Table.Briefing: Security

Wie die Ukraine aus der Defensive kommen will + U-Boot-Krimi: Wer verbirgt sich hinter Christoph Dien?

Liebe Leserin, lieber Leser,

vor 884 Tagen überfiel die russische Armee die Ukraine – im Osten des Landes sind die Fronten seit Monaten festgefahren. Unser Korrespondent in Kiew, Denis Trubetskoy, beschreibt, wie ausbleibende militärische Erfolge dazu führen könnten, dass der Konflikt durch eine ungerechte Verhandlungslösung zuungunsten der Ukraine eingefroren werden könnte.

Der Mittler & Sohn-Fachverlag für sicherheitspolitische Veröffentlichungen verspricht viel, wenn er in seiner Ankündigung für den U-Boot-Krimi ” Ein X für ein U” schreibt: “Die Handlung dieses Romans hat Anknüpfungspunkte an eine reale Geschichte, ist aber in weiten Teilen der Gedankenwelt des Autors geschuldet.” Der anonyme Autor firmiert unter dem Pseudonym Christoph Dien und verfüge über “langjährige eigene Erfahrungen” in der Rüstungsbranche.

Rüstungs-Insider Florian Keisinger von Airbus Defence and Space hat den Krimi gelesen, der vor der realen Folie des milliardenschweren Auftrags des griechischen Verteidigungsministeriums für vier U-Boote von ThyssenKrupp um die Jahrtausendwende spielt. Weil diese 2014 immer noch nicht ausgeliefert waren, reichte die Regierung in Athen Schadensersatzklage gegen das deutsche Rüstungsunternehmen ein. Dessen Marinesparte wurde lange von Hans Christoph Atzpodien geleitet, der der Figur des Dr. Überall in “Ein X für ein U” sehr ähnelt.

Ihr
Markus Bickel
Bild von Markus  Bickel

Analyse

Festgefahrene Fronten: Warum die Ukraine militärisch über aktive Verteidigung nicht hinauskommt

Die ukrainische Armee kann das russische Vorrücken nur verlangsamen, weil ihre Verteidigungsstellungen und Minenfelder gut ausgebaut sind.

Dass 2024 für die Ukraine ein militärisch äußerst schwieriges Jahr werden würde, war früh klar – und zwar seit dem Moment, als sich abzeichnete, dass die ukrainischen Offensivoperationen im Osten und Süden des Landes keinen entscheidenden Durchbruch an der Front gebracht hatten. Das war im Herbst 2023.

Dass den ukrainischen Truppen die Artilleriemunition seitdem nicht völlig ausgegangen ist, lag nur daran, dass geheime Lieferungen aus Südkorea die Bestände füllten. Die monatelange Verzögerung von US-Hilfen erschwert die Lage bis heute. Auch die Munitionsproduktion in anderen westlichen Staaten – vor allem in der EU – wird wohl erst zum Jahresende das halbwegs notwendige Niveau erreichen, um die Ukraine dauerhaft zu unterstützen. Auch Initiativen wie die Tschechiens zum Aufkauf von Munition außerhalb der EU sind nur eine Übergangslösung.

Die militärische Initiative liegt auf der russischen Seite

Die gute Nachricht für die Ukraine Mitte 2024 lautet: Trotz der komplizierten Situation im ganzen Land, die zusätzlich durch massive Stromabschaltungen wegen der russischen Angriffe auf die ukrainische Energieinfrastruktur belastet wird, ist bisher keine Katastrophe an der Front passiert.

Zwar liegt die militärische Initiative im Krieg seit Oktober 2023 auf russischer Seite. Doch der russische Versuch, im Norden des Bezirks Charkiw eine neue Front zu eröffnen, hatte zuletzt keinen Erfolg – wobei man nicht unterschätzen sollte, dass die ukrainischen Streitkräfte wichtige Reservekräfte dorthin verlegen mussten.

Der Hauptschlag der russischen Armee findet weiterhin in der Region Donezk statt, wo die russische Armee an einigen Stellen langsam, aber sicher vorankommt – zuletzt nahe der Stadt Pokrowsk, westlich von Awdijiwka, das im Februar von russischen Kräften eingenommen wurde.

Die Ukraine setzt auf aktive Verteidigung – sie hat keine andere Wahl

“Das Ziel der Russen ist es, eine Art Brückenkopf zu bilden”, schreibt der Militärexperte Oleksandr Mussijenko vom Zentrum für militärrechtliche Studien in Kiew über die Kämpfe südlich von Donezk. Letztlich gehe es darum, Richtung Kostjantyniwka vorzurücken, eine strategisch wichtige Stadt auf dem Weg Richtung Kramatorsk und Slowjansk, den größten Orten in der Region Donezk, die sich unter der Kontrolle der ukrainischen Regierung befinden.

Ihr erklärtes Ziel, den Regierungsbezirk Donezk vollständig zu besetzen, werden die russischen Kräfte militärisch kaum erreichen können. Dafür rücken sie zu langsam vor. Außerdem sind die ukrainischen Verteidigungsstellungen und Minenfelder gut ausgebaut. Hinzu kommen große russische Verluste bei Soldaten und Militärtechnik.

“Das Problem ist, dass wir keine andere Wahl hatten als auf aktive Verteidigung zu setzen”, sagt Mykola Beleskow vom Nationalen Institut für strategische Studien – nicht zuletzt aufgrund mangelnder Bewaffnung. Das aber werde sich nach 2024 ändern müssen: “Auf die eine oder andere Weise werden von der Ukraine erfolgreiche Offensivaktionen zur Befreiung unserer Gebiete erwartet. Andernfalls wird der Druck steigen, den Konflikt einzufrieren.”

Russland stellt unrealistische Bedingungen für Waffenstillstand

Diese Option liegt allerdings vorerst gar nicht auf dem Tisch: Selbst für die Möglichkeit eines Waffenstillstands setzt Russland aktuell unrealistische Bedingungen, zu denen nicht nur der volle Rückzug der ukrainischen Armee aus den von Moskau teilbesetzten Gebieten gehört. Hinzu kommt die Forderung nach deutlicher Reduzierung der ukrainischen Streitkräfte und ihres Waffenarsenals – was verhindern würde, dass sich das Land in Zukunft wirklich verteidigen kann.

Damit der Kreml von diesen Vorbedingungen abrückt, muss die ukrainische Armee den Vormarsch auf dem Schlachtfeld zumindest eindeutig stoppen – und am besten an einigen Stellen auch zurückschlagen. Größere Offensivaktionen der Ukrainer sind jedoch im laufenden Jahr nicht zu erwarten. Aber 2025 – mit gestiegener Munitionsverfügbarkeit sowie mit neuen Brigaden dank wohl deutlich verbesserter Mobilisierungszahlen – sind die Versuche einer neuen Offensive nicht auszuschließen. Vieles hängt dabei von Faktoren ab, die von der Ukraine kaum beeinflusst werden können – wie etwa die innenpolitische Lage in den USA nach den Präsidentschaftswahlen im November.

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Ein Strudel aus Intrigen und Korruption

Pessimisten würden es wohl eine böse Vorahnung nennen: Bei der Taufe des neuen U-Boots 311 auf dem Gelände der Kieler Norddeutschen Wert (NDW) fällt die griechische Taufpatin unter einem Gemälde der Yacht des letzten deutschen Kaisers Wilhelm II. in Ohnmacht. Glücklicherweise war der anwesende schleswig-holsteinische Ministerpräsident Dr. Lutz Detlefsen in seinem frühere Leben Labormediziner und kann erfolgreich Erste Hilfe leisten. 

Dr. Heino Laurenz Überall, kurz Helü genannt, und CEO der NDW, ist erleichtert. Immerhin ist die U311-Reihe das strategisch wichtigste Zukunftsprojekt, welches die Auslastung seiner Werft auf Jahrzehnte sichern soll. Nicht auszudenken die Kalamitäten, wäre ausgerechnet bei der öffentlichen Vorstellung des nahezu fertigentwickelten U-Boots eine Vertreterin des griechischen Erstkunden ernstlich zu Schaden gekommen. 

Konstruierte Anschuldigungen der griechischen Seite

Was er zu diesem Zeitpunkt nicht ahnt, ist, dass für ihn die eigentlichen Probleme jetzt erst beginnen. Nach einer Routinetestfahrt zusammen mit Vertretern der griechischen Marine erreicht ihn die schriftliche Mitteilung aus Athen, dass das Unterseeboot gravierende Konstruktionsmängel aufweise. Weswegen die noch ausstehenden zwanzig Prozent des Kaufpreises auf keinen Fall bezahlt werden könnten. Auch die Abnahme der vereinbarten drei weiteren Boote stehe angesichts der fehlerhaften Arbeit der Deutschen zur Disposition. 

In Kiel fällt man darüber aus allen Wolken. Und rätselt, was die griechische Seite mit den offenkundig konstruierten Anschuldigungen bezwecke. Zur Aufklärung des Sachverhalts begeben sich Dr. Überall und sein U311-Projektleiter Holger Gross umgehend nach Athen, um vor Ort mit den zuständigen politischen Stellen zu sprechen. Allerdings führt der Austausch mit hochrangigen Vertretern von Verteidigungsministerium und Marine nicht zur gewünschten Aufklärung, sondern, im Gegenteil, zu noch größerer Verwirrung.

Spielball Athener Politikintrigen

Erst Hinweise des früheren griechischen Königs Georgios II., der mittlerweile aus einer Athener Hotelsuite heraus eine in London registrierte Politikberatung betreibt, sowie des dubiosen Strippenziehers und Lobbyisten Elephantinou geben Aufschluss darüber, dass die Kieler zum Spielball einer griechischen Politikintrige geworden sein könnten. Offenbar möchte sich Verteidigungsminister Troianides mithilfe des U-Bootgeschäfts bei der bevorstehenden Parlamentswahl den Posten des Ministerpräsidenten sichern.

Lakonisch verweist Elephantinous darauf, dass die Dinge hier nun einmal so liefen. Und rät dazu, die NDW möge Troianides doch eine Suite im Hilton für die Treffen mit seinen zahlreichen Geliebten sponsern, was ihn erfahrungsgemäß milde stimme – ein Vorschlag, den Dr. Überall mit Blick auf die strengen deutschen Compliance-Regeln jedoch dankend ablehnen muss. 

Ein Mord in Kiel

Stattdessen verfolgt man in Kiel nunmehr den Plan, die zuvor übernommene und bis dahin arg marode Hellenic-Dockyard-Werft, in der ein Großteil der U-Bootfertigung erfolgen soll, zurück in griechische Hand zu geben. Auf diese Weise hofft man, den Athener Politikinteressen entgegenzukommen, ohne dabei selbst allzu sehr in den Strudel aus Intrigen und Korruption hineingezogen zu werden. 

Doch wird das Vorhaben von der Nachricht erschüttert, dass in Kiel Korvettenkapitänin Andrea Pamboulis, Vertreterin der griechischen Marine bei der NDW, ermordet wurde. Der Verdacht fällt zunächst auf den U311-Projektleiter Gross, der kurz vor der Tat mit Pamboulis zu Abend gegessen hatte und am nächsten Morgen mit einem Blackout in Folge von KO-Tropfen im Wein aufgewacht war. 

Spionage im Auftrag des griechischen Militärs?

Kein Wunder, dass sich jetzt die Ereignisse überschlagen, zumal die Medien sowohl in Deutschland als auch in Griechenland ausführlich über die Tat berichten. Dazu kommt, dass sich die Gerüchte verdichten, Pamboulis könnte in Wahrheit eine Spionin des griechischen Militärgeheimdienstes gewesen sein, die obendrein noch im Dienst eines weiteren an dem U-Bootgeschäft interessierten Staates gehandelt habe. 

Die finale Auflösung dieses ebenso amüsanten wie geschickt konstruierten Politikkrimis sei an dieser Stelle nicht verraten.

Was man jedoch enthüllen kann: Der Autor des Buches, der hier unter einem allenfalls partiell verschleiernden Pseudonym auftritt, ist mit der Materie, über die er schreibt, bestens vertraut. Schließlich arbeitet er selbst seit vielen Jahre in der Rüstungsbranche und verantwortete in der Vergangenheit unter anderem die Marine-Sparte eines großen deutschen Industriekonzerns. Seit 2017 ist er in der Berliner Politik- und Verbändelandschaft eine feste Größe, wenn es um wichtige Verteidigungsprojekte sowie den dazugehörigen Dialog zwischen Politik und Industrie geht.

Der Verlagsankündigung darf man insofern Glauben schenken, als es dort heißt, dass der Autor “über langjährige eigene Erfahrungen in dem Metier” verfüge, ‘aus dem er den Stoff für den vorliegenden Roman gewonnen hat’. Wer nicht weiß, wer hinter dem vom Verlag als Pseudonym aufgeführten Autoren Christoph Dien wirklich steckt, dem sei dieses Porträt des wichtigsten deutschen Rüstungslobbyisten ans Herz gelegt. Florian Keisinger
Christoph Dien: Ein X für ein U: Unterseeboot auf Abwegen. Mittler Verlag, 272 Seiten, 19 €.
Florian Keisinger ist Campaign Director Future Combat Air System (FCAS) bei Airbus Defence and Space.

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Cybersicherheit in Deutschland: Deshalb drängt die Zeit bei der NIS2-Umsetzung

Die Bundesregierung hat am Mittwoch den Kabinettsentwurf zur Umsetzung der NIS2-Richtlinie und zur Stärkung der Cybersicherheit beschlossen. Ziel ist es, die Cybersicherheit in Deutschland zu verbessern und Unternehmen besser gegen Cyberangriffe zu schützen. Der Entwurf muss nun noch das parlamentarische Verfahren durchlaufen.

Die Network-and-Information-Security-Richtlinie 2.0 (NIS2-Richtlinie) der Europäischen Union muss bis Oktober 2024 in nationales Recht umgesetzt werden. Sie zielt darauf ab, das Cybersicherheitsniveau in der EU zu erhöhen. Die Richtlinie erweitert den Anwendungsbereich auf mehr Unternehmen und fordert umfassende Risikomanagementmaßnahmen und Meldepflichten bei IT-Sicherheitsvorfällen. Deutschland steht unter Druck, die Vorgaben fristgerecht umzusetzen, um finanzielle Strafzahlungen zu vermeiden und den Schutz kritischer Infrastrukturen zu gewährleisten.

Schafft das BSI den neuen Job?

Der Kabinettsentwurf sieht vor, dass rund 29.500 Unternehmen künftig umfassende IT-Sicherheitsmaßnahmen ergreifen müssen. Diese Unternehmen müssen IT-Sicherheitsvorfälle innerhalb von 24 Stunden melden und detaillierte Berichte nachreichen. Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) soll als zentrale Aufsichtsbehörde fungieren und umfangreiche Kontroll- und Durchsetzungsbefugnisse erhalten. Ein dreistufiges Meldeverfahren soll eine effiziente Handhabung von Sicherheitsvorfällen ermöglichen. Die öffentliche Verwaltung bleibt in der deutschen Umsetzung von NIS2 explizit ausgenommen.

Es gibt Bedenken, ob das BSI in der Lage ist, dieser weitreichenden Ausweitung seiner Pflichten auch gerecht zu werden. Schon das vorangegangene IT-Sicherheitsgesetz 2.0, das lediglich 1.000 Betreiber kritischer Infrastruktur umfasst, hat den Behörden einiges abverlangt. “Die waren ganz schön am Rotieren”, sagt Manuel Atug, Sprecher der AG Kritis, die sich als unabhängige Gruppe zur Verbesserung der Versorgungssicherheit versteht. “Wir können Gesetze schreiben, wie wir wollen, aber wenn sie nicht durchgesetzt werden, dann hilft das keinem”, sagt Atug im Gespräch mit Table.Briefings und verweist auf Beispiele wie Rassismus im Netz, wo die Rechtsdurchsetzung “unzureichend” sei.

Kritik an EU-uneinheitlicher Implementierung

Insgesamt fallen die Reaktionen auf den Entwurf gemischt aus. Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) beklagt, dass zahlreiche Vorschläge der Industrie im Kabinettsentwurf unberücksichtigt geblieben sind. Der Industrieverband fordert klare Regelungen zur Delegation der Cybersicherheitsmaßnahmen innerhalb von Konzernen. Und er fordert eine europaweit einheitliche Implementierung der Richtlinie, um bürokratischen Aufwand zu minimieren. Außerdem bemängelt der BDI, dass nur Bundesbehörden als “besonders wichtige Einrichtungen” definiert sind und fordert, auch Länder- und Kommunalbehörden einzubeziehen.

Ähnliche Bedenken hat der eco-Verband der Internetwirtschaft. “Die Bundesregierung wäre gut beraten, sich bei der nationalen Umsetzung der NIS2-Richtlinie stärker an die europäischen Vorgaben zu halten”, meint eco-Vorstand Klaus Landefeld. Das Risiko, dass der Regulierungsrahmen auseinanderfalle, sei groß. Vor allem die Einstufung als “Betreiber kritischer Anlagen” schaffe Unsicherheit für international tätige Unternehmen, die in den einzelnen Mitgliedstaaten unterschiedliche Regeln befolgen müssten.

Zudem warnt der eco vor unzureichender Vorbereitung deutscher Unternehmen auf die neuen Cybersicherheitsanforderungen. “Viele Unternehmen wissen noch nicht, dass sie im Anwendungsbereich der Richtlinie und der daraus folgenden Gesetzgebung in Deutschland liegen”, sagt Landefeld. Daher fordert der Verband eine Verlängerung der Umsetzungsfristen, um den Unternehmen mehr Zeit zur Anpassung zu geben.

Umsetzungsfrist wohl nicht zu halten

“Jetzt schon ist klar, dass die vorgesehene Umsetzungsfrist im Oktober nicht mehr eingehalten werden kann”, merkt Ralf Wintergerst, Präsident des Digitalverbands Bitkom an. “Umso wichtiger ist es, das Gesetz zügig umzusetzen und ein Inkrafttreten zumindest bis Anfang 2025 sicherzustellen.”

Der Bitkom fordert außerdem eine stärkere Unterstützung für kleine und mittelständische Unternehmen sowie die Harmonisierung mit dem Kritis-Dachgesetz. Der Umsetzungsprozess bei Kritis stocke zurzeit ebenfalls. “Physische Sicherheit und Cybersicherheit müssen gemeinsam betrachtet und angegangen werden”, mahnt der Bitkom. Dabei sollten Unternehmen sich an einheitlichen Begriffsdefinitionen und Meldewegen orientieren können.

Kritiker bemängeln zudem, dass der Entwurf keine detaillierten Bestimmungen zur koordinierten Offenlegung von Schwachstellen enthält sowie, dass er die Rolle der Europäischen Agentur für Cybersicherheit (ENISA) und die Notwendigkeit einer engen Zusammenarbeit mit anderen EU-Mitgliedstaaten nicht ausreichend betont. Auch sollten Sanktionen und Durchsetzungsmaßnahmen bei Nichteinhaltung der Anforderungen klarer definiert werden, finden sie.

Von Notz: Mehr Unabhängigkeit für BSI

Konstantin von Notz, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der Grünen, kritisiert das zögerliche Vorgehen der Bundesregierung mit Blick auf hybride Bedrohungen “Der Schutz unserer kritischen Infrastrukturen muss endlich als originärer Bestandteil einer modernen IT-Sicherheitspolitik verstanden werden”, sagt von Notz. Hiervon sei Deutschland “noch immer ein gutes Stück entfernt.”

Von Notz kündigte unter anderem an, dafür zu sorgen, dass der Entwurf noch um Dinge ergänzt werde, die derzeit in der AG BSI verhandelt würden. Es solle ein Informationssicherheitsbeauftragter (Chief Information Security Officer, CISO) des Bunds benannt werden, der die Umsetzung der Maßnahmen koordinieren soll und das BSI als zentrale Aufsichtsbehörde in dem Bereich unabhängiger gestellt werden. “Auch werden wir sehr intensiv prüfen, ob die bisher vom BMI veranschlagten Haushaltsmittel für die hohen zusätzlichen Personalbedarfe, die mit der Gesetzgebung einhergehen, ausreichen.” Gegebenenfalls müsse das Parlament hier nachjustieren.

Maximilian Funke-Kaiser, digitalpolitischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, erwartet keine Probleme bei der Finanzierung oder Umsetzung der NIS2-Richtlinie. “Der Bundesfinanzminister hat klargestellt, dass wir auch im Jahr 2025 keinen Sparhaushalt aufstellen werden”, sagte Funke-Kaiser. Er sei sich daher sicher, dass die Haushälter sowohl das unabhängigere BSI als auch die nationale Umsetzung der NIS-2-Richtlinie “mit angemessenen Geldmitteln ausstatten“. Er ist ebenfalls überzeugt: “Im parlamentarischen Verfahren werden wir den Kabinettsentwurf zur Umsetzung der NIS2-Richtlinie weiter verbessern.”

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News

Olympia 2024: Wie französische Einheiten die Spiele schützen sollen

Der Islamische Staat und Al-Qaida würden “mit ziemlicher Sicherheit” beabsichtigen, die Olympischen Spiele, die am heutigen Freitag in Paris eröffnet werden, anzugreifen, heißt es in einer Analyse von Recorded Future Intelligence. Auch Desinformationskampagnen aus Russland, Iran oder Aserbaidschan werden erwartet. In Frankreich gilt die höchste Terrorwarnstufe.

Rund 10.000 Militärs schützen Paris während der Olympischen Spiele. Insgesamt werden 18.000 Soldaten mobilisiert. Für die Dauer der Spiele wird die Operation Sentinelle ausgeweitet, mit der seit den Anschlägen auf die Redaktion von Charlie Hebdo 2015 französische Soldaten im Inland Terroranschläge verhindern sollen.

Wegen der gestiegenen Gefahr von Drohnenangriffen hat die Luftwaffe eigens ein Luftsicherungskommando eingerichtet. Rund 15 stationäre Systeme sollen den Luftraum über Paris zusätzlich schützen. Am Tag der Eröffnung besteht zwischen 18.30 Uhr und Mitternacht um Paris im Radius von 150 Kilometern eine Flugverbotszone. Der Betrieb an den drei darin liegenden Flughäfen wird währenddessen eingestellt.

Sorge vor Cyberangriffen oder Spionage

Aus Sorge vor Cyberangriffen oder Spionage verweigerte Paris etwa 4.300 Personen die Akkreditierung. Für die Dauer der Spiele dürfen Überwachungskameras künstliche Intelligenz einsetzen, um verdächtige Aktivitäten zu identifizieren. Kritiker befürchten, dass dies ein erster Schritt in Richtung verstärkter Überwachung sei.

Das Innenministerium hat 50.000 private Sicherheitsleute engagiert, wie Innenminister Gérald Darmanin sagte. Mehr als 1.800 Sicherheitskräfte aus Ländern wie Katar oder Chile gehen mit französischen Sicherheitskräften auf Streife, davon 160 aus Deutschland.

45.000 Polizisten und Gendarmen schützen die Eröffnungsfeier

Rund um die Seine, wo am Abend rund 9.000 Athletinnen und Athleten die Spiele eröffnen, sichern rund 45.000 Sicherheitskräfte der Polizei und Gendarmerie die Feier, zusätzlich zu mehreren Tausend privaten Sicherheitsleuten. Ein neu konstituiertes Bataillon überwacht das Gebiet um die Seine mit Drohnen, Radaren, Kampftauchern, Booten und Hundestaffeln. Physische Barrieren in der Seine sollen unbefugtes Eindringen verhindern. Scharfschützen postieren sich auf den Dächern um das Gebiet.

Eine Eliteeinheit der Gendarmerie (GIGN) überwacht den Luftraum bei der Eröffnungszeremonie und die Polizeieinheit Raid ist mit zehn Schnellbooten auf der Seine für die Sicherheit auf dem Wasser zuständig. Die Brigade de recherche et d’intervention (BRI), eine Einheit ähnlich dem SEK, soll terroristische Angriffe an Land verhindern.

Israelische Sportler erhalten besonderen Schutz

Wegen des auch in Frankreich wachsenden Antisemitismus hat Innenminister Darmanin den israelischen Athleten besonderen Schutz zugesichert. Die GIGN soll jeden israelischen Athleten für die Dauer der Spiele rund um die Uhr schützen. Auch iranische, ukrainische und US-Sportler erhalten besonderen Schutz.

Der israelische Außenminister Israel Katz warnte am Donnerstag seinen französischen Amtskollegen Stéphane Séjourné, dass es nach israelischen Einschätzungen Pläne iranischer Terroristen und ihrer Proxys gebe, Anschläge gegen Mitglieder der israelischen Delegation und israelische Touristen zu verüben.  

Im Vorfeld der Spiele hatte die französische Polizei einen 18-Jährigen festgenommen, der einen islamistischen Angriff auf ein Stadion in Saint-Etienne geplant hatte und einen Neonazi, der einen Angriff auf den Zug mit der olympischen Flamme angekündigt hatte. bub

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Bundeswehr: Wie viele Minderjährige die Truppe rekrutiert

Die Bundeswehr hat im vergangenen Jahr 1.996 Minderjährige rekrutiert. Das geht aus der Antwort des Bundesverteidigungsministeriums auf eine Kleine Anfrage der Gruppe der Linken im Bundestag hervor (hier zum Download). Im Vergleich der vergangenen fünf Jahre erreicht die Zahl damit ein Rekordhoch (siehe Grafik).

Bei den Linken sorgt das für Kritik. “Die Bundesregierung scheint den Schutz von Minderjährigen vor Militarisierung inzwischen völlig aufgegeben zu haben”, sagte die bildungspolitische Sprecherin Nicole Gohlke der Deutschen Presseagentur. SPD-Verteidigungspolitiker Johannes Arlt sieht das anders: “Wir können uns nicht leisten, dass wir mit einer freiwilligen Armee und in der derzeitigen Sicherheitslage auch nur einen einzigen verlieren, der sich für die Bundeswehr interessiert”, sagte er Table.Briefings. Er habe selber Unter-18-Jährige ausgebildet und wisse daher, dass die Bundeswehr dabei “sehr sensibel” vorgehe.

Mindestalter für Rekruten: 17 Jahre

Um einen freiwilligen Dienst bei der Bundeswehr zu beginnen, müssen die Rekruten mindestens 17 Jahre alt sein. Vor der Volljährigkeit brauchen sie dafür zudem das Einverständnis der Eltern. 17-Jährige werden laut Informationen zwar bereits an der Waffe ausgebildet, dürfen jedoch nicht in den Einsatz geschickt werden.

Um über die Arbeit der Bundeswehr zu informieren, sind derzeit 85 Jugendoffizierinnen und -offiziere im Einsatz, darunter 74 Männer und elf Frauen. Sie haben 2023 insgesamt 3.460 Vorträge an Schulen und Hochschulen gehalten. Auffällig: Fast die Hälfte von ihnen (1.580) fand an Gymnasien statt, gefolgt von berufsbildenden Schulen (799) und Realschulen (762). Nur 159-mal kamen Jugendoffiziere für Vorträge in Hauptschulen. Wilhelmine Preußen/Maximilian Stascheit

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Unterausschuss für Verteidigung im Europaparlament will mehr Industrie-Kompetenz

Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP/Renew), die am Dienstag zur Vorsitzenden des Unterausschusses für Sicherheit und Verteidigung (SEDE) des Europaparlaments gewählt wurde, will, dass der Unterausschuss im Herbst zum vollwertigen Ausschuss aufgewertet wird. Dafür soll er Zuständigkeiten aus anderen Ausschüssen wie dem Ausschuss für Industrie übernehmen.

Die ehemalige Vorsitzende des Verteidigungsausschusses im Deutschen Bundestag sagt, dass der Schritt nötig sei, um den Anforderungen, die an die europäische Resilienz und damit an den SEDE gestellt werden, gerecht zu werden. Wichtig sei, dass “Defense Policy and Defence Industrie nicht getrennt betrachtet werden”, und Strack-Zimmermann fügte hinzu, dass über die neuen Kompetenzen vor allem mit den Ausschüssen für auswärtige Angelegenheiten (AFET) und dem Ausschuss für Industrie (ITRE) über den Sommer und im September verhandelt wird.

Es ist davon auszugehen, dass keiner der Ausschüsse gerne Kompetenzen abtreten will. Während es aber aus AFET-Kreisen heißt, dass die Zuständigkeiten hier bereits klar abgetrennt sind und der Vorsitzende des Ausschusses David McAllister selbst die Aufwertung des Unterausschusses gefordert hatte, dürften die Auseinandersetzungen mit ITRE und IMCO schwerer wiegen.

Der Ausschuss soll die Kompetenzen des neuen EU-Verteidigungskommissars spiegeln

Die Idee, den Unterausschuss für Verteidigung aufzuwerten, kursiert im Europäischen Parlament schon seit Jahren. Allerdings besteht derzeit mit Blick auf den russischen Angriffskrieg in der Ukraine ein gewisses Momentum. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat versprochen, die nächsten fünf Jahre den Fokus auf den Aufbau einer “echten europäischen Verteidigungsunion” zu legen. Sie will zudem den Posten eines EU-Verteidigungskommissars schaffen, der die Koordination zur Stärkung der industriellen Basis und der Innovation im Rüstungssektor übernehmen soll. Die Zuständigkeiten des Ausschusses sollen dann die Kompetenzen des neuen Kommissars spiegeln.

Klar ist, die Europäische Union hat nach den gegenwärtigen EU-Verträgen nicht die Zuständigkeiten und auch nicht die Mittel für eine gemeinsame Verteidigungspolitik. Weder die EU-Kommission noch das Parlament spielen demnach in Verteidigungsfragen derzeit eine Rolle.

Im Parlament werden Verteidigungsfragen derzeit vom Unterausschuss für Sicherheit und Verteidigung (SEDE) unter dem Dach des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten behandelt. Die Arbeit an der Industriepolitik im Verteidigungsbereich ist außerdem auf die Ausschüsse für Industrie (ITRE) und Binnenmarkt (IMCO) aufgeteilt.wp

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Must-Reads

Anadolu Ajansı: European countries use 3rd-party countries to keep arming Israel. Obwohl Länder wie Belgien, die Niederlande, Italien und das Vereinigte Königreich einen Stopp der Waffenverkäufe an Israel angekündigt haben, liefern sie Medienberichten über Drittländer und geheime Geschäfte weiterhin Waffen. Zahlreiche Vermittlerstaaten und Tochterunternehmen erschweren die Transparenz bei der Untersuchung des Waffenhandels.

Bundesakademie für Sicherheitspolitik: Welches Dach über Europa? Bodengebundene Luftverteidigung nach der Zeitenwende. “Die koordinierte Beschaffung neuer Luftverteidigungssysteme ist notwendig, aber allein nicht hinreichend, um dem veränderten Bedrohungsumfeld zu begegnen”, schreibt die BAKS. Dieses Arbeitspapier beschreibt, wie sich Deutschland und Europa rüsten können und welche Rolle die “European Sky Shield Initiative” dabei spielt.

Chatham House: Poland could be Europe’s rising star on defence and security. Bringe Polen seinen transatlantischen Ansatz mit den Verteidigungsinitiativen der EU in Einklang, könnte es eine Führungsrolle in der europäischen Verteidigung übernehmen, urteilt dieser Artikel. Für das Land an der Nato-Ostflanke, das zwischen 2022 und 2023 seinen Verteidigungshaushalt um 46 Prozent steigerte, kein unwillkommener Plan.

Foreign Affairs: Israel’s Next War. Der Druck auf Israel, die Hisbollah zu bekämpfen, wächst. Ein derartiger Krieg hätte “Folgen, die den aktuellen Gaza-Konflikt in den Schatten stellen würden” und wäre destabilisierend für die gesamte Region. Noch haben beide Seiten allerdings Grund, sich zurückzuhalten. In Israel wird sich dies an der innenpolitischen Lage entscheiden.

Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik: Formeller Beginn der Beitrittsverhandlungen für die Ukraine. Vor gut einem Monat bestätigte der Europäische Rat den Beginn der EU-Beitrittsverhandlungen für die Ukraine. Osteuropa-Wissenschaftler Stefan Meister schreibt hier, was das für den Wiederaufbau der Ukraine bedeutet und welche “Fundamentals” als Kern der Reformen bestehen.

Heads

Michael Traut – Bundeswehr zum Akteur im Weltall machen

Generalmajor Michael Traut ist Kommandeur des Weltraumkommandos der Bundeswehr.

Vor 55 Jahren beobachtete Generalmajor Michael Traut, damals fünf Jahre alt, wie Neil Armstrong den ersten Fuß auf den Mond setzte. Heute ist Traut 60 Jahre alt und Kommandeur des noch jungen Weltraumkommandos der Bundeswehr im nordrhein-westfälischen Uedem. 

Sein Auftrag: Beobachten, was im Weltall passiert, und, wie es im “Bundeswehrsprech” heißt: “Operationen planen und führen”. In der Praxis: Zum einen wird im Weltraumkommando ein Lagebild erstellt über alles, was im All passiert und der Erde oder den eigenen Satelliten potenziell gefährlich werden kann – wie etwa Sonnenstürme, Weltraumschrott oder Spionagesatelliten. Dazu kommt der Betrieb der Kommunikationssatelliten, mit denen eine sichere Verbindung zu den Truppenteilen weltweit aufrechterhalten wird. Zum anderen muss die Bundeswehr aber auch auf militärische Bedrohungen reagieren und im Ernstfall die eigenen Satelliten schützen und verteidigen. 

Wirklich ausführen kann Traut bislang allerdings nur den ersten Teil seines Auftrags. Zwar sei die Bundeswehr sehr gut aufgestellt im Bereich der “Erkenntnisgewinnung”, sagt Traut. Zusammen mit dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) betreibt die Bundeswehr seit mehr als zehn Jahren das Weltraumlagezentrum in Uedem, mit dem Sondervermögen soll dieses sogar noch ausgebaut werden. Auch mit dem Fraunhofer-Institut für Hochfrequenz- und Radartechnik (FHR) hat die Bundeswehr eine enge Kooperation zur Satellitenüberwachung.

Konflikt im Weltall verhindern

Aber um die eigenen Satelliten im All wirklich schützen zu können und eine glaubhafte Abschreckung gegen die Bedrohungen aus China und Russland aufzubauen, würde sich Traut ein “breites Spektrum an aktiven Fähigkeiten” wünschen. Dazu gehören sogenannte Inspektor-Satelliten oder Companions, die die Kommunikations- oder Aufklärungssatelliten der Bundeswehr begleiten und potenzielle Angriffe direkt einem Akteur zuordnen können. Zum anderen braucht es Mittel, um etwa spionierende oder störende Satelliten tatsächlich ausschalten zu können. 

“Ich setze mich dafür ein, dass wir – Deutschland und wir – die Bundeswehr ein Akteur im Weltraum sind, der auf der einen Seite ernst genommen wird und auf der anderen Seite Fähigkeiten entwickelt, die uns in die Lage versetzen, auch zukünftig letztlich einen Konflikt im Weltraum zu verhindern”, so Traut. Ein Auftrag, der so auch aus der Nationalen Sicherheitsstrategie der Bundesregierung hervorgeht.

Vom Wehrpflichtigen zum Kommandeur

1983 tritt Traut, Jahrgang 1964, als “einer der wenigen Tübinger Abiturienten” seinen Wehrdienst bei der Bundeswehr – genauer bei der Luftwaffe – an, auch “um dem gefühlten Megatrend der links-grünen Universitätsstadt ein bisschen zu widersprechen”, wie er sagt. Bereut hat er den Schritt nie. Er schlägt die Offizierslaufbahn ein, studiert Informatik an der Universität der Bundeswehr in München, macht die Ausbildung zum Radarleitoffizier in Uedem und ist einige Jahre für die Sicherheit im nationalen Luftraum zuständig. Eine Aufgabe, die ihm immer wieder begegnen wird in seiner Laufbahn. 

Nach dem Generalstabslehrgang (1997 bis 1999) führen ihn verschiedene Verwendungen ins Verteidigungsministerium, als Kommandeur am inzwischen aufgegebenen Luftwaffenstandort in Aurich, 2007 nach Mazar-E-Sharif in Afghanistan und nach Großbritannien ans Royal College of Defence Studies. 2021 soll Traut dann Bereichsleiter Nationale Führung im Zentrum Luftoperationen in Uedem werden – ein “nach Hause kommen” in den Bereich der Luftraumsicherung, auf das er sich sehr freut. Es kommt anders. Im selben Jahr wird das Weltraumkommando offiziell aufgestellt, Traut baut es maßgeblich mit auf und übernimmt am 1. April 2023 die Führung des dann eigenständigen Kommandos. Traut, spätestens seit Neil Armstrongs erstem Fuß auf dem Mond ein Weltraumenthusiast, kann damit leben, ein paar Kilometer weiter oben zu operieren. Lisa-Martina Klein

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Javier Colomina: Der erste Nato-Sonderbeauftragte für die südliche Nachbarschaft

Die Nato hat erstmalig einen Sonderdiplomaten für den Nahen Osten und Afrika ernannt. Übernehmen soll das Amt Javier Colomina, der bislang als einer der Stellvertreter Stoltenbergs für politische Angelegenheiten und Sicherheitspolitik zuständig und zudem Sonderbeauftragter für den Kaukasus und Zentralasien.

Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg begründete die Wahl damit, dass der Spanier über “umfangreiche Erfahrungen im Umgang mit den NATO-Partnern” verfüge. Die 32 Staats- und Regierungschefs der Nato hatten Stoltenberg beim Gipfeltreffen Anfang des Monats damit beauftragt, einen neuen Sondergesandten für die südliche Nachbarschaft zu ernennen, wie Table.Briefings vorab berichtete. Der Sonderbeauftragte soll laut Gipfelerklärung der “zentrale Ansprechpartner der Nato für die Region” sein. Das beinhaltet auch die Zusammenarbeit mit dem neuen NATO-Verbindungsbüro in der jordanischen Hauptstadt Amman, das ebenfalls auf dem Gipfel beschlossen wurde.

Für Unmut hat die Wahl des Generalsekretärs in Italien gesorgt, das die Position gerne selbst besetzt hätte. Colomina wird in Brüssel stationiert sein. wp

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Security.Table Redaktion

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    vor 884 Tagen überfiel die russische Armee die Ukraine – im Osten des Landes sind die Fronten seit Monaten festgefahren. Unser Korrespondent in Kiew, Denis Trubetskoy, beschreibt, wie ausbleibende militärische Erfolge dazu führen könnten, dass der Konflikt durch eine ungerechte Verhandlungslösung zuungunsten der Ukraine eingefroren werden könnte.

    Der Mittler & Sohn-Fachverlag für sicherheitspolitische Veröffentlichungen verspricht viel, wenn er in seiner Ankündigung für den U-Boot-Krimi ” Ein X für ein U” schreibt: “Die Handlung dieses Romans hat Anknüpfungspunkte an eine reale Geschichte, ist aber in weiten Teilen der Gedankenwelt des Autors geschuldet.” Der anonyme Autor firmiert unter dem Pseudonym Christoph Dien und verfüge über “langjährige eigene Erfahrungen” in der Rüstungsbranche.

    Rüstungs-Insider Florian Keisinger von Airbus Defence and Space hat den Krimi gelesen, der vor der realen Folie des milliardenschweren Auftrags des griechischen Verteidigungsministeriums für vier U-Boote von ThyssenKrupp um die Jahrtausendwende spielt. Weil diese 2014 immer noch nicht ausgeliefert waren, reichte die Regierung in Athen Schadensersatzklage gegen das deutsche Rüstungsunternehmen ein. Dessen Marinesparte wurde lange von Hans Christoph Atzpodien geleitet, der der Figur des Dr. Überall in “Ein X für ein U” sehr ähnelt.

    Ihr
    Markus Bickel
    Bild von Markus  Bickel

    Analyse

    Festgefahrene Fronten: Warum die Ukraine militärisch über aktive Verteidigung nicht hinauskommt

    Die ukrainische Armee kann das russische Vorrücken nur verlangsamen, weil ihre Verteidigungsstellungen und Minenfelder gut ausgebaut sind.

    Dass 2024 für die Ukraine ein militärisch äußerst schwieriges Jahr werden würde, war früh klar – und zwar seit dem Moment, als sich abzeichnete, dass die ukrainischen Offensivoperationen im Osten und Süden des Landes keinen entscheidenden Durchbruch an der Front gebracht hatten. Das war im Herbst 2023.

    Dass den ukrainischen Truppen die Artilleriemunition seitdem nicht völlig ausgegangen ist, lag nur daran, dass geheime Lieferungen aus Südkorea die Bestände füllten. Die monatelange Verzögerung von US-Hilfen erschwert die Lage bis heute. Auch die Munitionsproduktion in anderen westlichen Staaten – vor allem in der EU – wird wohl erst zum Jahresende das halbwegs notwendige Niveau erreichen, um die Ukraine dauerhaft zu unterstützen. Auch Initiativen wie die Tschechiens zum Aufkauf von Munition außerhalb der EU sind nur eine Übergangslösung.

    Die militärische Initiative liegt auf der russischen Seite

    Die gute Nachricht für die Ukraine Mitte 2024 lautet: Trotz der komplizierten Situation im ganzen Land, die zusätzlich durch massive Stromabschaltungen wegen der russischen Angriffe auf die ukrainische Energieinfrastruktur belastet wird, ist bisher keine Katastrophe an der Front passiert.

    Zwar liegt die militärische Initiative im Krieg seit Oktober 2023 auf russischer Seite. Doch der russische Versuch, im Norden des Bezirks Charkiw eine neue Front zu eröffnen, hatte zuletzt keinen Erfolg – wobei man nicht unterschätzen sollte, dass die ukrainischen Streitkräfte wichtige Reservekräfte dorthin verlegen mussten.

    Der Hauptschlag der russischen Armee findet weiterhin in der Region Donezk statt, wo die russische Armee an einigen Stellen langsam, aber sicher vorankommt – zuletzt nahe der Stadt Pokrowsk, westlich von Awdijiwka, das im Februar von russischen Kräften eingenommen wurde.

    Die Ukraine setzt auf aktive Verteidigung – sie hat keine andere Wahl

    “Das Ziel der Russen ist es, eine Art Brückenkopf zu bilden”, schreibt der Militärexperte Oleksandr Mussijenko vom Zentrum für militärrechtliche Studien in Kiew über die Kämpfe südlich von Donezk. Letztlich gehe es darum, Richtung Kostjantyniwka vorzurücken, eine strategisch wichtige Stadt auf dem Weg Richtung Kramatorsk und Slowjansk, den größten Orten in der Region Donezk, die sich unter der Kontrolle der ukrainischen Regierung befinden.

    Ihr erklärtes Ziel, den Regierungsbezirk Donezk vollständig zu besetzen, werden die russischen Kräfte militärisch kaum erreichen können. Dafür rücken sie zu langsam vor. Außerdem sind die ukrainischen Verteidigungsstellungen und Minenfelder gut ausgebaut. Hinzu kommen große russische Verluste bei Soldaten und Militärtechnik.

    “Das Problem ist, dass wir keine andere Wahl hatten als auf aktive Verteidigung zu setzen”, sagt Mykola Beleskow vom Nationalen Institut für strategische Studien – nicht zuletzt aufgrund mangelnder Bewaffnung. Das aber werde sich nach 2024 ändern müssen: “Auf die eine oder andere Weise werden von der Ukraine erfolgreiche Offensivaktionen zur Befreiung unserer Gebiete erwartet. Andernfalls wird der Druck steigen, den Konflikt einzufrieren.”

    Russland stellt unrealistische Bedingungen für Waffenstillstand

    Diese Option liegt allerdings vorerst gar nicht auf dem Tisch: Selbst für die Möglichkeit eines Waffenstillstands setzt Russland aktuell unrealistische Bedingungen, zu denen nicht nur der volle Rückzug der ukrainischen Armee aus den von Moskau teilbesetzten Gebieten gehört. Hinzu kommt die Forderung nach deutlicher Reduzierung der ukrainischen Streitkräfte und ihres Waffenarsenals – was verhindern würde, dass sich das Land in Zukunft wirklich verteidigen kann.

    Damit der Kreml von diesen Vorbedingungen abrückt, muss die ukrainische Armee den Vormarsch auf dem Schlachtfeld zumindest eindeutig stoppen – und am besten an einigen Stellen auch zurückschlagen. Größere Offensivaktionen der Ukrainer sind jedoch im laufenden Jahr nicht zu erwarten. Aber 2025 – mit gestiegener Munitionsverfügbarkeit sowie mit neuen Brigaden dank wohl deutlich verbesserter Mobilisierungszahlen – sind die Versuche einer neuen Offensive nicht auszuschließen. Vieles hängt dabei von Faktoren ab, die von der Ukraine kaum beeinflusst werden können – wie etwa die innenpolitische Lage in den USA nach den Präsidentschaftswahlen im November.

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    Ein Strudel aus Intrigen und Korruption

    Pessimisten würden es wohl eine böse Vorahnung nennen: Bei der Taufe des neuen U-Boots 311 auf dem Gelände der Kieler Norddeutschen Wert (NDW) fällt die griechische Taufpatin unter einem Gemälde der Yacht des letzten deutschen Kaisers Wilhelm II. in Ohnmacht. Glücklicherweise war der anwesende schleswig-holsteinische Ministerpräsident Dr. Lutz Detlefsen in seinem frühere Leben Labormediziner und kann erfolgreich Erste Hilfe leisten. 

    Dr. Heino Laurenz Überall, kurz Helü genannt, und CEO der NDW, ist erleichtert. Immerhin ist die U311-Reihe das strategisch wichtigste Zukunftsprojekt, welches die Auslastung seiner Werft auf Jahrzehnte sichern soll. Nicht auszudenken die Kalamitäten, wäre ausgerechnet bei der öffentlichen Vorstellung des nahezu fertigentwickelten U-Boots eine Vertreterin des griechischen Erstkunden ernstlich zu Schaden gekommen. 

    Konstruierte Anschuldigungen der griechischen Seite

    Was er zu diesem Zeitpunkt nicht ahnt, ist, dass für ihn die eigentlichen Probleme jetzt erst beginnen. Nach einer Routinetestfahrt zusammen mit Vertretern der griechischen Marine erreicht ihn die schriftliche Mitteilung aus Athen, dass das Unterseeboot gravierende Konstruktionsmängel aufweise. Weswegen die noch ausstehenden zwanzig Prozent des Kaufpreises auf keinen Fall bezahlt werden könnten. Auch die Abnahme der vereinbarten drei weiteren Boote stehe angesichts der fehlerhaften Arbeit der Deutschen zur Disposition. 

    In Kiel fällt man darüber aus allen Wolken. Und rätselt, was die griechische Seite mit den offenkundig konstruierten Anschuldigungen bezwecke. Zur Aufklärung des Sachverhalts begeben sich Dr. Überall und sein U311-Projektleiter Holger Gross umgehend nach Athen, um vor Ort mit den zuständigen politischen Stellen zu sprechen. Allerdings führt der Austausch mit hochrangigen Vertretern von Verteidigungsministerium und Marine nicht zur gewünschten Aufklärung, sondern, im Gegenteil, zu noch größerer Verwirrung.

    Spielball Athener Politikintrigen

    Erst Hinweise des früheren griechischen Königs Georgios II., der mittlerweile aus einer Athener Hotelsuite heraus eine in London registrierte Politikberatung betreibt, sowie des dubiosen Strippenziehers und Lobbyisten Elephantinou geben Aufschluss darüber, dass die Kieler zum Spielball einer griechischen Politikintrige geworden sein könnten. Offenbar möchte sich Verteidigungsminister Troianides mithilfe des U-Bootgeschäfts bei der bevorstehenden Parlamentswahl den Posten des Ministerpräsidenten sichern.

    Lakonisch verweist Elephantinous darauf, dass die Dinge hier nun einmal so liefen. Und rät dazu, die NDW möge Troianides doch eine Suite im Hilton für die Treffen mit seinen zahlreichen Geliebten sponsern, was ihn erfahrungsgemäß milde stimme – ein Vorschlag, den Dr. Überall mit Blick auf die strengen deutschen Compliance-Regeln jedoch dankend ablehnen muss. 

    Ein Mord in Kiel

    Stattdessen verfolgt man in Kiel nunmehr den Plan, die zuvor übernommene und bis dahin arg marode Hellenic-Dockyard-Werft, in der ein Großteil der U-Bootfertigung erfolgen soll, zurück in griechische Hand zu geben. Auf diese Weise hofft man, den Athener Politikinteressen entgegenzukommen, ohne dabei selbst allzu sehr in den Strudel aus Intrigen und Korruption hineingezogen zu werden. 

    Doch wird das Vorhaben von der Nachricht erschüttert, dass in Kiel Korvettenkapitänin Andrea Pamboulis, Vertreterin der griechischen Marine bei der NDW, ermordet wurde. Der Verdacht fällt zunächst auf den U311-Projektleiter Gross, der kurz vor der Tat mit Pamboulis zu Abend gegessen hatte und am nächsten Morgen mit einem Blackout in Folge von KO-Tropfen im Wein aufgewacht war. 

    Spionage im Auftrag des griechischen Militärs?

    Kein Wunder, dass sich jetzt die Ereignisse überschlagen, zumal die Medien sowohl in Deutschland als auch in Griechenland ausführlich über die Tat berichten. Dazu kommt, dass sich die Gerüchte verdichten, Pamboulis könnte in Wahrheit eine Spionin des griechischen Militärgeheimdienstes gewesen sein, die obendrein noch im Dienst eines weiteren an dem U-Bootgeschäft interessierten Staates gehandelt habe. 

    Die finale Auflösung dieses ebenso amüsanten wie geschickt konstruierten Politikkrimis sei an dieser Stelle nicht verraten.

    Was man jedoch enthüllen kann: Der Autor des Buches, der hier unter einem allenfalls partiell verschleiernden Pseudonym auftritt, ist mit der Materie, über die er schreibt, bestens vertraut. Schließlich arbeitet er selbst seit vielen Jahre in der Rüstungsbranche und verantwortete in der Vergangenheit unter anderem die Marine-Sparte eines großen deutschen Industriekonzerns. Seit 2017 ist er in der Berliner Politik- und Verbändelandschaft eine feste Größe, wenn es um wichtige Verteidigungsprojekte sowie den dazugehörigen Dialog zwischen Politik und Industrie geht.

    Der Verlagsankündigung darf man insofern Glauben schenken, als es dort heißt, dass der Autor “über langjährige eigene Erfahrungen in dem Metier” verfüge, ‘aus dem er den Stoff für den vorliegenden Roman gewonnen hat’. Wer nicht weiß, wer hinter dem vom Verlag als Pseudonym aufgeführten Autoren Christoph Dien wirklich steckt, dem sei dieses Porträt des wichtigsten deutschen Rüstungslobbyisten ans Herz gelegt. Florian Keisinger
    Christoph Dien: Ein X für ein U: Unterseeboot auf Abwegen. Mittler Verlag, 272 Seiten, 19 €.
    Florian Keisinger ist Campaign Director Future Combat Air System (FCAS) bei Airbus Defence and Space.

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    Cybersicherheit in Deutschland: Deshalb drängt die Zeit bei der NIS2-Umsetzung

    Die Bundesregierung hat am Mittwoch den Kabinettsentwurf zur Umsetzung der NIS2-Richtlinie und zur Stärkung der Cybersicherheit beschlossen. Ziel ist es, die Cybersicherheit in Deutschland zu verbessern und Unternehmen besser gegen Cyberangriffe zu schützen. Der Entwurf muss nun noch das parlamentarische Verfahren durchlaufen.

    Die Network-and-Information-Security-Richtlinie 2.0 (NIS2-Richtlinie) der Europäischen Union muss bis Oktober 2024 in nationales Recht umgesetzt werden. Sie zielt darauf ab, das Cybersicherheitsniveau in der EU zu erhöhen. Die Richtlinie erweitert den Anwendungsbereich auf mehr Unternehmen und fordert umfassende Risikomanagementmaßnahmen und Meldepflichten bei IT-Sicherheitsvorfällen. Deutschland steht unter Druck, die Vorgaben fristgerecht umzusetzen, um finanzielle Strafzahlungen zu vermeiden und den Schutz kritischer Infrastrukturen zu gewährleisten.

    Schafft das BSI den neuen Job?

    Der Kabinettsentwurf sieht vor, dass rund 29.500 Unternehmen künftig umfassende IT-Sicherheitsmaßnahmen ergreifen müssen. Diese Unternehmen müssen IT-Sicherheitsvorfälle innerhalb von 24 Stunden melden und detaillierte Berichte nachreichen. Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) soll als zentrale Aufsichtsbehörde fungieren und umfangreiche Kontroll- und Durchsetzungsbefugnisse erhalten. Ein dreistufiges Meldeverfahren soll eine effiziente Handhabung von Sicherheitsvorfällen ermöglichen. Die öffentliche Verwaltung bleibt in der deutschen Umsetzung von NIS2 explizit ausgenommen.

    Es gibt Bedenken, ob das BSI in der Lage ist, dieser weitreichenden Ausweitung seiner Pflichten auch gerecht zu werden. Schon das vorangegangene IT-Sicherheitsgesetz 2.0, das lediglich 1.000 Betreiber kritischer Infrastruktur umfasst, hat den Behörden einiges abverlangt. “Die waren ganz schön am Rotieren”, sagt Manuel Atug, Sprecher der AG Kritis, die sich als unabhängige Gruppe zur Verbesserung der Versorgungssicherheit versteht. “Wir können Gesetze schreiben, wie wir wollen, aber wenn sie nicht durchgesetzt werden, dann hilft das keinem”, sagt Atug im Gespräch mit Table.Briefings und verweist auf Beispiele wie Rassismus im Netz, wo die Rechtsdurchsetzung “unzureichend” sei.

    Kritik an EU-uneinheitlicher Implementierung

    Insgesamt fallen die Reaktionen auf den Entwurf gemischt aus. Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) beklagt, dass zahlreiche Vorschläge der Industrie im Kabinettsentwurf unberücksichtigt geblieben sind. Der Industrieverband fordert klare Regelungen zur Delegation der Cybersicherheitsmaßnahmen innerhalb von Konzernen. Und er fordert eine europaweit einheitliche Implementierung der Richtlinie, um bürokratischen Aufwand zu minimieren. Außerdem bemängelt der BDI, dass nur Bundesbehörden als “besonders wichtige Einrichtungen” definiert sind und fordert, auch Länder- und Kommunalbehörden einzubeziehen.

    Ähnliche Bedenken hat der eco-Verband der Internetwirtschaft. “Die Bundesregierung wäre gut beraten, sich bei der nationalen Umsetzung der NIS2-Richtlinie stärker an die europäischen Vorgaben zu halten”, meint eco-Vorstand Klaus Landefeld. Das Risiko, dass der Regulierungsrahmen auseinanderfalle, sei groß. Vor allem die Einstufung als “Betreiber kritischer Anlagen” schaffe Unsicherheit für international tätige Unternehmen, die in den einzelnen Mitgliedstaaten unterschiedliche Regeln befolgen müssten.

    Zudem warnt der eco vor unzureichender Vorbereitung deutscher Unternehmen auf die neuen Cybersicherheitsanforderungen. “Viele Unternehmen wissen noch nicht, dass sie im Anwendungsbereich der Richtlinie und der daraus folgenden Gesetzgebung in Deutschland liegen”, sagt Landefeld. Daher fordert der Verband eine Verlängerung der Umsetzungsfristen, um den Unternehmen mehr Zeit zur Anpassung zu geben.

    Umsetzungsfrist wohl nicht zu halten

    “Jetzt schon ist klar, dass die vorgesehene Umsetzungsfrist im Oktober nicht mehr eingehalten werden kann”, merkt Ralf Wintergerst, Präsident des Digitalverbands Bitkom an. “Umso wichtiger ist es, das Gesetz zügig umzusetzen und ein Inkrafttreten zumindest bis Anfang 2025 sicherzustellen.”

    Der Bitkom fordert außerdem eine stärkere Unterstützung für kleine und mittelständische Unternehmen sowie die Harmonisierung mit dem Kritis-Dachgesetz. Der Umsetzungsprozess bei Kritis stocke zurzeit ebenfalls. “Physische Sicherheit und Cybersicherheit müssen gemeinsam betrachtet und angegangen werden”, mahnt der Bitkom. Dabei sollten Unternehmen sich an einheitlichen Begriffsdefinitionen und Meldewegen orientieren können.

    Kritiker bemängeln zudem, dass der Entwurf keine detaillierten Bestimmungen zur koordinierten Offenlegung von Schwachstellen enthält sowie, dass er die Rolle der Europäischen Agentur für Cybersicherheit (ENISA) und die Notwendigkeit einer engen Zusammenarbeit mit anderen EU-Mitgliedstaaten nicht ausreichend betont. Auch sollten Sanktionen und Durchsetzungsmaßnahmen bei Nichteinhaltung der Anforderungen klarer definiert werden, finden sie.

    Von Notz: Mehr Unabhängigkeit für BSI

    Konstantin von Notz, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der Grünen, kritisiert das zögerliche Vorgehen der Bundesregierung mit Blick auf hybride Bedrohungen “Der Schutz unserer kritischen Infrastrukturen muss endlich als originärer Bestandteil einer modernen IT-Sicherheitspolitik verstanden werden”, sagt von Notz. Hiervon sei Deutschland “noch immer ein gutes Stück entfernt.”

    Von Notz kündigte unter anderem an, dafür zu sorgen, dass der Entwurf noch um Dinge ergänzt werde, die derzeit in der AG BSI verhandelt würden. Es solle ein Informationssicherheitsbeauftragter (Chief Information Security Officer, CISO) des Bunds benannt werden, der die Umsetzung der Maßnahmen koordinieren soll und das BSI als zentrale Aufsichtsbehörde in dem Bereich unabhängiger gestellt werden. “Auch werden wir sehr intensiv prüfen, ob die bisher vom BMI veranschlagten Haushaltsmittel für die hohen zusätzlichen Personalbedarfe, die mit der Gesetzgebung einhergehen, ausreichen.” Gegebenenfalls müsse das Parlament hier nachjustieren.

    Maximilian Funke-Kaiser, digitalpolitischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, erwartet keine Probleme bei der Finanzierung oder Umsetzung der NIS2-Richtlinie. “Der Bundesfinanzminister hat klargestellt, dass wir auch im Jahr 2025 keinen Sparhaushalt aufstellen werden”, sagte Funke-Kaiser. Er sei sich daher sicher, dass die Haushälter sowohl das unabhängigere BSI als auch die nationale Umsetzung der NIS-2-Richtlinie “mit angemessenen Geldmitteln ausstatten“. Er ist ebenfalls überzeugt: “Im parlamentarischen Verfahren werden wir den Kabinettsentwurf zur Umsetzung der NIS2-Richtlinie weiter verbessern.”

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    Olympia 2024: Wie französische Einheiten die Spiele schützen sollen

    Der Islamische Staat und Al-Qaida würden “mit ziemlicher Sicherheit” beabsichtigen, die Olympischen Spiele, die am heutigen Freitag in Paris eröffnet werden, anzugreifen, heißt es in einer Analyse von Recorded Future Intelligence. Auch Desinformationskampagnen aus Russland, Iran oder Aserbaidschan werden erwartet. In Frankreich gilt die höchste Terrorwarnstufe.

    Rund 10.000 Militärs schützen Paris während der Olympischen Spiele. Insgesamt werden 18.000 Soldaten mobilisiert. Für die Dauer der Spiele wird die Operation Sentinelle ausgeweitet, mit der seit den Anschlägen auf die Redaktion von Charlie Hebdo 2015 französische Soldaten im Inland Terroranschläge verhindern sollen.

    Wegen der gestiegenen Gefahr von Drohnenangriffen hat die Luftwaffe eigens ein Luftsicherungskommando eingerichtet. Rund 15 stationäre Systeme sollen den Luftraum über Paris zusätzlich schützen. Am Tag der Eröffnung besteht zwischen 18.30 Uhr und Mitternacht um Paris im Radius von 150 Kilometern eine Flugverbotszone. Der Betrieb an den drei darin liegenden Flughäfen wird währenddessen eingestellt.

    Sorge vor Cyberangriffen oder Spionage

    Aus Sorge vor Cyberangriffen oder Spionage verweigerte Paris etwa 4.300 Personen die Akkreditierung. Für die Dauer der Spiele dürfen Überwachungskameras künstliche Intelligenz einsetzen, um verdächtige Aktivitäten zu identifizieren. Kritiker befürchten, dass dies ein erster Schritt in Richtung verstärkter Überwachung sei.

    Das Innenministerium hat 50.000 private Sicherheitsleute engagiert, wie Innenminister Gérald Darmanin sagte. Mehr als 1.800 Sicherheitskräfte aus Ländern wie Katar oder Chile gehen mit französischen Sicherheitskräften auf Streife, davon 160 aus Deutschland.

    45.000 Polizisten und Gendarmen schützen die Eröffnungsfeier

    Rund um die Seine, wo am Abend rund 9.000 Athletinnen und Athleten die Spiele eröffnen, sichern rund 45.000 Sicherheitskräfte der Polizei und Gendarmerie die Feier, zusätzlich zu mehreren Tausend privaten Sicherheitsleuten. Ein neu konstituiertes Bataillon überwacht das Gebiet um die Seine mit Drohnen, Radaren, Kampftauchern, Booten und Hundestaffeln. Physische Barrieren in der Seine sollen unbefugtes Eindringen verhindern. Scharfschützen postieren sich auf den Dächern um das Gebiet.

    Eine Eliteeinheit der Gendarmerie (GIGN) überwacht den Luftraum bei der Eröffnungszeremonie und die Polizeieinheit Raid ist mit zehn Schnellbooten auf der Seine für die Sicherheit auf dem Wasser zuständig. Die Brigade de recherche et d’intervention (BRI), eine Einheit ähnlich dem SEK, soll terroristische Angriffe an Land verhindern.

    Israelische Sportler erhalten besonderen Schutz

    Wegen des auch in Frankreich wachsenden Antisemitismus hat Innenminister Darmanin den israelischen Athleten besonderen Schutz zugesichert. Die GIGN soll jeden israelischen Athleten für die Dauer der Spiele rund um die Uhr schützen. Auch iranische, ukrainische und US-Sportler erhalten besonderen Schutz.

    Der israelische Außenminister Israel Katz warnte am Donnerstag seinen französischen Amtskollegen Stéphane Séjourné, dass es nach israelischen Einschätzungen Pläne iranischer Terroristen und ihrer Proxys gebe, Anschläge gegen Mitglieder der israelischen Delegation und israelische Touristen zu verüben.  

    Im Vorfeld der Spiele hatte die französische Polizei einen 18-Jährigen festgenommen, der einen islamistischen Angriff auf ein Stadion in Saint-Etienne geplant hatte und einen Neonazi, der einen Angriff auf den Zug mit der olympischen Flamme angekündigt hatte. bub

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    Bundeswehr: Wie viele Minderjährige die Truppe rekrutiert

    Die Bundeswehr hat im vergangenen Jahr 1.996 Minderjährige rekrutiert. Das geht aus der Antwort des Bundesverteidigungsministeriums auf eine Kleine Anfrage der Gruppe der Linken im Bundestag hervor (hier zum Download). Im Vergleich der vergangenen fünf Jahre erreicht die Zahl damit ein Rekordhoch (siehe Grafik).

    Bei den Linken sorgt das für Kritik. “Die Bundesregierung scheint den Schutz von Minderjährigen vor Militarisierung inzwischen völlig aufgegeben zu haben”, sagte die bildungspolitische Sprecherin Nicole Gohlke der Deutschen Presseagentur. SPD-Verteidigungspolitiker Johannes Arlt sieht das anders: “Wir können uns nicht leisten, dass wir mit einer freiwilligen Armee und in der derzeitigen Sicherheitslage auch nur einen einzigen verlieren, der sich für die Bundeswehr interessiert”, sagte er Table.Briefings. Er habe selber Unter-18-Jährige ausgebildet und wisse daher, dass die Bundeswehr dabei “sehr sensibel” vorgehe.

    Mindestalter für Rekruten: 17 Jahre

    Um einen freiwilligen Dienst bei der Bundeswehr zu beginnen, müssen die Rekruten mindestens 17 Jahre alt sein. Vor der Volljährigkeit brauchen sie dafür zudem das Einverständnis der Eltern. 17-Jährige werden laut Informationen zwar bereits an der Waffe ausgebildet, dürfen jedoch nicht in den Einsatz geschickt werden.

    Um über die Arbeit der Bundeswehr zu informieren, sind derzeit 85 Jugendoffizierinnen und -offiziere im Einsatz, darunter 74 Männer und elf Frauen. Sie haben 2023 insgesamt 3.460 Vorträge an Schulen und Hochschulen gehalten. Auffällig: Fast die Hälfte von ihnen (1.580) fand an Gymnasien statt, gefolgt von berufsbildenden Schulen (799) und Realschulen (762). Nur 159-mal kamen Jugendoffiziere für Vorträge in Hauptschulen. Wilhelmine Preußen/Maximilian Stascheit

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    Unterausschuss für Verteidigung im Europaparlament will mehr Industrie-Kompetenz

    Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP/Renew), die am Dienstag zur Vorsitzenden des Unterausschusses für Sicherheit und Verteidigung (SEDE) des Europaparlaments gewählt wurde, will, dass der Unterausschuss im Herbst zum vollwertigen Ausschuss aufgewertet wird. Dafür soll er Zuständigkeiten aus anderen Ausschüssen wie dem Ausschuss für Industrie übernehmen.

    Die ehemalige Vorsitzende des Verteidigungsausschusses im Deutschen Bundestag sagt, dass der Schritt nötig sei, um den Anforderungen, die an die europäische Resilienz und damit an den SEDE gestellt werden, gerecht zu werden. Wichtig sei, dass “Defense Policy and Defence Industrie nicht getrennt betrachtet werden”, und Strack-Zimmermann fügte hinzu, dass über die neuen Kompetenzen vor allem mit den Ausschüssen für auswärtige Angelegenheiten (AFET) und dem Ausschuss für Industrie (ITRE) über den Sommer und im September verhandelt wird.

    Es ist davon auszugehen, dass keiner der Ausschüsse gerne Kompetenzen abtreten will. Während es aber aus AFET-Kreisen heißt, dass die Zuständigkeiten hier bereits klar abgetrennt sind und der Vorsitzende des Ausschusses David McAllister selbst die Aufwertung des Unterausschusses gefordert hatte, dürften die Auseinandersetzungen mit ITRE und IMCO schwerer wiegen.

    Der Ausschuss soll die Kompetenzen des neuen EU-Verteidigungskommissars spiegeln

    Die Idee, den Unterausschuss für Verteidigung aufzuwerten, kursiert im Europäischen Parlament schon seit Jahren. Allerdings besteht derzeit mit Blick auf den russischen Angriffskrieg in der Ukraine ein gewisses Momentum. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat versprochen, die nächsten fünf Jahre den Fokus auf den Aufbau einer “echten europäischen Verteidigungsunion” zu legen. Sie will zudem den Posten eines EU-Verteidigungskommissars schaffen, der die Koordination zur Stärkung der industriellen Basis und der Innovation im Rüstungssektor übernehmen soll. Die Zuständigkeiten des Ausschusses sollen dann die Kompetenzen des neuen Kommissars spiegeln.

    Klar ist, die Europäische Union hat nach den gegenwärtigen EU-Verträgen nicht die Zuständigkeiten und auch nicht die Mittel für eine gemeinsame Verteidigungspolitik. Weder die EU-Kommission noch das Parlament spielen demnach in Verteidigungsfragen derzeit eine Rolle.

    Im Parlament werden Verteidigungsfragen derzeit vom Unterausschuss für Sicherheit und Verteidigung (SEDE) unter dem Dach des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten behandelt. Die Arbeit an der Industriepolitik im Verteidigungsbereich ist außerdem auf die Ausschüsse für Industrie (ITRE) und Binnenmarkt (IMCO) aufgeteilt.wp

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    Must-Reads

    Anadolu Ajansı: European countries use 3rd-party countries to keep arming Israel. Obwohl Länder wie Belgien, die Niederlande, Italien und das Vereinigte Königreich einen Stopp der Waffenverkäufe an Israel angekündigt haben, liefern sie Medienberichten über Drittländer und geheime Geschäfte weiterhin Waffen. Zahlreiche Vermittlerstaaten und Tochterunternehmen erschweren die Transparenz bei der Untersuchung des Waffenhandels.

    Bundesakademie für Sicherheitspolitik: Welches Dach über Europa? Bodengebundene Luftverteidigung nach der Zeitenwende. “Die koordinierte Beschaffung neuer Luftverteidigungssysteme ist notwendig, aber allein nicht hinreichend, um dem veränderten Bedrohungsumfeld zu begegnen”, schreibt die BAKS. Dieses Arbeitspapier beschreibt, wie sich Deutschland und Europa rüsten können und welche Rolle die “European Sky Shield Initiative” dabei spielt.

    Chatham House: Poland could be Europe’s rising star on defence and security. Bringe Polen seinen transatlantischen Ansatz mit den Verteidigungsinitiativen der EU in Einklang, könnte es eine Führungsrolle in der europäischen Verteidigung übernehmen, urteilt dieser Artikel. Für das Land an der Nato-Ostflanke, das zwischen 2022 und 2023 seinen Verteidigungshaushalt um 46 Prozent steigerte, kein unwillkommener Plan.

    Foreign Affairs: Israel’s Next War. Der Druck auf Israel, die Hisbollah zu bekämpfen, wächst. Ein derartiger Krieg hätte “Folgen, die den aktuellen Gaza-Konflikt in den Schatten stellen würden” und wäre destabilisierend für die gesamte Region. Noch haben beide Seiten allerdings Grund, sich zurückzuhalten. In Israel wird sich dies an der innenpolitischen Lage entscheiden.

    Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik: Formeller Beginn der Beitrittsverhandlungen für die Ukraine. Vor gut einem Monat bestätigte der Europäische Rat den Beginn der EU-Beitrittsverhandlungen für die Ukraine. Osteuropa-Wissenschaftler Stefan Meister schreibt hier, was das für den Wiederaufbau der Ukraine bedeutet und welche “Fundamentals” als Kern der Reformen bestehen.

    Heads

    Michael Traut – Bundeswehr zum Akteur im Weltall machen

    Generalmajor Michael Traut ist Kommandeur des Weltraumkommandos der Bundeswehr.

    Vor 55 Jahren beobachtete Generalmajor Michael Traut, damals fünf Jahre alt, wie Neil Armstrong den ersten Fuß auf den Mond setzte. Heute ist Traut 60 Jahre alt und Kommandeur des noch jungen Weltraumkommandos der Bundeswehr im nordrhein-westfälischen Uedem. 

    Sein Auftrag: Beobachten, was im Weltall passiert, und, wie es im “Bundeswehrsprech” heißt: “Operationen planen und führen”. In der Praxis: Zum einen wird im Weltraumkommando ein Lagebild erstellt über alles, was im All passiert und der Erde oder den eigenen Satelliten potenziell gefährlich werden kann – wie etwa Sonnenstürme, Weltraumschrott oder Spionagesatelliten. Dazu kommt der Betrieb der Kommunikationssatelliten, mit denen eine sichere Verbindung zu den Truppenteilen weltweit aufrechterhalten wird. Zum anderen muss die Bundeswehr aber auch auf militärische Bedrohungen reagieren und im Ernstfall die eigenen Satelliten schützen und verteidigen. 

    Wirklich ausführen kann Traut bislang allerdings nur den ersten Teil seines Auftrags. Zwar sei die Bundeswehr sehr gut aufgestellt im Bereich der “Erkenntnisgewinnung”, sagt Traut. Zusammen mit dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) betreibt die Bundeswehr seit mehr als zehn Jahren das Weltraumlagezentrum in Uedem, mit dem Sondervermögen soll dieses sogar noch ausgebaut werden. Auch mit dem Fraunhofer-Institut für Hochfrequenz- und Radartechnik (FHR) hat die Bundeswehr eine enge Kooperation zur Satellitenüberwachung.

    Konflikt im Weltall verhindern

    Aber um die eigenen Satelliten im All wirklich schützen zu können und eine glaubhafte Abschreckung gegen die Bedrohungen aus China und Russland aufzubauen, würde sich Traut ein “breites Spektrum an aktiven Fähigkeiten” wünschen. Dazu gehören sogenannte Inspektor-Satelliten oder Companions, die die Kommunikations- oder Aufklärungssatelliten der Bundeswehr begleiten und potenzielle Angriffe direkt einem Akteur zuordnen können. Zum anderen braucht es Mittel, um etwa spionierende oder störende Satelliten tatsächlich ausschalten zu können. 

    “Ich setze mich dafür ein, dass wir – Deutschland und wir – die Bundeswehr ein Akteur im Weltraum sind, der auf der einen Seite ernst genommen wird und auf der anderen Seite Fähigkeiten entwickelt, die uns in die Lage versetzen, auch zukünftig letztlich einen Konflikt im Weltraum zu verhindern”, so Traut. Ein Auftrag, der so auch aus der Nationalen Sicherheitsstrategie der Bundesregierung hervorgeht.

    Vom Wehrpflichtigen zum Kommandeur

    1983 tritt Traut, Jahrgang 1964, als “einer der wenigen Tübinger Abiturienten” seinen Wehrdienst bei der Bundeswehr – genauer bei der Luftwaffe – an, auch “um dem gefühlten Megatrend der links-grünen Universitätsstadt ein bisschen zu widersprechen”, wie er sagt. Bereut hat er den Schritt nie. Er schlägt die Offizierslaufbahn ein, studiert Informatik an der Universität der Bundeswehr in München, macht die Ausbildung zum Radarleitoffizier in Uedem und ist einige Jahre für die Sicherheit im nationalen Luftraum zuständig. Eine Aufgabe, die ihm immer wieder begegnen wird in seiner Laufbahn. 

    Nach dem Generalstabslehrgang (1997 bis 1999) führen ihn verschiedene Verwendungen ins Verteidigungsministerium, als Kommandeur am inzwischen aufgegebenen Luftwaffenstandort in Aurich, 2007 nach Mazar-E-Sharif in Afghanistan und nach Großbritannien ans Royal College of Defence Studies. 2021 soll Traut dann Bereichsleiter Nationale Führung im Zentrum Luftoperationen in Uedem werden – ein “nach Hause kommen” in den Bereich der Luftraumsicherung, auf das er sich sehr freut. Es kommt anders. Im selben Jahr wird das Weltraumkommando offiziell aufgestellt, Traut baut es maßgeblich mit auf und übernimmt am 1. April 2023 die Führung des dann eigenständigen Kommandos. Traut, spätestens seit Neil Armstrongs erstem Fuß auf dem Mond ein Weltraumenthusiast, kann damit leben, ein paar Kilometer weiter oben zu operieren. Lisa-Martina Klein

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    Javier Colomina: Der erste Nato-Sonderbeauftragte für die südliche Nachbarschaft

    Die Nato hat erstmalig einen Sonderdiplomaten für den Nahen Osten und Afrika ernannt. Übernehmen soll das Amt Javier Colomina, der bislang als einer der Stellvertreter Stoltenbergs für politische Angelegenheiten und Sicherheitspolitik zuständig und zudem Sonderbeauftragter für den Kaukasus und Zentralasien.

    Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg begründete die Wahl damit, dass der Spanier über “umfangreiche Erfahrungen im Umgang mit den NATO-Partnern” verfüge. Die 32 Staats- und Regierungschefs der Nato hatten Stoltenberg beim Gipfeltreffen Anfang des Monats damit beauftragt, einen neuen Sondergesandten für die südliche Nachbarschaft zu ernennen, wie Table.Briefings vorab berichtete. Der Sonderbeauftragte soll laut Gipfelerklärung der “zentrale Ansprechpartner der Nato für die Region” sein. Das beinhaltet auch die Zusammenarbeit mit dem neuen NATO-Verbindungsbüro in der jordanischen Hauptstadt Amman, das ebenfalls auf dem Gipfel beschlossen wurde.

    Für Unmut hat die Wahl des Generalsekretärs in Italien gesorgt, das die Position gerne selbst besetzt hätte. Colomina wird in Brüssel stationiert sein. wp

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