kiel

Die Agrarministerkonferenz des Bundes und der Länder (AMK) tagt von Mittwoch bis Freitag in Kiel. Dort stehen strittige Themen wie die GAK-Kürzungen, der Umbau der Tierhaltung und das Tierschutzgesetz auf der Tagesordnung. Die Organisation Land schafft Verbindung Schleswig-Holstein (LSV SH) hat am heutigen Donnerstag einen Traktorkonvoi und zahlreiche Kundgebungen in Kiel angemeldet, um ihre Unzufriedenheit mit der Politik zum Ausdruck zu bringen. Es werden etwa 1.000 Teilnehmer erwartet.

Mehr Geld für Stallumbau gefordert

Es dringe offenbar nicht in die Politik ein, welche Konsequenzen einzelne Beschlüsse hätten, sagte der stellvertretende Präsident des Bauernverbands Schleswig-Holstein Ludwig Hirschberg im Vorfeld. Als Beispiel nannte er das Streben nach mehr Tierwohl, ohne die Tierhalter beim Stallumbau zu unterstützen, sowie die ausufernde Bürokratie. Der Bund müsse für seine Beschlüsse auch finanziell einstehen, sagte Hirschberg. Auch der Deutsche Bauernverband fordert eine Erhöhung der im Haushaltsplanentwurf veranschlagten Mittel zur Förderung der ländlichen Entwicklung.

Laut dem Bundesvorsitzenden der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) Martin Schulz sollten die Agrarminister den Umbau der tierhaltenden Betriebe angesichts der Auflösung der Borchert-Kommission nah an den Ergebnissen dieser Kommission ausrichten. Er kritisiert, dass die dafür notwendige Planbarkeit in der Finanzierung derzeit fehle.

Besonders Schweinehalter sind frustriert

Eine anlässlich der AMK von der Interessengemeinschaft der Schweinehalter (ISN) und dem Agrar- und Ernährungsforum Oldenburger Münsterland durchgeführte Umfrage zeigte auf, dass die deutschen Schweinehalter verhalten in die Zukunft blicken. Als Gründe nennt die ISN die fehlende Planungssicherheit, hohe Genehmigungshürden, überzogene Bürokratie und mangelnde Finanzierung der Schweinehaltung. Ein Großteil der Befragten wolle in den kommenden zwölf Monaten nicht in die Schweinehaltung investieren, obwohl die wirtschaftliche Lage derzeit gut sei. Die Unzufriedenheit mit der Politik könnte laut der Umfrage kaum größer sein. dpa/ag

  • Agrarpolitik
  • Tierschutzgesetz

Agrifood.Table Redaktion

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    der Vorschlag der Europäischen Kommission, die Verwendung von Glyphosat in der Europäischen Union erneut für weitere zehn Jahre zuzulassen, schlägt hohe Wellen. Über die Zukunft des umstrittenen Herbizidwirkstoffs wird als Nächstes im Ständigen Ausschuss der EU-Mitgliedstaaten für Pflanzen, Tiere, Lebensmittel und Futtermittel (SCoPAFF) entschieden. Nach bisheriger Planung werden die Staaten am 13. Oktober zur Abstimmung aufgerufen. Dabei ist eine qualifizierte Mehrheit von 15 Mitgliedern, die mindestens 65 Prozent der EU-Bevölkerung vertreten, erforderlich.

    Das Bundeslandwirtschaftsministerium sieht eine erneute Zulassung kritisch. Auswirkungen auf die Artenvielfalt würden nicht berücksichtigt, so die Position. Ressortchef Cem Özdemir und Umweltministerin Steffi Lemke kündigten zu ihrem Amtsantritt gemeinsam an, sich auf EU-Ebene für Mehrheiten gegen eine Wiederzulassung einsetzen zu wollen. In jedem Fall dürfte ein “deutsches Nein” zu Glyphosat Gewicht haben und womöglich für ein Resultat sorgen, das Umweltschützern in die Hände spielt. In 2017 war Christian Schmidts “Ja” jedenfalls das Zünglein an der Waage für eine Wiederzulassung des umstrittenen Wirkstoffs.

    Am 15. Dezember läuft die Zulassung für Glyphosat aus. Bis dahin will die Brüsseler Behörde den Prozess abgeschlossen haben.

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    Analyse

    Glyphosat: EU-Kommission für erneute Zulassung

    Die Europäische Kommission hat den EU-Mitgliedsstaaten am gestrigen Mittwoch vorgeschlagen, die Zulassung von Glyphosat in der Europäischen Union für einen weiteren Zeitraum von zehn Jahren zu erneuern. Dabei erkennt die EU-Exekutive die von der Europäischen Gesundheitsbehörde (ECDC) festgestellten Risiken und Unsicherheiten an und überlässt es den Staaten, “aufmerksam” auf die Nebenwirkungen von Glyphosat zu achten.

    Zehn Jahre sind mehr als die letzte Zulassung, die für fünf Jahre erteilt wurde, aber weniger als das Maximum von 15 Jahren, das im EU-Recht vorgesehen ist. “Wenn innerhalb dieser zehn Jahre Informationen auftauchen, die die Schlussfolgerungen der EFSA oder das, was wir aufgrund unserer Analyse geschlossen haben, infrage stellen, können wir die Zulassung jederzeit erneut prüfen“, fügte ein hochrangiger EU-Beamter hinzu.

    Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) hatte im Juli eine erneute Zulassung des umstrittenen Unkrautvernichters in der Europäischen Union als unkritisch bewertet. Die EFSA wies allerdings auf Datenlücken hin, die die Risiken für Verbraucher und für Wasserpflanzen unzureichend bewerten lassen. Zudem gestand die Behörde ein, dass Informationen über die Toxizität sogenannter “Cocktail-Effekte” fehlten – hier geht es um das Zusammenspiel von Glyphosat und Wirkstoffen, die Bestandteil anderer Pestizide sind.

    Mitgliedstaaten am Zug

    Auf der Grundlage der Bewertungen der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA) und der EFSA urteilt die Kommission, dass “festgestellt wurde, dass für eine oder mehrere repräsentative Verwendungen […] die Kriterien für die Zulassung erfüllt sind”. Sie erläutert dann aber alle Risiken und Unsicherheiten, auf die die EFSA in ihrer Bewertung hingewiesen hat, insbesondere in Bezug auf Beistoffe, Rückstände in Rotationskulturen, Oberflächenwasser oder pflanzenfressende Kleinsäuger.

    In all diesen Punkten gibt die Kommission den Ball an die Staaten zurück, die dann für die Erteilung von Zulassungen auf nationaler Ebene zuständig sind. Sie überlässt ihnen die Verantwortung, bei ihren Bewertungsverfahren auf mögliche Nebenwirkungen “zu achten” und gegebenenfalls Anpassungsmaßnahmen zu ergreifen.

    Die Kommission hat jedoch entschieden, eine spezielle Verwendung von Glyphosat zu verbieten: die Trocknung, also das Ausbringen von Glyphosat, um eine Kultur vor der Ernte zu trocknen. Diese Praxis der sogenannten Sikkation, die als nicht mit dem EU-Recht vereinbar angesehen wird, darf von den Staaten ab dem Inkrafttreten des Textes, das für Mitte Dezember geplant ist, nicht mehr erlaubt werden.

    “Umwelt- und gesundheitspolitischer Skandal”

    “Das ist ein umwelt- und gesundheitspolitischer Skandal, die Faktenlage zur Unbedenklichkeit von Glyphosat ist fragwürdig”, sagte Martin Häusling, agrarpolitischer Sprecher der Grünen im Europäischen Parlament und Mitglied im Umwelt- und Gesundheitsausschuss. Er unterstreicht, dass die EFSA in ihrer Einschätzung selbst erklärt hat, dass es noch offene Fragen und Datenlücken gibt. Aus seiner Sicht konterkariert die Kommission mit dieser Vorlage ihre eigene Glaubwürdigkeit und Kohärenz. “Man kann nicht das meistverkaufte, hochtoxische Pestizid Glyphosat weiter im Einsatz lassen, wenn erklärtes EU-Ziel die nachhaltige Verwendung von Pestiziden (SUR) und die Wiederherstellung der Natur ist (Nature Restoration Law),” so Häusling.

    Norbert Lins (CDU), Vorsitzender des Ausschusses für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung, begrüßt dagegen die Entscheidung der Kommission. “Dies ist ein wichtiger Schritt für die Landwirtschaft, denn die europäischen Landwirte brauchen Planungssicherheit”, sagte er. “Selten” wurde ein Wirkstoff “so genau” untersucht wie Glyphosat, betont er und erinnert an den Austausch Anfang August zu den vorliegenden Studien mit dem geschäftsführenden Direktor der EFSA. “Bernhard Url hat uns noch einmal erläutert, dass die EFSA in ihrem Peer-Review der Risikobewertung des Wirkstoffs Glyphosat keine kritischen Problembereiche ermittelt hat. Demnach steht der Wiederzulassung aus wissenschaftlicher Sicht nichts entgegen,” so Lins.

    Abstimmung Mitte Oktober

    “Wir haben Kommentare von insgesamt 17 Mitgliedstaaten erhalten, hauptsächlich technische Kommentare”, fuhr der EU-Beamte fort. “Mehrere” Mitgliedstaaten hätten sich bereits “für” die Erneuerung ausgesprochen, während sich andere nicht geäußert hätten. “Ein Mitgliedstaat hat angegeben, dass er die Verlängerung nicht unterstützen wird”, sagt der Beamte, ohne ihn zu nennen. Deutschland will ab Anfang 2024 Glyphosat nicht mehr zulassen.

    Die Europäische Kommission wird den 27 Mitgliedstaaten beim Ständigen Ausschuss der EU-Mitgliedstaaten für Pflanzen, Tiere, Lebensmittel und Futtermittel (SCoPAFF) am Freitag den Entwurf für einen Durchführungsrechtsakt vorlegen. Die Staaten werden beim SCoPAFF – nach bisheriger Planung am 13. Oktober – zur Abstimmung aufgerufen. Dabei ist eine qualifizierte Mehrheit von 15 Mitgliedern, die mindestens 65 Prozent der EU-Bevölkerung vertreten, erforderlich.

    Eine erneute Abstimmung könnte im November stattfinden, wenn die qualifizierte Mehrheit nicht erreicht würde, präzisiert der EU-Beamter. “Die Kommission hat aber die feste Absicht, diesen Entscheidungsprozess vor dem 15. Dezember abzuschließen”, also dem Ablaufdatum der derzeitigen Genehmigung. “Denn jede Verzögerung würde dazu führen, dass die derzeitige Genehmigung um einen weiteren Zeitraum verlängert werden müsste”.

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    EVP hofft auf Neuanfang in der Agrarpolitik

    EVP-Chef Manfred Weber hofft auf einen Neuanfang in der Landwirtschaftspolitik, nachdem der für den Grünen Deal verantwortliche Frans Timmermans aus der Kommission ausgeschieden ist. Bei der Konferenz der christdemokratischen Parteienfamilie “European Farmers’ Deal” mit 800 Teilnehmern in Brüssel sagte Weber: “Seit dem Abschied von Timmermans ist die Möglichkeit greifbar, die Landwirtschaftspolitik neu zu denken.”

    Die Atmosphäre der Gespräche zwischen Parlament und Kommission habe sich merklich verändert. “Jetzt geht es darum, bei den offenen Gesetzgebungsverfahren langfristige Lösungen zu finden.”

    Pestizidverordnung im Blick

    Vize-Kommissionspräsident Maroš Šefčovič soll Anfang Oktober von Timmermans den Green Deal übernehmen. Die EVP erwartet, dass die Kommission etwa bei der umstrittenen Pestizidverordnung SUR Signale setzt. Nötig wäre dies laut EVP unter anderem bei der Definition der Schutzgebiete, in denen der Einsatz von Pestiziden komplett verboten sein soll.

    Herbert Dorfmann, EVP-Koordinator für Landwirtschaft, sagte: “Wir arbeiten im Ausschuss zielstrebig auf einen Kompromiss hin.” Von dem Ergebnis hänge ab, ob die EVP im Ausschuss und im Plenum der Pestizidverordnung zustimmen werde.

    Norbert Lins, Chef des Agrarausschusses, sagte im Hinblick auf einen möglichen Beitritt der Ukraine zur EU: “Die Ukraine ist ein Land mit einem sehr wettbewerbsfähigen Agrarsektor. Außerdem geht es um riesige Flächen. Es zeichnet sich schon jetzt ab, dass die Integration in die GAP eine große Herausforderung wird.” mgr

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    AMK: Bauern planen Demo in Kiel

    Die Agrarministerkonferenz des Bundes und der Länder (AMK) tagt von Mittwoch bis Freitag in Kiel. Dort stehen strittige Themen wie die GAK-Kürzungen, der Umbau der Tierhaltung und das Tierschutzgesetz auf der Tagesordnung. Die Organisation Land schafft Verbindung Schleswig-Holstein (LSV SH) hat am heutigen Donnerstag einen Traktorkonvoi und zahlreiche Kundgebungen in Kiel angemeldet, um ihre Unzufriedenheit mit der Politik zum Ausdruck zu bringen. Es werden etwa 1.000 Teilnehmer erwartet.

    Mehr Geld für Stallumbau gefordert

    Es dringe offenbar nicht in die Politik ein, welche Konsequenzen einzelne Beschlüsse hätten, sagte der stellvertretende Präsident des Bauernverbands Schleswig-Holstein Ludwig Hirschberg im Vorfeld. Als Beispiel nannte er das Streben nach mehr Tierwohl, ohne die Tierhalter beim Stallumbau zu unterstützen, sowie die ausufernde Bürokratie. Der Bund müsse für seine Beschlüsse auch finanziell einstehen, sagte Hirschberg. Auch der Deutsche Bauernverband fordert eine Erhöhung der im Haushaltsplanentwurf veranschlagten Mittel zur Förderung der ländlichen Entwicklung.

    Laut dem Bundesvorsitzenden der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) Martin Schulz sollten die Agrarminister den Umbau der tierhaltenden Betriebe angesichts der Auflösung der Borchert-Kommission nah an den Ergebnissen dieser Kommission ausrichten. Er kritisiert, dass die dafür notwendige Planbarkeit in der Finanzierung derzeit fehle.

    Besonders Schweinehalter sind frustriert

    Eine anlässlich der AMK von der Interessengemeinschaft der Schweinehalter (ISN) und dem Agrar- und Ernährungsforum Oldenburger Münsterland durchgeführte Umfrage zeigte auf, dass die deutschen Schweinehalter verhalten in die Zukunft blicken. Als Gründe nennt die ISN die fehlende Planungssicherheit, hohe Genehmigungshürden, überzogene Bürokratie und mangelnde Finanzierung der Schweinehaltung. Ein Großteil der Befragten wolle in den kommenden zwölf Monaten nicht in die Schweinehaltung investieren, obwohl die wirtschaftliche Lage derzeit gut sei. Die Unzufriedenheit mit der Politik könnte laut der Umfrage kaum größer sein. dpa/ag

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