CEO.Picks
Erscheinungsdatum: 04. Oktober 2025

Führen wie Steve Jobs: Warum das nur selten funktioniert

Radikale Führungsstile faszinieren seit Jahrzehnten, gelten oft als Ausdruck von Vision und Durchsetzungskraft und dienen nicht selten als Vorbild. Meine aktuelle Forschung macht deutlich: Sie funktionieren nur unter sehr spezifischen Voraussetzungen und richten oft mehr Schaden als Nutzen an.

Im Kern steht das metallurgische Konzept des „Annealing“: Phasen gezielter Unruhe, gefolgt von Stabilisierung, brechen Routinen auf und eröffnen Raum für Veränderung. Zunächst kommt die Phase der Erhitzung, in der Routinen aufgelöst und neue Möglichkeiten für das Unternehmen sichtbar werden. Danach folgt die Phase der Abkühlung, in der Orientierung geschaffen, Belastungen reduziert und Strukturen in einem besseren Zustand stabilisiert werden. 

Ob der Prozess gelingt, hängt von klaren Rahmenbedingungen ab: einer Führungspersönlichkeit mit festem Status in der Organisation, emotional widerstandsfähigen Mitarbeitenden, genügend Unsicherheit im Markt, die den Eingriff rechtfertigt, sowie ausreichenden internen Ressourcen. Fehlen diese, drohen Erschöpfung, Zynismus oder Orientierungslosigkeit. Richtig umgesetzt härtet Annealing ein Team wie Stahl. Misslingt es, macht es das Team spröde – wie Klingen, die jeden Moment zu brechen drohen. 

Für Führungskräfte gilt: Radikale Führungsimpulse führen nur in seltenen Konstellationen zum Erfolg. Eine Führungskraft sollte Unruhe nicht um ihrer selbst willen stiften, sondern sie stets mit einem überzeugenden Ausblick auf die Zukunft verbinden, selbst wenn er sich erst im Verlauf des Prozesses formt.

Wer solche Ansätze stattdessen unreflektiert kopiert, riskiert, Zusammenhalt und Leistungsfähigkeit zu untergraben. 

Matthew S. Bothner ist Professor of Strategy an der ESMT Berlin und Inhaber des Deutsche Telekom Stiftungslehrstuhls für Leadership und HR Development. Die CEO.Picks sind eine Kooperation zwischen der ESMT und Table.Briefings.

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Letzte Aktualisierung: 04. Oktober 2025

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