Executive Summary
Erscheinungsdatum: 25. Oktober 2025

Der Zugang zum All: Große Erwartungen und viel Druck

Deutscher Hoffnungsträger im neuen Space Race: Die Spectrum-Rakete von Isar Aerospace beim Erststart. (Isar Aerospace / Brady Kenniston)

2025 bricht alle Raumfahrtrekorde: über 230 Raketenstarts bis Oktober, 96 Prozent erfolgreich. Europa droht den Anschluss zu verlieren – doch Start-ups auch aus Deutschland wollen daran etwas ändern.

SpaceX dominiert mit über 130 Starts die globale Weltraumstart-Industrie. China bleibt der zweitstärkste Akteur, mit vermeldeten 66 Orbitalstarts bis Ende Oktober. Europa spielt mit nur vier erfolgreichen Starts praktisch keine Rolle.

Die Nachfrage ist riesig, alle Launch-Kapazitäten sind über Jahre hinweg bereits ausgebucht. Die Prognosen für das Gesamtjahr liegen bei mindestens 280 Launches, was einem Anstieg von gut zehn Prozent zum Jahr 2024 entspricht. Diese Entwicklung manifestiert die fortschreitende Kommerzialisierung und Demokratisierung des Weltraumzugangs.

Auf jährlich 80,22 Milliarden von zuletzt 19,32 Milliarden US-Dollar im Jahr 2024 soll der globale Markt allein für Weltraumstarts einer aktuellen Studie zufolge bis 2034 anwachsen und eine jährliche Wachstumsrate von mehr als 15 Prozent aufweisen. Eine World Economic Forum-Analyse prognostiziert ein Wachstum der gesamten globalen Weltraumwirtschaft von 630 Milliarden US-Dollar im Jahr 2023 auf 1,8 Billionen US-Dollar bis 2035.

Eine neue Allianz verdeutlicht das Interesse Transportgelegenheiten ins Weltall: Die europäischen Luft- und Raumfahrtkonzerne Airbus, Leonardo und Thales haben in dieser Woche eine Absichtserklärung unterzeichnet, um ihre Satelliten- und Raumfahrtsparten in einem gemeinsamen Unternehmen zu bündeln. Prognostizierter Jahresumsatz: etwa 6,5 Milliarden Euro. Das neue Unternehmen soll ab 2027 operativ tätig sein und rund 25.000 Mitarbeitende beschäftigen. Während die Konzerne auf eine gebündelte Fertigungskapazität und eine gestärkte Marktposition setzen, äußern Start-ups Zweifel an der Innovationskraft der Fusion. Mehr zu den Reaktionen lesen Sie im Security.Table.

Auch die Bedeutung militärischer Weltraumanwendungen ist in den vergangenen Jahren dramatisch gestiegen. Satelliten liefern Navigation, Kommunikation, Aufklärung sowie präzise Zeitgebung und bilden damit das Rückgrat vernetzter Streitkräfte. Damit kommt auch Geld ins Spiel: Ende September kündigte Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius ein Budget von 35 Milliarden Euro für Raumfahrtprojekte an.

Die neue Ariane 6 soll europäische Unabhängigkeit sichern, aber das Projekt ist schwergängig und teuer: Rund vier Milliarden Euro kostete die Entwicklung. „Es ist also nicht wahr, dass wir kein Geld haben, aber wir müssen mit diesem Geld viel effizienter sein“, sagt die Raumfahrtexpertin Hélène Huby im Gespräch mit Table.Briefings.

Durch 3D-Druck soll die Rakete von Isar Aerospace günstig bleiben. (Isar Aerospace)

„Die Frage ist, wie schnell Europa einen Launcher entwickeln kann, der pro Start nicht so viel Geld kostet“, sagt sie. Die Gründerin und CEO von The Exploration Company sieht dabei zwei weitere entscheidende Punkte. Zum einen die Startfrequenz. „Je höher die Kadenz – also die Zahl der Starts pro Jahr – desto geringer die Kosten und damit der Preis für die Kunden.“ Aber auch die Dimensionen der Rakete sei entscheidend: „Je größer der Launcher ist, desto niedriger sind die Preise. Der Unterschied ist wie der zwischen einem Taxi und einem Bus.“

Dabei liegt die Hoffnung auch bei Start-ups, die sich in den vergangenen Monaten weitere Finanzierungen sichern konnten. Mitte Oktober 2025 verkündete HyImpulse Technologies eine Finanzierungsrunde über 45 Millionen Euro, zuvor hatte sich Isar Aerospace 150 Millionen Euro gesichert. Beide Unternehmen wollen Nutzlasten günstig ins Weltall bringen. Dabei setzen sie auf kleinere Raketen und Massenproduktion – für Huby liegt der Schlüssel zum Erfolg allerdings in der Wiederverwendbarkeit, der auch SpaceX seine Marktmacht zu verdanken hat.

Dabei gehen die Einschätzungen auseinander, welcher Ansatz Europas Raketenbau schneller nach vorne bringen wird. Während Huby auf Wiederverwendbarkeit setzt, sieht Isar-Aerospace-Chef Daniel Metzler den entscheidenden Wettbewerbsvorteil in der Serienproduktion. „Beides schließt sich gegenseitig nicht aus“, kontert Metzler. Die Frage sei: Was macht man zuerst? „Wiederverwendbarkeit ist ein zusätzliches Element auf einer Rakete, das man auch später noch dazufügen kann.“ Die Serienproduktionsfähigkeit müsse aber von Grund auf Teil des Konzepts sein – und werde aus seiner Sicht den großen Unterschied machen.

Mit Robotern will Isar Aerospace das eigene Fertigungswerk in Ottobrunn möglichst weitreichend automatisieren. (Isar Aerospace)

Die Esa wählte im Juli 2025 fünf Finalisten für die European Launcher Challenge: neben Isar Aerospace aus Deutschland noch Rocket Factory Augsburg, zudem PLD Space aus Spanien, Orbex aus Großbritannien und MaiaSpace aus Frankreich. Jeder Finalist kann bis zu 169 Millionen Euro erhalten, die Anforderung ist ein erfolgreicher Orbitalstart bis spätestens 2027.

Von keinem der Unternehmen wurde bislang ein orbitaler Testflug absolviert. Ende März hatte Isar Aerospace vom norwegischen Weltraumbahnhof Andøya einen Versuch gestartet, kurz nach dem Lift-off stürzte die Rakete allerdings ins Meer. Für Metzler ein ganz normaler Vorgang. „Unser Ziel war, die Startrampe nicht zu zerstören und wichtige Sensordaten für die nächsten Starts zu sammeln. Beides ist uns gelungen.“

Die Hoffnungsträger stehen unter enormem Druck, erfolgreiche Orbitalstarts zu demonstrieren und zu zeigen, dass Europa den Anschluss nicht ganz verliert. Den spürt Metzler, gibt mit Blick auf den übermächtigen Wettbewerber aber zu bedenken: „SpaceX ist 2002 gegründet worden, in der breiten Bevölkerung kennen wir SpaceX seit wenigen Jahren. Und am Ende scheint es wie ein Overnight Success.“ Der sei aber letztlich „knapp 25 Jahre ‘in the making’“ gewesen.

In der CEO-Edition des Table Today Podcast erklärt Isar Aerospace-CEO Daniel Metzler, wann seine Rakete tatsächlich ins Weltall fliegt, weshalb Wettbewerb in der europäischen Raumfahrt wichtig ist und wieso der Staat lieber als Kunde statt als Förderer auftreten sollte.

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Letzte Aktualisierung: 25. Oktober 2025

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