Table.Briefing: Security

+++ Table.Alert – Unruhen im Kosovo: CDU-Politiker Brand fordert Druck auf Serbien +++

Liebe Leserin, lieber Leser,

noch im Februar hatte die EU stolz eine Einigung im Streit zwischen Prishtina und Belgrad verkündet: Der Elfpunkte-Plan für das Kosovo sah unter anderem vor, dass die rund 120.000 Angehörigen der serbischen Minderheit einen eigenen Gemeindeverband gründen dürfen. Damit sollten die seit Ende des Krieges 1999 immer wieder aufflammenden Konflikte mit der kosovo-albanischen Bevölkerungsmehrheit beendet werden.

Doch keine vier Monate später ist nicht nur von dem Plan nicht mehr viel übrig, sondern im Norden des Landes kommt es wieder zu Gewalt: Dutzende Menschen wurden bei Protesten am Pfingstmontag verletzt, darunter dreißig Soldaten der Nato-geführten Kosovo-Schutztruppe Kfor. In Zvecan haben sich am Mittwochmorgen abermals Hunderte aufgebrachte Serben versammelt, um den Einzug eines kosovo-albanischen Bürgermeisters in das Rathaus der Gemeinde zu verhindern. zu entsenden, um eine weitere Eskalation zu verhindern. Die Nato will mit 700 zusätzlichen Soldaten eine weitere Eskalation verhindern.

Ihr
Markus Bickel
Bild von Markus  Bickel

Analyse

Kosovo vor neuen Protesten – CDU-Politiker Brand fordert Druck auf Serbien

Nationalistische Serben haben für diesen Mittwoch neue Proteste im Norden des Kosovo angekündigt. Am Vormittag versammelten sich Hunderte Menschen vor dem Rathaus der Stadt, das Einheiten der Nato-geführten Kosovo-Schutztruppe Kfor am Morgen mit Metallzäunen und Stacheldrahtbarrieren abriegelten. Serbien schickte derweil weitere Truppen zur Verstärkung an die Grenze des Kosovo.

Am Pfingstmontag waren in der 45 Kilometer nördlich der Hauptstadt Prishtina gelegenen Gemeinde 30 Kfor-Angehörige sowie 52 Serben bei Ausschreitungen verletzt worden – unter anderem durch den Einsatz von Brandbomben. Die Nato schickte daraufhin am Dienstag polnische, italienische und US-amerikanische Soldaten zur Verstärkung aus dem Süden des seit 2008 unabhängigen Kosovo in das nahe der serbischen Grenze gelegene Zvecan.

Nato schickt 700 Soldaten zur Verstärkung

In den kommenden Tagen sollen 700 Soldaten der Operational Reserve Forces (ORF) für den Westlichen Balkan zur Sicherung der Lage in Zvecan und drei weiteren, mehrheitlich serbisch besiedelten Orten im Norden des Landes eintreffen. Das kündigte Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg am Dienstag in Oslo an. Zudem würde ein weiteres Bataillon an Reservekräften in Alarmbereitschaft versetzt, “um bei Bedarf entsandt zu werden”, so Stoltenberg. Zurzeit sind 4.000 Kfor-Soldaten in der früheren autonomen serbischen Provinz präsent; das Mandat der seit 1999 im Kosovo vertretenen Bundeswehr hatte der Bundestag erst vergangene Woche bis Juni 2024 verlängert.

Auslöser für die Unruhen, bei denen am Pfingstmontag 20 Soldaten des ungarischen und elf des italienischen Kfor-Kontingents verletzt worden waren, war der Versuch mehrerer kosovo-albanischer Politiker, in die Rathäuser der kosovo-serbischen Gemeinden im Hinterland der ethnisch geteilten Stadt Mitrovica einzuziehen. Deutschland, Frankreich, Italien, Großbritannien und die USA hatten den kosovarischen Premierminister Albin Kurti noch vergangene Woche vor einem solchen Schritt gewarnt.

USA schließen Kosovo von “Defender Europe 23” aus

Weil die serbischen Parteien die Kommunalwahlen im April boykottiert hatten, war es mehreren kosovo-albanischen Politikern gelungen, in den mehrheitlich serbisch besiedelten Gemeinden Mehrheiten zu erzielen. Der Botschafter der Vereinigten Staaten in Prishtina, Jeffrey M. Hovenier, gab Regierungschef Kurti deshalb eine Mitschuld für die Eskalation. “Wir verurteilen das Vorgehen der kosovarischen Regierung, das die Spannungen im Norden verschärft und die Instabilität erhöht, aufs Schärfste.” Kurti solle “sich wieder auf den von der EU unterstützten Dialog” konzentrieren.

Hovenier kündigte zudem an, dass das Kosovo von dem von den USA geführten Manöver “Defender Europe 23” ausgeschlossen werde. An der Übung nehmen von April bis Juni mehre Nato-Staaten gemeinsam mit Partnerländern teil. “Für den Kosovo ist diese Übung vorbei”, sagte der US-Botschafter gegenüber örtlichen Medien.

Anders als die USA sieht der CDU-Bundestagsabgeordnete Michael Brand die Schuld für die Ausschreitungen auf serbischer Seite. “Es geht hier nicht um Bürgermeister, sondern es geht um Serbien und seine offizielle Doktrin überall in der Region”, sagte der stellvertretende Vorsitzende der Deutsch-Südosteuropäischen Parlamentariergruppe Table.Media. 

CDU-Menschenrechtler Brand: EU-Politik “extrem gefährlich”

Brand forderte Bundesregierung und Europäische Union zu einer harten Reaktion gegen Belgrad auf: “Solange wir diesem Kurs nicht rasch politisch und auch militärisch ein Stoppschild setzen, kann die Lage explodieren”, so Brand. “Wir schwächen die Verbündeten des Westens, stärken Serbien und Russland auf dem Balkan. Das ist völlig verrückt und extrem gefährlich.” 

Das Außenministerium in Moskau verlangte von Nato und EU, die Lage im Kosovo zu deeskalieren. “Wir fordern den Westen auf, seine falsche Propaganda endlich zum Schweigen zu bringen und damit aufzuhören, die Vorfälle im Kosovo den in die Verzweiflung getriebenen Serben anzulasten, die friedlich und unbewaffnet versuchen, ihre legitimen Rechte und Freiheiten zu verteidigen”, hieß es in einer Mitteilung.

Moskau unterstützt Belgrad

Russland unterstützt Serbiens Präsident Aleksander Vucic, der seit Wochen mit Massenprotesten gegen seine Regierung konfrontiert ist. Auch im an den Kosovo angrenzenden Montenegro und im serbischen Teil Bosnien-Herzegowinas steht Russland auf Seiten serbischer Nationalisten, die einen Anschluss an Serbien befürworten.

Serbiens Verteidigungsminister, Milos Vucevic, hatte am Wochenende die Truppen an der Grenze zum Kosovo in höchste Gefechtsbereitschaft versetzt. Bei einem Treffen mit den Botschaftern Deutschlands, Frankreichs, Italiens, Großbritanniens, der USA und der EU in Belgrad am Dienstag verlangte Vucic die seit Jahren ausstehende Gründung eines serbischen Gemeindeverbandes im Norden des Kosovos. Dazu hatte sich die Regierung Kurtis Anfang des Jahres verpflichtet.

  • Bundeswehr
  • EU
  • Nato

Presseschau

Bundeszentrale für politische Bildung – Spannungen zwischen Serbien und Kosovo: Kurze und knappe Zusammenfassung der Konfliktgeschichte zwischen Kosovo und Serbien. Die Entstehung der Spannungen reicht bis ins 14. Jahrhundert zurück. Liest sich schneller als ein Wikipedia-Artikel und ist bpb-geprüft.

Worldbank – The World Bank in Kosovo: Ein junges Land mit einer sehr jungen Bevölkerung und einer sehr beschränkten wirtschaftlichen Entwicklung, die vor allem auf Überweisungen aus dem Ausland und Konsum basiert. Ein Überblick über die ökonomische Situation im Land.

Security.Table Redaktion

SECURITY.TABLE REDAKTION

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    noch im Februar hatte die EU stolz eine Einigung im Streit zwischen Prishtina und Belgrad verkündet: Der Elfpunkte-Plan für das Kosovo sah unter anderem vor, dass die rund 120.000 Angehörigen der serbischen Minderheit einen eigenen Gemeindeverband gründen dürfen. Damit sollten die seit Ende des Krieges 1999 immer wieder aufflammenden Konflikte mit der kosovo-albanischen Bevölkerungsmehrheit beendet werden.

    Doch keine vier Monate später ist nicht nur von dem Plan nicht mehr viel übrig, sondern im Norden des Landes kommt es wieder zu Gewalt: Dutzende Menschen wurden bei Protesten am Pfingstmontag verletzt, darunter dreißig Soldaten der Nato-geführten Kosovo-Schutztruppe Kfor. In Zvecan haben sich am Mittwochmorgen abermals Hunderte aufgebrachte Serben versammelt, um den Einzug eines kosovo-albanischen Bürgermeisters in das Rathaus der Gemeinde zu verhindern. zu entsenden, um eine weitere Eskalation zu verhindern. Die Nato will mit 700 zusätzlichen Soldaten eine weitere Eskalation verhindern.

    Ihr
    Markus Bickel
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    Kosovo vor neuen Protesten – CDU-Politiker Brand fordert Druck auf Serbien

    Nationalistische Serben haben für diesen Mittwoch neue Proteste im Norden des Kosovo angekündigt. Am Vormittag versammelten sich Hunderte Menschen vor dem Rathaus der Stadt, das Einheiten der Nato-geführten Kosovo-Schutztruppe Kfor am Morgen mit Metallzäunen und Stacheldrahtbarrieren abriegelten. Serbien schickte derweil weitere Truppen zur Verstärkung an die Grenze des Kosovo.

    Am Pfingstmontag waren in der 45 Kilometer nördlich der Hauptstadt Prishtina gelegenen Gemeinde 30 Kfor-Angehörige sowie 52 Serben bei Ausschreitungen verletzt worden – unter anderem durch den Einsatz von Brandbomben. Die Nato schickte daraufhin am Dienstag polnische, italienische und US-amerikanische Soldaten zur Verstärkung aus dem Süden des seit 2008 unabhängigen Kosovo in das nahe der serbischen Grenze gelegene Zvecan.

    Nato schickt 700 Soldaten zur Verstärkung

    In den kommenden Tagen sollen 700 Soldaten der Operational Reserve Forces (ORF) für den Westlichen Balkan zur Sicherung der Lage in Zvecan und drei weiteren, mehrheitlich serbisch besiedelten Orten im Norden des Landes eintreffen. Das kündigte Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg am Dienstag in Oslo an. Zudem würde ein weiteres Bataillon an Reservekräften in Alarmbereitschaft versetzt, “um bei Bedarf entsandt zu werden”, so Stoltenberg. Zurzeit sind 4.000 Kfor-Soldaten in der früheren autonomen serbischen Provinz präsent; das Mandat der seit 1999 im Kosovo vertretenen Bundeswehr hatte der Bundestag erst vergangene Woche bis Juni 2024 verlängert.

    Auslöser für die Unruhen, bei denen am Pfingstmontag 20 Soldaten des ungarischen und elf des italienischen Kfor-Kontingents verletzt worden waren, war der Versuch mehrerer kosovo-albanischer Politiker, in die Rathäuser der kosovo-serbischen Gemeinden im Hinterland der ethnisch geteilten Stadt Mitrovica einzuziehen. Deutschland, Frankreich, Italien, Großbritannien und die USA hatten den kosovarischen Premierminister Albin Kurti noch vergangene Woche vor einem solchen Schritt gewarnt.

    USA schließen Kosovo von “Defender Europe 23” aus

    Weil die serbischen Parteien die Kommunalwahlen im April boykottiert hatten, war es mehreren kosovo-albanischen Politikern gelungen, in den mehrheitlich serbisch besiedelten Gemeinden Mehrheiten zu erzielen. Der Botschafter der Vereinigten Staaten in Prishtina, Jeffrey M. Hovenier, gab Regierungschef Kurti deshalb eine Mitschuld für die Eskalation. “Wir verurteilen das Vorgehen der kosovarischen Regierung, das die Spannungen im Norden verschärft und die Instabilität erhöht, aufs Schärfste.” Kurti solle “sich wieder auf den von der EU unterstützten Dialog” konzentrieren.

    Hovenier kündigte zudem an, dass das Kosovo von dem von den USA geführten Manöver “Defender Europe 23” ausgeschlossen werde. An der Übung nehmen von April bis Juni mehre Nato-Staaten gemeinsam mit Partnerländern teil. “Für den Kosovo ist diese Übung vorbei”, sagte der US-Botschafter gegenüber örtlichen Medien.

    Anders als die USA sieht der CDU-Bundestagsabgeordnete Michael Brand die Schuld für die Ausschreitungen auf serbischer Seite. “Es geht hier nicht um Bürgermeister, sondern es geht um Serbien und seine offizielle Doktrin überall in der Region”, sagte der stellvertretende Vorsitzende der Deutsch-Südosteuropäischen Parlamentariergruppe Table.Media. 

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    Brand forderte Bundesregierung und Europäische Union zu einer harten Reaktion gegen Belgrad auf: “Solange wir diesem Kurs nicht rasch politisch und auch militärisch ein Stoppschild setzen, kann die Lage explodieren”, so Brand. “Wir schwächen die Verbündeten des Westens, stärken Serbien und Russland auf dem Balkan. Das ist völlig verrückt und extrem gefährlich.” 

    Das Außenministerium in Moskau verlangte von Nato und EU, die Lage im Kosovo zu deeskalieren. “Wir fordern den Westen auf, seine falsche Propaganda endlich zum Schweigen zu bringen und damit aufzuhören, die Vorfälle im Kosovo den in die Verzweiflung getriebenen Serben anzulasten, die friedlich und unbewaffnet versuchen, ihre legitimen Rechte und Freiheiten zu verteidigen”, hieß es in einer Mitteilung.

    Moskau unterstützt Belgrad

    Russland unterstützt Serbiens Präsident Aleksander Vucic, der seit Wochen mit Massenprotesten gegen seine Regierung konfrontiert ist. Auch im an den Kosovo angrenzenden Montenegro und im serbischen Teil Bosnien-Herzegowinas steht Russland auf Seiten serbischer Nationalisten, die einen Anschluss an Serbien befürworten.

    Serbiens Verteidigungsminister, Milos Vucevic, hatte am Wochenende die Truppen an der Grenze zum Kosovo in höchste Gefechtsbereitschaft versetzt. Bei einem Treffen mit den Botschaftern Deutschlands, Frankreichs, Italiens, Großbritanniens, der USA und der EU in Belgrad am Dienstag verlangte Vucic die seit Jahren ausstehende Gründung eines serbischen Gemeindeverbandes im Norden des Kosovos. Dazu hatte sich die Regierung Kurtis Anfang des Jahres verpflichtet.

    • Bundeswehr
    • EU
    • Nato

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    Bundeszentrale für politische Bildung – Spannungen zwischen Serbien und Kosovo: Kurze und knappe Zusammenfassung der Konfliktgeschichte zwischen Kosovo und Serbien. Die Entstehung der Spannungen reicht bis ins 14. Jahrhundert zurück. Liest sich schneller als ein Wikipedia-Artikel und ist bpb-geprüft.

    Worldbank – The World Bank in Kosovo: Ein junges Land mit einer sehr jungen Bevölkerung und einer sehr beschränkten wirtschaftlichen Entwicklung, die vor allem auf Überweisungen aus dem Ausland und Konsum basiert. Ein Überblick über die ökonomische Situation im Land.

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