Table.Briefing: Security

+++ Table.Alert: Bundeswehr hat Mali verlassen +++

Liebe Leserin, lieber Leser,

am Ende ging alles ganz schnell: In zwei Transportmaschinen der Luftwaffe verließen die rund 140 letzten Bundeswehrsoldaten der UN-Mali-Mission Minusma heute Nachmittag Gao im Norden des westafrikanischen Landes. Damit ist der Einsatz der Bundeswehr nach gut einem Jahrzehnt de facto beendet. Zuvor hatte der Kommandeur des letzten deutschen Kontingents, Oberst Heiko Bohnsack, Camp Castor an die malischen Behörden übergeben.

Die letzten Soldaten seien nun auf dem Rückweg über die senegalesische Hauptstadt Dakar nach Deutschland, teilte das Einsatzführungskommando bei Potsdam mit. Am Freitag werden sie auf dem Fliegerhorst in Wunstorf bei einem Rückkehrappell geehrt.

Bereits im Sommer hatte die Militärübergangsregierung in Bamako die UN-Mission zum Jahresende für beendet erklärt. Alle an dem Blauhelm-Einsatz beteiligten Nationen begannen daraufhin mit dem Abzug ihrer Truppen. Thomas Wiegold wirft in seiner Analyse einen kritischen Blick zurück auf drei lange Jahrzehnte Auslandseinsätze der Bundeswehr.

Ihr
Markus Bickel
Bild von Markus  Bickel

Bundeswehr beendet Blauhelm-Mission in Mali

Die Bundeswehr hat ihren Einsatz in der UN-Friedensmission Minusma (United Nations Multidimensional Integrated Stabilization Mission in Mali) praktisch beendet. Die letzten rund 140 Soldaten und Soldatinnen des letzten Einsatzkontingents verließen nach Angaben der Bundeswehr am Dienstag in zwei A400M-Transportmaschinen der Luftwaffe Gao im Norden des westafrikanischen Landes. Zuvor war das deutsche Camp Castor an die malischen Behörden übergeben worden.

Das offizielle Ende der deutschen Beteiligung an der Blauhelm-Mission Minusma ist mit einem Rückkehrappell am Freitag auf dem Fliegerhorst Wunstorf vorgesehen. Außerdem sind noch deutsche Soldaten auf Stützpunkten für den Luftumschlag in Dakar im Senegal und in Niamey in Niger im Einsatz.

Mit dem Abzug aus Mali endet der vorerst letzte große Auslandseinsatz der Bundeswehr: Auf dem Balkan sind in Bosnien und im Kosovo zwar weiterhin deutsche Soldaten und Soldatinnen im Einsatz, ebenso in Beobachtermissionen der Vereinten Nationen im Südsudan. Einen Auslandseinsatz mit mehr als 1.000 Soldaten wie in Mali gibt es aber damit nicht mehr.

Kampf gegen Dschihadisten mit russischer Hilfe

Die Minusma-Mission, die die Bundeswehr vor allem mit Aufklärungskräften in Gao unterstützt hatte, wird zum Jahresende vollständig abgewickelt. Bereits am Montag hatte der UN-Repräsentant in Mali, El-Ghassim Wane, den Einsatz für beendet erklärt. Die Militärregierung in Bamako hatte im Sommer durchgesetzt, dass das Mandat des UN-Sicherheitsrats ausläuft und nicht verlängert wird – den Kampf gegen islamistische Terrorgruppen, aber auch gegen separatistische Bestrebungen sollen die malischen Streitkräfte künftig mit russischer Hilfe führen.

An dem 2013 begonnenen UN-Einsatz hatte sich Deutschland zunächst nur mit Stabsoffizieren sowie Luftbetankung für französische Kampfjets beteiligt. 2015 beschloss die damalige Bundesregierung als Reaktion auf den Terroranschlag auf das Bataclan-Theater in Paris, zur Entlastung und Unterstützung Frankreichs in Mali mit einem Truppenkontingent im Norden des Landes aktiv zu werden. Zwei deutsche Soldaten kamen in diesem Einsatz ums Leben, als ihr Kampfhubschrauber Tiger aufgrund eines technischen Fehlers abstürzte. tw

  • Bundeswehr
  • Mali
  • Vereinte Nationen
  • Westafrika

Analyse

Der Abzug aus Mali markiert einen Schlussstrich unter die großen Auslandseinsätze der Bundeswehr

Bundeswehrsoldaten holen die deutsche Flagge im Camp Castor in Gao (Mali) am 12. Dezember ein.

Ein wenig Pathos war schon dabei, als am 16. Mai 1993 das erste Transall-Flugzeug der Bundeswehr in der zentralsomalischen Stadt Belet Huen landete. Aus der Maschine des deutschen Vorkommandos für die UN-Mission UNOSOM II stieg als erster zwar der Hauptgefreite Tino Hausladen, der seinen 24. Geburtstag feierte, ehe der deutsche Kommandeur, Generalmajor Georg Bernhardt Worte für den historischen Tag fand: “Wir sind wieder in der Familie.”

Gut einen Monat später lehnte das Bundesverfassungsgericht eine von der SPD-Bundestagsfraktion beantragte einstweilige Verfügung gegen den Einsatz ab: Die Bundeswehr durfte die Mission Einsatz in Somalia fortsetzen; wenig später gab auch der Bundestag dem ersten Auslandseinsatz deutscher Streitkräfte nach dem Zweiten Weltkrieg seine Zustimmung

Rollenwechsel der Bundeswehr: Mitmachen statt heraushalten

Der Abzug aus Mali markiert dreißig Jahre später einen Schlussstrich unter die großen Auslandseinsätze der Bundeswehr mit Tausenden von Soldaten und Soldatinnen außerhalb des Nato-Gebiets.

Die drei Jahrzehnte seit der Landung der Transall in Belet Huen brachten für die Bundeswehr eine mentale wie praktische Veränderung. Auf den knapp einjährigen, weitgehend unproblematischen bewaffneten Einsatz in Somalia folgten die Kriege auf dem Balkan. Die deutschen Streitkräfte mussten langsam jene Einsätze lernen, die sich fundamental von ihrem Abschreckungsauftrag am Eisernen Vorhang unterschieden.

Die zunächst weit verbreitete Einschätzung in Politik und Bevölkerung, deutsche Soldaten sollten nicht dorthin gehen, wo einige Jahrzehnte zuvor deutsche Soldaten im Eroberungskrieg der Wehrmacht gewütet hatten, wich in den 1990er Jahren einer pragmatischeren Haltung: Die Bündnispartner in der Nato – und zum Teil auch in der EU – nahmen es nicht mehr hin, dass sich die größte Nation in Europa heraushalten wollte, wenn vor ihrer Haustür auch militärische Mittel nötig wurden, um Krisen zu bewältigen.

Die Einsätze auf dem Balkan – militärisch entschlossen

Die deutsche Politik und damit auch die Bundeswehr folgten dem schrittweise. Starteten 1995 deutsche Tornado-Kampfjets vom italienischen Flugplatz Piacenza, der noch von der Wehrmacht gebaut wurde, zunächst nur zu Aufklärungsflügen über Bosnien, sah das vier Jahre später schon anders aus: Die Tornados machten nicht mehr nur Fotos, sondern griffen im Luftkrieg der Nato gegen Serbien gezielt Radarstellungen an.

1999 sah es nach dem Höhepunkt des Bundeswehr-Engagements aus. Mit Leopard-Kampfpanzern rückten die Deutschen an der Spitze eines Kampfverbandes der Nato in das Kosovo ein. Dass die Bundeswehr entschlossen war, militärische Ziele durchzusetzen, zeigte exemplarisch die schroffe Ermahnung des deutschen Fallschirmjäger-Generals Helmut Harff an serbische Grenzposten vor dem Einmarsch: “Sie haben jetzt noch 28 Minuten Zeit.

9/11 und Schröders uneingeschränkte Solidarität

Die eigentliche Bewährungsprobe sollte allerdings erst noch kommen. Nach den Anschlägen vom 11. September 2001 sicherte Deutschland unter dem damaligen SPD-Bundeskanzler Gerhard Schröder den USA “uneingeschränkte Solidarität” zu. Noch im selben Jahr unterstützten Bundeswehr-Einheiten und -Schiffe die “Operation Enduring Freedom” des Verbündeten. Im Januar 2002 startete die Bundeswehr offiziell ihre Beteiligung an der International Security Assistance Force (ISAF) am Hindukusch.

Die Mission am Hindukusch war in dieser Zeit bei weitem nicht der einzige Auslandseinsatz der Bundeswehr. Bis zu 17 Missionen waren es zeitweise, von der Abordnung von drei über vier Militärbeobachtern zur UN-Mission für die West-Sahara über den immer noch laufenden Einsatz im Kosovo bis zur Marinepräsenz gegen Piraterie im Golf von Aden. Doch Afghanistan war die prägendste Mission für die deutschen Streitkräfte: Zum ersten Mal waren deutsche Soldaten damit konfrontiert, am Boden Teil eines Krieges zu sein.

Der lange Krieg am Hindukusch

Das wurde der Öffentlichkeit nicht zuletzt durch die gefallenen und verwundeten Soldaten bewusst. Die aus Afghanistan heimkehrenden Särge änderten auch die öffentliche Diskussion. Es war der frühere Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) der 2009 von “kriegsähnlichen Zuständen” sprach und damit ein Tabu brach. Dabei hatte sich die Bundeswehr auf politisches Geheiß vorerst im zunächst ruhigen Norden des Landes etabliert und in Kundus ihr Camp aufgeschlagen.

Was als “Insel der Stabilität” für das unverändert vom Kampf gegen die Taliban geprägte Land gedacht war, wurde jedoch immer mehr zum Schauplatz von Kämpfen wie andere Teile des Landes. Die deutsche Beteiligung an dieser internationalen Mission sollte, wie der Einsatz westlicher Truppen in Afghanistan insgesamt, erst zwanzig Jahre später enden.

Mali – der letzte große Auslandseinsatz

Als letzter großer Auslandseinsatz geht in diesen Tagen die UN-Mission in Mali zu Ende. Mit mehr als 1.000 Soldaten in der UN-Mission MINUSMA und einigen hundert in einer EU-Ausbildungsmission zog die Bundeswehr nach Afrika.

Nachdem jedoch in Mali in der Folge gleich zweier Militärputsche das Verhältnis zur ehemaligen Kolonialmacht Frankreich immer angespannter wurde, warf die militärische Übergangsregierung nicht nur die französischen Truppen aus dem Land. Im Sommer dieses Jahres setzte sie zudem das Ende des UN-Einsatzes durch – und damit auch den Abzug der Bundeswehr.

Für die deutschen Streitkräfte bleiben außerhalb von Nato und Bündnisverteidigung derzeit kleinere Missionen wie Beobachtereinsätze im Südsudan, aber auch eine – wieder verstärkte – Präsenz auf dem Balkan. Die Zeit des “Internationalen Krisenmanagements”, so die offizielle Bezeichnung für die Auslandseinsätze, soll aber aus Sicht der Bundesregierung keineswegs dauerhaft beendet werden. Langfristig, so heißt es aus dem Verteidigungsministerium, werde die Bundeswehr sicherlich auch wieder mit größeren Einheiten gefragt sein, um auf der internationalen Bühne zu Stabilisierung oder Friedenssicherung beizutragen.

  • Bundeswehr
  • Mali
  • Nato
  • Somalia
  • Taliban
  • Vereinte Nationen

Security.Table Redaktion

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    Die letzten Soldaten seien nun auf dem Rückweg über die senegalesische Hauptstadt Dakar nach Deutschland, teilte das Einsatzführungskommando bei Potsdam mit. Am Freitag werden sie auf dem Fliegerhorst in Wunstorf bei einem Rückkehrappell geehrt.

    Bereits im Sommer hatte die Militärübergangsregierung in Bamako die UN-Mission zum Jahresende für beendet erklärt. Alle an dem Blauhelm-Einsatz beteiligten Nationen begannen daraufhin mit dem Abzug ihrer Truppen. Thomas Wiegold wirft in seiner Analyse einen kritischen Blick zurück auf drei lange Jahrzehnte Auslandseinsätze der Bundeswehr.

    Ihr
    Markus Bickel
    Bild von Markus  Bickel

    Bundeswehr beendet Blauhelm-Mission in Mali

    Die Bundeswehr hat ihren Einsatz in der UN-Friedensmission Minusma (United Nations Multidimensional Integrated Stabilization Mission in Mali) praktisch beendet. Die letzten rund 140 Soldaten und Soldatinnen des letzten Einsatzkontingents verließen nach Angaben der Bundeswehr am Dienstag in zwei A400M-Transportmaschinen der Luftwaffe Gao im Norden des westafrikanischen Landes. Zuvor war das deutsche Camp Castor an die malischen Behörden übergeben worden.

    Das offizielle Ende der deutschen Beteiligung an der Blauhelm-Mission Minusma ist mit einem Rückkehrappell am Freitag auf dem Fliegerhorst Wunstorf vorgesehen. Außerdem sind noch deutsche Soldaten auf Stützpunkten für den Luftumschlag in Dakar im Senegal und in Niamey in Niger im Einsatz.

    Mit dem Abzug aus Mali endet der vorerst letzte große Auslandseinsatz der Bundeswehr: Auf dem Balkan sind in Bosnien und im Kosovo zwar weiterhin deutsche Soldaten und Soldatinnen im Einsatz, ebenso in Beobachtermissionen der Vereinten Nationen im Südsudan. Einen Auslandseinsatz mit mehr als 1.000 Soldaten wie in Mali gibt es aber damit nicht mehr.

    Kampf gegen Dschihadisten mit russischer Hilfe

    Die Minusma-Mission, die die Bundeswehr vor allem mit Aufklärungskräften in Gao unterstützt hatte, wird zum Jahresende vollständig abgewickelt. Bereits am Montag hatte der UN-Repräsentant in Mali, El-Ghassim Wane, den Einsatz für beendet erklärt. Die Militärregierung in Bamako hatte im Sommer durchgesetzt, dass das Mandat des UN-Sicherheitsrats ausläuft und nicht verlängert wird – den Kampf gegen islamistische Terrorgruppen, aber auch gegen separatistische Bestrebungen sollen die malischen Streitkräfte künftig mit russischer Hilfe führen.

    An dem 2013 begonnenen UN-Einsatz hatte sich Deutschland zunächst nur mit Stabsoffizieren sowie Luftbetankung für französische Kampfjets beteiligt. 2015 beschloss die damalige Bundesregierung als Reaktion auf den Terroranschlag auf das Bataclan-Theater in Paris, zur Entlastung und Unterstützung Frankreichs in Mali mit einem Truppenkontingent im Norden des Landes aktiv zu werden. Zwei deutsche Soldaten kamen in diesem Einsatz ums Leben, als ihr Kampfhubschrauber Tiger aufgrund eines technischen Fehlers abstürzte. tw

    • Bundeswehr
    • Mali
    • Vereinte Nationen
    • Westafrika

    Analyse

    Der Abzug aus Mali markiert einen Schlussstrich unter die großen Auslandseinsätze der Bundeswehr

    Bundeswehrsoldaten holen die deutsche Flagge im Camp Castor in Gao (Mali) am 12. Dezember ein.

    Ein wenig Pathos war schon dabei, als am 16. Mai 1993 das erste Transall-Flugzeug der Bundeswehr in der zentralsomalischen Stadt Belet Huen landete. Aus der Maschine des deutschen Vorkommandos für die UN-Mission UNOSOM II stieg als erster zwar der Hauptgefreite Tino Hausladen, der seinen 24. Geburtstag feierte, ehe der deutsche Kommandeur, Generalmajor Georg Bernhardt Worte für den historischen Tag fand: “Wir sind wieder in der Familie.”

    Gut einen Monat später lehnte das Bundesverfassungsgericht eine von der SPD-Bundestagsfraktion beantragte einstweilige Verfügung gegen den Einsatz ab: Die Bundeswehr durfte die Mission Einsatz in Somalia fortsetzen; wenig später gab auch der Bundestag dem ersten Auslandseinsatz deutscher Streitkräfte nach dem Zweiten Weltkrieg seine Zustimmung

    Rollenwechsel der Bundeswehr: Mitmachen statt heraushalten

    Der Abzug aus Mali markiert dreißig Jahre später einen Schlussstrich unter die großen Auslandseinsätze der Bundeswehr mit Tausenden von Soldaten und Soldatinnen außerhalb des Nato-Gebiets.

    Die drei Jahrzehnte seit der Landung der Transall in Belet Huen brachten für die Bundeswehr eine mentale wie praktische Veränderung. Auf den knapp einjährigen, weitgehend unproblematischen bewaffneten Einsatz in Somalia folgten die Kriege auf dem Balkan. Die deutschen Streitkräfte mussten langsam jene Einsätze lernen, die sich fundamental von ihrem Abschreckungsauftrag am Eisernen Vorhang unterschieden.

    Die zunächst weit verbreitete Einschätzung in Politik und Bevölkerung, deutsche Soldaten sollten nicht dorthin gehen, wo einige Jahrzehnte zuvor deutsche Soldaten im Eroberungskrieg der Wehrmacht gewütet hatten, wich in den 1990er Jahren einer pragmatischeren Haltung: Die Bündnispartner in der Nato – und zum Teil auch in der EU – nahmen es nicht mehr hin, dass sich die größte Nation in Europa heraushalten wollte, wenn vor ihrer Haustür auch militärische Mittel nötig wurden, um Krisen zu bewältigen.

    Die Einsätze auf dem Balkan – militärisch entschlossen

    Die deutsche Politik und damit auch die Bundeswehr folgten dem schrittweise. Starteten 1995 deutsche Tornado-Kampfjets vom italienischen Flugplatz Piacenza, der noch von der Wehrmacht gebaut wurde, zunächst nur zu Aufklärungsflügen über Bosnien, sah das vier Jahre später schon anders aus: Die Tornados machten nicht mehr nur Fotos, sondern griffen im Luftkrieg der Nato gegen Serbien gezielt Radarstellungen an.

    1999 sah es nach dem Höhepunkt des Bundeswehr-Engagements aus. Mit Leopard-Kampfpanzern rückten die Deutschen an der Spitze eines Kampfverbandes der Nato in das Kosovo ein. Dass die Bundeswehr entschlossen war, militärische Ziele durchzusetzen, zeigte exemplarisch die schroffe Ermahnung des deutschen Fallschirmjäger-Generals Helmut Harff an serbische Grenzposten vor dem Einmarsch: “Sie haben jetzt noch 28 Minuten Zeit.

    9/11 und Schröders uneingeschränkte Solidarität

    Die eigentliche Bewährungsprobe sollte allerdings erst noch kommen. Nach den Anschlägen vom 11. September 2001 sicherte Deutschland unter dem damaligen SPD-Bundeskanzler Gerhard Schröder den USA “uneingeschränkte Solidarität” zu. Noch im selben Jahr unterstützten Bundeswehr-Einheiten und -Schiffe die “Operation Enduring Freedom” des Verbündeten. Im Januar 2002 startete die Bundeswehr offiziell ihre Beteiligung an der International Security Assistance Force (ISAF) am Hindukusch.

    Die Mission am Hindukusch war in dieser Zeit bei weitem nicht der einzige Auslandseinsatz der Bundeswehr. Bis zu 17 Missionen waren es zeitweise, von der Abordnung von drei über vier Militärbeobachtern zur UN-Mission für die West-Sahara über den immer noch laufenden Einsatz im Kosovo bis zur Marinepräsenz gegen Piraterie im Golf von Aden. Doch Afghanistan war die prägendste Mission für die deutschen Streitkräfte: Zum ersten Mal waren deutsche Soldaten damit konfrontiert, am Boden Teil eines Krieges zu sein.

    Der lange Krieg am Hindukusch

    Das wurde der Öffentlichkeit nicht zuletzt durch die gefallenen und verwundeten Soldaten bewusst. Die aus Afghanistan heimkehrenden Särge änderten auch die öffentliche Diskussion. Es war der frühere Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) der 2009 von “kriegsähnlichen Zuständen” sprach und damit ein Tabu brach. Dabei hatte sich die Bundeswehr auf politisches Geheiß vorerst im zunächst ruhigen Norden des Landes etabliert und in Kundus ihr Camp aufgeschlagen.

    Was als “Insel der Stabilität” für das unverändert vom Kampf gegen die Taliban geprägte Land gedacht war, wurde jedoch immer mehr zum Schauplatz von Kämpfen wie andere Teile des Landes. Die deutsche Beteiligung an dieser internationalen Mission sollte, wie der Einsatz westlicher Truppen in Afghanistan insgesamt, erst zwanzig Jahre später enden.

    Mali – der letzte große Auslandseinsatz

    Als letzter großer Auslandseinsatz geht in diesen Tagen die UN-Mission in Mali zu Ende. Mit mehr als 1.000 Soldaten in der UN-Mission MINUSMA und einigen hundert in einer EU-Ausbildungsmission zog die Bundeswehr nach Afrika.

    Nachdem jedoch in Mali in der Folge gleich zweier Militärputsche das Verhältnis zur ehemaligen Kolonialmacht Frankreich immer angespannter wurde, warf die militärische Übergangsregierung nicht nur die französischen Truppen aus dem Land. Im Sommer dieses Jahres setzte sie zudem das Ende des UN-Einsatzes durch – und damit auch den Abzug der Bundeswehr.

    Für die deutschen Streitkräfte bleiben außerhalb von Nato und Bündnisverteidigung derzeit kleinere Missionen wie Beobachtereinsätze im Südsudan, aber auch eine – wieder verstärkte – Präsenz auf dem Balkan. Die Zeit des “Internationalen Krisenmanagements”, so die offizielle Bezeichnung für die Auslandseinsätze, soll aber aus Sicht der Bundesregierung keineswegs dauerhaft beendet werden. Langfristig, so heißt es aus dem Verteidigungsministerium, werde die Bundeswehr sicherlich auch wieder mit größeren Einheiten gefragt sein, um auf der internationalen Bühne zu Stabilisierung oder Friedenssicherung beizutragen.

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