obwohl Russland den militärischen Konflikt mit der Ukraine 2014 begonnen hat, haben beide Staaten erst nach dem 24. Februar 2022 die Abläufe und Behörden reformiert, die für die Einberufung und Mobilmachung zuständig sind. In Deutschland gibt es diese Institutionen seit 2011 gar nicht mehr. Für den Fall, dass die Wehrpflicht zurückkehrt, sollen entsprechende Abläufe und Strukturen wieder aufgebaut werden. Thomas Wiegold führt aus, dass der Geist der “Kriegstüchtigkeit” nun auch in die Verwaltungen einziehen soll.
Wie weit der Weg zu einer gemeinsamen europäischen Verteidigungspolitik noch ist, kann man am Beispiel von drei Staaten sehen: Polen, Frankreich, Deutschland. Das wehrhafte Weimarer Dreieck ist bisher nicht viel mehr als eine Idee. Gabriel Bub analysiert, welche Hürden überwunden werden müssen, damit die Idee Wirklichkeit wird.
Bisher nur wenig beachtet werden die Auswirkungen des russischen Kriegs gegen die Ukraine auf das Weltklima. Anouk Schlung berichtet über neue Forschungserkenntnisse dazu. Sie zeigen, welchen Anteil an CO2-Ausstoß die Kämpfe haben, die Flucht und der spätere Wiederaufbau.
Am heutigen Dienstag stell die Wehrbeauftragte Eva Högl ihren Jahresbericht vor. Wir sind für Sie vor Ort und berichten, ob und wie “kriegstüchtig” die Truppe nach Einschätzung der Wehrbeauftragten ist.
Eine informative Lektüre
Die veränderten Strukturen für die “Bundeswehr der Zukunft”, über die Verteidigungsminister Boris Pistorius nach Ostern entscheiden will, sehen in erster Linie einen Umbau der Truppe vor: Mit einem zentralen Führungskommando, der Konzentration auf vier Teilstreitkräfte und einen Unterstützungsbereich und neuen Unterstellungen soll der militärische Teil der Bundeswehr auf Krisen und einen Kriegsfall vorbereitet werden. Zugleich soll auch der zivile Teil, also die Bundeswehrverwaltung, auf Kriegstüchtigkeit getrimmt werden.
Das nach außen wirksamste Beispiel dafür ist, was im Behördendeutsch die “Vorbereitung des Wehrersatzwesens sowie die verwaltungsseitige Herstellung der Bereitschaft im Fall einer Aktivierung der Wehrpflicht” genannt wird. Die Behörden und Strukturen für Musterung und Heranziehung von Wehrpflichtigen, die nach Aussetzung der Wehrpflicht 2011 weitgehend aufgelöst und abgeschafft wurden, sollen neu geschaffen werden. Dabei ist es aus Sicht der Planer egal, ob diese Dienstpflicht “durch Erklärung des Spannungs- oder Verteidigungsfalls oder im Rahmen einer politischen Entscheidung im Grundbetrieb” wieder in Kraft gesetzt wird. Sobald der Bundestag den Verteidigungs- oder Spannungsfall ausrufen sollte, wird die Wehrpflicht allerdings automatisch wieder eingeführt. Entscheidend ist, dass die Strukturen dafür wieder eingerichtet werden sollen.
Die Beschaffung von Waffen, militärischem Gerät und Ausrüstung, weiterhin eines der Problemfelder für die Umstellung der Truppe auf Landes- und Bündnisverteidigung, soll ebenfalls für einen Kriegsfall fit gemacht werden. Vorgesehen ist der “Aufbau einer kriegstüchtigen Beschaffungsorganisation und durchhaltefähigen Rüstungswirtschaft“. Ein wesentlicher Teil der Aufgaben für die Verwaltung wird die “fortgesetzte Gewährleistung der Ausrüstungsnutzung” sein. Dafür sollen im Kriegs- und Krisenfall auch Sicherheitsbestimmungen außer Kraft gesetzt werden können. Die Versorgung der Truppe soll durch “redundante Infrastrukturen” gesichert werden. Zudem ist geplant, Mindestmengen auch für Uniformen und persönliche Ausrüstung vorzuhalten, “um die Aufwuchsfähigkeit der Streitkräfte zu gewährleisten”.
Ein Umdenken bei der zivilen Infrastruktur, die von der Bundeswehr genutzt wird, ist in den Plänen für die “Bundeswehr der Zukunft” ebenso vorgesehen. Unter anderem wird die Rückkehr der “Wallmeister” erwogen: Diese Spezialisten waren im Kalten Krieg für Sperren gegen einen befürchteten Vormarsch des Warschauer Pakts zuständig, bis hin zur Nutzung vorbereiteter Sprengschächte in Brückenbauten. Mittlerweile gibt es von ihnen keine zehn mehr in der Bundeswehr. Ihre Aufgaben sollen als “planerische Vorbereitung zur Bewertung der militärischen Nutzbarkeit ziviler Infrastruktur” neu aufleben.
Die Wehrverwaltung soll zudem mobiler werden und mit “Verbindungs- und truppennahen Unterstützungselementen” eine “Embedded Support Organization” aufbauen. Hinter diesen Begriffen steht eine Verwaltung, die die nötigen Verwaltungsleistungen für die Truppe auch direkt vor Ort erbringen soll.
Eine gewaltige IT-Aufgabe ist ebenfalls Teil des Pakets für die Einsatzbereitschaft des zivilen Teils der Bundeswehr – mit Auswirkungen auf die Truppe. Das sogenannte SASPF-System (Standard-Anwendungs-Software-Produkt-Familien), die für die Bundeswehr angepasste Betriebs-Software der Firma SAP, ist inzwischen entscheidend für Versorgung und Logistik eingesetzter Truppenteile: Ohne diese Software kann kein Flugzeug mehr abheben und kein Panzerbataillon mehr in den Einsatz ziehen. Die Forderung, die in dem Plan für den Umbau der Bundeswehr aufgestellt wird, ist deshalb ebenso einfach wie schwierig: “Durchgängige Verfügbarkeit von SASPF für die Kriegstüchtigkeit der Streitkräfte”.
Die sicherheitspolitische Einheit, die Europa angesichts einer möglichen Wiederwahl Donald Trumps zum US-Präsidenten im November gerne hätte, ist weit weg. Aber die Revitalisierung des Weimarer Dreiecks aus Frankreich, Deutschland und Polen könnte eine entscheidende Rolle auf dem Weg zum Ende des Krieges in der Ukraine spielen.
Die französische Parlamentarierin Natalia Pouzyreff von der Macron-Partei Renaissance hofft, dass ein Weimarer Format die Schwierigkeiten zwischen Frankreichs Präsidenten Emmanuel Macron und Bundeskanzler Olaf Scholz auffangen könnte. “Das Weimarer Dreieck ist eine gute Möglichkeit, um einen breiteren Konsens anzustreben und der derzeit heiklen deutsch-französischen Konfrontation zu entkommen”, sagte sie Table.Briefings. Mit Polen könnten Deutschland und Frankreich “Prozesse verstetigen und eine bessere materielle Unterstützung der Ukraine ermöglichen”. Ein Großteil der Ausbildung ukrainischer Soldaten findet in Polen statt.
Konkretere Schritte scheinen schwierig. “Eine wirklich ambitionierte Weimar-Kooperation ist im Verteidigungsbereich gerade nicht möglich, weil Deutschland und Frankreich in fundamentalen Fragen nicht übereinstimmen”, sagt Gesine Weber, Gastwissenschaftlerin am Saltzman Institute of War and Peace Studies in New York. Da sind die öffentlichen Streitigkeiten zwischen Scholz und Macron, behäbige deutsch-französische Rüstungsprojekte wie das Kampfflugzeugsystem-Projekt Future Combat Air System (FCAS) oder das Panzerpendant Main Ground Combat System (MGCS), oder Grundsatzentscheidungen in der Waffenbeschaffung: Produziert man in Europa oder kauft man lieber schnell außereuropäisch von den USA?
Macron und Scholz zeigten öffentlich, dass ihre jeweiligen roten Linien weit auseinander liegen, als sie sich zum Einsatz von Bodentruppen in der Ukraine widersprachen. Am Freitag bekam Macron Rückendeckung vom polnischen Außenminister Radosław Sikorski, der seinen Vorstoß begrüßte. Wenn die drei Staaten sich auf gemeinsame Bedingungen und rote Linien für Friedensgespräche mit Russland einigen würden, könnten sie bei Verhandlungen mit Russland eine zentrale Rolle spielen, so argumentieren die Verfasser eines Papiers, das Szenarien einer schwindenden US-Unterstützung für die Ukraine durchspielt. Das Papier, das der polnische Thinktank Polish Institute of International Affairs und die Hanns-Seidel-Stiftung mit französischen, deutschen und polnischen Thinktankern erarbeitet haben, gibt dem Weimarer Dreieck Empfehlungen.
Eine einheitliche Position Deutschlands, Frankreichs und Polens könne mehr Ukraine-Unterstützung auf europäischer Ebene befördern und der Ukraine den Weg in die Nato ebnen, heißt es weiter. Ein “Weimar Assistance Package”, das die Ausbildung ukrainischer Truppen und die Erhöhung der Produktionskapazitäten beinhaltet, und gemeinsame Waffenproduktion und -lieferungen könne zudem eine schwindende US-Unterstützung auffangen.
Doch die Kooperation findet derzeit eher außenpolitisch statt, sagt Weber. Das Verhältnis zwischen Außenministerin Annalena Baerbock und ihren Amtskollegen Stéphane Séjourné (Frankreich) und Radosław Sikorski (Polen) sei besser als zwischen den Regierungschefs.
Vor dem Nato-Gipfel, der im Juli 2024 in Washington stattfindet, könne das Dreieck helfen, die europäische Position zu artikulieren. Und: “Ich denke, dass wir europäische Sicherheit immer als Weimar plus Großbritannien denken müssen”, sagt Weber. Gerade in einem Szenario mit Trump “ist das Vereinigte Königreich auch ein wichtiger Spieler in der europäischen Sicherheitspolitik”.
Sikorskis Unterstützung für Macron ist ein Indiz für eine weitere Option. “Wenn das deutsch-französische Tandem nicht funktioniert, könnte ich mir ein französisch-polnisches Leadership vorstellen“, sagt Weber. “Gerade im Bereich Ukraine.” Seit Kriegsbeginn in der Ukraine habe “die strategische Konvergenz zwischen Polen und Frankreich tendenziell zugenommen”. Macrons Dialogbereitschaft mit Russland zu Kriegsbeginn ist klarer, konfrontativer Rhetorik gewichen. Und anders als Scholz geht Polens Ministerpräsident Donald Tusk auf Macrons Dialogeinladung über französische Atomwaffen ein. Nach einem Treffen mit Scholz in Berlin sagte Tusk, dass man Macrons Dialogbereitschaft zu einer Europäisierung der Atomwaffen “wirklich ernst” nehmen sollte. Dennoch gebe es immer noch zentrale Unterschiede zwischen den beiden Staaten. Gerade bei der Beschaffung.
Bislang kauft Polen größtenteils in den USA ein. Erst Ende Februar unterschrieb der polnische Verteidigungsminister Władysław Kosiniak-Kamysz einen Vertrag zum Kauf von 2,5 Milliarden Dollar teuren Luftverteidigungssystemen aus den USA. Panzer für die Truppe bestellt Polen mit 1.000 K2 Black Panther-Panzern in Südkorea und mit M1 Abrams in den USA. Eine Beschaffung zu größeren Teilen in Europa, wie sie vor allem Frankreich fordert, würde auch die hiesige Industrie freuen. 2023 gab Polen 3,9 Prozent seines BIPs – 35 Milliarden Euro – für Verteidigung aus. Die Zahl seiner Streitkräfte will es bis 2035 auf 300.000 aufstocken. Nur: “Für Polen geht es gerade einfach um Masse, die auch up to date ist”, sagt Weber. Deshalb sehe sie nicht, “dass Polen jetzt exklusiv europäisch oder exklusiv französisch kaufen wird”.
Militär, Aufrüstung und Flucht dominieren die Berichterstattung über Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine. Andere Folgen finden bisher kaum Beachtung: die Belastung der Umwelt und die Auswirkungen auf das weltweite Klima.
Lennard de Klerk will das ändern. Er ist Klimaforscher und Hauptautor der halbjährlich erscheinenden Studie “Climate Damage Caused by Russia’s War in Ukraine”. Er und sein Team aus internationalen Forschenden schlüsseln darin Klimaschäden und Treibhausgasemissionen des Krieges auf. Diese sind enorm.
De Klerks Team geht davon aus, dass der Krieg in den vergangenen zwei Jahren für 180 bis 200 Millionen Tonnen CO₂-Äquivalent verantwortlich war. Das ukrainische Ministerium für Umweltschutz und natürliche Ressourcen rechnet mit 150 Millionen Tonnen – mehr als doppelt so viel wie Belgien in einem Jahr verursacht und ein Fünftel der jährlichen Emissionen Deutschlands.
Die Emissionen lassen sich nicht allein auf die unmittelbare Kriegsführung zurückführen. “Panzer, Fahrzeuge und Flieger verursachen zwar Emissionen, aber machen schlussendlich nur ein Viertel des Gesamtausstoßes aus”, erklärt de Klerk im Gespräch mit Table.Briefings. Wesentlich sind zum Beispiel auch Feuer nahe der Frontlinie, die 15 Prozent des Ausstoßes ausmachen.
Doch auch indirekte, weniger offensichtliche Faktoren haben Einfluss. Da wären zum Beispiel Flugumleitungen, nachdem Russland den sibirischen Luftraum sperrte und auch der ukrainische Luftraum für den kommerziellen Verkehr geschlossen wurde. Diese führen zu längeren Flugrouten und höheren Treibhausgasemissionen, die mit zwölf Prozent des Gesamtausstoßes zu Buche schlagen. De Klerks Team bezog zudem die Sabotage an den Erdgaspipelines Nord Stream 1 und 2 im September 2022 in seine Berechnungen mit ein – zehn Prozent der gesamten Emissionen. Fluchtbewegungen verursachen zusätzliche zwei Prozent.
Den größten Anteil der Emissionen – etwa 55 Millionen Tonnen CO₂-Äquivalent – macht aber aus, was größtenteils noch in der Zukunft liegt: der Wiederaufbau der zerstörten Häuser, Infrastrukturen und Industrieanlagen, Transportsysteme, Energie- und Landwirtschaftsanlagen.
Neben den direkten Emissionen verursacht der Krieg auch indirekte: “Konflikte tragen zur Militarisierung anderer Länder und einer weltweiten Aufrüstung bei, die ebenfalls Treibhausgase verursacht. Und sie verhindern, dass ein Land sich auf eine wirkungsvolle Klimapolitik konzentrieren kann”, erläutert de Klerk.
Das bestätigt auch das ukrainische Ministerium für Umweltschutz und natürliche Ressourcen. “Die effektive Umsetzung der staatlichen Klimapolitik wird durch die negativen Folgen des Krieges erschwert”, antwortet das Ministerium auf Anfrage von Table.Briefings. Finanzielle Mittel, die für Umwelt- und Klimaschutz vorgesehen waren, seien anderweitig gebunden.
Der Krieg verursacht zudem verheerende Auswirkungen auf die Umwelt. Er zerstöre ganze Ökosysteme, berichtet das ukrainische Ministerium, was die betroffenen Gebiete und die darin lebenden Menschen anfälliger für Auswirkungen des Klimawandels wie Hitze oder Extremwetterereignisse mache.
Insgesamt dokumentierte das Ministerium in den vergangenen zwei Jahren 4.000 Fälle von Umweltschäden, deren Kosten sich auf umgerechnet 52 Milliarden Euro belaufen. Den Großteil davon, nämlich 28 Milliarden Euro, macht die Verschmutzung von Luft aus, knapp 24 Milliarden Euro die Verunreinigung von Böden. Zudem werden seltene Tier- und Pflanzenarten vernichtet – darunter solche, die im Roten Buch der Ukraine, einer offiziellen Liste gesetzlich geschützter Tiere, Pflanzen und Pilze, aufgeführt sind.
Auch das Center for Environmental Initiatives Ecoaction, eine zivilgesellschaftliche Umweltschutzorganisation, behält durch den Krieg verursachte Umweltschäden im Blick. Die Forschenden registrierten in den vergangenen zwei Jahren mehr als 1.500 Fälle. Die gravierendsten waren die Sprengung des Kachowka-Staudamms im Juni 2023, die Besetzung der Sperrzone von Tschernobyl und des Kernkraftwerks Saporischschja, bei der sämtliche Sicherheitsvorschriften missachtet wurden, und die Flutung von Bergwerken im Donbas, die zu Grundwasserverseuchung und Bodenabsenkung führten.
Dennoch bleibt die Ukraine gewillt, Klima- und Umweltschutzmaßnahmen umzusetzen – auch, weil Politiker wissen, dass eine effektive Klimapolitik maßgeblich für eine Vollmitgliedschaft in der Europäischen Union sein könnte. “Wir haben einen Entwurf für eine Strategie zur Entwicklung und Umsetzung der staatlichen Klimapolitik bis 2035 und einen operativen Aktionsplan mit klar definierten Aufgaben entwickelt”, berichtet das Ministerium und betont: “Für die Ukraine ist das Jahr 2024 definitiv das Jahr des Beginns des Klimadialogs!” Auch für den Großteil der ukrainischen Gesellschaft (95 Prozent) bleibt Umweltschutz trotz der umfassenden Invasion durch Russland wichtig, betont Ecoaction gegenüber Table.Briefings.
Die Realität bleibt aber, dass Schutzmaßnahmen nicht überall umsetzbar sind. So sind mehr als 800.000 Hektar Wald und 514 Schutzgebiete besetzt. Aktuell okkupiert Russland 18 Prozent der ukrainischen Landfläche, inklusive der Krim.
So detaillierte Daten wie im Fall dieses Krieges liegen selten vor. De Klerk zufolge liege das unter anderem daran, dass seit dem Zweiten Weltkrieg viele Konflikte weit weg vom westlichen Blickpunkt stattfanden. “Auch die Ausklammerung des gesamten militärischen Bereichs aus dem Kyoto-Protokoll spielt mit hinein.” Ein schwerwiegender Fakt, denn Streitkräfte machen insgesamt 5,5 Prozent der weltweiten CO₂-Emissionen aus, wie die Studie von de Klerks Team belegt.
Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) hat Pannen bei der Abhöraktion deutscher Generäle eingeräumt. “Welche Konsequenzen das hat, wird in den Vorermittlungen zu untersuchen sein“, sagte Pistorius nach der Sitzung des Verteidigungsausschusses am Montagabend. Zwei Teilnehmer der Schaltkonferenz – Brigadegeneral Frank Gräfe und Luftwaffen-Inspekteur Ingo Gerhartz waren gemeint – hätten sich über eine nicht sichere Leitung in die WebEx-Konferenz eingewählt. Hätten sie die App genutzt, wäre die Leitung sicher gewesen.
Der MAD prüfe nun, welche Teile des Gesprächs der Offiziere als “geheim” hätten eingestuft werden müssen und ob so die Sorgfaltspflicht verletzt worden sei. Dies hätte dann disziplinarrechtliche Folgen. Von personellen Konsequenzen wollte Pistorius aber nicht sprechen.
Im zweiten Teil der Sitzung ging es außerdem um die Einschätzung der Mitwirkung deutscher Soldaten bei einem möglichen Taurus-Einsatz. Pistorius betonte, dass eine effektive und richtige Nutzung des Waffensystems nur nach einer zwölf bis 18 Monate langen Ausbildung in Deutschland möglich sei. Eine verkürzte Ausbildung sei denkbar, aber nur für einen “begrenzten Einsatz” des Systems. brö
Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hat seine Absicht bekräftigt, das Land im Krieg gegen die islamistische Hamas im Gazastreifen zum “absoluten Sieg” führen zu wollen. “Auf dem Weg zum Sieg haben wir bereits die Nummer Vier der Hamas eliminiert”, sagte er in einer Video-Botschaft am Montag. “Nummer Drei, Zwei und Eins sind unterwegs”, fügte er hinzu. “Sie alle sind tote Männer, wir werden sie alle kriegen.”
Mit der Nummer Vier der Hamas-Hierarchie dürfte der israelische Regierungschef den Spitzenfunktionär Saleh al-Aruri gemeint haben, der Anfang Januar bei einem Luftangriff auf seine Räumlichkeiten in der libanesischen Hauptstadt Beirut ums Leben gekommen war. Die gezielte Tötung war damals Israel zugeschrieben worden, das sich aber bislang nicht dazu äußerte. Mit Netanjahus Video-Botschaft dürfte Israel erstmals die Urheberschaft für dieses Attentat eingeräumt haben.
Al-Aruri war in der Hamas für die Pflege der engen Beziehungen zur proiranischen Schiiten-Miliz Hisbollah im Libanon zuständig. Damit war er auch für die Waffenbeschaffung der Islamisten im Gazastreifen von zentraler Bedeutung. Wenige Stunden nach Netanjahus Äußerungen sagte Armeesprecher Daniel Hagari, dass das Militär dem dritthöchsten Hamas-Funktionär im Gazastreifen, Marwan Issa, auf die Spur gekommen sei und ihn möglicherweise getötet habe. dpa
In Europa hat die Einfuhr von Rüstungsgütern wie Kampfflugzeuge, Panzer und U-Boote im Zeitraum von 2019 bis 2023 um etwa 94 Prozent im Vergleich zu 2014 bis 2018 zugelegt. Das geht aus einem Bericht hervor, den das Stockholmer Friedensforschungsinstitut Sipri am Montag veröffentlicht hat. Größter Importeur in Europa war dabei die Ukraine – mit 23 Prozent der gesamten Waffeneinfuhren der Region.
Während die USA an der Spitze ihre Waffenexporte um weitere 17 Prozent erhöhte, nahmen die Lieferungen aus Russland um mehr als die Hälfte (53 Prozent) ab. Die Waffen setzt Russland nun für seinen Krieg gegen die Ukraine ein. Damit rutschte das bisher stabil zweitplatzierte Russland knapp hinter Frankreich, das sein Exportvolumen um 47 Prozent erhöhte. Die drei größten Abnehmer russischer Waffen sind Indien, China und Ägypten.
Die USA blieben unangefochten auf Platz eins der Exporteure: Im Zeitraum 2019 bis 2023 belieferten sie 107 Staaten. Ganze 42 Prozent der weltweiten Waffenlieferungen gehen auf den Großlieferanten zurück – ein globaler Anstieg um 8 Prozentpunkte zum vorherigen Vergleichszeitraum. Gefolgt von Frankreich, Russland, China und Deutschland auf dem fünften Platz der weltweiten Waffenlieferanten.
In dem Fünfjahreszeitraum sanken die deutschen Rüstungsexporte um 14 Prozent im Vergleich zu 2014 bis 2018. Der Anteil der deutschen Waffenexporte machte 5,6 Prozent des weltweiten Gesamtvolumens aus.
Die Ukraine war im Jahr 2023 der mit Abstand größte Waffenimporteur der Welt. Die USA lieferten 39 Prozent der ukrainischen Waffenimporte, gefolgt von Deutschland (14 Prozent) und Polen (13 Prozent). Mit Blick auf den gesamten Zeitraum 2019 bis 2023 landeten die Ukrainer auf Platz vier der weltweiten Waffenimporteure, gleich hinter Indien, Saudi-Arabien und Katar.
Ein Interview mit Sipri-Direktor Dan Smith über Schwerpunkte, Ziele und Schwachpunkte des chinesischen Militärs und die militärischen Fähigkeiten, Taiwan einzunehmen, lesen Sie hier. dpa/rad
Die russische Marine hat einen neuen Befehlshaber, zumindest vorübergehend ist es Admiral Alexander Moissejew. Der 61-Jährige ist Kommandeur der Nordflotte und vom russischen Präsidenten Wladimir Putin am 10. März zum Interimschef der gesamten Flotte ernannt worden, nachdem Putin Nikolai Jewmenow abgesetzt hatte. Der Grund: Unter Jewmenow (61) hat die russische Marine 30 Prozent aller Schiffe der Schwarzmeerflotte verloren. Kreml-Sprecher Dmitri Peskow wollte am Montag den Personalwechsel zwar nicht direkt bestätigen, sagte jedoch, dass er sich zu Befehlen mit Geheimhaltungsstempel nicht äußern wolle.
Seit der russischen Vollinvasion in die Ukraine vor gut zwei Jahren haben ukrainische Streitkräfte etwa 15 russische Schiffe – darunter ein U-Boot und das größte Schiff der Schwarzmeerflotte, die Moskwa – versenkt oder zerstört. Auch Hafenanlagen und das Hauptquartier der Schwarzmeerflotte auf der Krim sind wiederholt angegriffen und beschädigt worden. Laut ukrainischen Angaben verlassen russische Schiffe seit dem zerstörerischen Angriff auf die Korvette “Sergej Kotow” am 5. März nicht mehr die Häfen auf der Krim.
Russland bereitet zumindest teilweise die Verlegung der Flotte vor, ein neuer Stützpunkt könnte der alte sowjetische Hafen in Abchasien sein. Abchasien ist eine abtrünnige, international nicht anerkannte Region Georgiens. Die geplante Marinebasis würde neue geopolitische Konflikte schüren, weil sie direkt in der Nähre eines geplanten georgischen Umschlaghafens liegen würde. vf
CNN: Russia producing three times more artillery shells than US and Europe for Ukraine. Russlands Produktionsvorsprung bedeutet einen entscheidenden Vorteil im Vorfeld einer erwarteten Offensive in der Ukraine. Das Ziel des US-Militärs, bis Ende 2025 monatlich 100.000 Schuss Artillerie zu produzieren, scheint aufgrund der Blockade der Ukraine-Hilfen im Kongress unerreichbar. Zudem leidet die ukrainische Armee am Fachkräftemangel.
Tagesspiegel: Stille Diplomatie – So wird an einem Frieden für die Ukraine gearbeitet. Die größten Hoffnungen auf Friedensverhandlungen liegen aktuell auf einem Ukraine-Gipfel in der Schweiz im Mai. Staatschefs des globalen Südens dafür zu gewinnen, ist allerdings nicht leicht: Gespaltene Meinungen zum Nahost-Konflikt behindern ein Zusammenkommen für potenzielle Friedensverhandlungen.
Defense One: In Norway, young people compete to serve in the military. Der Militärdienst in Norwegen ist obligatorisch – und sehr selektiv. Für junge Erwachsene ist er eine prestigeträchtige Aufgabe. Dieser Artikel beschreibt, wie Länder wie Deutschland von Norwegen lernen können und wieso ein Reservistennetzwerk auch für andere kritische Bereiche der Gesellschaft Sinn ergibt.
Rhodium Group: Data Security and Cybersecurity Converge in Next Wave of US Tech Controls. Rhodium Group, ein US-amerikanischer Think-Tank, analysiert die Auswirkungen der zwei jüngsten US-Gesetzesvorhaben im Bereich Technologiekontrollen. Die neuen Regelungen im Bereich Daten- und Cybersicherheit im Zusammenhang mit China würden für viele Unternehmen zu einer proaktiveren Überprüfung ihrer Produkte und Datenströme führen. Das dürfte auch in Europa Wellen schlagen.
Arte: The Bomb. Anhand restaurierter Archivaufnahmen und Interviews ehemaliger Soldaten, Waffeningenieure, Wissenschaftler des Manhattan-Projekts, sowie US-Außen- und Verteidigungspolitiker erzählt diese Doku die Geschichte der Atombombe. Es geht um die Frage, was es für die Welt bis in unsere Gegenwart hinein bedeutet, mit einer derart gefährlichen Erfindung zu leben.
Mit großem Bahnhof wurde am 12. Februar die Erweiterung des Rheinmetallwerks in Unterlüß vollzogen. Mit den symbolischen Spatenstichen sendeten Bundeskanzler Olaf Scholz, die dänische Regierungschefin Mette Frederiksen, Verteidigungsminister Boris Pistorius sowie Rheinmetall Vorstandschef Armin Papperger wichtige Signale, nachdem die EU ihr Lieferziel von einer Million Artilleriegranaten für die Ukraine bis März 2024 deutlich verpasst hat.
Um die Ukraine in eine bessere militärstrategische Lage zu versetzen, hätten die Investitionen in Munitionsproduktion früher geschehen müssen. Die Zeitenwende in der Beschaffung besteht auch in einem neuen Fokus auf Masse. Der Verbrauch von Rüstungsgütern in einem Großmachtkonflikt ist grundlegend anders als in internationalen Kriseneinsätzen, auf denen zuvor der westliche militärische Fokus lag.
Es ist jedoch fraglich, ob die Produktion dieser Massenware in westlichen Ländern stattfinden sollte. Auch wenn die europäischen Verteidigungsausgaben steigen, bleiben die Ressourcen für militärische Beschaffung knapp und sollten möglichst effizient ausgegeben werden. Bereits das EU-Munitionspaket ASAP ausgestattet mit 500 Millionen Euro beinhaltete einen Geburtsfehler, insofern als dass lediglich in EU-Staaten und Norwegen bestellt werden konnte. Mittlerweile hat auch Frankreichs Präsident Emmanuel Macron verstanden, dass es sich dabei um fehlgeleiteten Protektionismus handelte anstelle einer langfristigen europäischen Rüstungsstrategie.
Aus technologischer Sicht ist Munition im Rüstungssektor ein simples Produkt. Es gibt zwar versiertere Varianten wie die von Rheinmetall gemeinsam mit Diehl produzierte Suchzündermunition SMArt 155, die durch Sensorik höhere Treffsicherheit verspricht. Dennoch sind im Vergleich zu komplexen Rüstungsprodukten wie Kampfflugzeugen eine Vielzahl von Staaten weltweit in der Lage, die Massenware Munition herzustellen. Diese Produktionskapazitäten sollten die westlichen Staaten nutzen.
Daher ist die konsequente Umsetzung des 155mm-Nato-Standards wichtiger als die Errichtung von Munitionswerken auf westlichem Territorium. Der Vorsitzende des Nato-Militärausschusses, Admiral Rob Bauer, kritisierte kürzlich, dass sich 14 Nato-Staaten das Recht auf Abweichungen vom 155mm-Standard einräumen. Das ist ein Luxus, den sich EU und Nato weder in Friedens- noch in Kriegszeiten leisten können. Munition sollte in einer Allianz austauschbar sein, damit sie zur Massenware werden kann. Ähnlich wie in anderen Branchen versprechen standardisierte wehrtechnische Massenwaren preisliche Vorteile für Konsumenten.
Wenn EU- und Nato-Staaten weltweit Munition standardisiert und im großen Stil einkaufen, verfügen sie über Marktmacht und können die Produktion von Drittstaaten auf ihre Bedürfnisse konditionieren und den Markt mit ihrer Kaufkraft formen. Übertragen auf den Markt für Artilleriemunition hieße dies beispielsweise den 155mm-Standard anstelle des russischen 152mm-Standards in der Produktion von Drittstaaten durchzusetzen.
Die Beschaffung in Drittstaaten kann aufgrund geringerer Produktionskosten effizienter sein, das heißt westliche Streitkräfte und indirekt die Ukraine bekommen mehr Munition für weniger oder gleichviel Geld. Somit blieben mehr finanzielle Mittel in den EU-Verteidigungshaushalten für notwendige Investitionen in die Zukunftstechnologien zur Stärkung der europäischen Wettbewerbsfähigkeit. In diesem Marktsegment sollte der Fokus auf einem europäischen Protektionismus liegen.
Airbus Helicopters Vorstand, Stefan Thomé, forderte bei der Berlin Security Conference im November 2023, dass die Regeln des freien Marktes nicht die Rüstungsbeschaffung bestimmen können. Er kritisierte damit die Neigung der Bundesregierung, vermehrt bei der US-Konkurrenz einzukaufen. Inwiefern Marktkräfte in der Beschaffung zugelassen werden sollten, kommt allerdings darauf an, um welche Rüstungsprodukte es sich handelt. Bei simplen Produkten sollten die EU-Staaten mehr Markt zulassen, das heißt nach Maßgabe der ökonomischen Effizienz beschaffen, während technologisch komplexere Produkte ein stärkeres staatliches Eingreifen im Sinne der strategischen Autonomie erfordern. Ein On-Shoring der Produktion wehrtechnischer Massenwaren, wenngleich scheinbar attraktiv, stellt keine langfristige europäische Rüstungsstrategie dar.
Lucas Hellemeier ist Doktorand am John-F.-Kennedy-Institut der Freien Universität Berlin sowie Fulbright Visiting Researcher an der Boston University. Er forscht zu europäischen rüstungspolitischen Entscheidungen im transatlantischen Kontext.
obwohl Russland den militärischen Konflikt mit der Ukraine 2014 begonnen hat, haben beide Staaten erst nach dem 24. Februar 2022 die Abläufe und Behörden reformiert, die für die Einberufung und Mobilmachung zuständig sind. In Deutschland gibt es diese Institutionen seit 2011 gar nicht mehr. Für den Fall, dass die Wehrpflicht zurückkehrt, sollen entsprechende Abläufe und Strukturen wieder aufgebaut werden. Thomas Wiegold führt aus, dass der Geist der “Kriegstüchtigkeit” nun auch in die Verwaltungen einziehen soll.
Wie weit der Weg zu einer gemeinsamen europäischen Verteidigungspolitik noch ist, kann man am Beispiel von drei Staaten sehen: Polen, Frankreich, Deutschland. Das wehrhafte Weimarer Dreieck ist bisher nicht viel mehr als eine Idee. Gabriel Bub analysiert, welche Hürden überwunden werden müssen, damit die Idee Wirklichkeit wird.
Bisher nur wenig beachtet werden die Auswirkungen des russischen Kriegs gegen die Ukraine auf das Weltklima. Anouk Schlung berichtet über neue Forschungserkenntnisse dazu. Sie zeigen, welchen Anteil an CO2-Ausstoß die Kämpfe haben, die Flucht und der spätere Wiederaufbau.
Am heutigen Dienstag stell die Wehrbeauftragte Eva Högl ihren Jahresbericht vor. Wir sind für Sie vor Ort und berichten, ob und wie “kriegstüchtig” die Truppe nach Einschätzung der Wehrbeauftragten ist.
Eine informative Lektüre
Die veränderten Strukturen für die “Bundeswehr der Zukunft”, über die Verteidigungsminister Boris Pistorius nach Ostern entscheiden will, sehen in erster Linie einen Umbau der Truppe vor: Mit einem zentralen Führungskommando, der Konzentration auf vier Teilstreitkräfte und einen Unterstützungsbereich und neuen Unterstellungen soll der militärische Teil der Bundeswehr auf Krisen und einen Kriegsfall vorbereitet werden. Zugleich soll auch der zivile Teil, also die Bundeswehrverwaltung, auf Kriegstüchtigkeit getrimmt werden.
Das nach außen wirksamste Beispiel dafür ist, was im Behördendeutsch die “Vorbereitung des Wehrersatzwesens sowie die verwaltungsseitige Herstellung der Bereitschaft im Fall einer Aktivierung der Wehrpflicht” genannt wird. Die Behörden und Strukturen für Musterung und Heranziehung von Wehrpflichtigen, die nach Aussetzung der Wehrpflicht 2011 weitgehend aufgelöst und abgeschafft wurden, sollen neu geschaffen werden. Dabei ist es aus Sicht der Planer egal, ob diese Dienstpflicht “durch Erklärung des Spannungs- oder Verteidigungsfalls oder im Rahmen einer politischen Entscheidung im Grundbetrieb” wieder in Kraft gesetzt wird. Sobald der Bundestag den Verteidigungs- oder Spannungsfall ausrufen sollte, wird die Wehrpflicht allerdings automatisch wieder eingeführt. Entscheidend ist, dass die Strukturen dafür wieder eingerichtet werden sollen.
Die Beschaffung von Waffen, militärischem Gerät und Ausrüstung, weiterhin eines der Problemfelder für die Umstellung der Truppe auf Landes- und Bündnisverteidigung, soll ebenfalls für einen Kriegsfall fit gemacht werden. Vorgesehen ist der “Aufbau einer kriegstüchtigen Beschaffungsorganisation und durchhaltefähigen Rüstungswirtschaft“. Ein wesentlicher Teil der Aufgaben für die Verwaltung wird die “fortgesetzte Gewährleistung der Ausrüstungsnutzung” sein. Dafür sollen im Kriegs- und Krisenfall auch Sicherheitsbestimmungen außer Kraft gesetzt werden können. Die Versorgung der Truppe soll durch “redundante Infrastrukturen” gesichert werden. Zudem ist geplant, Mindestmengen auch für Uniformen und persönliche Ausrüstung vorzuhalten, “um die Aufwuchsfähigkeit der Streitkräfte zu gewährleisten”.
Ein Umdenken bei der zivilen Infrastruktur, die von der Bundeswehr genutzt wird, ist in den Plänen für die “Bundeswehr der Zukunft” ebenso vorgesehen. Unter anderem wird die Rückkehr der “Wallmeister” erwogen: Diese Spezialisten waren im Kalten Krieg für Sperren gegen einen befürchteten Vormarsch des Warschauer Pakts zuständig, bis hin zur Nutzung vorbereiteter Sprengschächte in Brückenbauten. Mittlerweile gibt es von ihnen keine zehn mehr in der Bundeswehr. Ihre Aufgaben sollen als “planerische Vorbereitung zur Bewertung der militärischen Nutzbarkeit ziviler Infrastruktur” neu aufleben.
Die Wehrverwaltung soll zudem mobiler werden und mit “Verbindungs- und truppennahen Unterstützungselementen” eine “Embedded Support Organization” aufbauen. Hinter diesen Begriffen steht eine Verwaltung, die die nötigen Verwaltungsleistungen für die Truppe auch direkt vor Ort erbringen soll.
Eine gewaltige IT-Aufgabe ist ebenfalls Teil des Pakets für die Einsatzbereitschaft des zivilen Teils der Bundeswehr – mit Auswirkungen auf die Truppe. Das sogenannte SASPF-System (Standard-Anwendungs-Software-Produkt-Familien), die für die Bundeswehr angepasste Betriebs-Software der Firma SAP, ist inzwischen entscheidend für Versorgung und Logistik eingesetzter Truppenteile: Ohne diese Software kann kein Flugzeug mehr abheben und kein Panzerbataillon mehr in den Einsatz ziehen. Die Forderung, die in dem Plan für den Umbau der Bundeswehr aufgestellt wird, ist deshalb ebenso einfach wie schwierig: “Durchgängige Verfügbarkeit von SASPF für die Kriegstüchtigkeit der Streitkräfte”.
Die sicherheitspolitische Einheit, die Europa angesichts einer möglichen Wiederwahl Donald Trumps zum US-Präsidenten im November gerne hätte, ist weit weg. Aber die Revitalisierung des Weimarer Dreiecks aus Frankreich, Deutschland und Polen könnte eine entscheidende Rolle auf dem Weg zum Ende des Krieges in der Ukraine spielen.
Die französische Parlamentarierin Natalia Pouzyreff von der Macron-Partei Renaissance hofft, dass ein Weimarer Format die Schwierigkeiten zwischen Frankreichs Präsidenten Emmanuel Macron und Bundeskanzler Olaf Scholz auffangen könnte. “Das Weimarer Dreieck ist eine gute Möglichkeit, um einen breiteren Konsens anzustreben und der derzeit heiklen deutsch-französischen Konfrontation zu entkommen”, sagte sie Table.Briefings. Mit Polen könnten Deutschland und Frankreich “Prozesse verstetigen und eine bessere materielle Unterstützung der Ukraine ermöglichen”. Ein Großteil der Ausbildung ukrainischer Soldaten findet in Polen statt.
Konkretere Schritte scheinen schwierig. “Eine wirklich ambitionierte Weimar-Kooperation ist im Verteidigungsbereich gerade nicht möglich, weil Deutschland und Frankreich in fundamentalen Fragen nicht übereinstimmen”, sagt Gesine Weber, Gastwissenschaftlerin am Saltzman Institute of War and Peace Studies in New York. Da sind die öffentlichen Streitigkeiten zwischen Scholz und Macron, behäbige deutsch-französische Rüstungsprojekte wie das Kampfflugzeugsystem-Projekt Future Combat Air System (FCAS) oder das Panzerpendant Main Ground Combat System (MGCS), oder Grundsatzentscheidungen in der Waffenbeschaffung: Produziert man in Europa oder kauft man lieber schnell außereuropäisch von den USA?
Macron und Scholz zeigten öffentlich, dass ihre jeweiligen roten Linien weit auseinander liegen, als sie sich zum Einsatz von Bodentruppen in der Ukraine widersprachen. Am Freitag bekam Macron Rückendeckung vom polnischen Außenminister Radosław Sikorski, der seinen Vorstoß begrüßte. Wenn die drei Staaten sich auf gemeinsame Bedingungen und rote Linien für Friedensgespräche mit Russland einigen würden, könnten sie bei Verhandlungen mit Russland eine zentrale Rolle spielen, so argumentieren die Verfasser eines Papiers, das Szenarien einer schwindenden US-Unterstützung für die Ukraine durchspielt. Das Papier, das der polnische Thinktank Polish Institute of International Affairs und die Hanns-Seidel-Stiftung mit französischen, deutschen und polnischen Thinktankern erarbeitet haben, gibt dem Weimarer Dreieck Empfehlungen.
Eine einheitliche Position Deutschlands, Frankreichs und Polens könne mehr Ukraine-Unterstützung auf europäischer Ebene befördern und der Ukraine den Weg in die Nato ebnen, heißt es weiter. Ein “Weimar Assistance Package”, das die Ausbildung ukrainischer Truppen und die Erhöhung der Produktionskapazitäten beinhaltet, und gemeinsame Waffenproduktion und -lieferungen könne zudem eine schwindende US-Unterstützung auffangen.
Doch die Kooperation findet derzeit eher außenpolitisch statt, sagt Weber. Das Verhältnis zwischen Außenministerin Annalena Baerbock und ihren Amtskollegen Stéphane Séjourné (Frankreich) und Radosław Sikorski (Polen) sei besser als zwischen den Regierungschefs.
Vor dem Nato-Gipfel, der im Juli 2024 in Washington stattfindet, könne das Dreieck helfen, die europäische Position zu artikulieren. Und: “Ich denke, dass wir europäische Sicherheit immer als Weimar plus Großbritannien denken müssen”, sagt Weber. Gerade in einem Szenario mit Trump “ist das Vereinigte Königreich auch ein wichtiger Spieler in der europäischen Sicherheitspolitik”.
Sikorskis Unterstützung für Macron ist ein Indiz für eine weitere Option. “Wenn das deutsch-französische Tandem nicht funktioniert, könnte ich mir ein französisch-polnisches Leadership vorstellen“, sagt Weber. “Gerade im Bereich Ukraine.” Seit Kriegsbeginn in der Ukraine habe “die strategische Konvergenz zwischen Polen und Frankreich tendenziell zugenommen”. Macrons Dialogbereitschaft mit Russland zu Kriegsbeginn ist klarer, konfrontativer Rhetorik gewichen. Und anders als Scholz geht Polens Ministerpräsident Donald Tusk auf Macrons Dialogeinladung über französische Atomwaffen ein. Nach einem Treffen mit Scholz in Berlin sagte Tusk, dass man Macrons Dialogbereitschaft zu einer Europäisierung der Atomwaffen “wirklich ernst” nehmen sollte. Dennoch gebe es immer noch zentrale Unterschiede zwischen den beiden Staaten. Gerade bei der Beschaffung.
Bislang kauft Polen größtenteils in den USA ein. Erst Ende Februar unterschrieb der polnische Verteidigungsminister Władysław Kosiniak-Kamysz einen Vertrag zum Kauf von 2,5 Milliarden Dollar teuren Luftverteidigungssystemen aus den USA. Panzer für die Truppe bestellt Polen mit 1.000 K2 Black Panther-Panzern in Südkorea und mit M1 Abrams in den USA. Eine Beschaffung zu größeren Teilen in Europa, wie sie vor allem Frankreich fordert, würde auch die hiesige Industrie freuen. 2023 gab Polen 3,9 Prozent seines BIPs – 35 Milliarden Euro – für Verteidigung aus. Die Zahl seiner Streitkräfte will es bis 2035 auf 300.000 aufstocken. Nur: “Für Polen geht es gerade einfach um Masse, die auch up to date ist”, sagt Weber. Deshalb sehe sie nicht, “dass Polen jetzt exklusiv europäisch oder exklusiv französisch kaufen wird”.
Militär, Aufrüstung und Flucht dominieren die Berichterstattung über Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine. Andere Folgen finden bisher kaum Beachtung: die Belastung der Umwelt und die Auswirkungen auf das weltweite Klima.
Lennard de Klerk will das ändern. Er ist Klimaforscher und Hauptautor der halbjährlich erscheinenden Studie “Climate Damage Caused by Russia’s War in Ukraine”. Er und sein Team aus internationalen Forschenden schlüsseln darin Klimaschäden und Treibhausgasemissionen des Krieges auf. Diese sind enorm.
De Klerks Team geht davon aus, dass der Krieg in den vergangenen zwei Jahren für 180 bis 200 Millionen Tonnen CO₂-Äquivalent verantwortlich war. Das ukrainische Ministerium für Umweltschutz und natürliche Ressourcen rechnet mit 150 Millionen Tonnen – mehr als doppelt so viel wie Belgien in einem Jahr verursacht und ein Fünftel der jährlichen Emissionen Deutschlands.
Die Emissionen lassen sich nicht allein auf die unmittelbare Kriegsführung zurückführen. “Panzer, Fahrzeuge und Flieger verursachen zwar Emissionen, aber machen schlussendlich nur ein Viertel des Gesamtausstoßes aus”, erklärt de Klerk im Gespräch mit Table.Briefings. Wesentlich sind zum Beispiel auch Feuer nahe der Frontlinie, die 15 Prozent des Ausstoßes ausmachen.
Doch auch indirekte, weniger offensichtliche Faktoren haben Einfluss. Da wären zum Beispiel Flugumleitungen, nachdem Russland den sibirischen Luftraum sperrte und auch der ukrainische Luftraum für den kommerziellen Verkehr geschlossen wurde. Diese führen zu längeren Flugrouten und höheren Treibhausgasemissionen, die mit zwölf Prozent des Gesamtausstoßes zu Buche schlagen. De Klerks Team bezog zudem die Sabotage an den Erdgaspipelines Nord Stream 1 und 2 im September 2022 in seine Berechnungen mit ein – zehn Prozent der gesamten Emissionen. Fluchtbewegungen verursachen zusätzliche zwei Prozent.
Den größten Anteil der Emissionen – etwa 55 Millionen Tonnen CO₂-Äquivalent – macht aber aus, was größtenteils noch in der Zukunft liegt: der Wiederaufbau der zerstörten Häuser, Infrastrukturen und Industrieanlagen, Transportsysteme, Energie- und Landwirtschaftsanlagen.
Neben den direkten Emissionen verursacht der Krieg auch indirekte: “Konflikte tragen zur Militarisierung anderer Länder und einer weltweiten Aufrüstung bei, die ebenfalls Treibhausgase verursacht. Und sie verhindern, dass ein Land sich auf eine wirkungsvolle Klimapolitik konzentrieren kann”, erläutert de Klerk.
Das bestätigt auch das ukrainische Ministerium für Umweltschutz und natürliche Ressourcen. “Die effektive Umsetzung der staatlichen Klimapolitik wird durch die negativen Folgen des Krieges erschwert”, antwortet das Ministerium auf Anfrage von Table.Briefings. Finanzielle Mittel, die für Umwelt- und Klimaschutz vorgesehen waren, seien anderweitig gebunden.
Der Krieg verursacht zudem verheerende Auswirkungen auf die Umwelt. Er zerstöre ganze Ökosysteme, berichtet das ukrainische Ministerium, was die betroffenen Gebiete und die darin lebenden Menschen anfälliger für Auswirkungen des Klimawandels wie Hitze oder Extremwetterereignisse mache.
Insgesamt dokumentierte das Ministerium in den vergangenen zwei Jahren 4.000 Fälle von Umweltschäden, deren Kosten sich auf umgerechnet 52 Milliarden Euro belaufen. Den Großteil davon, nämlich 28 Milliarden Euro, macht die Verschmutzung von Luft aus, knapp 24 Milliarden Euro die Verunreinigung von Böden. Zudem werden seltene Tier- und Pflanzenarten vernichtet – darunter solche, die im Roten Buch der Ukraine, einer offiziellen Liste gesetzlich geschützter Tiere, Pflanzen und Pilze, aufgeführt sind.
Auch das Center for Environmental Initiatives Ecoaction, eine zivilgesellschaftliche Umweltschutzorganisation, behält durch den Krieg verursachte Umweltschäden im Blick. Die Forschenden registrierten in den vergangenen zwei Jahren mehr als 1.500 Fälle. Die gravierendsten waren die Sprengung des Kachowka-Staudamms im Juni 2023, die Besetzung der Sperrzone von Tschernobyl und des Kernkraftwerks Saporischschja, bei der sämtliche Sicherheitsvorschriften missachtet wurden, und die Flutung von Bergwerken im Donbas, die zu Grundwasserverseuchung und Bodenabsenkung führten.
Dennoch bleibt die Ukraine gewillt, Klima- und Umweltschutzmaßnahmen umzusetzen – auch, weil Politiker wissen, dass eine effektive Klimapolitik maßgeblich für eine Vollmitgliedschaft in der Europäischen Union sein könnte. “Wir haben einen Entwurf für eine Strategie zur Entwicklung und Umsetzung der staatlichen Klimapolitik bis 2035 und einen operativen Aktionsplan mit klar definierten Aufgaben entwickelt”, berichtet das Ministerium und betont: “Für die Ukraine ist das Jahr 2024 definitiv das Jahr des Beginns des Klimadialogs!” Auch für den Großteil der ukrainischen Gesellschaft (95 Prozent) bleibt Umweltschutz trotz der umfassenden Invasion durch Russland wichtig, betont Ecoaction gegenüber Table.Briefings.
Die Realität bleibt aber, dass Schutzmaßnahmen nicht überall umsetzbar sind. So sind mehr als 800.000 Hektar Wald und 514 Schutzgebiete besetzt. Aktuell okkupiert Russland 18 Prozent der ukrainischen Landfläche, inklusive der Krim.
So detaillierte Daten wie im Fall dieses Krieges liegen selten vor. De Klerk zufolge liege das unter anderem daran, dass seit dem Zweiten Weltkrieg viele Konflikte weit weg vom westlichen Blickpunkt stattfanden. “Auch die Ausklammerung des gesamten militärischen Bereichs aus dem Kyoto-Protokoll spielt mit hinein.” Ein schwerwiegender Fakt, denn Streitkräfte machen insgesamt 5,5 Prozent der weltweiten CO₂-Emissionen aus, wie die Studie von de Klerks Team belegt.
Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) hat Pannen bei der Abhöraktion deutscher Generäle eingeräumt. “Welche Konsequenzen das hat, wird in den Vorermittlungen zu untersuchen sein“, sagte Pistorius nach der Sitzung des Verteidigungsausschusses am Montagabend. Zwei Teilnehmer der Schaltkonferenz – Brigadegeneral Frank Gräfe und Luftwaffen-Inspekteur Ingo Gerhartz waren gemeint – hätten sich über eine nicht sichere Leitung in die WebEx-Konferenz eingewählt. Hätten sie die App genutzt, wäre die Leitung sicher gewesen.
Der MAD prüfe nun, welche Teile des Gesprächs der Offiziere als “geheim” hätten eingestuft werden müssen und ob so die Sorgfaltspflicht verletzt worden sei. Dies hätte dann disziplinarrechtliche Folgen. Von personellen Konsequenzen wollte Pistorius aber nicht sprechen.
Im zweiten Teil der Sitzung ging es außerdem um die Einschätzung der Mitwirkung deutscher Soldaten bei einem möglichen Taurus-Einsatz. Pistorius betonte, dass eine effektive und richtige Nutzung des Waffensystems nur nach einer zwölf bis 18 Monate langen Ausbildung in Deutschland möglich sei. Eine verkürzte Ausbildung sei denkbar, aber nur für einen “begrenzten Einsatz” des Systems. brö
Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hat seine Absicht bekräftigt, das Land im Krieg gegen die islamistische Hamas im Gazastreifen zum “absoluten Sieg” führen zu wollen. “Auf dem Weg zum Sieg haben wir bereits die Nummer Vier der Hamas eliminiert”, sagte er in einer Video-Botschaft am Montag. “Nummer Drei, Zwei und Eins sind unterwegs”, fügte er hinzu. “Sie alle sind tote Männer, wir werden sie alle kriegen.”
Mit der Nummer Vier der Hamas-Hierarchie dürfte der israelische Regierungschef den Spitzenfunktionär Saleh al-Aruri gemeint haben, der Anfang Januar bei einem Luftangriff auf seine Räumlichkeiten in der libanesischen Hauptstadt Beirut ums Leben gekommen war. Die gezielte Tötung war damals Israel zugeschrieben worden, das sich aber bislang nicht dazu äußerte. Mit Netanjahus Video-Botschaft dürfte Israel erstmals die Urheberschaft für dieses Attentat eingeräumt haben.
Al-Aruri war in der Hamas für die Pflege der engen Beziehungen zur proiranischen Schiiten-Miliz Hisbollah im Libanon zuständig. Damit war er auch für die Waffenbeschaffung der Islamisten im Gazastreifen von zentraler Bedeutung. Wenige Stunden nach Netanjahus Äußerungen sagte Armeesprecher Daniel Hagari, dass das Militär dem dritthöchsten Hamas-Funktionär im Gazastreifen, Marwan Issa, auf die Spur gekommen sei und ihn möglicherweise getötet habe. dpa
In Europa hat die Einfuhr von Rüstungsgütern wie Kampfflugzeuge, Panzer und U-Boote im Zeitraum von 2019 bis 2023 um etwa 94 Prozent im Vergleich zu 2014 bis 2018 zugelegt. Das geht aus einem Bericht hervor, den das Stockholmer Friedensforschungsinstitut Sipri am Montag veröffentlicht hat. Größter Importeur in Europa war dabei die Ukraine – mit 23 Prozent der gesamten Waffeneinfuhren der Region.
Während die USA an der Spitze ihre Waffenexporte um weitere 17 Prozent erhöhte, nahmen die Lieferungen aus Russland um mehr als die Hälfte (53 Prozent) ab. Die Waffen setzt Russland nun für seinen Krieg gegen die Ukraine ein. Damit rutschte das bisher stabil zweitplatzierte Russland knapp hinter Frankreich, das sein Exportvolumen um 47 Prozent erhöhte. Die drei größten Abnehmer russischer Waffen sind Indien, China und Ägypten.
Die USA blieben unangefochten auf Platz eins der Exporteure: Im Zeitraum 2019 bis 2023 belieferten sie 107 Staaten. Ganze 42 Prozent der weltweiten Waffenlieferungen gehen auf den Großlieferanten zurück – ein globaler Anstieg um 8 Prozentpunkte zum vorherigen Vergleichszeitraum. Gefolgt von Frankreich, Russland, China und Deutschland auf dem fünften Platz der weltweiten Waffenlieferanten.
In dem Fünfjahreszeitraum sanken die deutschen Rüstungsexporte um 14 Prozent im Vergleich zu 2014 bis 2018. Der Anteil der deutschen Waffenexporte machte 5,6 Prozent des weltweiten Gesamtvolumens aus.
Die Ukraine war im Jahr 2023 der mit Abstand größte Waffenimporteur der Welt. Die USA lieferten 39 Prozent der ukrainischen Waffenimporte, gefolgt von Deutschland (14 Prozent) und Polen (13 Prozent). Mit Blick auf den gesamten Zeitraum 2019 bis 2023 landeten die Ukrainer auf Platz vier der weltweiten Waffenimporteure, gleich hinter Indien, Saudi-Arabien und Katar.
Ein Interview mit Sipri-Direktor Dan Smith über Schwerpunkte, Ziele und Schwachpunkte des chinesischen Militärs und die militärischen Fähigkeiten, Taiwan einzunehmen, lesen Sie hier. dpa/rad
Die russische Marine hat einen neuen Befehlshaber, zumindest vorübergehend ist es Admiral Alexander Moissejew. Der 61-Jährige ist Kommandeur der Nordflotte und vom russischen Präsidenten Wladimir Putin am 10. März zum Interimschef der gesamten Flotte ernannt worden, nachdem Putin Nikolai Jewmenow abgesetzt hatte. Der Grund: Unter Jewmenow (61) hat die russische Marine 30 Prozent aller Schiffe der Schwarzmeerflotte verloren. Kreml-Sprecher Dmitri Peskow wollte am Montag den Personalwechsel zwar nicht direkt bestätigen, sagte jedoch, dass er sich zu Befehlen mit Geheimhaltungsstempel nicht äußern wolle.
Seit der russischen Vollinvasion in die Ukraine vor gut zwei Jahren haben ukrainische Streitkräfte etwa 15 russische Schiffe – darunter ein U-Boot und das größte Schiff der Schwarzmeerflotte, die Moskwa – versenkt oder zerstört. Auch Hafenanlagen und das Hauptquartier der Schwarzmeerflotte auf der Krim sind wiederholt angegriffen und beschädigt worden. Laut ukrainischen Angaben verlassen russische Schiffe seit dem zerstörerischen Angriff auf die Korvette “Sergej Kotow” am 5. März nicht mehr die Häfen auf der Krim.
Russland bereitet zumindest teilweise die Verlegung der Flotte vor, ein neuer Stützpunkt könnte der alte sowjetische Hafen in Abchasien sein. Abchasien ist eine abtrünnige, international nicht anerkannte Region Georgiens. Die geplante Marinebasis würde neue geopolitische Konflikte schüren, weil sie direkt in der Nähre eines geplanten georgischen Umschlaghafens liegen würde. vf
CNN: Russia producing three times more artillery shells than US and Europe for Ukraine. Russlands Produktionsvorsprung bedeutet einen entscheidenden Vorteil im Vorfeld einer erwarteten Offensive in der Ukraine. Das Ziel des US-Militärs, bis Ende 2025 monatlich 100.000 Schuss Artillerie zu produzieren, scheint aufgrund der Blockade der Ukraine-Hilfen im Kongress unerreichbar. Zudem leidet die ukrainische Armee am Fachkräftemangel.
Tagesspiegel: Stille Diplomatie – So wird an einem Frieden für die Ukraine gearbeitet. Die größten Hoffnungen auf Friedensverhandlungen liegen aktuell auf einem Ukraine-Gipfel in der Schweiz im Mai. Staatschefs des globalen Südens dafür zu gewinnen, ist allerdings nicht leicht: Gespaltene Meinungen zum Nahost-Konflikt behindern ein Zusammenkommen für potenzielle Friedensverhandlungen.
Defense One: In Norway, young people compete to serve in the military. Der Militärdienst in Norwegen ist obligatorisch – und sehr selektiv. Für junge Erwachsene ist er eine prestigeträchtige Aufgabe. Dieser Artikel beschreibt, wie Länder wie Deutschland von Norwegen lernen können und wieso ein Reservistennetzwerk auch für andere kritische Bereiche der Gesellschaft Sinn ergibt.
Rhodium Group: Data Security and Cybersecurity Converge in Next Wave of US Tech Controls. Rhodium Group, ein US-amerikanischer Think-Tank, analysiert die Auswirkungen der zwei jüngsten US-Gesetzesvorhaben im Bereich Technologiekontrollen. Die neuen Regelungen im Bereich Daten- und Cybersicherheit im Zusammenhang mit China würden für viele Unternehmen zu einer proaktiveren Überprüfung ihrer Produkte und Datenströme führen. Das dürfte auch in Europa Wellen schlagen.
Arte: The Bomb. Anhand restaurierter Archivaufnahmen und Interviews ehemaliger Soldaten, Waffeningenieure, Wissenschaftler des Manhattan-Projekts, sowie US-Außen- und Verteidigungspolitiker erzählt diese Doku die Geschichte der Atombombe. Es geht um die Frage, was es für die Welt bis in unsere Gegenwart hinein bedeutet, mit einer derart gefährlichen Erfindung zu leben.
Mit großem Bahnhof wurde am 12. Februar die Erweiterung des Rheinmetallwerks in Unterlüß vollzogen. Mit den symbolischen Spatenstichen sendeten Bundeskanzler Olaf Scholz, die dänische Regierungschefin Mette Frederiksen, Verteidigungsminister Boris Pistorius sowie Rheinmetall Vorstandschef Armin Papperger wichtige Signale, nachdem die EU ihr Lieferziel von einer Million Artilleriegranaten für die Ukraine bis März 2024 deutlich verpasst hat.
Um die Ukraine in eine bessere militärstrategische Lage zu versetzen, hätten die Investitionen in Munitionsproduktion früher geschehen müssen. Die Zeitenwende in der Beschaffung besteht auch in einem neuen Fokus auf Masse. Der Verbrauch von Rüstungsgütern in einem Großmachtkonflikt ist grundlegend anders als in internationalen Kriseneinsätzen, auf denen zuvor der westliche militärische Fokus lag.
Es ist jedoch fraglich, ob die Produktion dieser Massenware in westlichen Ländern stattfinden sollte. Auch wenn die europäischen Verteidigungsausgaben steigen, bleiben die Ressourcen für militärische Beschaffung knapp und sollten möglichst effizient ausgegeben werden. Bereits das EU-Munitionspaket ASAP ausgestattet mit 500 Millionen Euro beinhaltete einen Geburtsfehler, insofern als dass lediglich in EU-Staaten und Norwegen bestellt werden konnte. Mittlerweile hat auch Frankreichs Präsident Emmanuel Macron verstanden, dass es sich dabei um fehlgeleiteten Protektionismus handelte anstelle einer langfristigen europäischen Rüstungsstrategie.
Aus technologischer Sicht ist Munition im Rüstungssektor ein simples Produkt. Es gibt zwar versiertere Varianten wie die von Rheinmetall gemeinsam mit Diehl produzierte Suchzündermunition SMArt 155, die durch Sensorik höhere Treffsicherheit verspricht. Dennoch sind im Vergleich zu komplexen Rüstungsprodukten wie Kampfflugzeugen eine Vielzahl von Staaten weltweit in der Lage, die Massenware Munition herzustellen. Diese Produktionskapazitäten sollten die westlichen Staaten nutzen.
Daher ist die konsequente Umsetzung des 155mm-Nato-Standards wichtiger als die Errichtung von Munitionswerken auf westlichem Territorium. Der Vorsitzende des Nato-Militärausschusses, Admiral Rob Bauer, kritisierte kürzlich, dass sich 14 Nato-Staaten das Recht auf Abweichungen vom 155mm-Standard einräumen. Das ist ein Luxus, den sich EU und Nato weder in Friedens- noch in Kriegszeiten leisten können. Munition sollte in einer Allianz austauschbar sein, damit sie zur Massenware werden kann. Ähnlich wie in anderen Branchen versprechen standardisierte wehrtechnische Massenwaren preisliche Vorteile für Konsumenten.
Wenn EU- und Nato-Staaten weltweit Munition standardisiert und im großen Stil einkaufen, verfügen sie über Marktmacht und können die Produktion von Drittstaaten auf ihre Bedürfnisse konditionieren und den Markt mit ihrer Kaufkraft formen. Übertragen auf den Markt für Artilleriemunition hieße dies beispielsweise den 155mm-Standard anstelle des russischen 152mm-Standards in der Produktion von Drittstaaten durchzusetzen.
Die Beschaffung in Drittstaaten kann aufgrund geringerer Produktionskosten effizienter sein, das heißt westliche Streitkräfte und indirekt die Ukraine bekommen mehr Munition für weniger oder gleichviel Geld. Somit blieben mehr finanzielle Mittel in den EU-Verteidigungshaushalten für notwendige Investitionen in die Zukunftstechnologien zur Stärkung der europäischen Wettbewerbsfähigkeit. In diesem Marktsegment sollte der Fokus auf einem europäischen Protektionismus liegen.
Airbus Helicopters Vorstand, Stefan Thomé, forderte bei der Berlin Security Conference im November 2023, dass die Regeln des freien Marktes nicht die Rüstungsbeschaffung bestimmen können. Er kritisierte damit die Neigung der Bundesregierung, vermehrt bei der US-Konkurrenz einzukaufen. Inwiefern Marktkräfte in der Beschaffung zugelassen werden sollten, kommt allerdings darauf an, um welche Rüstungsprodukte es sich handelt. Bei simplen Produkten sollten die EU-Staaten mehr Markt zulassen, das heißt nach Maßgabe der ökonomischen Effizienz beschaffen, während technologisch komplexere Produkte ein stärkeres staatliches Eingreifen im Sinne der strategischen Autonomie erfordern. Ein On-Shoring der Produktion wehrtechnischer Massenwaren, wenngleich scheinbar attraktiv, stellt keine langfristige europäische Rüstungsstrategie dar.
Lucas Hellemeier ist Doktorand am John-F.-Kennedy-Institut der Freien Universität Berlin sowie Fulbright Visiting Researcher an der Boston University. Er forscht zu europäischen rüstungspolitischen Entscheidungen im transatlantischen Kontext.