Table.Briefing: Security

Putins globales Söldnerheer + Kroatien strebt Nato-Zweiprozentziel an

Liebe Leserin, lieber Leser,

knapp zwei Monate nach dem Einmarsch israelischer Truppen entscheidet heute Nachmittag das Sicherheitskabinett in Jerusalem über einen Waffenstillstand mit dem Libanon. Sechzig Tage solle dieser dauern, berichteten Nachrichtenagenturen in der Nacht auf Dienstag – und würde neben dem Abzug israelischer Truppen den Rückzug der schiitischen Hisbollah aus dem Grenzgebiet garantieren. Es wäre die erste Atempause in dem Konflikt, der mit dem Beschuss israelischer Siedlungen durch die iranische Schiitenmiliz am 8. Oktober vergangenen Jahres begann – und mehr als 3.500 Libanesen und 100 Israelis das Leben gekostet hat. 

23 Nato-Mitgliedstaaten haben das Zweiprozentziel der Nato bislang erreicht. Kroatien gehört nicht dazu. Das soll sich 2025 ändern, schreibt Alexander Rhotert. Das Land liefert sich einen Rüstungswettlauf mit Serbien – 25 Jahre nach Ende des Kosovo-Kriegs. Zur Gefahr neuer gewaltsamer Konflikte auf dem Balkan hat Markus Bickel auch Christian Schmidt befragt, den Hohen Repräsentanten der internationalen Gemeinschaft in Bosnien-Herzegowina. Welche Rolle falsche Versprechen der EU dabei spielen, erklärt der CSU-Politiker im Interview.

Einen guten Start in die Woche.

Ihre
Wilhelmine Preußen
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Analyse

Wie Zagreb 2025 das Zweiprozentziel der Nato erreichen will

Kroaten erinnern an den Fall Vukovars 1991; Gedenkmarsch in der ostkroatischen Stadt am 18. November 2024.

Obwohl Kroatien bereits seit 2009 Mitglied der Nato ist, ist die Umstellung von östlicher auf westliche Militärtechnik noch nicht vollständig abgeschlossen. Die russische Vollinvasion in der Ukraine 2022 hat diesen Prozess, wie in anderen Nato-Neustaaten, aber rapide beschleunigt.  

Noch bis Ende des Jahres wird das kroatische Parlament Sabor in Zagreb beschließen, die Wehrpflicht wiedereinzuführen. Damit reagiert das Land auf Entwicklungen in Serbien, wo ab September nächsten Jahres wieder Wehrpflichtige eingezogen werden – zum ersten Mal seit der Aussetzung des Wehrdienstes dort 2011. Allerdings steht auch in Belgrad die Zustimmung durch das serbische Parlament – die Skupština – noch aus.

Konzentration auf Landes- und Bündnisverteidigung

Zagrebs Entscheidung ist aber nicht nur von der Konkurrenz zu Serbien getrieben, sondern hängt auch mit der Nato-weiten Konzentration auf Landes- und Bündnisverteidigung (LVBV) zusammen. Noch bis vor kurzem waren die kroatischen Streitkräfte, ebenso wie etwa die Bundeswehr, schwerpunktmäßig auf internationale Einsätze ausgelegt. Auch deshalb gilt die Entscheidung der Sabor-Abgeordneten als reine Formsache. Die Dauer des Wehrdienstes wird bei nur zwei Monaten liegen, soll also auf eine Art Grundausbildung reduziert werden.

Laut kroatischem Verteidigungsminister Ivan Anusić strebt Zagreb nächstes Jahr außerdem an, das Nato-Ziel von Verteidigungsausgaben in Höhe von zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) zu erreichen. Die kroatischen Streitkräfte umfassen rund 15.000 Männer und Frauen, der Verteidigungsetat liegt dieses Jahr bei rund 1,3 Milliarden Euro, das sind 1,8 Prozent des BIP. Weniger transparent sind die Zahlen des serbischen Etats; die Angaben reichen von 1,4 bis zu 2,1 Milliarden US-Dollar, was zwischen 1,8 und 2,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts ausmacht.

Rüstungswettlauf zwischen Serbien und Kroatien

Auf diesem im internationalen Vergleich niedrigen Niveau beläuft sich der Rüstungswettlauf, den sich die beiden einstigen jugoslawischen Teilrepubliken Kroatien und Serbien liefern – 25 Jahre nach Ende des Kosovo-Kriegs. Die bis heute nicht von allen EU-Staaten anerkannte frühere autonome Provinz innerhalb Serbiens sorgt immer wieder für Spannungen – zuletzt im September 2023, als von Belgrad ausgerüstete Paramilitärs kosovo-albanische Sicherheitskräfte angriffen, gefolgt von einem Truppenaufmarsch serbischer Streitkräfte an der Grenze des Kosovos. Erst durch diplomatisch-politische Interventionen von USA und Nato ließ sich eine Eskalation des Konflikts abwenden. 

Das 1999 von der Nato bombardierte Verteidigungsministerium in Belgrad liegt heute noch in Trümmern, geziert von einem Werbeplakat des serbischen Munitionsherstellers Krušik. Auch Kroatien hat eine eigenständige Rüstungsindustrie noch aus jugoslawischen Zeiten, bezieht größere Waffensysteme aber aus den USA, Frankreich und Deutschland, während Serbien in China, Iran und vor allem Russland ordert.

Anusič kündigt Ausweitung von Kooperation mit Deutschland an

Im Oktober traf der kroatische Verteidigungsminister Anusić in Berlin mit Boris Pistorius zusammen, wo er nicht nur die Einhaltung des Nato-Zwei-Prozent-Ziels versprach, sondern auch industriepolitisch für stärkere Kooperation mit Deutschland und der EU warb. “Natürlich weiten wir die bestehende Zusammenarbeit auf die Verteidigungsindustrie aus, sodass wir die Streitkräfte Kroatiens von den östlichen Technologien sozusagen in die westlichen Technologien überführen können”, Anusić.

Dazu trägt auch der Ringtausch bei, den Pistorius und Anusić in Berlin vereinbarten: Um die kroatische Panzertruppe zu modernisieren, einigten sie sich in einer Absichtserklärung auf die Lieferung von mindestens 50 Leopard 2 A8-Kampfpanzern aus Deutschland nach Kroatien. Dafür erhält die Ukraine bis Jahresende von Zagreb 30 jugoslawische Kampfpanzer des Typs M-84 und 30 Schützenpanzer M-80 – samt Munition und Ersatzteilen.

Aus kroatischen Beständen an die Ukraine abgegebene Waffensysteme erwiesen sich seit 2022 wiederholt als wertvoll für die ukrainische Armee in ihrem Kampf gegen russische Truppen. Dazu zählen die deutsche Panzerhaubitze 2000, die Zagreb an Kiew weitergab, aber auch US-amerikanische Himars-Raketenartillerie-Systeme, von denen Kroatien zuletzt weitere im Wert von 390 Millionen US-Dollar bestellte.

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“Die Potenziale für eine große militärische Auseinandersetzung fehlen”

Christian Schmidt ist seit 2021 Hoher Repräsentant der internationalen Gemeinschaft in Bosnien-Herzegowina.

Im Sommer hat die EU den Beginn von Beitrittsverhandlungen mit Moldau und der Ukraine angekündigt, ein Schritt, auf den Bosnien-Herzegowina und andere Staaten des Westbalkans Jahrzehnte warten mussten. Hat die EU da Fehler gemacht?

Die EU hat das gemacht, was man nicht machen darf: Sie hat im Jahr 2003 auf dem Gipfel von Thessaloniki das Beitrittsversprechen für die Westbalkanländer abgegeben und dann mit zwei Ausnahmen, Kroatien und Slowenien, keinerlei wirklich tiefgreifendes politisches Commitment mehr gezeigt. Man muss im Nachhinein klar sagen: Das war eine verpasste Chance, und umso mehr laufen wir jetzt diesen Versäumnissen hinterher.

Hat Bosnien denn überhaupt Chancen, in absehbarer Zeit EU-Mitglied zu werden?

Ich hoffe, dass wir 2030 unter den Staaten des westlichen Balkans vielleicht ein Land aufnehmen können in die EU, und zwar Montenegro, das sich am stärksten anstrengt. Aber ich halte gar nichts davon, wenn wir Erwartungen wecken, die wir dann anschließend selbst wieder einkassieren. Da ist es besser, wir denken über eine graduelle Mitgliedschaft nach, etwa über die Zentraleuropäische Wirtschaftsfreihandelszone SEFTA. Das ist keine Mitgliedschaft zweiter Klasse, wie manche behaupten, sondern die Durchgangstür zur ersten Klasse.

Die Attraktivität der EU in Bosnien ist nicht besonders groß, zugleich rutschen andere Akteure in das Vakuum hinein, Saudi-Arabien zum Beispiel. Gehen die Investitionen aus Riad nicht vor allem in religiöse Strukturen, die teils islamistischen Netzwerken nahestehen?

Das Engagement Saudi-Arabiens ist in der Tat da, auch und besonders im religiösen Bereich. Ich setze dieses Engagement aber nicht in Beziehung zur Förderung von gewaltbereiten extremistischen Strukturen wie etwa Al Qaida. Da lohnt es sich sicherlich eher darauf zu blicken, welche Rolle der Iran in dem Bereich spielt. Die Investitionen von Saudi-Arabien, aber auch von Katar und den Vereinigten Arabischen Emiraten bieten für mich im Moment keine Auffälligkeiten.

Ein weiterer wichtiger Destabilisierungsfaktor ist Russland. Der Präsident der bosnisch-serbischen Republika Srpska, Milorad Dodik, hat Wladimir Putin erst im Oktober beim Treffen der BRICS-Staaten in Kasan getroffen.

Ja, der russische Einfluss wächst. Putin setzt sich aber nicht für die Entwicklung Bosnien-Herzegowinas ein, sondern verfolgt eher ein destruktives Interesse. Man möchte die Möglichkeit haben, Probleme auch in dieses Land zu tragen, wenn es aus Moskauer Sicht politisch vielversprechend ist, um Ärger zu machen.

Inwieweit halten Sie die Drohungen Dodiks mit Sezession vom bosnischen Gesamtstaat für realistisch?

Ich halte sie im Ergebnis für hochgefährlich, auch wenn ich nicht weiß, ob es eine wirkliche Strategie bei ihm gibt. Meinem Verständnis nach ist es eher so, dass Gelegenheit Sezessionisten macht. Das bosnische Sprichwort, schwere Worte fallen leicht aus dem Mund, trifft auch für politische Positionen manchmal zu. Ich darf aber sagen, dass ich sehr hoffnungsfroh bin, dass die neue EU-Kommission, insbesondere was den Auswärtigen Dienst mit der bisherigen estnischen Ministerpräsidentin Kaja Kallas betrifft, schon sehr genau hinsehen wird, was an russischer Einflussnahme für solche Sezessionsbestrebungen verhindert werden muss.

In Bosniens Nachbarstaaten Kroatien und Serbien wird die Wehrpflicht wieder eingeführt, sowohl Zagreb wie Belgrad rüsten auf. Wie groß ist die Gefahr neuer gewaltsamer Konflikte auf dem Balkan?

Was die Rüstungsausgaben betrifft, befinden wir uns weiter in einer Grauzone, weil die Beteiligungen und vertraglichen Zusammenarbeiten der Republika Srpska mit der serbischen Rüstungswirtschaft nicht wirklich durchschaubar sind. Man darf ja nicht unterschätzen, dass das Strukturen sind, die noch aus dem gemeinsamen Staat Jugoslawien stammen. Deshalb weiß ich nicht genau, wie viele Waffen geliefert, gekauft, verkauft und produziert werden in Bosnien-Herzegowina und den anderen Ländern. Ich glaube aber sagen zu können, dass unterm Strich keine Gefahr besteht, dass es zu einer großen militärischen Auseinandersetzung kommt. Dafür sind schlicht und einfach die Potenziale nicht da.

2025 jährt sich das Massaker von Srebrenica zum dreißigsten Mal, auch der Dayton-Friedensvertrag und die Schaffung Ihrer Behörde fallen in das Jahr 1995. Braucht es das Amt des Hohen Repräsentanten eine Generation nach Kriegsende wirklich noch?

Wenn es zum 40-jährigen Jubiläum des Dayton-Vertrags noch einen Hohen Repräsentanten gibt, ist was schiefgelaufen. Wir können nicht über zwei Generationen hin solch ein System aufrechterhalten. Ich sehe die Abwanderung als großes Problem, 50.000 meist junge Leute verlassen das Land Jahr für Jahr, das ist ein enormer Aderlass in einem Land mit geschätzt 2,8 Millionen Einwohnern. Bosnien-Herzegowina ist ein Land, in dem Versöhnung und Reflexion überwiegend nicht stattgefunden hat. Das war politisch beim Waffenstillstand 1995 nicht erreichbar. Ein bosnischer Desmond Tutu mit einer Wahrheitskommission wie in Südafrika hätte diesem Land sehr, sehr gutgetan. Heute ist das schwieriger.

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News

Nato: Wie fünf europäische Verteidigungsministerien sich auf Trump vorbereiten

Boris Pistorius empfängt am Montag drei europäische Amtskollegen und eine italienische Vertreterin in Berlin.

Die Verteidigungsminister der europäischen Länder mit den höchsten Verteidigungsausgaben – Deutschland, Großbritannien, Frankreich, Polen und eine Unterstaatssekretärin aus Italien – haben sich gestern in Berlin getroffen, um ihr Vorgehen für die zweite Amtszeit US-Präsident Donald Trumps und gegenüber einem aggressiver werdenden Russland miteinander abzustimmen.

Man wolle “die ukrainische Rüstungsindustrie weiter unterstützen und in ihrem Aufbau begleiten”, sagte Verteidigungsminister Boris Pistorius im Beisein seiner Amtskollegen sowie der italienischen Staatssekretärin Isaeballa Rauti, die Verteidigungsminister Guido Crosetto vertrat. Zugeschaltet war der ukrainische Verteidigungsminister Rustem Umerov. Im ersten Schritt solle das mit Einnahmen aus den “windfall profits”, also eingefrorenen russischen Vermögen, geschehen.

Lecornu will Vorschläge für Weißbuch zur EU-Verteidigung erarbeiten

Spätestens mit der Entsendung nordkoreanischer Soldaten in die Ukraine durch Russland habe der Krieg in der Ukraine “eine internationale Dimension bekommen”, sagte Pistorius. Der französische Verteidigungsminister Sébastien Lecornu berichtete nach dem Treffen, dass Umerov insbesondere auf größere Kapazitäten für die Ausbildung ukrainischer Soldaten gedrängt habe.

Die in Berlin versammelten Länder sehen sich als Kern des europäischen Nato-Pfeilers. Nach den Gesprächen könne man jetzt Vorschläge für das Weißbuch der Verteidigung der EU erarbeiten, sagte Lecornu. Die fünf Länder arbeiten auch an der Entwicklung weitreichender Präzisionswaffen im Rahmen der European Long Range Strike Approach (Elsa). Die Initiative stehe so wie das von Deutschland initiierte Luftverteidigungsprogramm European Sky Shield Initiative (Essi) weiteren Partnernationen offen, sagte Pistorius. Ein Folgetreffen, um europäische Verteidigungsfragen zu besprechen, solle Anfang 2025 in Polen stattfinden. bub 

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CDU-Politiker Röwekamp fordert dauerhafte Bundeswehr-Präsenz am Horn von Afrika und Indopazifik

Der CDU-Bundestagsabgeordnete Thomas Röwekamp fordert den schnellen Einstieg in die neuen Luftverteidigungsfregatten F127 und eine zügige Nachrüstung der Fregatten der Klasse F125 für eine bessere Luftverteidigung.

Der Schutz der Seehandelswege liege im ureigensten Interesse Deutschlands, so der Verteidigungspolitiker zu Table.Briefings. Die Marine müsse diese auch mit militärischen Mitteln schützen können, sagte er am Freitag auf einer Veranstaltung des Instituts für Strategie und Vorausschau (Metis) zur Maritimen Sicherheit in Hamburg. Aktuell sei die Marine aber nicht ausreichend gegen die Bedrohungen durch die Huthi-Rebellen im Roten Meer ausgestattet, so Röwekamp.

Zudem forderte er eine permanente Präsenz von Bundeswehrsoldaten im Indopazifik und am Horn von Afrika. “Es geht nicht darum, dort Militärbasen aufzubauen. Es geht darum, an der militärischen Präsenz in diesem Raum mitzuwirken. Damit meine ich eine dauerhafte Präsenz, insbesondere auf der Verbindungsebene zu anderen Nationen.” Deutschland unterhielt bis 2021 eine logistische Basis in Dschibuti im Rahmen der EU-Mission Atalanta. Andere Nationen wie die USA, China und Frankreich haben teils bedeutende Militärbasen am Horn von Afrika.

Fregatte Hamburg nur “eingeschränkt abwehrbereit”

Eigentlich hätte die Luftverteidigungsfregatte “Hamburg” in der zweiten Jahreshälfte zur EU-Operation Aspides ins Rote Meer fahren sollen, um dort Handelsschiffe vor Angriffen der Huthi-Rebellen zu schützen. Die noch laufende Auswertung des Einsatzes der Fregatte “Hessen” im Frühjahr zeigten aber, so Röwekamp, dass eine Gefährdungssituation bestehe, “die wir nur im Verbund absichern können”.

Dass Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) die nötige Finanzvorlage für die Nachrüstung der Fregatten des Typs F125 mit dem IRIS-T-SLM-System noch dieses Jahr in den Haushaltsausschuss bringt, hält man in Kreisen des Haushaltsausschusses für unwahrscheinlich. Der Einstieg in die Entwicklung der neuen Luftverteidigungsfregatten des Typs F127 hat dagegen bessere Chancen. klm

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Soldaten aus der Ferne: Woher Russland rekrutiert

In den Reihen der russischen Armee kämpfen in der Ukraine Soldaten aus mindestens einem Dutzend Staaten – zuletzt bekannt geworden sind Kämpfer aus dem Jemen und Nordkorea. Im Verlauf des Kriegs seit Februar 2022 sind außerdem Berichte über Soldaten aus folgenden Staaten bekannt geworden: Indien, Sri Lanka, Nepal, Kuba, Serbien, Usbekistan, Kirgistan, Tadschikistan, Kasachstan sowie aus den abtrünnigen georgischen Regionen Abchasien und Südossetien. Auch Bürger afrikanischer Staaten sind in den Reihen der russischen Armee an der Front dokumentiert.

Einige Staaten, wie Usbekistan, untersagen ihren Staatsbürgern eine Beteiligung an Kriegen fremder Mächte und verfolgen etwaige Fälle strafrechtlich. Russland lockt die Männer indes mit dem Versprechen auf hohe Löhne und einer Staatsbürgerschaft.

Kurze Überlebenszeit: Nach 18 Tagen “vermisst”

Das Regime Wladimir Putins erhöht aber auch in Russland in immer kürzeren Abständen die Anreize, um die Zahl Freiwilliger an der Front zu erhöhen. Jüngstes Angebot des Kremls vom 23. November: die Löschung großer Kredite in Höhe von bis zu zehn Millionen Rubel, wenn sich jemand zu mindestens einem Jahr Armeedienst verpflichtet. Das Perfide: Es geht dabei nicht nur um eigene Kredite, sondern auch um Schulden der Ehepartner. So steigt der Druck innerhalb der Familien, “Freiwillige” für den Krieg zu finden.

Nach Recherchen des unabhängigen Mediums Mediazona und BBC Russia ändert sich der soziale Hintergrund der Soldaten in der russischen Armee an der Front im Verlauf des Kriegs. War der typische Gefallene in den ersten Monaten nach Februar 2022 im Durchschnitt 21 Jahre alt und diente dieser als Zeitsoldat, so änderte sich das im Jahr 2023 zu 34 Jahren im Schnitt, und typischerweise war es ein ehemaliger Häftling. 2024 sind die Gefallenen im Schnitt 38 Jahre alt und üblicherweise Freiwillige, die wegen versprochener hoher Löhne in den Krieg ziehen. Ihre Überlebenszeit an der Front ist kurz. Die meisten werden nach zwölf bis 18 Tagen als “vermisst” gemeldet. vf   

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  • Wladimir Putin

Antipersonenminen: Finnland diskutiert Rückzug aus Ottawa-Vertrag

Der Oberbefehlshaber der finnischen Streitkräfte, General Janne Jaakkola, fordert Offenheit für eine Diskussion über Antipersonenminen. Dem Fernsehsender MTV sagte er, dass sich das Sicherheitsumfeld Finnlands erheblich verändert habe, seit das Land 2012 dem Ottawa-Abkommen beitrat. Dieses verbietet Einsatz, Lagerung, Herstellung und Weitergabe von Antipersonenminen und wurde von insgesamt 164 Staaten unterzeichnet.

Zu der Frage, ob Finnland aus dem Übereinkommen austreten sollte, bezog Jaakkola im Interview keine Stellung. Er wolle jedoch einen öffentlichen Diskurs über neue Verteidigungstechnologien anstoßen, denn Helsinki müsse sich an die militärische Bedrohung, die mit Russlands Krieg in der Ukraine einhergeht, anpassen. Innerhalb der finnischen Politik polarisiert das Thema Antipersonenminen seit Jahren.

Finnland, dessen 2023 erfolgter Nato-Beitritt die Landgrenze der Allianz zu Russland mehr als verdoppelte, ist nicht der einzige Grenzstaat, der seine Waffenbegrenzungen infolge von Russlands Krieg anpassen will: Im Juli entschloss sich Litauen, aus dem 2010 in Kraft getretenen Streubombenverbotsvertrag auszutreten. Vor wenigen Tagen genehmigte zudem US-Präsident Joe Biden die Lieferung von Antipersonenminen an die Ukraine.

2023: 5.757 Opfer durch Landminen und explosive Kriegsreste

Jaakkolas Forderung kommt zu einer Zeit, in der sich die Gefahr durch Landminen global verschärft: 2023 wurden mindestens 5.757 Menschen durch Landminen oder explosive Kriegsreste getötet oder verletzt. Im Vergleich zu 2022 stellt dies einen Anstieg von 22 Prozent dar. 84 Prozent der registrierten Opfer im Jahr 2023 waren Zivilisten, davon insgesamt 1.498 Kinder.

Diese Zahlen stammen aus der aktuellen Ausgabe des jährlich erscheinenden Landminen-Monitors der International Campaign to Ban Landmines, einem Netzwerk von mehr als 1.200 NGOs aus 90 Ländern.

Die Länder mit den meisten registrierten Opfern im Jahr 2023 waren Myanmar (1.003), Syrien (933), Afghanistan (651), Ukraine (580) und Jemen (499). Weltweit sind immer noch 58 Länder und andere Gebiete mit Landminen verseucht. asc

  • Finnland
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Must-Reads

The Washington Post: Trump wants a deal on Ukraine. But a bad deal is worse than none. Es ist nicht klar, mit was für einem Deal der künftige US-Präsident Donald Trump den Ukraine-Krieg beenden will. Doch wenn ein Teil der Ukraine unter russischer Besatzung bleibt, wäre das gleichbedeutend mit einer Niederlage des Westens, schreibt die Washington Post. Und für die wäre Trump und nicht Joe Biden verantwortlich.

The Barents Observer: Norway’s self-imposed military restrictions are out-dated, professor argues. Als Reaktion auf Russlands Expansionskrieg gegen die Ukraine ist im Norden Europas eine neue Sicherheitslandschaft entstanden. Die neuen Nato-Mitglieder Finnland und Schweden unterliegen im Gegensatz zu Norwegen keinen Beschränkungen für alliierte Operationen – Finnland und Schweden operieren frei.

Financial Times: Military juntas in Africa’s ‘coup belt’ fail to contain extremist violence. Den Junta ist es in der Sahelzone nicht gelungen, die zunehmende dschihadistische Gewalt einzudämmen. Seit ihrer Machtübernahme und dem Versprechen, für Sicherheit in der als Afrikas “Putschgürtel” bekannten Region zu sorgen, ist die Zahl der Todesopfer weiter gestiegen und die Terrorgruppen haben an Stärke gewonnen.

Foreign Policy: Why the Gulf States Might Feature Prominently in Trump’s Foreign Policy. In der Außenpolitik des designierten US-Präsidenten Donald Trump könnten die Golfstaaten im Zentrum stehen. Die Region bietet Könige, Kronprinzen und Emire, Schmeicheleien, Geld, Geschäftsmöglichkeiten und vielleicht sogar einen Friedensnobelpreis.

Standpunkt

Vorstände müssen sich vor geopolitischen Risiken schützen

Von Burkhard Fassbach und Peter C. Fischer
Die Rechtsanwälte Burkhard Fassbach und Peter C. Fischer warnen vor geopolitischen Risiken für Vorstände.

Auf der Agenda des Managements global agierender Unternehmen sollten geopolitische Unsicherheiten mittlerweile einen Spitzenplatz einnehmen. Eine stärkere Berücksichtigung geopolitischer Problemlagen als vor dem russischen Angriff auf die Ukraine ist, im Rahmen eines unternehmenseigenen Kontroll- und Risikomanagementsystems, rechtlich erforderlich.

Expertenstreit zu De-Risking

Von besonderer Bedeutung sind in diesem Kontext die Handelsbeziehungen zu China. Die China-Strategie der Bundesregierung soll die ökonomische Resilienz erhöhen und Risiken mindern. Diese Strategie der Bundesregierung hat zwar keine unmittelbare Bindungswirkung für die Unternehmen, verdeutlicht aber die Problematik und kann so indirekt auch rechtliche Relevanz erlangen. Im Gegensatz zur China-Strategie der Bundesregierung steigt die deutsche Abhängigkeit vom chinesischen Markt tatsächlich weiter. Die Investitionen in den chinesischen Markt erreichen ein Rekordniveau.

Es gibt Stimmen, wie den Automobilexperten Ferdinand Dudenhöffer, der der weit verbreiteten Auffassung, die deutsche Industrie müsse ihr China-Engagement zur Risikoverringerung zurückfahren, widerspricht. Ohne den chinesischen Markt sei man nicht mehr im Autogeschäft, damit wäre der Fortbestand deutscher Automobilhersteller gefährdet, eine De-Risking Strategie könne allenfalls für einige Branchen gelingen.

Hohes Haftungsrisiko für Vorstände

Für Vorstände und Aufsichtsräte stellt sich die Frage der rechtlichen Einordnung der geopolitischen Risiken. 2021 wurde in Folge des Wirecard-Skandals durch das Gesetz zur Stärkung der Finanzmarktintegrität (FISG) die Rechtslage verschärft (vgl. insb. § 91 III Aktiengesetz). Es besteht seither durchaus das Risiko, dass Vorstände und Aufsichtsräte insbesondere börsennotierter Gesellschaften persönlich unbeschränkt für die Folgen einer fehlgeschlagenen China-Strategie (beispielsweise bei dem Zusammenbruch von Lieferketten in Folge der Realisierung der vorstehend genannten Risiken) in Anspruch genommen werden.

Für eine Inanspruchnahme genügt insoweit bereits leicht fahrlässiges Verhalten der Vorstände und Aufsichtsräte. Außerdem müssen die betroffenen Vorstände und Aufsichtsräte im Schadensfalle nachweisen, dass sie sich pflichtgemäß verhalten haben (diese im Zivilrecht eher ungewöhnliche Umkehr der Beweislast ist ein echter Gamechanger in Haftungsprozessen, ebenso wie die vom Bundesgerichtshof mit der sogenannten ARAG-Doktrin entwickelte Verpflichtung von Aufsichtsräten, Schadensersatzansprüche gegen Vorstände geltend zu machen).

Dabei kommt den Organen zwar ein weites unternehmerisches Ermessen zugute, darauf können sie sich aber nur berufen, wenn sie auf Basis angemessener Informationen und ohne Interessenkonflikte gehandelt haben. Dies alles führt zu einer außerordentlich strengen Organhaftung, die weit über die Haftungsrisiken von einfachen Arbeitnehmern oder von politischen Amtsträgern hinausgeht, die jeweils nur im seltenen Fall grober Fahrlässigkeit überhaupt ein persönliches Haftungsrisiko haben. Das hohe Haftungsrisiko von Mitgliedern in Leitungsorangen von Unternehmen gilt im Übrigen auch für Arbeitnehmervertreter in Aufsichtsräten.

Empfehlungen für die Leitungsorgane

Vor diesem Hintergrund sollten Vorstände und Aufsichtsräte insbesondere börsennotierter Gesellschaften unter anderem folgende Maßnahmen zur persönlichen Absicherung ergreifen:

  • Erfassung und Bewertung von geopolitischen Risiken im Hinblick auf das eigene Unternehmen unter Hinzuziehung von Experten,
  • Entwicklung von Notfallplänen für den Fall der Realisierung derartiger Risiken, kritische Erörterung der Risiken mit dem Vorstand (keinesfalls ein bloßes Abnicken von Vorstandsentscheidungen),
  • Dokumentation sämtlicher Prüfungen und Maßnahmen (z. B. in Protokollen),
  • die eigene Fortbildung, was insbesondere bei Aufsichtsräten geboten sein mag
  • sowie die Prüfung des Abschlusses spezieller Versicherungen neben der ohnehin üblichen D&O-Versicherung.

Burkhard Fassbach ist als Rechtsanwalt unter anderem in den Bereichen Corporate Compliance, Whistleblowing Systeme, Interne Untersuchungen, Organhaftung und D&O-Versicherung tätig und berät regelmäßig Vorstände auch zu privaten Haftungsrisiken. Peter C. Fischer lehrt Wirtschaftsrecht mit dem Schwerpunkt Mergers & Acquisitions am Fachbereich Wirtschaftswissenschaften an der Hochschule Düsseldorf.

  • China
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Heads

Sagel folgt bei Renk auf CEO Wiegand

Susanne Wiegand verlässt Renk Ende Januar 2025.

Alexander Sagel, bislang Chief Operating Officer (COO), beim Augsburger Rüstungszulieferer Renk, wird zum 1. Februar 2025 Vorstandsvorsitzender des Unternehmens. Das teilte das Unternehmen nach einer Sitzung des Aufsichtsrats am Sonntag mit, bei dem der Wunsch der amtierenden CEO, Susanne Wiegand, entsprochen wurde, ihr Mandat Ende Januar nächsten Jahres aus persönlichen Gründen abzugeben. Die Entscheidung kommt überraschend. Wiegand hatte erst vor wenigen Tagen mitgeteilt, dass Renk sich nach Umsatz- und Gewinnzuwächsen im dritten Quartal auf Kurs zu seinen Jahreszielen sehe. Der bislang für das operative Geschäft zuständige Sagel (53) war erst im April in den Renk-Vorstand berufen worden; er ist promoviertert Ingenieur.

Wiegand sagte im Gespräch mit Table.Briefings, sie habe für den Übergang “alle Weichen gestellt”. Ihre Entscheidung habe sie nach Jahrzehnten im operativen Geschäft in verschiedenen Unternehmen bewusst getroffen, zum richtigen Zeitpunkt. Das werde sie auch den Investoren deutlich machen. mrb/tw

  • Leopard 2 Panzer
  • Rüstungsindustrie

Security.Table Redaktion

SECURITY.TABLE REDAKTION

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    23 Nato-Mitgliedstaaten haben das Zweiprozentziel der Nato bislang erreicht. Kroatien gehört nicht dazu. Das soll sich 2025 ändern, schreibt Alexander Rhotert. Das Land liefert sich einen Rüstungswettlauf mit Serbien – 25 Jahre nach Ende des Kosovo-Kriegs. Zur Gefahr neuer gewaltsamer Konflikte auf dem Balkan hat Markus Bickel auch Christian Schmidt befragt, den Hohen Repräsentanten der internationalen Gemeinschaft in Bosnien-Herzegowina. Welche Rolle falsche Versprechen der EU dabei spielen, erklärt der CSU-Politiker im Interview.

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    Obwohl Kroatien bereits seit 2009 Mitglied der Nato ist, ist die Umstellung von östlicher auf westliche Militärtechnik noch nicht vollständig abgeschlossen. Die russische Vollinvasion in der Ukraine 2022 hat diesen Prozess, wie in anderen Nato-Neustaaten, aber rapide beschleunigt.  

    Noch bis Ende des Jahres wird das kroatische Parlament Sabor in Zagreb beschließen, die Wehrpflicht wiedereinzuführen. Damit reagiert das Land auf Entwicklungen in Serbien, wo ab September nächsten Jahres wieder Wehrpflichtige eingezogen werden – zum ersten Mal seit der Aussetzung des Wehrdienstes dort 2011. Allerdings steht auch in Belgrad die Zustimmung durch das serbische Parlament – die Skupština – noch aus.

    Konzentration auf Landes- und Bündnisverteidigung

    Zagrebs Entscheidung ist aber nicht nur von der Konkurrenz zu Serbien getrieben, sondern hängt auch mit der Nato-weiten Konzentration auf Landes- und Bündnisverteidigung (LVBV) zusammen. Noch bis vor kurzem waren die kroatischen Streitkräfte, ebenso wie etwa die Bundeswehr, schwerpunktmäßig auf internationale Einsätze ausgelegt. Auch deshalb gilt die Entscheidung der Sabor-Abgeordneten als reine Formsache. Die Dauer des Wehrdienstes wird bei nur zwei Monaten liegen, soll also auf eine Art Grundausbildung reduziert werden.

    Laut kroatischem Verteidigungsminister Ivan Anusić strebt Zagreb nächstes Jahr außerdem an, das Nato-Ziel von Verteidigungsausgaben in Höhe von zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) zu erreichen. Die kroatischen Streitkräfte umfassen rund 15.000 Männer und Frauen, der Verteidigungsetat liegt dieses Jahr bei rund 1,3 Milliarden Euro, das sind 1,8 Prozent des BIP. Weniger transparent sind die Zahlen des serbischen Etats; die Angaben reichen von 1,4 bis zu 2,1 Milliarden US-Dollar, was zwischen 1,8 und 2,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts ausmacht.

    Rüstungswettlauf zwischen Serbien und Kroatien

    Auf diesem im internationalen Vergleich niedrigen Niveau beläuft sich der Rüstungswettlauf, den sich die beiden einstigen jugoslawischen Teilrepubliken Kroatien und Serbien liefern – 25 Jahre nach Ende des Kosovo-Kriegs. Die bis heute nicht von allen EU-Staaten anerkannte frühere autonome Provinz innerhalb Serbiens sorgt immer wieder für Spannungen – zuletzt im September 2023, als von Belgrad ausgerüstete Paramilitärs kosovo-albanische Sicherheitskräfte angriffen, gefolgt von einem Truppenaufmarsch serbischer Streitkräfte an der Grenze des Kosovos. Erst durch diplomatisch-politische Interventionen von USA und Nato ließ sich eine Eskalation des Konflikts abwenden. 

    Das 1999 von der Nato bombardierte Verteidigungsministerium in Belgrad liegt heute noch in Trümmern, geziert von einem Werbeplakat des serbischen Munitionsherstellers Krušik. Auch Kroatien hat eine eigenständige Rüstungsindustrie noch aus jugoslawischen Zeiten, bezieht größere Waffensysteme aber aus den USA, Frankreich und Deutschland, während Serbien in China, Iran und vor allem Russland ordert.

    Anusič kündigt Ausweitung von Kooperation mit Deutschland an

    Im Oktober traf der kroatische Verteidigungsminister Anusić in Berlin mit Boris Pistorius zusammen, wo er nicht nur die Einhaltung des Nato-Zwei-Prozent-Ziels versprach, sondern auch industriepolitisch für stärkere Kooperation mit Deutschland und der EU warb. “Natürlich weiten wir die bestehende Zusammenarbeit auf die Verteidigungsindustrie aus, sodass wir die Streitkräfte Kroatiens von den östlichen Technologien sozusagen in die westlichen Technologien überführen können”, Anusić.

    Dazu trägt auch der Ringtausch bei, den Pistorius und Anusić in Berlin vereinbarten: Um die kroatische Panzertruppe zu modernisieren, einigten sie sich in einer Absichtserklärung auf die Lieferung von mindestens 50 Leopard 2 A8-Kampfpanzern aus Deutschland nach Kroatien. Dafür erhält die Ukraine bis Jahresende von Zagreb 30 jugoslawische Kampfpanzer des Typs M-84 und 30 Schützenpanzer M-80 – samt Munition und Ersatzteilen.

    Aus kroatischen Beständen an die Ukraine abgegebene Waffensysteme erwiesen sich seit 2022 wiederholt als wertvoll für die ukrainische Armee in ihrem Kampf gegen russische Truppen. Dazu zählen die deutsche Panzerhaubitze 2000, die Zagreb an Kiew weitergab, aber auch US-amerikanische Himars-Raketenartillerie-Systeme, von denen Kroatien zuletzt weitere im Wert von 390 Millionen US-Dollar bestellte.

    • Boris Pistorius
    • Kroatien
    • Leopard 2 Panzer
    • Nato
    • Rüstungsindustrie
    • Serbien
    • Wehrpflicht
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    “Die Potenziale für eine große militärische Auseinandersetzung fehlen”

    Christian Schmidt ist seit 2021 Hoher Repräsentant der internationalen Gemeinschaft in Bosnien-Herzegowina.

    Im Sommer hat die EU den Beginn von Beitrittsverhandlungen mit Moldau und der Ukraine angekündigt, ein Schritt, auf den Bosnien-Herzegowina und andere Staaten des Westbalkans Jahrzehnte warten mussten. Hat die EU da Fehler gemacht?

    Die EU hat das gemacht, was man nicht machen darf: Sie hat im Jahr 2003 auf dem Gipfel von Thessaloniki das Beitrittsversprechen für die Westbalkanländer abgegeben und dann mit zwei Ausnahmen, Kroatien und Slowenien, keinerlei wirklich tiefgreifendes politisches Commitment mehr gezeigt. Man muss im Nachhinein klar sagen: Das war eine verpasste Chance, und umso mehr laufen wir jetzt diesen Versäumnissen hinterher.

    Hat Bosnien denn überhaupt Chancen, in absehbarer Zeit EU-Mitglied zu werden?

    Ich hoffe, dass wir 2030 unter den Staaten des westlichen Balkans vielleicht ein Land aufnehmen können in die EU, und zwar Montenegro, das sich am stärksten anstrengt. Aber ich halte gar nichts davon, wenn wir Erwartungen wecken, die wir dann anschließend selbst wieder einkassieren. Da ist es besser, wir denken über eine graduelle Mitgliedschaft nach, etwa über die Zentraleuropäische Wirtschaftsfreihandelszone SEFTA. Das ist keine Mitgliedschaft zweiter Klasse, wie manche behaupten, sondern die Durchgangstür zur ersten Klasse.

    Die Attraktivität der EU in Bosnien ist nicht besonders groß, zugleich rutschen andere Akteure in das Vakuum hinein, Saudi-Arabien zum Beispiel. Gehen die Investitionen aus Riad nicht vor allem in religiöse Strukturen, die teils islamistischen Netzwerken nahestehen?

    Das Engagement Saudi-Arabiens ist in der Tat da, auch und besonders im religiösen Bereich. Ich setze dieses Engagement aber nicht in Beziehung zur Förderung von gewaltbereiten extremistischen Strukturen wie etwa Al Qaida. Da lohnt es sich sicherlich eher darauf zu blicken, welche Rolle der Iran in dem Bereich spielt. Die Investitionen von Saudi-Arabien, aber auch von Katar und den Vereinigten Arabischen Emiraten bieten für mich im Moment keine Auffälligkeiten.

    Ein weiterer wichtiger Destabilisierungsfaktor ist Russland. Der Präsident der bosnisch-serbischen Republika Srpska, Milorad Dodik, hat Wladimir Putin erst im Oktober beim Treffen der BRICS-Staaten in Kasan getroffen.

    Ja, der russische Einfluss wächst. Putin setzt sich aber nicht für die Entwicklung Bosnien-Herzegowinas ein, sondern verfolgt eher ein destruktives Interesse. Man möchte die Möglichkeit haben, Probleme auch in dieses Land zu tragen, wenn es aus Moskauer Sicht politisch vielversprechend ist, um Ärger zu machen.

    Inwieweit halten Sie die Drohungen Dodiks mit Sezession vom bosnischen Gesamtstaat für realistisch?

    Ich halte sie im Ergebnis für hochgefährlich, auch wenn ich nicht weiß, ob es eine wirkliche Strategie bei ihm gibt. Meinem Verständnis nach ist es eher so, dass Gelegenheit Sezessionisten macht. Das bosnische Sprichwort, schwere Worte fallen leicht aus dem Mund, trifft auch für politische Positionen manchmal zu. Ich darf aber sagen, dass ich sehr hoffnungsfroh bin, dass die neue EU-Kommission, insbesondere was den Auswärtigen Dienst mit der bisherigen estnischen Ministerpräsidentin Kaja Kallas betrifft, schon sehr genau hinsehen wird, was an russischer Einflussnahme für solche Sezessionsbestrebungen verhindert werden muss.

    In Bosniens Nachbarstaaten Kroatien und Serbien wird die Wehrpflicht wieder eingeführt, sowohl Zagreb wie Belgrad rüsten auf. Wie groß ist die Gefahr neuer gewaltsamer Konflikte auf dem Balkan?

    Was die Rüstungsausgaben betrifft, befinden wir uns weiter in einer Grauzone, weil die Beteiligungen und vertraglichen Zusammenarbeiten der Republika Srpska mit der serbischen Rüstungswirtschaft nicht wirklich durchschaubar sind. Man darf ja nicht unterschätzen, dass das Strukturen sind, die noch aus dem gemeinsamen Staat Jugoslawien stammen. Deshalb weiß ich nicht genau, wie viele Waffen geliefert, gekauft, verkauft und produziert werden in Bosnien-Herzegowina und den anderen Ländern. Ich glaube aber sagen zu können, dass unterm Strich keine Gefahr besteht, dass es zu einer großen militärischen Auseinandersetzung kommt. Dafür sind schlicht und einfach die Potenziale nicht da.

    2025 jährt sich das Massaker von Srebrenica zum dreißigsten Mal, auch der Dayton-Friedensvertrag und die Schaffung Ihrer Behörde fallen in das Jahr 1995. Braucht es das Amt des Hohen Repräsentanten eine Generation nach Kriegsende wirklich noch?

    Wenn es zum 40-jährigen Jubiläum des Dayton-Vertrags noch einen Hohen Repräsentanten gibt, ist was schiefgelaufen. Wir können nicht über zwei Generationen hin solch ein System aufrechterhalten. Ich sehe die Abwanderung als großes Problem, 50.000 meist junge Leute verlassen das Land Jahr für Jahr, das ist ein enormer Aderlass in einem Land mit geschätzt 2,8 Millionen Einwohnern. Bosnien-Herzegowina ist ein Land, in dem Versöhnung und Reflexion überwiegend nicht stattgefunden hat. Das war politisch beim Waffenstillstand 1995 nicht erreichbar. Ein bosnischer Desmond Tutu mit einer Wahrheitskommission wie in Südafrika hätte diesem Land sehr, sehr gutgetan. Heute ist das schwieriger.

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    Nato: Wie fünf europäische Verteidigungsministerien sich auf Trump vorbereiten

    Boris Pistorius empfängt am Montag drei europäische Amtskollegen und eine italienische Vertreterin in Berlin.

    Die Verteidigungsminister der europäischen Länder mit den höchsten Verteidigungsausgaben – Deutschland, Großbritannien, Frankreich, Polen und eine Unterstaatssekretärin aus Italien – haben sich gestern in Berlin getroffen, um ihr Vorgehen für die zweite Amtszeit US-Präsident Donald Trumps und gegenüber einem aggressiver werdenden Russland miteinander abzustimmen.

    Man wolle “die ukrainische Rüstungsindustrie weiter unterstützen und in ihrem Aufbau begleiten”, sagte Verteidigungsminister Boris Pistorius im Beisein seiner Amtskollegen sowie der italienischen Staatssekretärin Isaeballa Rauti, die Verteidigungsminister Guido Crosetto vertrat. Zugeschaltet war der ukrainische Verteidigungsminister Rustem Umerov. Im ersten Schritt solle das mit Einnahmen aus den “windfall profits”, also eingefrorenen russischen Vermögen, geschehen.

    Lecornu will Vorschläge für Weißbuch zur EU-Verteidigung erarbeiten

    Spätestens mit der Entsendung nordkoreanischer Soldaten in die Ukraine durch Russland habe der Krieg in der Ukraine “eine internationale Dimension bekommen”, sagte Pistorius. Der französische Verteidigungsminister Sébastien Lecornu berichtete nach dem Treffen, dass Umerov insbesondere auf größere Kapazitäten für die Ausbildung ukrainischer Soldaten gedrängt habe.

    Die in Berlin versammelten Länder sehen sich als Kern des europäischen Nato-Pfeilers. Nach den Gesprächen könne man jetzt Vorschläge für das Weißbuch der Verteidigung der EU erarbeiten, sagte Lecornu. Die fünf Länder arbeiten auch an der Entwicklung weitreichender Präzisionswaffen im Rahmen der European Long Range Strike Approach (Elsa). Die Initiative stehe so wie das von Deutschland initiierte Luftverteidigungsprogramm European Sky Shield Initiative (Essi) weiteren Partnernationen offen, sagte Pistorius. Ein Folgetreffen, um europäische Verteidigungsfragen zu besprechen, solle Anfang 2025 in Polen stattfinden. bub 

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    CDU-Politiker Röwekamp fordert dauerhafte Bundeswehr-Präsenz am Horn von Afrika und Indopazifik

    Der CDU-Bundestagsabgeordnete Thomas Röwekamp fordert den schnellen Einstieg in die neuen Luftverteidigungsfregatten F127 und eine zügige Nachrüstung der Fregatten der Klasse F125 für eine bessere Luftverteidigung.

    Der Schutz der Seehandelswege liege im ureigensten Interesse Deutschlands, so der Verteidigungspolitiker zu Table.Briefings. Die Marine müsse diese auch mit militärischen Mitteln schützen können, sagte er am Freitag auf einer Veranstaltung des Instituts für Strategie und Vorausschau (Metis) zur Maritimen Sicherheit in Hamburg. Aktuell sei die Marine aber nicht ausreichend gegen die Bedrohungen durch die Huthi-Rebellen im Roten Meer ausgestattet, so Röwekamp.

    Zudem forderte er eine permanente Präsenz von Bundeswehrsoldaten im Indopazifik und am Horn von Afrika. “Es geht nicht darum, dort Militärbasen aufzubauen. Es geht darum, an der militärischen Präsenz in diesem Raum mitzuwirken. Damit meine ich eine dauerhafte Präsenz, insbesondere auf der Verbindungsebene zu anderen Nationen.” Deutschland unterhielt bis 2021 eine logistische Basis in Dschibuti im Rahmen der EU-Mission Atalanta. Andere Nationen wie die USA, China und Frankreich haben teils bedeutende Militärbasen am Horn von Afrika.

    Fregatte Hamburg nur “eingeschränkt abwehrbereit”

    Eigentlich hätte die Luftverteidigungsfregatte “Hamburg” in der zweiten Jahreshälfte zur EU-Operation Aspides ins Rote Meer fahren sollen, um dort Handelsschiffe vor Angriffen der Huthi-Rebellen zu schützen. Die noch laufende Auswertung des Einsatzes der Fregatte “Hessen” im Frühjahr zeigten aber, so Röwekamp, dass eine Gefährdungssituation bestehe, “die wir nur im Verbund absichern können”.

    Dass Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) die nötige Finanzvorlage für die Nachrüstung der Fregatten des Typs F125 mit dem IRIS-T-SLM-System noch dieses Jahr in den Haushaltsausschuss bringt, hält man in Kreisen des Haushaltsausschusses für unwahrscheinlich. Der Einstieg in die Entwicklung der neuen Luftverteidigungsfregatten des Typs F127 hat dagegen bessere Chancen. klm

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    Soldaten aus der Ferne: Woher Russland rekrutiert

    In den Reihen der russischen Armee kämpfen in der Ukraine Soldaten aus mindestens einem Dutzend Staaten – zuletzt bekannt geworden sind Kämpfer aus dem Jemen und Nordkorea. Im Verlauf des Kriegs seit Februar 2022 sind außerdem Berichte über Soldaten aus folgenden Staaten bekannt geworden: Indien, Sri Lanka, Nepal, Kuba, Serbien, Usbekistan, Kirgistan, Tadschikistan, Kasachstan sowie aus den abtrünnigen georgischen Regionen Abchasien und Südossetien. Auch Bürger afrikanischer Staaten sind in den Reihen der russischen Armee an der Front dokumentiert.

    Einige Staaten, wie Usbekistan, untersagen ihren Staatsbürgern eine Beteiligung an Kriegen fremder Mächte und verfolgen etwaige Fälle strafrechtlich. Russland lockt die Männer indes mit dem Versprechen auf hohe Löhne und einer Staatsbürgerschaft.

    Kurze Überlebenszeit: Nach 18 Tagen “vermisst”

    Das Regime Wladimir Putins erhöht aber auch in Russland in immer kürzeren Abständen die Anreize, um die Zahl Freiwilliger an der Front zu erhöhen. Jüngstes Angebot des Kremls vom 23. November: die Löschung großer Kredite in Höhe von bis zu zehn Millionen Rubel, wenn sich jemand zu mindestens einem Jahr Armeedienst verpflichtet. Das Perfide: Es geht dabei nicht nur um eigene Kredite, sondern auch um Schulden der Ehepartner. So steigt der Druck innerhalb der Familien, “Freiwillige” für den Krieg zu finden.

    Nach Recherchen des unabhängigen Mediums Mediazona und BBC Russia ändert sich der soziale Hintergrund der Soldaten in der russischen Armee an der Front im Verlauf des Kriegs. War der typische Gefallene in den ersten Monaten nach Februar 2022 im Durchschnitt 21 Jahre alt und diente dieser als Zeitsoldat, so änderte sich das im Jahr 2023 zu 34 Jahren im Schnitt, und typischerweise war es ein ehemaliger Häftling. 2024 sind die Gefallenen im Schnitt 38 Jahre alt und üblicherweise Freiwillige, die wegen versprochener hoher Löhne in den Krieg ziehen. Ihre Überlebenszeit an der Front ist kurz. Die meisten werden nach zwölf bis 18 Tagen als “vermisst” gemeldet. vf   

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    Antipersonenminen: Finnland diskutiert Rückzug aus Ottawa-Vertrag

    Der Oberbefehlshaber der finnischen Streitkräfte, General Janne Jaakkola, fordert Offenheit für eine Diskussion über Antipersonenminen. Dem Fernsehsender MTV sagte er, dass sich das Sicherheitsumfeld Finnlands erheblich verändert habe, seit das Land 2012 dem Ottawa-Abkommen beitrat. Dieses verbietet Einsatz, Lagerung, Herstellung und Weitergabe von Antipersonenminen und wurde von insgesamt 164 Staaten unterzeichnet.

    Zu der Frage, ob Finnland aus dem Übereinkommen austreten sollte, bezog Jaakkola im Interview keine Stellung. Er wolle jedoch einen öffentlichen Diskurs über neue Verteidigungstechnologien anstoßen, denn Helsinki müsse sich an die militärische Bedrohung, die mit Russlands Krieg in der Ukraine einhergeht, anpassen. Innerhalb der finnischen Politik polarisiert das Thema Antipersonenminen seit Jahren.

    Finnland, dessen 2023 erfolgter Nato-Beitritt die Landgrenze der Allianz zu Russland mehr als verdoppelte, ist nicht der einzige Grenzstaat, der seine Waffenbegrenzungen infolge von Russlands Krieg anpassen will: Im Juli entschloss sich Litauen, aus dem 2010 in Kraft getretenen Streubombenverbotsvertrag auszutreten. Vor wenigen Tagen genehmigte zudem US-Präsident Joe Biden die Lieferung von Antipersonenminen an die Ukraine.

    2023: 5.757 Opfer durch Landminen und explosive Kriegsreste

    Jaakkolas Forderung kommt zu einer Zeit, in der sich die Gefahr durch Landminen global verschärft: 2023 wurden mindestens 5.757 Menschen durch Landminen oder explosive Kriegsreste getötet oder verletzt. Im Vergleich zu 2022 stellt dies einen Anstieg von 22 Prozent dar. 84 Prozent der registrierten Opfer im Jahr 2023 waren Zivilisten, davon insgesamt 1.498 Kinder.

    Diese Zahlen stammen aus der aktuellen Ausgabe des jährlich erscheinenden Landminen-Monitors der International Campaign to Ban Landmines, einem Netzwerk von mehr als 1.200 NGOs aus 90 Ländern.

    Die Länder mit den meisten registrierten Opfern im Jahr 2023 waren Myanmar (1.003), Syrien (933), Afghanistan (651), Ukraine (580) und Jemen (499). Weltweit sind immer noch 58 Länder und andere Gebiete mit Landminen verseucht. asc

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    Must-Reads

    The Washington Post: Trump wants a deal on Ukraine. But a bad deal is worse than none. Es ist nicht klar, mit was für einem Deal der künftige US-Präsident Donald Trump den Ukraine-Krieg beenden will. Doch wenn ein Teil der Ukraine unter russischer Besatzung bleibt, wäre das gleichbedeutend mit einer Niederlage des Westens, schreibt die Washington Post. Und für die wäre Trump und nicht Joe Biden verantwortlich.

    The Barents Observer: Norway’s self-imposed military restrictions are out-dated, professor argues. Als Reaktion auf Russlands Expansionskrieg gegen die Ukraine ist im Norden Europas eine neue Sicherheitslandschaft entstanden. Die neuen Nato-Mitglieder Finnland und Schweden unterliegen im Gegensatz zu Norwegen keinen Beschränkungen für alliierte Operationen – Finnland und Schweden operieren frei.

    Financial Times: Military juntas in Africa’s ‘coup belt’ fail to contain extremist violence. Den Junta ist es in der Sahelzone nicht gelungen, die zunehmende dschihadistische Gewalt einzudämmen. Seit ihrer Machtübernahme und dem Versprechen, für Sicherheit in der als Afrikas “Putschgürtel” bekannten Region zu sorgen, ist die Zahl der Todesopfer weiter gestiegen und die Terrorgruppen haben an Stärke gewonnen.

    Foreign Policy: Why the Gulf States Might Feature Prominently in Trump’s Foreign Policy. In der Außenpolitik des designierten US-Präsidenten Donald Trump könnten die Golfstaaten im Zentrum stehen. Die Region bietet Könige, Kronprinzen und Emire, Schmeicheleien, Geld, Geschäftsmöglichkeiten und vielleicht sogar einen Friedensnobelpreis.

    Standpunkt

    Vorstände müssen sich vor geopolitischen Risiken schützen

    Von Burkhard Fassbach und Peter C. Fischer
    Die Rechtsanwälte Burkhard Fassbach und Peter C. Fischer warnen vor geopolitischen Risiken für Vorstände.

    Auf der Agenda des Managements global agierender Unternehmen sollten geopolitische Unsicherheiten mittlerweile einen Spitzenplatz einnehmen. Eine stärkere Berücksichtigung geopolitischer Problemlagen als vor dem russischen Angriff auf die Ukraine ist, im Rahmen eines unternehmenseigenen Kontroll- und Risikomanagementsystems, rechtlich erforderlich.

    Expertenstreit zu De-Risking

    Von besonderer Bedeutung sind in diesem Kontext die Handelsbeziehungen zu China. Die China-Strategie der Bundesregierung soll die ökonomische Resilienz erhöhen und Risiken mindern. Diese Strategie der Bundesregierung hat zwar keine unmittelbare Bindungswirkung für die Unternehmen, verdeutlicht aber die Problematik und kann so indirekt auch rechtliche Relevanz erlangen. Im Gegensatz zur China-Strategie der Bundesregierung steigt die deutsche Abhängigkeit vom chinesischen Markt tatsächlich weiter. Die Investitionen in den chinesischen Markt erreichen ein Rekordniveau.

    Es gibt Stimmen, wie den Automobilexperten Ferdinand Dudenhöffer, der der weit verbreiteten Auffassung, die deutsche Industrie müsse ihr China-Engagement zur Risikoverringerung zurückfahren, widerspricht. Ohne den chinesischen Markt sei man nicht mehr im Autogeschäft, damit wäre der Fortbestand deutscher Automobilhersteller gefährdet, eine De-Risking Strategie könne allenfalls für einige Branchen gelingen.

    Hohes Haftungsrisiko für Vorstände

    Für Vorstände und Aufsichtsräte stellt sich die Frage der rechtlichen Einordnung der geopolitischen Risiken. 2021 wurde in Folge des Wirecard-Skandals durch das Gesetz zur Stärkung der Finanzmarktintegrität (FISG) die Rechtslage verschärft (vgl. insb. § 91 III Aktiengesetz). Es besteht seither durchaus das Risiko, dass Vorstände und Aufsichtsräte insbesondere börsennotierter Gesellschaften persönlich unbeschränkt für die Folgen einer fehlgeschlagenen China-Strategie (beispielsweise bei dem Zusammenbruch von Lieferketten in Folge der Realisierung der vorstehend genannten Risiken) in Anspruch genommen werden.

    Für eine Inanspruchnahme genügt insoweit bereits leicht fahrlässiges Verhalten der Vorstände und Aufsichtsräte. Außerdem müssen die betroffenen Vorstände und Aufsichtsräte im Schadensfalle nachweisen, dass sie sich pflichtgemäß verhalten haben (diese im Zivilrecht eher ungewöhnliche Umkehr der Beweislast ist ein echter Gamechanger in Haftungsprozessen, ebenso wie die vom Bundesgerichtshof mit der sogenannten ARAG-Doktrin entwickelte Verpflichtung von Aufsichtsräten, Schadensersatzansprüche gegen Vorstände geltend zu machen).

    Dabei kommt den Organen zwar ein weites unternehmerisches Ermessen zugute, darauf können sie sich aber nur berufen, wenn sie auf Basis angemessener Informationen und ohne Interessenkonflikte gehandelt haben. Dies alles führt zu einer außerordentlich strengen Organhaftung, die weit über die Haftungsrisiken von einfachen Arbeitnehmern oder von politischen Amtsträgern hinausgeht, die jeweils nur im seltenen Fall grober Fahrlässigkeit überhaupt ein persönliches Haftungsrisiko haben. Das hohe Haftungsrisiko von Mitgliedern in Leitungsorangen von Unternehmen gilt im Übrigen auch für Arbeitnehmervertreter in Aufsichtsräten.

    Empfehlungen für die Leitungsorgane

    Vor diesem Hintergrund sollten Vorstände und Aufsichtsräte insbesondere börsennotierter Gesellschaften unter anderem folgende Maßnahmen zur persönlichen Absicherung ergreifen:

    • Erfassung und Bewertung von geopolitischen Risiken im Hinblick auf das eigene Unternehmen unter Hinzuziehung von Experten,
    • Entwicklung von Notfallplänen für den Fall der Realisierung derartiger Risiken, kritische Erörterung der Risiken mit dem Vorstand (keinesfalls ein bloßes Abnicken von Vorstandsentscheidungen),
    • Dokumentation sämtlicher Prüfungen und Maßnahmen (z. B. in Protokollen),
    • die eigene Fortbildung, was insbesondere bei Aufsichtsräten geboten sein mag
    • sowie die Prüfung des Abschlusses spezieller Versicherungen neben der ohnehin üblichen D&O-Versicherung.

    Burkhard Fassbach ist als Rechtsanwalt unter anderem in den Bereichen Corporate Compliance, Whistleblowing Systeme, Interne Untersuchungen, Organhaftung und D&O-Versicherung tätig und berät regelmäßig Vorstände auch zu privaten Haftungsrisiken. Peter C. Fischer lehrt Wirtschaftsrecht mit dem Schwerpunkt Mergers & Acquisitions am Fachbereich Wirtschaftswissenschaften an der Hochschule Düsseldorf.

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    Heads

    Sagel folgt bei Renk auf CEO Wiegand

    Susanne Wiegand verlässt Renk Ende Januar 2025.

    Alexander Sagel, bislang Chief Operating Officer (COO), beim Augsburger Rüstungszulieferer Renk, wird zum 1. Februar 2025 Vorstandsvorsitzender des Unternehmens. Das teilte das Unternehmen nach einer Sitzung des Aufsichtsrats am Sonntag mit, bei dem der Wunsch der amtierenden CEO, Susanne Wiegand, entsprochen wurde, ihr Mandat Ende Januar nächsten Jahres aus persönlichen Gründen abzugeben. Die Entscheidung kommt überraschend. Wiegand hatte erst vor wenigen Tagen mitgeteilt, dass Renk sich nach Umsatz- und Gewinnzuwächsen im dritten Quartal auf Kurs zu seinen Jahreszielen sehe. Der bislang für das operative Geschäft zuständige Sagel (53) war erst im April in den Renk-Vorstand berufen worden; er ist promoviertert Ingenieur.

    Wiegand sagte im Gespräch mit Table.Briefings, sie habe für den Übergang “alle Weichen gestellt”. Ihre Entscheidung habe sie nach Jahrzehnten im operativen Geschäft in verschiedenen Unternehmen bewusst getroffen, zum richtigen Zeitpunkt. Das werde sie auch den Investoren deutlich machen. mrb/tw

    • Leopard 2 Panzer
    • Rüstungsindustrie

    Security.Table Redaktion

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