Verteidigungsminister Boris Pistorius beendet heute seine viertägige Reise durch Nordamerika mit einem Besuch bei seinem kanadischen Amtskollegen Bill Blair.
Am Donnerstag hat er beim US-amerikanischen Ressortchef Lloyd Austin Argumente für die Haushaltsverhandlungen mit Bundesfinanzminister Christian Lindner gesammelt. Der Niedersachse will, wie Table.Briefings berichtet hat, 6,6 Milliarden Euro mehr, als Lindner ihm zugesteht. Bei Austin sagte er, Deutschland sei zu “mehr Beiträgen zu einer fairen transatlantischen Lastenteilung” bereit.
Bis zum Nato-Gipfel im Juli in Washington sollte Pistorius erklären können, wie Deutschland das Zwei-Prozent-Ziel einhalten will. Am Mittwoch hatte er gefordert, Verteidigungsausgaben und Teile der Krisenvorsorge von der Schuldenbremse auszunehmen. Sein Ministerium habe ein Rechtsgutachten dazu erstellt, sagte er in New York. Mit seinem Besuch wollte er auch Deutschlands verstärktes Nato-Engagement deutlich machen.
Sven Weizenegger, Leiter des Cyber Innovation Hub der Bundeswehr (CIHBw), hätte weitere Ideen, wie man den Verteidigungssektor in Deutschland besser aufstellt. Welche, lesen Sie im Interview, das Markus Bickel mit ihm geführt hat.
Eine gute Lektüre wünscht
Die von Verteidigungsminister Boris Pistorius angestoßene Bundeswehrreform sieht die Schaffung einer neuen Teilstreitkraft für den Cyber- und Informationsraum vor. Welche Auswirkungen wird das haben für die Arbeit des Cyber Innovation Hubs der Bundeswehr?
Operativ keine, aber die Reform stärkt uns, weil so anerkannt wird, dass der Cyberbereich künftig gleichberechtigt mit den Wirkräumen von Land-, Luft- und Seestreitkräften behandelt wird.
Sie kamen vor vier Jahren aus dem zivilen Bereich an die Spitze des Hubs – wie steht es um Ihre Anerkennung seitens der Militärs?
Das Wichtigste ist nicht die Anerkennung, die ich erfahre, sondern die des Cyber Innovation Hubs als erfolgreiche Innovationseinheit der Streitkräfte. Und diese Anerkennung haben wir inzwischen. Das war 2020 noch anders, hat sich durch den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine allerdings nachhaltig verändert. Hinzu kommt, dass wir vielen Menschen in der Bundeswehr geholfen haben, ihre eigenen Ideen und Vorstellungen von Innovation umzusetzen. So konnten wir uns als Plattform etablieren, der zugetraut wird, nach vorne gewandte Projekte auch tatsächlich umzusetzen. Aber natürlich brauchen wir dafür die Rückendeckung des Verteidigungsministeriums.
Hört man das Wort Cyber, denkt man schnell an Cyber Security oder Cyber Defence. In welcher Form sind Sie in diesem Bereich tätig?
Da sorgt unser Name tatsächlich für Missverständnisse. Als der CIHBw 2017 zeitgleich mit dem Cyber- und Informationsraum (CIR) der Bundeswehr gegründet wurde, war Cyber eine Art Überbegriff, unter dem alles subsumiert wurde. Tatsächlich bestehen 99 Prozent unserer Aufgaben darin, digitale Herausforderungen der Bundeswehr zu lösen. Cyber Security machen wir gar nicht.
Sie waren immer wieder in Israel, das als Vorbild gilt, was die enge Zusammenarbeit zwischen Militärs, Forschung und Start-Ups anbelangt.
In Israel merkt man bei diesem Thema eine ganz andere Ernsthaftigkeit. Das liegt auch daran, dass dort unter völlig anderen Bedingungen geforscht und entwickelt wird. Das Land ist umgeben von Feinden, sodass es permanent in Alarmbereitschaft sein muss. Das schafft ein ganz anderes Dringlichkeitsempfinden als in Deutschland. Selbst wenn der Generalinspekteur der Bundeswehr, Carsten Breuer, zurecht von einem neuen Krisenmodus spricht, ist unser Mindset immer noch auf Friedenszeiten eingestellt. Resilienz wie in Israel lässt sich so nicht erlernen, die bildet sich erst im Krisenfall richtig aus.
Militärtechnologisch immer wichtiger wird der Bereich Software Defined Defense (SDD). Hinkt die Bundeswehr hier hinterher?
Um den Unmengen an Daten, die in der modernen Kriegsführung anfallen, Herr zu werden, müssen wir uns vom alten Plattformdenken lösen und Technologie noch stärker als Hebel für Innovationen nutzen. Denn um Informationsüberlegenheit im Gefecht zu schaffen, sind Daten nötig, die von den Hardwareherstellern gesammelt werden, die sie wiederum erst mit Software operativ handhabbar machen können. Das geht aber nur, wenn Große wie Kleine, Rüstungshersteller und Start-Ups, ihre Schnittstellen füreinander öffnen. Wir als Cyber Innovation Hub sehen uns da gewissermaßen als Übersetzer und Mittler zwischen diesen beiden Welten.
Sie meinen Daten über die Situationen auf dem Gefechtsfeld?
Zum Beispiel. Sie brauchen Daten, also Informationen, um Stellungen und Stärke möglicher Feinde sehr schnell aufklären zu können, denn sie müssen gegen diese Feinde ja vorgehen. Wir haben eine Lösung entwickelt, die den Befehlshabern genau dabei hilft. Bisher mussten sie auf einer Papierkarte die eigenen und die gegnerischen Truppen platzieren, um sich einen Überblick zu verschaffen. Wir haben ein Tool entwickelt, bei dem mit Echtzeit-Daten der Geoinformationssysteme der Bundeswehr virtuelle 3-D-Gefechtsräume abgebildet werden können – und das dank Augmented Reality-Brillen theoretisch von überall aus bedient werden kann. Die Topografie des Geländes ist klar erkennbar, Sichtachsen werden deutlich, ebenso Hindernisse. Und die Stäbe müssen sich zudem nicht mehr physisch um eine Papierkarte versammeln – was tatsächlich immer auch ein Risiko für einen feindlichen Angriff bietet. Das kann der Game Changer in den Kriegen der Zukunft sein.
Robert Habeck war im April mit einer Delegation aus der Rüstungsindustrie in der Ukraine, darunter auch Vertreter von Drohnen- und SDD-Herstellern wie Quantum-Systems und Helsing. Löst das Wirtschaftsministerium das Verteidigungsministerium als Antreiber neuer Entwicklungen im Militärbereich ab?
Ich freue mich über jeden, der dazu beiträgt, dass wir unser Ökosystem aus Militär, Wirtschaft und Politik stärken, um den Verteidigungssektor in Deutschland insgesamt besser aufzustellen. Nichtsdestotrotz ist es so, dass das politische Mandat für das Thema Verteidigung beim Verteidigungsministerium liegt, und da insbesondere bei der Bundeswehr. Dort sitzt auch der militärische Sachverstand.
Ein Portrait von Sven Weizenegger finden Sie hier.
Vor und nach dem Krieg, der im April 2023 begann, hat der Sudan im Zentrum der wirtschaftlichen und geopolitischen Interessen großer, mittlerer und kleiner Mächte gestanden. Zu den wichtigsten Akteuren zählen unzählige Länder:
Der Sudan, reich an Öl und Gold, verbindet über das Rote Meer den Nahen Osten mit Afrika. Foreign Policy berichtete, dass die Saudis und die VAE “den Krieg als Chance sehen, ihren hegemonialen Status im Nahen Osten zu festigen. Während Saudi-Arabien al-Burhan unterstützt, haben sich die VAE hinter Hemedti gestellt”.
“Das Rote Meer im weiteren Sinne ist eine Arena des geostrategischen Wettstreits, in der bereits die Glut für einen umfassenderen Krieg schwelt, der alle Hauptmächte der Welt einbezieht”, schrieb Alex de Waal, Exekutivdirektor der World Peace Foundation, für Chatham House.
Laut Foreign Policy haben sich Saudi-Arabien und die VAE von ihrer vom Öl abhängigen Wirtschaft auf “Luftfahrt, Sport und Infrastruktur” verlagert. Im Bericht heißt es, dass Saudi-Arabien im Jahr 2022 “angekündigt hat, dass es bis zu 24 Milliarden Dollar in Sektoren der sudanesischen Wirtschaft, einschließlich Infrastruktur, Bergbau und Landwirtschaft, investieren wird.”
Im selben Jahr unterzeichneten die VAE und die damalige Putschregierung (al-Burhan und Hemedti) ein Investitionsabkommen über sechs Milliarden Dollar für den Bau des Hafens Abu Amama und einer Wirtschaftszone am Roten Meer. Dies war eine Ergänzung zu den “7,6 Milliarden Dollar” schweren Investitionen, die bereits seit 2018 bestehen. Berichten zufolge erhalten die VAE auch sudanesisches Gold von der RSF, das auf dem internationalen Markt verkauft wird. Im Gegenzug finanziert die RSF darüber ihren Krieg gegen die SAF.
DP World, der riesige Hafenbetreiber aus Dubai, ist in Dschibuti und Somaliland tätig. Die VAE kontrollieren auch “viele der jemenitischen Häfen und Inseln – und damit den Zugang zur Straße von Bab el-Mandeb und zum Horn von Afrika.” Äthiopien seinerseits beansprucht den Zugang zum Roten Meer über Eritrea und Somaliland, da es sich für das Binnenland um eine “Existenzfrage” handelt.
Der Iran hat ähnliche Ambitionen wie die VAE. Um dem Vorgehen der VAE entgegenzuwirken, unterstützt der Iran al-Burhan mit Waffen, beispielsweise angeblich auch mit der Mohajer-6-Drohne, um Hemedtis Kräfte zu unterdrücken und die Interessen der VAE zu schwächen.
Die wirtschaftlichen Interessen kleiner Staaten wie Südsudan sind durch den Krieg beeinträchtigt worden. Der Südsudan beispielsweise importiert sein Öl über die nach Bur Sudan verlängerte Pipeline. Ein Bruch dieser Pipeline Anfang dieses Jahres aufgrund der Kämpfe hat das Land, das 90 Prozent seiner Einnahmen aus dem Ölverkauf bezieht, in eine wirtschaftliche Schieflage gebracht. Es wird angenommen, dass der Südsudan zu einem militärischen Eingreifen gezwungen sein könnte, wenn der Bruch weiter andauert.
Um Iran daran zu hindern, einen Marinestützpunkt am Roten Meer zu bauen, unterstützen die Vereinigten Arabischen Emirate laut UN-Bericht Hemedti über den Tschad mit Waffen. Libyen wird beschuldigt, über Feldmarschall Khalifa Haftar, der von den VAE und von Russland (früher über die Wagner-Gruppe) unterstützt wird, Treibstoff für die RSF zu schmuggeln, um deren Fahrzeuge zu betreiben.
Experten sind der Meinung, dass die Schließung der Grenze zwischen Libyen und dem Sudan das Nadelöhr für die RSF werden und den Krieg beenden könnte. “Wenn die VAE heute ihre Unterstützung zurückziehen und die Beziehungen zur RSF abbrechen, besteht eine Chance von 80 Prozent, dass der Krieg morgen zu Ende ist“, sagte der sudanesische Politikanalyst Hamid Khalafallah der Financial Times.
Die USA, die in diesem Stellvertreterspiel eine neutrale Position einzunehmen scheinen, haben sich offenbar mit den VAE verbündet, obwohl sie den Sieg der RSF nicht befürworten. Sie unterstützen al-Burhan auch nicht ausdrücklich, da er mit dem Iran zusammenarbeitet.
Saudi-Arabien vertritt eine ähnliche Position wie die USA. Das Land ist Berichten zufolge nicht glücklich über die Allianz zwischen den VAE, Äthiopien und der RSF. Im Gegensatz zu Äthiopien unterhält es enge Beziehungen zu Eritrea, einem Land, das Grenzspannungen mit Äthiopien und möglicherweise mit der RSF hat.
Auch Russland hat seine Finger im Spiel. Moskau wird vorgeworfen, seinen Krieg in der Ukraine mit dem sudanesischen Gold zu finanzieren und so die westlichen Sanktionen abzufedern. Das Gold wird über die VAE nach Russland geschafft. Im Gegenzug liefert Russland Boden-Luft-Raketen, die SAF-Kampfjets abgeschossen haben.
Das Vorgehen von al-Burhan und Hemedti entscheidet nicht nur über die Zukunft des Sudan, sondern die Interessen dieser Stellvertreter verschärfen den Krieg weiter.
Drei Tage nach Beginn des israelischen Truppenaufmarschs rund um die palästinensische Stadt Rafah sind die Verhandlungen um eine Feuerpause im Gazastreifen vorerst vorbei. CIA-Direktor William Burns reiste am Donnerstag aus Kairo zurück nach Washington, nachdem er mehr als zehn Tage zwischen Doha, Kairo und Jerusalem gependelt war, um eine Einigung zwischen der palästinensischen Terrororganisation Hamas und Israel zu erreichen. Die indirekten Gespräche fanden unter katarischer und ägyptischer Vermittlung statt und hatten die Freilassung Dutzender israelischer Geiseln und einen Waffenstillstand zum Ziel.
Am Mittwoch hatte US-Präsident Joe Biden angekündigt, die Lieferungen von Waffen an Israel zu unterbinden, sollten die Israel Defence Forces (IDF) in das an der Grenze zu Ägypten gelegene Rafah einrücken. Das hat den Druck auf die Regierung von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu erhöht, einem Abkommen zuzustimmen.
Zuletzt hatte die US-Regierung die Ausfuhr von etwa 3.500 Bomben nach Israel gestoppt, was von israelischen Regierungsvertretern und Diplomaten scharf kritisiert wurde. Nach Einschätzung von Militärexperten würde eine weitere Aussetzung der Lieferung von US-Waffensystemen Israels Kriegsführung nicht nur gegen die Hamas, sondern auch gegen die libanesische Hisbollah bedrohen.
Bei den Verhandlungen in Kairo lag zuletzt ein von Katar und Ägypten erarbeiteter Abkommensentwurf vor, dem die Hamas zugestimmt hat. Demnach sollten in der ersten von drei jeweils sechs Wochen dauernden Phasen 33 israelische Geiseln aus dem Gazastreifen freigelassen werden – im Gegenzug für eine Einstellung der Kampfhandlungen durch die israelische Armee, die Entlassung Hunderter palästinensischer Häftlinge aus israelischen Gefängnissen und umfassende humanitäre Hilfe in den Gazastreifen.
Israel beharrt darauf, die Kontrolle über den Grenzübergang Rafah nicht der Hamas zu überlassen, sondern die private US-Verteidigungsfirma Academi, ehemals Blackwater, damit zu betrauen. Nach Informationen von Table.Briefings hat die US-Administration diesem Vorschlag nicht zugestimmt. mrb
Der Iran und Russland werden ihre militärische Zusammenarbeit weiter ausbauen und damit eine zunehmende Bedrohung für Deutschland, Israel und die EU darstellen. Zu dem Schluss kommen Wissenschaftler des israelischen Think-Tanks Institute for National Security Studies in einer Analyse im Auftrag der FDP-nahen Friedrich-Naumann-Stiftung, die Table.Briefings exklusiv vorab vorliegt.
Vor allem der russische Angriffskrieg auf die Ukraine vor zwei Jahren habe die Beziehungen der beiden Länder auf ein neues Level gehoben. Die Autoren der Studie bezeichnen die Entscheidung Irans, hier an der Seite Russlands zu stehen als “strategisch”.
Als weiterer Schlüsselmoment wird der Gaza-Krieg seit Oktober vergangenen Jahres genannt, den Moskau auch nutze, um von seinem völkerrechtswidrigen Angriffskrieg auf die Ukraine abzulenken und als Teil des “Kampfes gegen die globale Hegemonie der USA” sieht.
Konkrete Unterstützung erhielt Russland aus Teheran vor allem durch die Lieferung von Shahed-Drohnen, aber auch durch die Lieferung von Munition und möglicherweise Mittelstreckenraketen sowie ballistischen Raketen des Typs Fateh-110 mit einer Reichweite von bis zu 700 Kilometern. Im Gegenzug erhält der Iran von Moskau Mehrzweckkampfflugzeuge des Typs Sukhoi Su-35 und es finden Verhandlungen zum Verkauf des russischen Luftverteidigungssystems S-400 statt, schreiben die Autoren.
“Die Stärkung der Beziehungen zwischen Iran und Russland wird voraussichtlich die militärischen Fähigkeiten beider Länder erheblich beeinflussen und könnte die geopolitische Balance in der Region verändern”, so Theresa Winter, Referentin für vernetzte Sicherheit und Verteidigungspolitik der Friedrich-Naumann-Stiftung. Vor allem auch im Bereich Raumfahrt oder maritimer Machtprojektion sei die Dimension des Rüstungsaustausch “äußerst beunruhigend”.
Die Analyse prognostiziert einen Ausbau der Zusammenarbeit der beiden Staaten, die zunehmend international isoliert sind. Die Autoren Sima Shine, Danny Citrinowicz, Arkady Mil-Man und Bat Chen Druyan Feldman fordern Deutschland und Israel auf, die militärische und geheimdienstliche Kooperation auszubauen, um dem Iran-Russland-Bündnis entgegenzuwirken.
Beide Staaten eint das Interesse, den Westen weiter zu destabilisieren und die internationale Weltordnung neu zu definieren. wp
Nach Besuchen in Frankreich und Serbien hat Chinas Staatspräsident Xi Jinping am Donnerstag Ungarns Ministerpräsidenten Viktor Orbán getroffen und weitere Wirtschaftsabkommen vereinbart. Der Besuch in Ungarn war geprägt von Versicherungen der gegenseitigen Freundschaft: “Die Beziehungen zwischen China und Ungarn sind jetzt so gut wie nie zuvor in der Geschichte”, sagte Xi Jinping am Donnerstag. Zuvor hatte er bei einem Treffen mit dem ungarischen Präsidenten Tamas Sulyok erklärt, sein Land sei bereit, die bilateralen Beziehungen mit Ungarn auf ein hohes Niveau zu heben.
Peking investiert Milliarden in Ungarn und erhält dafür politischen Einfluss innerhalb der Europäischen Union. So sind etwa chinesische Direktinvestitionen in die E-Auto-Branche zuletzt enorm gestiegen.
Ein weiterer Punkt, der in Europa tiefen Unmut hervorruft, ist die sicherheitspolitische Zusammenarbeit zwischen Ungarn und China: Die Sorgen reichen von geheimen chinesischen Polizeistationen bis hin zu einem möglichen chinesischen Zugriff auf EU-Datenbanken.
Schon Xis Besuch in Belgrad sei “eindeutig antiwestlich ausgerichtet” gewesen, sagte der Westbalkan-Experte Florian Bieber im Gespräch mit Table.Briefings. Dort hatte Xi den Ort besucht, an dem die Nato am 7. Mai 1999 die chinesische Botschaft bombardiert hatte. Mit dem Besuch hatte er die Doppelmoral des Westens aufzeigen wollen.
Bereits mit dem serbischen Präsidenten Aleksandar Vučić hatte Xi eine Erklärung zur “Vertiefung und Stärkung der umfassenden strategischen Partnerschaft” unterzeichnet und das Verhältnis Chinas zum Gastland als “eiserne Freundschaft” bezeichnet.
Eine ausführliche Analyse zum Besuch in Ungarn lesen Sie hier. rad
Die Zeit: Bereitet euch auf das Schlimmste vor. Der finnische Präsident Alexander Stubb rät den internationalen Partnern, sich im Umgang mit Russland ein Beispiel an Finnland zu nehmen. Mit Bezug auf die nuklearen Drohungen des russischen Präsidenten Wladimir Putin plädiert er für Gelassenheit.
ASPI: Aukus Pillar 2 critical pathways: a road map to enabling international collaboration. Australien will mit dem Militärbündnis Aukus (Akronym für Australia, UK, US) seine Rüstungsindustrie stärken und die Unterstützung der USA und Großbritanniens im Indopazifik sichern. Die Herausforderungen für die Rüstungskooperation ähneln europäischen Projekten, zum Beispiel aufgrund “dysfunktionaler Exportkontrollvorschriften”. Mit Handreichungen für Australien, wie die industrielle Kooperation gelingen soll.
Politico: Moldova fights to free itself from Russia’s AI-powered disinformation machine. Mit einem EU-Referendum und einer Präsidentschaftswahl im Oktober, kämpft das an die Ukraine grenzende osteuropäische Land gegen eine Flut von Desinformationen, Cyberangriffen und vom Kreml unterstützter politischer Korruption.
Marcus Faber könnte ab diesem Sommer der Vorsitzende des Verteidigungsausschusses im Deutschen Bundestag werden.
Damit würde er in die Fußstapfen von Marie-Agnes Strack-Zimmermann treten. Im Gegensatz zur 66-jährigen Strack-Zimmermann, die gerade als “Oma Courage” und “Eurofighterin” in den Europawahlkampf tritt, beginnt der nüchternere 40-Jährige aus Sachsen-Anhalt seine Tweets meist mit den Worten “Liebe Freunde”.
Was sie verbindet, ist ihr stoischer Einsatz für die Verteidigung der Ukraine. Strack-Zimmermann hat sich dadurch einen festen Platz in der Berliner Berichterstattung gesichert – Marcus Faber scheint genau das auch zu wollen.
Und er will sich weiter nach oben arbeiten. Mit einem Vater als Taxifahrer und einer Mutter als Kassiererin ist er der Einzige aus seiner Familie, der studiert hat. Mit 17 begann er seine politische Karriere in seinem Geburtsort Stendal in Sachsen-Anhalt beim Kreisverband, über den er zum Landesverband kam, bis er schließlich mit 33 Jahren in den Bundestag einzog.
Faber schrieb seine Diplom- und seine Doktorarbeit zu direkter Demokratie. Seine Stimme will er dem Schutz liberaler Demokratien weltweit widmen. Das sei auch ein Grund, weshalb er stellvertretender Vorsitzender der deutsch-taiwanischen Gesellschaft und Vizepräsident der deutsch-israelischen Gesellschaft ist. “Ich bin in einer Diktatur aufgewachsen, ich will nicht in einer sterben”, so sein Mantra.
Seit zwei Jahren gilt seine Aufmerksamkeit nahezu uneingeschränkt der Ukraine. Er ist einer der stärksten Befürworter von Waffenlieferungen. Die immer gleichen Forderungen nach mehr Munition, mehr Patriot-Flugabwehrsystemen, Leopard-Kampfpanzern und Taurus-Marschflugkörpern finden sich auch in seinen täglichen Tweets an die “lieben Freunde”.
Viermal war Faber seit der russischen Invasion des Landes vor zwei Jahren dort. Das erste Mal im August 2022. Hotels, in denen er noch bei seinen ersten Reisen übernachtet hat, würden schon heute nicht mehr stehen, erzählt er. Bilder von Massengräbern, zerbombten Kinderkrankenhäusern und Foltergefängnissen ließen ihn nicht mehr los.
Relikte militärischer Geschosse, die in der Ukraine zum Einsatz kamen, zeugen in seinem sonst spärlich eingerichteten Büro von diesen Besuchen. Zuletzt haben ihm ukrainische Soldaten, die in einer Airbase mit britischen Storm-Shadows stationiert sind, ein Teil einer zerstörten, feindlichen Drohne mitgegeben. “Stormshadow or SCALP, we take everything”, steht darauf und “Ihre Waffe ist unser Sieg!!” – Botschaften, die Faber verinnerlicht hat.
Seine Enttäuschung über Bundeskanzler Olaf Scholz kann er in dem Zusammenhang schwer verbergen – das kostete ihn vergangenes Jahr seinen Sprecherposten in der Fraktion. Auf internen Druck musste er ihn abgeben, nachdem er durch das Verlassen des Verteidigungsausschusses während des Besuchs des Kanzlers für einen Eklat gesorgt hatte. Ob der Vorstand ihm dennoch den Verteidigungsausschuss anvertraut, wird sich wahrscheinlich erst zur Sommerpause zeigen, wenn Marie-Agnes Strack-Zimmermann ihr Mandat in Brüssel antritt.
Aus der Fraktion erfährt er für seinen Ukraine-Einsatz jedenfalls durchaus Anerkennung. “Der Marcus” sei ja quasi mit den Ukrainern im Schützengraben gelegen, heißt es da. Es wird sich zeigen, ob er damit aus Sicht des Vorstands die entscheidenden Merkmale für den Ausschussvorsitz erfüllt. Wilhelmine Preußen
Verteidigungsminister Boris Pistorius beendet heute seine viertägige Reise durch Nordamerika mit einem Besuch bei seinem kanadischen Amtskollegen Bill Blair.
Am Donnerstag hat er beim US-amerikanischen Ressortchef Lloyd Austin Argumente für die Haushaltsverhandlungen mit Bundesfinanzminister Christian Lindner gesammelt. Der Niedersachse will, wie Table.Briefings berichtet hat, 6,6 Milliarden Euro mehr, als Lindner ihm zugesteht. Bei Austin sagte er, Deutschland sei zu “mehr Beiträgen zu einer fairen transatlantischen Lastenteilung” bereit.
Bis zum Nato-Gipfel im Juli in Washington sollte Pistorius erklären können, wie Deutschland das Zwei-Prozent-Ziel einhalten will. Am Mittwoch hatte er gefordert, Verteidigungsausgaben und Teile der Krisenvorsorge von der Schuldenbremse auszunehmen. Sein Ministerium habe ein Rechtsgutachten dazu erstellt, sagte er in New York. Mit seinem Besuch wollte er auch Deutschlands verstärktes Nato-Engagement deutlich machen.
Sven Weizenegger, Leiter des Cyber Innovation Hub der Bundeswehr (CIHBw), hätte weitere Ideen, wie man den Verteidigungssektor in Deutschland besser aufstellt. Welche, lesen Sie im Interview, das Markus Bickel mit ihm geführt hat.
Eine gute Lektüre wünscht
Die von Verteidigungsminister Boris Pistorius angestoßene Bundeswehrreform sieht die Schaffung einer neuen Teilstreitkraft für den Cyber- und Informationsraum vor. Welche Auswirkungen wird das haben für die Arbeit des Cyber Innovation Hubs der Bundeswehr?
Operativ keine, aber die Reform stärkt uns, weil so anerkannt wird, dass der Cyberbereich künftig gleichberechtigt mit den Wirkräumen von Land-, Luft- und Seestreitkräften behandelt wird.
Sie kamen vor vier Jahren aus dem zivilen Bereich an die Spitze des Hubs – wie steht es um Ihre Anerkennung seitens der Militärs?
Das Wichtigste ist nicht die Anerkennung, die ich erfahre, sondern die des Cyber Innovation Hubs als erfolgreiche Innovationseinheit der Streitkräfte. Und diese Anerkennung haben wir inzwischen. Das war 2020 noch anders, hat sich durch den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine allerdings nachhaltig verändert. Hinzu kommt, dass wir vielen Menschen in der Bundeswehr geholfen haben, ihre eigenen Ideen und Vorstellungen von Innovation umzusetzen. So konnten wir uns als Plattform etablieren, der zugetraut wird, nach vorne gewandte Projekte auch tatsächlich umzusetzen. Aber natürlich brauchen wir dafür die Rückendeckung des Verteidigungsministeriums.
Hört man das Wort Cyber, denkt man schnell an Cyber Security oder Cyber Defence. In welcher Form sind Sie in diesem Bereich tätig?
Da sorgt unser Name tatsächlich für Missverständnisse. Als der CIHBw 2017 zeitgleich mit dem Cyber- und Informationsraum (CIR) der Bundeswehr gegründet wurde, war Cyber eine Art Überbegriff, unter dem alles subsumiert wurde. Tatsächlich bestehen 99 Prozent unserer Aufgaben darin, digitale Herausforderungen der Bundeswehr zu lösen. Cyber Security machen wir gar nicht.
Sie waren immer wieder in Israel, das als Vorbild gilt, was die enge Zusammenarbeit zwischen Militärs, Forschung und Start-Ups anbelangt.
In Israel merkt man bei diesem Thema eine ganz andere Ernsthaftigkeit. Das liegt auch daran, dass dort unter völlig anderen Bedingungen geforscht und entwickelt wird. Das Land ist umgeben von Feinden, sodass es permanent in Alarmbereitschaft sein muss. Das schafft ein ganz anderes Dringlichkeitsempfinden als in Deutschland. Selbst wenn der Generalinspekteur der Bundeswehr, Carsten Breuer, zurecht von einem neuen Krisenmodus spricht, ist unser Mindset immer noch auf Friedenszeiten eingestellt. Resilienz wie in Israel lässt sich so nicht erlernen, die bildet sich erst im Krisenfall richtig aus.
Militärtechnologisch immer wichtiger wird der Bereich Software Defined Defense (SDD). Hinkt die Bundeswehr hier hinterher?
Um den Unmengen an Daten, die in der modernen Kriegsführung anfallen, Herr zu werden, müssen wir uns vom alten Plattformdenken lösen und Technologie noch stärker als Hebel für Innovationen nutzen. Denn um Informationsüberlegenheit im Gefecht zu schaffen, sind Daten nötig, die von den Hardwareherstellern gesammelt werden, die sie wiederum erst mit Software operativ handhabbar machen können. Das geht aber nur, wenn Große wie Kleine, Rüstungshersteller und Start-Ups, ihre Schnittstellen füreinander öffnen. Wir als Cyber Innovation Hub sehen uns da gewissermaßen als Übersetzer und Mittler zwischen diesen beiden Welten.
Sie meinen Daten über die Situationen auf dem Gefechtsfeld?
Zum Beispiel. Sie brauchen Daten, also Informationen, um Stellungen und Stärke möglicher Feinde sehr schnell aufklären zu können, denn sie müssen gegen diese Feinde ja vorgehen. Wir haben eine Lösung entwickelt, die den Befehlshabern genau dabei hilft. Bisher mussten sie auf einer Papierkarte die eigenen und die gegnerischen Truppen platzieren, um sich einen Überblick zu verschaffen. Wir haben ein Tool entwickelt, bei dem mit Echtzeit-Daten der Geoinformationssysteme der Bundeswehr virtuelle 3-D-Gefechtsräume abgebildet werden können – und das dank Augmented Reality-Brillen theoretisch von überall aus bedient werden kann. Die Topografie des Geländes ist klar erkennbar, Sichtachsen werden deutlich, ebenso Hindernisse. Und die Stäbe müssen sich zudem nicht mehr physisch um eine Papierkarte versammeln – was tatsächlich immer auch ein Risiko für einen feindlichen Angriff bietet. Das kann der Game Changer in den Kriegen der Zukunft sein.
Robert Habeck war im April mit einer Delegation aus der Rüstungsindustrie in der Ukraine, darunter auch Vertreter von Drohnen- und SDD-Herstellern wie Quantum-Systems und Helsing. Löst das Wirtschaftsministerium das Verteidigungsministerium als Antreiber neuer Entwicklungen im Militärbereich ab?
Ich freue mich über jeden, der dazu beiträgt, dass wir unser Ökosystem aus Militär, Wirtschaft und Politik stärken, um den Verteidigungssektor in Deutschland insgesamt besser aufzustellen. Nichtsdestotrotz ist es so, dass das politische Mandat für das Thema Verteidigung beim Verteidigungsministerium liegt, und da insbesondere bei der Bundeswehr. Dort sitzt auch der militärische Sachverstand.
Ein Portrait von Sven Weizenegger finden Sie hier.
Vor und nach dem Krieg, der im April 2023 begann, hat der Sudan im Zentrum der wirtschaftlichen und geopolitischen Interessen großer, mittlerer und kleiner Mächte gestanden. Zu den wichtigsten Akteuren zählen unzählige Länder:
Der Sudan, reich an Öl und Gold, verbindet über das Rote Meer den Nahen Osten mit Afrika. Foreign Policy berichtete, dass die Saudis und die VAE “den Krieg als Chance sehen, ihren hegemonialen Status im Nahen Osten zu festigen. Während Saudi-Arabien al-Burhan unterstützt, haben sich die VAE hinter Hemedti gestellt”.
“Das Rote Meer im weiteren Sinne ist eine Arena des geostrategischen Wettstreits, in der bereits die Glut für einen umfassenderen Krieg schwelt, der alle Hauptmächte der Welt einbezieht”, schrieb Alex de Waal, Exekutivdirektor der World Peace Foundation, für Chatham House.
Laut Foreign Policy haben sich Saudi-Arabien und die VAE von ihrer vom Öl abhängigen Wirtschaft auf “Luftfahrt, Sport und Infrastruktur” verlagert. Im Bericht heißt es, dass Saudi-Arabien im Jahr 2022 “angekündigt hat, dass es bis zu 24 Milliarden Dollar in Sektoren der sudanesischen Wirtschaft, einschließlich Infrastruktur, Bergbau und Landwirtschaft, investieren wird.”
Im selben Jahr unterzeichneten die VAE und die damalige Putschregierung (al-Burhan und Hemedti) ein Investitionsabkommen über sechs Milliarden Dollar für den Bau des Hafens Abu Amama und einer Wirtschaftszone am Roten Meer. Dies war eine Ergänzung zu den “7,6 Milliarden Dollar” schweren Investitionen, die bereits seit 2018 bestehen. Berichten zufolge erhalten die VAE auch sudanesisches Gold von der RSF, das auf dem internationalen Markt verkauft wird. Im Gegenzug finanziert die RSF darüber ihren Krieg gegen die SAF.
DP World, der riesige Hafenbetreiber aus Dubai, ist in Dschibuti und Somaliland tätig. Die VAE kontrollieren auch “viele der jemenitischen Häfen und Inseln – und damit den Zugang zur Straße von Bab el-Mandeb und zum Horn von Afrika.” Äthiopien seinerseits beansprucht den Zugang zum Roten Meer über Eritrea und Somaliland, da es sich für das Binnenland um eine “Existenzfrage” handelt.
Der Iran hat ähnliche Ambitionen wie die VAE. Um dem Vorgehen der VAE entgegenzuwirken, unterstützt der Iran al-Burhan mit Waffen, beispielsweise angeblich auch mit der Mohajer-6-Drohne, um Hemedtis Kräfte zu unterdrücken und die Interessen der VAE zu schwächen.
Die wirtschaftlichen Interessen kleiner Staaten wie Südsudan sind durch den Krieg beeinträchtigt worden. Der Südsudan beispielsweise importiert sein Öl über die nach Bur Sudan verlängerte Pipeline. Ein Bruch dieser Pipeline Anfang dieses Jahres aufgrund der Kämpfe hat das Land, das 90 Prozent seiner Einnahmen aus dem Ölverkauf bezieht, in eine wirtschaftliche Schieflage gebracht. Es wird angenommen, dass der Südsudan zu einem militärischen Eingreifen gezwungen sein könnte, wenn der Bruch weiter andauert.
Um Iran daran zu hindern, einen Marinestützpunkt am Roten Meer zu bauen, unterstützen die Vereinigten Arabischen Emirate laut UN-Bericht Hemedti über den Tschad mit Waffen. Libyen wird beschuldigt, über Feldmarschall Khalifa Haftar, der von den VAE und von Russland (früher über die Wagner-Gruppe) unterstützt wird, Treibstoff für die RSF zu schmuggeln, um deren Fahrzeuge zu betreiben.
Experten sind der Meinung, dass die Schließung der Grenze zwischen Libyen und dem Sudan das Nadelöhr für die RSF werden und den Krieg beenden könnte. “Wenn die VAE heute ihre Unterstützung zurückziehen und die Beziehungen zur RSF abbrechen, besteht eine Chance von 80 Prozent, dass der Krieg morgen zu Ende ist“, sagte der sudanesische Politikanalyst Hamid Khalafallah der Financial Times.
Die USA, die in diesem Stellvertreterspiel eine neutrale Position einzunehmen scheinen, haben sich offenbar mit den VAE verbündet, obwohl sie den Sieg der RSF nicht befürworten. Sie unterstützen al-Burhan auch nicht ausdrücklich, da er mit dem Iran zusammenarbeitet.
Saudi-Arabien vertritt eine ähnliche Position wie die USA. Das Land ist Berichten zufolge nicht glücklich über die Allianz zwischen den VAE, Äthiopien und der RSF. Im Gegensatz zu Äthiopien unterhält es enge Beziehungen zu Eritrea, einem Land, das Grenzspannungen mit Äthiopien und möglicherweise mit der RSF hat.
Auch Russland hat seine Finger im Spiel. Moskau wird vorgeworfen, seinen Krieg in der Ukraine mit dem sudanesischen Gold zu finanzieren und so die westlichen Sanktionen abzufedern. Das Gold wird über die VAE nach Russland geschafft. Im Gegenzug liefert Russland Boden-Luft-Raketen, die SAF-Kampfjets abgeschossen haben.
Das Vorgehen von al-Burhan und Hemedti entscheidet nicht nur über die Zukunft des Sudan, sondern die Interessen dieser Stellvertreter verschärfen den Krieg weiter.
Drei Tage nach Beginn des israelischen Truppenaufmarschs rund um die palästinensische Stadt Rafah sind die Verhandlungen um eine Feuerpause im Gazastreifen vorerst vorbei. CIA-Direktor William Burns reiste am Donnerstag aus Kairo zurück nach Washington, nachdem er mehr als zehn Tage zwischen Doha, Kairo und Jerusalem gependelt war, um eine Einigung zwischen der palästinensischen Terrororganisation Hamas und Israel zu erreichen. Die indirekten Gespräche fanden unter katarischer und ägyptischer Vermittlung statt und hatten die Freilassung Dutzender israelischer Geiseln und einen Waffenstillstand zum Ziel.
Am Mittwoch hatte US-Präsident Joe Biden angekündigt, die Lieferungen von Waffen an Israel zu unterbinden, sollten die Israel Defence Forces (IDF) in das an der Grenze zu Ägypten gelegene Rafah einrücken. Das hat den Druck auf die Regierung von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu erhöht, einem Abkommen zuzustimmen.
Zuletzt hatte die US-Regierung die Ausfuhr von etwa 3.500 Bomben nach Israel gestoppt, was von israelischen Regierungsvertretern und Diplomaten scharf kritisiert wurde. Nach Einschätzung von Militärexperten würde eine weitere Aussetzung der Lieferung von US-Waffensystemen Israels Kriegsführung nicht nur gegen die Hamas, sondern auch gegen die libanesische Hisbollah bedrohen.
Bei den Verhandlungen in Kairo lag zuletzt ein von Katar und Ägypten erarbeiteter Abkommensentwurf vor, dem die Hamas zugestimmt hat. Demnach sollten in der ersten von drei jeweils sechs Wochen dauernden Phasen 33 israelische Geiseln aus dem Gazastreifen freigelassen werden – im Gegenzug für eine Einstellung der Kampfhandlungen durch die israelische Armee, die Entlassung Hunderter palästinensischer Häftlinge aus israelischen Gefängnissen und umfassende humanitäre Hilfe in den Gazastreifen.
Israel beharrt darauf, die Kontrolle über den Grenzübergang Rafah nicht der Hamas zu überlassen, sondern die private US-Verteidigungsfirma Academi, ehemals Blackwater, damit zu betrauen. Nach Informationen von Table.Briefings hat die US-Administration diesem Vorschlag nicht zugestimmt. mrb
Der Iran und Russland werden ihre militärische Zusammenarbeit weiter ausbauen und damit eine zunehmende Bedrohung für Deutschland, Israel und die EU darstellen. Zu dem Schluss kommen Wissenschaftler des israelischen Think-Tanks Institute for National Security Studies in einer Analyse im Auftrag der FDP-nahen Friedrich-Naumann-Stiftung, die Table.Briefings exklusiv vorab vorliegt.
Vor allem der russische Angriffskrieg auf die Ukraine vor zwei Jahren habe die Beziehungen der beiden Länder auf ein neues Level gehoben. Die Autoren der Studie bezeichnen die Entscheidung Irans, hier an der Seite Russlands zu stehen als “strategisch”.
Als weiterer Schlüsselmoment wird der Gaza-Krieg seit Oktober vergangenen Jahres genannt, den Moskau auch nutze, um von seinem völkerrechtswidrigen Angriffskrieg auf die Ukraine abzulenken und als Teil des “Kampfes gegen die globale Hegemonie der USA” sieht.
Konkrete Unterstützung erhielt Russland aus Teheran vor allem durch die Lieferung von Shahed-Drohnen, aber auch durch die Lieferung von Munition und möglicherweise Mittelstreckenraketen sowie ballistischen Raketen des Typs Fateh-110 mit einer Reichweite von bis zu 700 Kilometern. Im Gegenzug erhält der Iran von Moskau Mehrzweckkampfflugzeuge des Typs Sukhoi Su-35 und es finden Verhandlungen zum Verkauf des russischen Luftverteidigungssystems S-400 statt, schreiben die Autoren.
“Die Stärkung der Beziehungen zwischen Iran und Russland wird voraussichtlich die militärischen Fähigkeiten beider Länder erheblich beeinflussen und könnte die geopolitische Balance in der Region verändern”, so Theresa Winter, Referentin für vernetzte Sicherheit und Verteidigungspolitik der Friedrich-Naumann-Stiftung. Vor allem auch im Bereich Raumfahrt oder maritimer Machtprojektion sei die Dimension des Rüstungsaustausch “äußerst beunruhigend”.
Die Analyse prognostiziert einen Ausbau der Zusammenarbeit der beiden Staaten, die zunehmend international isoliert sind. Die Autoren Sima Shine, Danny Citrinowicz, Arkady Mil-Man und Bat Chen Druyan Feldman fordern Deutschland und Israel auf, die militärische und geheimdienstliche Kooperation auszubauen, um dem Iran-Russland-Bündnis entgegenzuwirken.
Beide Staaten eint das Interesse, den Westen weiter zu destabilisieren und die internationale Weltordnung neu zu definieren. wp
Nach Besuchen in Frankreich und Serbien hat Chinas Staatspräsident Xi Jinping am Donnerstag Ungarns Ministerpräsidenten Viktor Orbán getroffen und weitere Wirtschaftsabkommen vereinbart. Der Besuch in Ungarn war geprägt von Versicherungen der gegenseitigen Freundschaft: “Die Beziehungen zwischen China und Ungarn sind jetzt so gut wie nie zuvor in der Geschichte”, sagte Xi Jinping am Donnerstag. Zuvor hatte er bei einem Treffen mit dem ungarischen Präsidenten Tamas Sulyok erklärt, sein Land sei bereit, die bilateralen Beziehungen mit Ungarn auf ein hohes Niveau zu heben.
Peking investiert Milliarden in Ungarn und erhält dafür politischen Einfluss innerhalb der Europäischen Union. So sind etwa chinesische Direktinvestitionen in die E-Auto-Branche zuletzt enorm gestiegen.
Ein weiterer Punkt, der in Europa tiefen Unmut hervorruft, ist die sicherheitspolitische Zusammenarbeit zwischen Ungarn und China: Die Sorgen reichen von geheimen chinesischen Polizeistationen bis hin zu einem möglichen chinesischen Zugriff auf EU-Datenbanken.
Schon Xis Besuch in Belgrad sei “eindeutig antiwestlich ausgerichtet” gewesen, sagte der Westbalkan-Experte Florian Bieber im Gespräch mit Table.Briefings. Dort hatte Xi den Ort besucht, an dem die Nato am 7. Mai 1999 die chinesische Botschaft bombardiert hatte. Mit dem Besuch hatte er die Doppelmoral des Westens aufzeigen wollen.
Bereits mit dem serbischen Präsidenten Aleksandar Vučić hatte Xi eine Erklärung zur “Vertiefung und Stärkung der umfassenden strategischen Partnerschaft” unterzeichnet und das Verhältnis Chinas zum Gastland als “eiserne Freundschaft” bezeichnet.
Eine ausführliche Analyse zum Besuch in Ungarn lesen Sie hier. rad
Die Zeit: Bereitet euch auf das Schlimmste vor. Der finnische Präsident Alexander Stubb rät den internationalen Partnern, sich im Umgang mit Russland ein Beispiel an Finnland zu nehmen. Mit Bezug auf die nuklearen Drohungen des russischen Präsidenten Wladimir Putin plädiert er für Gelassenheit.
ASPI: Aukus Pillar 2 critical pathways: a road map to enabling international collaboration. Australien will mit dem Militärbündnis Aukus (Akronym für Australia, UK, US) seine Rüstungsindustrie stärken und die Unterstützung der USA und Großbritanniens im Indopazifik sichern. Die Herausforderungen für die Rüstungskooperation ähneln europäischen Projekten, zum Beispiel aufgrund “dysfunktionaler Exportkontrollvorschriften”. Mit Handreichungen für Australien, wie die industrielle Kooperation gelingen soll.
Politico: Moldova fights to free itself from Russia’s AI-powered disinformation machine. Mit einem EU-Referendum und einer Präsidentschaftswahl im Oktober, kämpft das an die Ukraine grenzende osteuropäische Land gegen eine Flut von Desinformationen, Cyberangriffen und vom Kreml unterstützter politischer Korruption.
Marcus Faber könnte ab diesem Sommer der Vorsitzende des Verteidigungsausschusses im Deutschen Bundestag werden.
Damit würde er in die Fußstapfen von Marie-Agnes Strack-Zimmermann treten. Im Gegensatz zur 66-jährigen Strack-Zimmermann, die gerade als “Oma Courage” und “Eurofighterin” in den Europawahlkampf tritt, beginnt der nüchternere 40-Jährige aus Sachsen-Anhalt seine Tweets meist mit den Worten “Liebe Freunde”.
Was sie verbindet, ist ihr stoischer Einsatz für die Verteidigung der Ukraine. Strack-Zimmermann hat sich dadurch einen festen Platz in der Berliner Berichterstattung gesichert – Marcus Faber scheint genau das auch zu wollen.
Und er will sich weiter nach oben arbeiten. Mit einem Vater als Taxifahrer und einer Mutter als Kassiererin ist er der Einzige aus seiner Familie, der studiert hat. Mit 17 begann er seine politische Karriere in seinem Geburtsort Stendal in Sachsen-Anhalt beim Kreisverband, über den er zum Landesverband kam, bis er schließlich mit 33 Jahren in den Bundestag einzog.
Faber schrieb seine Diplom- und seine Doktorarbeit zu direkter Demokratie. Seine Stimme will er dem Schutz liberaler Demokratien weltweit widmen. Das sei auch ein Grund, weshalb er stellvertretender Vorsitzender der deutsch-taiwanischen Gesellschaft und Vizepräsident der deutsch-israelischen Gesellschaft ist. “Ich bin in einer Diktatur aufgewachsen, ich will nicht in einer sterben”, so sein Mantra.
Seit zwei Jahren gilt seine Aufmerksamkeit nahezu uneingeschränkt der Ukraine. Er ist einer der stärksten Befürworter von Waffenlieferungen. Die immer gleichen Forderungen nach mehr Munition, mehr Patriot-Flugabwehrsystemen, Leopard-Kampfpanzern und Taurus-Marschflugkörpern finden sich auch in seinen täglichen Tweets an die “lieben Freunde”.
Viermal war Faber seit der russischen Invasion des Landes vor zwei Jahren dort. Das erste Mal im August 2022. Hotels, in denen er noch bei seinen ersten Reisen übernachtet hat, würden schon heute nicht mehr stehen, erzählt er. Bilder von Massengräbern, zerbombten Kinderkrankenhäusern und Foltergefängnissen ließen ihn nicht mehr los.
Relikte militärischer Geschosse, die in der Ukraine zum Einsatz kamen, zeugen in seinem sonst spärlich eingerichteten Büro von diesen Besuchen. Zuletzt haben ihm ukrainische Soldaten, die in einer Airbase mit britischen Storm-Shadows stationiert sind, ein Teil einer zerstörten, feindlichen Drohne mitgegeben. “Stormshadow or SCALP, we take everything”, steht darauf und “Ihre Waffe ist unser Sieg!!” – Botschaften, die Faber verinnerlicht hat.
Seine Enttäuschung über Bundeskanzler Olaf Scholz kann er in dem Zusammenhang schwer verbergen – das kostete ihn vergangenes Jahr seinen Sprecherposten in der Fraktion. Auf internen Druck musste er ihn abgeben, nachdem er durch das Verlassen des Verteidigungsausschusses während des Besuchs des Kanzlers für einen Eklat gesorgt hatte. Ob der Vorstand ihm dennoch den Verteidigungsausschuss anvertraut, wird sich wahrscheinlich erst zur Sommerpause zeigen, wenn Marie-Agnes Strack-Zimmermann ihr Mandat in Brüssel antritt.
Aus der Fraktion erfährt er für seinen Ukraine-Einsatz jedenfalls durchaus Anerkennung. “Der Marcus” sei ja quasi mit den Ukrainern im Schützengraben gelegen, heißt es da. Es wird sich zeigen, ob er damit aus Sicht des Vorstands die entscheidenden Merkmale für den Ausschussvorsitz erfüllt. Wilhelmine Preußen