Table.Briefing: Security

Was die russische Oreschnik-Rakete kann + Helsing-Drohnen in umstrittenen Ukraine-Einsatz

Liebe Leserin, lieber Leser,

Russland nutzt offenbar die Gunst der Stunde, in der das mächtigste Land der Welt in einer Übergangszeit auf den Beginn der Präsidentschaft Donald Trumps wartet, und in der im stärksten Land der EU der Wahlkampf angelaufen ist, um den Druck auf den Westen zu erhöhen. Hybride Angriffe und der mutmaßliche Einsatz einer neuartigen Rakete am Donnerstag auf ukrainische Ziele deuten auf Moskaus weitere Eskalationsbereitschaft hin. Der Kreml will, dass der Westen seine Hilfe für Kyjiw beendet.

Rund um die Ereignisse, die die Untersee-Datenkabel in der Ostsee betreffen, gibt es eine halbwegs gute Nachricht: Die westlichen Staaten scheinen aus der Vergangenheit zu lernen und schneller zu reagieren. Was funktioniert und wo noch Nachholbedarf ist, hat Lisa-Martina Klein analysiert.

Von dem angeblichen “Mini-Taurus” haben Sie schon gehört? Nun, den gibt es nicht. Dafür aber eine besondere Drohne, die mit deutscher KI-Software arbeitet und der Ukraine Vorteile auf dem Schlachtfeld bieten könnte. Was genau die Entwicklung von Helsing kann, hat Nana Brink recherchiert.

Ein Hinweis der Redaktion: Von heute an wird Table.Briefings ukrainische Städte nicht mehr nach der russisch-deutschen, sondern ukrainisch-deutschen Transkription schreiben: Aus Kiew wird Kyjiw, aus Odessa Odesa.

Wir wünschen Ihnen eine erkenntnisreiche Lektüre

Analyse

Sabotage in der Ostsee: Wie die Nato verdächtiges Verhalten aufklärte

Nach der Entdeckung beschädigter Unterseekabel südlich der schwedischen Insel Öland Anfang der Woche dauerte es nur wenige Stunden, bis Marineschiffe mehrerer Nato-Länder mit der Beschattung verdächtiger Schiffe begannen, darunter dem unter chinesischer Flagge fahrenden Frachter “Yi Peng 3”.

China signalisierte Bereitschaft zur Zusammenarbeit mit den Behörden in Schweden und Dänemark. Man werde mit den beteiligten Parteien in Kontakt bleiben und gemeinsam die Sicherheit der internationalen Unterwasserinfrastruktur gewährleisten, erklärte das Außenministerium in Peking am Donnerstag. Sprecher Lin Jian äußerte sich zu Fragen über ein chinesisches Schiff in dänischen Gewässern sowie zu den Ermittlungen Finnlands und Schwedens. Er sagte, ihm seien keine Details zu dem Schiff bekannt.

Deutsche, schwedische und finnische Stellen gehen von Sabotage an den beiden Glasfaserseekabeln BCS East-West und C-Lion1 aus; entsprechende Ermittlungen wurden von den zuständigen nationalen Strafverfolgungsbehörden eingeleitet. Ob der Frachter von den Besatzungen der Patrouillenschiffe der dänischen Marine festgesetzt oder gar betreten wurde, wie Medien am Mittwochabend berichteten, ist nicht bestätigt. Das dänische Verteidigungskommando schrieb auf dem Kurznachrichtendienst X lediglich, dass man in der Nähe der “Yi Peng 3” präsent sei. Auch die Nationalität des Kapitäns ließ sich nicht eindeutig klären.

Fortschritte seit Nord-Stream-Angriffen

Die schnelle Koordinierung zeigt, dass sich in der Nato seit dem Angriff auf die Nord-Stream-Pipelines und der Beschädigung der Gaspipeline Baltic Connector durch das chinesische Schiff “NewNew Polar Bear” im Oktober 2023 viel getan hat. Anfang 2023 hatte das westliche Verteidigungsbündnis eine Koordinierungszelle mit dem Ziel eingerichtet, alle Akteure aus dem Bereich Unterwasser-Infrastruktur in den Nato-Ländern an einen Tisch zu bringen – Betreiber, Industrie sowie Regierungen.

Auf militärischer Seite einigten sich die Nato-Staaten auf die Einrichtung eines Maritimen Zentrums zur Sicherheit kritischer Unterwasserinfrastruktur, angesiedelt am Maritime Command (Marcom) in Northwood, Großbritannien. Dort liefen auch im aktuellen Fall die Daten zusammen. Und: Seit Anfang des Jahres haben die Nato-Staaten je einen zentralen Ansprechpartner für maritime Infrastrukturen benannt, in Deutschland übernimmt diese Funktion das Verteidigungsministerium.

Verdächtiges Verhalten frühzeitig erkennen

Allerdings zeigt der Vorfall auch: Der Westen ist weiterhin verwundbar, denn das verdächtige Verhalten des chinesischen Schiffes hätte früher auffallen können und müssen – das Transponder-Signal war, wie damals auch bei der “NewNew Polar Bear”, eingeschaltet.

Mit der Eröffnung des maritimen Hauptquartiers (Commander Task Force Baltic, CTF Baltic) im Oktober haben die Ostsee-Anrainerstaaten zwar eine zentrale Koordinierungsstelle unter dem Dach des Marinekommandos in Rostock bekommen. Ein Sprecher des erst im Oktober eröffneten, von Deutschland geführten maritimen Hauptquartiers Commander Task Force Baltic sagte Table.Briefings: “CTF Baltic ist vor dem Hintergrund der regionalen Verantwortung für die Ostsee involviert. In Bezug auf die aktuellen Vorfälle mit Datenkabeln auf See ist die Deutsche Marine im steten Kontakt mit den dafür zuständigen und relevanten Stellen, national sowie im Bündnis.”

Allerdings werden die technischen Voraussetzungen für ein umfassendes Lagebild für die Region, gespeist etwa aus Daten von Schiffen, Drohnen und Seefernaufklärern, mit Satellitenbildern und weiteren sicherheitsrelevanten Akteuren erst noch geschaffen. Damit könnte ein verdächtiges Verhalten frühzeitig erkannt werden – und soll gleichzeitig eine abschreckende Wirkung haben.

Zuständigkeiten in Deutschland unklar

Bislang haben die Attacken zu keinen größeren Versorgungsausfällen geführt. Die Daten konnten im aktuellen Fall schnell umgeroutet werden. Nach der Beschädigung der Balticconnector-Pipeline konnte Finnland seinen Gasbedarf mit importiertem Flüssiggas decken.

Anders sähe das etwa bei der Erdgas-Pipeline “Europipe” zwischen Deutschland und Norwegen aus, die rund 19 Millionen Haushalte in Europa versorgt. Ihr plötzlicher Ausfall, gerade im Winter, würde die Energieversorgung der Haushalte und der Wirtschaft in Europa erheblich gefährden.

In Deutschland stellt sich außerdem die Frage nach der Zuständigkeit. Außerhalb des deutschen Küstenmeeres wirkt die Bundespolizei per Patrouillenfahrten beim Schutz von Kritischer Infrastruktur zwar mit. Gegen einen militärischen Gegner vorgehen kann aber nur die Marine, die im Inneren nur auf Amtshilfeantrag handeln darf. Die Überwachung von maritimer Infrastruktur wiederum liegt nicht im Auftrag der Marine. Es fehlt also bislang nicht nur an der Koordinierung bei der Gefahrenabwehr, im Ernstfall braucht es eine schnelle, rechtssichere Koordinierung zwischen Bund, Ländern und dem Militär. 

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Autonome Waffen: Beschießt die Ukraine mithilfe deutscher KI russische Ziele?

Sie sei ein “echt wichtiges Asset für die ukrainischen Streitkräfte”, so pries Verteidigungsminister Boris Pistorius Anfang der Woche die KI-gesteuerte Drohne des Softwareunternehmens Helsing, die in der Ukraine zum Einsatz gekommen sein soll. Was Pistorius verschwieg: Es wäre das erste Mal, dass eine von einer deutschen Firma entwickelte Drohne russische Ziele sowohl aufklären als auch bekämpfen könnte – und zwar angeblich autonom.

Das Verteidigungsministerium, das die Lieferung und Finanzierung von 4000 Drohnen bestätigt hat, äußert sich gegenüber Table.Briefings zu diesem Thema nur vage: “Die Ukraine hat die Systeme sehr ausführlich unter realen Bedingungen getestet und die Erwartungen wurden erfüllt. Das System muss sich jetzt natürlich weiter im Kampfeinsatz bewähren”, erläutert ein Ministeriumssprecher. Die Antwort legt nahe, dass die Drohnen also schon eingesetzt worden sind.

Die Drohne, über deren Namen Unklarheit herrscht, könnte ihre Wirkung vor allem hinter der Front auf russischem Territorium erzielen. Mittels KI kann sie Ziele erfassen und identifizieren, also zum Beispiel einen russischen Panzer oder einen Logistik-Standort. Für die Bekämpfung kann sie mit einem Sprengkopf ausgestattet werden, zu dessen Kapazität Helsing schweigt. Das Unternehmen aus München ist auf KI-Anwendungen im militärischen Bereich spezialisiert. Es ist unter anderem am Ausbau der elektronischen Kriegsführung des Eurofighters und der KI-Struktur des Future Combat Air System (FCAS) beteiligt.

Unklarheit über die Fähigkeiten der Drohne

Viele Experten, die sich seit langem mit KI in Waffensystemen beschäftigen, wüssten gerne genauer, was die Helsing-Drohne wirklich kann. Ich würde gerne wissen, was sie über die russische elektronische Kampfführung wissen und wie sie sie genau bekämpfen?”, fragt sich der KI-Wissenschaftler Wolfgang Koch vom Fraunhofer-Institut für Kommunikation, Informationsverarbeitung und Ergonomie. Denn letztendlich geht es “um das, was man ‘Autonomie in Waffensystemen’ nennt, also die Zielauswahl und -bekämpfung durch das Waffensystem und nicht durch den menschlichen Bediener”, so Frank Sauer, Experte für Sicherheitspolitik an der Universität der Bundeswehr München.

Die Wissenschaftler betonen, dass es hierbei nicht um grundsätzliche Bedenken gegenüber dieser KI-gesteuerten Technologie geht. Aber wieder einmal sei die Chance verpasst worden, “endlich eine aufgeklärte Diskussion über die Rolle von KI in Waffensystemen zu führen”, findet Sauer. Begriffe wie “Killer-Drohnen” und “Mini-Taurus”, wie sie oft in der Öffentlichkeit benutzt werden, seien dabei nicht zielführend.

Entscheidend ist also die Frage, welchen Grad der Automatisierung die Helsing-Drohne wirklich hat. Ihr Vorteil liegt auf der Hand: Sie kann ohne Funkverbindung fliegen. Dies bedeutet: Sie ist nicht anfällig für russische Störsender. “Die elektronische Kampfführung des Gegners läuft ins Leere, weil der Mensch mit dem System nicht mehr kommunizieren muss”, so KI-Experte Sauer. Der zweite Vorteil: “Der gesamte Ablauf bis zur Zielbekämpfung wird beschleunigt.” Klar ist aber auch: Hat die Drohne erst einmal das Ziel erfasst – also in diesem Fall zum Beispiel einen russischen Panzer – kann der Pilot, der sie gestartet hat, womöglich nicht mehr eingreifen.

Bundeswehr hat Drohne in der Ukraine getestet

Ob die Bundesregierung diese deutschen Kamikaze-Drohnen auch für die Bundeswehr anschaffen würde, ist eine weitere offene Frage. “Natürlich wägt die Ukraine Risiken anders ab. Konkretes Beispiel: Wenn das System zu 90 Prozent trifft, dann ist das für ein im verzweifelten Existenzkampf befindliches Land vermutlich gut genug”, so Sauer. Für die Bundeswehr, in Friedenszeiten, sähe die Abwägung anders aus. “Darüber muss man sich aber jetzt systematisch Gedanken machen – auch wenn das Thema vielleicht unbequem ist”.

Neben den Eigenschaften der Software sind nur wenige Details zur Hardware der neuen “strike drone” bekannt. Laut Helsing handelt es sich bei der Drohne nicht, wie in Zeitungsberichten beschrieben, um eine Variante der “AQ 100 Bayonet” des amerikanischen Herstellers Terminal Autonomy. Der Drohnen-Körper ist laut eines Sprechers des Softwareunternehmens mit “einem Partner vor Ort” in der Ukraine gebaut worden. Nähere Angaben wollte Helsing aus Sicherheitsgründen nicht machen.

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News

Russlands neue Waffe: Was Moskau mit der Mittelstreckenrakete Oreschnik erreichen will

Sechs Einschläge mit je sechs Dummy-Gefechtsköpfen ohne Sprengladung: Mit dem Einsatz einer neuartigen Rakete gegen den ukrainischen Hersteller von Raketenteilen und Bussen, Juschmasch, in der Stadt Dnipro zeigt Russland erneut seine Eskalationsbereitschaft.

Der russische Präsident Wladimir Putin bestätigte am Donnerstagabend den Angriff mit einer neuen Mittelstreckenrakete und drohte mit weiteren Schlägen. In einer Videoansprache nannte er das System Oreschnik (Haselnuss). Es arbeite mit Hyperschallgeschwindigkeit von Mach 10 und könne nicht abgefangen werden, sagte der Kremlchef. “Das ist ausgeschlossen.” Es seien keine nuklearen Sprengladungen gewesen, sagte Putin.

Experten sehen gerade den Einsatz von mehreren Sprengköpfen als Hinweis darauf, dass die Rakete auch nuklear bestückt werden könnte. Am Abend teilte eine Sprecherin des Pentagon mit, dass die neue, experimentelle Rakete auf dem Modell der Interkontinentalrakete RS-26 basiere und die USA über den Start der Rakete kurzfristig informiert worden seien. Washington habe auch Kyjiw informiert. Gefragt nach Reaktionen durch die USA betonte die Sprecherin, dass die Vereinigten Staaten sich auf die weitere Unterstützung der Ukraine konzentrieren wollten.

Es ist das erste Mal, dass eine für nukleare Sprengköpfe vorgesehene Rakete in einem Krieg verwendet wurde. Frank Sauer, Politikwissenschaftler an der Bundeswehr-Universität München, deutete im Gespräch mit Table.Media vor Putins Rede den Angriff als eine “aufwändige Form zu sagen, dass sie Waffen haben, die europäische Städte erreichen können und diese auch einsetzen würden. Es ist eine Warnung und psychologische Kriegsführung”.  Zudem sei es ein politisches Signal an den Westen.

Druck auf den Westen, die Hilfe für Kyjiw einzustellen

Gestartet wurde die Rakete von der Militärbasis “Kapustin Jar” nahe Astrachan. Diese liegt circa 780 Kilometer Luftlinie vom Zielobjekt entfernt. Die Flugdauer betrug nach Angaben ukrainischer Medien etwa fünf Minuten. Dass die Rakete ausgerechnet jetzt eingesetzt wurde, ist nicht nur eine Antwort auf die Freigabe westlicher Langstreckenwaffen gegen Ziele in Russland, sondern auch eine Beeinflussung politischer Wahlkämpfe im Westen, etwa der anstehenden Bundestagswahl. Moskau will Angst schüren und erreichen, dass Kyjiw seinen Forderungen nachgibt, weil westliche Hilfe ausbleibt.

Putin behauptete am Donnerstagabend: Mit dem Einsatz von westlichen Langstreckenwaffen gegen militärische Objekte auf dem Territorium Russlands, “hat der vom Westen provozierte Regionalkonflikt in der Ukraine einen globalen Charakter angenommen”. Zugleich nannte er das neue System Moskaus Antwort darauf, dass die USA Mittelstreckenraketen in Europa und im Pazifik stationieren wollten. Putin unterstrich am Ende seiner Rede, dass Russland zu “jeder beliebigen Entwicklung” der Situation bereit sei. vf

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Haftbefehl gegen Netanjahu: Wie stichhaltig der IStGH-Vorwurf des Aushungerns wirklich ist

Der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) hat Haftbefehle gegen Israels Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu und den früheren Verteidigungsminister Joav Galant erlassen.

Es gebe hinreichende Gründe für die Annahme, dass beide Männer die strafrechtliche Verantwortung für das Kriegsverbrechen des Aushungerns als Mittel der Kriegsführung und für Verbrechen gegen die Menschlichkeit trügen, darunter Mord und Verfolgung, heißt es in einer Pressemitteilung aus Den Haag.

Der auch als Weltstrafgericht bezeichnete IStGH kennt keine Immunität von Staats- oder Regierungschefs. 2023 erließ es einen Haftbefehl gegen den russischen Präsidenten Wladimir Putin wegen möglicher Kriegsverbrechen in der Ukraine. Die 124 Mitgliedsstaaten – darunter Deutschland – sind dazu verpflichtet, die Gesuchten festzunehmen, sobald sie sich in ihrem Hoheitsgebiet befinden.

US-Regierung weist die Entscheidung “fundamental” zurück

Unklar ist, inwiefern eine Verhaftung von Regierungsmitgliedern aus einem Land im Krieg politisch machbar ist. Auf jeden Fall aber dürfte die Entscheidung der Vorverfahrenskammer, die auf einen Antrag des Chefanklägers Karim Khan vom Mai folgt, Israel international weiter isolieren. Während einige EU-Regierungen sich am Donnerstag hinter den Internationalen Strafgerichtshof stellten, wies die US-Regierung die Entscheidung “fundamental” zurück.

Verschiedene Minister der israelischen Regierung bezeichneten den Schritt umgehend als “antisemitisch“, aber auch der israelische Präsident Yitzhak Herzog, der von einem “schwarzen Tag für die Gerechtigkeit und die Menschheit” sprach und Oppositionspolitiker wie Benny Gantz kritisierten die Entscheidung scharf.

Einen weiteren Haftbefehl stellte der Strafgerichtshof gegen Mohammed Deif aus, den früheren Militärchef der Hamas, der nach israelischen Annahmen allerdings bei einem Luftschlag im Sommer getötet wurde. Ursprünglich hatte Chefermittler Khan im Zusammenhang mit den Verbrechen vom Überfall der Hamas auf den israelischen Süden am 7. Oktober auch Haftbefehle gegen die Hamas-Führer Yahya Sinwar und Ismail Haniyeh ausgestellt, die ebenfalls von der israelischen Armee getötet wurden. wp

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CIR-Inspekteur Daum warnt vor hybriden Attacken: “Wir werden 24/7 angegriffen”

Der Inspekteur des Cyber- und Informationsraum (CIR) der Bundeswehr, Vizeadmiral Thomas Daum, sieht eine neue Eskalationsstufe bei hybriden Angriffen erreicht.

Daum deutete im Gespräch mit Table.Briefings an, dass im Cyber- und Informationsraum die Schwelle zum Krieg schon überschritten sei: “Wir werden 24 Stunden pro Tag, sieben Tage die Woche angegriffen.” Es werde versucht, mit hybriden Aktivitäten Schaden anzurichten. Technisch mit Cyberangriffen, kognitiv mit Manipulation und Desinformation oder auch im elektromagnetischen Spektrum beispielsweise durch das Stören von GPS, wovon insbesondere Schiffe und Flugzeuge betroffen seien. “Das ist ein Risiko für die See- und Luftsicherheit”, so Daum.

Wenn die Angriffe wahrnehmbar werden, könne das eine Eskalation bedeuten, so der Vizeadmira am Rande der Berliner Sicherheitskonferenz (BSC). “Für mich bedeutet das ein Risiko: Wenn eine Eskalation stattfindet, muss dahinter auch eine Absicht stehen”. Die möglichen Sabotageakte an Datenkabeln in der Ostsee haben das Thema hybride Bedrohungen vor allem durch staatliche Akteure wie China oder Russland auch bei der Konferenz in den Fokus gerückt.

Charakteristisches Merkmal hybrider Kriegsführung ist die Verschleierungstaktik. Die Täter operieren entweder anonym oder bestreiten Beteiligungen an Vorfällen und Konflikten, um bewusst zu verhindern, dass sie die Schwelle zu einem offiziellen Krieg überschreiten. Oft passiert das auch im Cyberraum.

Viele der Angriffe werden von der Bevölkerung gar nicht wahrgenommen und stellen nur deswegen eine Gefahr dar, weil sie einen wahrnehmbaren Angriff vorbereiten könnten, beispielsweise durch das Eindringen in ein Netzwerk. Daum spricht davon, dass jetzt eine Phase erreicht sei “wo man schon Störfeuer schießt”, um unter anderem die Bevölkerung zu verunsichern, die Regierung zu diskreditieren oder Einfluss zu nehmen auf das Ansehen der Bundeswehr. wp

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Rüstungsbeschaffung: Warum Stawitzki die Industrie vergeblich zu Beschleunigung drängt

Es mag für manche wie ein Déjà-vu gewirkt haben: Am Mittwoch diskutierte Vizeadmiral Carsten Stawitzki, Abteilungsleiter Rüstung im Verteidigungsministerium, bei der Berliner Sicherheitskonferenz, wie die Rüstungsbeschaffung beschleunigt werden könnte – auf einem ähnlich besetzten Panel wie im Vorjahr. Wieder sprach mit Jörg Hennemann ein Vertreter des Zielfernrohr-Herstellers Schmidt & Bender und forderte, “die Bremsen zu lösen”. Und wieder mahnte Stawitzki zu einer schnelleren Produktion. Anders als 2023, als er an die Industrie appelliert hatte, “auf weitere Anweisungen” zu warten, statt schneller zu produzieren, gab er sich nun jedoch versöhnlicher:

“Aus einer qualitativen Sicht” habe man “in den letzten 24 Monaten” zwar viel erreicht. Gemeinsam mit “industriellen Partnern” habe er Verträge aufgesetzt, weshalb man vor keiner “Beschaffungs-Herausforderung” stehe. Jedoch: “Am Ende haben wir eine Produktions-Herausforderung, um die Produktion so schnell wie möglich hochzufahren, um zu liefern.” Verträge müssten erweitert werden, um der Industrie Verlässlichkeit zu geben, damit “wir diese Fähigkeiten nicht nur qualitativ, sondern auch quantitativ erreichen”.

Hennemann hatte dem entgegnet, dass Bürokratie insbesondere kleinen und mittleren Unternehmen zu viel zusätzliche Arbeit beschere. Das beginne mit zahlreichen Formularen, die am Anfang des Beschaffungsprozesses ausgefüllt werden müssten und ende mit uneinheitlichen Prozessen. “Manchmal muss man sie ausdrucken, unterschreiben und dann einscannen und hochladen.” Von europäischer Seite gebe es Formulare, die aber kein Land verwende. Bei einer estnischen Ausschreibung sei sein Unternehmen nicht in der Lage gewesen, nötige Dokumente digital zu übermitteln, weil in Deutschland bestimmte Register fehlten, die für die Übertragung in Partnerländer nötig wären. Der Vertreter eines anderen Rüstungsunternehmens sagte Table.Briefings, dass von der Zeitenwende bei der Beschaffung nichts zu spüren sei. bub

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  • Öffentliche Beschaffung
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Bertelsmann-Studie: Südeuropäer haben Angst vor Cyberattacken, Polen und Deutsche vor Krieg

Deutsche und Polen betrachten einen Angriff durch ein anderes Land als aktuell größte Gefahr für den Frieden in der Europäischen Union. In Frankreich, den Niederlanden und Belgien dominiert dagegen die Sorge vor fehlendem Grenzschutz.

Das geht aus einer Studie der Bertelsmann-Stiftung hervor, die am Mittwoch erschienen ist. Außerdem sei die Sorge vor großangelegten Cyberangriffen für Deutsche und Polen weitaus weniger relevant als für die Befragten anderer europäischer Länder. So betrachten jeweils 23 Prozent der Franzosen und Italiener und 22 Prozent der Spanier eine Cyberattacke als größte Bedrohung für den Frieden in der Europäischen Union, im Gegensatz dazu aber nur 15 Prozent der Polen und 14 Prozent der Deutschen.

Polen sehen weiterhin die USA als wichtigsten Verbündeten

Die Studie untersuchte zudem, wie die Länder auf ihre Verbündeten und auf globale Zusammenarbeit blicken. 65 Prozent der Polen betrachten hierbei die USA als wichtigsten Verbündeten, aber nur 47 Prozent der Italiener und nur 43 Prozent der Belgier. Letztere setzen, gemeinsam mit Frankreich, viel Vertrauen in den Verbündeten Kanada.

Diese Unterschiede spiegeln sich auch in der Frage nach der Neugestaltung der transatlantischen Ordnung wider. So besteht zwischen Spanien (65 Prozent), Italien (65), Frankreich (64), Belgien (64) und auch Deutschland (63) Einigkeit im Wunsch, dass die EU unabhängiger von den USA werden soll. Polen weicht von dieser Linie ab. Dort sprachen sich nur 40 Prozent der Befragten dafür aus, dass die EU ihren eigenen Weg gehen solle. asc

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  • USA
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Must-Reads

Podcast der Stiftung Wissenschaft und Politik: Warum Deutschlands Rüstungskontrollpolitik eine Neuausrichtung braucht. Der letzte Vertrag zwischen Russland und den USA zur Begrenzung ihrer Kernwaffenarsenale steht kurz vor dem Ende. Globale Krisen, insbesondere der Ukrainekrieg, wirken dabei wie Katalysatoren. Nun müssen neue Ansätze zur Rüstungskontrolle gefunden werden, und Deutschland könnte dabei eine wichtige Rolle spielen.

The Guardian: How might Russia respond to UK and US letting Ukraine hit it with their missiles? Moskau droht mit Vergeltungsmaßnahmen, nachdem die USA und Großbritannien der Ukraine den Einsatz ihrer Langstreckenraketen für Angriffe auf russisches Territorium erlaubt haben. Anfang der Woche kündigte der Kreml eine formelle Änderung seiner Atomdoktrin an, die auch eine nukleare Reaktion auf von der NATO unterstützte Angriffe auf russisches Territorium vorsieht.

Foreign Affairs: How Trump Can Build on Biden’s Successes in Asia. Wenn Trump gegenüber China auf eine harte Linie setzt, wird das alleine nicht reichen, argumentiert der Wissenschaftler Michael J. Green. Unter Biden gelang es den USA, zahlreiche Allianzen in der Region zu schmieden und so in Asien politisch erfolgreich zu sein.

The Times: Iran exposed on two fronts after Israeli strikes paralyse defences. Nach den Luftschlägen Israels ist das Regime des Iran geschwächt. Es weiß, dass es einen Krieg an zwei Fronten führt. Es kämpft gegen das militärisch überlegene Israel und das eigene Volk, das sich zunehmend gegen das Regime stellt.

Foreign Policy: Trump May Not Understand How Dangerous the World Is Now. Donald Trump legt nicht viel Wert auf Bündnisse. Vor allem die Europäer fürchten einen Rückzug der Amerikaner und den Abzug ihrer Truppen. Aber auch die USA brauchen Partner. Und aktuell stehen Trump mit China, Russland, Nordkorea und dem Iran vier Staaten gegenüber, von denen drei Atommächte sind, die die USA als Feind betrachten.

Standpunkt

Bildungslücke Nachrichtendienste: Warum Deutschland Intelligence Studies braucht

Von Ali Dogan
Ali Dogan hat zur Arbeit des Bundesnachrichtendienstes promoviert.

Nachrichtendienste sind wichtige Akteure der Sicherheitspolitik. In Deutschland unterliegen sie strenger politischer Kontrolle sowie kritischer öffentlicher Beobachtung. Doch im krassen Kontrast zu Bedeutung und Öffentlichkeitsanspruch gibt es an deutschen Hochschulen im Unterschied zu anderen europäischen Ländern kaum systematische Forschung und Lehre über Nachrichtendienste. Dabei zeichnet sich nicht erst seit der Zeitenwende ab, dass ein breites Spektrum von Akteuren – von politischen Entscheidungsträgern über Behörden und Medien, von der Wirtschaft bis hin zu NGOs – Zugang zu unabhängiger wissenschaftlicher Expertise benötigt. Innerhalb wie außerhalb Europas sind solche Intelligence Studies an Universitäten und Thinktanks seit langem etabliert.

Deutschland muss seine akademischen Ressourcen im Bereich der Intelligence Studies stärken, um eine kritische und sachkundige Analyse der deutschen Nachrichtendienste und der nachrichtendienstlichen Mittel aus einer unabhängigen wissenschaftlichen Sicht zu gewährleisten. Zuvorderst brauchen wir in Deutschland einen öffentlich zugänglichen Studiengang. Angesichts knapper Mittel und kompetitiver Forschungsförderung könnten dazu auch mehrere Universitäten gemeinsam einen interdisziplinären Studiengang in Intelligence Studies einrichten, der sich aus Lehrteilen der Politikwissenschaft, der Soziologie, der Geschichts- und der Rechtswissenschaft sowie der Psychologie zusammensetzt.

Europäische Nachbarn bieten umfangreiche Forschungsprogramme

In Großbritannien und den USA bieten renommierte Universitäten wie das King’s College und die Georgetown University im Bereich der Intelligence Studies spezialisierte Studiengänge an. Aber auch europäische Nachbarn wie Frankreich, Österreich, die Niederlande, Spanien und Italien stellen umfangreiche Programme und Forschungseinrichtungen. Diese Forschungseinrichtungen und Studiengänge beschäftigen sich sowohl mit funktionalen Ansätzen, die direkt die Arbeit der Dienste unterstützen, als auch mit kritischen Perspektiven, die Nachrichtendienste aus einer unabhängigen wissenschaftlichen Sicht analysieren.

Intelligence Studies in Deutschland könnten die Tätigkeit der Kontrollinstanzen – der Abgeordneten des Deutschen Bundestages, der Mitarbeitenden der Abgeordnetenbüros und der Fraktionen, der Medien und auch der behördlichen Fachaufsicht – weiter professionalisieren. Darüber hinaus könnten aber auch deutsche Unternehmen, die immer mehr mit Wirtschaftsspionage, Desinformation, Verschwörungstheorien wie auch Methoden wie Open Source Intelligence konfrontiert sind, von den Intelligence Studies profitieren.

Die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit Nachrichtendiensten ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe

Drittmittelgeber wie die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) und das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF), die Volkswagen Stiftung wie auch politische Stiftungen sollten Forschende gezielt im Bereich der Intelligence Studies unterstützen. Auch internationale Kooperationen im Bereich der Intelligence Studies sollten den Austausch fördern und die Qualität der Forschung verbessern.

Stiftungen, Thinktanks und andere Akademien und Institute sollten sich dem Thema Nachrichtendienste nähern und eigene Stellen zu diesem Thema schaffen und eine Diskussion im öffentlichen Raum anregen. Schließlich sollte auch eine halbjährig erscheinende, deutschsprachige Fachzeitschrift mit Fokus auf Intelligence Studies gegründet werden und bestehende Fachjournale Sonderhefte zu dem Thema herausbringen.

Entscheidend ist, dass Deutschland die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit Nachrichtendiensten als gesamtgesellschaftliche Aufgabe begreift und entsprechende Handlungsempfehlungen umsetzt. Nur so kann eine fundierte, kritische und öffentliche Debatte über die Rolle und die Tätigkeiten der Nachrichtendienste geführt werden, die für eine lebendige Demokratie und eine effektive Sicherheitspolitik unerlässlich ist.

Ali Dogan arbeitet bei Ernst & Young im Bereich Forensic & Integrity Services. Er hat zur Arbeit des Bundesnachrichtendienstes und der irakischen Nachrichtendienste an der Freien Universität Berlin promoviert. Sein Arbeitspapier für die Bundesakademie für Sicherheitspolitik (Baks) zur wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit Nachrichtendiensten finden Sie hier.

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Heads

Nato-Nordostflanke: Was General von Sandrart seinem polnischen Nachfolger hinterlässt

Jürgen-Joachim von Sandrart, der ehemalige kommandierende General des Multinationalen Korps Nord-Ost der Nato, gab diese Woche seinen Dienstposten ab.

Wachwechsel an der Nordostflanke der Nato: Der deutsche Generalleutnant Jürgen-Joachim von Sandrart hat in dieser Woche seinen Dienstposten abgegeben, der wie wenige andere zum Symbolbild der westlichen Allianz wurde. Das Multinationale Korps Nord-Ost (Multinational Corps North East, MNCE) der Nato in Stettin bekam mit dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine eine ganz neue Bedeutung für die Verteidigung des Bündnisgebiets. Für von Sandrart übernimmt der polnische Generalleutnant Dariusz Parylak.

Als Kommandeur in Stettin hatte von Sandrart auch in der Öffentlichkeit seine Position und Bekanntheit zu kontinuierlichen Warnungen genutzt, vor allem im nahen Berlin. Wir müssen schneller sein als die Russen, es ist ein Wettlauf mit der Zeit, sagte er in einem seiner letzten Auftritte als Kommandeur vor einer nicht-militärischen Öffentlichkeit im November in Berlin.

Hohe Anforderungen an die Truppe – und an sich selbst

Seine Besorgnis: Je größer die Chance Russlands auf einen Sieg gegen die Ukraine ist, um so mehr steigt die Gefahr für Nato-Länder vor allem im Baltikum. “Wir sind nicht mehr im Frieden”, sagte der General noch vor gut einer Woche. “Die Bedrohung nimmt jeden Tag zu.” Was das für die Allianz und die Mitgliedsländer konkret bedeutet, hatte er im Februar im Interview bei Table.Briefings erklärt: “Wir müssen jetzt einsatzbereit sein, um auf ein stetig wiedererstarkendes Russland reagieren zu können. Das bedeutet: Bereit sein mit dem, was ich heute zur Verfügung habe.”

Die Bereitschaft zum Einsatz auch unter ungünstigen Bedingungen hatte von Sandrart in seiner militärischen Laufbahn immer wieder zum Maßstab für seine Truppe gemacht – auch für militärische Führer wie sich selbst. “Was aber auf gar keinen Fall geht ist, die Lippenbekenntnisse Kriegstauglichkeit, Einsatzbefähigung vor sich herzutragen”, rechnete er noch als Divisionskommandeur mit seinen Kollegen an der Spitze ab. Das gelte erst recht, wenn ein militärischer Führer nicht durchhaltefähig sei, “weil sein Body-Mass-Index eigentlich genau das Gegenteil von ihm abbildet, was er von seinen Männern und Frauen verlangt”.

Anschlag in Afghanistan überlebt

Dem heute 62-jährigen Generalleutnant kann man kaum vorwerfen, dass er selber diesem Anspruch nicht genügt. Erkennbar sportlich und nicht zuletzt einer der vergleichsweise wenigen Generale, die die Gefechtsmedaille der Bundeswehr tragen: 2011 überlebte er einen Taliban-Anschlag in Afghanistan, der in der Provinzhauptstadt Taloqan dem damaligen deutschen Kommandeur Generalmajor Markus Kneip galt und zwei deutsche Soldaten das Leben kostete. Seitdem trägt von Sandrart zum Feldanzug in Flecktarn ein Halstuch, das er als seinen Talisman vom Tag des Anschlags betrachtet.

Nach dem routinemäßigen Wechsel des Kommandos in Stettin an einen polnischen General ist von Sandrart zwar nicht mehr wie bisher mitten im Geschehen – aber auch noch nicht raus aus dem Soldatenberuf. Mindestens fürs nächste halbe Jahr wird er an der Führungsakademie der Bundeswehr in Hamburg seine Erfahrungen an den Offiziernachwuchs weitergeben. Thomas Wiegold

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Radmila Shekerinska wird neue stellvertretende Nato-Generalsekretärin

Radmila Shekerinska soll noch dieses Jahr ihr Amt als Stellvertretende Generalsekretärin der Nato aufnehmen.

Nato-Generalsekretär Mark Rutte hat diese Woche Radmila Shekerinska zu seiner Stellvertreterin ernannt. Sie folgt auf den Rumänen Mircea Geoană, der am 10.September zurückgetreten ist. Ihr neues Amt soll sie noch dieses Jahr aufnehmen.

Mit ihrer Ernennung sendet die Nato ein Signal in Richtung der südosteuropäischen Staaten, dass hier weiter ein Fokus des transatlantischen Bündnisses liegen wird.

Zuvor war Shekerinska – die  1972 in Skopje geboren wurde – stellvertretende Ministerpräsidentin für europäische Integration und Verteidigungsministerin von Nordmazedonien und bis 2022 Verteidigungsministerin. In dieser Funktion hat sie den Beitritt ihres Landes zum Verteidigungsbündnis im Jahr 2020 eng begleitet.

“Sie glaubt fest an die Nato, weiß, wie viel Arbeit es bedeutet, der Allianz beizutreten, und was es bedeutet, Vollmitglied zu sein”, betonte Mark Rutte in einer Pressemitteilung.wp

  • Nato

Ex-Justizminister Matthew Whitaker soll US-Botschafter bei der Nato werden

Donald Trump und Matthew Whitaker.

Der designierte US-Präsident Donald Trump will den Juristen Matthew Whitaker zum Nato-Botschafter der USA in Brüssel machen. Whitaker, ehemaliger Staatsanwalt Iowas, war bereits in Trumps erster Präsidentschaft für wenige Monate Justizminister. Der 55-Jährige sei eher für seine Loyalität zu Trump, als für außen- und sicherheitspolitische Expertise bekannt, urteilt unter anderem die New York Times.

Der 55-Jährige solle die Beziehungen mit den Nato-Partnern stärken und angesichts von Bedrohungen für Frieden und Stabilität standhaft bleiben, teilte Trump mit. Gleichzeitig forderte er, Whitaker solle bei globalen Fragen die USA an erste Stelle setzen.

Whitaker hatte bereits 2014 während einer Senatsdebatte gesagt, die USA sollten sich nur dann in globale Konflikte einmischen, wenn dies im nationalen Interesse liege – und dass er glaube, dass Russlands Invasion der Krim die vitalen Interessen der USA nicht bedroht habe. asc

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Nachtisch

Überklebtes Werbeplakat der Bundeswehr, Berlin, Potsdamer Straße, 18. November 2024.

Zuletzt konnte man fast den Eindruck gewinnen, ganz Deutschland stehe hinter Boris Pistorius als SPD-Kanzlerkandidat. Selbst die jüngsten Einlassungen des Aufrüstungsgegners Norbert Walter-Borjans wurden als Parteinahme für den Verteidigungsminister gedeutet, der die Zeitenwenden-Debatte um das Wort “kriegstüchtig” bereichert hat.

Ganz Deutschland? Nein. Ein kleines Grüppchen militanter Bundeswehrgegner hat mit einer Adbusting-Aktion Sand ins Getriebe der vermeintlich vom Bendlerblock gesteuerten Militärmaschine gestreut. In mehr als fünfzig Werbevitrinen an Bus- und Bahnhaltestellen in Berlin, so die neu gegründete Werkstatt für Antifaschistische Aktionen (W2A) auf ihrer Webseite, habe man Bundeswehrplakate der Kampagne “Weil du es kannst” satirisch verfremdet – “mit Überklebern versehen und unter Nutzung einfachsten Baumarkt-Werkzeugs unautorisiert wieder in die Werbevitrinen” gehängt.

Besonders stolz zeigten sich die antimilitaristischen Aktivistinnen darüber, dass rund um das BMVg in der Stauffenbergstraße in Berlin-Tiergarten plakatiert worden sei. “Weil die Mitarbeiter*innen des Kriegsministeriums sich am Montagmorgen auf dem Weg zur Arbeit darüber ärgern, wie wir ihre Imagekampagne zum Bumerang gemacht haben”, so W2A-Sprecherin Luca Klatt

Gut fand die Aktion auch der Linken-Spitzenkandidat für die Bundestagswahl, Jan van Aken. Auf X schrieb er: “Statt Werbung der #Bundeswehr fürs Sterben brauchen wir Abrüstung. Wir müssen uns für friedliche Lösungen von Konflikten und Krieg einsetzen. Mega Adbusting Aktion in Berlin.” mrb

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    Liebe Leserin, lieber Leser,

    Russland nutzt offenbar die Gunst der Stunde, in der das mächtigste Land der Welt in einer Übergangszeit auf den Beginn der Präsidentschaft Donald Trumps wartet, und in der im stärksten Land der EU der Wahlkampf angelaufen ist, um den Druck auf den Westen zu erhöhen. Hybride Angriffe und der mutmaßliche Einsatz einer neuartigen Rakete am Donnerstag auf ukrainische Ziele deuten auf Moskaus weitere Eskalationsbereitschaft hin. Der Kreml will, dass der Westen seine Hilfe für Kyjiw beendet.

    Rund um die Ereignisse, die die Untersee-Datenkabel in der Ostsee betreffen, gibt es eine halbwegs gute Nachricht: Die westlichen Staaten scheinen aus der Vergangenheit zu lernen und schneller zu reagieren. Was funktioniert und wo noch Nachholbedarf ist, hat Lisa-Martina Klein analysiert.

    Von dem angeblichen “Mini-Taurus” haben Sie schon gehört? Nun, den gibt es nicht. Dafür aber eine besondere Drohne, die mit deutscher KI-Software arbeitet und der Ukraine Vorteile auf dem Schlachtfeld bieten könnte. Was genau die Entwicklung von Helsing kann, hat Nana Brink recherchiert.

    Ein Hinweis der Redaktion: Von heute an wird Table.Briefings ukrainische Städte nicht mehr nach der russisch-deutschen, sondern ukrainisch-deutschen Transkription schreiben: Aus Kiew wird Kyjiw, aus Odessa Odesa.

    Wir wünschen Ihnen eine erkenntnisreiche Lektüre

    Analyse

    Sabotage in der Ostsee: Wie die Nato verdächtiges Verhalten aufklärte

    Nach der Entdeckung beschädigter Unterseekabel südlich der schwedischen Insel Öland Anfang der Woche dauerte es nur wenige Stunden, bis Marineschiffe mehrerer Nato-Länder mit der Beschattung verdächtiger Schiffe begannen, darunter dem unter chinesischer Flagge fahrenden Frachter “Yi Peng 3”.

    China signalisierte Bereitschaft zur Zusammenarbeit mit den Behörden in Schweden und Dänemark. Man werde mit den beteiligten Parteien in Kontakt bleiben und gemeinsam die Sicherheit der internationalen Unterwasserinfrastruktur gewährleisten, erklärte das Außenministerium in Peking am Donnerstag. Sprecher Lin Jian äußerte sich zu Fragen über ein chinesisches Schiff in dänischen Gewässern sowie zu den Ermittlungen Finnlands und Schwedens. Er sagte, ihm seien keine Details zu dem Schiff bekannt.

    Deutsche, schwedische und finnische Stellen gehen von Sabotage an den beiden Glasfaserseekabeln BCS East-West und C-Lion1 aus; entsprechende Ermittlungen wurden von den zuständigen nationalen Strafverfolgungsbehörden eingeleitet. Ob der Frachter von den Besatzungen der Patrouillenschiffe der dänischen Marine festgesetzt oder gar betreten wurde, wie Medien am Mittwochabend berichteten, ist nicht bestätigt. Das dänische Verteidigungskommando schrieb auf dem Kurznachrichtendienst X lediglich, dass man in der Nähe der “Yi Peng 3” präsent sei. Auch die Nationalität des Kapitäns ließ sich nicht eindeutig klären.

    Fortschritte seit Nord-Stream-Angriffen

    Die schnelle Koordinierung zeigt, dass sich in der Nato seit dem Angriff auf die Nord-Stream-Pipelines und der Beschädigung der Gaspipeline Baltic Connector durch das chinesische Schiff “NewNew Polar Bear” im Oktober 2023 viel getan hat. Anfang 2023 hatte das westliche Verteidigungsbündnis eine Koordinierungszelle mit dem Ziel eingerichtet, alle Akteure aus dem Bereich Unterwasser-Infrastruktur in den Nato-Ländern an einen Tisch zu bringen – Betreiber, Industrie sowie Regierungen.

    Auf militärischer Seite einigten sich die Nato-Staaten auf die Einrichtung eines Maritimen Zentrums zur Sicherheit kritischer Unterwasserinfrastruktur, angesiedelt am Maritime Command (Marcom) in Northwood, Großbritannien. Dort liefen auch im aktuellen Fall die Daten zusammen. Und: Seit Anfang des Jahres haben die Nato-Staaten je einen zentralen Ansprechpartner für maritime Infrastrukturen benannt, in Deutschland übernimmt diese Funktion das Verteidigungsministerium.

    Verdächtiges Verhalten frühzeitig erkennen

    Allerdings zeigt der Vorfall auch: Der Westen ist weiterhin verwundbar, denn das verdächtige Verhalten des chinesischen Schiffes hätte früher auffallen können und müssen – das Transponder-Signal war, wie damals auch bei der “NewNew Polar Bear”, eingeschaltet.

    Mit der Eröffnung des maritimen Hauptquartiers (Commander Task Force Baltic, CTF Baltic) im Oktober haben die Ostsee-Anrainerstaaten zwar eine zentrale Koordinierungsstelle unter dem Dach des Marinekommandos in Rostock bekommen. Ein Sprecher des erst im Oktober eröffneten, von Deutschland geführten maritimen Hauptquartiers Commander Task Force Baltic sagte Table.Briefings: “CTF Baltic ist vor dem Hintergrund der regionalen Verantwortung für die Ostsee involviert. In Bezug auf die aktuellen Vorfälle mit Datenkabeln auf See ist die Deutsche Marine im steten Kontakt mit den dafür zuständigen und relevanten Stellen, national sowie im Bündnis.”

    Allerdings werden die technischen Voraussetzungen für ein umfassendes Lagebild für die Region, gespeist etwa aus Daten von Schiffen, Drohnen und Seefernaufklärern, mit Satellitenbildern und weiteren sicherheitsrelevanten Akteuren erst noch geschaffen. Damit könnte ein verdächtiges Verhalten frühzeitig erkannt werden – und soll gleichzeitig eine abschreckende Wirkung haben.

    Zuständigkeiten in Deutschland unklar

    Bislang haben die Attacken zu keinen größeren Versorgungsausfällen geführt. Die Daten konnten im aktuellen Fall schnell umgeroutet werden. Nach der Beschädigung der Balticconnector-Pipeline konnte Finnland seinen Gasbedarf mit importiertem Flüssiggas decken.

    Anders sähe das etwa bei der Erdgas-Pipeline “Europipe” zwischen Deutschland und Norwegen aus, die rund 19 Millionen Haushalte in Europa versorgt. Ihr plötzlicher Ausfall, gerade im Winter, würde die Energieversorgung der Haushalte und der Wirtschaft in Europa erheblich gefährden.

    In Deutschland stellt sich außerdem die Frage nach der Zuständigkeit. Außerhalb des deutschen Küstenmeeres wirkt die Bundespolizei per Patrouillenfahrten beim Schutz von Kritischer Infrastruktur zwar mit. Gegen einen militärischen Gegner vorgehen kann aber nur die Marine, die im Inneren nur auf Amtshilfeantrag handeln darf. Die Überwachung von maritimer Infrastruktur wiederum liegt nicht im Auftrag der Marine. Es fehlt also bislang nicht nur an der Koordinierung bei der Gefahrenabwehr, im Ernstfall braucht es eine schnelle, rechtssichere Koordinierung zwischen Bund, Ländern und dem Militär. 

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    Autonome Waffen: Beschießt die Ukraine mithilfe deutscher KI russische Ziele?

    Sie sei ein “echt wichtiges Asset für die ukrainischen Streitkräfte”, so pries Verteidigungsminister Boris Pistorius Anfang der Woche die KI-gesteuerte Drohne des Softwareunternehmens Helsing, die in der Ukraine zum Einsatz gekommen sein soll. Was Pistorius verschwieg: Es wäre das erste Mal, dass eine von einer deutschen Firma entwickelte Drohne russische Ziele sowohl aufklären als auch bekämpfen könnte – und zwar angeblich autonom.

    Das Verteidigungsministerium, das die Lieferung und Finanzierung von 4000 Drohnen bestätigt hat, äußert sich gegenüber Table.Briefings zu diesem Thema nur vage: “Die Ukraine hat die Systeme sehr ausführlich unter realen Bedingungen getestet und die Erwartungen wurden erfüllt. Das System muss sich jetzt natürlich weiter im Kampfeinsatz bewähren”, erläutert ein Ministeriumssprecher. Die Antwort legt nahe, dass die Drohnen also schon eingesetzt worden sind.

    Die Drohne, über deren Namen Unklarheit herrscht, könnte ihre Wirkung vor allem hinter der Front auf russischem Territorium erzielen. Mittels KI kann sie Ziele erfassen und identifizieren, also zum Beispiel einen russischen Panzer oder einen Logistik-Standort. Für die Bekämpfung kann sie mit einem Sprengkopf ausgestattet werden, zu dessen Kapazität Helsing schweigt. Das Unternehmen aus München ist auf KI-Anwendungen im militärischen Bereich spezialisiert. Es ist unter anderem am Ausbau der elektronischen Kriegsführung des Eurofighters und der KI-Struktur des Future Combat Air System (FCAS) beteiligt.

    Unklarheit über die Fähigkeiten der Drohne

    Viele Experten, die sich seit langem mit KI in Waffensystemen beschäftigen, wüssten gerne genauer, was die Helsing-Drohne wirklich kann. Ich würde gerne wissen, was sie über die russische elektronische Kampfführung wissen und wie sie sie genau bekämpfen?”, fragt sich der KI-Wissenschaftler Wolfgang Koch vom Fraunhofer-Institut für Kommunikation, Informationsverarbeitung und Ergonomie. Denn letztendlich geht es “um das, was man ‘Autonomie in Waffensystemen’ nennt, also die Zielauswahl und -bekämpfung durch das Waffensystem und nicht durch den menschlichen Bediener”, so Frank Sauer, Experte für Sicherheitspolitik an der Universität der Bundeswehr München.

    Die Wissenschaftler betonen, dass es hierbei nicht um grundsätzliche Bedenken gegenüber dieser KI-gesteuerten Technologie geht. Aber wieder einmal sei die Chance verpasst worden, “endlich eine aufgeklärte Diskussion über die Rolle von KI in Waffensystemen zu führen”, findet Sauer. Begriffe wie “Killer-Drohnen” und “Mini-Taurus”, wie sie oft in der Öffentlichkeit benutzt werden, seien dabei nicht zielführend.

    Entscheidend ist also die Frage, welchen Grad der Automatisierung die Helsing-Drohne wirklich hat. Ihr Vorteil liegt auf der Hand: Sie kann ohne Funkverbindung fliegen. Dies bedeutet: Sie ist nicht anfällig für russische Störsender. “Die elektronische Kampfführung des Gegners läuft ins Leere, weil der Mensch mit dem System nicht mehr kommunizieren muss”, so KI-Experte Sauer. Der zweite Vorteil: “Der gesamte Ablauf bis zur Zielbekämpfung wird beschleunigt.” Klar ist aber auch: Hat die Drohne erst einmal das Ziel erfasst – also in diesem Fall zum Beispiel einen russischen Panzer – kann der Pilot, der sie gestartet hat, womöglich nicht mehr eingreifen.

    Bundeswehr hat Drohne in der Ukraine getestet

    Ob die Bundesregierung diese deutschen Kamikaze-Drohnen auch für die Bundeswehr anschaffen würde, ist eine weitere offene Frage. “Natürlich wägt die Ukraine Risiken anders ab. Konkretes Beispiel: Wenn das System zu 90 Prozent trifft, dann ist das für ein im verzweifelten Existenzkampf befindliches Land vermutlich gut genug”, so Sauer. Für die Bundeswehr, in Friedenszeiten, sähe die Abwägung anders aus. “Darüber muss man sich aber jetzt systematisch Gedanken machen – auch wenn das Thema vielleicht unbequem ist”.

    Neben den Eigenschaften der Software sind nur wenige Details zur Hardware der neuen “strike drone” bekannt. Laut Helsing handelt es sich bei der Drohne nicht, wie in Zeitungsberichten beschrieben, um eine Variante der “AQ 100 Bayonet” des amerikanischen Herstellers Terminal Autonomy. Der Drohnen-Körper ist laut eines Sprechers des Softwareunternehmens mit “einem Partner vor Ort” in der Ukraine gebaut worden. Nähere Angaben wollte Helsing aus Sicherheitsgründen nicht machen.

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    News

    Russlands neue Waffe: Was Moskau mit der Mittelstreckenrakete Oreschnik erreichen will

    Sechs Einschläge mit je sechs Dummy-Gefechtsköpfen ohne Sprengladung: Mit dem Einsatz einer neuartigen Rakete gegen den ukrainischen Hersteller von Raketenteilen und Bussen, Juschmasch, in der Stadt Dnipro zeigt Russland erneut seine Eskalationsbereitschaft.

    Der russische Präsident Wladimir Putin bestätigte am Donnerstagabend den Angriff mit einer neuen Mittelstreckenrakete und drohte mit weiteren Schlägen. In einer Videoansprache nannte er das System Oreschnik (Haselnuss). Es arbeite mit Hyperschallgeschwindigkeit von Mach 10 und könne nicht abgefangen werden, sagte der Kremlchef. “Das ist ausgeschlossen.” Es seien keine nuklearen Sprengladungen gewesen, sagte Putin.

    Experten sehen gerade den Einsatz von mehreren Sprengköpfen als Hinweis darauf, dass die Rakete auch nuklear bestückt werden könnte. Am Abend teilte eine Sprecherin des Pentagon mit, dass die neue, experimentelle Rakete auf dem Modell der Interkontinentalrakete RS-26 basiere und die USA über den Start der Rakete kurzfristig informiert worden seien. Washington habe auch Kyjiw informiert. Gefragt nach Reaktionen durch die USA betonte die Sprecherin, dass die Vereinigten Staaten sich auf die weitere Unterstützung der Ukraine konzentrieren wollten.

    Es ist das erste Mal, dass eine für nukleare Sprengköpfe vorgesehene Rakete in einem Krieg verwendet wurde. Frank Sauer, Politikwissenschaftler an der Bundeswehr-Universität München, deutete im Gespräch mit Table.Media vor Putins Rede den Angriff als eine “aufwändige Form zu sagen, dass sie Waffen haben, die europäische Städte erreichen können und diese auch einsetzen würden. Es ist eine Warnung und psychologische Kriegsführung”.  Zudem sei es ein politisches Signal an den Westen.

    Druck auf den Westen, die Hilfe für Kyjiw einzustellen

    Gestartet wurde die Rakete von der Militärbasis “Kapustin Jar” nahe Astrachan. Diese liegt circa 780 Kilometer Luftlinie vom Zielobjekt entfernt. Die Flugdauer betrug nach Angaben ukrainischer Medien etwa fünf Minuten. Dass die Rakete ausgerechnet jetzt eingesetzt wurde, ist nicht nur eine Antwort auf die Freigabe westlicher Langstreckenwaffen gegen Ziele in Russland, sondern auch eine Beeinflussung politischer Wahlkämpfe im Westen, etwa der anstehenden Bundestagswahl. Moskau will Angst schüren und erreichen, dass Kyjiw seinen Forderungen nachgibt, weil westliche Hilfe ausbleibt.

    Putin behauptete am Donnerstagabend: Mit dem Einsatz von westlichen Langstreckenwaffen gegen militärische Objekte auf dem Territorium Russlands, “hat der vom Westen provozierte Regionalkonflikt in der Ukraine einen globalen Charakter angenommen”. Zugleich nannte er das neue System Moskaus Antwort darauf, dass die USA Mittelstreckenraketen in Europa und im Pazifik stationieren wollten. Putin unterstrich am Ende seiner Rede, dass Russland zu “jeder beliebigen Entwicklung” der Situation bereit sei. vf

    • Interkontinentalrakete
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    Haftbefehl gegen Netanjahu: Wie stichhaltig der IStGH-Vorwurf des Aushungerns wirklich ist

    Der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) hat Haftbefehle gegen Israels Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu und den früheren Verteidigungsminister Joav Galant erlassen.

    Es gebe hinreichende Gründe für die Annahme, dass beide Männer die strafrechtliche Verantwortung für das Kriegsverbrechen des Aushungerns als Mittel der Kriegsführung und für Verbrechen gegen die Menschlichkeit trügen, darunter Mord und Verfolgung, heißt es in einer Pressemitteilung aus Den Haag.

    Der auch als Weltstrafgericht bezeichnete IStGH kennt keine Immunität von Staats- oder Regierungschefs. 2023 erließ es einen Haftbefehl gegen den russischen Präsidenten Wladimir Putin wegen möglicher Kriegsverbrechen in der Ukraine. Die 124 Mitgliedsstaaten – darunter Deutschland – sind dazu verpflichtet, die Gesuchten festzunehmen, sobald sie sich in ihrem Hoheitsgebiet befinden.

    US-Regierung weist die Entscheidung “fundamental” zurück

    Unklar ist, inwiefern eine Verhaftung von Regierungsmitgliedern aus einem Land im Krieg politisch machbar ist. Auf jeden Fall aber dürfte die Entscheidung der Vorverfahrenskammer, die auf einen Antrag des Chefanklägers Karim Khan vom Mai folgt, Israel international weiter isolieren. Während einige EU-Regierungen sich am Donnerstag hinter den Internationalen Strafgerichtshof stellten, wies die US-Regierung die Entscheidung “fundamental” zurück.

    Verschiedene Minister der israelischen Regierung bezeichneten den Schritt umgehend als “antisemitisch“, aber auch der israelische Präsident Yitzhak Herzog, der von einem “schwarzen Tag für die Gerechtigkeit und die Menschheit” sprach und Oppositionspolitiker wie Benny Gantz kritisierten die Entscheidung scharf.

    Einen weiteren Haftbefehl stellte der Strafgerichtshof gegen Mohammed Deif aus, den früheren Militärchef der Hamas, der nach israelischen Annahmen allerdings bei einem Luftschlag im Sommer getötet wurde. Ursprünglich hatte Chefermittler Khan im Zusammenhang mit den Verbrechen vom Überfall der Hamas auf den israelischen Süden am 7. Oktober auch Haftbefehle gegen die Hamas-Führer Yahya Sinwar und Ismail Haniyeh ausgestellt, die ebenfalls von der israelischen Armee getötet wurden. wp

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    CIR-Inspekteur Daum warnt vor hybriden Attacken: “Wir werden 24/7 angegriffen”

    Der Inspekteur des Cyber- und Informationsraum (CIR) der Bundeswehr, Vizeadmiral Thomas Daum, sieht eine neue Eskalationsstufe bei hybriden Angriffen erreicht.

    Daum deutete im Gespräch mit Table.Briefings an, dass im Cyber- und Informationsraum die Schwelle zum Krieg schon überschritten sei: “Wir werden 24 Stunden pro Tag, sieben Tage die Woche angegriffen.” Es werde versucht, mit hybriden Aktivitäten Schaden anzurichten. Technisch mit Cyberangriffen, kognitiv mit Manipulation und Desinformation oder auch im elektromagnetischen Spektrum beispielsweise durch das Stören von GPS, wovon insbesondere Schiffe und Flugzeuge betroffen seien. “Das ist ein Risiko für die See- und Luftsicherheit”, so Daum.

    Wenn die Angriffe wahrnehmbar werden, könne das eine Eskalation bedeuten, so der Vizeadmira am Rande der Berliner Sicherheitskonferenz (BSC). “Für mich bedeutet das ein Risiko: Wenn eine Eskalation stattfindet, muss dahinter auch eine Absicht stehen”. Die möglichen Sabotageakte an Datenkabeln in der Ostsee haben das Thema hybride Bedrohungen vor allem durch staatliche Akteure wie China oder Russland auch bei der Konferenz in den Fokus gerückt.

    Charakteristisches Merkmal hybrider Kriegsführung ist die Verschleierungstaktik. Die Täter operieren entweder anonym oder bestreiten Beteiligungen an Vorfällen und Konflikten, um bewusst zu verhindern, dass sie die Schwelle zu einem offiziellen Krieg überschreiten. Oft passiert das auch im Cyberraum.

    Viele der Angriffe werden von der Bevölkerung gar nicht wahrgenommen und stellen nur deswegen eine Gefahr dar, weil sie einen wahrnehmbaren Angriff vorbereiten könnten, beispielsweise durch das Eindringen in ein Netzwerk. Daum spricht davon, dass jetzt eine Phase erreicht sei “wo man schon Störfeuer schießt”, um unter anderem die Bevölkerung zu verunsichern, die Regierung zu diskreditieren oder Einfluss zu nehmen auf das Ansehen der Bundeswehr. wp

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    Rüstungsbeschaffung: Warum Stawitzki die Industrie vergeblich zu Beschleunigung drängt

    Es mag für manche wie ein Déjà-vu gewirkt haben: Am Mittwoch diskutierte Vizeadmiral Carsten Stawitzki, Abteilungsleiter Rüstung im Verteidigungsministerium, bei der Berliner Sicherheitskonferenz, wie die Rüstungsbeschaffung beschleunigt werden könnte – auf einem ähnlich besetzten Panel wie im Vorjahr. Wieder sprach mit Jörg Hennemann ein Vertreter des Zielfernrohr-Herstellers Schmidt & Bender und forderte, “die Bremsen zu lösen”. Und wieder mahnte Stawitzki zu einer schnelleren Produktion. Anders als 2023, als er an die Industrie appelliert hatte, “auf weitere Anweisungen” zu warten, statt schneller zu produzieren, gab er sich nun jedoch versöhnlicher:

    “Aus einer qualitativen Sicht” habe man “in den letzten 24 Monaten” zwar viel erreicht. Gemeinsam mit “industriellen Partnern” habe er Verträge aufgesetzt, weshalb man vor keiner “Beschaffungs-Herausforderung” stehe. Jedoch: “Am Ende haben wir eine Produktions-Herausforderung, um die Produktion so schnell wie möglich hochzufahren, um zu liefern.” Verträge müssten erweitert werden, um der Industrie Verlässlichkeit zu geben, damit “wir diese Fähigkeiten nicht nur qualitativ, sondern auch quantitativ erreichen”.

    Hennemann hatte dem entgegnet, dass Bürokratie insbesondere kleinen und mittleren Unternehmen zu viel zusätzliche Arbeit beschere. Das beginne mit zahlreichen Formularen, die am Anfang des Beschaffungsprozesses ausgefüllt werden müssten und ende mit uneinheitlichen Prozessen. “Manchmal muss man sie ausdrucken, unterschreiben und dann einscannen und hochladen.” Von europäischer Seite gebe es Formulare, die aber kein Land verwende. Bei einer estnischen Ausschreibung sei sein Unternehmen nicht in der Lage gewesen, nötige Dokumente digital zu übermitteln, weil in Deutschland bestimmte Register fehlten, die für die Übertragung in Partnerländer nötig wären. Der Vertreter eines anderen Rüstungsunternehmens sagte Table.Briefings, dass von der Zeitenwende bei der Beschaffung nichts zu spüren sei. bub

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    Bertelsmann-Studie: Südeuropäer haben Angst vor Cyberattacken, Polen und Deutsche vor Krieg

    Deutsche und Polen betrachten einen Angriff durch ein anderes Land als aktuell größte Gefahr für den Frieden in der Europäischen Union. In Frankreich, den Niederlanden und Belgien dominiert dagegen die Sorge vor fehlendem Grenzschutz.

    Das geht aus einer Studie der Bertelsmann-Stiftung hervor, die am Mittwoch erschienen ist. Außerdem sei die Sorge vor großangelegten Cyberangriffen für Deutsche und Polen weitaus weniger relevant als für die Befragten anderer europäischer Länder. So betrachten jeweils 23 Prozent der Franzosen und Italiener und 22 Prozent der Spanier eine Cyberattacke als größte Bedrohung für den Frieden in der Europäischen Union, im Gegensatz dazu aber nur 15 Prozent der Polen und 14 Prozent der Deutschen.

    Polen sehen weiterhin die USA als wichtigsten Verbündeten

    Die Studie untersuchte zudem, wie die Länder auf ihre Verbündeten und auf globale Zusammenarbeit blicken. 65 Prozent der Polen betrachten hierbei die USA als wichtigsten Verbündeten, aber nur 47 Prozent der Italiener und nur 43 Prozent der Belgier. Letztere setzen, gemeinsam mit Frankreich, viel Vertrauen in den Verbündeten Kanada.

    Diese Unterschiede spiegeln sich auch in der Frage nach der Neugestaltung der transatlantischen Ordnung wider. So besteht zwischen Spanien (65 Prozent), Italien (65), Frankreich (64), Belgien (64) und auch Deutschland (63) Einigkeit im Wunsch, dass die EU unabhängiger von den USA werden soll. Polen weicht von dieser Linie ab. Dort sprachen sich nur 40 Prozent der Befragten dafür aus, dass die EU ihren eigenen Weg gehen solle. asc

    • Europa
    • Frieden
    • USA
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    Must-Reads

    Podcast der Stiftung Wissenschaft und Politik: Warum Deutschlands Rüstungskontrollpolitik eine Neuausrichtung braucht. Der letzte Vertrag zwischen Russland und den USA zur Begrenzung ihrer Kernwaffenarsenale steht kurz vor dem Ende. Globale Krisen, insbesondere der Ukrainekrieg, wirken dabei wie Katalysatoren. Nun müssen neue Ansätze zur Rüstungskontrolle gefunden werden, und Deutschland könnte dabei eine wichtige Rolle spielen.

    The Guardian: How might Russia respond to UK and US letting Ukraine hit it with their missiles? Moskau droht mit Vergeltungsmaßnahmen, nachdem die USA und Großbritannien der Ukraine den Einsatz ihrer Langstreckenraketen für Angriffe auf russisches Territorium erlaubt haben. Anfang der Woche kündigte der Kreml eine formelle Änderung seiner Atomdoktrin an, die auch eine nukleare Reaktion auf von der NATO unterstützte Angriffe auf russisches Territorium vorsieht.

    Foreign Affairs: How Trump Can Build on Biden’s Successes in Asia. Wenn Trump gegenüber China auf eine harte Linie setzt, wird das alleine nicht reichen, argumentiert der Wissenschaftler Michael J. Green. Unter Biden gelang es den USA, zahlreiche Allianzen in der Region zu schmieden und so in Asien politisch erfolgreich zu sein.

    The Times: Iran exposed on two fronts after Israeli strikes paralyse defences. Nach den Luftschlägen Israels ist das Regime des Iran geschwächt. Es weiß, dass es einen Krieg an zwei Fronten führt. Es kämpft gegen das militärisch überlegene Israel und das eigene Volk, das sich zunehmend gegen das Regime stellt.

    Foreign Policy: Trump May Not Understand How Dangerous the World Is Now. Donald Trump legt nicht viel Wert auf Bündnisse. Vor allem die Europäer fürchten einen Rückzug der Amerikaner und den Abzug ihrer Truppen. Aber auch die USA brauchen Partner. Und aktuell stehen Trump mit China, Russland, Nordkorea und dem Iran vier Staaten gegenüber, von denen drei Atommächte sind, die die USA als Feind betrachten.

    Standpunkt

    Bildungslücke Nachrichtendienste: Warum Deutschland Intelligence Studies braucht

    Von Ali Dogan
    Ali Dogan hat zur Arbeit des Bundesnachrichtendienstes promoviert.

    Nachrichtendienste sind wichtige Akteure der Sicherheitspolitik. In Deutschland unterliegen sie strenger politischer Kontrolle sowie kritischer öffentlicher Beobachtung. Doch im krassen Kontrast zu Bedeutung und Öffentlichkeitsanspruch gibt es an deutschen Hochschulen im Unterschied zu anderen europäischen Ländern kaum systematische Forschung und Lehre über Nachrichtendienste. Dabei zeichnet sich nicht erst seit der Zeitenwende ab, dass ein breites Spektrum von Akteuren – von politischen Entscheidungsträgern über Behörden und Medien, von der Wirtschaft bis hin zu NGOs – Zugang zu unabhängiger wissenschaftlicher Expertise benötigt. Innerhalb wie außerhalb Europas sind solche Intelligence Studies an Universitäten und Thinktanks seit langem etabliert.

    Deutschland muss seine akademischen Ressourcen im Bereich der Intelligence Studies stärken, um eine kritische und sachkundige Analyse der deutschen Nachrichtendienste und der nachrichtendienstlichen Mittel aus einer unabhängigen wissenschaftlichen Sicht zu gewährleisten. Zuvorderst brauchen wir in Deutschland einen öffentlich zugänglichen Studiengang. Angesichts knapper Mittel und kompetitiver Forschungsförderung könnten dazu auch mehrere Universitäten gemeinsam einen interdisziplinären Studiengang in Intelligence Studies einrichten, der sich aus Lehrteilen der Politikwissenschaft, der Soziologie, der Geschichts- und der Rechtswissenschaft sowie der Psychologie zusammensetzt.

    Europäische Nachbarn bieten umfangreiche Forschungsprogramme

    In Großbritannien und den USA bieten renommierte Universitäten wie das King’s College und die Georgetown University im Bereich der Intelligence Studies spezialisierte Studiengänge an. Aber auch europäische Nachbarn wie Frankreich, Österreich, die Niederlande, Spanien und Italien stellen umfangreiche Programme und Forschungseinrichtungen. Diese Forschungseinrichtungen und Studiengänge beschäftigen sich sowohl mit funktionalen Ansätzen, die direkt die Arbeit der Dienste unterstützen, als auch mit kritischen Perspektiven, die Nachrichtendienste aus einer unabhängigen wissenschaftlichen Sicht analysieren.

    Intelligence Studies in Deutschland könnten die Tätigkeit der Kontrollinstanzen – der Abgeordneten des Deutschen Bundestages, der Mitarbeitenden der Abgeordnetenbüros und der Fraktionen, der Medien und auch der behördlichen Fachaufsicht – weiter professionalisieren. Darüber hinaus könnten aber auch deutsche Unternehmen, die immer mehr mit Wirtschaftsspionage, Desinformation, Verschwörungstheorien wie auch Methoden wie Open Source Intelligence konfrontiert sind, von den Intelligence Studies profitieren.

    Die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit Nachrichtendiensten ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe

    Drittmittelgeber wie die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) und das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF), die Volkswagen Stiftung wie auch politische Stiftungen sollten Forschende gezielt im Bereich der Intelligence Studies unterstützen. Auch internationale Kooperationen im Bereich der Intelligence Studies sollten den Austausch fördern und die Qualität der Forschung verbessern.

    Stiftungen, Thinktanks und andere Akademien und Institute sollten sich dem Thema Nachrichtendienste nähern und eigene Stellen zu diesem Thema schaffen und eine Diskussion im öffentlichen Raum anregen. Schließlich sollte auch eine halbjährig erscheinende, deutschsprachige Fachzeitschrift mit Fokus auf Intelligence Studies gegründet werden und bestehende Fachjournale Sonderhefte zu dem Thema herausbringen.

    Entscheidend ist, dass Deutschland die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit Nachrichtendiensten als gesamtgesellschaftliche Aufgabe begreift und entsprechende Handlungsempfehlungen umsetzt. Nur so kann eine fundierte, kritische und öffentliche Debatte über die Rolle und die Tätigkeiten der Nachrichtendienste geführt werden, die für eine lebendige Demokratie und eine effektive Sicherheitspolitik unerlässlich ist.

    Ali Dogan arbeitet bei Ernst & Young im Bereich Forensic & Integrity Services. Er hat zur Arbeit des Bundesnachrichtendienstes und der irakischen Nachrichtendienste an der Freien Universität Berlin promoviert. Sein Arbeitspapier für die Bundesakademie für Sicherheitspolitik (Baks) zur wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit Nachrichtendiensten finden Sie hier.

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    Nato-Nordostflanke: Was General von Sandrart seinem polnischen Nachfolger hinterlässt

    Jürgen-Joachim von Sandrart, der ehemalige kommandierende General des Multinationalen Korps Nord-Ost der Nato, gab diese Woche seinen Dienstposten ab.

    Wachwechsel an der Nordostflanke der Nato: Der deutsche Generalleutnant Jürgen-Joachim von Sandrart hat in dieser Woche seinen Dienstposten abgegeben, der wie wenige andere zum Symbolbild der westlichen Allianz wurde. Das Multinationale Korps Nord-Ost (Multinational Corps North East, MNCE) der Nato in Stettin bekam mit dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine eine ganz neue Bedeutung für die Verteidigung des Bündnisgebiets. Für von Sandrart übernimmt der polnische Generalleutnant Dariusz Parylak.

    Als Kommandeur in Stettin hatte von Sandrart auch in der Öffentlichkeit seine Position und Bekanntheit zu kontinuierlichen Warnungen genutzt, vor allem im nahen Berlin. Wir müssen schneller sein als die Russen, es ist ein Wettlauf mit der Zeit, sagte er in einem seiner letzten Auftritte als Kommandeur vor einer nicht-militärischen Öffentlichkeit im November in Berlin.

    Hohe Anforderungen an die Truppe – und an sich selbst

    Seine Besorgnis: Je größer die Chance Russlands auf einen Sieg gegen die Ukraine ist, um so mehr steigt die Gefahr für Nato-Länder vor allem im Baltikum. “Wir sind nicht mehr im Frieden”, sagte der General noch vor gut einer Woche. “Die Bedrohung nimmt jeden Tag zu.” Was das für die Allianz und die Mitgliedsländer konkret bedeutet, hatte er im Februar im Interview bei Table.Briefings erklärt: “Wir müssen jetzt einsatzbereit sein, um auf ein stetig wiedererstarkendes Russland reagieren zu können. Das bedeutet: Bereit sein mit dem, was ich heute zur Verfügung habe.”

    Die Bereitschaft zum Einsatz auch unter ungünstigen Bedingungen hatte von Sandrart in seiner militärischen Laufbahn immer wieder zum Maßstab für seine Truppe gemacht – auch für militärische Führer wie sich selbst. “Was aber auf gar keinen Fall geht ist, die Lippenbekenntnisse Kriegstauglichkeit, Einsatzbefähigung vor sich herzutragen”, rechnete er noch als Divisionskommandeur mit seinen Kollegen an der Spitze ab. Das gelte erst recht, wenn ein militärischer Führer nicht durchhaltefähig sei, “weil sein Body-Mass-Index eigentlich genau das Gegenteil von ihm abbildet, was er von seinen Männern und Frauen verlangt”.

    Anschlag in Afghanistan überlebt

    Dem heute 62-jährigen Generalleutnant kann man kaum vorwerfen, dass er selber diesem Anspruch nicht genügt. Erkennbar sportlich und nicht zuletzt einer der vergleichsweise wenigen Generale, die die Gefechtsmedaille der Bundeswehr tragen: 2011 überlebte er einen Taliban-Anschlag in Afghanistan, der in der Provinzhauptstadt Taloqan dem damaligen deutschen Kommandeur Generalmajor Markus Kneip galt und zwei deutsche Soldaten das Leben kostete. Seitdem trägt von Sandrart zum Feldanzug in Flecktarn ein Halstuch, das er als seinen Talisman vom Tag des Anschlags betrachtet.

    Nach dem routinemäßigen Wechsel des Kommandos in Stettin an einen polnischen General ist von Sandrart zwar nicht mehr wie bisher mitten im Geschehen – aber auch noch nicht raus aus dem Soldatenberuf. Mindestens fürs nächste halbe Jahr wird er an der Führungsakademie der Bundeswehr in Hamburg seine Erfahrungen an den Offiziernachwuchs weitergeben. Thomas Wiegold

    • Bundeswehr
    • Nato

    Radmila Shekerinska wird neue stellvertretende Nato-Generalsekretärin

    Radmila Shekerinska soll noch dieses Jahr ihr Amt als Stellvertretende Generalsekretärin der Nato aufnehmen.

    Nato-Generalsekretär Mark Rutte hat diese Woche Radmila Shekerinska zu seiner Stellvertreterin ernannt. Sie folgt auf den Rumänen Mircea Geoană, der am 10.September zurückgetreten ist. Ihr neues Amt soll sie noch dieses Jahr aufnehmen.

    Mit ihrer Ernennung sendet die Nato ein Signal in Richtung der südosteuropäischen Staaten, dass hier weiter ein Fokus des transatlantischen Bündnisses liegen wird.

    Zuvor war Shekerinska – die  1972 in Skopje geboren wurde – stellvertretende Ministerpräsidentin für europäische Integration und Verteidigungsministerin von Nordmazedonien und bis 2022 Verteidigungsministerin. In dieser Funktion hat sie den Beitritt ihres Landes zum Verteidigungsbündnis im Jahr 2020 eng begleitet.

    “Sie glaubt fest an die Nato, weiß, wie viel Arbeit es bedeutet, der Allianz beizutreten, und was es bedeutet, Vollmitglied zu sein”, betonte Mark Rutte in einer Pressemitteilung.wp

    • Nato

    Ex-Justizminister Matthew Whitaker soll US-Botschafter bei der Nato werden

    Donald Trump und Matthew Whitaker.

    Der designierte US-Präsident Donald Trump will den Juristen Matthew Whitaker zum Nato-Botschafter der USA in Brüssel machen. Whitaker, ehemaliger Staatsanwalt Iowas, war bereits in Trumps erster Präsidentschaft für wenige Monate Justizminister. Der 55-Jährige sei eher für seine Loyalität zu Trump, als für außen- und sicherheitspolitische Expertise bekannt, urteilt unter anderem die New York Times.

    Der 55-Jährige solle die Beziehungen mit den Nato-Partnern stärken und angesichts von Bedrohungen für Frieden und Stabilität standhaft bleiben, teilte Trump mit. Gleichzeitig forderte er, Whitaker solle bei globalen Fragen die USA an erste Stelle setzen.

    Whitaker hatte bereits 2014 während einer Senatsdebatte gesagt, die USA sollten sich nur dann in globale Konflikte einmischen, wenn dies im nationalen Interesse liege – und dass er glaube, dass Russlands Invasion der Krim die vitalen Interessen der USA nicht bedroht habe. asc

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    Nachtisch

    Überklebtes Werbeplakat der Bundeswehr, Berlin, Potsdamer Straße, 18. November 2024.

    Zuletzt konnte man fast den Eindruck gewinnen, ganz Deutschland stehe hinter Boris Pistorius als SPD-Kanzlerkandidat. Selbst die jüngsten Einlassungen des Aufrüstungsgegners Norbert Walter-Borjans wurden als Parteinahme für den Verteidigungsminister gedeutet, der die Zeitenwenden-Debatte um das Wort “kriegstüchtig” bereichert hat.

    Ganz Deutschland? Nein. Ein kleines Grüppchen militanter Bundeswehrgegner hat mit einer Adbusting-Aktion Sand ins Getriebe der vermeintlich vom Bendlerblock gesteuerten Militärmaschine gestreut. In mehr als fünfzig Werbevitrinen an Bus- und Bahnhaltestellen in Berlin, so die neu gegründete Werkstatt für Antifaschistische Aktionen (W2A) auf ihrer Webseite, habe man Bundeswehrplakate der Kampagne “Weil du es kannst” satirisch verfremdet – “mit Überklebern versehen und unter Nutzung einfachsten Baumarkt-Werkzeugs unautorisiert wieder in die Werbevitrinen” gehängt.

    Besonders stolz zeigten sich die antimilitaristischen Aktivistinnen darüber, dass rund um das BMVg in der Stauffenbergstraße in Berlin-Tiergarten plakatiert worden sei. “Weil die Mitarbeiter*innen des Kriegsministeriums sich am Montagmorgen auf dem Weg zur Arbeit darüber ärgern, wie wir ihre Imagekampagne zum Bumerang gemacht haben”, so W2A-Sprecherin Luca Klatt

    Gut fand die Aktion auch der Linken-Spitzenkandidat für die Bundestagswahl, Jan van Aken. Auf X schrieb er: “Statt Werbung der #Bundeswehr fürs Sterben brauchen wir Abrüstung. Wir müssen uns für friedliche Lösungen von Konflikten und Krieg einsetzen. Mega Adbusting Aktion in Berlin.” mrb

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