Table.Briefing: Security

+++ Table.Spezial: Stoltenberg für vorübergehende ukrainische Gebietsabtritte an Russland +++

Liebe Leserin, lieber Leser,

vor acht Wochen erst hat Jens Stoltenberg sein Amt als Nato-Generalsekretär an Mark Rutte abgegeben. Nun weicht der Norweger von Positionen ab, die bislang als Konsens unter den westlichen Unterstützern der Ukraine galten – darunter, unter bestimmten Bedingungen, der Abtritt von Gebieten im Osten des Landes an Russland. Zwar sollten diese allenfalls vorübergehend erfolgen, so der designierte Vorsitzende der Münchner Sicherheitskonferenz (MSC) im Gespräch mit meiner Kollegin Wilhelmine Preußen. Doch auf einem raschen Ende der Kämpfe “sollte nun der Fokus liegen.” Äußerungen, die zeigen, dass sich nach tausend Tagen Krieg und fünfzig vor dem Amtsantritt Donald Trumps alle Seiten auf harte Verhandlungen vorbereiten.

Ihr
Markus Bickel
Bild von Markus  Bickel

Analyse

Stoltenberg: “Fokus sollte auf Ende des Krieges liegen”

Der frühere Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg am 6. November in Oslo.

Der frühere Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg hält vorübergehende Gebietsabtretungen der Ukraine an Russland für eine Option, um ein schnelles Ende des Krieges zu erreichen. “Wenn die Waffenstillstandslinie bedeutet, dass Russland weiterhin alle besetzten Gebiete kontrolliert, heißt das nicht, dass die Ukraine das Gebiet für immer aufgeben muss”, so der künftige Vorsitzender der Münchner Sicherheitskonferenz (MSC).

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj schloss am Sonntag eine Nato-Mitgliedschaft seines Landes ohne die russisch besetzten Gebiete aus. Erst im November aber hatte er Nato-Sicherheitsgarantien nur für die von der ukrainischen Regierung kontrollierten Teile der Ukraine selbst ins Gespräch gebracht. Keith Kellog, designierter Ukraine-Gesandter des künftigen US-Präsidenten Donald Trump, skizzierte zuletzt ähnliche Überlegungen.

Sicherheitsgarantien für Kyiw Bedingung

“Es zeigt, dass wir alle ein Ende des Krieges wollen. Darauf sollte der Fokus liegen”, so Stoltenberg, der im September nach zehn Jahren an der Spitze des westlichen Verteidigungsbündnisses den Posten als Generalsekretär an den Niederländer Mark Rutte abgegeben hatte. Wichtig sei, dass die Regierung in Kyjiw im Gegenzug für vorübergehende Gebietsabtretungen Sicherheitsgarantien erhalte. Das könnte die Nato-Mitgliedschaft sein, so Stoltenberg, es gebe aber auch “andere Möglichkeiten, die Ukrainer zu bewaffnen und zu unterstützen.”

Stoltenberg unterstützt Selenskyjs Forderung, bei einem Waffenstillstand keine Gebiete an Russland abzutreten, hält dies angesichts der aktuellen militärischen Lage für wenig wahrscheinlich: “Wir brauchen eine Waffenstillstandslinie, und natürlich sollte diese Linie idealerweise alle Gebiete einschließen, die Russland derzeit kontrolliert. Wir sehen aber, dass das in naher Zukunft nicht unbedingt realistisch ist.”

Russische Vertreter sollen auf MSC wieder willkommen sein

Stoltenberg hielt sich offen, zur Münchner Sicherheitskonferenz (MSC) auch wieder offizielle russischer Vertreter einzuladen. Die MSC solle wie in der Vergangenheit “eine Plattform sein, auf der sich potenzielle Gegner treffen können.” Ob Russland für 2026 eine Einladung erhalten werde, wenn Stoltenberg die Konferenz das erste Mal leiten wird, sagte er nicht.

Mit einem Austritt der USA aus der Nato rechnet Stoltenberg nicht. “Ich erwarte, dass die USA ein loyaler Nato-Partner bleiben werden”. So habe es auch in Trumps erster Amtszeit viele Punkte gegeben, in denen man sich nicht einig gewesen sei, aber am Ende doch eine gemeinsame Arbeitsgrundlage gefunden habe. Mit seiner Forderung an die europäischen Nato-Partner, mehr in ihre Verteidigung zu investieren, habe Trump Recht gehabt, so Stoltenberg.

  • Münchner Sicherheitskonferenz
  • Nato
  • Russland
  • Ukraine-Krieg

Security.Table Redaktion

SECURITY.TABLE REDAKTION

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    vor acht Wochen erst hat Jens Stoltenberg sein Amt als Nato-Generalsekretär an Mark Rutte abgegeben. Nun weicht der Norweger von Positionen ab, die bislang als Konsens unter den westlichen Unterstützern der Ukraine galten – darunter, unter bestimmten Bedingungen, der Abtritt von Gebieten im Osten des Landes an Russland. Zwar sollten diese allenfalls vorübergehend erfolgen, so der designierte Vorsitzende der Münchner Sicherheitskonferenz (MSC) im Gespräch mit meiner Kollegin Wilhelmine Preußen. Doch auf einem raschen Ende der Kämpfe “sollte nun der Fokus liegen.” Äußerungen, die zeigen, dass sich nach tausend Tagen Krieg und fünfzig vor dem Amtsantritt Donald Trumps alle Seiten auf harte Verhandlungen vorbereiten.

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    Stoltenberg: “Fokus sollte auf Ende des Krieges liegen”

    Der frühere Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg am 6. November in Oslo.

    Der frühere Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg hält vorübergehende Gebietsabtretungen der Ukraine an Russland für eine Option, um ein schnelles Ende des Krieges zu erreichen. “Wenn die Waffenstillstandslinie bedeutet, dass Russland weiterhin alle besetzten Gebiete kontrolliert, heißt das nicht, dass die Ukraine das Gebiet für immer aufgeben muss”, so der künftige Vorsitzender der Münchner Sicherheitskonferenz (MSC).

    Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj schloss am Sonntag eine Nato-Mitgliedschaft seines Landes ohne die russisch besetzten Gebiete aus. Erst im November aber hatte er Nato-Sicherheitsgarantien nur für die von der ukrainischen Regierung kontrollierten Teile der Ukraine selbst ins Gespräch gebracht. Keith Kellog, designierter Ukraine-Gesandter des künftigen US-Präsidenten Donald Trump, skizzierte zuletzt ähnliche Überlegungen.

    Sicherheitsgarantien für Kyiw Bedingung

    “Es zeigt, dass wir alle ein Ende des Krieges wollen. Darauf sollte der Fokus liegen”, so Stoltenberg, der im September nach zehn Jahren an der Spitze des westlichen Verteidigungsbündnisses den Posten als Generalsekretär an den Niederländer Mark Rutte abgegeben hatte. Wichtig sei, dass die Regierung in Kyjiw im Gegenzug für vorübergehende Gebietsabtretungen Sicherheitsgarantien erhalte. Das könnte die Nato-Mitgliedschaft sein, so Stoltenberg, es gebe aber auch “andere Möglichkeiten, die Ukrainer zu bewaffnen und zu unterstützen.”

    Stoltenberg unterstützt Selenskyjs Forderung, bei einem Waffenstillstand keine Gebiete an Russland abzutreten, hält dies angesichts der aktuellen militärischen Lage für wenig wahrscheinlich: “Wir brauchen eine Waffenstillstandslinie, und natürlich sollte diese Linie idealerweise alle Gebiete einschließen, die Russland derzeit kontrolliert. Wir sehen aber, dass das in naher Zukunft nicht unbedingt realistisch ist.”

    Russische Vertreter sollen auf MSC wieder willkommen sein

    Stoltenberg hielt sich offen, zur Münchner Sicherheitskonferenz (MSC) auch wieder offizielle russischer Vertreter einzuladen. Die MSC solle wie in der Vergangenheit “eine Plattform sein, auf der sich potenzielle Gegner treffen können.” Ob Russland für 2026 eine Einladung erhalten werde, wenn Stoltenberg die Konferenz das erste Mal leiten wird, sagte er nicht.

    Mit einem Austritt der USA aus der Nato rechnet Stoltenberg nicht. “Ich erwarte, dass die USA ein loyaler Nato-Partner bleiben werden”. So habe es auch in Trumps erster Amtszeit viele Punkte gegeben, in denen man sich nicht einig gewesen sei, aber am Ende doch eine gemeinsame Arbeitsgrundlage gefunden habe. Mit seiner Forderung an die europäischen Nato-Partner, mehr in ihre Verteidigung zu investieren, habe Trump Recht gehabt, so Stoltenberg.

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