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Zukunft der privaten Altersvorsorge: Ein mutmaßlicher Widerspruch – und was Verbraucherschützer fordern

Union und SPD wollen die private Altersvorsorge mit höheren Zulagen und einer ausgeweiteten „Frühstart-Rente“ fördern. Doch Experten und Verbraucherschützer warnen: Neue Abgaben auf Kapitaleinkünfte könnten diese Anreize konterkarieren.

11. Dezember 2025
Bärbel Bas, Markus Söder, Friedrich Merz und Lars Klingbeil (picture alliance/dpa | Michael Kappeler)

Union und SPD wollen nach dem Scheitern der Riester-Rente die private Altersvorsorge (pAV) noch einmal stärken. Der Koalitionsausschuss hat daher eine Ergänzung zum vom BMF vorgelegten Gesetzentwurf beschlossen. Die Zulage von 30 Cent pro eingezahltem Euro für jährliche Eigenbeträge bis 1.200 Euro soll ab 2029 auf 35 Cent steigen. Vom gleichen Jahr an soll zudem die geplante „Frühstart-Rente“, die zunächst mit den Sechsjährigen startet, auf weitere Jahrgänge ausgeweitet werden. Auch die Rentenkommission wird der Frage nachgehen, wie mehr Menschen Zugang zur pAV bekommen. Gleichzeitig soll die Kommission – folgt man dem Beschluss des Koalitionsausschusses von Ende November – aber auch prüfen, ob auf Kapitaleinkünfte wie Zinsen und Dividenden Beiträge erhoben werden.

Hier sehen manche Experten einen Widerspruch. So sagte der Ökonom Martin Werding Table.Briefings, ein solcher Schritt würde die ergänzende Vorsorge behindern. Werding plädiert für neue Regeln, die eine breite Beteiligung am Kapitalmarkt sicherstellen, damit Versicherte günstig und renditestark Vermögen aufbauen können. Sollte man an der Idee festhalten, auch auf Kapitaleinkünfte Beiträge zu erheben, benötige man eine Klausel, um der Altersvorsorge dienende Kapitaleinkünfte von einer Belastung auszunehmen. Zudem müsste geklärt werden, wie mit ausländischen Kapitaleignern umgegangen wird – etwa mit Blick auf die Frage, ob diese dann Rentenansprüche in Deutschland erwerben würden.

Auch die Verbraucherzentrale (VZBV) sieht bei der pAV noch offene Punkte. Es sei gut, dass die Bundesregierung garantiefreie Verträge zulasse, schreibt sie in ihrer Stellungnahme zum Altersvorsorgedepot. Das Gesetz bringe aber „keinen einfachen, kostengünstigen und fairen Zugang für alle Verbraucher:innen“, so Vorständin Ramona Pop zu Table.Briefings. Laut VZBV hätte jemand, der einen geförderten ETF-Sparplan abschließt, bei gleichen Einzahlungen am Ende des Berufslebens einen mindestens 50 Prozent höheren Vermögenszuwachs als jemand mit dem „Standdarddepot“. Pop sieht eine Benachteiligung von Menschen, die sich nicht mit dem Kapitalmarkt auskennen.
Sie empfiehlt ein staatlich organisiertes Standardprodukt für alle. Und verweist auf die „Frühstart-Rente“, die eine „Auffanglösung“ bei der Bundesbank vorsieht für alle Kinder, deren Eltern kein individuelles Konto eröffnen. Genauso könne die Bank oder ein Konsortium privater Anbieter eine Lösung für alle Erwachsenen anbieten, zu dem Verbraucher zum Beispiel über Rentenversicherung, Krankenkasse oder Arbeitgeber Zugang bekommen könnten.

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Letzte Aktualisierung: 11. Dezember 2025