am Nachmittag betreten im Bayerischen Hof Robert Habeck, Entwicklungsministerin Svenja Schulze und Verteidigungsminister Boris Pistorius die Bühne. “Kampf gegen die Müdigkeit: Was immer für den Sieg der Ukraine nötig ist”, heißt das Panel, auf dem der Vizekanzler mit der früheren Sprecherin des US-Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, und dem ukrainischen Außenminister Dmytro Kuleba über die transatlantische Lastenteilung bei der Unterstützung Kiews diskutiert. Es ist das alles überschattende Thema dieser 60. Sicherheitskonferenz.
Am Vormittag hatte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyi klargemacht, dass er vor allem von der EU mehr militärische Unterstützung erwartet. Im Interview mit Table.Media-Chefredakteur Michael Bröcker fordert Wladimir Klitschko, der Bruder des Bürgermeisters von Kiew, dasselbe: “Wir brauchen mehr Waffen, um Russland zu stoppen, um Putin zu stoppen – ohne Wenn und Aber.”
Auf der Hauptbühne und in der Town Hall geht es heute Nachmittag um jene Konflikte und Krisen, die es nicht auf die Frontseiten der Zeitungen schaffen: Sudan, Haiti, Sahelzone. Überraschend hatte sich Bundeskanzler Olaf Scholz bereits am Morgen mit dem Premierminister Armeniens, Nikol Paschinjan, und dem Präsidenten Aserbaidschans, Ilhalm Alijew, getroffen. Nach der gewaltsamen Einnahme Berg-Karabachs durch aserische Truppen vergangenen Sommer ein gutes Zeichen.
Und natürlich wird breit über den neben der Ukraine größten Konflikt diskutiert: den im Nahen Osten. Von Israels Präsident Jitzchak Herzog, den Außenministern Ägyptens, Saudi-Arabiens und Katars wird erwartet, dass sie endlich Wege aufzeigen, wie zumindest eine humanitäre Feuerpause im Gazastreifen erreicht werden kann – möglichst zum Beginn des muslimischen Fastenmonats Ramadan in drei Wochen.
Das wäre auch im Sinne von MSC-Chef Christoph Heusgen. “Wir suchen einen Silberstreif am Horizont zu finden – wie finden wir aus dem Konflikt heraus”, hat er als Ziel dieser 60. Münchner Sicherheitskonferenz genannt. Bis Sonntagmittag bleibt ihm noch.
Das Fazit, das Wolodymyr Selenskyj nach 724 Tagen Krieg gegen sein Land zog, war drastisch: “Unser Widerstand hat die Zerstörung der regelbasierten Welt verhindert”, sagte er am Vormittag auf der Münchner Sicherheitskonferenz. Unmittelbar vor dem ukrainischen Präsidenten hatte Bundeskanzler Olaf Scholz verhalten optimistisch von “einem Silberstreifen am Horizont” gesprochen – und der Ukraine die Versicherung gegeben, dass Deutschlands Unterstützung “breit und umfangreich” sei, “vor allem aber ist sie langfristig angelegt”.
Nach der Unterzeichnung des Sicherheitsabkommens mit der Ukraine in Berlin war der Versuch Scholz’ unübersehbar, sich am Morgen danach in München zum Führer Europas bei der militärischen Unterstützung Kiews aufzuschwingen. 2024 habe Deutschland seine Militärhilfe auf mehr als sieben Milliarden Euro nahezu verdoppelt, Zusagen für die kommenden Jahre in Höhe von sechs Milliarden kämen hinzu, sagte der Kanzler. Er wünsche sich sehr, “dass ähnliche Entscheidungen in allen EU-Hauptstädten getroffen werden”.
Zwar bedankte sich Selenskyj nach dem Schulterschluss mit Scholz bei den westlichen Verbündeten für die Unterstützung seines Landes. Doch machte er kein Hehl daraus, dass sowohl die deutsche Zusage wie die des französischen Präsidenten Emmanuel Macron nur eine Folge des vergangenen Juli in Vilnius beschlossenen Ziels der G7-Staaten gewesen sei, Kiew langfristig militärisch und finanziell im Rahmen einer “Sicherheitspartnerschaft” zur Seite zu stehen.
“Wenn wir jetzt nicht handeln, wird es Putin gelingen, die nächsten Jahre zur Katastrophe zu machen”, so Selenskyj, der eindringlich vor Gefahren für andere europäische Länder warnte: “Wenn die Ukraine alleine dasteht, dann werden Sie sehen, was passiert: Russland wird uns zerstören, das Baltikum zerstören, Polen zerstören – es ist dazu in der Lage.”
Dass Selenskyj in einer Aufnahme in die Nato den besten Schutz für sein Land sieht, ist kein Geheimnis. Doch Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg ließ sich am Vormittag auf der Hauptbühne des Bayerischen Hofs nicht dazu hinreißen, diese Debatte zu befeuern. Stattdessen erneuerte er seine Sorge, dass “die Situation auf dem Schlachtfeld” angesichts der Blockade eines 60-Milliarden-Dollar-Hilfspakets im US-Kongress zuungunsten der Ukraine beeinflusst werden könne.
Scholz hatte schon zuvor versucht, dem durch die umstrittenen Äußerungen von Expräsident Donald Trump entstandenen Eindruck entgegenzusteuern, der Zusammenhalt der Nato sei gefährdet: “Lassen Sie mich auch klar sagen: Jegliche Relativierung der Beistandsgarantie der Nato nützt nur denen, die uns – so wie Putin – schwächen wollen”, sagte er unter dem Beifall des Publikums
Dass Deutschland und die europäischen Nato-Staaten wirklich auf einen Regierungswechsel in Washington vorbereitet sind, bezweifelt Constanze Stelzenmüller, Direktorin des Center on the United States and Europe der Brookings Institution in Washington. “Europa braucht einen Plan B oder sogar einen Plan C. Trump sagt jeden Tag, was er vorhat”, so Stelzenmüller gegenüber Table.Media. “Da ist eine internationale Agenda zu erkennen, die eiskalt transaktional ist und im Zweifelsfall Verbündeten sagt: Wir geben den Ton an.”
Nur wenn es Deutschland gelinge, seine seit der Invasion 2022 begonnene Abkoppelung von Russland konsequent fortzusetzen, könne es seiner Rolle als europäische Führungsmacht gerecht werden, so Stelzenmüller. “Niemand hätte sich vorstellen können, dass wir so schnell uns vom russischen Gas befreien. Niemand hätte sich vorstellen können, dass wir so viel für Waffen ausgeben.” Diesen Weg müsse man weiter gehen, vor allem in der Sicherheitspolitik.
Ob die politischen Bekenntnisse von Scholz wirklich durch harte Zahlen hinterlegt sind, könnte schon am frühen Abend wieder in Zweifel gezogen werden. Verteidigungsminister Boris Pistorius stellt sich dann in der Dachgarten-Lounge des Bayerischen Hofs der Frage, wie “Staat, Wirtschaft und Gesellschaft in Zeiten der Zeitenwende” gemeinsam Resilienz erzeugen können.
“Wir müssen uns mehr denn je darum kümmern, dass unsere Abschreckung modernen Anforderungen gerecht bleibt”, hatte Scholz am Vormittag klargestellt, gleichzeitig aber angegeben, dass bereits achtzig Prozent des 100-Milliarden-Euro-Sondervermögens für die Bundeswehr vertraglich gebunden seien. Diesen Zielkonflikt zu lösen, wird die deutsche Sicherheitspolitik auch nach München noch lange beschäftigen.
Seit mittlerweile 13 Jahren ist das Frauenfrühstück in der Münchner Residenz für viele ein Highlight auf der Münchner Sicherheitskonferenz. Immer im Mittelpunkt: eine prominente Keynote-Speakerin. Nach der estnischen Premierministerin Kaja Kallas im vergangenen überraschte dieses Jahr die ehemalige amerikanische Außenministerin Hillary Clinton das Publikum mit deutlichen Worten: “Deutschland tut mehr für die Ukraine als die USA.” Clinton, die von 2009 bis 2013 das State Department leitete, war schon 2012 zu Gast. Organisiert wird das Frauenfrühstück unter anderem vom sicherheitspolitischen Netzwerk Women in International Security” (WIIS.de) und der Bayrischen Staatskanzlei.
Außenministerin Annalena Baerbock, die eigentlich mit Clinton diskutieren sollte, war nicht anwesend. Wie aus gut unterrichteten Kreisen zu erfahren war, soll Bayerns Ministerpräsident Markus Söder, der Hausherr in der Residenz, ihr Erscheinen verhindert haben.
Noch als First Lady hielt Clinton bei der 4. Weltfrauenkonferenz 1995 in Peking eine viel beachtete Rede, in der sie erklärte: “Frauenrechte sind Menschenrechte.”
Madame Secretary, heute diskutieren wir in Deutschland über Feministische Außenpolitik, ist das ein Fortschritt?
Ich sehe Fortschritt, natürlich. Aber wir haben noch viel zu tun. Frauenrechte, Frieden und Sicherheit, das gehört zusammen. Gesellschaften, die die Autonomie von Frauen, ihre Rechte und Möglichkeiten respektieren, haben eine größere Wahrscheinlichkeit, in Frieden zu leben. Es gehört zur Außenpolitik, zu verstehen, wie ein Land mit Frauenrechten umgeht. Und es ist wichtig zu wissen, dass wir gerade einen Rückschlag in Sachen Frauenrechte erleben. Zum Beispiel in China, wo die Führung Frauen vom Arbeitsmarkt ausschließen will, damit sie mehr Babys bekommen.
Gerade auf diesem Frühstück wird viel darüber diskutiert, ob Europa genug für seine Sicherheit tut. Wie sehen Sie das?
Der russische Überfall auf die Ukraine war ein Weckruf für alle, in Europa, in den USA, überall. Deutschland hat seine Unterstützung für die Ukraine immer weiter verstärkt. Der Umfang der Unterstützung in Europa und in Deutschland ist mehr als das, was die USA tut. Das ist eine klare Botschaft.
Nach den letzten Äußerungen von Ex-Präsident Donald Trump, der die Nato-Verpflichtungen infrage stellte: Denken Sie, dass Europa einen eigenen Nuklearschirm braucht?
Ich denke, das ist nicht notwendig. Das wäre auch schwierig innerhalb der EU zu organisieren. Es wäre viel wichtiger, wenn die Europäer mehr in ihre konventionellen Fähigkeiten investieren, um Russland abzuschrecken.
Wie blicken Sie auf die kommenden Präsidentschaftswahlen in den USA?
Natürlich hoffe ich – wie alle Vernünftigen auf der Welt – dass Präsident Biden wiedergewählt wird. Ich denke, es wird passieren, aber es wird ein schwieriger Prozess. Europa hat ja viel Erfahrung mit demagogischen Führern. Und die USA müssen noch ihre eigene Version davon bewältigen. Aber wir leben in einer Zeit, in der verantwortliche und verlässliche Führungspersönlichkeiten als langweilig empfunden werden. Die Menschen wollen anscheinend mehr Aufregung, sie wollen eine performance von Politikern sehen.
Rund 150 Frauen folgten den Äußerungen von Hillary Clinton. Anwesend waren neben Angehörigen der bayrischen Landesregierung, Staatsministerin Katja Keul (Grüne) aus dem Auswärtigen Amt, die parlamentarische Staatssekretärin Siemtje Möller (SPD) aus dem Verteidigungsministerium, Charlotte Knobloch, Präsidentin der Israelitischen Kulturgemeinde in München, und viele Vertreterinnen von internationalen Thinktanks und aus der Rüstungsindustrie.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj forderte heute Vormittag im Bayerischen Hof mehr Waffen mit großen Reichweiten. Wladimir Klitschko, der Bruder des Kiewer Bürgermeisters Vitali Klitschko, reiste bereits am Freitag nach München an. Table.Media hat Wladimir Klitschko zu den beim Treffen Selenskyjs mit Bundeskanzler Olaf Scholz unterzeichneten Sicherheitszusagen befragt – und zu seinem Glauben an einen Sieg der Ukraine.
Herr Klitschko, wie sehr fürchten Sie die Ukraine-Müdigkeit im Westen?
Ausdauer ist im Krieg genauso wichtig wie im Sport. Es sind ja nicht nur zwei Jahre, sondern zehn Jahre, seitdem wir Krieg haben. Die Russen kommen immer weiter voran, wir verlieren das Land. Wir verlieren die Menschen. Wir verlieren Hunderte und Tausende von Kindern, die deportiert und geklaut wurden. Wir verlieren das größte Atomkraftwerk. Wir verlieren die Zeit. Aber ja, wir bekommen Unterstützung.
Aber nicht ausreichend?
Nein, es reicht nicht. Und meine Sorge ist: Putin wird sich nicht nur mit der Ukraine zufriedengeben, seine Ambitionen sind größer. Die baltischen Länder sind dann dran, und damit Nato-Gebiet. Dann müssten deutsche Soldaten kämpfen. Dann kommen Särge, dann macht man sich andere Gedanken. Wir in der Ukraine erledigen den Job, uns zu verteidigen und demokratische Werte zu verteidigen. Wir brauchen nur das Werkzeug, wir brauchen mehr Waffen, um Russland zu stoppen, um Putin zu stoppen. Wir brauchen das ohne Wenn und Aber.
Das hat Olaf Scholz versprochen.
Ja, aber wenn die Ukraine verliert, wird dieser Krieg weiter in Europa rollen. Es wird dann keinen Frieden und keine Stabilität mehr geben. Wenn die Sonne hier in München scheint, vergisst man das Böse. Aber es rückt näher.
Glauben Sie noch an einen Sieg der Ukraine?
Ich bin fest davon überzeugt. Aber die Zeit geht uns verloren, uns fehlt Munition, die wir brauchen. Jeden Tag verlieren wir Menschen und Territorium. Ich möchte nicht, dass wir ein bunch of losers sind, sondern Gewinner. Dann muss entschieden werden, dass wir das bekommen, was wir für den Sieg über Putins Russland brauchen.
Was bringt die Sicherheitsvereinbarung, die Scholz und Selenskyj am Freitag in Berlin unterzeichnet haben?
Es ist eine gute Botschaft, aber in der Umsetzung dürfen wir keine Zeit verlieren. Zeit ist der wichtigste Faktor jetzt.
Die Verhandlungen über die Freilassung von mehr als hundert israelischen Geiseln aus den Händen der palästinensischen Terrororganisation Hamas laufen auf Hochtouren. Auf der Münchner Sicherheitskonferenz kam Israels Präsident Itzchak Herzog deshalb mit dem Premierministers Katars, Mohammed Abdel Rahman Al Thani, zusammen, berichtet die Nachrichtenplattform Axios. In dem Golfstaat hat die politische Führung der Hamas ihren Sitz; im vergangenen November war es Doha in Verhandlungen gelungen, 105 Geiseln freizubekommen im Gegenzug für die Entlassung von 240 palästinensischen Gefangenen aus Haftanstalten in Israel. In diplomatischen Kreisen besteht die Hoffnung, bis zum Beginn des muslimischen Fastenmonats Ramadan in drei Wochen eine humanitäre Feuerpause einzurichten.
Auch UN-Generalsekretär António Guterres bekräftigte das Engagement der Weltorganisation zur Freilassung der auf rund 130 geschätzten Geiseln im Gazastreifen. “Ich werde hier nicht weggehen, bevor nicht alle Geiseln freigelassen sind”, sagte er auf einer Veranstaltung der World Jewish Congress in der Ohel Jakob-Synagoge in München. Sein Büro sei sowohl mit den zuständigen Stellen in Katar wie in Ägypten in Kontakt. Zuletzt hatten in Kairo der Direktor des israelischen Auslandsgeheimdienstes, David Barnea, CIA-Direktor William J. Burns und ihre Kollegen aus Katar und Israel über einen Deal zur Verhängung einer mehrwöchigen Feuerpause im Gazastreifen verhandelt.
Das Treffen von Katz und Al Thani in München wurde begleitet von intensiven Gesprächen seit Monaten an den Verhandlungen beteiligter Akteure, darunter auch dem Krisenbeauftragten des Auswärtigen Amts in Berlin, Jens Jokisch. Der israelische Koordinator für entführte und vermisste Israelis, Gal Hirsch, bezeichnete die Freilassung als “globales Thema”, da sich Angehörige von insgesamt 28 Nationen immer noch in der Kontroller der Hamas befänden. Auch Israels Außenminister Israel Katz forderte in München eine sofortige Freilassung der Geiseln. Zugleich warnte er davor, dem iranischen Expansionsstreben tatenlos zuzuschauen. “Wenn die internationale Gemeinschaft nicht dagegen mobilisiert, wird es viele ‘Gazas’ geben – in Berlin, Den Haag, und in ganz Europa. mrb
Chinas Außenminister Wang Yi hat am Samstag auf der Münchner Sicherheitskonferenz sein Land als eine Macht des Friedens und der Stabilität dargestellt. In turbulenten Zeiten werde China auch weiterhin ein verantwortungsvoller Akteur bleiben, der sich für Frieden und Stabilität auf der ganzen Welt einsetze, versicherte Wang in München.
Damit war das Ziel von Wangs Rede schnell klar: Während die USA immer weniger gewillt sind, sich international zu engagieren, steht China bereit, globale Verantwortung zu übernehmen.
Entsprechend ging Chinas Außenminister auf wichtige Themen und Krisen ein:
Knifflig wurde es für Wang, als MSC-Gastgeber Christoph Heusgen die vielen Berichte über Genozid und Zwangsarbeit in der Autonomen Region Xinjiang ansprach. Wang wies derartige Berichte als plumpe Lügen zurück.
Menschenrechtler berichten immer wieder von Zwangsarbeit. Die UN geht davon aus, dass bis zu eine Million Menschen in Umerziehungslanger eingesperrt sind. Erst vor wenigen Tagen kündigte BASF an, seine Geschäfte in Xinjiang einzustellen. Für Wang handelt es sich bei diesen Vorwürfen schlicht um Falschinformationen. Mit gezielten Falschinformationen werde lediglich versucht, die Entwicklung China aufzuhalten. rad
Mehrfach wurde der Start verschoben, in den kommenden Monaten soll es so weit sein: Das Münchner Start-up Isar Aerospace will als erstes deutsches Unternehmen seine selbst entwickelte Trägerrakete “Spectrum” in den Orbit schicken. “Das Weltall wird immer relevanter aus einer militärischen Perspektive. Von europäischem Boden aus fähig zu sein, Satelliten für militärische Zwecke in den Orbit zu bringen, ist sehr wichtig”, sagte der norwegische Verteidigungsminister Bjørn Arild Gram, der die Münchner Sicherheitskonferenz für einen Besuch bei Isar Aerospace in Ottobrunn nutzte. Er sei “sehr glücklich” über die stärker werdenden Kooperationen zwischen Norwegen und Deutschland, im zivilen wie auch im militärischen Bereich.
Vom norwegischen Andøya Space Center aus soll die “Spectrum” in den Orbit geschossen werden. Ende Februar sollen die Raketenteile von Ottobrunn nach Norwegen transportiert und dort zusammengebaut werden, um dann den ersten Testflug zu absolvieren. Gleich beim ersten Flug, wie auch beim geplanten zweiten, sollen bereits mehrere Satelliten ziviler deutscher und norwegischer Betreiber dabei sein.
Es ist ein ungewöhnlicher Schritt, bei einem Testflug direkt Satelliten mitzunehmen, viel kann schiefgehen. Aber es ist ein dringender, denn Deutschland, und damit auch die Bundeswehr, hat bislang keinen Zugang zum All vom europäischen Boden aus. Bislang mussten deutsche wie europäische Unternehmen auf das Raumfahrtzentrum im südamerikanischen Französisch-Guayana oder auf Abschussrampen in den USA ausweichen. Der erste erfolgreiche Start des europäischen Riesenprojekts Ariane 6 lässt auf sich warten.
In Ottobrunn sollen mittelfristig zehn, langfristig 30 bis 40 Trägerraketen pro Jahr produziert werden. “Wir freuen uns darauf, unsere Produktionskapazitäten hochzufahren, um kommerzielle Kunden und die aus dem Verteidigungssektor zu bedienen”, sagte Daniel Metzler, Gründer und CEO von Isar Aerospace. “Es gibt keine europäische Souveränität ohne einen souveränen Zugang zum Weltall. Wir wollen hier die europäische Industrie aktiv voranbringen”, sagte Metzler.
Auch Bayerns Staatsminister Florian Herrmann lobte die Kooperation zwischen dem Freistaat Bayern, Norwegen und Isar Aerospace. Alles, was man bräuchte, um Satelliten in den Orbit zu bringen, finde man hier bei Isar Aerospace, “from scratch to space” sozusagen. Nur technische Innovation könnte dabei helfen, den Herausforderungen dieser Zeit zu begegnen.
Diese Woche wurde bekannt, dass Russland ein nukleares Anti-Satellitensystem im Weltraum einsetzen will. Das System befinde sich noch in der Entwicklung und sei noch nicht in der Umlaufbahn, so US-Offizielle. Der Schutz der Satelliten im Weltraum rückt damit noch einmal mehr in den Fokus. Norwegen werde deshalb bei seiner nächsten Sicherheitsstrategie einen Schwerpunkt auf das Weltall legen, sagte Gram. klm
Der Münchner Sicherheitskonferenz wird überschattet vom Tod des russischen Oppositionspolitikers Alexej Nawalny.
Bundeskanzler Olaf Scholz, der bereits am Freitag sein Entsetzen bekundet hatte, sagte am Samstagmorgen bei der Münchner Sicherheitskonferenz, in Russland müsse, “wer sich für Freiheit und Demokratie einsetzt, (…) um sein Leben fürchten”. Am Samstagmittag bestätigte das Team des Kremlgegners seinen Tod auf dem Kurznachrichtendienst X.
Die Frau des Oppositionellen, Julia Nawalnaja hatte am Freitag in München die Nachricht vom Tod ihres Mannes erhalten und mit Tränen in den Augen im Bayerischen Hof gesagt: “Ich weiß nicht, ob ich den schrecklichen Nachrichten glauben soll. (…) Wenn das wahr ist, dann will ich, dass Putin und seine ganze Umgebung, seine Freunde und seine Regierung wissen, dass sie für das, was sie unserem Land, meiner Familie und meinem Mann angetan haben, zur Verantwortung gebracht werden. Und dieser Tag wird bald kommen.”
Die russische Justiz hatte Nawalnys Tod am Freitag vermeldet. Er solle nach einem Spaziergang einen Schwächeanfall erlitten und trotz Reanimation verstorben sein.
Im Sommer 2020 hatte er einen Giftanschlag des russischen Geheimdienstes FSB überlebt. Am Leben blieb er damals nur, weil er auf Druck der Bundesregierung nach Deutschland ausgeflogen und in der Berliner Charité behandelt werden konnte. Alexej Nawalny starb mit 47 Jahren und hinterlässt seine Frau Julia (47), seine Kinder Darja (22) und Sachar (15). Eine ausführliche Analyse zum Tod Nawalnys lesen Sie hier.
Verteidigung fängt im eigenen Land an. Heute ab 17.30 Uhr stellt sich Verteidigungsminister Boris Pistorius im Format “Meet the Minister” deshalb Fragen zur Gesamtverteidigung Deutschlands. Im MSC-Spotlight steht ab 18.30 Uhr der Balkan: Stevo Pendarovski, Präsident Nordmazedoniens, Albaniens Premierminister Edi Rama und die US-Abgeordnete Jeanne Shaheen sprechen über mögliche Lösungen in der Konfliktregion im Südosten Europas.
Einen sehr prominenten Platz bekommen am zweiten Konferenz-Tag außerdem die Stimmen des Widerstands: Die frühere Außenministerin und First Lady der Vereinigten Staaten, Hillary Clinton, spricht in der Night Cap Session mit der belarussischen Oppositionsführerin Swetlana Tichanowskaja, der philippinischen Journalistin Maria Ressa, dem iranischen Aktivisten Masih Alinejag und der oppositionellen Außenministerin Myanmars im Exil, Zin Mar Aung.
Am Sonntag steht vor allem Europas Rolle in der Welt im Zentrum der Diskussionen. Welche Partner hat das Staatenbündnis noch, welche Verbindungen gilt es zu vertiefen? Neben der Grünen-Vorsitzenden Ricarda Lang werden das ab 9.30 Uhr unter anderem Vertreter aus Indien, Großbritannien und den Vereinigten Staaten diskutieren.
Ab 10.30 Uhr geht es um die Weiterentwicklung der EU – und um die Frage, wie viele Stühle an den Tisch hinzugefügt werden können. Zwei Beitrittskandidaten nehmen Platz: der georgische Präsident Salome Zourabichvili und Olha Stefanishyna, Vize-Ministerpräsidentin für die europäische und euro-atlantische Integration der Ukraine. Mit am Tisch: Litauens Außenminister Gabrielius Landsbergis und sein polnischer Amtskollege Radosław Sikorski.
Im dritten Panel zum Thema spricht Josep Borrell, Hoher Vertreter der EU für Außen- und Sicherheitspolitik und Vizepräsident der EU-Kommission, unter anderem mit der FDP-Abgeordneten Marie-Agnes Strack-Zimmermann über die geopolitischen Prioritäten der EU.
Ebenfalls wichtig am Sonntagmorgen: Der Frieden liegt in Scherben zwischen Israel und Palästina, wie geht es weiter? Im Auftaktinterview spricht der palästinische Ministerpräsident Mohammad Shtayyeh, auf dem Panel sitz neben dem jordanischen Außenminister Ayman Safadi auch die frühere israelische Außenministerin Tzipi Livni. klm
am Nachmittag betreten im Bayerischen Hof Robert Habeck, Entwicklungsministerin Svenja Schulze und Verteidigungsminister Boris Pistorius die Bühne. “Kampf gegen die Müdigkeit: Was immer für den Sieg der Ukraine nötig ist”, heißt das Panel, auf dem der Vizekanzler mit der früheren Sprecherin des US-Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, und dem ukrainischen Außenminister Dmytro Kuleba über die transatlantische Lastenteilung bei der Unterstützung Kiews diskutiert. Es ist das alles überschattende Thema dieser 60. Sicherheitskonferenz.
Am Vormittag hatte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyi klargemacht, dass er vor allem von der EU mehr militärische Unterstützung erwartet. Im Interview mit Table.Media-Chefredakteur Michael Bröcker fordert Wladimir Klitschko, der Bruder des Bürgermeisters von Kiew, dasselbe: “Wir brauchen mehr Waffen, um Russland zu stoppen, um Putin zu stoppen – ohne Wenn und Aber.”
Auf der Hauptbühne und in der Town Hall geht es heute Nachmittag um jene Konflikte und Krisen, die es nicht auf die Frontseiten der Zeitungen schaffen: Sudan, Haiti, Sahelzone. Überraschend hatte sich Bundeskanzler Olaf Scholz bereits am Morgen mit dem Premierminister Armeniens, Nikol Paschinjan, und dem Präsidenten Aserbaidschans, Ilhalm Alijew, getroffen. Nach der gewaltsamen Einnahme Berg-Karabachs durch aserische Truppen vergangenen Sommer ein gutes Zeichen.
Und natürlich wird breit über den neben der Ukraine größten Konflikt diskutiert: den im Nahen Osten. Von Israels Präsident Jitzchak Herzog, den Außenministern Ägyptens, Saudi-Arabiens und Katars wird erwartet, dass sie endlich Wege aufzeigen, wie zumindest eine humanitäre Feuerpause im Gazastreifen erreicht werden kann – möglichst zum Beginn des muslimischen Fastenmonats Ramadan in drei Wochen.
Das wäre auch im Sinne von MSC-Chef Christoph Heusgen. “Wir suchen einen Silberstreif am Horizont zu finden – wie finden wir aus dem Konflikt heraus”, hat er als Ziel dieser 60. Münchner Sicherheitskonferenz genannt. Bis Sonntagmittag bleibt ihm noch.
Das Fazit, das Wolodymyr Selenskyj nach 724 Tagen Krieg gegen sein Land zog, war drastisch: “Unser Widerstand hat die Zerstörung der regelbasierten Welt verhindert”, sagte er am Vormittag auf der Münchner Sicherheitskonferenz. Unmittelbar vor dem ukrainischen Präsidenten hatte Bundeskanzler Olaf Scholz verhalten optimistisch von “einem Silberstreifen am Horizont” gesprochen – und der Ukraine die Versicherung gegeben, dass Deutschlands Unterstützung “breit und umfangreich” sei, “vor allem aber ist sie langfristig angelegt”.
Nach der Unterzeichnung des Sicherheitsabkommens mit der Ukraine in Berlin war der Versuch Scholz’ unübersehbar, sich am Morgen danach in München zum Führer Europas bei der militärischen Unterstützung Kiews aufzuschwingen. 2024 habe Deutschland seine Militärhilfe auf mehr als sieben Milliarden Euro nahezu verdoppelt, Zusagen für die kommenden Jahre in Höhe von sechs Milliarden kämen hinzu, sagte der Kanzler. Er wünsche sich sehr, “dass ähnliche Entscheidungen in allen EU-Hauptstädten getroffen werden”.
Zwar bedankte sich Selenskyj nach dem Schulterschluss mit Scholz bei den westlichen Verbündeten für die Unterstützung seines Landes. Doch machte er kein Hehl daraus, dass sowohl die deutsche Zusage wie die des französischen Präsidenten Emmanuel Macron nur eine Folge des vergangenen Juli in Vilnius beschlossenen Ziels der G7-Staaten gewesen sei, Kiew langfristig militärisch und finanziell im Rahmen einer “Sicherheitspartnerschaft” zur Seite zu stehen.
“Wenn wir jetzt nicht handeln, wird es Putin gelingen, die nächsten Jahre zur Katastrophe zu machen”, so Selenskyj, der eindringlich vor Gefahren für andere europäische Länder warnte: “Wenn die Ukraine alleine dasteht, dann werden Sie sehen, was passiert: Russland wird uns zerstören, das Baltikum zerstören, Polen zerstören – es ist dazu in der Lage.”
Dass Selenskyj in einer Aufnahme in die Nato den besten Schutz für sein Land sieht, ist kein Geheimnis. Doch Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg ließ sich am Vormittag auf der Hauptbühne des Bayerischen Hofs nicht dazu hinreißen, diese Debatte zu befeuern. Stattdessen erneuerte er seine Sorge, dass “die Situation auf dem Schlachtfeld” angesichts der Blockade eines 60-Milliarden-Dollar-Hilfspakets im US-Kongress zuungunsten der Ukraine beeinflusst werden könne.
Scholz hatte schon zuvor versucht, dem durch die umstrittenen Äußerungen von Expräsident Donald Trump entstandenen Eindruck entgegenzusteuern, der Zusammenhalt der Nato sei gefährdet: “Lassen Sie mich auch klar sagen: Jegliche Relativierung der Beistandsgarantie der Nato nützt nur denen, die uns – so wie Putin – schwächen wollen”, sagte er unter dem Beifall des Publikums
Dass Deutschland und die europäischen Nato-Staaten wirklich auf einen Regierungswechsel in Washington vorbereitet sind, bezweifelt Constanze Stelzenmüller, Direktorin des Center on the United States and Europe der Brookings Institution in Washington. “Europa braucht einen Plan B oder sogar einen Plan C. Trump sagt jeden Tag, was er vorhat”, so Stelzenmüller gegenüber Table.Media. “Da ist eine internationale Agenda zu erkennen, die eiskalt transaktional ist und im Zweifelsfall Verbündeten sagt: Wir geben den Ton an.”
Nur wenn es Deutschland gelinge, seine seit der Invasion 2022 begonnene Abkoppelung von Russland konsequent fortzusetzen, könne es seiner Rolle als europäische Führungsmacht gerecht werden, so Stelzenmüller. “Niemand hätte sich vorstellen können, dass wir so schnell uns vom russischen Gas befreien. Niemand hätte sich vorstellen können, dass wir so viel für Waffen ausgeben.” Diesen Weg müsse man weiter gehen, vor allem in der Sicherheitspolitik.
Ob die politischen Bekenntnisse von Scholz wirklich durch harte Zahlen hinterlegt sind, könnte schon am frühen Abend wieder in Zweifel gezogen werden. Verteidigungsminister Boris Pistorius stellt sich dann in der Dachgarten-Lounge des Bayerischen Hofs der Frage, wie “Staat, Wirtschaft und Gesellschaft in Zeiten der Zeitenwende” gemeinsam Resilienz erzeugen können.
“Wir müssen uns mehr denn je darum kümmern, dass unsere Abschreckung modernen Anforderungen gerecht bleibt”, hatte Scholz am Vormittag klargestellt, gleichzeitig aber angegeben, dass bereits achtzig Prozent des 100-Milliarden-Euro-Sondervermögens für die Bundeswehr vertraglich gebunden seien. Diesen Zielkonflikt zu lösen, wird die deutsche Sicherheitspolitik auch nach München noch lange beschäftigen.
Seit mittlerweile 13 Jahren ist das Frauenfrühstück in der Münchner Residenz für viele ein Highlight auf der Münchner Sicherheitskonferenz. Immer im Mittelpunkt: eine prominente Keynote-Speakerin. Nach der estnischen Premierministerin Kaja Kallas im vergangenen überraschte dieses Jahr die ehemalige amerikanische Außenministerin Hillary Clinton das Publikum mit deutlichen Worten: “Deutschland tut mehr für die Ukraine als die USA.” Clinton, die von 2009 bis 2013 das State Department leitete, war schon 2012 zu Gast. Organisiert wird das Frauenfrühstück unter anderem vom sicherheitspolitischen Netzwerk Women in International Security” (WIIS.de) und der Bayrischen Staatskanzlei.
Außenministerin Annalena Baerbock, die eigentlich mit Clinton diskutieren sollte, war nicht anwesend. Wie aus gut unterrichteten Kreisen zu erfahren war, soll Bayerns Ministerpräsident Markus Söder, der Hausherr in der Residenz, ihr Erscheinen verhindert haben.
Noch als First Lady hielt Clinton bei der 4. Weltfrauenkonferenz 1995 in Peking eine viel beachtete Rede, in der sie erklärte: “Frauenrechte sind Menschenrechte.”
Madame Secretary, heute diskutieren wir in Deutschland über Feministische Außenpolitik, ist das ein Fortschritt?
Ich sehe Fortschritt, natürlich. Aber wir haben noch viel zu tun. Frauenrechte, Frieden und Sicherheit, das gehört zusammen. Gesellschaften, die die Autonomie von Frauen, ihre Rechte und Möglichkeiten respektieren, haben eine größere Wahrscheinlichkeit, in Frieden zu leben. Es gehört zur Außenpolitik, zu verstehen, wie ein Land mit Frauenrechten umgeht. Und es ist wichtig zu wissen, dass wir gerade einen Rückschlag in Sachen Frauenrechte erleben. Zum Beispiel in China, wo die Führung Frauen vom Arbeitsmarkt ausschließen will, damit sie mehr Babys bekommen.
Gerade auf diesem Frühstück wird viel darüber diskutiert, ob Europa genug für seine Sicherheit tut. Wie sehen Sie das?
Der russische Überfall auf die Ukraine war ein Weckruf für alle, in Europa, in den USA, überall. Deutschland hat seine Unterstützung für die Ukraine immer weiter verstärkt. Der Umfang der Unterstützung in Europa und in Deutschland ist mehr als das, was die USA tut. Das ist eine klare Botschaft.
Nach den letzten Äußerungen von Ex-Präsident Donald Trump, der die Nato-Verpflichtungen infrage stellte: Denken Sie, dass Europa einen eigenen Nuklearschirm braucht?
Ich denke, das ist nicht notwendig. Das wäre auch schwierig innerhalb der EU zu organisieren. Es wäre viel wichtiger, wenn die Europäer mehr in ihre konventionellen Fähigkeiten investieren, um Russland abzuschrecken.
Wie blicken Sie auf die kommenden Präsidentschaftswahlen in den USA?
Natürlich hoffe ich – wie alle Vernünftigen auf der Welt – dass Präsident Biden wiedergewählt wird. Ich denke, es wird passieren, aber es wird ein schwieriger Prozess. Europa hat ja viel Erfahrung mit demagogischen Führern. Und die USA müssen noch ihre eigene Version davon bewältigen. Aber wir leben in einer Zeit, in der verantwortliche und verlässliche Führungspersönlichkeiten als langweilig empfunden werden. Die Menschen wollen anscheinend mehr Aufregung, sie wollen eine performance von Politikern sehen.
Rund 150 Frauen folgten den Äußerungen von Hillary Clinton. Anwesend waren neben Angehörigen der bayrischen Landesregierung, Staatsministerin Katja Keul (Grüne) aus dem Auswärtigen Amt, die parlamentarische Staatssekretärin Siemtje Möller (SPD) aus dem Verteidigungsministerium, Charlotte Knobloch, Präsidentin der Israelitischen Kulturgemeinde in München, und viele Vertreterinnen von internationalen Thinktanks und aus der Rüstungsindustrie.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj forderte heute Vormittag im Bayerischen Hof mehr Waffen mit großen Reichweiten. Wladimir Klitschko, der Bruder des Kiewer Bürgermeisters Vitali Klitschko, reiste bereits am Freitag nach München an. Table.Media hat Wladimir Klitschko zu den beim Treffen Selenskyjs mit Bundeskanzler Olaf Scholz unterzeichneten Sicherheitszusagen befragt – und zu seinem Glauben an einen Sieg der Ukraine.
Herr Klitschko, wie sehr fürchten Sie die Ukraine-Müdigkeit im Westen?
Ausdauer ist im Krieg genauso wichtig wie im Sport. Es sind ja nicht nur zwei Jahre, sondern zehn Jahre, seitdem wir Krieg haben. Die Russen kommen immer weiter voran, wir verlieren das Land. Wir verlieren die Menschen. Wir verlieren Hunderte und Tausende von Kindern, die deportiert und geklaut wurden. Wir verlieren das größte Atomkraftwerk. Wir verlieren die Zeit. Aber ja, wir bekommen Unterstützung.
Aber nicht ausreichend?
Nein, es reicht nicht. Und meine Sorge ist: Putin wird sich nicht nur mit der Ukraine zufriedengeben, seine Ambitionen sind größer. Die baltischen Länder sind dann dran, und damit Nato-Gebiet. Dann müssten deutsche Soldaten kämpfen. Dann kommen Särge, dann macht man sich andere Gedanken. Wir in der Ukraine erledigen den Job, uns zu verteidigen und demokratische Werte zu verteidigen. Wir brauchen nur das Werkzeug, wir brauchen mehr Waffen, um Russland zu stoppen, um Putin zu stoppen. Wir brauchen das ohne Wenn und Aber.
Das hat Olaf Scholz versprochen.
Ja, aber wenn die Ukraine verliert, wird dieser Krieg weiter in Europa rollen. Es wird dann keinen Frieden und keine Stabilität mehr geben. Wenn die Sonne hier in München scheint, vergisst man das Böse. Aber es rückt näher.
Glauben Sie noch an einen Sieg der Ukraine?
Ich bin fest davon überzeugt. Aber die Zeit geht uns verloren, uns fehlt Munition, die wir brauchen. Jeden Tag verlieren wir Menschen und Territorium. Ich möchte nicht, dass wir ein bunch of losers sind, sondern Gewinner. Dann muss entschieden werden, dass wir das bekommen, was wir für den Sieg über Putins Russland brauchen.
Was bringt die Sicherheitsvereinbarung, die Scholz und Selenskyj am Freitag in Berlin unterzeichnet haben?
Es ist eine gute Botschaft, aber in der Umsetzung dürfen wir keine Zeit verlieren. Zeit ist der wichtigste Faktor jetzt.
Die Verhandlungen über die Freilassung von mehr als hundert israelischen Geiseln aus den Händen der palästinensischen Terrororganisation Hamas laufen auf Hochtouren. Auf der Münchner Sicherheitskonferenz kam Israels Präsident Itzchak Herzog deshalb mit dem Premierministers Katars, Mohammed Abdel Rahman Al Thani, zusammen, berichtet die Nachrichtenplattform Axios. In dem Golfstaat hat die politische Führung der Hamas ihren Sitz; im vergangenen November war es Doha in Verhandlungen gelungen, 105 Geiseln freizubekommen im Gegenzug für die Entlassung von 240 palästinensischen Gefangenen aus Haftanstalten in Israel. In diplomatischen Kreisen besteht die Hoffnung, bis zum Beginn des muslimischen Fastenmonats Ramadan in drei Wochen eine humanitäre Feuerpause einzurichten.
Auch UN-Generalsekretär António Guterres bekräftigte das Engagement der Weltorganisation zur Freilassung der auf rund 130 geschätzten Geiseln im Gazastreifen. “Ich werde hier nicht weggehen, bevor nicht alle Geiseln freigelassen sind”, sagte er auf einer Veranstaltung der World Jewish Congress in der Ohel Jakob-Synagoge in München. Sein Büro sei sowohl mit den zuständigen Stellen in Katar wie in Ägypten in Kontakt. Zuletzt hatten in Kairo der Direktor des israelischen Auslandsgeheimdienstes, David Barnea, CIA-Direktor William J. Burns und ihre Kollegen aus Katar und Israel über einen Deal zur Verhängung einer mehrwöchigen Feuerpause im Gazastreifen verhandelt.
Das Treffen von Katz und Al Thani in München wurde begleitet von intensiven Gesprächen seit Monaten an den Verhandlungen beteiligter Akteure, darunter auch dem Krisenbeauftragten des Auswärtigen Amts in Berlin, Jens Jokisch. Der israelische Koordinator für entführte und vermisste Israelis, Gal Hirsch, bezeichnete die Freilassung als “globales Thema”, da sich Angehörige von insgesamt 28 Nationen immer noch in der Kontroller der Hamas befänden. Auch Israels Außenminister Israel Katz forderte in München eine sofortige Freilassung der Geiseln. Zugleich warnte er davor, dem iranischen Expansionsstreben tatenlos zuzuschauen. “Wenn die internationale Gemeinschaft nicht dagegen mobilisiert, wird es viele ‘Gazas’ geben – in Berlin, Den Haag, und in ganz Europa. mrb
Chinas Außenminister Wang Yi hat am Samstag auf der Münchner Sicherheitskonferenz sein Land als eine Macht des Friedens und der Stabilität dargestellt. In turbulenten Zeiten werde China auch weiterhin ein verantwortungsvoller Akteur bleiben, der sich für Frieden und Stabilität auf der ganzen Welt einsetze, versicherte Wang in München.
Damit war das Ziel von Wangs Rede schnell klar: Während die USA immer weniger gewillt sind, sich international zu engagieren, steht China bereit, globale Verantwortung zu übernehmen.
Entsprechend ging Chinas Außenminister auf wichtige Themen und Krisen ein:
Knifflig wurde es für Wang, als MSC-Gastgeber Christoph Heusgen die vielen Berichte über Genozid und Zwangsarbeit in der Autonomen Region Xinjiang ansprach. Wang wies derartige Berichte als plumpe Lügen zurück.
Menschenrechtler berichten immer wieder von Zwangsarbeit. Die UN geht davon aus, dass bis zu eine Million Menschen in Umerziehungslanger eingesperrt sind. Erst vor wenigen Tagen kündigte BASF an, seine Geschäfte in Xinjiang einzustellen. Für Wang handelt es sich bei diesen Vorwürfen schlicht um Falschinformationen. Mit gezielten Falschinformationen werde lediglich versucht, die Entwicklung China aufzuhalten. rad
Mehrfach wurde der Start verschoben, in den kommenden Monaten soll es so weit sein: Das Münchner Start-up Isar Aerospace will als erstes deutsches Unternehmen seine selbst entwickelte Trägerrakete “Spectrum” in den Orbit schicken. “Das Weltall wird immer relevanter aus einer militärischen Perspektive. Von europäischem Boden aus fähig zu sein, Satelliten für militärische Zwecke in den Orbit zu bringen, ist sehr wichtig”, sagte der norwegische Verteidigungsminister Bjørn Arild Gram, der die Münchner Sicherheitskonferenz für einen Besuch bei Isar Aerospace in Ottobrunn nutzte. Er sei “sehr glücklich” über die stärker werdenden Kooperationen zwischen Norwegen und Deutschland, im zivilen wie auch im militärischen Bereich.
Vom norwegischen Andøya Space Center aus soll die “Spectrum” in den Orbit geschossen werden. Ende Februar sollen die Raketenteile von Ottobrunn nach Norwegen transportiert und dort zusammengebaut werden, um dann den ersten Testflug zu absolvieren. Gleich beim ersten Flug, wie auch beim geplanten zweiten, sollen bereits mehrere Satelliten ziviler deutscher und norwegischer Betreiber dabei sein.
Es ist ein ungewöhnlicher Schritt, bei einem Testflug direkt Satelliten mitzunehmen, viel kann schiefgehen. Aber es ist ein dringender, denn Deutschland, und damit auch die Bundeswehr, hat bislang keinen Zugang zum All vom europäischen Boden aus. Bislang mussten deutsche wie europäische Unternehmen auf das Raumfahrtzentrum im südamerikanischen Französisch-Guayana oder auf Abschussrampen in den USA ausweichen. Der erste erfolgreiche Start des europäischen Riesenprojekts Ariane 6 lässt auf sich warten.
In Ottobrunn sollen mittelfristig zehn, langfristig 30 bis 40 Trägerraketen pro Jahr produziert werden. “Wir freuen uns darauf, unsere Produktionskapazitäten hochzufahren, um kommerzielle Kunden und die aus dem Verteidigungssektor zu bedienen”, sagte Daniel Metzler, Gründer und CEO von Isar Aerospace. “Es gibt keine europäische Souveränität ohne einen souveränen Zugang zum Weltall. Wir wollen hier die europäische Industrie aktiv voranbringen”, sagte Metzler.
Auch Bayerns Staatsminister Florian Herrmann lobte die Kooperation zwischen dem Freistaat Bayern, Norwegen und Isar Aerospace. Alles, was man bräuchte, um Satelliten in den Orbit zu bringen, finde man hier bei Isar Aerospace, “from scratch to space” sozusagen. Nur technische Innovation könnte dabei helfen, den Herausforderungen dieser Zeit zu begegnen.
Diese Woche wurde bekannt, dass Russland ein nukleares Anti-Satellitensystem im Weltraum einsetzen will. Das System befinde sich noch in der Entwicklung und sei noch nicht in der Umlaufbahn, so US-Offizielle. Der Schutz der Satelliten im Weltraum rückt damit noch einmal mehr in den Fokus. Norwegen werde deshalb bei seiner nächsten Sicherheitsstrategie einen Schwerpunkt auf das Weltall legen, sagte Gram. klm
Der Münchner Sicherheitskonferenz wird überschattet vom Tod des russischen Oppositionspolitikers Alexej Nawalny.
Bundeskanzler Olaf Scholz, der bereits am Freitag sein Entsetzen bekundet hatte, sagte am Samstagmorgen bei der Münchner Sicherheitskonferenz, in Russland müsse, “wer sich für Freiheit und Demokratie einsetzt, (…) um sein Leben fürchten”. Am Samstagmittag bestätigte das Team des Kremlgegners seinen Tod auf dem Kurznachrichtendienst X.
Die Frau des Oppositionellen, Julia Nawalnaja hatte am Freitag in München die Nachricht vom Tod ihres Mannes erhalten und mit Tränen in den Augen im Bayerischen Hof gesagt: “Ich weiß nicht, ob ich den schrecklichen Nachrichten glauben soll. (…) Wenn das wahr ist, dann will ich, dass Putin und seine ganze Umgebung, seine Freunde und seine Regierung wissen, dass sie für das, was sie unserem Land, meiner Familie und meinem Mann angetan haben, zur Verantwortung gebracht werden. Und dieser Tag wird bald kommen.”
Die russische Justiz hatte Nawalnys Tod am Freitag vermeldet. Er solle nach einem Spaziergang einen Schwächeanfall erlitten und trotz Reanimation verstorben sein.
Im Sommer 2020 hatte er einen Giftanschlag des russischen Geheimdienstes FSB überlebt. Am Leben blieb er damals nur, weil er auf Druck der Bundesregierung nach Deutschland ausgeflogen und in der Berliner Charité behandelt werden konnte. Alexej Nawalny starb mit 47 Jahren und hinterlässt seine Frau Julia (47), seine Kinder Darja (22) und Sachar (15). Eine ausführliche Analyse zum Tod Nawalnys lesen Sie hier.
Verteidigung fängt im eigenen Land an. Heute ab 17.30 Uhr stellt sich Verteidigungsminister Boris Pistorius im Format “Meet the Minister” deshalb Fragen zur Gesamtverteidigung Deutschlands. Im MSC-Spotlight steht ab 18.30 Uhr der Balkan: Stevo Pendarovski, Präsident Nordmazedoniens, Albaniens Premierminister Edi Rama und die US-Abgeordnete Jeanne Shaheen sprechen über mögliche Lösungen in der Konfliktregion im Südosten Europas.
Einen sehr prominenten Platz bekommen am zweiten Konferenz-Tag außerdem die Stimmen des Widerstands: Die frühere Außenministerin und First Lady der Vereinigten Staaten, Hillary Clinton, spricht in der Night Cap Session mit der belarussischen Oppositionsführerin Swetlana Tichanowskaja, der philippinischen Journalistin Maria Ressa, dem iranischen Aktivisten Masih Alinejag und der oppositionellen Außenministerin Myanmars im Exil, Zin Mar Aung.
Am Sonntag steht vor allem Europas Rolle in der Welt im Zentrum der Diskussionen. Welche Partner hat das Staatenbündnis noch, welche Verbindungen gilt es zu vertiefen? Neben der Grünen-Vorsitzenden Ricarda Lang werden das ab 9.30 Uhr unter anderem Vertreter aus Indien, Großbritannien und den Vereinigten Staaten diskutieren.
Ab 10.30 Uhr geht es um die Weiterentwicklung der EU – und um die Frage, wie viele Stühle an den Tisch hinzugefügt werden können. Zwei Beitrittskandidaten nehmen Platz: der georgische Präsident Salome Zourabichvili und Olha Stefanishyna, Vize-Ministerpräsidentin für die europäische und euro-atlantische Integration der Ukraine. Mit am Tisch: Litauens Außenminister Gabrielius Landsbergis und sein polnischer Amtskollege Radosław Sikorski.
Im dritten Panel zum Thema spricht Josep Borrell, Hoher Vertreter der EU für Außen- und Sicherheitspolitik und Vizepräsident der EU-Kommission, unter anderem mit der FDP-Abgeordneten Marie-Agnes Strack-Zimmermann über die geopolitischen Prioritäten der EU.
Ebenfalls wichtig am Sonntagmorgen: Der Frieden liegt in Scherben zwischen Israel und Palästina, wie geht es weiter? Im Auftaktinterview spricht der palästinische Ministerpräsident Mohammad Shtayyeh, auf dem Panel sitz neben dem jordanischen Außenminister Ayman Safadi auch die frühere israelische Außenministerin Tzipi Livni. klm