nach dem Sturz von Baschar al-Assad und dem weitgehend friedlichen Machtwechsel in Syrien gibt es Grund zu vorsichtigem Optimismus: Statt die Verwaltung völlig aufzulösen, setzt HTS-Anführer Abu Mohammed al-Golani darauf, bestehende Strukturen zu übernehmen und Christen und andere Minderheiten einzubinden, sagt Volker Perthes, ehemaliger Direktor der SWP in Berlin, im Interview mit Markus Bickel. Eine “sanfte Transition” nennt er es.
Für Putin bricht mit dem Kollaps des Systems in Syrien ein wichtiges Transitland nach Afrika weg. Ohne die Versorgung des eigenen Militärs via Syrien verschlechtert sich die russische Position deutlich. Als Alternative wächst künftig die Bedeutung von Libyen als Aufmarschgebiet, schreibt mein Kollege Viktor Funk.
Eine aufschlussreiche Lektüre wünscht
Ob Russland nach dem Fall des Assad-Regimes nachhaltig an geopolitischer Macht verliert, entscheidet sich nicht nur in Syrien. Auch wenn die Ereignisse sich dort derzeit überschlagen, lohnt sich gerade jetzt ein Blick nach Libyen.
Darum geht es:
Noch einen Tag vor dem Sturz von Assad sagte der russische Wissenschaftler vom Kreml-nahen Institut für Weltwirtschaft und internationale Beziehungen (IMEMO RAN), Nikolaj Suchow: “Die vergangenen Jahre haben gezeigt, dass die Bedeutung Syriens für die Arbeit Russlands in Afrika unschätzbar ist. Kein einziges unserer Transportflugzeuge kann derzeit dorthin direkt fliegen.”
Für den russischen Machthaber Wladimir Putin steht also viel auf dem Spiel. Hatte er in Syrien unter anderem Geflüchtete als Druckmittel gegen Europa instrumentalisiert, sollte dieses “Werkzeug” offenbar auch in Afrika eingesetzt werden – nicht zuletzt durch die Regimeumstürze und damit die Kontrolle für Transitrouten von Flüchtenden durch Niger, Mali und Burkina-Faso sowie Libyen.
Ohne die Versorgung des eigenen Militärs via Syrien und Libyen mit Flugzeugen verschlechtert sich die russische Position deutlich. Das könnte sich auf die Pläne, an Einfluss in Afrika zu gewinnen, auswirken. Noch aber sei die Sache nicht ausgemacht, die Verhandlungen zwischen Moskau und den syrischen Rebellen über den Verbleib des Militärs liefen derzeit, sagt Nikita Smagin im Gespräch mit Table.Briefings. Smagin war bis 2022 politischer Wissenschaftler in Moskau, verließ nach der russischen Vollinvasion in die Ukraine das Land und arbeitet heute als Analyst für den Nahen Osten von Aserbaidschan aus.
In Libyen steht Putin seit jeher im Widerstreit mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan. Zwar gibt es dort aktuell keine direkte Auseinandersetzung zwischen den russisch- und türkisch-unterstützten Lagern. Ob das nach Erdoğans Vorgehen in Syrien so bleibt, ist derzeit offen.
Nach dem Verlust von Syrien wächst für Moskau also die Bedeutung Libyens. Das russische “Afrika-Korps” erhält seine Technik auf dem Wasserweg, die Schiffe landen im libyschen Tobruk an. Das Personal kam bisher mit Flugzeugen. Smagin warnt: “Russland wird auf jeden Fall einen Weg finden, seinen Einfluss in Afrika weiter auszubauen, das wird jetzt nur länger dauern und mehr kosten.”
Für die EU könnte sich also mehr Aufmerksamkeit für die russische Präsenz in Libyen lohnen. Doch die italienische Militärhistorikerin Federica Saini Fasanotti ist skeptisch, dass die EU diesen Willen hat. Sie beklagt, dass Russland über Libyen die Öl-Sanktionen umgehen kann und weitgehend ungestört seine Macht im Mittelmeer dank der Militärstützpunkte in Libyen ausbaut.
Herr Perthes, wie erklären Sie sich, dass der Machtwechsel in Syrien nach Jahren des Krieges und Hunderttausenden Toten am Ende weitgehend friedlich verlaufen ist?
Dafür gibt es unterschiedliche Gründe, auch wenn wir nicht vergessen dürfen, dass weiterhin furchtbar viel schiefgehen kann. Aber der Umstand, dass die Armee nicht gekämpft hat, ist dafür sicherlich ebenso entscheidend wie die Tatsache, dass die Rebellen von Hayat Tahrir al-Shams sich ihren Weg nach Damaskus eher durch Verhandlungen freigekämpft haben als durch Bombardements.
Wie eng waren die Kontakte zwischen HTS und den Kräften des Regimes vor der Einnahme von Damaskus am Wochenende?
Was wir aus den sozialen Medien und anderen Kanälen wissen ist, dass es Gespräche gegeben hat zwischen HTS-Anführer Abu Mohammed al-Golani und Armeekommandeuren, aber auch mit Vertretern der Assad-Administration, dem amtierenden Ministerpräsidenten Mohammed Ghazi al-Jalali etwa. Das dürfte maßgeblich dazu beigetragen haben, dass die Armee an vielen Stellen nicht gekämpft hat. Al-Golani wiederum hat beim Vormarsch nach Damaskus bewusst darauf verzichtet, Gemeinden mit konfessionellen Minderheiten einzunehmen – und stattdessen die Botschaft gesendet, dass diese vor den Islamisten nichts zu fürchten haben.
Wie glaubwürdig ist al-Golanis Wandel vom einstigen Al-Qaida-Kämpfer zum gemäßigten Islamisten, der für alle Syrer und Syrerinnen sprechen will?
Ich halte ihn angesichts der HTS-Verwaltungspraxis in Idlib im letzten Jahrzehnt für überzeugend – aber auch deshalb, weil al-Golani sich 2016 ja nicht nur vom syrischen Al Qaida-Ableger Nusra-Front losgesagt, sondern sie selbst noch aktiv militärisch bekämpft hat. Dass es ihm im Nordwesten Syriens seitdem gelungen ist, eine einigermaßen funktionierende Verwaltung zu unterhalten, ist ein positives Indiz dafür, dass es ihm bei der Machtübernahme in Damaskus um mehr geht als die Durchsetzung einer bestimmten Spielart des Islamismus. Man kann ihn als konservativ-autoritär bezeichnen, aber auch bedacht darum, Christen und andere Minderheiten einzubinden.
Ist es nicht erstaunlich, dass er Assads Premierminister al-Jalali im Amt belassen hat?
Das Vorgehen zeigt, dass al-Golani anders als die USA im Irak 2003 auf eine Übernahme der bestehenden Verwaltung setzt – und nicht darauf, jeden, der für das alte Regime gearbeitet hat, zu entlassen, seien es Lehrer, einfache Beamte oder Krankenhausangestellte. Auch der Zentralbankgouverneur wurde im Amt belassen, was ein weiteres Zeichen dafür ist, dass die neuen Machthaber nicht Tabula Rasa machen wollen, sondern auf eine sanfte Transition setzen.
Heißt das, dass die Machtübernahme im strengen Sinne gar nicht vollständig erfolgt ist?
Doch. So wie Mao sagte, dass die Macht aus den Gewehrläufen kommt, liegt sie auch in Syrien jetzt bei den bewaffneten Gruppen. Den Premierminister einzubinden und damit den zivilen Fußtruppen des alten Regimes zu signalisieren, dass anders als unter den Amerikanern im Irak nicht jeder entlassen wird, der mit dem Regime zusammengearbeitet hat, ist sicherlich eine positive Botschaft. Dieses Vorgehen, den Staat aufrechtzuerhalten und auf bestehende Strukturen zu setzen, um eine sanfte, nichtzerstörerische Transition gewaltlos möglich zu machen, nimmt dem Konflikt viel von seiner Schärfe.
Wie vereint sind die Gruppen, die sich nun anschicken, ein neues Syrien aufzubauen?
Es handelt sich um eine sehr plurale Rebellenfront, gebildet von konservativen Sunniten aus dem Horan im Süden des Landes, von Drusen aus Suweida sowie von der Türkei unterstützten Kräften der früheren Freien und heutigen Syrischen Nationalen Armee (SNA). Dass sie so plural ist, ist ein Stück weit ein Spiegelbild der syrischen Realität, die ja auch ein politisch-konfessionelles Mosaik darstellt. Das heißt aber auch, dass es nicht den einen Autokraten gibt, der nun von einem gestürzten Autokraten übernimmt. Wahrscheinlich wird in den kommenden Wochen eine Art Oberster Rat unter Einbindung aller relevanten Gruppen gebildet.
Als Grundlage für die Bildung einer Regierung nationaler Einheit wird immer wieder UN-Resolution 2254 von 2015 angeführt. Welche Rolle könnten die Vereinten Nationen beim Transformationsprozess spielen?
Die UN sind mit ihrem Syrien-Sondergesandten Geir Pedersen in einer guten Position, um Vertreter unterschiedlicher Positionen an einen Tisch zu bringen. Er wird auch von allen regionalen Akteuren akzeptiert, was eine weitere gute Voraussetzung ist, um einen politisch-gesellschaftlichen Dialog auf den Weg zu bringen und eines Tages Wahlen zu ermöglichen.
Die Türkei gilt gemeinhin als größter regionaler Profiteur des Umsturzes in Syrien, inwieweit können die arabischen Golfstaaten in das Vakuum hineinstoßen, das sich durch den Abzug Russlands und Irans ergibt?
Nicht jedes Vakuum wird gefüllt in der Politik, sodass es auch zu Implosionen kommen kann. Unter den Golfstaaten ist Katar sicherlich das Land, das die besten Beziehungen hat zu den Rebellen mit islamistischem Anstrich. Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate haben zuletzt ja eher versucht, ihren Frieden mit Assad zu machen. Man kann nur hoffen, dass Katar seinen Einfluss positiv nutzen wird, ähnlich wie bei den indirekten Gesprächen zwischen der Hamas und Israel über einen Waffenstillstand in Gaza.
Volker Perthes war von 2015 bis 2018 Senior Advisor des damaligen UN-Sondergesandten für Syrien, Staffan de Mistura, und Leiter der Ceasefire Task Force (CTF) der International Syria Support Group. Von 2000 bis 2020 leitete er als Direktor die Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) in Berlin, von 2021 bis zu Beginn des Bürgerkriegs im Sudan war er Untergeneralsekretär der Vereinten Nationen, Sonderbeauftragter des Generalsekretärs für Sudan und Leiter von Unitams (United Nations Integrated Transition Assistance Mission in Sudan).
Es war eine außenpolitische Kehrtwende, als im Oktober bekannt wurde, dass die Bundesrepublik wieder Waffen an die Türkei liefern wird. Seit dem Putschversuch 2016 hatte Deutschland keine Rüstungsexporte mehr in großem Umfang erlaubt. Und spätestens seit dem türkischen Einmarsch in Nordsyrien 2018 genehmigte Deutschland nur noch sehr wenige Rüstungsgüter, darunter keine Kriegswaffen, sondern hauptsächlich Lieferungen im Nato-Kontext. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan hatte deswegen bereits länger auf eine Wiederaufnahme des Rüstungsgeschäfts in großem Stil gepocht.
Die deutschen Lieferungen an die Türkei beinhalten neben Raketen vor allem U-Boot-Teile. Damit will man die türkische Marine stärken, die im Schwarzen Meer ein Gegengewicht zur russischen Flotte bilden soll. Im Konflikt mit Griechenland stehen die diplomatischen Zeichen derzeit auf Versöhnung. Dadurch sieht Athen in den deutschen Lieferungen keinen Affront, womit für die Bundesregierung eine entscheidende Hürde wegfällt, sicherheitspolitisch auf die Türkei zuzugehen.
Dass die Türkei die von ihr gewünschten 40 Eurofighter-Kampfjets erhält, scheint ausgemacht. Mitte November kündigte der türkische Verteidigungsminister Yaşar Güler an, dass die Türkei die Flieger kaufen werde und Deutschland sein Veto aufgegeben habe. Bundeskanzler Olaf Scholz hatte es bei seinem Besuch im Oktober in Istanbul als “selbstverständlich” bezeichnet, dass der Nato-Partner Türkei deutsche Waffen erhält, und sich für die Lieferung der Eurofighter offen gezeigt.
Die Waffenlieferungen an den Bosporus könnten sich in den nächsten Jahren fortsetzen. Denn die Türkei benötigt Motoren für die eigene Panzerproduktion, die Altai Tanks. In Deutschland ist die scheidende, so wie eine noch zu wählende Regierung auf Zusammenarbeit angewiesen. Zunächst bei der Kontrolle von Geflüchteten, doch auch als Vermittler. Die Türkei ist zu einem geostrategisch so relevanten Player avanciert, dass man aus deutscher Sicht viel stärker auf ein gutes Verhältnis angewiesen ist als noch vor wenigen Jahren.
Yaşar Aydın, Türkei-Experte bei der Stiftung Wissenschaft und Politik, sagt: “Die Entwicklungen in der Ukraine und im Nahen Osten haben die geopolitische Bedeutung der Türkei stark aufgewertet.” Zwar gebe es mehrere große Vorbehalte in der deutschen Politik – wie die Unterstützung Aserbaidschans im Bergkarabach-Konflikt und die Nähe zur Hamas -, doch sei man allein nachrichtendienstlich auf eine Kooperation mit Ankara angewiesen, sagt Aydın. Vor allem im Ukraine-Krieg tritt die Türkei als wichtiger Vermittler zu Russland auf.
Bleibt die Kurden-Frage. Der Einmarsch der Türkei in Nordsyrien 2018 wurde in Deutschland scharf verurteilt. Doch durch die veränderte Weltlage hat die Türkei so stark an Bedeutung gewonnen, dass das anhaltende militärische Vorgehen in Nordsyrien ein Stück weit in den Hintergrund gerückt ist. Außerdem scheint man eingesehen zu haben, dass eine Verweigerung von Waffen, wenn überhaupt, nur bedingt Einfluss auf die Lage der Menschenrechte oder demokratische Strukturen in der Türkei hat.
“Anstatt die Türkei im Fall Syriens vor den Kopf zu stoßen, ist es wichtiger, dass sie die Ukraine weiterhin unterstützt”, sagt Sozialwissenschaftler Aydın. Zudem hat das Verweigern deutscher Waffen die Türkei nie an Angriffen gehindert. Waffen hat sie sich woanders besorgt – und nebenher die eigene Rüstungsindustrie ausgebaut.
So versöhnlich sich die türkische Regierung derzeit gibt und so wichtig die Türkei ist – auch in Berlin weiß man, dass Erdoğan ein Machtpolitiker ist und jeglichen Umstand zu seinem eigenen Vorteil nutzt. Genauso könnte es mit den Waffenlieferungen geschehen. Die Nachricht über die Wiederaufnahme des Waffenhandels sowie die Besuche von Scholz im Oktober und von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier im April wurden in der Türkei sehr wohlwollend aufgenommen. Früher oder später dürfte Erdoğan sie dazu nutzen, sich als denjenigen zu inszenieren, dem selbst Deutschland keinen Gefallen abschlagen kann.
Der SPD-Bundestagsabgeordnete Joe Weingarten fordert ein neues Sondervermögen für die Bundeswehr in Höhe von 200 Milliarden Euro. “Die Koalitionsvereinbarung für eine neue Bundesregierung müsste dafür die Grundlage bilden”, so der Berichterstatter seiner Fraktion im Haushaltsausschuss des Bundestags im Interview mit Table.Briefings.
Zudem müssten sich die Verteidigungsausgaben des Bundes dauerhaft auf mehr als drei Prozent belaufen. Mit Blick auf mehr als dreißig 25-Millionen-Euro-Beschaffungsvorhaben, die das Bundesverteidigungsministerium noch vor Ablauf der Legislaturperiode vom Bundestag genehmigt bekommen will, äußerte sich Weingarten optimistisch, dass die Union diesen zustimmen werde. Am Montag hatte sich der CDU-Verteidigungspolitiker Johann Wadephul offen dafür gezeigt – und ebenfalls für ein neues Sondervermögen geworben. “Aus meiner Sicht ist es die absolute Priorität, die Mittel für die Bundeswehr, aber auch für die Ukraine bereitzustellen”, sagte er Politico.
Bislang vertritt die Union die Linie, vor der am 16. Dezember geplanten Vertrauensfrage von Bundeskanzler Olaf Scholz keine Zustimmung zu Regierungsvorhaben zu erteilen. Die 37 vom Verteidigungsministerium vorgelegten Rüstungsprojekte könnten so in der letzten Sitzung des Verteidigungsausschusses am 18. Dezember beraten werden. Diese belaufen sich auf fast 17 Milliarden Euro, wovon 4,7 Milliarden auf die Bestellung vier neuer U-Boote vom Typ U212CD entfallen würden. Auch für Projekte im Bereich der Digitalisierung Landbasierter Operationen (D-LBO) würden Kosten in Höhe von mehr als drei Milliarden Euro anfallen. mrb
Schon vor dem Amtsantritt Donald Trumps in den USA im Januar und den Bundestagswahlen in Deutschland im Februar baut die ukrainische Staatsführung direkten Kontakt zum nächsten US-Präsidenten und dem möglichen neuen Bundeskanzler auf. Nachdem Andrij Jermak, der mächtige Stabschef von Wolodymyr Selenskyj, vergangene Woche in den USA unter anderem den designierten Vizepräsidenten JD Vance sowie Michael Waltz, den möglichen Sicherheitsberater an der Seite von Trump, traf, sprachen Trump und Selenskyj mit dem französischen Staatspräsidenten Emmanuel Macron in Paris über das weitere Vorgehen. Und am Montag empfing Selenskyj Merz in Kyjiw.
Die Ukraine befindet sich derzeit in der Zwickmühle: Sie muss einerseits Verhandlungsbereitschaft signalisieren – das fordert Trump. Denn nur wenn Kyjiw sich gesprächsbereit zeigt, dürfe Trump die militärische Unterstützung aufrechterhalten. Zugleich wird Moskau aber jegliche diplomatischen Signale aus Kyjiw als Schwäche auslegen. Darauf deutet das jüngste Interview des russischen Außenministers Sergej Lawrows mit dem Trump-nahen Journalisten Tucker Carlson hin. Lawrow wiederholt die üblichen Maximalforderungen.
Inzwischen ist klar: Kyjiw würde nach mehr als 1000 Kriegstagen einen Waffenstillstand nicht kategorisch ablehnen. Die Frage ist nur, zu welchem Preis. Russland sieht sich aktuell auf der Gewinnerseite im langen Abnutzungskrieg und dürfte eher wenig Interesse an dem groben Plan Trumps haben. Er sieht vor, dass der Krieg entlang der Frontlinie eingefroren wird, die Ukraine auf die Nato-Mitgliedschaft verzichtet, dafür aber weitere US-Waffen erhält. Besonders mit dem dritten Punkt wird sich Putin nicht abfinden, nicht umsonst will er eine radikale Verkleinerung der ukrainischen Armee.
Vor diesem Hintergrund ist der Austausch zwischen Trump, Macron und Selenskyj eher der Versuch einer Annäherung von Positionen. Nach Trumps Machantritt wird nur einen Monat später in Deutschland gewählt, was wieder Einfluss auf die Position Kyjiws hat. CDU-Kanzlerkandidat Friedrich Merz versprach jedenfalls nachhaltige Hilfe, als er am Montag in Kyjiw eintraf – “ohne Einschränkung”, betonte er. Das stieß auf positive Resonanz. Überhaupt blicken die Ukrainer inzwischen entspannt auf das Ende der Ampel-Regierung in Deutschland. Eine nicht unwahrscheinliche Regierung aus Union und Grünen gilt gar als Traumkonstellation. Doch auch mit einer Neuauflage der großen Koalition mit Merz an der Führung wird Kyjiw gut umgehen können. dt
SPD und Grüne haben sich wohl auf einen Entwurf für das NIS-2-Umsetzungsgesetz geeinigt, das die Cybersicherheitsrichtlinie der EU in nationales Recht übertragen soll. Das bedeutet, dass das Gesetz trotz Ampel-Aus noch vor Ende der Legislatur vom Parlament verabschiedet werden könnte – vorausgesetzt die Union stimmt der Einigung zu.
Der Gesetzentwurf, über den zunächst Tagesspiegel Background berichtete und der Table.Briefings vorliegt, enthält Fortschritte in vielen Bereichen, in denen zuvor keine Einigung möglich war, darunter bei der Ausgestaltung der Unabhängigkeit des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) und beim Schwachstellenmanagement.
Wie in bisherigen Regierungsentwürfen aber wird die Bundesverwaltung von den neuen Anforderungen weitestgehend ausgenommen. Zwar müssen Ministerien und das Bundeskanzleramt den IT-Grundschutz erfüllen, für die restliche Bundesverwaltung gelten allerdings auch im jetzigen Entwurf nur “Mindeststandards”. Als Grund dafür werden auch Kostenfragen genannt.
Hier sieht der Unions-Berichterstatter für das Gesetz, Marc Henrichmann, die größte Schwachstelle: “Bis jetzt unterfallen die Behörden dem IT-Grundschutz. Das, was jetzt drin steht, ist eine Verschlechterung im Vergleich zum Ist-Zustand”, sagte Henrichmann im Gespräch mit Table.Briefings. Grundsätzlich sei der Entwurf aber eine “Verbesserung”.
Klar ist aber auch: Keine Entscheidung wird vor der Vertrauensfrage getroffen, die der Bundeskanzler am 16. Dezember stellen wird. Und aller Voraussicht nach wird die Entscheidung, ob das Gesetz in dieser Legislatur das Licht der Welt erblickt, dann auch nicht auf Berichterstatterebene entschieden, sondern auf Ebene der Fraktionsvorsitzenden. wp/max
Bloomberg: Assad’s Flight Demands More Engagement in Syria, Not Less. Dass Syrien nach der Flucht Assads eine liberale Demokratie werde, sei unwahrscheinlich, kommentiert der Journalist Marc Champion. Dennoch sei nun der Westen gefragt. “Es war nie wichtiger, sich diplomatisch und wirtschaftlich zu engagieren, um Syrien nach dem Ende Assads eine Chance zu geben.”
taz: Schillernde Annäherung – Deutschlands Rolle im Tschad und in Sudan. Im Tschad leben mehr als eine Million Geflüchtete aus dem Sudan. Gleichzeitig heizt das Regime den Krieg dort mit an. Nachdem Europa in der Sahelzone in den vergangenen Jahren an Einfluss verloren hat, vertieft Deutschland nun die Partnerschaft. Dieser Artikel geht der Frage nach, ob der Tschad, wie einst Niger, dabei helfen könnte, Migration zu lenken.
Foreign Policy: The Battle for Ukraine Is a War of Demography. Die dramatischen demografischen Veränderungen in Russland beeinflussen die Grundlagen von Putins Macht. Schrumpfende Bevölkerungen sind selten ein Zeichen von Sieg und Erfolg, so die These dieses Textes.
Foreign Affairs: Can Trump Split China and Russia? Trumps zweite Amtszeit bringt Ungewissheit in die transpazifischen Beziehungen. Dennoch sei es unwahrscheinlich, dass Putin und Xi befürchten, Washington könne einen echten Bruch zwischen ihren Ländern herbeiführen, kommentiert Alexander Gabuev, Chef des Carnegie Russia Eurasia Centers.
Die skandinavischen Staaten gelten als Vorbilder gesamtstaatlicher Resilienz. So hat Schweden jüngst eine neue Zivilschutzbroschüre veröffentlicht. Finnlands bauliche Schutzvorkehrungen sind beeindruckend. Auch Norwegen setzt das Konzept der Gesamtverteidigung (Total Defence) gemeinsam mit und für die Bevölkerung um. Regierungen und zu Schützende arbeiten im Norden Hand in Hand. Denn im Unterschied zu den Deutschen haben die Menschen in diesen Ländern erkannt und verinnerlicht, dass militärische und zivile Verteidigungsfähigkeit ineinander greifen müssen und jeder Einzelne seinen Beitrag dazu zu leisten hat.
Ein solches Mindset muss angesichts der existenziellen Bedrohung durch einen direkten Konflikt mit Russland auch in der Bundesrepublik schleunigst wachsen. Bereits zum zweiten Mal haben die deutschen Nachrichtendienste hiervor sowie vor möglichen aus dem Kreml gesteuerten Sabotageakten und Beeinflussungsversuchen gewarnt. Doch welche Elemente des Sicherheitsmodells der Skandinavier wären auf Deutschland übertragbar?
Zur Koordinierung der insbesondere aus der russischen Aggression erwachsenden komplexen Aufgaben gibt es bislang nur in Stockholm einen Nationalen Sicherheitsrat (NSR). Die dortige Regierung beendete eine jahrelange Diskussion und setzte 2022 schnell und unbürokratisch einen NSR und den Nationalen Sicherheitsberater Hendrik Landerholm ein. Der Nationale Sicherheitsrat ist dem Büro des Premierministers angegliedert. Im Vergleich zu Finnland und Norwegen hat Schwedens Regierung damit auf den ersten Blick den institutionell weitreichendsten Schritt getan.
Doch auch die Nachbarn haben institutionelle Konstrukte staatlicher Sicherheitsvorsorge, die funktionieren und bei näherer Betrachtung NSR-Funktionen erfüllen. Finnland verfügt über ein regelmäßig tagendes Sicherheitskabinett und einen Sicherheitsausschuss auf Ebene der höchsten zivilen Beamten. Im Januar 2023 entschied sich Präsident Sauli Niinistö jedoch gegen die Ernennung eines Sicherheitsberaters und die Schaffung einer neuen Sicherheitsabteilung, die beide Premierministerin Sanna Marin unterstehen sollten. Norwegen hat schon seit 2003 eine Nationale Sicherheitsbehörde, in der die Ressorts zusammenarbeiten. Im Verteidigungsfall kommen diese zu dem zusammen, was andernorts Kriegskabinett oder Nationaler Sicherheitsrat hieße.
Warum tun Finnen und Norweger nicht den Schritt hin zur Schaffung eines Nationalen Sicherheitsrates? Weil sie es systemisch und aus ganz praktischen Gründen nicht können. Beide Länder sind zentralstaatlich organisiert und haben für den Ernstfall Abläufe vorgesehen, die ein sofortiges Umschalten auf Krisenmodus ermöglichen. Überdies sind sie mit nicht einmal einem Zehntel der deutschen Bevölkerung und viel weniger Bürokratie besser in der Lage, schnell und flexibel zu reagieren. In Schweden, welches das Bevölkerungszehntel überschreitet, sieht das Bild schon anders aus.
Und genau das erklärt, warum die Bundesrepublik nicht umhinkommen wird, einen NSR zu schaffen, will sie auf der Höhe der Zeit, proaktiv handlungsfähiger und für Bedrohungen umfassend gewappnet sein. Ablauforganisation nach finnischem oder norwegischem Muster nähme im föderal organisierten Deutschland zu viel Zeit in Anspruch, was in der Krise Menschenleben kosten würde. Nicht umsonst hat sich das staatsorganisatorisch ‘baugleiche’ Österreich 2001 – nur zwei Monate nach den Terroranschlägen vom 11. September – für die Einrichtung eines Nationalen Sicherheitsrates entschieden.
Was bedeutet das für Deutschland? Das Konzept Gesamtverteidigung muss auch hierzulande gelten. Denn je mehr Menschen in einem Land leben, desto tiefer muss der Gedanke, sich gegenseitig in Krisen zu unterstützen, in der Gesellschaft verankert sein. Beim institutionellen Modell kommt allerdings nur die schwedische Variante infrage. Besonders, was die pragmatische Herangehensweise an neue Bedrohungen und die Geschwindigkeit der Veränderungen betrifft.
Christina Moritz, Berliner Politologin und Fellow am Center for Intelligence and Security Studies (CISS), forscht und promoviert zu ihrem Modell für einen deutschen Nationalen Sicherheitsrat, das sie 2016 erstmals vorgestellt hat. Die Expertin setzt sich in Fachpublikationen und Vorträgen für die Schaffung der Institution ein.
nach dem Sturz von Baschar al-Assad und dem weitgehend friedlichen Machtwechsel in Syrien gibt es Grund zu vorsichtigem Optimismus: Statt die Verwaltung völlig aufzulösen, setzt HTS-Anführer Abu Mohammed al-Golani darauf, bestehende Strukturen zu übernehmen und Christen und andere Minderheiten einzubinden, sagt Volker Perthes, ehemaliger Direktor der SWP in Berlin, im Interview mit Markus Bickel. Eine “sanfte Transition” nennt er es.
Für Putin bricht mit dem Kollaps des Systems in Syrien ein wichtiges Transitland nach Afrika weg. Ohne die Versorgung des eigenen Militärs via Syrien verschlechtert sich die russische Position deutlich. Als Alternative wächst künftig die Bedeutung von Libyen als Aufmarschgebiet, schreibt mein Kollege Viktor Funk.
Eine aufschlussreiche Lektüre wünscht
Ob Russland nach dem Fall des Assad-Regimes nachhaltig an geopolitischer Macht verliert, entscheidet sich nicht nur in Syrien. Auch wenn die Ereignisse sich dort derzeit überschlagen, lohnt sich gerade jetzt ein Blick nach Libyen.
Darum geht es:
Noch einen Tag vor dem Sturz von Assad sagte der russische Wissenschaftler vom Kreml-nahen Institut für Weltwirtschaft und internationale Beziehungen (IMEMO RAN), Nikolaj Suchow: “Die vergangenen Jahre haben gezeigt, dass die Bedeutung Syriens für die Arbeit Russlands in Afrika unschätzbar ist. Kein einziges unserer Transportflugzeuge kann derzeit dorthin direkt fliegen.”
Für den russischen Machthaber Wladimir Putin steht also viel auf dem Spiel. Hatte er in Syrien unter anderem Geflüchtete als Druckmittel gegen Europa instrumentalisiert, sollte dieses “Werkzeug” offenbar auch in Afrika eingesetzt werden – nicht zuletzt durch die Regimeumstürze und damit die Kontrolle für Transitrouten von Flüchtenden durch Niger, Mali und Burkina-Faso sowie Libyen.
Ohne die Versorgung des eigenen Militärs via Syrien und Libyen mit Flugzeugen verschlechtert sich die russische Position deutlich. Das könnte sich auf die Pläne, an Einfluss in Afrika zu gewinnen, auswirken. Noch aber sei die Sache nicht ausgemacht, die Verhandlungen zwischen Moskau und den syrischen Rebellen über den Verbleib des Militärs liefen derzeit, sagt Nikita Smagin im Gespräch mit Table.Briefings. Smagin war bis 2022 politischer Wissenschaftler in Moskau, verließ nach der russischen Vollinvasion in die Ukraine das Land und arbeitet heute als Analyst für den Nahen Osten von Aserbaidschan aus.
In Libyen steht Putin seit jeher im Widerstreit mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan. Zwar gibt es dort aktuell keine direkte Auseinandersetzung zwischen den russisch- und türkisch-unterstützten Lagern. Ob das nach Erdoğans Vorgehen in Syrien so bleibt, ist derzeit offen.
Nach dem Verlust von Syrien wächst für Moskau also die Bedeutung Libyens. Das russische “Afrika-Korps” erhält seine Technik auf dem Wasserweg, die Schiffe landen im libyschen Tobruk an. Das Personal kam bisher mit Flugzeugen. Smagin warnt: “Russland wird auf jeden Fall einen Weg finden, seinen Einfluss in Afrika weiter auszubauen, das wird jetzt nur länger dauern und mehr kosten.”
Für die EU könnte sich also mehr Aufmerksamkeit für die russische Präsenz in Libyen lohnen. Doch die italienische Militärhistorikerin Federica Saini Fasanotti ist skeptisch, dass die EU diesen Willen hat. Sie beklagt, dass Russland über Libyen die Öl-Sanktionen umgehen kann und weitgehend ungestört seine Macht im Mittelmeer dank der Militärstützpunkte in Libyen ausbaut.
Herr Perthes, wie erklären Sie sich, dass der Machtwechsel in Syrien nach Jahren des Krieges und Hunderttausenden Toten am Ende weitgehend friedlich verlaufen ist?
Dafür gibt es unterschiedliche Gründe, auch wenn wir nicht vergessen dürfen, dass weiterhin furchtbar viel schiefgehen kann. Aber der Umstand, dass die Armee nicht gekämpft hat, ist dafür sicherlich ebenso entscheidend wie die Tatsache, dass die Rebellen von Hayat Tahrir al-Shams sich ihren Weg nach Damaskus eher durch Verhandlungen freigekämpft haben als durch Bombardements.
Wie eng waren die Kontakte zwischen HTS und den Kräften des Regimes vor der Einnahme von Damaskus am Wochenende?
Was wir aus den sozialen Medien und anderen Kanälen wissen ist, dass es Gespräche gegeben hat zwischen HTS-Anführer Abu Mohammed al-Golani und Armeekommandeuren, aber auch mit Vertretern der Assad-Administration, dem amtierenden Ministerpräsidenten Mohammed Ghazi al-Jalali etwa. Das dürfte maßgeblich dazu beigetragen haben, dass die Armee an vielen Stellen nicht gekämpft hat. Al-Golani wiederum hat beim Vormarsch nach Damaskus bewusst darauf verzichtet, Gemeinden mit konfessionellen Minderheiten einzunehmen – und stattdessen die Botschaft gesendet, dass diese vor den Islamisten nichts zu fürchten haben.
Wie glaubwürdig ist al-Golanis Wandel vom einstigen Al-Qaida-Kämpfer zum gemäßigten Islamisten, der für alle Syrer und Syrerinnen sprechen will?
Ich halte ihn angesichts der HTS-Verwaltungspraxis in Idlib im letzten Jahrzehnt für überzeugend – aber auch deshalb, weil al-Golani sich 2016 ja nicht nur vom syrischen Al Qaida-Ableger Nusra-Front losgesagt, sondern sie selbst noch aktiv militärisch bekämpft hat. Dass es ihm im Nordwesten Syriens seitdem gelungen ist, eine einigermaßen funktionierende Verwaltung zu unterhalten, ist ein positives Indiz dafür, dass es ihm bei der Machtübernahme in Damaskus um mehr geht als die Durchsetzung einer bestimmten Spielart des Islamismus. Man kann ihn als konservativ-autoritär bezeichnen, aber auch bedacht darum, Christen und andere Minderheiten einzubinden.
Ist es nicht erstaunlich, dass er Assads Premierminister al-Jalali im Amt belassen hat?
Das Vorgehen zeigt, dass al-Golani anders als die USA im Irak 2003 auf eine Übernahme der bestehenden Verwaltung setzt – und nicht darauf, jeden, der für das alte Regime gearbeitet hat, zu entlassen, seien es Lehrer, einfache Beamte oder Krankenhausangestellte. Auch der Zentralbankgouverneur wurde im Amt belassen, was ein weiteres Zeichen dafür ist, dass die neuen Machthaber nicht Tabula Rasa machen wollen, sondern auf eine sanfte Transition setzen.
Heißt das, dass die Machtübernahme im strengen Sinne gar nicht vollständig erfolgt ist?
Doch. So wie Mao sagte, dass die Macht aus den Gewehrläufen kommt, liegt sie auch in Syrien jetzt bei den bewaffneten Gruppen. Den Premierminister einzubinden und damit den zivilen Fußtruppen des alten Regimes zu signalisieren, dass anders als unter den Amerikanern im Irak nicht jeder entlassen wird, der mit dem Regime zusammengearbeitet hat, ist sicherlich eine positive Botschaft. Dieses Vorgehen, den Staat aufrechtzuerhalten und auf bestehende Strukturen zu setzen, um eine sanfte, nichtzerstörerische Transition gewaltlos möglich zu machen, nimmt dem Konflikt viel von seiner Schärfe.
Wie vereint sind die Gruppen, die sich nun anschicken, ein neues Syrien aufzubauen?
Es handelt sich um eine sehr plurale Rebellenfront, gebildet von konservativen Sunniten aus dem Horan im Süden des Landes, von Drusen aus Suweida sowie von der Türkei unterstützten Kräften der früheren Freien und heutigen Syrischen Nationalen Armee (SNA). Dass sie so plural ist, ist ein Stück weit ein Spiegelbild der syrischen Realität, die ja auch ein politisch-konfessionelles Mosaik darstellt. Das heißt aber auch, dass es nicht den einen Autokraten gibt, der nun von einem gestürzten Autokraten übernimmt. Wahrscheinlich wird in den kommenden Wochen eine Art Oberster Rat unter Einbindung aller relevanten Gruppen gebildet.
Als Grundlage für die Bildung einer Regierung nationaler Einheit wird immer wieder UN-Resolution 2254 von 2015 angeführt. Welche Rolle könnten die Vereinten Nationen beim Transformationsprozess spielen?
Die UN sind mit ihrem Syrien-Sondergesandten Geir Pedersen in einer guten Position, um Vertreter unterschiedlicher Positionen an einen Tisch zu bringen. Er wird auch von allen regionalen Akteuren akzeptiert, was eine weitere gute Voraussetzung ist, um einen politisch-gesellschaftlichen Dialog auf den Weg zu bringen und eines Tages Wahlen zu ermöglichen.
Die Türkei gilt gemeinhin als größter regionaler Profiteur des Umsturzes in Syrien, inwieweit können die arabischen Golfstaaten in das Vakuum hineinstoßen, das sich durch den Abzug Russlands und Irans ergibt?
Nicht jedes Vakuum wird gefüllt in der Politik, sodass es auch zu Implosionen kommen kann. Unter den Golfstaaten ist Katar sicherlich das Land, das die besten Beziehungen hat zu den Rebellen mit islamistischem Anstrich. Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate haben zuletzt ja eher versucht, ihren Frieden mit Assad zu machen. Man kann nur hoffen, dass Katar seinen Einfluss positiv nutzen wird, ähnlich wie bei den indirekten Gesprächen zwischen der Hamas und Israel über einen Waffenstillstand in Gaza.
Volker Perthes war von 2015 bis 2018 Senior Advisor des damaligen UN-Sondergesandten für Syrien, Staffan de Mistura, und Leiter der Ceasefire Task Force (CTF) der International Syria Support Group. Von 2000 bis 2020 leitete er als Direktor die Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) in Berlin, von 2021 bis zu Beginn des Bürgerkriegs im Sudan war er Untergeneralsekretär der Vereinten Nationen, Sonderbeauftragter des Generalsekretärs für Sudan und Leiter von Unitams (United Nations Integrated Transition Assistance Mission in Sudan).
Es war eine außenpolitische Kehrtwende, als im Oktober bekannt wurde, dass die Bundesrepublik wieder Waffen an die Türkei liefern wird. Seit dem Putschversuch 2016 hatte Deutschland keine Rüstungsexporte mehr in großem Umfang erlaubt. Und spätestens seit dem türkischen Einmarsch in Nordsyrien 2018 genehmigte Deutschland nur noch sehr wenige Rüstungsgüter, darunter keine Kriegswaffen, sondern hauptsächlich Lieferungen im Nato-Kontext. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan hatte deswegen bereits länger auf eine Wiederaufnahme des Rüstungsgeschäfts in großem Stil gepocht.
Die deutschen Lieferungen an die Türkei beinhalten neben Raketen vor allem U-Boot-Teile. Damit will man die türkische Marine stärken, die im Schwarzen Meer ein Gegengewicht zur russischen Flotte bilden soll. Im Konflikt mit Griechenland stehen die diplomatischen Zeichen derzeit auf Versöhnung. Dadurch sieht Athen in den deutschen Lieferungen keinen Affront, womit für die Bundesregierung eine entscheidende Hürde wegfällt, sicherheitspolitisch auf die Türkei zuzugehen.
Dass die Türkei die von ihr gewünschten 40 Eurofighter-Kampfjets erhält, scheint ausgemacht. Mitte November kündigte der türkische Verteidigungsminister Yaşar Güler an, dass die Türkei die Flieger kaufen werde und Deutschland sein Veto aufgegeben habe. Bundeskanzler Olaf Scholz hatte es bei seinem Besuch im Oktober in Istanbul als “selbstverständlich” bezeichnet, dass der Nato-Partner Türkei deutsche Waffen erhält, und sich für die Lieferung der Eurofighter offen gezeigt.
Die Waffenlieferungen an den Bosporus könnten sich in den nächsten Jahren fortsetzen. Denn die Türkei benötigt Motoren für die eigene Panzerproduktion, die Altai Tanks. In Deutschland ist die scheidende, so wie eine noch zu wählende Regierung auf Zusammenarbeit angewiesen. Zunächst bei der Kontrolle von Geflüchteten, doch auch als Vermittler. Die Türkei ist zu einem geostrategisch so relevanten Player avanciert, dass man aus deutscher Sicht viel stärker auf ein gutes Verhältnis angewiesen ist als noch vor wenigen Jahren.
Yaşar Aydın, Türkei-Experte bei der Stiftung Wissenschaft und Politik, sagt: “Die Entwicklungen in der Ukraine und im Nahen Osten haben die geopolitische Bedeutung der Türkei stark aufgewertet.” Zwar gebe es mehrere große Vorbehalte in der deutschen Politik – wie die Unterstützung Aserbaidschans im Bergkarabach-Konflikt und die Nähe zur Hamas -, doch sei man allein nachrichtendienstlich auf eine Kooperation mit Ankara angewiesen, sagt Aydın. Vor allem im Ukraine-Krieg tritt die Türkei als wichtiger Vermittler zu Russland auf.
Bleibt die Kurden-Frage. Der Einmarsch der Türkei in Nordsyrien 2018 wurde in Deutschland scharf verurteilt. Doch durch die veränderte Weltlage hat die Türkei so stark an Bedeutung gewonnen, dass das anhaltende militärische Vorgehen in Nordsyrien ein Stück weit in den Hintergrund gerückt ist. Außerdem scheint man eingesehen zu haben, dass eine Verweigerung von Waffen, wenn überhaupt, nur bedingt Einfluss auf die Lage der Menschenrechte oder demokratische Strukturen in der Türkei hat.
“Anstatt die Türkei im Fall Syriens vor den Kopf zu stoßen, ist es wichtiger, dass sie die Ukraine weiterhin unterstützt”, sagt Sozialwissenschaftler Aydın. Zudem hat das Verweigern deutscher Waffen die Türkei nie an Angriffen gehindert. Waffen hat sie sich woanders besorgt – und nebenher die eigene Rüstungsindustrie ausgebaut.
So versöhnlich sich die türkische Regierung derzeit gibt und so wichtig die Türkei ist – auch in Berlin weiß man, dass Erdoğan ein Machtpolitiker ist und jeglichen Umstand zu seinem eigenen Vorteil nutzt. Genauso könnte es mit den Waffenlieferungen geschehen. Die Nachricht über die Wiederaufnahme des Waffenhandels sowie die Besuche von Scholz im Oktober und von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier im April wurden in der Türkei sehr wohlwollend aufgenommen. Früher oder später dürfte Erdoğan sie dazu nutzen, sich als denjenigen zu inszenieren, dem selbst Deutschland keinen Gefallen abschlagen kann.
Der SPD-Bundestagsabgeordnete Joe Weingarten fordert ein neues Sondervermögen für die Bundeswehr in Höhe von 200 Milliarden Euro. “Die Koalitionsvereinbarung für eine neue Bundesregierung müsste dafür die Grundlage bilden”, so der Berichterstatter seiner Fraktion im Haushaltsausschuss des Bundestags im Interview mit Table.Briefings.
Zudem müssten sich die Verteidigungsausgaben des Bundes dauerhaft auf mehr als drei Prozent belaufen. Mit Blick auf mehr als dreißig 25-Millionen-Euro-Beschaffungsvorhaben, die das Bundesverteidigungsministerium noch vor Ablauf der Legislaturperiode vom Bundestag genehmigt bekommen will, äußerte sich Weingarten optimistisch, dass die Union diesen zustimmen werde. Am Montag hatte sich der CDU-Verteidigungspolitiker Johann Wadephul offen dafür gezeigt – und ebenfalls für ein neues Sondervermögen geworben. “Aus meiner Sicht ist es die absolute Priorität, die Mittel für die Bundeswehr, aber auch für die Ukraine bereitzustellen”, sagte er Politico.
Bislang vertritt die Union die Linie, vor der am 16. Dezember geplanten Vertrauensfrage von Bundeskanzler Olaf Scholz keine Zustimmung zu Regierungsvorhaben zu erteilen. Die 37 vom Verteidigungsministerium vorgelegten Rüstungsprojekte könnten so in der letzten Sitzung des Verteidigungsausschusses am 18. Dezember beraten werden. Diese belaufen sich auf fast 17 Milliarden Euro, wovon 4,7 Milliarden auf die Bestellung vier neuer U-Boote vom Typ U212CD entfallen würden. Auch für Projekte im Bereich der Digitalisierung Landbasierter Operationen (D-LBO) würden Kosten in Höhe von mehr als drei Milliarden Euro anfallen. mrb
Schon vor dem Amtsantritt Donald Trumps in den USA im Januar und den Bundestagswahlen in Deutschland im Februar baut die ukrainische Staatsführung direkten Kontakt zum nächsten US-Präsidenten und dem möglichen neuen Bundeskanzler auf. Nachdem Andrij Jermak, der mächtige Stabschef von Wolodymyr Selenskyj, vergangene Woche in den USA unter anderem den designierten Vizepräsidenten JD Vance sowie Michael Waltz, den möglichen Sicherheitsberater an der Seite von Trump, traf, sprachen Trump und Selenskyj mit dem französischen Staatspräsidenten Emmanuel Macron in Paris über das weitere Vorgehen. Und am Montag empfing Selenskyj Merz in Kyjiw.
Die Ukraine befindet sich derzeit in der Zwickmühle: Sie muss einerseits Verhandlungsbereitschaft signalisieren – das fordert Trump. Denn nur wenn Kyjiw sich gesprächsbereit zeigt, dürfe Trump die militärische Unterstützung aufrechterhalten. Zugleich wird Moskau aber jegliche diplomatischen Signale aus Kyjiw als Schwäche auslegen. Darauf deutet das jüngste Interview des russischen Außenministers Sergej Lawrows mit dem Trump-nahen Journalisten Tucker Carlson hin. Lawrow wiederholt die üblichen Maximalforderungen.
Inzwischen ist klar: Kyjiw würde nach mehr als 1000 Kriegstagen einen Waffenstillstand nicht kategorisch ablehnen. Die Frage ist nur, zu welchem Preis. Russland sieht sich aktuell auf der Gewinnerseite im langen Abnutzungskrieg und dürfte eher wenig Interesse an dem groben Plan Trumps haben. Er sieht vor, dass der Krieg entlang der Frontlinie eingefroren wird, die Ukraine auf die Nato-Mitgliedschaft verzichtet, dafür aber weitere US-Waffen erhält. Besonders mit dem dritten Punkt wird sich Putin nicht abfinden, nicht umsonst will er eine radikale Verkleinerung der ukrainischen Armee.
Vor diesem Hintergrund ist der Austausch zwischen Trump, Macron und Selenskyj eher der Versuch einer Annäherung von Positionen. Nach Trumps Machantritt wird nur einen Monat später in Deutschland gewählt, was wieder Einfluss auf die Position Kyjiws hat. CDU-Kanzlerkandidat Friedrich Merz versprach jedenfalls nachhaltige Hilfe, als er am Montag in Kyjiw eintraf – “ohne Einschränkung”, betonte er. Das stieß auf positive Resonanz. Überhaupt blicken die Ukrainer inzwischen entspannt auf das Ende der Ampel-Regierung in Deutschland. Eine nicht unwahrscheinliche Regierung aus Union und Grünen gilt gar als Traumkonstellation. Doch auch mit einer Neuauflage der großen Koalition mit Merz an der Führung wird Kyjiw gut umgehen können. dt
SPD und Grüne haben sich wohl auf einen Entwurf für das NIS-2-Umsetzungsgesetz geeinigt, das die Cybersicherheitsrichtlinie der EU in nationales Recht übertragen soll. Das bedeutet, dass das Gesetz trotz Ampel-Aus noch vor Ende der Legislatur vom Parlament verabschiedet werden könnte – vorausgesetzt die Union stimmt der Einigung zu.
Der Gesetzentwurf, über den zunächst Tagesspiegel Background berichtete und der Table.Briefings vorliegt, enthält Fortschritte in vielen Bereichen, in denen zuvor keine Einigung möglich war, darunter bei der Ausgestaltung der Unabhängigkeit des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) und beim Schwachstellenmanagement.
Wie in bisherigen Regierungsentwürfen aber wird die Bundesverwaltung von den neuen Anforderungen weitestgehend ausgenommen. Zwar müssen Ministerien und das Bundeskanzleramt den IT-Grundschutz erfüllen, für die restliche Bundesverwaltung gelten allerdings auch im jetzigen Entwurf nur “Mindeststandards”. Als Grund dafür werden auch Kostenfragen genannt.
Hier sieht der Unions-Berichterstatter für das Gesetz, Marc Henrichmann, die größte Schwachstelle: “Bis jetzt unterfallen die Behörden dem IT-Grundschutz. Das, was jetzt drin steht, ist eine Verschlechterung im Vergleich zum Ist-Zustand”, sagte Henrichmann im Gespräch mit Table.Briefings. Grundsätzlich sei der Entwurf aber eine “Verbesserung”.
Klar ist aber auch: Keine Entscheidung wird vor der Vertrauensfrage getroffen, die der Bundeskanzler am 16. Dezember stellen wird. Und aller Voraussicht nach wird die Entscheidung, ob das Gesetz in dieser Legislatur das Licht der Welt erblickt, dann auch nicht auf Berichterstatterebene entschieden, sondern auf Ebene der Fraktionsvorsitzenden. wp/max
Bloomberg: Assad’s Flight Demands More Engagement in Syria, Not Less. Dass Syrien nach der Flucht Assads eine liberale Demokratie werde, sei unwahrscheinlich, kommentiert der Journalist Marc Champion. Dennoch sei nun der Westen gefragt. “Es war nie wichtiger, sich diplomatisch und wirtschaftlich zu engagieren, um Syrien nach dem Ende Assads eine Chance zu geben.”
taz: Schillernde Annäherung – Deutschlands Rolle im Tschad und in Sudan. Im Tschad leben mehr als eine Million Geflüchtete aus dem Sudan. Gleichzeitig heizt das Regime den Krieg dort mit an. Nachdem Europa in der Sahelzone in den vergangenen Jahren an Einfluss verloren hat, vertieft Deutschland nun die Partnerschaft. Dieser Artikel geht der Frage nach, ob der Tschad, wie einst Niger, dabei helfen könnte, Migration zu lenken.
Foreign Policy: The Battle for Ukraine Is a War of Demography. Die dramatischen demografischen Veränderungen in Russland beeinflussen die Grundlagen von Putins Macht. Schrumpfende Bevölkerungen sind selten ein Zeichen von Sieg und Erfolg, so die These dieses Textes.
Foreign Affairs: Can Trump Split China and Russia? Trumps zweite Amtszeit bringt Ungewissheit in die transpazifischen Beziehungen. Dennoch sei es unwahrscheinlich, dass Putin und Xi befürchten, Washington könne einen echten Bruch zwischen ihren Ländern herbeiführen, kommentiert Alexander Gabuev, Chef des Carnegie Russia Eurasia Centers.
Die skandinavischen Staaten gelten als Vorbilder gesamtstaatlicher Resilienz. So hat Schweden jüngst eine neue Zivilschutzbroschüre veröffentlicht. Finnlands bauliche Schutzvorkehrungen sind beeindruckend. Auch Norwegen setzt das Konzept der Gesamtverteidigung (Total Defence) gemeinsam mit und für die Bevölkerung um. Regierungen und zu Schützende arbeiten im Norden Hand in Hand. Denn im Unterschied zu den Deutschen haben die Menschen in diesen Ländern erkannt und verinnerlicht, dass militärische und zivile Verteidigungsfähigkeit ineinander greifen müssen und jeder Einzelne seinen Beitrag dazu zu leisten hat.
Ein solches Mindset muss angesichts der existenziellen Bedrohung durch einen direkten Konflikt mit Russland auch in der Bundesrepublik schleunigst wachsen. Bereits zum zweiten Mal haben die deutschen Nachrichtendienste hiervor sowie vor möglichen aus dem Kreml gesteuerten Sabotageakten und Beeinflussungsversuchen gewarnt. Doch welche Elemente des Sicherheitsmodells der Skandinavier wären auf Deutschland übertragbar?
Zur Koordinierung der insbesondere aus der russischen Aggression erwachsenden komplexen Aufgaben gibt es bislang nur in Stockholm einen Nationalen Sicherheitsrat (NSR). Die dortige Regierung beendete eine jahrelange Diskussion und setzte 2022 schnell und unbürokratisch einen NSR und den Nationalen Sicherheitsberater Hendrik Landerholm ein. Der Nationale Sicherheitsrat ist dem Büro des Premierministers angegliedert. Im Vergleich zu Finnland und Norwegen hat Schwedens Regierung damit auf den ersten Blick den institutionell weitreichendsten Schritt getan.
Doch auch die Nachbarn haben institutionelle Konstrukte staatlicher Sicherheitsvorsorge, die funktionieren und bei näherer Betrachtung NSR-Funktionen erfüllen. Finnland verfügt über ein regelmäßig tagendes Sicherheitskabinett und einen Sicherheitsausschuss auf Ebene der höchsten zivilen Beamten. Im Januar 2023 entschied sich Präsident Sauli Niinistö jedoch gegen die Ernennung eines Sicherheitsberaters und die Schaffung einer neuen Sicherheitsabteilung, die beide Premierministerin Sanna Marin unterstehen sollten. Norwegen hat schon seit 2003 eine Nationale Sicherheitsbehörde, in der die Ressorts zusammenarbeiten. Im Verteidigungsfall kommen diese zu dem zusammen, was andernorts Kriegskabinett oder Nationaler Sicherheitsrat hieße.
Warum tun Finnen und Norweger nicht den Schritt hin zur Schaffung eines Nationalen Sicherheitsrates? Weil sie es systemisch und aus ganz praktischen Gründen nicht können. Beide Länder sind zentralstaatlich organisiert und haben für den Ernstfall Abläufe vorgesehen, die ein sofortiges Umschalten auf Krisenmodus ermöglichen. Überdies sind sie mit nicht einmal einem Zehntel der deutschen Bevölkerung und viel weniger Bürokratie besser in der Lage, schnell und flexibel zu reagieren. In Schweden, welches das Bevölkerungszehntel überschreitet, sieht das Bild schon anders aus.
Und genau das erklärt, warum die Bundesrepublik nicht umhinkommen wird, einen NSR zu schaffen, will sie auf der Höhe der Zeit, proaktiv handlungsfähiger und für Bedrohungen umfassend gewappnet sein. Ablauforganisation nach finnischem oder norwegischem Muster nähme im föderal organisierten Deutschland zu viel Zeit in Anspruch, was in der Krise Menschenleben kosten würde. Nicht umsonst hat sich das staatsorganisatorisch ‘baugleiche’ Österreich 2001 – nur zwei Monate nach den Terroranschlägen vom 11. September – für die Einrichtung eines Nationalen Sicherheitsrates entschieden.
Was bedeutet das für Deutschland? Das Konzept Gesamtverteidigung muss auch hierzulande gelten. Denn je mehr Menschen in einem Land leben, desto tiefer muss der Gedanke, sich gegenseitig in Krisen zu unterstützen, in der Gesellschaft verankert sein. Beim institutionellen Modell kommt allerdings nur die schwedische Variante infrage. Besonders, was die pragmatische Herangehensweise an neue Bedrohungen und die Geschwindigkeit der Veränderungen betrifft.
Christina Moritz, Berliner Politologin und Fellow am Center for Intelligence and Security Studies (CISS), forscht und promoviert zu ihrem Modell für einen deutschen Nationalen Sicherheitsrat, das sie 2016 erstmals vorgestellt hat. Die Expertin setzt sich in Fachpublikationen und Vorträgen für die Schaffung der Institution ein.