Donald Trump rüstet sich für seine zweite Amtszeit. In die erste Reihe hat er sich in dieser Woche Pete Hegseth als Verteidigungsminister und Marco Rubio als Außenminister geholt. Einflussreich sind auch die Persönlichkeiten aus der zweiten Reihe in den konservativen Politik- und Strategie-Think-Tanks. Die hat Nana Brink sich in ihrer Analyse angeschaut.
Auch in der Ukraine stellt man sich auf Trump ein. Dass er die militärische Hilfe ganz einstellt, damit rechnet Kiew nicht. Auf was sich Präsident Selenskyj aber vorbereitet, hat Denis Trubetskoy aus Kiew aufgeschrieben.
Hierzulande bangt man seit dem Ampel-Aus um die Zukunft ohnehin schon zäher Gesetzesvorhaben. Das dringend benötigte Kritis-Dachgesetz und das NIS-2-Gesetz stehen möglicherweise vor dem Aus in dieser Legislaturperiode. Mehr lesen Sie in der News von Wilhelmine Preußen.
Und damit eine gute Lektüre,
Der wenig beachtete Wahlspruch der Republikaner für die Außenpolitik lautete “Frieden durch Stärke” und ist aus der Kampagne von Ronald Reagan recycelt. Auf den ersten Blick findet man darin Donald Trumps “America First”-Ideologie wieder. Auf den zweiten Blick allerdings mischen sich in Trumps Stärkephantasien immer auch wieder isolationistische Tendenzen. Wenn er zum Beispiel im Wahlkampf davon sprach, die USA aus militärischen Konflikten herauszuhalten. Hinzu kommt Trumps Aversion gegen multilaterale Institutionen.
Diese Uneindeutigkeit spiegelt sich auch in den Personalentscheidungen für sein Kabinett wider, vorrangig beim künftigen Außenminister Marco Rubio und seinem designierten Verteidigungsminister Pete Hegseth. Als Senator in Florida ist Rubio Teil von Trumps “Florida-Mafia”: außenpolitisch erfahren und durch seine Auftritte bei der Münchner Sicherheitskonferenz international gut vernetzt. In der Vergangenheit glaubte er an Bündnisse wie die Nato und an eine US-amerikanische militärische Überlegenheit.
Im Gegensatz zum Ex-Fox-News-Moderator Hegseth, einem ausgewiesenen Nato-Kritiker. In seinem Buch “The War on Warriors: Behind the Betrayal of the Men Who Keep Us Free” fällt der 44-jährige Veteran der Army National Guard von Minnesota ein harsches Urteil über die Europäer. Sie seien “outdated, outgunned, invaded, and impotent” und verdienten keine weitere Unterstützung der USA. (Lesen Sie hier ein ausführliches Porträt des angehenden Verteidigungsministers.)
Trumps neuer Nationaler Sicherheitsberater Mike Waltz aus Florida, als Mitglied des US-Repräsentantenhauses auch im Dunstkreis der “Florida-Mafia”, ist ebenfalls kein Nato-Fan. Im Hinblick auf die Ukraine hatte Waltz im Wahlkampf erklärt, dass “die Ära der Blankochecks vorbei” sei.
Bei der Frage, wer die neue Trump-Administration beeinflussen könnte, fiel oft der Name “Project 2025”. Die 900-seitige Blaupause für eine Amtsübernahme enthält radikale Schritte im Bereich Sicherheits- und Außenpolitik: Rückzug der USA aus der Nato und aus multilateralen Institutionen und Reduzierung der US-Truppen in Europa. Bislang allerdings hatte Trump öffentlich erklärt, dass er das Papier der erzkonservativen Heritage Foundation weder kenne noch unterstütze. Was erst einmal nichts besagt, sondern von Trumps Unberechenbarkeit zeugt.
Nicht distanziert hat sich Trump vom 2021 gegründeten Thinktank American First Policy Institute (AFPI), in dem sich eine Vielzahl von früheren Mitarbeitern versammelt, unter anderem seine ehemalige Beraterin Kellyanne Conway und Ex-Heimatschutzminister Chad Wolf. Nach Informationen von Politico hat AFPI im Hintergrund gearbeitet, gilt aber als “erster Partner”, wenn es darum geht, Pläne und Personal für Trumps zweite Amtszeit bereitzustellen.
Zentrale Figuren sind Brooke Rollins, Direktorin des AFPI und Trumps ehemalige innenpolitische Beraterin Linda McMahon, Vorsitzende des AFPI-Beratergremiums und in Personalunion Vize-Vorsitzende von Trumps Transition-Team. “The America First Agenda” ist im Bereich Sicherheitspolitik weniger radikal als das “Project 2025”. Es zweifelt den Wert der Nato auch für die USA nicht grundsätzlich an, fordert aber von den Europäern mehr Engagement.
Unter dem Kapitel “American Leadership in the World” spricht die Agenda eine klare Drohung aus. Man werde die Bindungen nur zu denjenigen Nationen pflegen, die ihre Zwei-Prozent-Nato-Verpflichtung “einhalten oder sogar verstärken”. Und man werde prüfen, ob sie “Amerikas Vision, das kommunistische China zu bekämpfen, mittragen”. Ähnlich hatte sich Trump schon vor zwei Jahren geäußert. Beiden Agenden immanent ist eine Tendenz zum Isolationismus, der allerdings in der Geschichte der USA Tradition hat.
Für Marco Overhaus von der Forschungsgruppe Amerika bei der Stiftung Wissenschaft und Politik bedeutet der Wahlausgang, dass “wir als Europäer die transatlantischen Beziehungen radikal neu denken müssen, und zwar mit einem viel kleineren amerikanischen Beitrag“. So werde Trump versuchen, sich mit Putin über ein Ende des Kriegs in der Ukraine zu verständigen, über die Köpfe der Ukraine und der Europäer hinweg. Trump wolle, so Overhaus, “dass der europäische Teil der Nato seinem Verständnis von amerikanischen Interessen in Zukunft folgt”. Die Ukraine werde dafür ein erster Testfall sein.
Gerade die “America First Agenda” versucht nun eine Brücke zu schlagen zwischen den extremen Positionen des Maga-Flügels (“Make America Great Again”) rund um das “Project 2025” und den gemäßigten Republikanern. So gilt der neue Außenminister Rubio zwar als Hardliner gegenüber China und dem Iran. Gleichzeitig hat er in der Vergangenheit zusammen mit den Demokraten im Senat an einem Gesetz gearbeitet, um einen Präsidenten Trump daran zu hindern, aus der Nato auszutreten.
Politikwissenschaftler Overhaus weist jedoch darauf hin, dass sich nicht nur Rubio, sondern auch der neue Nationale Sicherheitsberater Waltz im Laufe der letzten Jahre gewandelt haben: von traditionellen Republikanern zu Verfechtern radikaler Positionen der Maga-Bewegung. Sowohl von Waltz wie von Rubio erwartet der Politikwissenschaftler Overhaus “keinen nennenswerten Widerstand gegen Trumps Agenda”. Auch einen Austritt aus der Nato dürfe man dann nicht mehr ausschließen.
Wie bewerten Sie die militärische Situation in der Ukraine?
Sie hat sich zuungunsten der Ukraine verändert. Russland schafft es am Ende der Sommeroffensive, tatsächlich signifikant Geländegewinne zu machen, und für die Ukraine auf der anderen Seite wird es immer schwieriger, Kräfte aufzubringen, die diese russischen Vorstöße abriegeln können.
Also bekommt die Ukraine genug, um zu kämpfen, aber nicht genug, um zu siegen?
Richtig. Wir haben es hier mit einem Abnutzungskrieg zu tun. Entscheidend dabei ist, dass Russland seine Ressourcen nicht allein aus Russland bezieht. Es hat mittlerweile die Unterstützung von Ländern wie zum Beispiel eben Nordkorea, aber auch ganz konkret China oder auch andere Länder, wie den Iran, gerade im Hinblick auf Drohnen. Und wenn dann die Ukraine zunehmend aufgrund mangelnder Ressourcen in die Knie geht, dann kommt es zu dieser Situation. Entscheidend ist auch, dass die Ukraine ein Problem im Bereich der Human-Ressourcen hat, wenn ich das so sagen darf. Sie hat Schwierigkeiten, Soldaten zu rekrutieren. Und wenn Russland bereit ist, seine Soldaten bedingungsloser und kompromissloser zu opfern, – dann haben wir genau dieses Ergebnis.
Also hat Moskau eigentlich keinen Druck, sich zu bewegen?
Russland hat den großen Vorteil, dass es auf der Zeitachse einfach abwarten kann, weil es offensichtlich die besseren Verbündeten hat. Es bekommt die Ressourcen, die es braucht, und zwar kontinuierlich. Es hat natürlich auch seine Grenzen. Vielleicht noch zwei oder drei Jahre – und dann geht auch den Russen die Luft aus. Die Frage ist nur: Hat die Ukraine das auch?
Wir sehen immer mehr “Technik-gegen-Technik”-Operationen. Drohnen bekämpfen Drohnen. Wie beurteilen Sie das?
Ich behaupte, dass wir tatsächlich in der Ukraine eine Revolution sehen, wir aber nicht bereit sind, das anzuerkennen, weil uns zum Teil die Erfahrung fehlt, die die Kriegsparteien dort haben. Die Ukraine hat gezeigt, dass es möglich ist, mit derartigen Mitteln sehr effektiv und effizient zu kämpfen. Und wenn man die Produktionskosten betrachtet, ist die Ukraine in der Lage, sehr potente Waffensysteme zu schaffen. So können sie mit einer billigen Drohne, die ein paar hundert Euro kostet, einen millionenteuren Kampfpanzer zerstören.
Also ist dieser Krieg in der Ukraine eigentlich modern und altmodisch zugleich?
Das ist das Paradoxe daran. Wir sehen hier Elemente einer veralteten Kriegsführung, die man nicht mehr für möglich gehalten hat, also denken Sie an den massiven Artillerie-Einsatz. Aber wir sehen auch viele Elemente der modernen Kriegsführung, so wie man sie eigentlich vorausgesehen hat, also nehmen Sie die Entwicklung auf dem Gebiet der Drohnen. Das Verblüffende aber ist: Wir haben dennoch wieder eine Pattsituation wie im Ersten Weltkrieg. Warum? Weil der Einsatz von vielen 10.000 Drohnen dieses gläserne Gefechtsfeld schafft, das es zu durchdringen gilt. Wir – also natürlich vor allem die Ukraine – müssen jetzt ein neues Schwarzpulver finden, so wie die Chinesen damals. Es geht ja darum, dem Gegner zu zeigen: Sieh her, bei uns wirst du keinen Erfolg haben. Also wage es nicht, uns zu attackieren.
Wie beurteilen Sie den Einsatz von nordkoreanischen Truppen aufseiten der Russen?
Wir gehen vom Einsatz von bis zu 700.000 russischen Soldaten bis zum Ende des Jahres aus. Da fallen diese 12.000 nordkoreanischen Soldaten, die noch dazu keinerlei Kriegserfahrung besitzen, doch sehr gering aus. Hier geht es aber nicht um den Einsatz dieser Soldaten. Russland zeigt uns damit: Ich habe die besseren Verbündeten. Ich habe Nordkorea, das mir nun zum zweiten Mal fast drei Millionen Artilleriegranaten schickt und sogar 12.000 Soldaten sendet. Ich habe die besseren Karten im Vergleich zu euch. Das ist die Symbolkraft dahinter.
Was bedeutet der Wahlsieg Trumps für die Ukraine? Präsident Selenskyj hat sich ja kürzlich beschwert, dass von den 60 Milliarden, die die USA angekündigt haben, gerade mal zehn Prozent angekommen sind.
Das ist die zentrale Frage, weil die USA den Unterschied gemacht haben bis jetzt, mit Lieferungen. Trump hat im Wahlkampf immer wieder gesagt, er würde diesen Krieg innerhalb eines Tages beenden. Da müsste man als rational denkender Mensch eigentlich sagen: Das wird nicht passieren. Dann würde Russland sofort seinen Sieg erklären. Also er müsste eher darauf hinarbeiten, dass es einen Deal im Hintergrund gibt – um jetzt seine Worte zu gebrauchen -, wo die USA als globale Weltmacht gesichtswahrend herauskommt. Wenn er rational handelt. Frage ist: Handelt er rational? Also das wird sich erst in den nächsten Wochen oder Monaten auflösen. Aber ich möchte schon auch hier anmerken, dass auch die US-Administration unter Biden signifikant die Unterstützung der Ukraine zurückgefahren hat. Und im Verhalten der USA gegenüber der Ukraine konnte man erkennen, dass die USA zwar sagen: Wir werden hinter euch stehen. Aber wir werden nicht mit euch zum Äußersten gehen.
Dann müsste also Europa – und natürlich in hohem Maße auch Deutschland – bereitstehen?
Im schlimmsten Fall, ja. Wenn man es wirklich will. Denn im äußersten Fall kann es sein, dass Trump, so wie angekündigt, sich nicht auf bestehende Institutionen wie zum Beispiel die Nato verlässt, sondern unilateral handelt. Dann steht Europa vor einem riesigen Scherbenhaufen, den es selber aufräumen muss und keine Idee hat, wo Schaufel und Besen sind.
Spätestens das Treffen zwischen Präsident Wolodymyr Selenskyj und Donald Trump im September hat gezeigt, dass Kiew sich auf jeden Ausgang der US-Wahlen vorbereitet, auch auf einen Sieger Trump. Kiew rechnet mit Gesprächen zwischen Washington und Moskau. Doch viel Hoffnung knüpft die Regierung Selenskyjs daran nicht. Der russische Machthaber Wladimir Putin würde solche Gespräche jedoch als einen Punkt für sich verbuchen, denn Verhandlungen mit den USA auf Augenhöhe ist das, was er anstrebt.
Selenskyj hatte Trump viel geboten. Neben seinem “Siegesplan”, mit dem er um Unterstützung warb, waren es
Trumps Meinung dazu ist unbekannt. Selenskyj wird abwarten und sehen müssen, welche Prioritäten Trump setzt: außenpolitische oder inneramerikanische. Grundsätzlich gibt es regierungsnahe Stimmen in Kiew, die von Trump zumindest neue Impulse für ein Ende des Kriegs erwarten.
Die bisher genannten Namen aus dem Sicherheitsbereich der künftigen US-Regierung beunruhigen Kiew zwar durchaus – so ist von Enttäuschung darüber zu hören, dass der ehemalige Außenminister und Republikaner, Mike Pompeo, keine Rolle in Trumps Regierung spielen wird. Immerhin ist er ein deutlicher Russland-Kritiker. Klar ist aber auch, dass persönliche Loyalitäten für Trump – auch wenn er seine Meinung häufig ändert – wichtiger sind als die sachlichen Positionen der Ministerinnen und Minister.
Mit zwei Dingen rechnet die Ukraine sicher – und beide sind besorgniserregend. Erstens ist es sehr wahrscheinlich, dass die USA die Finanzhilfe für die Ukraine stark kürzen oder sogar streichen wird. Dieses Geld ist aber für das Funktionieren des Staates wichtig: Rentenzahlungen, Löhne von Staatsangestellten und ähnlichem. Das Geld aus dem Ausland stabilisiert das Hinterland, denn alle Steuer- und Zolleinnahmen fließen ins Militär. Zweitens: Die Militärhilfe wird künftig eher als Kredit, als eine Art Lend-Lease, und nicht mehr gratis gewährt. Mit dem Schlimmsten, dem Ende der militärischen Hilfe aus den USA, rechnet Kiew nicht. dt/vf
Ein 154-seitiger Bericht der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch kommt zu dem Schluss, dass das Ausmaß der zwangsweisen Umsiedlung der palästinensischen Zivilbevölkerung im Gazastreifen ein Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit darstellt. Die “erzwungene Umsiedlung” sei “umfassend, und die Belege zeigen, sie ist systematisch und Teil einer staatlichen Strategie”. Damit verstoße Israel gegen die Genfer Konvention, nach der solche Umsiedlungen durch eine Besatzungsmacht nur temporär und als letztes Mittel benutzt werden dürfen.
Der Report arbeitet neben der Auswertung von Satellitenbildern und Interviews der Menschen in Gaza auch mit der Untersuchung der Aufrufe zur Evakuierung, die die israelische Armee im vergangenen Jahr immer wieder veröffentlichte. Dazu wurden der Gazastreifen in kleinteilige Regionen eingeteilt und in den Aufrufen sogenannte Safe Zones für die Menschen ausgewiesen. Allerdings seien die Karten oft verwirrend oder fehlerhaft gewesen. Einige Aufrufe zur Evakuierung seien erst erfolgt, als der Luftschlag bereits vorbei war, und auch die Safe Zones seien immer wieder attackiert worden.
Die umfassende Zerstörung des Gazastreifens durch die israelische Armee mache eine Rückkehr der Menschen zu ihren ursprünglichen Wohnorten oft nicht möglich, sodass man nicht von einer temporären Umsiedlung sprechen könne. Besonders die Pufferzonen entlang des Philadelphi-Korridors an der Grenze zu Ägypten sowie des Netzarim-Korridors, der Nord- und Südgaza teilt, seien unbewohnbar, wie Satellitenbilder zeigten. “Die vorsätzliche Zerstörung in den Regionen der Korridore läuft auf ethnische Säuberung hinaus”, sagt die Expertin für die Rechte von Migrantinnen und Migranten und Geflüchteten bei Human Rights Watch, Nadia Hardman, bei der Vorstellung des Berichts.
In den vergangenen Monaten hat die israelische Armee zehntausende Menschen im Norden des Gazastreifens umgesiedelt, mit der Begründung, Hamas-Kräfte formierten sich in den Städten Jabalya, Beit Lahiua und Beit Hanoun erneut. Der kürzlich ernannte Außenminister Gideon Sa’ar bestritt am Montag, dass Israel dauerhafte Pufferzonen im Gazastreifen anstrebe. Er versicherte, die Zivilbevölkerung könne am Ende des Kriegs zurückkehren. Der Bericht von Human Rights Watch ist eine weitere in einer Reihe von Warnungen von internationalen Organisationen über die Situation in Gaza. Die israelische Regierung besteht darauf, der Krieg gegen die Hamas geschehe im Rahmen des Völkerrechts. vew
Nach dem Ampel-Aus müssen Bundesinnenministerin Nancy Faeser und die Chefin des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) Claudia Plattner, um die Gesetze zum Schutz kritischer Infrastruktur bangen: Das Kritis-Dachgesetzes, für den physischen Schutz kritischer Infrastruktur und NIS-2-Umsetzungs- und Cybersicherheitsstärkungsgesetz für den digitalen Schutz.
Bei der Pressekonferenz zur Vorstellung des diesjährigen BSI-Lageberichts betonten beide, dass es “wichtig” sei, die Gesetze noch in dieser Legislatur durch den Bundestag zu bringen.
Während das Kritis-Dachgesetz noch einer Zustimmung durch die Länder bedarf, handelt es sich bei NIS-2, wo es um strengere Cybersicherheitsvorgaben für Bundesverwaltung und Wirtschaft geht, nicht um ein sogenanntes Zustimmungsgesetz. Eine Umsetzung vor den Neuwahlen halten einige dementsprechend für realistischer.
Aber auch das NIS-2 Umsetzungsgesetz muss im Bundesrat diskutiert werden und ist außerdem mit, auch innerhalb der Ampelkoalition, umstrittenen Vorhaben verknüpft, wie etwa der Unabhängigkeit des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) und Regelungen zum Schwachstellenmanagement. Eine Möglichkeit, doch noch zu einer Umsetzung zu kommen, könnte es sein, diese Fragen vorerst auszuklammern.
Die Innenministerin appellierte an FDP und CDU, Bereitschaft zu zeigen, mit Grünen und SPD zusammenzuarbeiten. Claudia Plattner ergänzte im Gespräch mit Table.Briefings im Anschluss an die Pressekonferenz, dass sie mit Blick auf NIS-2 “hoffnungsvoll” sei. Berichten zufolge hat Faeser bereits entsprechende Gespräche mit dem Unions-Fraktionsvorsitzenden Friedrich Merz geführt.
Aus Ampelkreisen im Bundestag heißt es, dass jetzt Berichterstattergespräche von Grünen, SPD und BMI geführt werden, um vorbereitet zu sein, sollte die Union nach der Vertrauensfrage, die am 16. Dezember geplant ist, doch Bereitschaft zu Gesprächen zeigen. Fachpolitiker rechnen damit, dass die CDU/CSU ihr “Nein” zu einer Zusammenarbeit in diesem sicherheitsrelevanten Bereich noch aufweichen wird. Die Union aber sieht den Ball bislang bei den Ampel-Parteien. wp
Der Afghanistan-Untersuchungsausschuss des Bundestages hat am Donnerstag unter anderem die frühere Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer sowie den ehemaligen Finanzminister und derzeitigen Bundeskanzler Olaf Scholz befragt.
Eine Lehre für den Bundeskanzler: Mit Einsätzen, deren Ziel “nation building” ist, also der Aufbau eines Staatswesens, müsse man “zurückhaltend” umgehen. Er selbst habe das allerdings nie als Ziel des Einsatzes gesehen. Zudem brauche es realistische Lagebilder, die es damals wohl nicht gegeben habe, so Scholz. Es sei richtig gewesen, die USA zu unterstützen, die Frage sei aber, ob man früher über einen “Exit” hätte diskutieren müssen. Bundeskanzler Scholz, war damals als Finanzminister nach eigenen Aussagen nur “in geringem Maße” an diesen Fragen beteiligt und war nicht im Krisenstab vertreten.
Kramp-Karrenbauer, die zuvor mehr als sechs Stunden befragt wurde, drückte unter anderem ihr Bedauern über die langsame Aufnahme früherer Bundeswehr-Ortskräfte im Zusammenhang mit der Machtübernahme der Taliban 2021 aus. Das sei in der Bundesregierung umstritten gewesen. Klar wurde erneut, dass innerhalb der Bundesregierung unterschiedliche Einschätzungen der Lage existierten.
Der Ausschuss untersucht seit Sommer 2022 die Umstände der militärischen Evakuierungsaktion aus Kabul im August 2021 und soll herausfinden, inwieweit Kompetenzgerangel zwischen den vor Ort tätigen deutschen Institutionen im Vorfeld der Evakuierung im August 2021 die Lage verschärfte.
Wegen der geplanten vorgezogenen Bundestagswahl ist mit einem verkürzten Verfahren bei der Ausarbeitung des Abschlussberichts zu rechnen. Am 28. November soll Ex-Außenminister Heiko Maas und am 5. Dezember die frühere Bundeskanzlerin Angela Merkel gehört werden.
Der Vorsitzende des Ausschusses, Ralf Stegner, kündigte aber an, den Abschlussbericht noch vor Ende der Legislaturperiode der Bundestagspräsidentin Bärbel Bas zu übergeben. wp
Es ist ein Testlauf und eine Premiere: Die EU-Kommission hat am Donnerstag finanzielle Beiträge von insgesamt 300 Millionen Euro für fünf grenzüberschreitende Beschaffungen von Rüstungsgütern genehmigt. Zum ersten Mal werde der EU-Haushalt genutzt, um die Mitgliedstaaten bei der gemeinsamen Beschaffung von Verteidigungsgütern zu unterstützen, sagt Margrethe Vestager, Vizepräsidentin der EU-Kommission. Dies sei ein “Erfolg”.
Im Rahmen des Instruments zur Stärkung der europäischen Verteidigungsindustrie durch gemeinsame Beschaffung (Edirpa) erhalten die fünf Projekte jeweils 60 Millionen Euro. Zwei Projekte sollen die gemeinsame Luft- und Raketenabwehrkapazitäten stärken. Neun Mitgliedstaaten, darunter Frankreich, Belgien, Griechenland und Ungarn, beschaffen gemeinsam Mistral-Luftverteidigungssysteme mit sehr geringer Reichweite. Sechs Mitgliedstaaten mit Deutschland an der Spitze bestellen zusammen IRIS-T SLM Mittelstrecken-Luftverteidigungssysteme.
Weitere Projekte betreffen die Beschaffung des Gemeinsamen Gepanzerten Fahrzeugsystems (CAVS), eines modernen gepanzerten Trägers für den geschützten Truppentransport. Mit dabei ist neben Finnland, Schweden, Lettland auch Deutschland. Zwei weitere Konsortien betreffen die gemeinsame Beschaffung von verschiedenen Arten von 155-mm-Artilleriemunition.
Die fünf ausgewählten Projekte haben zusammen einen Auftragswert von mehr als elf Milliarden Euro, was nach Darstellung der EU-Kommission die hohe Hebelwirkung der EU-Mittel veranschaulicht. Ohne Edirpa, so eine Sprecherin in Brüssel, wären die Beschaffungen nicht zustande gekommen.
Mit Edirpa finanziert die EU-Kommission nicht direkt Waffen, aber übernimmt zusätzliche Verwaltungskosten aus der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit. Nach Angaben von Vestager werden mit den Projekten kritische und dringende Lücken bei den Verteidigungsfähigkeiten geschlossen. Für die Mitgliedstaaten bringe die gemeinsame Beschaffung ein besseres Preis-Leistungs-Verhältnis und stärke zudem die Interoperabilität der Streitkräfte. Edirpa ist der Testlauf für das Europäische Programm für die Verteidigungsindustrie (Edip), das von EU-Parlament und Rat in den nächsten Monaten beschlossen werden soll.
Für Edip sind 1,5 Milliarden Euro reserviert, um Europas Verteidigungsindustrie zu stärken und mit gemeinsamen Projekten die Fragmentierung zu überwinden. Mit Blick auf die bevorstehenden Beratungen über den nächsten mehrjährigen Finanzrahmen ist von einer deutlichen Aufstockung der Mittel ab 2028 die Rede. Gesprochen wird über bis zu 500 Milliarden Euro, die über neue Einnahmen oder über den EU-Haushalt finanziert werden müssten. sti
Der Inspekteur der Marine, Vizeadmiral Jan Christian Kaack, hat auf der Maritime Convention des Deutschen Maritimen Instituts am Dienstag “einige spannende Entscheidungen” in den “nächsten zwei bis drei Wochen” angekündigt. In welche Richtung diese Entscheidungen gehen dürften, deutete er an: “Wir alle wissen, nach der Billigung für Schiff fünf und sechs der Fregatten Klasse 126 heißt es nun, am Ball zu bleiben und die nächsten Großprojekte, die Beschaffung der Fregatten der Klasse 127, von vier weiteren U-Booten 212 CD sowie von unbemannten Seefernaufklärern hartnäckig voranzutreiben”, sagte er.
Das sind aktuell die Big-Ticket-Items auf der Wunschliste der Marine. Am konkretesten fortgeschritten scheint eine (An-)Finanzierung der vier U-Boote aus deutsch-norwegischer Co-Produktion. Nach langem Hin und Her könnte auch das Startsystem für Lenkflugkörper zur Selbstverteidigung der U-Boote gegen Hubschrauber oder Ziele an Land (Interactive Defence and Attack System for Submarines, IDAS) doch aus dem Sondervermögen finanziert werden.
Bei der Luftverteidigungsfregatte des Typs F127 hofft die Marine wenigstens auf eine Anschubfinanzierung, um wichtige Entwicklungsschritte voranzutreiben.
Für all diese Vorhaben müsste das Verteidigungsministerium die Vorlagen langsam dem Bundestag vorlegen. Das Geld dafür müsste, heißt es aus Parlamentskreisen, aus dem Sondervermögen kommen. Daraus waren am Stichtag 11. Oktober laut Verteidigungsministerium noch 25 Milliarden Euro zu verteilen. klm
New York Times: Ukraine Prioritizes Security, Not Territory, as Trump Pushes Truce Talks. Für die Ukraine rücken im Falle einer Beendigung des Krieges Sicherheitsgarantien in den Vordergrund. Die territoriale Integrität ist weiter bedeutend, aber aufgrund des Kriegsverlaufs und des Machtwechsels in Washington steht sie nicht mehr an erster Stelle.
Guardian: Is there any red line that Israel will be held to? Biden has just confirmed the answer is no. Die USA und andere westliche Staaten haben gegenüber Israel im Kampf gegen die Hamas keine roten Linien gezogen. Israels Reaktion auf den Terrorismus wird als verhältnismäßig eingeschätzt, auch beim Brechen von internationalen Standards. Das Land habe in der Auseinandersetzung daher freie Hand, schreibt Autor Owen Jones.
Internationale Politik: Globaler Süden im Aufwind? Der Wahlsieg von Donald Trump wird Auswirkungen auf alle Bereiche globaler Kooperation haben. Es könnte zu einem weniger westlich geprägten multilateralen System führen und etablierte Strukturen wie die Nato schwächen.
Foreign Affairs: China Should Be Worried About North Korea. Dass Russland und Nordkorea immer enger zusammenarbeiten, bereitet China Sorgen. Chinesische Politiker befürchten, dass die USA und ihre Verbündeten in Europa und Asien als Reaktion auf die Kooperation der beiden Staaten ihre militärische Zusammenarbeit verstärken werden.
Case: Dictator’s reliable rear: Russian Economy at the Time of War. Im vergangenen Jahrhundert standen die westlichen Demokratien zweimal Diktaturen gegenüber – einmal den faschistischen Regimes, ein anderes Mal den kommunistischen. Im ersten Fall kam es zum Zweiten Weltkrieg, im zweiten Fall setzte sich der Westen dank seiner wirtschaftlichen Überlegenheit durch. Heute sollte der Westen in der Auseinandersetzung mit Russland nicht mit einer Wiederholung des zweiten Szenarios rechnen.
Der designierte US-Präsident Donald Trump hat den Fox-News-Moderator und Armeeveteran Pete Hegseth als US-Verteidigungsminister nominiert.
Anders als seine Vorgänger an der Spitze des Pentagons bringt Hegseth weder Regierungserfahrung mit, noch kennt er die Behörde, den größten Arbeitgeber der USA, von innen. Während sich aus dem Verteidigungsestablishment einige fragen, was ihn für diesen entscheidenden Posten qualifiziert, beschreibt der designierte US-Präsident Trump ihn als “hart” und “klug”.
Für diese Beschreibung spricht seine Ausbildung an den Eliteuniversitäten Princeton und Harvard und seine Zeit in der Armee. Er trat 2003 in die Army National Guard von Minnesota ein und diente später im US-Gefangenenlager Guantanamo Bay auf Kuba, in Afghanistan und im Irak. Dafür erhielt er mehrere Auszeichnungen, eine militärische Führungsrolle hatte der jetzt 44-Jährige allerdings nie inne. 2021 beendete er seine Laufbahn bei der Armee, auch weil seine Chancen auf eine Karriere wegen seiner radikalen politischen und religiösen Ansichten immer geringer wurden. Für Trump kein Grund, ihn nicht für den Job als Chef von zwei Millionen Männern und Frauen in Uniform in Zeiten geopolitischer Spannungen vorzuschlagen.
Ein “echter Anhänger von America First” sei Hegseth, so Trump als er dessen Nominierung verkündete. Für die Nato-Verbündeten ist diese Wahl kein Grund, aufzuatmen. Wie Trump hat auch Hegseth den Kern des transatlantischen Verteidigungsbündnisses infrage gestellt: Warum sollen die USA auf “selbstgerechte und ohnmächtige Nationen” hören, die von den USA fordern, “überholte und einseitige Verteidigungsvereinbarungen” einzuhalten, schreibt Hegseth in einem seiner Bücher.
Und hinter die Qualität der US-amerikanischen Unterstützung für die Ukraine darf mit Blick auf Aussagen von Hegseth ebenfalls ein Fragezeichen gesetzt werden. Auch wenn er Joe Biden zu Beginn des Kriegs in der Ukraine kritisiert hat, “nicht genug” zu tun, hat er sich zuletzt eher skeptisch bezüglich des anhaltenden Engagements in der Ukraine gezeigt. Der Konflikt würde im Vergleich zu innenpolitischen Problemen und Sorgen der US-Amerikaner “verblassen”.
Im Gegensatz zu einigen anderen “Picks” für Regierungsposten ist Hegseth seit Tag eins ein treuer Trump-Anhänger. Während Trump in seiner ersten Amtszeit immer wieder harte Kritik von ehemaligen Generälen und den eigenen Verteidigungsministern aushalten musste, muss er ähnlichen Gegenwind von Hegseth nicht fürchten.
Der TV-Host teilt Trumps konservative Ideen auch mit Blick auf innere Reformen des Militärs und die Diversity-Themen, die aus Sicht von Hegseth durch die “woke” Politik der Pentagon-Chefs vorangetrieben werde und dem Militär schade.
Im Wahlkampf hat Trump versprochen, transgeschlechtliche Menschen aus dem Militär zu verbannen und Diversitäts- und Inklusionsrichtlinien in der Regierung abzuschaffen. Außerdem sprach er darüber, die Nationalgarde und möglicherweise das aktive Militär einzusetzen, um Millionen undokumentierter Einwanderer abzuschieben. Mit Hegseth dürfte er einen Mann ausgewählt haben, dem genau das ein Anliegen ist.
“Wir haben nur ein Pentagon”, heißt es auf seiner Website in der Beschreibung seines neuesten Buchs. “Entweder wir holen es zurück oder wir geben es komplett auf.” Wilhelmine Preußen
Mike Huckabee wird neuer US-amerikanischer Botschafter in Israel. Das gab der designierte US-Präsident Donald Trump am Mittwoch bekannt und versprach, dass der 69-jährige frühere Gouverneur des US-Bundesstaats Arkansas “unermüdlich daran arbeiten” werde, “den Frieden im Nahen Osten herbeizuführen”. 2008 und 2016 scheiterte Huckabee bei den Vorwahlen der Republikaner, sich die Nominierung zum US-Präsidentschaftskandidaten zu sichern. Im Unterschied zu vielen vorherigen US-Botschaftern in Israel ist Huckabee selbst nicht jüdisch, aber ein lautstarker Unterstützer Israels. Er drängt auf eine Legalisierung und Annexion bislang völkerrechtswidriger Siedlungen im Westjordanland. mrb
Der russische Dissident Wladimir Kara-Mursa wird am Samstag mit dem Freiheitspreis der Friedrich Naumann Stiftung geehrt. Nach der Preisverleihung in der Frankfurter Paulskirche bricht der Gegner des russischen Machthabers Wladimir Putin nach Berlin auf. Dort wird er gemeinsam mit den russischen Dissidenten Ilja Jaschin und Julia Nawalnaja am Sonntag, 17. November, gegen den russischen Krieg und gegen Putin demonstrieren.
Es ist die erste Demonstration der russischen Dissidenten, die sich explizit gegen den Krieg stellt. Nawalnaja, die Witwe des in russischer Haft gestorbenen Putin-Gegners Alexej Nawalny, forderte im Aufruf zur Demonstration, Putin als Kriegsverbrecher vor Gericht zu stellen. Jaschin und Kara-Mursa kamen im August gemeinsam mit 14 weiteren politischen Gefangenen bei einem Austausch gegen russische Spione und den verurteilten Tiergartenmörder Wadim Krassikow frei. vf
Was ist das eigentlich für ein Land, das Tausende seiner Männer in den sicheren Tod schickt? Warum lassen nordkoreanische Soldaten das mit sich machen? Warum begeben sie sich für den russischen Machthaber Putin in seinen Krieg?
Wie Nordkorea seine Bürgerinnen und Bürger prägt – das lässt sich nur schwer vorstellen. Einen Eindruck davon verschafft der Dokumentarfilm “Im Strahl der Sonne”. Er ist von 2015 und hat nichts von seiner Aktualität verloren. Dem Team des russisch-lettischen Regisseurs Vitaly Mansky, der auch einen Putin-kritischen Film gedreht hat und seit 2014 im Exil in der EU lebt, gelingen einzigartige, unzensierte Aufnahmen. Die eindrucksvollen, ruhigen Bilder lassen ahnen, wie roboterhaft viele Menschen in Nordkorea ihr Leben führen – eine wichtige Voraussetzung für die Stabilität eines jeden autokratischen Regimes.
Donald Trump rüstet sich für seine zweite Amtszeit. In die erste Reihe hat er sich in dieser Woche Pete Hegseth als Verteidigungsminister und Marco Rubio als Außenminister geholt. Einflussreich sind auch die Persönlichkeiten aus der zweiten Reihe in den konservativen Politik- und Strategie-Think-Tanks. Die hat Nana Brink sich in ihrer Analyse angeschaut.
Auch in der Ukraine stellt man sich auf Trump ein. Dass er die militärische Hilfe ganz einstellt, damit rechnet Kiew nicht. Auf was sich Präsident Selenskyj aber vorbereitet, hat Denis Trubetskoy aus Kiew aufgeschrieben.
Hierzulande bangt man seit dem Ampel-Aus um die Zukunft ohnehin schon zäher Gesetzesvorhaben. Das dringend benötigte Kritis-Dachgesetz und das NIS-2-Gesetz stehen möglicherweise vor dem Aus in dieser Legislaturperiode. Mehr lesen Sie in der News von Wilhelmine Preußen.
Und damit eine gute Lektüre,
Der wenig beachtete Wahlspruch der Republikaner für die Außenpolitik lautete “Frieden durch Stärke” und ist aus der Kampagne von Ronald Reagan recycelt. Auf den ersten Blick findet man darin Donald Trumps “America First”-Ideologie wieder. Auf den zweiten Blick allerdings mischen sich in Trumps Stärkephantasien immer auch wieder isolationistische Tendenzen. Wenn er zum Beispiel im Wahlkampf davon sprach, die USA aus militärischen Konflikten herauszuhalten. Hinzu kommt Trumps Aversion gegen multilaterale Institutionen.
Diese Uneindeutigkeit spiegelt sich auch in den Personalentscheidungen für sein Kabinett wider, vorrangig beim künftigen Außenminister Marco Rubio und seinem designierten Verteidigungsminister Pete Hegseth. Als Senator in Florida ist Rubio Teil von Trumps “Florida-Mafia”: außenpolitisch erfahren und durch seine Auftritte bei der Münchner Sicherheitskonferenz international gut vernetzt. In der Vergangenheit glaubte er an Bündnisse wie die Nato und an eine US-amerikanische militärische Überlegenheit.
Im Gegensatz zum Ex-Fox-News-Moderator Hegseth, einem ausgewiesenen Nato-Kritiker. In seinem Buch “The War on Warriors: Behind the Betrayal of the Men Who Keep Us Free” fällt der 44-jährige Veteran der Army National Guard von Minnesota ein harsches Urteil über die Europäer. Sie seien “outdated, outgunned, invaded, and impotent” und verdienten keine weitere Unterstützung der USA. (Lesen Sie hier ein ausführliches Porträt des angehenden Verteidigungsministers.)
Trumps neuer Nationaler Sicherheitsberater Mike Waltz aus Florida, als Mitglied des US-Repräsentantenhauses auch im Dunstkreis der “Florida-Mafia”, ist ebenfalls kein Nato-Fan. Im Hinblick auf die Ukraine hatte Waltz im Wahlkampf erklärt, dass “die Ära der Blankochecks vorbei” sei.
Bei der Frage, wer die neue Trump-Administration beeinflussen könnte, fiel oft der Name “Project 2025”. Die 900-seitige Blaupause für eine Amtsübernahme enthält radikale Schritte im Bereich Sicherheits- und Außenpolitik: Rückzug der USA aus der Nato und aus multilateralen Institutionen und Reduzierung der US-Truppen in Europa. Bislang allerdings hatte Trump öffentlich erklärt, dass er das Papier der erzkonservativen Heritage Foundation weder kenne noch unterstütze. Was erst einmal nichts besagt, sondern von Trumps Unberechenbarkeit zeugt.
Nicht distanziert hat sich Trump vom 2021 gegründeten Thinktank American First Policy Institute (AFPI), in dem sich eine Vielzahl von früheren Mitarbeitern versammelt, unter anderem seine ehemalige Beraterin Kellyanne Conway und Ex-Heimatschutzminister Chad Wolf. Nach Informationen von Politico hat AFPI im Hintergrund gearbeitet, gilt aber als “erster Partner”, wenn es darum geht, Pläne und Personal für Trumps zweite Amtszeit bereitzustellen.
Zentrale Figuren sind Brooke Rollins, Direktorin des AFPI und Trumps ehemalige innenpolitische Beraterin Linda McMahon, Vorsitzende des AFPI-Beratergremiums und in Personalunion Vize-Vorsitzende von Trumps Transition-Team. “The America First Agenda” ist im Bereich Sicherheitspolitik weniger radikal als das “Project 2025”. Es zweifelt den Wert der Nato auch für die USA nicht grundsätzlich an, fordert aber von den Europäern mehr Engagement.
Unter dem Kapitel “American Leadership in the World” spricht die Agenda eine klare Drohung aus. Man werde die Bindungen nur zu denjenigen Nationen pflegen, die ihre Zwei-Prozent-Nato-Verpflichtung “einhalten oder sogar verstärken”. Und man werde prüfen, ob sie “Amerikas Vision, das kommunistische China zu bekämpfen, mittragen”. Ähnlich hatte sich Trump schon vor zwei Jahren geäußert. Beiden Agenden immanent ist eine Tendenz zum Isolationismus, der allerdings in der Geschichte der USA Tradition hat.
Für Marco Overhaus von der Forschungsgruppe Amerika bei der Stiftung Wissenschaft und Politik bedeutet der Wahlausgang, dass “wir als Europäer die transatlantischen Beziehungen radikal neu denken müssen, und zwar mit einem viel kleineren amerikanischen Beitrag“. So werde Trump versuchen, sich mit Putin über ein Ende des Kriegs in der Ukraine zu verständigen, über die Köpfe der Ukraine und der Europäer hinweg. Trump wolle, so Overhaus, “dass der europäische Teil der Nato seinem Verständnis von amerikanischen Interessen in Zukunft folgt”. Die Ukraine werde dafür ein erster Testfall sein.
Gerade die “America First Agenda” versucht nun eine Brücke zu schlagen zwischen den extremen Positionen des Maga-Flügels (“Make America Great Again”) rund um das “Project 2025” und den gemäßigten Republikanern. So gilt der neue Außenminister Rubio zwar als Hardliner gegenüber China und dem Iran. Gleichzeitig hat er in der Vergangenheit zusammen mit den Demokraten im Senat an einem Gesetz gearbeitet, um einen Präsidenten Trump daran zu hindern, aus der Nato auszutreten.
Politikwissenschaftler Overhaus weist jedoch darauf hin, dass sich nicht nur Rubio, sondern auch der neue Nationale Sicherheitsberater Waltz im Laufe der letzten Jahre gewandelt haben: von traditionellen Republikanern zu Verfechtern radikaler Positionen der Maga-Bewegung. Sowohl von Waltz wie von Rubio erwartet der Politikwissenschaftler Overhaus “keinen nennenswerten Widerstand gegen Trumps Agenda”. Auch einen Austritt aus der Nato dürfe man dann nicht mehr ausschließen.
Wie bewerten Sie die militärische Situation in der Ukraine?
Sie hat sich zuungunsten der Ukraine verändert. Russland schafft es am Ende der Sommeroffensive, tatsächlich signifikant Geländegewinne zu machen, und für die Ukraine auf der anderen Seite wird es immer schwieriger, Kräfte aufzubringen, die diese russischen Vorstöße abriegeln können.
Also bekommt die Ukraine genug, um zu kämpfen, aber nicht genug, um zu siegen?
Richtig. Wir haben es hier mit einem Abnutzungskrieg zu tun. Entscheidend dabei ist, dass Russland seine Ressourcen nicht allein aus Russland bezieht. Es hat mittlerweile die Unterstützung von Ländern wie zum Beispiel eben Nordkorea, aber auch ganz konkret China oder auch andere Länder, wie den Iran, gerade im Hinblick auf Drohnen. Und wenn dann die Ukraine zunehmend aufgrund mangelnder Ressourcen in die Knie geht, dann kommt es zu dieser Situation. Entscheidend ist auch, dass die Ukraine ein Problem im Bereich der Human-Ressourcen hat, wenn ich das so sagen darf. Sie hat Schwierigkeiten, Soldaten zu rekrutieren. Und wenn Russland bereit ist, seine Soldaten bedingungsloser und kompromissloser zu opfern, – dann haben wir genau dieses Ergebnis.
Also hat Moskau eigentlich keinen Druck, sich zu bewegen?
Russland hat den großen Vorteil, dass es auf der Zeitachse einfach abwarten kann, weil es offensichtlich die besseren Verbündeten hat. Es bekommt die Ressourcen, die es braucht, und zwar kontinuierlich. Es hat natürlich auch seine Grenzen. Vielleicht noch zwei oder drei Jahre – und dann geht auch den Russen die Luft aus. Die Frage ist nur: Hat die Ukraine das auch?
Wir sehen immer mehr “Technik-gegen-Technik”-Operationen. Drohnen bekämpfen Drohnen. Wie beurteilen Sie das?
Ich behaupte, dass wir tatsächlich in der Ukraine eine Revolution sehen, wir aber nicht bereit sind, das anzuerkennen, weil uns zum Teil die Erfahrung fehlt, die die Kriegsparteien dort haben. Die Ukraine hat gezeigt, dass es möglich ist, mit derartigen Mitteln sehr effektiv und effizient zu kämpfen. Und wenn man die Produktionskosten betrachtet, ist die Ukraine in der Lage, sehr potente Waffensysteme zu schaffen. So können sie mit einer billigen Drohne, die ein paar hundert Euro kostet, einen millionenteuren Kampfpanzer zerstören.
Also ist dieser Krieg in der Ukraine eigentlich modern und altmodisch zugleich?
Das ist das Paradoxe daran. Wir sehen hier Elemente einer veralteten Kriegsführung, die man nicht mehr für möglich gehalten hat, also denken Sie an den massiven Artillerie-Einsatz. Aber wir sehen auch viele Elemente der modernen Kriegsführung, so wie man sie eigentlich vorausgesehen hat, also nehmen Sie die Entwicklung auf dem Gebiet der Drohnen. Das Verblüffende aber ist: Wir haben dennoch wieder eine Pattsituation wie im Ersten Weltkrieg. Warum? Weil der Einsatz von vielen 10.000 Drohnen dieses gläserne Gefechtsfeld schafft, das es zu durchdringen gilt. Wir – also natürlich vor allem die Ukraine – müssen jetzt ein neues Schwarzpulver finden, so wie die Chinesen damals. Es geht ja darum, dem Gegner zu zeigen: Sieh her, bei uns wirst du keinen Erfolg haben. Also wage es nicht, uns zu attackieren.
Wie beurteilen Sie den Einsatz von nordkoreanischen Truppen aufseiten der Russen?
Wir gehen vom Einsatz von bis zu 700.000 russischen Soldaten bis zum Ende des Jahres aus. Da fallen diese 12.000 nordkoreanischen Soldaten, die noch dazu keinerlei Kriegserfahrung besitzen, doch sehr gering aus. Hier geht es aber nicht um den Einsatz dieser Soldaten. Russland zeigt uns damit: Ich habe die besseren Verbündeten. Ich habe Nordkorea, das mir nun zum zweiten Mal fast drei Millionen Artilleriegranaten schickt und sogar 12.000 Soldaten sendet. Ich habe die besseren Karten im Vergleich zu euch. Das ist die Symbolkraft dahinter.
Was bedeutet der Wahlsieg Trumps für die Ukraine? Präsident Selenskyj hat sich ja kürzlich beschwert, dass von den 60 Milliarden, die die USA angekündigt haben, gerade mal zehn Prozent angekommen sind.
Das ist die zentrale Frage, weil die USA den Unterschied gemacht haben bis jetzt, mit Lieferungen. Trump hat im Wahlkampf immer wieder gesagt, er würde diesen Krieg innerhalb eines Tages beenden. Da müsste man als rational denkender Mensch eigentlich sagen: Das wird nicht passieren. Dann würde Russland sofort seinen Sieg erklären. Also er müsste eher darauf hinarbeiten, dass es einen Deal im Hintergrund gibt – um jetzt seine Worte zu gebrauchen -, wo die USA als globale Weltmacht gesichtswahrend herauskommt. Wenn er rational handelt. Frage ist: Handelt er rational? Also das wird sich erst in den nächsten Wochen oder Monaten auflösen. Aber ich möchte schon auch hier anmerken, dass auch die US-Administration unter Biden signifikant die Unterstützung der Ukraine zurückgefahren hat. Und im Verhalten der USA gegenüber der Ukraine konnte man erkennen, dass die USA zwar sagen: Wir werden hinter euch stehen. Aber wir werden nicht mit euch zum Äußersten gehen.
Dann müsste also Europa – und natürlich in hohem Maße auch Deutschland – bereitstehen?
Im schlimmsten Fall, ja. Wenn man es wirklich will. Denn im äußersten Fall kann es sein, dass Trump, so wie angekündigt, sich nicht auf bestehende Institutionen wie zum Beispiel die Nato verlässt, sondern unilateral handelt. Dann steht Europa vor einem riesigen Scherbenhaufen, den es selber aufräumen muss und keine Idee hat, wo Schaufel und Besen sind.
Spätestens das Treffen zwischen Präsident Wolodymyr Selenskyj und Donald Trump im September hat gezeigt, dass Kiew sich auf jeden Ausgang der US-Wahlen vorbereitet, auch auf einen Sieger Trump. Kiew rechnet mit Gesprächen zwischen Washington und Moskau. Doch viel Hoffnung knüpft die Regierung Selenskyjs daran nicht. Der russische Machthaber Wladimir Putin würde solche Gespräche jedoch als einen Punkt für sich verbuchen, denn Verhandlungen mit den USA auf Augenhöhe ist das, was er anstrebt.
Selenskyj hatte Trump viel geboten. Neben seinem “Siegesplan”, mit dem er um Unterstützung warb, waren es
Trumps Meinung dazu ist unbekannt. Selenskyj wird abwarten und sehen müssen, welche Prioritäten Trump setzt: außenpolitische oder inneramerikanische. Grundsätzlich gibt es regierungsnahe Stimmen in Kiew, die von Trump zumindest neue Impulse für ein Ende des Kriegs erwarten.
Die bisher genannten Namen aus dem Sicherheitsbereich der künftigen US-Regierung beunruhigen Kiew zwar durchaus – so ist von Enttäuschung darüber zu hören, dass der ehemalige Außenminister und Republikaner, Mike Pompeo, keine Rolle in Trumps Regierung spielen wird. Immerhin ist er ein deutlicher Russland-Kritiker. Klar ist aber auch, dass persönliche Loyalitäten für Trump – auch wenn er seine Meinung häufig ändert – wichtiger sind als die sachlichen Positionen der Ministerinnen und Minister.
Mit zwei Dingen rechnet die Ukraine sicher – und beide sind besorgniserregend. Erstens ist es sehr wahrscheinlich, dass die USA die Finanzhilfe für die Ukraine stark kürzen oder sogar streichen wird. Dieses Geld ist aber für das Funktionieren des Staates wichtig: Rentenzahlungen, Löhne von Staatsangestellten und ähnlichem. Das Geld aus dem Ausland stabilisiert das Hinterland, denn alle Steuer- und Zolleinnahmen fließen ins Militär. Zweitens: Die Militärhilfe wird künftig eher als Kredit, als eine Art Lend-Lease, und nicht mehr gratis gewährt. Mit dem Schlimmsten, dem Ende der militärischen Hilfe aus den USA, rechnet Kiew nicht. dt/vf
Ein 154-seitiger Bericht der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch kommt zu dem Schluss, dass das Ausmaß der zwangsweisen Umsiedlung der palästinensischen Zivilbevölkerung im Gazastreifen ein Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit darstellt. Die “erzwungene Umsiedlung” sei “umfassend, und die Belege zeigen, sie ist systematisch und Teil einer staatlichen Strategie”. Damit verstoße Israel gegen die Genfer Konvention, nach der solche Umsiedlungen durch eine Besatzungsmacht nur temporär und als letztes Mittel benutzt werden dürfen.
Der Report arbeitet neben der Auswertung von Satellitenbildern und Interviews der Menschen in Gaza auch mit der Untersuchung der Aufrufe zur Evakuierung, die die israelische Armee im vergangenen Jahr immer wieder veröffentlichte. Dazu wurden der Gazastreifen in kleinteilige Regionen eingeteilt und in den Aufrufen sogenannte Safe Zones für die Menschen ausgewiesen. Allerdings seien die Karten oft verwirrend oder fehlerhaft gewesen. Einige Aufrufe zur Evakuierung seien erst erfolgt, als der Luftschlag bereits vorbei war, und auch die Safe Zones seien immer wieder attackiert worden.
Die umfassende Zerstörung des Gazastreifens durch die israelische Armee mache eine Rückkehr der Menschen zu ihren ursprünglichen Wohnorten oft nicht möglich, sodass man nicht von einer temporären Umsiedlung sprechen könne. Besonders die Pufferzonen entlang des Philadelphi-Korridors an der Grenze zu Ägypten sowie des Netzarim-Korridors, der Nord- und Südgaza teilt, seien unbewohnbar, wie Satellitenbilder zeigten. “Die vorsätzliche Zerstörung in den Regionen der Korridore läuft auf ethnische Säuberung hinaus”, sagt die Expertin für die Rechte von Migrantinnen und Migranten und Geflüchteten bei Human Rights Watch, Nadia Hardman, bei der Vorstellung des Berichts.
In den vergangenen Monaten hat die israelische Armee zehntausende Menschen im Norden des Gazastreifens umgesiedelt, mit der Begründung, Hamas-Kräfte formierten sich in den Städten Jabalya, Beit Lahiua und Beit Hanoun erneut. Der kürzlich ernannte Außenminister Gideon Sa’ar bestritt am Montag, dass Israel dauerhafte Pufferzonen im Gazastreifen anstrebe. Er versicherte, die Zivilbevölkerung könne am Ende des Kriegs zurückkehren. Der Bericht von Human Rights Watch ist eine weitere in einer Reihe von Warnungen von internationalen Organisationen über die Situation in Gaza. Die israelische Regierung besteht darauf, der Krieg gegen die Hamas geschehe im Rahmen des Völkerrechts. vew
Nach dem Ampel-Aus müssen Bundesinnenministerin Nancy Faeser und die Chefin des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) Claudia Plattner, um die Gesetze zum Schutz kritischer Infrastruktur bangen: Das Kritis-Dachgesetzes, für den physischen Schutz kritischer Infrastruktur und NIS-2-Umsetzungs- und Cybersicherheitsstärkungsgesetz für den digitalen Schutz.
Bei der Pressekonferenz zur Vorstellung des diesjährigen BSI-Lageberichts betonten beide, dass es “wichtig” sei, die Gesetze noch in dieser Legislatur durch den Bundestag zu bringen.
Während das Kritis-Dachgesetz noch einer Zustimmung durch die Länder bedarf, handelt es sich bei NIS-2, wo es um strengere Cybersicherheitsvorgaben für Bundesverwaltung und Wirtschaft geht, nicht um ein sogenanntes Zustimmungsgesetz. Eine Umsetzung vor den Neuwahlen halten einige dementsprechend für realistischer.
Aber auch das NIS-2 Umsetzungsgesetz muss im Bundesrat diskutiert werden und ist außerdem mit, auch innerhalb der Ampelkoalition, umstrittenen Vorhaben verknüpft, wie etwa der Unabhängigkeit des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) und Regelungen zum Schwachstellenmanagement. Eine Möglichkeit, doch noch zu einer Umsetzung zu kommen, könnte es sein, diese Fragen vorerst auszuklammern.
Die Innenministerin appellierte an FDP und CDU, Bereitschaft zu zeigen, mit Grünen und SPD zusammenzuarbeiten. Claudia Plattner ergänzte im Gespräch mit Table.Briefings im Anschluss an die Pressekonferenz, dass sie mit Blick auf NIS-2 “hoffnungsvoll” sei. Berichten zufolge hat Faeser bereits entsprechende Gespräche mit dem Unions-Fraktionsvorsitzenden Friedrich Merz geführt.
Aus Ampelkreisen im Bundestag heißt es, dass jetzt Berichterstattergespräche von Grünen, SPD und BMI geführt werden, um vorbereitet zu sein, sollte die Union nach der Vertrauensfrage, die am 16. Dezember geplant ist, doch Bereitschaft zu Gesprächen zeigen. Fachpolitiker rechnen damit, dass die CDU/CSU ihr “Nein” zu einer Zusammenarbeit in diesem sicherheitsrelevanten Bereich noch aufweichen wird. Die Union aber sieht den Ball bislang bei den Ampel-Parteien. wp
Der Afghanistan-Untersuchungsausschuss des Bundestages hat am Donnerstag unter anderem die frühere Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer sowie den ehemaligen Finanzminister und derzeitigen Bundeskanzler Olaf Scholz befragt.
Eine Lehre für den Bundeskanzler: Mit Einsätzen, deren Ziel “nation building” ist, also der Aufbau eines Staatswesens, müsse man “zurückhaltend” umgehen. Er selbst habe das allerdings nie als Ziel des Einsatzes gesehen. Zudem brauche es realistische Lagebilder, die es damals wohl nicht gegeben habe, so Scholz. Es sei richtig gewesen, die USA zu unterstützen, die Frage sei aber, ob man früher über einen “Exit” hätte diskutieren müssen. Bundeskanzler Scholz, war damals als Finanzminister nach eigenen Aussagen nur “in geringem Maße” an diesen Fragen beteiligt und war nicht im Krisenstab vertreten.
Kramp-Karrenbauer, die zuvor mehr als sechs Stunden befragt wurde, drückte unter anderem ihr Bedauern über die langsame Aufnahme früherer Bundeswehr-Ortskräfte im Zusammenhang mit der Machtübernahme der Taliban 2021 aus. Das sei in der Bundesregierung umstritten gewesen. Klar wurde erneut, dass innerhalb der Bundesregierung unterschiedliche Einschätzungen der Lage existierten.
Der Ausschuss untersucht seit Sommer 2022 die Umstände der militärischen Evakuierungsaktion aus Kabul im August 2021 und soll herausfinden, inwieweit Kompetenzgerangel zwischen den vor Ort tätigen deutschen Institutionen im Vorfeld der Evakuierung im August 2021 die Lage verschärfte.
Wegen der geplanten vorgezogenen Bundestagswahl ist mit einem verkürzten Verfahren bei der Ausarbeitung des Abschlussberichts zu rechnen. Am 28. November soll Ex-Außenminister Heiko Maas und am 5. Dezember die frühere Bundeskanzlerin Angela Merkel gehört werden.
Der Vorsitzende des Ausschusses, Ralf Stegner, kündigte aber an, den Abschlussbericht noch vor Ende der Legislaturperiode der Bundestagspräsidentin Bärbel Bas zu übergeben. wp
Es ist ein Testlauf und eine Premiere: Die EU-Kommission hat am Donnerstag finanzielle Beiträge von insgesamt 300 Millionen Euro für fünf grenzüberschreitende Beschaffungen von Rüstungsgütern genehmigt. Zum ersten Mal werde der EU-Haushalt genutzt, um die Mitgliedstaaten bei der gemeinsamen Beschaffung von Verteidigungsgütern zu unterstützen, sagt Margrethe Vestager, Vizepräsidentin der EU-Kommission. Dies sei ein “Erfolg”.
Im Rahmen des Instruments zur Stärkung der europäischen Verteidigungsindustrie durch gemeinsame Beschaffung (Edirpa) erhalten die fünf Projekte jeweils 60 Millionen Euro. Zwei Projekte sollen die gemeinsame Luft- und Raketenabwehrkapazitäten stärken. Neun Mitgliedstaaten, darunter Frankreich, Belgien, Griechenland und Ungarn, beschaffen gemeinsam Mistral-Luftverteidigungssysteme mit sehr geringer Reichweite. Sechs Mitgliedstaaten mit Deutschland an der Spitze bestellen zusammen IRIS-T SLM Mittelstrecken-Luftverteidigungssysteme.
Weitere Projekte betreffen die Beschaffung des Gemeinsamen Gepanzerten Fahrzeugsystems (CAVS), eines modernen gepanzerten Trägers für den geschützten Truppentransport. Mit dabei ist neben Finnland, Schweden, Lettland auch Deutschland. Zwei weitere Konsortien betreffen die gemeinsame Beschaffung von verschiedenen Arten von 155-mm-Artilleriemunition.
Die fünf ausgewählten Projekte haben zusammen einen Auftragswert von mehr als elf Milliarden Euro, was nach Darstellung der EU-Kommission die hohe Hebelwirkung der EU-Mittel veranschaulicht. Ohne Edirpa, so eine Sprecherin in Brüssel, wären die Beschaffungen nicht zustande gekommen.
Mit Edirpa finanziert die EU-Kommission nicht direkt Waffen, aber übernimmt zusätzliche Verwaltungskosten aus der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit. Nach Angaben von Vestager werden mit den Projekten kritische und dringende Lücken bei den Verteidigungsfähigkeiten geschlossen. Für die Mitgliedstaaten bringe die gemeinsame Beschaffung ein besseres Preis-Leistungs-Verhältnis und stärke zudem die Interoperabilität der Streitkräfte. Edirpa ist der Testlauf für das Europäische Programm für die Verteidigungsindustrie (Edip), das von EU-Parlament und Rat in den nächsten Monaten beschlossen werden soll.
Für Edip sind 1,5 Milliarden Euro reserviert, um Europas Verteidigungsindustrie zu stärken und mit gemeinsamen Projekten die Fragmentierung zu überwinden. Mit Blick auf die bevorstehenden Beratungen über den nächsten mehrjährigen Finanzrahmen ist von einer deutlichen Aufstockung der Mittel ab 2028 die Rede. Gesprochen wird über bis zu 500 Milliarden Euro, die über neue Einnahmen oder über den EU-Haushalt finanziert werden müssten. sti
Der Inspekteur der Marine, Vizeadmiral Jan Christian Kaack, hat auf der Maritime Convention des Deutschen Maritimen Instituts am Dienstag “einige spannende Entscheidungen” in den “nächsten zwei bis drei Wochen” angekündigt. In welche Richtung diese Entscheidungen gehen dürften, deutete er an: “Wir alle wissen, nach der Billigung für Schiff fünf und sechs der Fregatten Klasse 126 heißt es nun, am Ball zu bleiben und die nächsten Großprojekte, die Beschaffung der Fregatten der Klasse 127, von vier weiteren U-Booten 212 CD sowie von unbemannten Seefernaufklärern hartnäckig voranzutreiben”, sagte er.
Das sind aktuell die Big-Ticket-Items auf der Wunschliste der Marine. Am konkretesten fortgeschritten scheint eine (An-)Finanzierung der vier U-Boote aus deutsch-norwegischer Co-Produktion. Nach langem Hin und Her könnte auch das Startsystem für Lenkflugkörper zur Selbstverteidigung der U-Boote gegen Hubschrauber oder Ziele an Land (Interactive Defence and Attack System for Submarines, IDAS) doch aus dem Sondervermögen finanziert werden.
Bei der Luftverteidigungsfregatte des Typs F127 hofft die Marine wenigstens auf eine Anschubfinanzierung, um wichtige Entwicklungsschritte voranzutreiben.
Für all diese Vorhaben müsste das Verteidigungsministerium die Vorlagen langsam dem Bundestag vorlegen. Das Geld dafür müsste, heißt es aus Parlamentskreisen, aus dem Sondervermögen kommen. Daraus waren am Stichtag 11. Oktober laut Verteidigungsministerium noch 25 Milliarden Euro zu verteilen. klm
New York Times: Ukraine Prioritizes Security, Not Territory, as Trump Pushes Truce Talks. Für die Ukraine rücken im Falle einer Beendigung des Krieges Sicherheitsgarantien in den Vordergrund. Die territoriale Integrität ist weiter bedeutend, aber aufgrund des Kriegsverlaufs und des Machtwechsels in Washington steht sie nicht mehr an erster Stelle.
Guardian: Is there any red line that Israel will be held to? Biden has just confirmed the answer is no. Die USA und andere westliche Staaten haben gegenüber Israel im Kampf gegen die Hamas keine roten Linien gezogen. Israels Reaktion auf den Terrorismus wird als verhältnismäßig eingeschätzt, auch beim Brechen von internationalen Standards. Das Land habe in der Auseinandersetzung daher freie Hand, schreibt Autor Owen Jones.
Internationale Politik: Globaler Süden im Aufwind? Der Wahlsieg von Donald Trump wird Auswirkungen auf alle Bereiche globaler Kooperation haben. Es könnte zu einem weniger westlich geprägten multilateralen System führen und etablierte Strukturen wie die Nato schwächen.
Foreign Affairs: China Should Be Worried About North Korea. Dass Russland und Nordkorea immer enger zusammenarbeiten, bereitet China Sorgen. Chinesische Politiker befürchten, dass die USA und ihre Verbündeten in Europa und Asien als Reaktion auf die Kooperation der beiden Staaten ihre militärische Zusammenarbeit verstärken werden.
Case: Dictator’s reliable rear: Russian Economy at the Time of War. Im vergangenen Jahrhundert standen die westlichen Demokratien zweimal Diktaturen gegenüber – einmal den faschistischen Regimes, ein anderes Mal den kommunistischen. Im ersten Fall kam es zum Zweiten Weltkrieg, im zweiten Fall setzte sich der Westen dank seiner wirtschaftlichen Überlegenheit durch. Heute sollte der Westen in der Auseinandersetzung mit Russland nicht mit einer Wiederholung des zweiten Szenarios rechnen.
Der designierte US-Präsident Donald Trump hat den Fox-News-Moderator und Armeeveteran Pete Hegseth als US-Verteidigungsminister nominiert.
Anders als seine Vorgänger an der Spitze des Pentagons bringt Hegseth weder Regierungserfahrung mit, noch kennt er die Behörde, den größten Arbeitgeber der USA, von innen. Während sich aus dem Verteidigungsestablishment einige fragen, was ihn für diesen entscheidenden Posten qualifiziert, beschreibt der designierte US-Präsident Trump ihn als “hart” und “klug”.
Für diese Beschreibung spricht seine Ausbildung an den Eliteuniversitäten Princeton und Harvard und seine Zeit in der Armee. Er trat 2003 in die Army National Guard von Minnesota ein und diente später im US-Gefangenenlager Guantanamo Bay auf Kuba, in Afghanistan und im Irak. Dafür erhielt er mehrere Auszeichnungen, eine militärische Führungsrolle hatte der jetzt 44-Jährige allerdings nie inne. 2021 beendete er seine Laufbahn bei der Armee, auch weil seine Chancen auf eine Karriere wegen seiner radikalen politischen und religiösen Ansichten immer geringer wurden. Für Trump kein Grund, ihn nicht für den Job als Chef von zwei Millionen Männern und Frauen in Uniform in Zeiten geopolitischer Spannungen vorzuschlagen.
Ein “echter Anhänger von America First” sei Hegseth, so Trump als er dessen Nominierung verkündete. Für die Nato-Verbündeten ist diese Wahl kein Grund, aufzuatmen. Wie Trump hat auch Hegseth den Kern des transatlantischen Verteidigungsbündnisses infrage gestellt: Warum sollen die USA auf “selbstgerechte und ohnmächtige Nationen” hören, die von den USA fordern, “überholte und einseitige Verteidigungsvereinbarungen” einzuhalten, schreibt Hegseth in einem seiner Bücher.
Und hinter die Qualität der US-amerikanischen Unterstützung für die Ukraine darf mit Blick auf Aussagen von Hegseth ebenfalls ein Fragezeichen gesetzt werden. Auch wenn er Joe Biden zu Beginn des Kriegs in der Ukraine kritisiert hat, “nicht genug” zu tun, hat er sich zuletzt eher skeptisch bezüglich des anhaltenden Engagements in der Ukraine gezeigt. Der Konflikt würde im Vergleich zu innenpolitischen Problemen und Sorgen der US-Amerikaner “verblassen”.
Im Gegensatz zu einigen anderen “Picks” für Regierungsposten ist Hegseth seit Tag eins ein treuer Trump-Anhänger. Während Trump in seiner ersten Amtszeit immer wieder harte Kritik von ehemaligen Generälen und den eigenen Verteidigungsministern aushalten musste, muss er ähnlichen Gegenwind von Hegseth nicht fürchten.
Der TV-Host teilt Trumps konservative Ideen auch mit Blick auf innere Reformen des Militärs und die Diversity-Themen, die aus Sicht von Hegseth durch die “woke” Politik der Pentagon-Chefs vorangetrieben werde und dem Militär schade.
Im Wahlkampf hat Trump versprochen, transgeschlechtliche Menschen aus dem Militär zu verbannen und Diversitäts- und Inklusionsrichtlinien in der Regierung abzuschaffen. Außerdem sprach er darüber, die Nationalgarde und möglicherweise das aktive Militär einzusetzen, um Millionen undokumentierter Einwanderer abzuschieben. Mit Hegseth dürfte er einen Mann ausgewählt haben, dem genau das ein Anliegen ist.
“Wir haben nur ein Pentagon”, heißt es auf seiner Website in der Beschreibung seines neuesten Buchs. “Entweder wir holen es zurück oder wir geben es komplett auf.” Wilhelmine Preußen
Mike Huckabee wird neuer US-amerikanischer Botschafter in Israel. Das gab der designierte US-Präsident Donald Trump am Mittwoch bekannt und versprach, dass der 69-jährige frühere Gouverneur des US-Bundesstaats Arkansas “unermüdlich daran arbeiten” werde, “den Frieden im Nahen Osten herbeizuführen”. 2008 und 2016 scheiterte Huckabee bei den Vorwahlen der Republikaner, sich die Nominierung zum US-Präsidentschaftskandidaten zu sichern. Im Unterschied zu vielen vorherigen US-Botschaftern in Israel ist Huckabee selbst nicht jüdisch, aber ein lautstarker Unterstützer Israels. Er drängt auf eine Legalisierung und Annexion bislang völkerrechtswidriger Siedlungen im Westjordanland. mrb
Der russische Dissident Wladimir Kara-Mursa wird am Samstag mit dem Freiheitspreis der Friedrich Naumann Stiftung geehrt. Nach der Preisverleihung in der Frankfurter Paulskirche bricht der Gegner des russischen Machthabers Wladimir Putin nach Berlin auf. Dort wird er gemeinsam mit den russischen Dissidenten Ilja Jaschin und Julia Nawalnaja am Sonntag, 17. November, gegen den russischen Krieg und gegen Putin demonstrieren.
Es ist die erste Demonstration der russischen Dissidenten, die sich explizit gegen den Krieg stellt. Nawalnaja, die Witwe des in russischer Haft gestorbenen Putin-Gegners Alexej Nawalny, forderte im Aufruf zur Demonstration, Putin als Kriegsverbrecher vor Gericht zu stellen. Jaschin und Kara-Mursa kamen im August gemeinsam mit 14 weiteren politischen Gefangenen bei einem Austausch gegen russische Spione und den verurteilten Tiergartenmörder Wadim Krassikow frei. vf
Was ist das eigentlich für ein Land, das Tausende seiner Männer in den sicheren Tod schickt? Warum lassen nordkoreanische Soldaten das mit sich machen? Warum begeben sie sich für den russischen Machthaber Putin in seinen Krieg?
Wie Nordkorea seine Bürgerinnen und Bürger prägt – das lässt sich nur schwer vorstellen. Einen Eindruck davon verschafft der Dokumentarfilm “Im Strahl der Sonne”. Er ist von 2015 und hat nichts von seiner Aktualität verloren. Dem Team des russisch-lettischen Regisseurs Vitaly Mansky, der auch einen Putin-kritischen Film gedreht hat und seit 2014 im Exil in der EU lebt, gelingen einzigartige, unzensierte Aufnahmen. Die eindrucksvollen, ruhigen Bilder lassen ahnen, wie roboterhaft viele Menschen in Nordkorea ihr Leben führen – eine wichtige Voraussetzung für die Stabilität eines jeden autokratischen Regimes.