der Generalkommissar des UN-Hilfswerks für Palästina-Flüchtlinge (UNRWA), Philippe Lazzarini, macht Israel im Gespräch mit Markus Bickel schwere Vorwürfe. Er spricht von Angriffen gegen die Vereinten Nationen und das multilaterale System insgesamt.
Dass Deutschland weiterhin Waffen an Israel liefern will, hat Bundeskanzler Olaf Scholz jüngst bekräftigt und sich damit anders als europäische Partner positioniert. Gabriel Bub hat den unterschiedlichen Umgang mit Rüstungsexporten nach Israel in Europa verglichen.
Außerdem im Briefing: Heute wird im brandenburgischen Luckenwalde der Grundstein für das größte und modernste Bevölkerungsschutzzentrum in Deutschland gelegt. Warum das nicht nur eine gute Nachricht ist, erklärt Lisa-Martina Klein in ihrer Analyse.
Einen guten Start in den Tag,
Herr Lazzarini, Hamas-Anführer Yahia Sinwar ist vergangene Woche getötet worden. Macht das einen Waffenstillstand und eine Befreiung der in Gaza festgehaltenen israelischen Geiseln leichter?
Ich hoffe wirklich, dass der Krieg jetzt zu Ende geht, und das bedeutet in der Tat einen Waffenstillstand, es bedeutet die Rückkehr der Geiseln. Ein Waffenstillstand würde auch eine Atempause für die Bevölkerung in Gaza bedeuten und beinhalten, dass Hilfe endlich dauerhaft ankommen kann.
Die USA haben Israel mit der Aussetzung von Waffenlieferungen gedroht, sollten Hilfstransporte in den Gazastreifen nicht entscheidend erhöht werden.
Das ist absolut entscheidend, schließlich haben wir in den vergangenen Monaten einen deutlichen Rückgang der Konvois nach Gaza erlebt. Im Norden, wo bis zu 400.000 Menschen leben, sind seit Anfang des Monats gar keine Lastwagen mehr angekommen. Das UN-Welternährungsprogramm WFP schlägt bereits Alarm, weil die Bevölkerung erneut von einer Hungersnot bedroht ist, wenn wir unsere Hilfe nicht deutlich aufstocken.
Israel wirft UNRWA vor, dass 19 Ihrer Angestellten am Terrorüberfall der Hamas am 7. Oktober 2023 beteiligt waren. Sie haben eine externe und eine interne Untersuchung eingeleitet. Was ist mit den Verdächtigen geschehen?
Bis auf einen Mitarbeiter sind alle entlassen worden, einige von ihnen wurden getötet, andere inhaftiert. Das Ergebnis der Untersuchung war, dass gegen neun der Mitarbeiter nicht genügend Beweise vorlagen. Dennoch wurden sie entlassen, weil wir weitere Anschuldigungen gegen sie prüfen. Bei neun anderen Mitarbeitern lautete die Schlussfolgerung, dass sie eine Rolle gespielt haben könnten, wenn sich die vorliegenden Informationen bestätigen ließen. Wie Sie wissen, habe ich mich diesbezüglich immer klar geäußert: Hätte einer der Mitarbeiter eine Rolle bei diesem schrecklichen Massaker gespielt, wäre dies ein furchtbarer Verrat an den Palästinensern, an den Vereinten Nationen und an jedem, der Opfer dieses Verbrechens wurde, gewesen.
Können Sie ausschließen, dass UNRWA noch Hamas-Mitglieder unter ihren Mitarbeitern hat?
Ich kann Ihnen mit Sicherheit sagen, dass im Falle des Verdachts, dass ein Mitarbeiter eine öffentliche Rolle innerhalb der Hamas spielt, dieser sofort entlassen wird.
Israel hat Ihnen im Juli eine Liste mit 108 Namen von UNRWA-Angestellten überreicht, die Mitglieder von Hamas oder Islamischem Dschihad sein sollen – mit der Aufforderung, diese zu entlassen. Sind Sie dieser Aufforderung nachgekommen?
Wir haben die israelischen Behörden gebeten, uns fundiertere Informationen zukommen zu lassen, damit die Agentur darauf reagieren kann. Denn solange wir nicht mehr über diese Personen wissen als ihre Namen, kann die Agentur nur sehr wenig tun. Wenn Mitgliedstaaten über nachrichtendienstliche Informationen verfügen, die uns weiterhelfen, sollten sie diese an die UNRWA weitergeben. Im Moment haben wir nicht mehr als eine Liste von Namen.
In der Knesset wird demnächst über einen Gesetzesentwurf abgestimmt, der darauf abzielt, der israelischen Regierung den Umgang mit UNRWA zu verbieten. Welches politische Ziel wird damit verfolgt?
Dahinter steht das Ziel, die Agentur zu zerschlagen und den Palästinensern ihren Flüchtlingsstatus zu entziehen. Das hätte schreckliche Folgen, solange es keine politische Lösung oder eine Alternative zu UNRWA gibt. Wie Sie wissen, bieten wir Hunderttausenden von Mädchen und Jungen eine Ausbildung an. Würde unsere Tätigkeit eingestellt, würde das bedeuten, dass eine ganze Generation von Kindern geopfert würde, weil niemand in der Lage ist, für Bildung zu sorgen, solange es keinen funktionierenden Staat in den palästinensischen Gebieten gibt.
In den vergangenen Monaten wurde immer wieder der Ruf laut, die UNRWA durch eine andere Organisation zu ersetzen. Wer sollte das sein?
Keine der anderen UN-Organisationen bietet regierungsähnliche Dienste an wie wir, keine andere UN-Organisation kann Grund- oder Sekundarschulbildung anbieten – oder medizinische Grundversorgung in diesem Umfang für Millionen von Menschen in der Region bereitstellen. In der Tat gibt es keine andere Organisation, die in der Lage wäre, diese Aufgaben zu übernehmen.
Seit Oktober vergangenen Jahres sind im Gazastreifen 231 UNRWA-Mitarbeiter getötet worden. Wen machen Sie dafür verantwortlich?
Dies ist ein enormer Preis, den die Organisation, den die UNRWA-Mitarbeiter zahlen müssen. Aber nicht nur unsere Mitarbeiter sind angegriffen worden, sondern mehr als 40.000 Menschen sind Berichten zufolge in diesem Krieg getötet worden, der viel zu viel Kummer und Leid verursacht hat. Nur eine Untersuchungskommission wird Aufschluss darüber geben, wer hinter der Tötung der Mitarbeiter und den Angriffen auf UN-Einrichtungen in Gaza steckt.
Nicht nur die UNRWA ist Ziel israelischer Angriffe, auch UNIFIL-Personal im Libanon wurde verletzt, UN-Generalsekretär Anónion Guterres ist in Israel zur Persona non grata erklärt worden. Steckt dahinter ein Muster?
Ich glaube, dass die Angriffe auf UNRWA nicht nur im Gazastreifen, sondern auf die Organisation als Ganzes Teil eines umfassenderen Musters sind – und sich gegen die Vereinten Nationen und das multilaterale System insgesamt richten. Im Zusammenhang mit Palästina und Israel handelt es sich um Angriffe auf alle, die sich für die Zweistaatenlösung einsetzen und das Streben der Palästinenser nach Selbstbestimmung unterstützen.
Was kann Deutschland, was kann die EU tun, um dagegen vorzugehen?
Die UN-Mitgliedstaaten müssen erkennen, dass sich ein neues Muster etablieren würde, wenn wir zuließen, dass UNRWA aufgelöst wird, dass UNIFIL im Libanon weiter angegriffen wird und dass der UN-Generalsekretär zur Persona nona grata erklärt werden kann: ein Muster, das sich überall auf der Welt wiederholen kann, insbesondere dann, wenn vor Ort eine UN-Agentur präsent ist, die die Regierung loswerden will. Es steht viel auf dem Spiel, vor allem aber unsere nach dem Zweiten Weltkrieg etablierten multilateralen Instrumente zwischen den Mitgliedstaaten. Daher bin ich der Meinung, dass Europa, die USA und alle Länder, die Einfluss haben, diese Instrumente nutzen sollten.
Philippe Lazzarini steht seit 2020 an der Spitze des UN-Hilfswerks für Palästina-Flüchtlinge (UNRWA). Für die Organisation arbeiten mehr als 33.000 Mitarbeiter in Gazastreifen, Westjordanland, Ostjerusalem, Libanon und Jordanien. UNRWA bietet Millionen Palästinensern seit 1950 Bildung und Gesundheitsversorgung. Vor seiner Zeit bei UNRWA arbeitet der 1964 geborene schweizerisch-italienische Diplomat unter anderem für das Internationale Komitee vom Roten Kreuz.
Während Bundeskanzler Olaf Scholz im Bundestag in den vergangenen beiden Wochen gleich zweimal persönlich bekräftigte, dass Deutschland Israel weiter Waffen liefert, distanzieren sich europäische Partner zunehmend von der israelischen Kriegsführung. Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu etwa bezeichnete die Forderung von Frankreichs Präsidenten Emmanuel Macron nach einem Waffenembargo gegen Israel vergangene Woche als “beschämend”.
Die Uneinigkeit zwischen Deutschland und Frankreich erzeuge “eine weitere verpasste Chance, Einfluss auf die Ausgestaltung der europäischen Außen- und Sicherheitspolitik zu nehmen”, sagt die Frankreich-Expertin Ronja Kempin von der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP). Macron hatte dem Radiosender France Inter Anfang Oktober gesagt: “Man kämpft nicht gegen Terrorismus und Terroristen, indem man eine Zivilbevölkerung opfert.” Seine deutlichen Worte führt Kempin auch auf Israels Einmarsch im Südlibanon zurück und darauf, dass man in Frankreich “die falsche Vorstellung” habe, “noch immer Schutzmacht des Libanon zu sein”. Rund 700 französische Soldaten gehören der UN-Mission im Libanon (UNIFIL) an.
Andere EU-Länder stellen sich demonstrativ hinter Israel. So schwächen oder blockieren Ungarn, Österreich und Tschechien gemeinsame EU-Initiativen, die Israel aus deren Sicht zu sehr einschränken würden.
Macrons Worte lesen sich als Aufruf an andere Nationen. Sven Arnold forscht als Gastwissenschaftler aus dem französischen Verteidigungsministerium bei der SWP und sagt: “Nur die USA sind in der Lage, Druck auf Israel auszuüben.” Wenn Macron ankündige, keine Waffen mehr an Israel zu liefern, sei das eher eine Botschaft an die USA als an Israel. “Es wäre kein Gamechanger für Israel, wenn Frankreich seine Lieferungen einstellt”, sagt Arnold.
Zwischen 2019 und 2023 bezog Israel laut Daten des Stockholm International Peace Research Institute (Sipri) 69 Prozent seiner Rüstungsimporte aus den USA. Die USA lieferten jahrzehntelang vor allem Kampfflugzeuge, Ende 2023 dann auch Lenkbomben und Raketen. Die Rüstungsindustrien sind verwoben, produzieren etwa die Luftverteidigungssysteme Iron Dome oder Arrow gemeinsam. Doch Washington stellt seine militärische Unterstützung immer stärker in Frage. In einem gemeinsamen Brief hatten der US-amerikanische Verteidigungsminister Lloyd Austin und Außenminister Antony Blinken Israel vergangene Woche gedroht, Waffenlieferungen zu stoppen, sollte Israel die humanitäre Lage im Gazastreifen nicht verbessern.
30 Prozent der israelischen Rüstungsimporte kamen zwischen 2019 und 2023 aus Deutschland. In Europa belegt Deutschland damit den ersten Platz – nach neuesten Zahlen des Bundeswirtschaftsministeriums erteilte die Bundesregierung bis zum 13. Oktober 106 Einzelgenehmigungen mit einem Gesamtwert von knapp 46 Millionen Euro. Mit großem Abstand folgt hinter Deutschland Italien, das für 0,9 Prozent der israelischen Importe zwischen 2019 und 2023 verantwortlich war. Eine Übersicht:
Was Deutschland 2024 konkret geliefert hat, teilte die Bundesregierung in ihrer Erklärung an den Wirtschaftsausschuss nicht mit. Aber unter die Titel, die das vom Grünen Robert Habeck geführte Haus aufführt, fallen etwa Munition und Zünderstellvorrichtungen, Bomben, Granaten, Raketen, Überwachungsausrüstung, Kriegsschiffe und Marineausrüstung, Drohnen sowie elektronische Störgeräte. Die Süddeutsche Zeitung berichtete, dass Ausfuhrgenehmigungen für Ersatzteile und Komponenten für Hubschrauber und Panzer geplant seien. Israel habe der Bundesregierung im Gegenzug zugesichert, die Waffen nur im Rahmen des humanitären Völkerrechts einzusetzen.
Die deutschen Lieferungen zwischen 2019 und 2023 bezogen sich vor allem auf Marinegüter. 81 Prozent der Lieferungen waren laut den Sipri-Daten Kriegsschiffe, zehn Prozent Torpedos. Der Rest bestand aus Motoren für gepanzerte Fahrzeuge, die die israelischen Streitkräfte auch in Gaza einsetzten. Vorher gelieferte deutsche U-Boote stellen eine Grundlage der nuklearen Abschreckungsfähigkeit Israels dar. Ein weiteres U-Boot, die “Drakon”, wurde zwar schon produziert, jedoch noch nicht ausgeliefert.
Im Vergleich dazu gering sind die italienischen Rüstungsexporte. Zwischen 2019 und 2023 war Italien nur für 0,9 Prozent der israelischen Rüstungsimporte verantwortlich. Größtenteils lieferte Italien leichte Helikopter. Verteidigungsminister Guido Crosetto sagte im März 2024, dass nur noch die Waffenlieferungen erfolgten, die vor dem 7. Oktober vereinbart worden seien.
Nach Macrons Embargo-Forderung hatte Verteidigungsminister Sébastien Lecornu auf X klargestellt: “Frankreich liefert keine Waffen nach Israel.” Frankreich liefere nur Komponenten für “rein defensive Systeme”. Das seien Sensoren oder Kugellager, schrieb Lecornu. Diese würden im Iron Dome zum Schutz von Zivilisten verwendet. Außerdem liefere Frankreich Komponenten für größere Systeme, die für den Wiederexport bestimmt seien. “Im Übrigen steht die israelische Industrie in Konkurrenz zu unserer”, schrieb Lecornu.
Laut Sipri hat Frankreich zuletzt 1998 größere Waffen nach Israel geliefert. Das französische Investigativmedium Disclose berichtete im Juni 2024 allerdings, dass der französische Hersteller Thales Teile für Hermes 900-Drohnen geliefert habe.
Bereits Anfang September hatte der britische Außenminister David Lammy gesagt, dass etwa 30 der rund 350 Exportlizenzen nach Israel ausgesetzt würden, weil das Risiko bestehe, dass diese Ausrüstung genutzt werde, um internationales humanitäres Recht zu verletzen. Die Exportlizenzen bezögen sich auf Komponenten für Kampfjets, Hubschrauber und Drohnen sowie Geräte, die Bodenangriffe ermöglichten, sagte Lammy.
Bis dahin hatte Großbritannien Israel vorwiegend mit Komponenten für Flugzeuge, Radare und Zielgeräte beliefert, einschließlich Komponenten für F-35-Jets. 2023 habe die britische Regierung laut Sipri Rüstungsexporte über rund 20 Millionen Euro (17 Millionen Pfund) genehmigt.
Es klingt zunächst einmal nach einer guten Nachricht für den Bevölkerungsschutz in Deutschland: Im brandenburgischen Luckenwalde baut der Bundesverband des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) eines der größten und modernsten Bevölkerungsschutzzentren in Deutschland auf. Am heutigen Dienstag legen Vertreter des DRK und der Stadt Luckenwalde den Grundstein für das 34.000 Quadratmeter große Areal.
Ab 2026 will das DRK hier Hilfsgüter wie Decken, Zelte, Werkzeug, Hygieneartikel und Nahrung lagern, um sie schnell in Krisen- und Katastrophengebiete im In- und Ausland bringen zu können. Dazu kommen Fahrzeughallen und moderne Büro- und Schulungsräume. Aus den bisher vier Zentren des DRK, am Flughafen Berlin-Brandenburg, im brandenburgischen Lübben, im hessischen Fritzlar und in Dresden, soll damit ein zentrales Lager werden.
Für René Burfeindt, Leiter des Bereichs Nationale Hilfsgesellschaft beim DRK, ist das auch deshalb eine gute Nachricht, weil dann die vielen Tonnen Material für das “Mobile Betreuungsmodul 5.000” (MBM 5.000) an einem Ort gelagert sein werden – eine logistische Erleichterung für das DRK.
Das MBM 5.000 ist ein Teil der Zivilschutzreserve des Bundes und gehört dem Bundesinnenministerium (BMI). Und es soll eines Tages das Herzstück des Bevölkerungsschutzes in Deutschland sein. “Im Spannungs- und Verteidigungsfall müssen die lebenswichtigen Grundbedürfnisse der von Kriegseinwirkungen unverletzt betroffenen Menschen nach Obdach, Wärme, Wasser und Verpflegung sichergestellt werden”, schreibt das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) auf seiner Seite. Es besteht aus weit mehr als nur Zelten und Feldbetten, dazu gehören auch eine autarke Energieversorgung, Trinkwasseraufbereitung oder eine medizinische Grundversorgung.
Dreimal hat das BMI bisher entschieden, das Modul einzusetzen: 2021 nach der Flut im Ahrtal, während der Corona-Pandemie zur Erweiterung des Impfzentrums in Berlin-Tempelhof im Sommer 2021, und zur Unterbringung und Versorgung von aus der Ukraine geflüchteten Menschen im Frühjahr 2022.
Der Bedarf ist da, die Finanzierung nicht. Insgesamt zehn Module wollte das BMI bis 2027 beschaffen. Kostenpunkt pro Modul: etwa 30 Millionen Euro. Tendenz steigend, denn bestimmte Teile sind aufgrund unterbrochener Lieferketten immer schwerer aufzutreiben oder werden schlicht teurer. Ausfinanziert und fast vollständig beschafft ist bislang nur ein Modul, das zweite ist in Teilen finanziert. Im Haushalt 2025 steht bislang kein Geld für weitere Beschaffungen.
Das Bundesinnenministerium halte am Ziel der zehn Module fest, wolle aber mit den aus den Jahren 2023 und 2024 eingeplanten Geldern erst dafür sorgen, dass “zwei vollständig einsetzbare Betreuungsmodule in die Betreuungsreserve des Bundes für den Zivilschutz eingestellt werden”, teilte ein Sprecher des BMI auf Anfrage mit. Und: “Die weitere Vorhabenumsetzung setzt zusätzliche Haushaltsmittel voraus. Den laufenden Haushaltsverhandlungen im Deutschen Bundestag können wir hier nicht vorweggreifen.”
DRK-Fachmann Burfeindt wurmt das: “Wir müssen uns auf Situationen wie den Zivilschutzfall sehr viel stärker vorbereiten. Die MBM 5.000 zahlen auf das Schutzziel ein, ein bis zwei Prozent der deutschen Bevölkerung im Fall der Fälle, etwa bei zerstörter Infrastruktur, unterzubringen.” Dezentral spielten zwar auch die Kommunen, die Städte und die Landkreise eine Rolle. Aber Feldbetten in Turnhallen seien keine Unterbringungsalternative, wenn entweder die gesamte Infrastruktur zerstört sei, oder das Leben, wie etwa der Schulbetrieb, weitergehen müsse. “Zivilschutz ist Aufgabe des Bundes und wenn dieser bisher nur Unterbringungskapazitäten für 5.000 Personen finanziert hat, dann ist das ein Tropfen auf den heißen Stein”, so Burfeindt. Man dürfe hier nicht weiter zögern und auf Risiko gehen. Jeder Monat, den man früher damit beginne, Deutschland auf einen Krisenfall vorzubereiten, sei wichtig.
Noch etwas kommt hinzu: Die Konzentration kritischer Infrastruktur auf wenige Standorte macht diese immer verwundbar. Zugangsstraßen zum Logistikstandpunkt können blockiert werden, eine Cyberattacke diesen lahmlegen. Zwar werde am neuen Logistikzentrum für eine ausfallsichere Energieversorgung und Kommunikationsverbindung gesorgt. Auch das rote Kreuz auf weißem Grund – das Schutzzeichen für Einrichtungen humanitärer Hilfe nach der Genfer Konvention – soll vor Angriffen schützen.
Aber das ist keine Garantie. Auch für eine stärkere Dezentralisierung wären die MBM 5000 also hilfreich, sagt Burfeindt: “Wenn die weiteren acht Module tatsächlich kommen, dann hätten wir eine größere Unterbringungsvorhaltung für den Notfall an mehreren Standorten.”
Fünf der Module sollen, wenn sie denn finanziert und beschafft werden, vom DRK verwaltet werden, fünf von den anderen anerkannten Hilfsorganisationen wie dem Arbeiter-Samariter-Bund, der Johanniter-Unfallhilfe, dem Malteser Hilfsdienst und der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft.
In Polen sinkt erstmalig seit dem russischen Angriff auf die Ukraine 2022 das Vertrauen, dass die Bundeswehr im Falle eines russischen Angriffs in der Lage und bereit wäre, Polen zu unterstützen. Die Deutschen trauen der Bundeswehr das hingegen mehrheitlich zu.
Das zeigt die Studie “Hoffnung und Krise: Die öffentliche Meinung zu den gegenseitigen Beziehungen und den gemeinsamen Herausforderungen” der Reihe Deutsch-Polnisches Barometer, die unter anderem vom Institut für Öffentliche Angelegenheiten in Warschau, dem Deutschen Polen-Institut in Darmstadt und der Konrad-Adenauer-Stiftung in Polen durchgeführt wurde und Table.Briefings vorab vorliegt.
Mit 51 Prozent ist zwar mehr als die Hälfte der Polen weiterhin der Überzeugung, dass die Stärkung der Bundeswehr auch der Sicherheit Polens zugutekäme. Kurz nach dem Ausbruch des russischen Angriffskriegs im Jahr 2022 lag der Wert jedoch noch bei fast 59 Prozent. Der Anteil der Befragten, die aufgrund des durch den Zweiten Weltkrieg geprägten deutsch-polnischen Verhältnisses Bedenken bezüglich einer Stärkung der Bundeswehr haben, ist gestiegen.
Auch die innenpolitischen Entwicklungen in Deutschland und die Erfolge prorussischer Parteien wie AfD und BSW könnten die Skepsis verstärken.
“Dieser Mangel an Vertrauen ist gegebenenfalls auch auf das deutsche Zögern in Bezug auf die militärische Unterstützung der Ukraine und die aktuellen Debatten in Deutschland darüber zurückzuführen, ob die
Ukraine weiterhin mit Waffen beliefert werden soll oder nicht”, schreiben die Autoren Agnieszka Łada-Konefał und Jacek Kucharczyk in der Studie. An der Skepsis gegenüber Deutschland in der Bevölkerung hat sich auch seit dem Sieg der EU-freundlichen Bürgerplattform Donald Tusks bei der Parlamentswahl im Oktober 2023 kaum etwas geändert.
In Deutschland sind hingegen fast zwei Drittel der Befragten davon überzeugt, dass eine stärkere Bundeswehr auch die Sicherheit der Verbündeten, einschließlich Polens, erhöhen wird. Dies ist das höchste Ergebnis seit der Einführung dieser Frage im Deutsch-Polnischen Barometer im Jahr 2018. Die anhaltend starke Bedrohung durch Russland führt dazu, dass die öffentliche Meinung in Deutschland den Ausbau der Bundeswehr als Teil der Stärkung der Sicherheit in der Region zunehmend unterstützt. wp
Am Montag hat Verteidigungsminister Boris Pistorius das Kommando für den neuen, von Deutschland gestellten Marine-Führungsstab für den Ostseeraum offiziell an Konteradmiral Stephan Haisch übergeben. Zum 1. Oktober hat die Marine die Funktion des Commander Task Force Baltic (CTF Baltic) übernommen. Der Stab des Hauptquartiers, das unter dem Dach des Marinekommandos in der Hanse-Kaserne aufgestellt ist, koordiniert künftig die ihm von der Nato unterstellten Seestreitkräfte.
Mit der Einweihung der “Commander Task Force Baltic” zeige sich Deutschland bereit, als globale Handels- und Seefahrernation im Ostseeraum Verantwortung und Führung zu übernehmen, sagte Pistorius bei der Kommandoübergabe.
Das Hauptquartier übernimmt permanent Aufgaben für die Nato, wie die Erstellung eines Unter- und Überwasserlagebildes, die Planung von multinationalen Manövern, und vor allem die Ausarbeitung eines gemeinsamen regionalen Verteidigungsplanes für die Ostsee. Die Führung von Einsätzen obliegt aber weiterhin dem neu aufgestellten Operationalen Führungskommando.
Verteidigungsministerium und Deutsche Marine betonten am Montag, dass das CTF Baltic kein Hauptquartier der Nato sei, sondern ein nationales Hauptquartier, an dem sich – Stand jetzt – zwölf andere Nato-Nationen mit Verbindungspersonal beteiligten. klm
Mehr zu den Aufgaben, die nun auf die Marine zukommen, wem das CTF Baltic unterstellt ist, und ob Deutschland mit der Aufstellung des Hauptquartiers gegen den 2+4-Vertrag verstößt, lesen Sie in dieser Analyse.
Die ersten 1.500 nordkoreanischen Soldaten sollen laut dem südkoreanischem Geheimdienst (NIS) auf russischen Kriegsschiffen bereits nach Russland gebracht worden sein. Gekleidet in russische Uniformen und ausgestattet mit russischen Waffen sowie gefälschten Dokumenten sollen sie sich als Burjaten und Jakuten ausgeben – indigene Gruppen im Fernen Osten Russlands.
Seit der ersten Mobilmachung für den Krieg gegen die Ukraine im September 2022 rekrutiert Russland Ausländer. Neu an den nordkoreanischen Soldaten ist, dass diese sich nicht privat anwerben lassen, sondern wohl im Rahmen des im Juni zwischen Moskau und Pjöngjang unterzeichneten Vertrags entsandt werden. Der Vertrag sieht militärische Hilfe vor, wenn einer der beiden Vertragspartner überfallen wird. Nach Moskaus Lesart könnte der ukrainische Kursk-Vorstoß vom August so ausgelegt werden.
Nato-Generalsekretär Mark Rutte schrieb in einer Mitteilung auf X am Montag, dass das Entsenden nordkoreanischer Truppen in die Ukraine “eine bedeutende Eskalation darstellen würde”. Wie die Ukraine-Unterstützer oder gar die Nato darauf reagieren würden, ließ er offen. Der US-Verteidigungsminister Lloyd Austin versicherte der Ukraine während seines Besuchs in Kiew weitere Unterstützung der USA.
Russlands Verluste in der Ukraine sollen nach Zählungen ukrainischer Medien mehr als 680.000 Mann betragen. Auch Pro-Kreml-Blogger schreiben von sehr hohen Verlusten. In Russland selbst wird die Rekrutierung Freiwilliger schwieriger. Eine neue Mobilmachung meidet das Regime bisher, auch weil der Wirtschaft Arbeitskräfte fehlten.
Ein Personal-Deal mit Pjöngjang würde Wladimir Putin Soldaten verschaffen und eigene Ressourcen schonen. Nach der Einbestellung des russischen Botschafters durch Südkorea sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow, dass die Berichte über nordkoreanische Soldaten “widersprüchlich seien”. Ein Dementi war es nicht. Peskow betonte gar, dass Russland und Nordkorea ihre Beziehungen ausweiteten, dies “soll aber niemanden beunruhigen”. vf
In Moldau hat die Bevölkerung bei einem Referendum mit hauchdünner Mehrheit für die Verankerung des EU-Kurses in der Verfassung gestimmt. Nach Auszählung fast aller Wahlzettel (99,7 Prozent) stimmten laut Wahlkommission 50,46 Prozent der Teilnehmer für die Änderung der Verfassung, in der ein proeuropäischer Kurs unabänderlich als strategisches Ziel festgeschrieben werden soll.
Laut moldauischen Medien stimmten die Menschen in der Mehrheit der Regionen im Land gegen die Verfassungsänderung. Den Ausschlag in die andere Richtung gaben die Hunderttausende Moldauer, die im Ausland leben – vor allem in der EU.
Moldau mit 2,5 Millionen Einwohnern ist zwischen dem Westen und Russland traditionell hin- und hergerissen. Das verarmte Agrarland, gelegen zwischen EU- und Nato-Mitglied Rumänien und der von Russland angegriffenen Ukraine, ist ein EU-Beitrittskandidat.
Moldauische Sicherheitskräfte hatten schon vor der Abstimmung Wählerbestechung und prorussische Desinformation aufgedeckt, und die prowestliche Staatschefin Maia Sandu hatte behauptet, dass mehrere Hunderttausend Stimmen gekauft worden seien. Nach Angaben der Behörden in Chişinău soll Moskau mehr als 100 Millionen Euro eingesetzt haben, um das Referendum und die parallelen Präsidentschaftswahlen zu beeinflussen. Moskau dürfte sich durch das knappe Resultat in seiner hybriden Kriegsführung bestätigt sehen. Die Bundesregierung in Berlin verurteilte anhaltende Manipulations– und Einflussversuche.
Sandu kam bei der zeitgleich abgehaltenen Präsidentenwahl unter den insgesamt elf Kandidaten zwar als erste durch Ziel, verfehlte aber die absolute Mehrheit und muss deshalb in zwei Wochen in eine Stichwahl. Sie ging nach Meinung von Beobachtern nicht gestärkt aus dem Wahlsonntag hervor. Kritisiert wurden auch kurzfristige Gesetzesänderungen vor der Wahl. Das Werben der moldauischen Führung für ein Ja zur EU, verknüpft mit Sandus Kampf um eine Wiederwahl, habe für andere Kandidaten einen Nachteil bedeutet, teilten Beobachter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) mit.
Das Referendum ist zwar gültig, muss aber durch das Verfassungsgericht bestätigt werden. Die Richter könnten es etwa wegen Unregelmäßigkeiten noch kippen. Wenn sie es bestätigen, wird die Verfassung geändert. sti/dpa/wp
The Bell: Russia pushes BRICS to take anti-Western turn. Russland will die Gruppe der BRICS-Staaten zu einer Waffe in seinem Wirtschaftskrieg gegen den Westen machen. Ziel ist der Aufbau eines Zahlungssystems, das gegen US-Sanktionen immun ist, schreiben die Analysten von The Bell. Leicht umsetzbar sei dieses Vorhaben aber nicht.
Spiegel: “Am Ende des Ukrainekriegs wird das russische Militär stärker sein als heute.” Das Regime Putins plant mit einem langanhaltenden Konflikt. Und wie steht es mit der Nato aus? In diesem Interview beantworten Nato-Befehlshaber Christopher Cavoli und Generalinspekteur der Bundeswehr Carsten Breuer diese Frage. Der Westen müssen seine Anstrengungen erhöhen, um Russland von einem Angriff abhalten zu können, sagen sie.
Washington Post: What will Yahya Sinwar’s death mean for Gaza? Not peace. Der Tod des Hamas-Anführers Yahya Sinwar gab vielen Politikern die Hoffnung, der Gaza-Krieg könnte bald beendet werden. Doch es gibt keinerlei Anzeichen dafür, dass die Kriegshandlungen bald eingestellt werden. Ein wichtiger Grund: Israel unterschätze die Motivation seiner Gegner.
New York Times: A Mideast Shift Is Underway, Without Israel. Saudi-Arabien verbessert die Beziehungen zu seinem traditionellen Erzfeind Iran und besteht darauf, dass jedes diplomatische Abkommen mit Israel von der Anerkennung eines palästinensischen Staates abhängt. Eine Analyse über die sich verändernde geopolitische Lage im Nahen Osten.
“Nein, ich würde euch nicht beschützen. Ich würde (Russland) sogar ermutigen, zu tun, was immer sie wollen”, sagte der Präsidentschaftskandidat der US-Republikaner, Donald J. Trump auf die Frage, die ihm angeblich ein Präsident eines großen europäischen Landes gestellt haben soll, ob die USA sie verteidigte, wenn Russland sie angriffe.
Damit kündigte er in aller Öffentlichkeit den Artikel 5 des Nordatlantikvertrags auf, den Bündnisfall, der besagt, dass ein Angriff auf eines oder mehrere Mitgliedsstaaten der Nato als ein Angriff auf alle angesehen wird und sie Beistand leisten.
Man muss kein Fan der Nato sein, um nüchtern festzustellen, dass dies die sicherheitspolitische Situation Europas drastisch veränderte. Hinzu kommt, dass der Kandidat der Republikaner Wahlergebnisse und Gerichtsurteile nur anerkennt, wenn sie ihm passen und Medien droht, sie zu schließen, wenn sie nicht so berichten, wie er es gerne hätte. An seinen Rassismus, seinen Sexismus und seine Lügen hat man sich in Europa schon fast gewöhnt.
Es liegt auf der Hand, dass es im Interesse der Europäischen Union und Deutschlands wäre, wenn dieser Mann nicht erneut in das Weiße Haus einzöge. Allerdings ist in Brüssel und Berlin dazu nur ohrenbetäubendes Schweigen zu hören. Man wolle sich nicht einmischen, bliebe lieber neutral und was, wenn man jetzt Stellung bezöge und man es dann später doch mit ihm zu tun habe?
Diese Zurückhaltung zeigen seine Unterstützerinnen und Unterstützer nicht. Die Zuneigung des Ministerpräsidenten des EU-Mitgliedslandes Ungarn, Viktor Orbán, zu seinem autokratischen Bruder im Geiste im Mar-a-Lago-Club in Florida geht so weit, dass er öffentlich bekundete, er würde “mehrere Champagnerflaschen öffnen, wenn Trump ins Weiße Haus zurückkehrte.” Trump bekundete seinerseits in der Fernsehdebatte mit seiner Konkurrentin Kamala Harris, dass Orbán einer der “am meisten respektierten World Leader sei”. Von anderen rechten Politikerinnen und Politikern der Europäischen Union wie Giorgia Meloni und Geert Wilders erfährt Trump ebenfalls öffentliche Unterstützung.
Und auf der anderen Seite? Stille im Bundeskanzleramt. Außenministerin Annalena Baerbock nutzt eine Reise in die USA, um sich ausgerechnet mit dem rechtesten der republikanischen Gouverneure, Greg Abbott, einem treuen Trump-Verbündeten zu treffen und so zu signalisieren: Deutschland käme auch mit dessen Regierung klar. Wertebasierte Außenpolitik? Wenn es um den mächtigen Partner auf der anderen Seite des Atlantik geht – Fehlanzeige. Die Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen, erwähnt die für die europäische Zukunft so wichtige Wahl mit keinem Wort. Hingegen sagt Jens Spahn, der stellvertretende Vorsitzende ihrer Partei, der CDU, der größten Oppositionspartei im größten Mitgliedsland der EU, “wenn ich auf die Inhalte schaue (…), dann sehe ich gemeinsame Interessen”.
Die USA stehen nicht einfach vor einer Wahl zwischen zwei normalen Parteien. Die Republikaner haben sich in eine zum Teil rechtsradikale Trump-Sekte verwandelt. Der höchstrangige Politiker dieser Partei, der Sprecher des Repräsentantenhauses Mike Johnson, eilte nach der Verurteilung von Donald Trump wegen dessen Schweigegeldzahlung an Stephanie Clifford nach New York und bezeichnete das Urteil als illegitimen “Schwindel” und das US-Gerichtssystem als “korrupt”. Die Fernsehmoderatorin Lara Trump, Schwiegertochter des ehemaligen Präsidenten, ist Kovorsitzende des Republican National Committee. Es ist nicht nur eine Person, es ist inzwischen die ganze Partei, die die USA in ein autoritär geführtes Land umbauen wollen und dafür international Gefolgschaft erwarten statt Verträge, gemeinsame Organisationen und die damit verbundenen Verpflichtungen.
Wie kann Deutschland, wie kann die Europäische Union hier neutral bleiben? Als der jetzige französische Präsident Emmanuel Macron das erste Mal in eine Stichwahl mit Marine Le Pen ging, warnte der damalige deutsche Außenminister Sigmar Gabriel noch vor den damit verbundenen Gefahren für Europa. Wo ist diese Haltung jetzt?
Es ist im Interesse der europäischen und deutschen Sicherheit und Demokratie, dass Donald J. Trump nicht erneut Präsident der USA wird. Statt sich ängstlich wegzuducken, sollten die Politikerinnen und Politiker in Brüssel und den europäischen Hauptstädten, die ihn nicht wollen, das auch sagen. Das ist nicht ohne Risiko. Aber nur für seine Werte einzutreten, wenn es nichts kostet, ist wohlfeil.
Stefan Liebich ist Leiter des Büros der Rosa-Luxemburg-Stiftung in New York und war von 2009 bis 2021 Abgeordneter der Linken im Deutschen Bundestag
der Generalkommissar des UN-Hilfswerks für Palästina-Flüchtlinge (UNRWA), Philippe Lazzarini, macht Israel im Gespräch mit Markus Bickel schwere Vorwürfe. Er spricht von Angriffen gegen die Vereinten Nationen und das multilaterale System insgesamt.
Dass Deutschland weiterhin Waffen an Israel liefern will, hat Bundeskanzler Olaf Scholz jüngst bekräftigt und sich damit anders als europäische Partner positioniert. Gabriel Bub hat den unterschiedlichen Umgang mit Rüstungsexporten nach Israel in Europa verglichen.
Außerdem im Briefing: Heute wird im brandenburgischen Luckenwalde der Grundstein für das größte und modernste Bevölkerungsschutzzentrum in Deutschland gelegt. Warum das nicht nur eine gute Nachricht ist, erklärt Lisa-Martina Klein in ihrer Analyse.
Einen guten Start in den Tag,
Herr Lazzarini, Hamas-Anführer Yahia Sinwar ist vergangene Woche getötet worden. Macht das einen Waffenstillstand und eine Befreiung der in Gaza festgehaltenen israelischen Geiseln leichter?
Ich hoffe wirklich, dass der Krieg jetzt zu Ende geht, und das bedeutet in der Tat einen Waffenstillstand, es bedeutet die Rückkehr der Geiseln. Ein Waffenstillstand würde auch eine Atempause für die Bevölkerung in Gaza bedeuten und beinhalten, dass Hilfe endlich dauerhaft ankommen kann.
Die USA haben Israel mit der Aussetzung von Waffenlieferungen gedroht, sollten Hilfstransporte in den Gazastreifen nicht entscheidend erhöht werden.
Das ist absolut entscheidend, schließlich haben wir in den vergangenen Monaten einen deutlichen Rückgang der Konvois nach Gaza erlebt. Im Norden, wo bis zu 400.000 Menschen leben, sind seit Anfang des Monats gar keine Lastwagen mehr angekommen. Das UN-Welternährungsprogramm WFP schlägt bereits Alarm, weil die Bevölkerung erneut von einer Hungersnot bedroht ist, wenn wir unsere Hilfe nicht deutlich aufstocken.
Israel wirft UNRWA vor, dass 19 Ihrer Angestellten am Terrorüberfall der Hamas am 7. Oktober 2023 beteiligt waren. Sie haben eine externe und eine interne Untersuchung eingeleitet. Was ist mit den Verdächtigen geschehen?
Bis auf einen Mitarbeiter sind alle entlassen worden, einige von ihnen wurden getötet, andere inhaftiert. Das Ergebnis der Untersuchung war, dass gegen neun der Mitarbeiter nicht genügend Beweise vorlagen. Dennoch wurden sie entlassen, weil wir weitere Anschuldigungen gegen sie prüfen. Bei neun anderen Mitarbeitern lautete die Schlussfolgerung, dass sie eine Rolle gespielt haben könnten, wenn sich die vorliegenden Informationen bestätigen ließen. Wie Sie wissen, habe ich mich diesbezüglich immer klar geäußert: Hätte einer der Mitarbeiter eine Rolle bei diesem schrecklichen Massaker gespielt, wäre dies ein furchtbarer Verrat an den Palästinensern, an den Vereinten Nationen und an jedem, der Opfer dieses Verbrechens wurde, gewesen.
Können Sie ausschließen, dass UNRWA noch Hamas-Mitglieder unter ihren Mitarbeitern hat?
Ich kann Ihnen mit Sicherheit sagen, dass im Falle des Verdachts, dass ein Mitarbeiter eine öffentliche Rolle innerhalb der Hamas spielt, dieser sofort entlassen wird.
Israel hat Ihnen im Juli eine Liste mit 108 Namen von UNRWA-Angestellten überreicht, die Mitglieder von Hamas oder Islamischem Dschihad sein sollen – mit der Aufforderung, diese zu entlassen. Sind Sie dieser Aufforderung nachgekommen?
Wir haben die israelischen Behörden gebeten, uns fundiertere Informationen zukommen zu lassen, damit die Agentur darauf reagieren kann. Denn solange wir nicht mehr über diese Personen wissen als ihre Namen, kann die Agentur nur sehr wenig tun. Wenn Mitgliedstaaten über nachrichtendienstliche Informationen verfügen, die uns weiterhelfen, sollten sie diese an die UNRWA weitergeben. Im Moment haben wir nicht mehr als eine Liste von Namen.
In der Knesset wird demnächst über einen Gesetzesentwurf abgestimmt, der darauf abzielt, der israelischen Regierung den Umgang mit UNRWA zu verbieten. Welches politische Ziel wird damit verfolgt?
Dahinter steht das Ziel, die Agentur zu zerschlagen und den Palästinensern ihren Flüchtlingsstatus zu entziehen. Das hätte schreckliche Folgen, solange es keine politische Lösung oder eine Alternative zu UNRWA gibt. Wie Sie wissen, bieten wir Hunderttausenden von Mädchen und Jungen eine Ausbildung an. Würde unsere Tätigkeit eingestellt, würde das bedeuten, dass eine ganze Generation von Kindern geopfert würde, weil niemand in der Lage ist, für Bildung zu sorgen, solange es keinen funktionierenden Staat in den palästinensischen Gebieten gibt.
In den vergangenen Monaten wurde immer wieder der Ruf laut, die UNRWA durch eine andere Organisation zu ersetzen. Wer sollte das sein?
Keine der anderen UN-Organisationen bietet regierungsähnliche Dienste an wie wir, keine andere UN-Organisation kann Grund- oder Sekundarschulbildung anbieten – oder medizinische Grundversorgung in diesem Umfang für Millionen von Menschen in der Region bereitstellen. In der Tat gibt es keine andere Organisation, die in der Lage wäre, diese Aufgaben zu übernehmen.
Seit Oktober vergangenen Jahres sind im Gazastreifen 231 UNRWA-Mitarbeiter getötet worden. Wen machen Sie dafür verantwortlich?
Dies ist ein enormer Preis, den die Organisation, den die UNRWA-Mitarbeiter zahlen müssen. Aber nicht nur unsere Mitarbeiter sind angegriffen worden, sondern mehr als 40.000 Menschen sind Berichten zufolge in diesem Krieg getötet worden, der viel zu viel Kummer und Leid verursacht hat. Nur eine Untersuchungskommission wird Aufschluss darüber geben, wer hinter der Tötung der Mitarbeiter und den Angriffen auf UN-Einrichtungen in Gaza steckt.
Nicht nur die UNRWA ist Ziel israelischer Angriffe, auch UNIFIL-Personal im Libanon wurde verletzt, UN-Generalsekretär Anónion Guterres ist in Israel zur Persona non grata erklärt worden. Steckt dahinter ein Muster?
Ich glaube, dass die Angriffe auf UNRWA nicht nur im Gazastreifen, sondern auf die Organisation als Ganzes Teil eines umfassenderen Musters sind – und sich gegen die Vereinten Nationen und das multilaterale System insgesamt richten. Im Zusammenhang mit Palästina und Israel handelt es sich um Angriffe auf alle, die sich für die Zweistaatenlösung einsetzen und das Streben der Palästinenser nach Selbstbestimmung unterstützen.
Was kann Deutschland, was kann die EU tun, um dagegen vorzugehen?
Die UN-Mitgliedstaaten müssen erkennen, dass sich ein neues Muster etablieren würde, wenn wir zuließen, dass UNRWA aufgelöst wird, dass UNIFIL im Libanon weiter angegriffen wird und dass der UN-Generalsekretär zur Persona nona grata erklärt werden kann: ein Muster, das sich überall auf der Welt wiederholen kann, insbesondere dann, wenn vor Ort eine UN-Agentur präsent ist, die die Regierung loswerden will. Es steht viel auf dem Spiel, vor allem aber unsere nach dem Zweiten Weltkrieg etablierten multilateralen Instrumente zwischen den Mitgliedstaaten. Daher bin ich der Meinung, dass Europa, die USA und alle Länder, die Einfluss haben, diese Instrumente nutzen sollten.
Philippe Lazzarini steht seit 2020 an der Spitze des UN-Hilfswerks für Palästina-Flüchtlinge (UNRWA). Für die Organisation arbeiten mehr als 33.000 Mitarbeiter in Gazastreifen, Westjordanland, Ostjerusalem, Libanon und Jordanien. UNRWA bietet Millionen Palästinensern seit 1950 Bildung und Gesundheitsversorgung. Vor seiner Zeit bei UNRWA arbeitet der 1964 geborene schweizerisch-italienische Diplomat unter anderem für das Internationale Komitee vom Roten Kreuz.
Während Bundeskanzler Olaf Scholz im Bundestag in den vergangenen beiden Wochen gleich zweimal persönlich bekräftigte, dass Deutschland Israel weiter Waffen liefert, distanzieren sich europäische Partner zunehmend von der israelischen Kriegsführung. Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu etwa bezeichnete die Forderung von Frankreichs Präsidenten Emmanuel Macron nach einem Waffenembargo gegen Israel vergangene Woche als “beschämend”.
Die Uneinigkeit zwischen Deutschland und Frankreich erzeuge “eine weitere verpasste Chance, Einfluss auf die Ausgestaltung der europäischen Außen- und Sicherheitspolitik zu nehmen”, sagt die Frankreich-Expertin Ronja Kempin von der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP). Macron hatte dem Radiosender France Inter Anfang Oktober gesagt: “Man kämpft nicht gegen Terrorismus und Terroristen, indem man eine Zivilbevölkerung opfert.” Seine deutlichen Worte führt Kempin auch auf Israels Einmarsch im Südlibanon zurück und darauf, dass man in Frankreich “die falsche Vorstellung” habe, “noch immer Schutzmacht des Libanon zu sein”. Rund 700 französische Soldaten gehören der UN-Mission im Libanon (UNIFIL) an.
Andere EU-Länder stellen sich demonstrativ hinter Israel. So schwächen oder blockieren Ungarn, Österreich und Tschechien gemeinsame EU-Initiativen, die Israel aus deren Sicht zu sehr einschränken würden.
Macrons Worte lesen sich als Aufruf an andere Nationen. Sven Arnold forscht als Gastwissenschaftler aus dem französischen Verteidigungsministerium bei der SWP und sagt: “Nur die USA sind in der Lage, Druck auf Israel auszuüben.” Wenn Macron ankündige, keine Waffen mehr an Israel zu liefern, sei das eher eine Botschaft an die USA als an Israel. “Es wäre kein Gamechanger für Israel, wenn Frankreich seine Lieferungen einstellt”, sagt Arnold.
Zwischen 2019 und 2023 bezog Israel laut Daten des Stockholm International Peace Research Institute (Sipri) 69 Prozent seiner Rüstungsimporte aus den USA. Die USA lieferten jahrzehntelang vor allem Kampfflugzeuge, Ende 2023 dann auch Lenkbomben und Raketen. Die Rüstungsindustrien sind verwoben, produzieren etwa die Luftverteidigungssysteme Iron Dome oder Arrow gemeinsam. Doch Washington stellt seine militärische Unterstützung immer stärker in Frage. In einem gemeinsamen Brief hatten der US-amerikanische Verteidigungsminister Lloyd Austin und Außenminister Antony Blinken Israel vergangene Woche gedroht, Waffenlieferungen zu stoppen, sollte Israel die humanitäre Lage im Gazastreifen nicht verbessern.
30 Prozent der israelischen Rüstungsimporte kamen zwischen 2019 und 2023 aus Deutschland. In Europa belegt Deutschland damit den ersten Platz – nach neuesten Zahlen des Bundeswirtschaftsministeriums erteilte die Bundesregierung bis zum 13. Oktober 106 Einzelgenehmigungen mit einem Gesamtwert von knapp 46 Millionen Euro. Mit großem Abstand folgt hinter Deutschland Italien, das für 0,9 Prozent der israelischen Importe zwischen 2019 und 2023 verantwortlich war. Eine Übersicht:
Was Deutschland 2024 konkret geliefert hat, teilte die Bundesregierung in ihrer Erklärung an den Wirtschaftsausschuss nicht mit. Aber unter die Titel, die das vom Grünen Robert Habeck geführte Haus aufführt, fallen etwa Munition und Zünderstellvorrichtungen, Bomben, Granaten, Raketen, Überwachungsausrüstung, Kriegsschiffe und Marineausrüstung, Drohnen sowie elektronische Störgeräte. Die Süddeutsche Zeitung berichtete, dass Ausfuhrgenehmigungen für Ersatzteile und Komponenten für Hubschrauber und Panzer geplant seien. Israel habe der Bundesregierung im Gegenzug zugesichert, die Waffen nur im Rahmen des humanitären Völkerrechts einzusetzen.
Die deutschen Lieferungen zwischen 2019 und 2023 bezogen sich vor allem auf Marinegüter. 81 Prozent der Lieferungen waren laut den Sipri-Daten Kriegsschiffe, zehn Prozent Torpedos. Der Rest bestand aus Motoren für gepanzerte Fahrzeuge, die die israelischen Streitkräfte auch in Gaza einsetzten. Vorher gelieferte deutsche U-Boote stellen eine Grundlage der nuklearen Abschreckungsfähigkeit Israels dar. Ein weiteres U-Boot, die “Drakon”, wurde zwar schon produziert, jedoch noch nicht ausgeliefert.
Im Vergleich dazu gering sind die italienischen Rüstungsexporte. Zwischen 2019 und 2023 war Italien nur für 0,9 Prozent der israelischen Rüstungsimporte verantwortlich. Größtenteils lieferte Italien leichte Helikopter. Verteidigungsminister Guido Crosetto sagte im März 2024, dass nur noch die Waffenlieferungen erfolgten, die vor dem 7. Oktober vereinbart worden seien.
Nach Macrons Embargo-Forderung hatte Verteidigungsminister Sébastien Lecornu auf X klargestellt: “Frankreich liefert keine Waffen nach Israel.” Frankreich liefere nur Komponenten für “rein defensive Systeme”. Das seien Sensoren oder Kugellager, schrieb Lecornu. Diese würden im Iron Dome zum Schutz von Zivilisten verwendet. Außerdem liefere Frankreich Komponenten für größere Systeme, die für den Wiederexport bestimmt seien. “Im Übrigen steht die israelische Industrie in Konkurrenz zu unserer”, schrieb Lecornu.
Laut Sipri hat Frankreich zuletzt 1998 größere Waffen nach Israel geliefert. Das französische Investigativmedium Disclose berichtete im Juni 2024 allerdings, dass der französische Hersteller Thales Teile für Hermes 900-Drohnen geliefert habe.
Bereits Anfang September hatte der britische Außenminister David Lammy gesagt, dass etwa 30 der rund 350 Exportlizenzen nach Israel ausgesetzt würden, weil das Risiko bestehe, dass diese Ausrüstung genutzt werde, um internationales humanitäres Recht zu verletzen. Die Exportlizenzen bezögen sich auf Komponenten für Kampfjets, Hubschrauber und Drohnen sowie Geräte, die Bodenangriffe ermöglichten, sagte Lammy.
Bis dahin hatte Großbritannien Israel vorwiegend mit Komponenten für Flugzeuge, Radare und Zielgeräte beliefert, einschließlich Komponenten für F-35-Jets. 2023 habe die britische Regierung laut Sipri Rüstungsexporte über rund 20 Millionen Euro (17 Millionen Pfund) genehmigt.
Es klingt zunächst einmal nach einer guten Nachricht für den Bevölkerungsschutz in Deutschland: Im brandenburgischen Luckenwalde baut der Bundesverband des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) eines der größten und modernsten Bevölkerungsschutzzentren in Deutschland auf. Am heutigen Dienstag legen Vertreter des DRK und der Stadt Luckenwalde den Grundstein für das 34.000 Quadratmeter große Areal.
Ab 2026 will das DRK hier Hilfsgüter wie Decken, Zelte, Werkzeug, Hygieneartikel und Nahrung lagern, um sie schnell in Krisen- und Katastrophengebiete im In- und Ausland bringen zu können. Dazu kommen Fahrzeughallen und moderne Büro- und Schulungsräume. Aus den bisher vier Zentren des DRK, am Flughafen Berlin-Brandenburg, im brandenburgischen Lübben, im hessischen Fritzlar und in Dresden, soll damit ein zentrales Lager werden.
Für René Burfeindt, Leiter des Bereichs Nationale Hilfsgesellschaft beim DRK, ist das auch deshalb eine gute Nachricht, weil dann die vielen Tonnen Material für das “Mobile Betreuungsmodul 5.000” (MBM 5.000) an einem Ort gelagert sein werden – eine logistische Erleichterung für das DRK.
Das MBM 5.000 ist ein Teil der Zivilschutzreserve des Bundes und gehört dem Bundesinnenministerium (BMI). Und es soll eines Tages das Herzstück des Bevölkerungsschutzes in Deutschland sein. “Im Spannungs- und Verteidigungsfall müssen die lebenswichtigen Grundbedürfnisse der von Kriegseinwirkungen unverletzt betroffenen Menschen nach Obdach, Wärme, Wasser und Verpflegung sichergestellt werden”, schreibt das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) auf seiner Seite. Es besteht aus weit mehr als nur Zelten und Feldbetten, dazu gehören auch eine autarke Energieversorgung, Trinkwasseraufbereitung oder eine medizinische Grundversorgung.
Dreimal hat das BMI bisher entschieden, das Modul einzusetzen: 2021 nach der Flut im Ahrtal, während der Corona-Pandemie zur Erweiterung des Impfzentrums in Berlin-Tempelhof im Sommer 2021, und zur Unterbringung und Versorgung von aus der Ukraine geflüchteten Menschen im Frühjahr 2022.
Der Bedarf ist da, die Finanzierung nicht. Insgesamt zehn Module wollte das BMI bis 2027 beschaffen. Kostenpunkt pro Modul: etwa 30 Millionen Euro. Tendenz steigend, denn bestimmte Teile sind aufgrund unterbrochener Lieferketten immer schwerer aufzutreiben oder werden schlicht teurer. Ausfinanziert und fast vollständig beschafft ist bislang nur ein Modul, das zweite ist in Teilen finanziert. Im Haushalt 2025 steht bislang kein Geld für weitere Beschaffungen.
Das Bundesinnenministerium halte am Ziel der zehn Module fest, wolle aber mit den aus den Jahren 2023 und 2024 eingeplanten Geldern erst dafür sorgen, dass “zwei vollständig einsetzbare Betreuungsmodule in die Betreuungsreserve des Bundes für den Zivilschutz eingestellt werden”, teilte ein Sprecher des BMI auf Anfrage mit. Und: “Die weitere Vorhabenumsetzung setzt zusätzliche Haushaltsmittel voraus. Den laufenden Haushaltsverhandlungen im Deutschen Bundestag können wir hier nicht vorweggreifen.”
DRK-Fachmann Burfeindt wurmt das: “Wir müssen uns auf Situationen wie den Zivilschutzfall sehr viel stärker vorbereiten. Die MBM 5.000 zahlen auf das Schutzziel ein, ein bis zwei Prozent der deutschen Bevölkerung im Fall der Fälle, etwa bei zerstörter Infrastruktur, unterzubringen.” Dezentral spielten zwar auch die Kommunen, die Städte und die Landkreise eine Rolle. Aber Feldbetten in Turnhallen seien keine Unterbringungsalternative, wenn entweder die gesamte Infrastruktur zerstört sei, oder das Leben, wie etwa der Schulbetrieb, weitergehen müsse. “Zivilschutz ist Aufgabe des Bundes und wenn dieser bisher nur Unterbringungskapazitäten für 5.000 Personen finanziert hat, dann ist das ein Tropfen auf den heißen Stein”, so Burfeindt. Man dürfe hier nicht weiter zögern und auf Risiko gehen. Jeder Monat, den man früher damit beginne, Deutschland auf einen Krisenfall vorzubereiten, sei wichtig.
Noch etwas kommt hinzu: Die Konzentration kritischer Infrastruktur auf wenige Standorte macht diese immer verwundbar. Zugangsstraßen zum Logistikstandpunkt können blockiert werden, eine Cyberattacke diesen lahmlegen. Zwar werde am neuen Logistikzentrum für eine ausfallsichere Energieversorgung und Kommunikationsverbindung gesorgt. Auch das rote Kreuz auf weißem Grund – das Schutzzeichen für Einrichtungen humanitärer Hilfe nach der Genfer Konvention – soll vor Angriffen schützen.
Aber das ist keine Garantie. Auch für eine stärkere Dezentralisierung wären die MBM 5000 also hilfreich, sagt Burfeindt: “Wenn die weiteren acht Module tatsächlich kommen, dann hätten wir eine größere Unterbringungsvorhaltung für den Notfall an mehreren Standorten.”
Fünf der Module sollen, wenn sie denn finanziert und beschafft werden, vom DRK verwaltet werden, fünf von den anderen anerkannten Hilfsorganisationen wie dem Arbeiter-Samariter-Bund, der Johanniter-Unfallhilfe, dem Malteser Hilfsdienst und der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft.
In Polen sinkt erstmalig seit dem russischen Angriff auf die Ukraine 2022 das Vertrauen, dass die Bundeswehr im Falle eines russischen Angriffs in der Lage und bereit wäre, Polen zu unterstützen. Die Deutschen trauen der Bundeswehr das hingegen mehrheitlich zu.
Das zeigt die Studie “Hoffnung und Krise: Die öffentliche Meinung zu den gegenseitigen Beziehungen und den gemeinsamen Herausforderungen” der Reihe Deutsch-Polnisches Barometer, die unter anderem vom Institut für Öffentliche Angelegenheiten in Warschau, dem Deutschen Polen-Institut in Darmstadt und der Konrad-Adenauer-Stiftung in Polen durchgeführt wurde und Table.Briefings vorab vorliegt.
Mit 51 Prozent ist zwar mehr als die Hälfte der Polen weiterhin der Überzeugung, dass die Stärkung der Bundeswehr auch der Sicherheit Polens zugutekäme. Kurz nach dem Ausbruch des russischen Angriffskriegs im Jahr 2022 lag der Wert jedoch noch bei fast 59 Prozent. Der Anteil der Befragten, die aufgrund des durch den Zweiten Weltkrieg geprägten deutsch-polnischen Verhältnisses Bedenken bezüglich einer Stärkung der Bundeswehr haben, ist gestiegen.
Auch die innenpolitischen Entwicklungen in Deutschland und die Erfolge prorussischer Parteien wie AfD und BSW könnten die Skepsis verstärken.
“Dieser Mangel an Vertrauen ist gegebenenfalls auch auf das deutsche Zögern in Bezug auf die militärische Unterstützung der Ukraine und die aktuellen Debatten in Deutschland darüber zurückzuführen, ob die
Ukraine weiterhin mit Waffen beliefert werden soll oder nicht”, schreiben die Autoren Agnieszka Łada-Konefał und Jacek Kucharczyk in der Studie. An der Skepsis gegenüber Deutschland in der Bevölkerung hat sich auch seit dem Sieg der EU-freundlichen Bürgerplattform Donald Tusks bei der Parlamentswahl im Oktober 2023 kaum etwas geändert.
In Deutschland sind hingegen fast zwei Drittel der Befragten davon überzeugt, dass eine stärkere Bundeswehr auch die Sicherheit der Verbündeten, einschließlich Polens, erhöhen wird. Dies ist das höchste Ergebnis seit der Einführung dieser Frage im Deutsch-Polnischen Barometer im Jahr 2018. Die anhaltend starke Bedrohung durch Russland führt dazu, dass die öffentliche Meinung in Deutschland den Ausbau der Bundeswehr als Teil der Stärkung der Sicherheit in der Region zunehmend unterstützt. wp
Am Montag hat Verteidigungsminister Boris Pistorius das Kommando für den neuen, von Deutschland gestellten Marine-Führungsstab für den Ostseeraum offiziell an Konteradmiral Stephan Haisch übergeben. Zum 1. Oktober hat die Marine die Funktion des Commander Task Force Baltic (CTF Baltic) übernommen. Der Stab des Hauptquartiers, das unter dem Dach des Marinekommandos in der Hanse-Kaserne aufgestellt ist, koordiniert künftig die ihm von der Nato unterstellten Seestreitkräfte.
Mit der Einweihung der “Commander Task Force Baltic” zeige sich Deutschland bereit, als globale Handels- und Seefahrernation im Ostseeraum Verantwortung und Führung zu übernehmen, sagte Pistorius bei der Kommandoübergabe.
Das Hauptquartier übernimmt permanent Aufgaben für die Nato, wie die Erstellung eines Unter- und Überwasserlagebildes, die Planung von multinationalen Manövern, und vor allem die Ausarbeitung eines gemeinsamen regionalen Verteidigungsplanes für die Ostsee. Die Führung von Einsätzen obliegt aber weiterhin dem neu aufgestellten Operationalen Führungskommando.
Verteidigungsministerium und Deutsche Marine betonten am Montag, dass das CTF Baltic kein Hauptquartier der Nato sei, sondern ein nationales Hauptquartier, an dem sich – Stand jetzt – zwölf andere Nato-Nationen mit Verbindungspersonal beteiligten. klm
Mehr zu den Aufgaben, die nun auf die Marine zukommen, wem das CTF Baltic unterstellt ist, und ob Deutschland mit der Aufstellung des Hauptquartiers gegen den 2+4-Vertrag verstößt, lesen Sie in dieser Analyse.
Die ersten 1.500 nordkoreanischen Soldaten sollen laut dem südkoreanischem Geheimdienst (NIS) auf russischen Kriegsschiffen bereits nach Russland gebracht worden sein. Gekleidet in russische Uniformen und ausgestattet mit russischen Waffen sowie gefälschten Dokumenten sollen sie sich als Burjaten und Jakuten ausgeben – indigene Gruppen im Fernen Osten Russlands.
Seit der ersten Mobilmachung für den Krieg gegen die Ukraine im September 2022 rekrutiert Russland Ausländer. Neu an den nordkoreanischen Soldaten ist, dass diese sich nicht privat anwerben lassen, sondern wohl im Rahmen des im Juni zwischen Moskau und Pjöngjang unterzeichneten Vertrags entsandt werden. Der Vertrag sieht militärische Hilfe vor, wenn einer der beiden Vertragspartner überfallen wird. Nach Moskaus Lesart könnte der ukrainische Kursk-Vorstoß vom August so ausgelegt werden.
Nato-Generalsekretär Mark Rutte schrieb in einer Mitteilung auf X am Montag, dass das Entsenden nordkoreanischer Truppen in die Ukraine “eine bedeutende Eskalation darstellen würde”. Wie die Ukraine-Unterstützer oder gar die Nato darauf reagieren würden, ließ er offen. Der US-Verteidigungsminister Lloyd Austin versicherte der Ukraine während seines Besuchs in Kiew weitere Unterstützung der USA.
Russlands Verluste in der Ukraine sollen nach Zählungen ukrainischer Medien mehr als 680.000 Mann betragen. Auch Pro-Kreml-Blogger schreiben von sehr hohen Verlusten. In Russland selbst wird die Rekrutierung Freiwilliger schwieriger. Eine neue Mobilmachung meidet das Regime bisher, auch weil der Wirtschaft Arbeitskräfte fehlten.
Ein Personal-Deal mit Pjöngjang würde Wladimir Putin Soldaten verschaffen und eigene Ressourcen schonen. Nach der Einbestellung des russischen Botschafters durch Südkorea sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow, dass die Berichte über nordkoreanische Soldaten “widersprüchlich seien”. Ein Dementi war es nicht. Peskow betonte gar, dass Russland und Nordkorea ihre Beziehungen ausweiteten, dies “soll aber niemanden beunruhigen”. vf
In Moldau hat die Bevölkerung bei einem Referendum mit hauchdünner Mehrheit für die Verankerung des EU-Kurses in der Verfassung gestimmt. Nach Auszählung fast aller Wahlzettel (99,7 Prozent) stimmten laut Wahlkommission 50,46 Prozent der Teilnehmer für die Änderung der Verfassung, in der ein proeuropäischer Kurs unabänderlich als strategisches Ziel festgeschrieben werden soll.
Laut moldauischen Medien stimmten die Menschen in der Mehrheit der Regionen im Land gegen die Verfassungsänderung. Den Ausschlag in die andere Richtung gaben die Hunderttausende Moldauer, die im Ausland leben – vor allem in der EU.
Moldau mit 2,5 Millionen Einwohnern ist zwischen dem Westen und Russland traditionell hin- und hergerissen. Das verarmte Agrarland, gelegen zwischen EU- und Nato-Mitglied Rumänien und der von Russland angegriffenen Ukraine, ist ein EU-Beitrittskandidat.
Moldauische Sicherheitskräfte hatten schon vor der Abstimmung Wählerbestechung und prorussische Desinformation aufgedeckt, und die prowestliche Staatschefin Maia Sandu hatte behauptet, dass mehrere Hunderttausend Stimmen gekauft worden seien. Nach Angaben der Behörden in Chişinău soll Moskau mehr als 100 Millionen Euro eingesetzt haben, um das Referendum und die parallelen Präsidentschaftswahlen zu beeinflussen. Moskau dürfte sich durch das knappe Resultat in seiner hybriden Kriegsführung bestätigt sehen. Die Bundesregierung in Berlin verurteilte anhaltende Manipulations– und Einflussversuche.
Sandu kam bei der zeitgleich abgehaltenen Präsidentenwahl unter den insgesamt elf Kandidaten zwar als erste durch Ziel, verfehlte aber die absolute Mehrheit und muss deshalb in zwei Wochen in eine Stichwahl. Sie ging nach Meinung von Beobachtern nicht gestärkt aus dem Wahlsonntag hervor. Kritisiert wurden auch kurzfristige Gesetzesänderungen vor der Wahl. Das Werben der moldauischen Führung für ein Ja zur EU, verknüpft mit Sandus Kampf um eine Wiederwahl, habe für andere Kandidaten einen Nachteil bedeutet, teilten Beobachter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) mit.
Das Referendum ist zwar gültig, muss aber durch das Verfassungsgericht bestätigt werden. Die Richter könnten es etwa wegen Unregelmäßigkeiten noch kippen. Wenn sie es bestätigen, wird die Verfassung geändert. sti/dpa/wp
The Bell: Russia pushes BRICS to take anti-Western turn. Russland will die Gruppe der BRICS-Staaten zu einer Waffe in seinem Wirtschaftskrieg gegen den Westen machen. Ziel ist der Aufbau eines Zahlungssystems, das gegen US-Sanktionen immun ist, schreiben die Analysten von The Bell. Leicht umsetzbar sei dieses Vorhaben aber nicht.
Spiegel: “Am Ende des Ukrainekriegs wird das russische Militär stärker sein als heute.” Das Regime Putins plant mit einem langanhaltenden Konflikt. Und wie steht es mit der Nato aus? In diesem Interview beantworten Nato-Befehlshaber Christopher Cavoli und Generalinspekteur der Bundeswehr Carsten Breuer diese Frage. Der Westen müssen seine Anstrengungen erhöhen, um Russland von einem Angriff abhalten zu können, sagen sie.
Washington Post: What will Yahya Sinwar’s death mean for Gaza? Not peace. Der Tod des Hamas-Anführers Yahya Sinwar gab vielen Politikern die Hoffnung, der Gaza-Krieg könnte bald beendet werden. Doch es gibt keinerlei Anzeichen dafür, dass die Kriegshandlungen bald eingestellt werden. Ein wichtiger Grund: Israel unterschätze die Motivation seiner Gegner.
New York Times: A Mideast Shift Is Underway, Without Israel. Saudi-Arabien verbessert die Beziehungen zu seinem traditionellen Erzfeind Iran und besteht darauf, dass jedes diplomatische Abkommen mit Israel von der Anerkennung eines palästinensischen Staates abhängt. Eine Analyse über die sich verändernde geopolitische Lage im Nahen Osten.
“Nein, ich würde euch nicht beschützen. Ich würde (Russland) sogar ermutigen, zu tun, was immer sie wollen”, sagte der Präsidentschaftskandidat der US-Republikaner, Donald J. Trump auf die Frage, die ihm angeblich ein Präsident eines großen europäischen Landes gestellt haben soll, ob die USA sie verteidigte, wenn Russland sie angriffe.
Damit kündigte er in aller Öffentlichkeit den Artikel 5 des Nordatlantikvertrags auf, den Bündnisfall, der besagt, dass ein Angriff auf eines oder mehrere Mitgliedsstaaten der Nato als ein Angriff auf alle angesehen wird und sie Beistand leisten.
Man muss kein Fan der Nato sein, um nüchtern festzustellen, dass dies die sicherheitspolitische Situation Europas drastisch veränderte. Hinzu kommt, dass der Kandidat der Republikaner Wahlergebnisse und Gerichtsurteile nur anerkennt, wenn sie ihm passen und Medien droht, sie zu schließen, wenn sie nicht so berichten, wie er es gerne hätte. An seinen Rassismus, seinen Sexismus und seine Lügen hat man sich in Europa schon fast gewöhnt.
Es liegt auf der Hand, dass es im Interesse der Europäischen Union und Deutschlands wäre, wenn dieser Mann nicht erneut in das Weiße Haus einzöge. Allerdings ist in Brüssel und Berlin dazu nur ohrenbetäubendes Schweigen zu hören. Man wolle sich nicht einmischen, bliebe lieber neutral und was, wenn man jetzt Stellung bezöge und man es dann später doch mit ihm zu tun habe?
Diese Zurückhaltung zeigen seine Unterstützerinnen und Unterstützer nicht. Die Zuneigung des Ministerpräsidenten des EU-Mitgliedslandes Ungarn, Viktor Orbán, zu seinem autokratischen Bruder im Geiste im Mar-a-Lago-Club in Florida geht so weit, dass er öffentlich bekundete, er würde “mehrere Champagnerflaschen öffnen, wenn Trump ins Weiße Haus zurückkehrte.” Trump bekundete seinerseits in der Fernsehdebatte mit seiner Konkurrentin Kamala Harris, dass Orbán einer der “am meisten respektierten World Leader sei”. Von anderen rechten Politikerinnen und Politikern der Europäischen Union wie Giorgia Meloni und Geert Wilders erfährt Trump ebenfalls öffentliche Unterstützung.
Und auf der anderen Seite? Stille im Bundeskanzleramt. Außenministerin Annalena Baerbock nutzt eine Reise in die USA, um sich ausgerechnet mit dem rechtesten der republikanischen Gouverneure, Greg Abbott, einem treuen Trump-Verbündeten zu treffen und so zu signalisieren: Deutschland käme auch mit dessen Regierung klar. Wertebasierte Außenpolitik? Wenn es um den mächtigen Partner auf der anderen Seite des Atlantik geht – Fehlanzeige. Die Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen, erwähnt die für die europäische Zukunft so wichtige Wahl mit keinem Wort. Hingegen sagt Jens Spahn, der stellvertretende Vorsitzende ihrer Partei, der CDU, der größten Oppositionspartei im größten Mitgliedsland der EU, “wenn ich auf die Inhalte schaue (…), dann sehe ich gemeinsame Interessen”.
Die USA stehen nicht einfach vor einer Wahl zwischen zwei normalen Parteien. Die Republikaner haben sich in eine zum Teil rechtsradikale Trump-Sekte verwandelt. Der höchstrangige Politiker dieser Partei, der Sprecher des Repräsentantenhauses Mike Johnson, eilte nach der Verurteilung von Donald Trump wegen dessen Schweigegeldzahlung an Stephanie Clifford nach New York und bezeichnete das Urteil als illegitimen “Schwindel” und das US-Gerichtssystem als “korrupt”. Die Fernsehmoderatorin Lara Trump, Schwiegertochter des ehemaligen Präsidenten, ist Kovorsitzende des Republican National Committee. Es ist nicht nur eine Person, es ist inzwischen die ganze Partei, die die USA in ein autoritär geführtes Land umbauen wollen und dafür international Gefolgschaft erwarten statt Verträge, gemeinsame Organisationen und die damit verbundenen Verpflichtungen.
Wie kann Deutschland, wie kann die Europäische Union hier neutral bleiben? Als der jetzige französische Präsident Emmanuel Macron das erste Mal in eine Stichwahl mit Marine Le Pen ging, warnte der damalige deutsche Außenminister Sigmar Gabriel noch vor den damit verbundenen Gefahren für Europa. Wo ist diese Haltung jetzt?
Es ist im Interesse der europäischen und deutschen Sicherheit und Demokratie, dass Donald J. Trump nicht erneut Präsident der USA wird. Statt sich ängstlich wegzuducken, sollten die Politikerinnen und Politiker in Brüssel und den europäischen Hauptstädten, die ihn nicht wollen, das auch sagen. Das ist nicht ohne Risiko. Aber nur für seine Werte einzutreten, wenn es nichts kostet, ist wohlfeil.
Stefan Liebich ist Leiter des Büros der Rosa-Luxemburg-Stiftung in New York und war von 2009 bis 2021 Abgeordneter der Linken im Deutschen Bundestag