seit der Wahl der neuen polnischen Regierung im Oktober vergangenen Jahres hoffen Deutschland und Frankreich auf eine Wiederbelebung des Weimarer Dreiecks. Ministerpräsident Donald Tusk verspricht, dass es keine polnischen Alleingänge mehr geben werde und das Verteidigungsministerium von Wladyslaw Kosiniak-Kamysz zählt die militärische Unterstützung der Ukraine zu den oberen Prioritäten. Wie der neue Verteidigungsminister sein Ressort aufräumen und die Truppenstärke erhöhen will, lesen Sie in der Analyse von Andrzej Rybak.
Einem zusammenrückenden Westen treten Russland und der Iran entgegen, die ihre militärischen Verbindungen seit Russlands Angriff auf die Ukraine vertieft haben. Im letzten Teil unserer Serie “Russlands Freunde” analysiert Markus Bickel, warum die Beziehung manchmal trotzdem ungleich ist.
Hans-Jakob Schindler, Senior Director des internationalen Counter Extremism Project (CEP) sagt, die Hamas sei nicht nur eine brutale Terrororganisation, sondern auch ein “sehr reiches globales Finanznetzwerk”. Die Bundesregierung sollte einen Beitrag zur Störung ihrer Finanzsysteme leisten, fordert er in seinem Standpunkt.
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Die Nachricht aus Südkorea machte in Warschau vorige Woche schlimmste Befürchtungen wahr. “Die Waffenlieferungen nach Polen sind bedroht”, schrieb die koreanische Zeitung The Korea Herald. Der Grund: Die Finanzierung durch koreanische Staatsbanken sei nicht gesichert.
Nach dem russischen Überfall auf die Ukraine hatte die rechtspopulistische PiS-Regierung (Prawo i Sprawiedliwość, Recht und Gerechtigkeit) für fast 100 Millionen Zloty (knapp 23 Millionen Euro) Waffensysteme in Südkorea geordert, die durch südkoreanische Kredite finanziert werden sollten. Die Staatsbank Eximbank, die für die Abwicklung von Exportverträgen zuständig ist, darf aber laut Gesetz maximal 7,35 Billionen Won (circa 5 Millionen Euro) an einen einzelnen Kreditnehmer verleihen.
Letztes Jahr schöpfte Polen diesen Kreditrahmen bereits zu 80 Prozent aus. Um neue Rüstungsgüter liefern zu können, müsste die Regierung in Seoul den Kreditrahmen per Gesetz anheben. Doch in Korea stehen Wahlen bevor, die Zeit für eine Gesetzesänderung könnte knapp werden.
Die PiS hat die Einzelheiten des Korea-Geschäfts stets geheim gehalten. “Der Verteidigungsminister kaufte anscheinend alles auf Pump, ohne das Parlament und die Öffentlichkeit in Kenntnis über die Konditionen zu setzen”, sagt Mariusz Cielma, Militärexperte und Chefredakteur des Monatsmagazins Neue Militärtechnik. Wenn das Geschäft nun wegen der Finanzierung platzt, wird die PiS die neue Regierung beschuldigen, Polens nationale Sicherheit zu untergraben.
Der neue Verteidigungsminister Wladyslaw Kosiniak-Kamysz kündigte nach seinem Amtsantritt vor sechs Wochen an, die Verträge mit Südkorea auf den Prüfstand zu stellen – und dabei sowohl ihre militärische Zweckmäßigkeit als auch die finanziellen Konditionen zu analysieren. Denn die Entscheidung der PiS-Regierung, so viele Waffen in Südkorea zu bestellen, sorgte unter Experten für Unverständnis. Viele glauben, dass die Importe die Entwicklung der polnischen Rüstungsindustrie beschädigen, da manche Waffensysteme auch in Polen hätten produziert werden können.
Gleich nach seinem Amtsantritt begann Kosiniak-Kamysz, die Streitkräfte, die die PiS – wie auch alle anderen Staatsinstitutionen – zu Parteitreue verpflichten wollte, zu entpolitisieren. Er entließ den Rekrutierungschef der Armee, General Miroslaw Brys, der im Wahlkampf Soldaten-Picknicks organisiert hatte, bei denen PiS-Politiker auftraten. Und er tauschte auch die Führung der militärischen Geheim- und Abschirmdienste aus. “Politik hat bei den Streitkräften nichts zu suchen”, sagt der neue Minister. “Bei neuen Ernennungen ist allein Kompetenz gefragt.”
Der Kommandeur der Warschauer Garnison hob vorige Woche auch die frühere Anordnung der PiS-Minister auf, die die Soldaten verpflichtete, Informationen nur von Staatsmedien zu beziehen. Das Recht auf Wissen sei ein Grundrecht jedes Bürgers, kommentierte der neue Vize-Verteidigungsminister Cezary Tomczyk auf X. “Die Zensur ist in Polen verboten.”
Zu den ersten Entscheidungen des Verteidigungsministers gehörte die Abschaffung der Smolensk-Untersuchungskommission, die nach der Machtübernahme der PiS 2015 gegründet wurde. Die Kommission, die vom damaligen Verteidigungsminister Antoni Macierewicz geleitet wurde, sollte entgegen aller vorherigen Erkenntnisse nachweisen, dass der Absturz des polnischen Flugzeugs mit Präsident Lech Kaczynski und 95 weiteren Personen 2010 in Smolensk kein Unfall war.
Die PiS beschuldigt Moskau, die Maschine abgeschossen zu haben – konnte aber keine konkreten Beweise vorlegen. “Die Tragödie wurde als politische Waffe missbraucht“, sagte Kosiniak-Kamysz. “Es ist an der Zeit zu analysieren, was diese Kommission acht Jahre lang gemacht hat – und wie viel Geld dafür ausgegeben wurde.”
Letztes Jahr kündigte die PiS an, die Truppenstärke verdoppeln zu wollen – doch seit 2022 haben 36.000 Soldaten aller Teilstreitkräfte ihren Dienst gekündigt. Die neue Regierung will dem Trend entgegensteuern, indem sie die Bezüge erhöht. Statt 12,5 Prozent, die die PiS versprochen hat, sollen die Soldaten eine Gehaltserhöhung von 20 Prozent erhalten. Damit will das Ministerium den Job attraktiver machen – und 10.000 neue Berufssoldaten anwerben. Die Truppenstärke soll auf 135.500 Mann ansteigen.
Das Verteidigungsministerium bereitet auch ein neues Konzept der Landesverteidigung vor, damit Entscheidungen über den Einsatz der Armee schneller getroffen werden können. Dafür soll eventuell auch die Kommandostruktur geändert werden – das Operationskommando und das Generalkommando sollen durch ein einziges Kommando der Streitkräfte ersetzt werden.
Zu den obersten Prioritäten des Verteidigungsministeriums gehört weitere militärische Unterstützung der Ukraine. Unter der abgewählten PiS-Regierung gab es zuletzt immer wieder Spannungen zwischen Warschau und Kiew, die auch die Hilfsbereitschaft der Polen beeinträchtigten. “Vom Ausgang des Krieges hängt die Sicherheit Polens und Europas ab“, sagte Ministerpräsident Donald Tusk bei seinem Antrittsbesuch in Kiew Mitte Januar.
Tusk will Polens Sicherheits- und Verteidigungspolitik stärker mit den Verbündeten in der EU und Nato koordinieren und auch mit europäischen Partnern an gemeinsamen Rüstungsprojekten zusammenarbeiten. Der Ministerpräsident verspricht: “Polnische Alleingänge wird es nicht geben.”
Der Deal steht offenbar kurz vor dem Abschluss: Russland werde in Kürze Kurzstreckenraketen vom Typ Fateh-110 und Zolfaghar von Teheran erwerben, berichtete das Wall Street Journal Anfang Januar. Damit würden die militärischen Fähigkeiten der russischen Armee, Ziele in der Ukraine anzugreifen, in einer kritischen Phase des Kriegs entscheidend erweitert, fürchten US-Offizielle. Die Sorge, dass die Sicherheitszusammenarbeit der Regime in Teheran und Moskau die antiwestliche Allianz stärke, treibt die Regierung von US-Präsident Joe Biden schon seit Längerem um – nicht zuletzt in Hinblick auf die Großkonflikte in der Ukraine und in Nahost.
Nicht ohne Grund. “Der russische Angriff auf die Ukraine im Februar 2022 stellt einen Wendepunkt im Verhältnis zu Iran dar”, sagt David Jalilvand von der Research Consultancy Orient Matters zu Table.Media. “Seitdem haben beide Regime ihre Kooperation erheblich ausgeweitet, mit weitreichenden strategischen Komplikationen.”
Zwar hätten Russlands Präsident Wladimir Putin, sein iranischer Counterpart Ebrahim Raisi und dessen Vorgänger schon davor auch in militärischen Fragen zusammengearbeitet, nicht zuletzt bei der Unterstützung des Regimes von Baschar al-Assad in Syrien. Doch so eng wie seit dem russischen Überfall vor zwei Jahren hätten die beiden von internationalen Sanktionen belegten Regime ihr Vorgehen noch nie aufeinander abgestimmt – nicht zuletzt im Sicherheits- und Verteidigungsbereich.
Das machen zahlreiche Treffen auf höchster Ebene in den vergangenen Monaten deutlich. Erst im Dezember war Raisi auf Staatsbesuch in Moskau; das Treffen mit Putin dauerte fünf Stunden. Bereits zuvor hatte der Kreml mitgeteilt, dass sich die Ausweitung der Beziehungen auch auf “das Feld militärisch-technologischer Kooperation” erstrecken werde. Aus Teheran wiederum hieß es im November 2023, dass die militärische Zusammenarbeit mit Russland von Tag zu Tag zunehme. Angeblich sollen Vereinbarungen über die Lieferung von Su-35-Kampfjets, Mi-28-Kampfhubschraubern und Jak-130-Schulflugzeugen bereits abgeschlossen worden sein.
Im vergangenen September besuchte der russische Verteidigungsminister Sergej Schoigu Teheran und ließ sich auf einem Ausstellungsgelände der Revolutionsgarden ein neues Startsystem für Kamikaze-Drohnen vom Typ Schahed-136 zeigen sowie Raketen, Marschflugkörper und Luftverteidigungssysteme. Der Stabschef der iranischen Armee, Generalmajor Mohammad Hossein Bagheri, beteuerte, dass die Beziehungen zu Moskau eine “neue Dimension” erreicht hätten – und kündigte ein gemeinsames Manöver für diesen Februar an. Auch mit dem Vorsitzenden des Obersten Nationalen Sicherheitsrats, Ali Akbar Ahmadian, Verteidigungsminister Mohammed-Resa Aschtiani und dem Chef der Luftwaffe der Revolutionsgarden, Amir Ali Hadschizadeh, traf Schoigu zusammen.
Neben eng abgestimmtem Vorgehen im Cyber-Bereich ist Russland zuletzt allerdings vor allem als Importeur iranischer Drohnen in Erscheinung getreten – während es mit Exporten von Rüstungsgütern Richtung Iran zögerte. Der Grund liegt in geostrategischen Erwägungen, die anders als in der iranischen Führung auch Israels Sicherheitsinteressen Rechnung tragen müssen.
Und geleitet sind von der Sorge, das geopolitische Gleichgewicht rund um den Persischen Golf nicht zu stören, meint der Iran-Experte Jalilvand. Da Putin weiter auf gute Beziehungen zu den Vereinigten Arabischen Emiraten und Saudi-Arabien setze, sei die Lieferung von Kampfjets und -hubschraubern “ein sensibler Punkt”. Dieser habe Moskau bislang davon abgehalten, Teheran militärisch vergleichbar zu unterstützen wie das Mullah-Regime das in die andere Richtung mit iranischen Drohnen tue.
Hinzu kommt auch, dass Moskau in der Vergangenheit sehr darauf bedacht war, ein Erstarken Irans im Kaukasus zu verhindern. Ebenso kritisch beäugte es bislang die nuklearen Ambitionen Teherans. Außerdem geht es in Syrien trotz Unterstützung Assads deutlich anders vor als Teheran: So intervenierte Russland 2015 zwar militärisch aufseiten des alawitischen Machthabers, doch sorgt ein sogenannter “militärischer Entflechtungsmechanismus” für regelmäßige Treffen zwischen russischen und israelischen Offizieren. Zudem besteht so ein direkter Draht zwischen den Kommandozentralen der israelischen und russischen Militärführungen.
Der Iran hatte schon unmittelbar nach Beginn der Proteste gegen Assad 2011 Offiziere seiner Revolutionsgarden nach Syrien geschickt und die Unterstützung der syrischen Armee durch die schiitische Hisbollah aus dem Libanon koordiniert. Ohne Eingreifen Irans und Russlands wäre es Assad nicht gelungen, den Aufstand der aus den Golfstaaten unterstützten sunnitischen Dschihadistenmilizen niederzuschlagen. Andererseits sieht er sich durch Moskaus Unterstützung gezwungen, stillzuhalten gegenüber den zuletzt vermehrten israelischen Angriffen auf Hamas, Hisbollah sowie Kommandeure der Revolutionsgarden im eigenen Land. Moskau würde ein aktives Eingreifen in den Krieg gegen Israel nicht dulden.
Mit Blick auf die wiederholten Angriffe US-amerikanischer und britischer Kampfjets gegen Stellungen der von Iran unterstützten Huthi-Milizen im Jemen wiederum treten die Führungen in Moskau und Teheran Hand in Hand auf. Vor dem UN-Sicherheitsrat verurteilte der russische Außenminister Sergej Lawrow Ende Januar in die Angriffe als “ungerechtfertigte Aggression” und direkte Bedrohung für den internationalen Frieden. Zuvor hatte er sich mit seinem iranischen Amtskollegen Hossein Amir-Abdollahian über das weitere Vorgehen in Nahost abgestimmt.
Im nächsten Jahr feiert die Ecowas ihren 50. Geburtstag – das große Jubiläum muss dann allerdings mit deutlich weniger Mitgliedstaaten über die Bühne gehen: Mali, Niger und Burkina Faso erklärten am Wochenende, die Organisation verlassen zu wollen.
Noch ist das Ganze zwar nicht formell durch, da ein Austritt offiziell bei der Ecowas beantragt werden muss und dann nach einem Jahr erst wirksam wird. Doch dass sich am Willen der Sahelländer noch etwas ändert, halten Experten im Gespräch mit Table.Media nicht für wahrscheinlich.
“Es scheint eine geplante Entscheidung zu sein, aber es ist nicht klar, welches Land letztendlich dazu gedrängt hat. Niger steht nach dem Putsch weiterhin unter schweren Sanktionen der Ecowas, wie schon Mali in der Vergangenheit”, sagt Nina Wilén, die Direktorin des Afrika-Programms vom Egmont-Institut.
Die Westafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft hat sich auf die Fahnen geschrieben, die Zusammenarbeit und den Austausch von Gütern und Arbeitskräften zwischen den Mitgliedsländern zu stärken. Doch in der Bevölkerung, insbesondere in den Sahelländern, stieg zuletzt die Unzufriedenheit. “Dort wird die Legitimität der Ecowas ernsthaft infrage gestellt und dass sie 49 Jahre nach ihrer Gründung im Jahr 1975 ihre Ziele noch nicht erreicht hat”, sagt Fahiraman Koné vom Institute for Security Studies (ISS).
Dass Mali, Niger und Burkina die Ecowas hinter sich lassen wollen, hat laut Sicherheitsexpertin Wilén vor allem politische Gründe: “Der Symbolwert ist sehr wichtig. In allen Ländern sind Diskurse um Souveränität und gegen Neoimperialismus en vogue. Politisch versuchen diese Länder meiner Meinung nach, ihr Schicksal in die eigenen Hände zu nehmen.” Politisch befindet sich die Ecowas seit dem Putsch in Niger im vergangenen Sommer ohnehin in einer Glaubwürdigkeitskrise. Sie kündigte eine Militärintervention an, handelte dann aber nicht.
“Die jetzige Austrittsankündigung wurde zwar nicht konkret erwartet, kommt aber auch nicht überraschend, wenn man die Spannungen innerhalb der Ecowas in den letzten zwei Jahren in Mali und Niger betrachtet. Dazu auch die Situation in Niger, die einer Sackgasse gleicht”, sagt Koné von der Denkfabrik ISS. Das Narrativ der Militärregierungen sei noch einmal deutlich geworden. “Wenn man den Abzug der Minusma, den Rückzug dieser Länder aus der G5 Sahel-Gruppe und jetzt diesen Schritt betrachtet, sieht man eine Gemeinsamkeit: die Vorstellung, dass diese Institutionen von Frankreich manipuliert werden.”
Auch die Beziehungen zur EU erscheinen gerade alles andere als rosig. So hat Niger nach Informationen von Africa Intelligence einen Teil des Personals der zivilen Aufbaumission Eucap des Landes verwiesen.
Für die Stabilität der Sahelregion und damit die Zukunft der wirtschaftlichen Zugpferde in Westafrika – wie Nigeria, Elfenbeinküste und Ghana – sind das alles keine guten Nachrichten. “Mali, Burkina und Niger haben sich in der jüngsten Vergangenheit nicht wirklich gut entwickelt, daher besteht die Gefahr, dass sich die Sicherheitslage weiter verschlechtert. Auch die Golfstaaten könnten stärkere Auswirkungen spüren”, sagt Wilén. Zudem steht die Rückkehr zur demokratischen Ordnung infrage, wie der in Mali ansässige Koné präzisiert. Ohne den Druck der Ecowas sei nicht klar, ob die abgestimmten Zeitpläne noch verfolgt würden.
Die Spitzenkandidatin der FDP für die Europawahl, Marie-Agnes Strack-Zimmermann, hat sich für eine europäische Armee und einen Kommissar oder eine Kommissarin für Außenpolitik und Verteidigung in der EU-Kommission ausgesprochen. “Wir müssen sofort nach der Europawahl loslegen. Es muss zunächst mal formal einen Ausschuss für Sicherheit, Verteidigung und letztlich auch Industrie in Brüssel geben”, sagte Strack-Zimmermann im Table.Media-Podcast Table.Today. “Am Ende des Prozesses brauchen wir eine gemeinsame europäische Armee, die vom EU-Parlament auf den Weg gebracht wird und einem Oberbefehl untersteht.”
Die Befehlsgewalt könne rotierend zwischen den EU-Staaten wechseln, so Strack-Zimmermann. Eine gemeinsame Beschaffung wäre der erste Schritt. “Wir haben in Europa 14 verschiedene Panzertypen. Viel zu kompliziert, viel zu viel Kleinstaaterei.” Außerdem müsse die neue EU-Kommission einen Kommissar oder eine Kommissarin nominieren, der oder die sich ausschließlich mit der Außen- und Sicherheitspolitik befassen werden, so die FDP-Politikerin.
Strack-Zimmermann verlangte außerdem mehr finanzielle Anstrengungen in den EU-Mitgliedstaaten für die Ukraine. “Es reicht europäisch hinten und vorne nicht”, sagte Strack-Zimmermann. In der Frage der Waffenlieferungen werde sie auch aus Brüssel eine Kritikerin eines zu zögerlichen Kurses bleiben, sagte die FDP-Politikerin in Richtung Bundeskanzler Olaf Scholz.
“Wer immer glaubt, er sei erlöst von mir, der irrt gewaltig. Man kann auch von Brüssel aus in der Sicherheitspolitik deutlich sein und das werde ich bleiben.” brö
Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg hat Teheran am Montag davor gewarnt, weiter Gruppen zu unterstützen, die die zivile wie militärische Schifffahrt im Roten Meer bedrohten. “Der Iran fährt fort, die Region zu destabilisieren. Dazu gehört auch die Unterstützung von Terroristen, die unsere Schiffe im Roten Meer angreifen”, sagte Stoltenberg vor einem Treffen mit US-Verteidigungsminister Lloyd Austin im Pentagon.
Selbstverständlich bleibe Präsident Joe Biden der amerikanischen Linie treu, Angriffe auf US-Streitkräfte nirgendwo zu dulden, sagte Austin: “Wir werden alle notwendigen Maßnahmen ergreifen, um die USA und unsere Truppen zu verteidigen.”
Nach dem tödlichen Angriff auf eine US-Basis im Dreiländereck zwischen Irak, Syrien und Jordanien am Wochenende schwankt die US-Administration zwischen hartem Vorgehen – und dem strategischen Kalkül, einer direkten Konfrontation mit dem Iran weiter aus dem Weg zu gehen.
Dafür sieht Michael Young von der Carnegie-Stiftung in Beirut auf iranischer Seite Offenheit: Weder bei der Führung in Teheran noch bei der Hisbollah im Libanon selbst, die seit mehr als dreißig Jahren von Generalsekretär Hassan Nasrallah geführt wird, bestehe Interesse an einer direkten Konfrontation mit den USA. “Nasrallah hat die strategische Entscheidung getroffen, einen Krieg zu vermeiden”, so Young.
Young erteilte Hoffnungen darauf, dass sich Entspannung zwischen Libanon und Israel positiv auf die Entwicklung im Gazakrieg auswirken könne, kurzfristig eine Absage. “Der Konflikt zwischen Hisbollah und Israel wird erst enden, wenn der Gazakrieg vorbei ist”, sagte er Table.Media.
Am Sonntag war CIA-Direktor William J. Burns in Paris mit israelischen, ägyptischen und katarischen Beamten zusammengekommen, um ein Abkommen auszuhandeln, in dem Israel militärische Handlungen gegen die Hamas für zwei Monate im Austausch für die Freilassung von mehr als 100 Geiseln, die am 7. Oktober entführt wurden, einstellen würde. mrb
Befürchten muss der russische Präsident Wladimir Putin bei seinem möglichen Türkei-Besuch im Februar nichts: Ankara erkennt den Internationalen Strafgerichtshof nicht an und wird den im März 2023 erlassenen Haftbefehl des Gerichtshofs gegen Putin nicht umsetzen. Seit dem Haftbefehl meidet Putin Reisen ins Ausland, gerade einmal vier hat er im vergangenen Jahr absolviert.
Der Besuch bei Recep Tayyip Erdoğan gelte dem Thema Ukraine, sagte Juri Uschakow am Montag in Moskau. Der 76-Jährige ist Putins außenpolitischer Berater und war 1998 bis 2008 Botschafter in den USA. Eine Reise in die Türkei, die eine Vermittlerrolle zwischen Moskau und Kiew einnehmen will und zugleich von dem Krieg selbst profitiert, wurde bereits bei Putins Jahrespressekonferenz im Dezember angedeutet. Erdoğan hatte Anfang Januar mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskij telefoniert.
Die Ankündigung des Treffens zwischen Putin und Erdoğan erfolgt drei Tage nach einem Bericht der Agentur Bloomberg, laut dem russische Diplomaten in den USA eine Gesprächsbereitschaft zur Beendigung des Krieges ausloten. In gut sieben Wochen stehen in Russland Präsidentschaftswahlen an. Signale, die ein Ende des Krieges erhoffen lassen, würden Putin nützen.
Militärisch können sowohl die Ukraine als auch Russland derzeit keine substanziellen Schritte machen. Der Ukraine gelangen in den vergangenen Wochen jedoch teils spektakuläre Erfolge gegen russische Kriegstechnik, außerdem verursachte die ukrainische Armee seit Jahresbeginn mehrere größere Schäden an russischen Raffinerien in Grenznähe und teils Hunderte Kilometer von der Grenze entfernt. vf
Die USA überprüfen und ertüchtigen derzeit die Bunker für taktische Atomwaffen am Luftwaffenstandort in Lakenheath im britischen Suffolk. Darüber berichtete der britische Telegraph am Freitag und berief sich auf Dokumente aus dem Pentagon. Bereits im März vergangenen Jahres hatte die amerikanische Air Force in ihrem Budgetplan für 2024 finanzielle Mittel für den Bau von Bunkeranlagen für Atomwaffen eingeplant. Im August berichtete die “Federation of American Scientists” darüber.
Eine Überprüfung oder Ertüchtigung heiße nicht, dass die USA dort zeitnah taktische Atomwaffen vorstationieren werden, sagt Severin Pleyer, wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Helmut-Schmidt-Universität/Universität der Bundeswehr in Hamburg: “Das geht aus den Dokumenten aus dem Pentagon nicht hervor. Es geht erst einmal darum, dass die USA die Lagerung der Sprengköpfe des Typs B61-12, also den Freifallwaffen nach aktuellem Nato-Standard, sicherstellen könnten”.
Die Beschaffungsverträge beziehen sich demnach auf neue Ausrüstung für den Stützpunkt, darunter ballistische Schutzschilde, die das Militärpersonal vor Angriffen auf “hochwertige Güter” schützen sollen. Der Bau einer neuen Unterkunft für die amerikanischen Streitkräfte, die auf dem Gelände arbeiten, soll im Juni beginnen.
Ab wann und wie viele Sprengköpfe dann tatsächlich in Lakenheath gelagert werden könnten, ist nicht bekannt. “Denkbar ist, dass die tatsächliche Bekanntgabe der Stationierung von Atomwaffen dann genutzt wird, wenn ein Signal an Russland gesendet werden soll”, sagt Pleyer.
Aktuell existierten zwischen 200 und 300 Sprengköpfe des Typs B61-12, die auf amerikanische und europäische Standorte in Deutschland, Italien, Belgien und Niederlande verteilt sind. Unklar ist, ob die USA im türkischen Incirlik ebenfalls noch Atomwaffen gelagert haben. Im deutschen Büchel sollen unbestätigten Angaben zufolge 20 taktische Atomwaffen lagern, die im Kriegsfall von Piloten der Bundeswehr mit Flugzeugen der Luftwaffe eingesetzt werden können.
Bis 2008 hatten die USA im Rahmen der nuklearen Teilhabe in Großbritannien Sprengköpfe gelagert, sie dann aber aufgrund der weltweiten Abrüstungsmaßnahmen zurückgenommen. Vor dem Hintergrund russischer Drohungen, Atomwaffen gegen westliche Ziele einzusetzen, baut die Nato seit vergangenem Jahr ihre nukleare Abschreckungsfähigkeit aus. Dazu gehörten die Stärkung der Langstreckenfähigkeiten der konventionellen Streitkräfte wie die Stationierung von Hyperschallraketen zum Beispiel in Ramstein, neue Programme für die Bomberflotten der USA, oder die Erneuerung der amerikanischen Interkontinentalraketen, so Pleyer.
Die aktuelle mediale Berichterstattung um die Stationierung der Atomwaffen fällt in eine Zeit, in der auch in Großbritannien über die Einführung einer Wehrpflicht und den schlechten Zustand der Armee debattiert wird. “Eine Stärkung des nuklearen Abschreckungsgedankens hilft natürlich als Argument gegen die Wehrpflicht. Bisher gab es nämlich kaum einen öffentlichen nuklearen Diskurs in England”, sagt Pleyer. klm
Taiwans Wehrpflichtige müssen nun ein Jahr Dienst leisten. Angesichts wachsender Bedrohung vom Festland hatte Taiwans Regierung Ende 2022 angekündigt, die Wehrdienstpflicht in Taiwan von vier Monaten auf ein Jahr zu verlängern. Am vergangenen Donnerstag traten die ersten Rekruten unter dieser Regelung ihre Ausbildung an. Laut Chen Chien-yi, dem Stabschef des Armeekommandos, wurden dabei 9.127 Männer neu rekrutiert. Durch die Reform des Pflichtwehrdienstes erhöht sich Taiwans Truppenstärke um 60.000 bis 70.000 Mann. Laut Schätzungen der Security-Statstik-Seite Global Fire Power hat Taiwan insgesamt 2,58 Millionen Militärangehörige, davon 215.000 Soldaten im aktiven Dienst und 2,31 Millionen Reservesoldaten.
Die Wehrpflichtreform geht mit einem “Plan zur Neuausrichtung der Streitkräfte” einher, der bereits von der scheidenden Präsidentin Tsai Ing-wen verabschiedet wurde. Auch ihr Nachfolger im Amt, William Lai, hat erklärt, dass er die Stärkung des Militärs fortsetzen wird, einschließlich steigender Verteidigungsausgaben in Höhe von 2,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts.
Die Wehrpflichtigen verbringen mit acht statt bisher fünf Wochen nun mehr Zeit in der Grundausbildung, bevor sie zu Spezial-Aufgaben in den verschiedenen Bereichen des Militärs übergehen. Während der Grundausbildung werden Bajonettübungen durch Nahkampf-Training ersetzt. Auch der Umgang mit modernen Waffen wie Stinger-Flugabwehrraketen und Drohnen wird verstärkt gelehrt. Simulierte Stresssituationen, etwa die Versorgung von Verwundeten unter Beschuss, soll die psychologische Widerstandsfähigkeit stärken und das Training realitätsnäher machen. Eine ausführliche Analyse lesen Sie hier. fpe
Zwölf Jahre nach den ersten Meldungen über Trefferprobleme mit dem Gewehr G36, der Standardwaffe der Bundeswehr, und neun Jahre nach einer entsprechenden Anweisung der damaligen Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen haben die ersten Tests des vorgesehenen neuen Sturmgewehrs der Streitkräfte begonnen. Dabei erfüllte die Waffe nach Angaben der Bundeswehr-Beschaffungsbehörde bei den ersten Schussversuchen die gestellten Anforderungen. Die eigentliche Truppenerprobung soll im Februar starten.
Nachdem es bereits 2012 erste Hinweise darauf gegeben hatte, dass das G36 des Herstellers Heckler&Koch bei längerer Nutzung nicht mehr zielgenau schießt, hatte von der Leyen 2015 angekündigt, dass diese Waffe nicht mehr dauerhaft in den Streitkräften genutzt werden solle. Nach einer Ausschreibung für ein neues Sturmgewehr 2017 dauerte es unter anderem wegen Patentstreitigkeiten zwischen zwei Waffenfirmen noch einmal mehrere Jahre, bis die Beschaffung des Gewehrs HK416, ebenfalls von Heckler&Koch, feststand. Diese Waffe wird unter anderem von den Streitkräften Frankreichs und Norwegens bereits als Standardwaffe genutzt. Sie soll als G95 in die Bundeswehr eingeführt werden; eine etwas andere Version des HK416 wird bereits von den deutschen Spezialkräften genutzt.
Bei den bisherigen Schusstests wurden nach Angaben des Bundesamtes für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr (BAAINBw) fünf der vorab gelieferten 390 Nachweismuster erprobt. Sowohl bei den Versuchen mit ziviler Präzisionsmunition, die mögliche Abweichungen der Waffen von den vorgegebenen Normen aufdecken sollten, als auch bei den Schüssen mit der neuen Gefechtsmunition der Bundeswehr hätten die Gewehre alle Tests bestanden. Zuvor hatte der Bundesrechnungshof in einem bekannt gewordenen Bericht bemängelt, für die Schießversuche unter Laborbedingungen seien die Anforderungen an die Waffen gesenkt worden. Allerdings war nach Darstellung des BAAINBw von der Prüfbehörde der Abschluss dieser Tests nicht abgewartet worden.
Die bisherigen Versuche geben noch keinen Aufschluss darüber, wie das vorgesehene neue Sturmgewehr unter Einsatzbedingungen funktioniert. Dazu ist die Truppenerprobung vorgesehen, bei der die Waffe unter anderem im Zusammenwirken mit der vorgesehenen Zieloptik getestet wird. tw
Eine EU-Ausbildungsplattform für Klima, Sicherheit und Verteidigung, sowie Unterstützung für die Mitgliedstaaten bei der Entwicklung umweltfreundlicher Standards in Klima- und Verteidigungsfragen, um das Militär nachhaltiger aufzustellen: Diese Maßnahmen sieht das Forschungspapier “Greening the Armies”, das kürzlich vom Generalsekretariat des Rates der Europäischen Union (GSC) veröffentlicht wurde, als notwendig an, um den Carbon “Bootprint” des Militärs zu verringern.
Die Idee von grünen Armeen rückt erst langsam in den Fokus der EU-Politik. “Historisch gesehen haben die Streitkräfte ein Gefühl des ökologischen Exzeptionalismus genossen”, sagt Doug Weir, Direktor für Forschung und Politik beim The Conflict and Environment Observatory (CEOBS) zu Table.Media. Dies mache es schwierig, umweltpolitische Maßnahmen voranzutreiben. “Wir sehen zudem einen Mangel an Transparenz und Ehrlichkeit in Bezug auf das Ausmaß dieser Herausforderung. Das könnte das Vertrauen der Öffentlichkeit in die angekündigten Maßnahmen untergraben.”
Das Papier beleuchtet auch die Vorteile, die sich daraus ergeben, Klima- und Verteidigungsziele zu verknüpfen. So verringere die Nutzung umweltfreundlicher Ressourcen für militärische Einrichtungen die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen. Zudem befasst es sich mit den Herausforderungen, die mit der Dekarbonisierung der Streitkräfte einhergehen. Die Wesentlichste sei, Wirksamkeit und Einsatzbereitschaft der Armeen währenddessen aufrechtzuerhalten.
Kritik am Konzept gibt es von Martin Schirdewan, Co-Vorsitzender der Linksfraktion im Europäischen Parlament. “Wenn der biologische Fußabdruck vom Militär grüner ist, werden das vielleicht noch mehr grüne Parteien in der EU goutieren, es wird aber keinen einzigen Krieg verhindern“, sagt er Table.Media. “Die beste und einzige Möglichkeit in dem Kontext, die Böden und die Umwelt zu schonen, ist schlicht, wie es die Linke fordert, keine Waffen anzuwenden und auf Diplomatie und Frieden zu setzen.” asc
ZEIT: Jemen – Amerika schießt, Europa zeigt Flagge und China schaut zu. Dass die Huthi-Attacken im Roten Meer den Welthandel bedrohen, ist bekannt. Die Wirkung einer EU-Marine-Mission wird gering geschätzt. Einfluss nehmen könnte China, das eine Militärbasis in Dschibuti unterhält. Warum Peking zurückhaltend bleibt, obwohl keine Volkswirtschaft der Welt mehr auf eine sichere Fahrt durchs Rote Meer angewiesen ist, schlüsselt dieser Text auf.
Frankfurter Allgemeine Zeitung: “Reguläre Armeen beginnen Kriege, Bürgerarmeen gewinnen sie.” Nicht nur in Deutschland kocht im Zuge diverser Krisen die Wehrpflichtdebatte wieder hoch, auch in Großbritannien forderte der Oberbefehlshaber der Armee eine Einführung der Wehrpflicht. Gegenwind kommt aus dem Verteidigungsministerium – es betont, das britische Militär habe eine “stolze Tradition als Freiwilligenarmee.”
The New York Times: An Unlikely New Threat to Haiti’s Stability: An Armed Environmental Group. Eine bewaffnete Umweltbrigade, verbündet mit einem ehemaligen Putschisten, fordert den Sturz des haitianischen Premierministers. Unterdessen steigt die Zahl von Morden, und sogar Polizisten fliehen. Nicht zuletzt verstärkt auch die zunehmende Bandenkriminalität die Spannungen im ohnehin schon unruhigen Land.
GIDS Research: Die USA als geostrategischen Akteur im Ukrainekrieg verstehen. Das German Institute for Defence and Strategic Studies beschreibt in diesem Papier, wie sich das US-amerikanische geostrategische Akteursverhalten über die Jahre gewandelt hat. Mit Blick auf Russlands Angriffskrieg stellt sich die Frage, welche strategischen Ziele die USA im Ukrainekrieg erreichen könnten.
Hamas ist nicht nur eine brutale Terrororganisation, sondern auch ein sehr reiches globales Finanznetzwerk. Neben staatlicher Unterstützung aus Iran und Qatar, sowie Gewinnen aus Firmengeflechten in Nordafrika und dem Nahen Osten unterhält Hamas auch ein globales Netzwerk an Unterstützern, welche sowohl offline als auch online Spenden für die Gruppe sammeln. Dabei nutzt Hamas geschickt Lücken in den bestehenden Gesetzen und Regulierungen sowie mangelnde Umsetzung von bestehenden Sanktionen aus. Dieser breite finanzielle Rücken der Hamas wird es der Terrorgruppe mittelfristig erlauben, die durch die israelischen Militäroperationen erlittenen Verluste wieder auszugleichen, wenn es nicht gelingt, die Einnahmequellen der Hamas effektiv zu bekämpfen.
Eine nachhaltige Bekämpfung der Hamas muss auf drei Säulen stehen. Durch die Zerstörung der physischen Infrastruktur, der Tunnel, Waffenlager und Raketen, wird die Hamas temporär geschwächt. Eine politische Lösung der Palästinenserfrage ist die zweite zentrale Aufgabe, welche jedoch Jahre in Anspruch nehmen wird. Die Bekämpfung der Finanzierung der Hamas trägt dazu bei, dass sich die Terrorgruppe während diesen langwierigen Verhandlungen nicht wieder als Machtfaktor etablieren kann. Die Störung der Finanzströme der Hamas ist eine multilaterale Aufgabe, zu welcher auch die Bundesregierung einen entscheidenden Beitrag leisten kann und sollte.
Da die Hamas über ein globales Finanznetzwerk verfügt, muss hier auf drei Ebenen gleichzeitig und abgestimmt vorgegangen werden, multilateral, europäisch und national. Auf multilateraler Ebene sollte sich die Bundesregierung dafür einsetzen, dass die noch bestehenden globalen Sanktionslücken in Bezug auf die Hamas geschlossen werden. Die Ankündigung der Schweizer Regierung Ende November 2023, die Hamas nun endlich per Gesetz zur Terrororganisation zu erklären, war ein wichtiger Schritt. Dennoch ist die Hamas weiterhin in vielen Staaten noch nicht als Terrororganisation sanktioniert. Die Regierung von Malaysia ging zwar im November gegen eine der Hamas nahestehende Nichtregierungsorganisation wegen Veruntreuung von Finanzmitteln vor, sieht aber weiterhin die Hamas insgesamt nicht als Terrorgruppe. Auch der NATO-Partner Türkei erlaubt weiterhin der Hamas Finanzaktivitäten. Trend GYO, eine von den USA mehrfach sanktionierte Firma in der Türkei, operiert weiterhin und ist an der Istanbuler Börse gelistet.
Auf EU-Ebene ist zwar damit begonnen worden, weitere Sanktionen gegen die Hamas und ihr Führungspersonal zu beschließen. Es bestehen jedoch noch große Lücken in Bezug auf ihr Finanzsystem. Die Hamas verbreitet nicht nur ihre extremistische Propaganda über die sozialen Medien, sondern nutzt diese auch für die Organisation seiner Spendensammlungen. Daher sollten die neu geschaffenen EU-Regulierungsinstrumente wie die Verordnung zur Bekämpfung der Verbreitung terroristischer Online-Inhalte (TCO) sowie das EU-Gesetz über digitale Dienste (DSA) stärker zum Einsatz kommen. Hier sollte die Bundesregierung darauf drängen, dass auch die online Finanzaktivitäten der Hamas stärker ins Visier genommen werden.
Auch auf nationaler Ebene kann in Deutschland noch einiges getan werden, um die Finanzströme Richtung Hamas besser zu stören. Das Anfang November erlassene Betätigungsverbot für die Hamas war wichtig und richtig. Dass die damit ausgelösten Durchsuchungen jedoch erst Wochen später Ende November stattfanden, ist bedauerlich, da damit den Hamas Unterstützern die Chance gegeben wurde, Finanzmittel zu verschleiern oder außer Landes zu schaffen. Als erster Schritt sollten jetzt die Befugnisse der Verfassungsschutzbehörden erweitert werden. Diese können bislang nur dann gezielt Finanzinformationen sammeln, wenn die unter Beobachtung stehende Gruppe offen Gewalt befürwortet oder ausübt. Ohne die Vorfelduntersuchung der Inlandsgeheimdienste ist es jedoch schwer für Strafermittler entsprechende Verfahren zu eröffnen. Diese Gesetzeslücke sollte schnellstens geschlossen werden.
Ohne eine Bekämpfung der Hamas-Finanzen wird diese Gruppe die aktuell in Gazastreifen erlittenen Verluste ersetzen können. Hier einen Beitrag zur effektiven Bekämpfung zu leisten, ist eine zentrale Aufgabe der Bundesregierung und trägt nicht nur zur Sicherheit Israels bei. Die im Dezember 2023 stattgefundenen Verhaftung von Hamas-Terroristen in Deutschland und Europa haben gezeigt, dass auch wir jederzeit ins Visier dieser Terrorgruppe geraten können. Ihre nachhaltige Schwächung ist daher auch in unserem nationalen Sicherheitsinteresse.
Hans-Jakob Schindler ist Senior Director des internationalen Counter Extremism Project (CEP). Die NGO beschäftigt sich mit den Finanzquellen von Terrororganisationen. Die CEP wird geleitet von einer internationalen Gruppe ehemaliger Politiker, leitender Regierungsbeamter und Diplomaten.
seit der Wahl der neuen polnischen Regierung im Oktober vergangenen Jahres hoffen Deutschland und Frankreich auf eine Wiederbelebung des Weimarer Dreiecks. Ministerpräsident Donald Tusk verspricht, dass es keine polnischen Alleingänge mehr geben werde und das Verteidigungsministerium von Wladyslaw Kosiniak-Kamysz zählt die militärische Unterstützung der Ukraine zu den oberen Prioritäten. Wie der neue Verteidigungsminister sein Ressort aufräumen und die Truppenstärke erhöhen will, lesen Sie in der Analyse von Andrzej Rybak.
Einem zusammenrückenden Westen treten Russland und der Iran entgegen, die ihre militärischen Verbindungen seit Russlands Angriff auf die Ukraine vertieft haben. Im letzten Teil unserer Serie “Russlands Freunde” analysiert Markus Bickel, warum die Beziehung manchmal trotzdem ungleich ist.
Hans-Jakob Schindler, Senior Director des internationalen Counter Extremism Project (CEP) sagt, die Hamas sei nicht nur eine brutale Terrororganisation, sondern auch ein “sehr reiches globales Finanznetzwerk”. Die Bundesregierung sollte einen Beitrag zur Störung ihrer Finanzsysteme leisten, fordert er in seinem Standpunkt.
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Die Nachricht aus Südkorea machte in Warschau vorige Woche schlimmste Befürchtungen wahr. “Die Waffenlieferungen nach Polen sind bedroht”, schrieb die koreanische Zeitung The Korea Herald. Der Grund: Die Finanzierung durch koreanische Staatsbanken sei nicht gesichert.
Nach dem russischen Überfall auf die Ukraine hatte die rechtspopulistische PiS-Regierung (Prawo i Sprawiedliwość, Recht und Gerechtigkeit) für fast 100 Millionen Zloty (knapp 23 Millionen Euro) Waffensysteme in Südkorea geordert, die durch südkoreanische Kredite finanziert werden sollten. Die Staatsbank Eximbank, die für die Abwicklung von Exportverträgen zuständig ist, darf aber laut Gesetz maximal 7,35 Billionen Won (circa 5 Millionen Euro) an einen einzelnen Kreditnehmer verleihen.
Letztes Jahr schöpfte Polen diesen Kreditrahmen bereits zu 80 Prozent aus. Um neue Rüstungsgüter liefern zu können, müsste die Regierung in Seoul den Kreditrahmen per Gesetz anheben. Doch in Korea stehen Wahlen bevor, die Zeit für eine Gesetzesänderung könnte knapp werden.
Die PiS hat die Einzelheiten des Korea-Geschäfts stets geheim gehalten. “Der Verteidigungsminister kaufte anscheinend alles auf Pump, ohne das Parlament und die Öffentlichkeit in Kenntnis über die Konditionen zu setzen”, sagt Mariusz Cielma, Militärexperte und Chefredakteur des Monatsmagazins Neue Militärtechnik. Wenn das Geschäft nun wegen der Finanzierung platzt, wird die PiS die neue Regierung beschuldigen, Polens nationale Sicherheit zu untergraben.
Der neue Verteidigungsminister Wladyslaw Kosiniak-Kamysz kündigte nach seinem Amtsantritt vor sechs Wochen an, die Verträge mit Südkorea auf den Prüfstand zu stellen – und dabei sowohl ihre militärische Zweckmäßigkeit als auch die finanziellen Konditionen zu analysieren. Denn die Entscheidung der PiS-Regierung, so viele Waffen in Südkorea zu bestellen, sorgte unter Experten für Unverständnis. Viele glauben, dass die Importe die Entwicklung der polnischen Rüstungsindustrie beschädigen, da manche Waffensysteme auch in Polen hätten produziert werden können.
Gleich nach seinem Amtsantritt begann Kosiniak-Kamysz, die Streitkräfte, die die PiS – wie auch alle anderen Staatsinstitutionen – zu Parteitreue verpflichten wollte, zu entpolitisieren. Er entließ den Rekrutierungschef der Armee, General Miroslaw Brys, der im Wahlkampf Soldaten-Picknicks organisiert hatte, bei denen PiS-Politiker auftraten. Und er tauschte auch die Führung der militärischen Geheim- und Abschirmdienste aus. “Politik hat bei den Streitkräften nichts zu suchen”, sagt der neue Minister. “Bei neuen Ernennungen ist allein Kompetenz gefragt.”
Der Kommandeur der Warschauer Garnison hob vorige Woche auch die frühere Anordnung der PiS-Minister auf, die die Soldaten verpflichtete, Informationen nur von Staatsmedien zu beziehen. Das Recht auf Wissen sei ein Grundrecht jedes Bürgers, kommentierte der neue Vize-Verteidigungsminister Cezary Tomczyk auf X. “Die Zensur ist in Polen verboten.”
Zu den ersten Entscheidungen des Verteidigungsministers gehörte die Abschaffung der Smolensk-Untersuchungskommission, die nach der Machtübernahme der PiS 2015 gegründet wurde. Die Kommission, die vom damaligen Verteidigungsminister Antoni Macierewicz geleitet wurde, sollte entgegen aller vorherigen Erkenntnisse nachweisen, dass der Absturz des polnischen Flugzeugs mit Präsident Lech Kaczynski und 95 weiteren Personen 2010 in Smolensk kein Unfall war.
Die PiS beschuldigt Moskau, die Maschine abgeschossen zu haben – konnte aber keine konkreten Beweise vorlegen. “Die Tragödie wurde als politische Waffe missbraucht“, sagte Kosiniak-Kamysz. “Es ist an der Zeit zu analysieren, was diese Kommission acht Jahre lang gemacht hat – und wie viel Geld dafür ausgegeben wurde.”
Letztes Jahr kündigte die PiS an, die Truppenstärke verdoppeln zu wollen – doch seit 2022 haben 36.000 Soldaten aller Teilstreitkräfte ihren Dienst gekündigt. Die neue Regierung will dem Trend entgegensteuern, indem sie die Bezüge erhöht. Statt 12,5 Prozent, die die PiS versprochen hat, sollen die Soldaten eine Gehaltserhöhung von 20 Prozent erhalten. Damit will das Ministerium den Job attraktiver machen – und 10.000 neue Berufssoldaten anwerben. Die Truppenstärke soll auf 135.500 Mann ansteigen.
Das Verteidigungsministerium bereitet auch ein neues Konzept der Landesverteidigung vor, damit Entscheidungen über den Einsatz der Armee schneller getroffen werden können. Dafür soll eventuell auch die Kommandostruktur geändert werden – das Operationskommando und das Generalkommando sollen durch ein einziges Kommando der Streitkräfte ersetzt werden.
Zu den obersten Prioritäten des Verteidigungsministeriums gehört weitere militärische Unterstützung der Ukraine. Unter der abgewählten PiS-Regierung gab es zuletzt immer wieder Spannungen zwischen Warschau und Kiew, die auch die Hilfsbereitschaft der Polen beeinträchtigten. “Vom Ausgang des Krieges hängt die Sicherheit Polens und Europas ab“, sagte Ministerpräsident Donald Tusk bei seinem Antrittsbesuch in Kiew Mitte Januar.
Tusk will Polens Sicherheits- und Verteidigungspolitik stärker mit den Verbündeten in der EU und Nato koordinieren und auch mit europäischen Partnern an gemeinsamen Rüstungsprojekten zusammenarbeiten. Der Ministerpräsident verspricht: “Polnische Alleingänge wird es nicht geben.”
Der Deal steht offenbar kurz vor dem Abschluss: Russland werde in Kürze Kurzstreckenraketen vom Typ Fateh-110 und Zolfaghar von Teheran erwerben, berichtete das Wall Street Journal Anfang Januar. Damit würden die militärischen Fähigkeiten der russischen Armee, Ziele in der Ukraine anzugreifen, in einer kritischen Phase des Kriegs entscheidend erweitert, fürchten US-Offizielle. Die Sorge, dass die Sicherheitszusammenarbeit der Regime in Teheran und Moskau die antiwestliche Allianz stärke, treibt die Regierung von US-Präsident Joe Biden schon seit Längerem um – nicht zuletzt in Hinblick auf die Großkonflikte in der Ukraine und in Nahost.
Nicht ohne Grund. “Der russische Angriff auf die Ukraine im Februar 2022 stellt einen Wendepunkt im Verhältnis zu Iran dar”, sagt David Jalilvand von der Research Consultancy Orient Matters zu Table.Media. “Seitdem haben beide Regime ihre Kooperation erheblich ausgeweitet, mit weitreichenden strategischen Komplikationen.”
Zwar hätten Russlands Präsident Wladimir Putin, sein iranischer Counterpart Ebrahim Raisi und dessen Vorgänger schon davor auch in militärischen Fragen zusammengearbeitet, nicht zuletzt bei der Unterstützung des Regimes von Baschar al-Assad in Syrien. Doch so eng wie seit dem russischen Überfall vor zwei Jahren hätten die beiden von internationalen Sanktionen belegten Regime ihr Vorgehen noch nie aufeinander abgestimmt – nicht zuletzt im Sicherheits- und Verteidigungsbereich.
Das machen zahlreiche Treffen auf höchster Ebene in den vergangenen Monaten deutlich. Erst im Dezember war Raisi auf Staatsbesuch in Moskau; das Treffen mit Putin dauerte fünf Stunden. Bereits zuvor hatte der Kreml mitgeteilt, dass sich die Ausweitung der Beziehungen auch auf “das Feld militärisch-technologischer Kooperation” erstrecken werde. Aus Teheran wiederum hieß es im November 2023, dass die militärische Zusammenarbeit mit Russland von Tag zu Tag zunehme. Angeblich sollen Vereinbarungen über die Lieferung von Su-35-Kampfjets, Mi-28-Kampfhubschraubern und Jak-130-Schulflugzeugen bereits abgeschlossen worden sein.
Im vergangenen September besuchte der russische Verteidigungsminister Sergej Schoigu Teheran und ließ sich auf einem Ausstellungsgelände der Revolutionsgarden ein neues Startsystem für Kamikaze-Drohnen vom Typ Schahed-136 zeigen sowie Raketen, Marschflugkörper und Luftverteidigungssysteme. Der Stabschef der iranischen Armee, Generalmajor Mohammad Hossein Bagheri, beteuerte, dass die Beziehungen zu Moskau eine “neue Dimension” erreicht hätten – und kündigte ein gemeinsames Manöver für diesen Februar an. Auch mit dem Vorsitzenden des Obersten Nationalen Sicherheitsrats, Ali Akbar Ahmadian, Verteidigungsminister Mohammed-Resa Aschtiani und dem Chef der Luftwaffe der Revolutionsgarden, Amir Ali Hadschizadeh, traf Schoigu zusammen.
Neben eng abgestimmtem Vorgehen im Cyber-Bereich ist Russland zuletzt allerdings vor allem als Importeur iranischer Drohnen in Erscheinung getreten – während es mit Exporten von Rüstungsgütern Richtung Iran zögerte. Der Grund liegt in geostrategischen Erwägungen, die anders als in der iranischen Führung auch Israels Sicherheitsinteressen Rechnung tragen müssen.
Und geleitet sind von der Sorge, das geopolitische Gleichgewicht rund um den Persischen Golf nicht zu stören, meint der Iran-Experte Jalilvand. Da Putin weiter auf gute Beziehungen zu den Vereinigten Arabischen Emiraten und Saudi-Arabien setze, sei die Lieferung von Kampfjets und -hubschraubern “ein sensibler Punkt”. Dieser habe Moskau bislang davon abgehalten, Teheran militärisch vergleichbar zu unterstützen wie das Mullah-Regime das in die andere Richtung mit iranischen Drohnen tue.
Hinzu kommt auch, dass Moskau in der Vergangenheit sehr darauf bedacht war, ein Erstarken Irans im Kaukasus zu verhindern. Ebenso kritisch beäugte es bislang die nuklearen Ambitionen Teherans. Außerdem geht es in Syrien trotz Unterstützung Assads deutlich anders vor als Teheran: So intervenierte Russland 2015 zwar militärisch aufseiten des alawitischen Machthabers, doch sorgt ein sogenannter “militärischer Entflechtungsmechanismus” für regelmäßige Treffen zwischen russischen und israelischen Offizieren. Zudem besteht so ein direkter Draht zwischen den Kommandozentralen der israelischen und russischen Militärführungen.
Der Iran hatte schon unmittelbar nach Beginn der Proteste gegen Assad 2011 Offiziere seiner Revolutionsgarden nach Syrien geschickt und die Unterstützung der syrischen Armee durch die schiitische Hisbollah aus dem Libanon koordiniert. Ohne Eingreifen Irans und Russlands wäre es Assad nicht gelungen, den Aufstand der aus den Golfstaaten unterstützten sunnitischen Dschihadistenmilizen niederzuschlagen. Andererseits sieht er sich durch Moskaus Unterstützung gezwungen, stillzuhalten gegenüber den zuletzt vermehrten israelischen Angriffen auf Hamas, Hisbollah sowie Kommandeure der Revolutionsgarden im eigenen Land. Moskau würde ein aktives Eingreifen in den Krieg gegen Israel nicht dulden.
Mit Blick auf die wiederholten Angriffe US-amerikanischer und britischer Kampfjets gegen Stellungen der von Iran unterstützten Huthi-Milizen im Jemen wiederum treten die Führungen in Moskau und Teheran Hand in Hand auf. Vor dem UN-Sicherheitsrat verurteilte der russische Außenminister Sergej Lawrow Ende Januar in die Angriffe als “ungerechtfertigte Aggression” und direkte Bedrohung für den internationalen Frieden. Zuvor hatte er sich mit seinem iranischen Amtskollegen Hossein Amir-Abdollahian über das weitere Vorgehen in Nahost abgestimmt.
Im nächsten Jahr feiert die Ecowas ihren 50. Geburtstag – das große Jubiläum muss dann allerdings mit deutlich weniger Mitgliedstaaten über die Bühne gehen: Mali, Niger und Burkina Faso erklärten am Wochenende, die Organisation verlassen zu wollen.
Noch ist das Ganze zwar nicht formell durch, da ein Austritt offiziell bei der Ecowas beantragt werden muss und dann nach einem Jahr erst wirksam wird. Doch dass sich am Willen der Sahelländer noch etwas ändert, halten Experten im Gespräch mit Table.Media nicht für wahrscheinlich.
“Es scheint eine geplante Entscheidung zu sein, aber es ist nicht klar, welches Land letztendlich dazu gedrängt hat. Niger steht nach dem Putsch weiterhin unter schweren Sanktionen der Ecowas, wie schon Mali in der Vergangenheit”, sagt Nina Wilén, die Direktorin des Afrika-Programms vom Egmont-Institut.
Die Westafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft hat sich auf die Fahnen geschrieben, die Zusammenarbeit und den Austausch von Gütern und Arbeitskräften zwischen den Mitgliedsländern zu stärken. Doch in der Bevölkerung, insbesondere in den Sahelländern, stieg zuletzt die Unzufriedenheit. “Dort wird die Legitimität der Ecowas ernsthaft infrage gestellt und dass sie 49 Jahre nach ihrer Gründung im Jahr 1975 ihre Ziele noch nicht erreicht hat”, sagt Fahiraman Koné vom Institute for Security Studies (ISS).
Dass Mali, Niger und Burkina die Ecowas hinter sich lassen wollen, hat laut Sicherheitsexpertin Wilén vor allem politische Gründe: “Der Symbolwert ist sehr wichtig. In allen Ländern sind Diskurse um Souveränität und gegen Neoimperialismus en vogue. Politisch versuchen diese Länder meiner Meinung nach, ihr Schicksal in die eigenen Hände zu nehmen.” Politisch befindet sich die Ecowas seit dem Putsch in Niger im vergangenen Sommer ohnehin in einer Glaubwürdigkeitskrise. Sie kündigte eine Militärintervention an, handelte dann aber nicht.
“Die jetzige Austrittsankündigung wurde zwar nicht konkret erwartet, kommt aber auch nicht überraschend, wenn man die Spannungen innerhalb der Ecowas in den letzten zwei Jahren in Mali und Niger betrachtet. Dazu auch die Situation in Niger, die einer Sackgasse gleicht”, sagt Koné von der Denkfabrik ISS. Das Narrativ der Militärregierungen sei noch einmal deutlich geworden. “Wenn man den Abzug der Minusma, den Rückzug dieser Länder aus der G5 Sahel-Gruppe und jetzt diesen Schritt betrachtet, sieht man eine Gemeinsamkeit: die Vorstellung, dass diese Institutionen von Frankreich manipuliert werden.”
Auch die Beziehungen zur EU erscheinen gerade alles andere als rosig. So hat Niger nach Informationen von Africa Intelligence einen Teil des Personals der zivilen Aufbaumission Eucap des Landes verwiesen.
Für die Stabilität der Sahelregion und damit die Zukunft der wirtschaftlichen Zugpferde in Westafrika – wie Nigeria, Elfenbeinküste und Ghana – sind das alles keine guten Nachrichten. “Mali, Burkina und Niger haben sich in der jüngsten Vergangenheit nicht wirklich gut entwickelt, daher besteht die Gefahr, dass sich die Sicherheitslage weiter verschlechtert. Auch die Golfstaaten könnten stärkere Auswirkungen spüren”, sagt Wilén. Zudem steht die Rückkehr zur demokratischen Ordnung infrage, wie der in Mali ansässige Koné präzisiert. Ohne den Druck der Ecowas sei nicht klar, ob die abgestimmten Zeitpläne noch verfolgt würden.
Die Spitzenkandidatin der FDP für die Europawahl, Marie-Agnes Strack-Zimmermann, hat sich für eine europäische Armee und einen Kommissar oder eine Kommissarin für Außenpolitik und Verteidigung in der EU-Kommission ausgesprochen. “Wir müssen sofort nach der Europawahl loslegen. Es muss zunächst mal formal einen Ausschuss für Sicherheit, Verteidigung und letztlich auch Industrie in Brüssel geben”, sagte Strack-Zimmermann im Table.Media-Podcast Table.Today. “Am Ende des Prozesses brauchen wir eine gemeinsame europäische Armee, die vom EU-Parlament auf den Weg gebracht wird und einem Oberbefehl untersteht.”
Die Befehlsgewalt könne rotierend zwischen den EU-Staaten wechseln, so Strack-Zimmermann. Eine gemeinsame Beschaffung wäre der erste Schritt. “Wir haben in Europa 14 verschiedene Panzertypen. Viel zu kompliziert, viel zu viel Kleinstaaterei.” Außerdem müsse die neue EU-Kommission einen Kommissar oder eine Kommissarin nominieren, der oder die sich ausschließlich mit der Außen- und Sicherheitspolitik befassen werden, so die FDP-Politikerin.
Strack-Zimmermann verlangte außerdem mehr finanzielle Anstrengungen in den EU-Mitgliedstaaten für die Ukraine. “Es reicht europäisch hinten und vorne nicht”, sagte Strack-Zimmermann. In der Frage der Waffenlieferungen werde sie auch aus Brüssel eine Kritikerin eines zu zögerlichen Kurses bleiben, sagte die FDP-Politikerin in Richtung Bundeskanzler Olaf Scholz.
“Wer immer glaubt, er sei erlöst von mir, der irrt gewaltig. Man kann auch von Brüssel aus in der Sicherheitspolitik deutlich sein und das werde ich bleiben.” brö
Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg hat Teheran am Montag davor gewarnt, weiter Gruppen zu unterstützen, die die zivile wie militärische Schifffahrt im Roten Meer bedrohten. “Der Iran fährt fort, die Region zu destabilisieren. Dazu gehört auch die Unterstützung von Terroristen, die unsere Schiffe im Roten Meer angreifen”, sagte Stoltenberg vor einem Treffen mit US-Verteidigungsminister Lloyd Austin im Pentagon.
Selbstverständlich bleibe Präsident Joe Biden der amerikanischen Linie treu, Angriffe auf US-Streitkräfte nirgendwo zu dulden, sagte Austin: “Wir werden alle notwendigen Maßnahmen ergreifen, um die USA und unsere Truppen zu verteidigen.”
Nach dem tödlichen Angriff auf eine US-Basis im Dreiländereck zwischen Irak, Syrien und Jordanien am Wochenende schwankt die US-Administration zwischen hartem Vorgehen – und dem strategischen Kalkül, einer direkten Konfrontation mit dem Iran weiter aus dem Weg zu gehen.
Dafür sieht Michael Young von der Carnegie-Stiftung in Beirut auf iranischer Seite Offenheit: Weder bei der Führung in Teheran noch bei der Hisbollah im Libanon selbst, die seit mehr als dreißig Jahren von Generalsekretär Hassan Nasrallah geführt wird, bestehe Interesse an einer direkten Konfrontation mit den USA. “Nasrallah hat die strategische Entscheidung getroffen, einen Krieg zu vermeiden”, so Young.
Young erteilte Hoffnungen darauf, dass sich Entspannung zwischen Libanon und Israel positiv auf die Entwicklung im Gazakrieg auswirken könne, kurzfristig eine Absage. “Der Konflikt zwischen Hisbollah und Israel wird erst enden, wenn der Gazakrieg vorbei ist”, sagte er Table.Media.
Am Sonntag war CIA-Direktor William J. Burns in Paris mit israelischen, ägyptischen und katarischen Beamten zusammengekommen, um ein Abkommen auszuhandeln, in dem Israel militärische Handlungen gegen die Hamas für zwei Monate im Austausch für die Freilassung von mehr als 100 Geiseln, die am 7. Oktober entführt wurden, einstellen würde. mrb
Befürchten muss der russische Präsident Wladimir Putin bei seinem möglichen Türkei-Besuch im Februar nichts: Ankara erkennt den Internationalen Strafgerichtshof nicht an und wird den im März 2023 erlassenen Haftbefehl des Gerichtshofs gegen Putin nicht umsetzen. Seit dem Haftbefehl meidet Putin Reisen ins Ausland, gerade einmal vier hat er im vergangenen Jahr absolviert.
Der Besuch bei Recep Tayyip Erdoğan gelte dem Thema Ukraine, sagte Juri Uschakow am Montag in Moskau. Der 76-Jährige ist Putins außenpolitischer Berater und war 1998 bis 2008 Botschafter in den USA. Eine Reise in die Türkei, die eine Vermittlerrolle zwischen Moskau und Kiew einnehmen will und zugleich von dem Krieg selbst profitiert, wurde bereits bei Putins Jahrespressekonferenz im Dezember angedeutet. Erdoğan hatte Anfang Januar mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskij telefoniert.
Die Ankündigung des Treffens zwischen Putin und Erdoğan erfolgt drei Tage nach einem Bericht der Agentur Bloomberg, laut dem russische Diplomaten in den USA eine Gesprächsbereitschaft zur Beendigung des Krieges ausloten. In gut sieben Wochen stehen in Russland Präsidentschaftswahlen an. Signale, die ein Ende des Krieges erhoffen lassen, würden Putin nützen.
Militärisch können sowohl die Ukraine als auch Russland derzeit keine substanziellen Schritte machen. Der Ukraine gelangen in den vergangenen Wochen jedoch teils spektakuläre Erfolge gegen russische Kriegstechnik, außerdem verursachte die ukrainische Armee seit Jahresbeginn mehrere größere Schäden an russischen Raffinerien in Grenznähe und teils Hunderte Kilometer von der Grenze entfernt. vf
Die USA überprüfen und ertüchtigen derzeit die Bunker für taktische Atomwaffen am Luftwaffenstandort in Lakenheath im britischen Suffolk. Darüber berichtete der britische Telegraph am Freitag und berief sich auf Dokumente aus dem Pentagon. Bereits im März vergangenen Jahres hatte die amerikanische Air Force in ihrem Budgetplan für 2024 finanzielle Mittel für den Bau von Bunkeranlagen für Atomwaffen eingeplant. Im August berichtete die “Federation of American Scientists” darüber.
Eine Überprüfung oder Ertüchtigung heiße nicht, dass die USA dort zeitnah taktische Atomwaffen vorstationieren werden, sagt Severin Pleyer, wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Helmut-Schmidt-Universität/Universität der Bundeswehr in Hamburg: “Das geht aus den Dokumenten aus dem Pentagon nicht hervor. Es geht erst einmal darum, dass die USA die Lagerung der Sprengköpfe des Typs B61-12, also den Freifallwaffen nach aktuellem Nato-Standard, sicherstellen könnten”.
Die Beschaffungsverträge beziehen sich demnach auf neue Ausrüstung für den Stützpunkt, darunter ballistische Schutzschilde, die das Militärpersonal vor Angriffen auf “hochwertige Güter” schützen sollen. Der Bau einer neuen Unterkunft für die amerikanischen Streitkräfte, die auf dem Gelände arbeiten, soll im Juni beginnen.
Ab wann und wie viele Sprengköpfe dann tatsächlich in Lakenheath gelagert werden könnten, ist nicht bekannt. “Denkbar ist, dass die tatsächliche Bekanntgabe der Stationierung von Atomwaffen dann genutzt wird, wenn ein Signal an Russland gesendet werden soll”, sagt Pleyer.
Aktuell existierten zwischen 200 und 300 Sprengköpfe des Typs B61-12, die auf amerikanische und europäische Standorte in Deutschland, Italien, Belgien und Niederlande verteilt sind. Unklar ist, ob die USA im türkischen Incirlik ebenfalls noch Atomwaffen gelagert haben. Im deutschen Büchel sollen unbestätigten Angaben zufolge 20 taktische Atomwaffen lagern, die im Kriegsfall von Piloten der Bundeswehr mit Flugzeugen der Luftwaffe eingesetzt werden können.
Bis 2008 hatten die USA im Rahmen der nuklearen Teilhabe in Großbritannien Sprengköpfe gelagert, sie dann aber aufgrund der weltweiten Abrüstungsmaßnahmen zurückgenommen. Vor dem Hintergrund russischer Drohungen, Atomwaffen gegen westliche Ziele einzusetzen, baut die Nato seit vergangenem Jahr ihre nukleare Abschreckungsfähigkeit aus. Dazu gehörten die Stärkung der Langstreckenfähigkeiten der konventionellen Streitkräfte wie die Stationierung von Hyperschallraketen zum Beispiel in Ramstein, neue Programme für die Bomberflotten der USA, oder die Erneuerung der amerikanischen Interkontinentalraketen, so Pleyer.
Die aktuelle mediale Berichterstattung um die Stationierung der Atomwaffen fällt in eine Zeit, in der auch in Großbritannien über die Einführung einer Wehrpflicht und den schlechten Zustand der Armee debattiert wird. “Eine Stärkung des nuklearen Abschreckungsgedankens hilft natürlich als Argument gegen die Wehrpflicht. Bisher gab es nämlich kaum einen öffentlichen nuklearen Diskurs in England”, sagt Pleyer. klm
Taiwans Wehrpflichtige müssen nun ein Jahr Dienst leisten. Angesichts wachsender Bedrohung vom Festland hatte Taiwans Regierung Ende 2022 angekündigt, die Wehrdienstpflicht in Taiwan von vier Monaten auf ein Jahr zu verlängern. Am vergangenen Donnerstag traten die ersten Rekruten unter dieser Regelung ihre Ausbildung an. Laut Chen Chien-yi, dem Stabschef des Armeekommandos, wurden dabei 9.127 Männer neu rekrutiert. Durch die Reform des Pflichtwehrdienstes erhöht sich Taiwans Truppenstärke um 60.000 bis 70.000 Mann. Laut Schätzungen der Security-Statstik-Seite Global Fire Power hat Taiwan insgesamt 2,58 Millionen Militärangehörige, davon 215.000 Soldaten im aktiven Dienst und 2,31 Millionen Reservesoldaten.
Die Wehrpflichtreform geht mit einem “Plan zur Neuausrichtung der Streitkräfte” einher, der bereits von der scheidenden Präsidentin Tsai Ing-wen verabschiedet wurde. Auch ihr Nachfolger im Amt, William Lai, hat erklärt, dass er die Stärkung des Militärs fortsetzen wird, einschließlich steigender Verteidigungsausgaben in Höhe von 2,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts.
Die Wehrpflichtigen verbringen mit acht statt bisher fünf Wochen nun mehr Zeit in der Grundausbildung, bevor sie zu Spezial-Aufgaben in den verschiedenen Bereichen des Militärs übergehen. Während der Grundausbildung werden Bajonettübungen durch Nahkampf-Training ersetzt. Auch der Umgang mit modernen Waffen wie Stinger-Flugabwehrraketen und Drohnen wird verstärkt gelehrt. Simulierte Stresssituationen, etwa die Versorgung von Verwundeten unter Beschuss, soll die psychologische Widerstandsfähigkeit stärken und das Training realitätsnäher machen. Eine ausführliche Analyse lesen Sie hier. fpe
Zwölf Jahre nach den ersten Meldungen über Trefferprobleme mit dem Gewehr G36, der Standardwaffe der Bundeswehr, und neun Jahre nach einer entsprechenden Anweisung der damaligen Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen haben die ersten Tests des vorgesehenen neuen Sturmgewehrs der Streitkräfte begonnen. Dabei erfüllte die Waffe nach Angaben der Bundeswehr-Beschaffungsbehörde bei den ersten Schussversuchen die gestellten Anforderungen. Die eigentliche Truppenerprobung soll im Februar starten.
Nachdem es bereits 2012 erste Hinweise darauf gegeben hatte, dass das G36 des Herstellers Heckler&Koch bei längerer Nutzung nicht mehr zielgenau schießt, hatte von der Leyen 2015 angekündigt, dass diese Waffe nicht mehr dauerhaft in den Streitkräften genutzt werden solle. Nach einer Ausschreibung für ein neues Sturmgewehr 2017 dauerte es unter anderem wegen Patentstreitigkeiten zwischen zwei Waffenfirmen noch einmal mehrere Jahre, bis die Beschaffung des Gewehrs HK416, ebenfalls von Heckler&Koch, feststand. Diese Waffe wird unter anderem von den Streitkräften Frankreichs und Norwegens bereits als Standardwaffe genutzt. Sie soll als G95 in die Bundeswehr eingeführt werden; eine etwas andere Version des HK416 wird bereits von den deutschen Spezialkräften genutzt.
Bei den bisherigen Schusstests wurden nach Angaben des Bundesamtes für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr (BAAINBw) fünf der vorab gelieferten 390 Nachweismuster erprobt. Sowohl bei den Versuchen mit ziviler Präzisionsmunition, die mögliche Abweichungen der Waffen von den vorgegebenen Normen aufdecken sollten, als auch bei den Schüssen mit der neuen Gefechtsmunition der Bundeswehr hätten die Gewehre alle Tests bestanden. Zuvor hatte der Bundesrechnungshof in einem bekannt gewordenen Bericht bemängelt, für die Schießversuche unter Laborbedingungen seien die Anforderungen an die Waffen gesenkt worden. Allerdings war nach Darstellung des BAAINBw von der Prüfbehörde der Abschluss dieser Tests nicht abgewartet worden.
Die bisherigen Versuche geben noch keinen Aufschluss darüber, wie das vorgesehene neue Sturmgewehr unter Einsatzbedingungen funktioniert. Dazu ist die Truppenerprobung vorgesehen, bei der die Waffe unter anderem im Zusammenwirken mit der vorgesehenen Zieloptik getestet wird. tw
Eine EU-Ausbildungsplattform für Klima, Sicherheit und Verteidigung, sowie Unterstützung für die Mitgliedstaaten bei der Entwicklung umweltfreundlicher Standards in Klima- und Verteidigungsfragen, um das Militär nachhaltiger aufzustellen: Diese Maßnahmen sieht das Forschungspapier “Greening the Armies”, das kürzlich vom Generalsekretariat des Rates der Europäischen Union (GSC) veröffentlicht wurde, als notwendig an, um den Carbon “Bootprint” des Militärs zu verringern.
Die Idee von grünen Armeen rückt erst langsam in den Fokus der EU-Politik. “Historisch gesehen haben die Streitkräfte ein Gefühl des ökologischen Exzeptionalismus genossen”, sagt Doug Weir, Direktor für Forschung und Politik beim The Conflict and Environment Observatory (CEOBS) zu Table.Media. Dies mache es schwierig, umweltpolitische Maßnahmen voranzutreiben. “Wir sehen zudem einen Mangel an Transparenz und Ehrlichkeit in Bezug auf das Ausmaß dieser Herausforderung. Das könnte das Vertrauen der Öffentlichkeit in die angekündigten Maßnahmen untergraben.”
Das Papier beleuchtet auch die Vorteile, die sich daraus ergeben, Klima- und Verteidigungsziele zu verknüpfen. So verringere die Nutzung umweltfreundlicher Ressourcen für militärische Einrichtungen die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen. Zudem befasst es sich mit den Herausforderungen, die mit der Dekarbonisierung der Streitkräfte einhergehen. Die Wesentlichste sei, Wirksamkeit und Einsatzbereitschaft der Armeen währenddessen aufrechtzuerhalten.
Kritik am Konzept gibt es von Martin Schirdewan, Co-Vorsitzender der Linksfraktion im Europäischen Parlament. “Wenn der biologische Fußabdruck vom Militär grüner ist, werden das vielleicht noch mehr grüne Parteien in der EU goutieren, es wird aber keinen einzigen Krieg verhindern“, sagt er Table.Media. “Die beste und einzige Möglichkeit in dem Kontext, die Böden und die Umwelt zu schonen, ist schlicht, wie es die Linke fordert, keine Waffen anzuwenden und auf Diplomatie und Frieden zu setzen.” asc
ZEIT: Jemen – Amerika schießt, Europa zeigt Flagge und China schaut zu. Dass die Huthi-Attacken im Roten Meer den Welthandel bedrohen, ist bekannt. Die Wirkung einer EU-Marine-Mission wird gering geschätzt. Einfluss nehmen könnte China, das eine Militärbasis in Dschibuti unterhält. Warum Peking zurückhaltend bleibt, obwohl keine Volkswirtschaft der Welt mehr auf eine sichere Fahrt durchs Rote Meer angewiesen ist, schlüsselt dieser Text auf.
Frankfurter Allgemeine Zeitung: “Reguläre Armeen beginnen Kriege, Bürgerarmeen gewinnen sie.” Nicht nur in Deutschland kocht im Zuge diverser Krisen die Wehrpflichtdebatte wieder hoch, auch in Großbritannien forderte der Oberbefehlshaber der Armee eine Einführung der Wehrpflicht. Gegenwind kommt aus dem Verteidigungsministerium – es betont, das britische Militär habe eine “stolze Tradition als Freiwilligenarmee.”
The New York Times: An Unlikely New Threat to Haiti’s Stability: An Armed Environmental Group. Eine bewaffnete Umweltbrigade, verbündet mit einem ehemaligen Putschisten, fordert den Sturz des haitianischen Premierministers. Unterdessen steigt die Zahl von Morden, und sogar Polizisten fliehen. Nicht zuletzt verstärkt auch die zunehmende Bandenkriminalität die Spannungen im ohnehin schon unruhigen Land.
GIDS Research: Die USA als geostrategischen Akteur im Ukrainekrieg verstehen. Das German Institute for Defence and Strategic Studies beschreibt in diesem Papier, wie sich das US-amerikanische geostrategische Akteursverhalten über die Jahre gewandelt hat. Mit Blick auf Russlands Angriffskrieg stellt sich die Frage, welche strategischen Ziele die USA im Ukrainekrieg erreichen könnten.
Hamas ist nicht nur eine brutale Terrororganisation, sondern auch ein sehr reiches globales Finanznetzwerk. Neben staatlicher Unterstützung aus Iran und Qatar, sowie Gewinnen aus Firmengeflechten in Nordafrika und dem Nahen Osten unterhält Hamas auch ein globales Netzwerk an Unterstützern, welche sowohl offline als auch online Spenden für die Gruppe sammeln. Dabei nutzt Hamas geschickt Lücken in den bestehenden Gesetzen und Regulierungen sowie mangelnde Umsetzung von bestehenden Sanktionen aus. Dieser breite finanzielle Rücken der Hamas wird es der Terrorgruppe mittelfristig erlauben, die durch die israelischen Militäroperationen erlittenen Verluste wieder auszugleichen, wenn es nicht gelingt, die Einnahmequellen der Hamas effektiv zu bekämpfen.
Eine nachhaltige Bekämpfung der Hamas muss auf drei Säulen stehen. Durch die Zerstörung der physischen Infrastruktur, der Tunnel, Waffenlager und Raketen, wird die Hamas temporär geschwächt. Eine politische Lösung der Palästinenserfrage ist die zweite zentrale Aufgabe, welche jedoch Jahre in Anspruch nehmen wird. Die Bekämpfung der Finanzierung der Hamas trägt dazu bei, dass sich die Terrorgruppe während diesen langwierigen Verhandlungen nicht wieder als Machtfaktor etablieren kann. Die Störung der Finanzströme der Hamas ist eine multilaterale Aufgabe, zu welcher auch die Bundesregierung einen entscheidenden Beitrag leisten kann und sollte.
Da die Hamas über ein globales Finanznetzwerk verfügt, muss hier auf drei Ebenen gleichzeitig und abgestimmt vorgegangen werden, multilateral, europäisch und national. Auf multilateraler Ebene sollte sich die Bundesregierung dafür einsetzen, dass die noch bestehenden globalen Sanktionslücken in Bezug auf die Hamas geschlossen werden. Die Ankündigung der Schweizer Regierung Ende November 2023, die Hamas nun endlich per Gesetz zur Terrororganisation zu erklären, war ein wichtiger Schritt. Dennoch ist die Hamas weiterhin in vielen Staaten noch nicht als Terrororganisation sanktioniert. Die Regierung von Malaysia ging zwar im November gegen eine der Hamas nahestehende Nichtregierungsorganisation wegen Veruntreuung von Finanzmitteln vor, sieht aber weiterhin die Hamas insgesamt nicht als Terrorgruppe. Auch der NATO-Partner Türkei erlaubt weiterhin der Hamas Finanzaktivitäten. Trend GYO, eine von den USA mehrfach sanktionierte Firma in der Türkei, operiert weiterhin und ist an der Istanbuler Börse gelistet.
Auf EU-Ebene ist zwar damit begonnen worden, weitere Sanktionen gegen die Hamas und ihr Führungspersonal zu beschließen. Es bestehen jedoch noch große Lücken in Bezug auf ihr Finanzsystem. Die Hamas verbreitet nicht nur ihre extremistische Propaganda über die sozialen Medien, sondern nutzt diese auch für die Organisation seiner Spendensammlungen. Daher sollten die neu geschaffenen EU-Regulierungsinstrumente wie die Verordnung zur Bekämpfung der Verbreitung terroristischer Online-Inhalte (TCO) sowie das EU-Gesetz über digitale Dienste (DSA) stärker zum Einsatz kommen. Hier sollte die Bundesregierung darauf drängen, dass auch die online Finanzaktivitäten der Hamas stärker ins Visier genommen werden.
Auch auf nationaler Ebene kann in Deutschland noch einiges getan werden, um die Finanzströme Richtung Hamas besser zu stören. Das Anfang November erlassene Betätigungsverbot für die Hamas war wichtig und richtig. Dass die damit ausgelösten Durchsuchungen jedoch erst Wochen später Ende November stattfanden, ist bedauerlich, da damit den Hamas Unterstützern die Chance gegeben wurde, Finanzmittel zu verschleiern oder außer Landes zu schaffen. Als erster Schritt sollten jetzt die Befugnisse der Verfassungsschutzbehörden erweitert werden. Diese können bislang nur dann gezielt Finanzinformationen sammeln, wenn die unter Beobachtung stehende Gruppe offen Gewalt befürwortet oder ausübt. Ohne die Vorfelduntersuchung der Inlandsgeheimdienste ist es jedoch schwer für Strafermittler entsprechende Verfahren zu eröffnen. Diese Gesetzeslücke sollte schnellstens geschlossen werden.
Ohne eine Bekämpfung der Hamas-Finanzen wird diese Gruppe die aktuell in Gazastreifen erlittenen Verluste ersetzen können. Hier einen Beitrag zur effektiven Bekämpfung zu leisten, ist eine zentrale Aufgabe der Bundesregierung und trägt nicht nur zur Sicherheit Israels bei. Die im Dezember 2023 stattgefundenen Verhaftung von Hamas-Terroristen in Deutschland und Europa haben gezeigt, dass auch wir jederzeit ins Visier dieser Terrorgruppe geraten können. Ihre nachhaltige Schwächung ist daher auch in unserem nationalen Sicherheitsinteresse.
Hans-Jakob Schindler ist Senior Director des internationalen Counter Extremism Project (CEP). Die NGO beschäftigt sich mit den Finanzquellen von Terrororganisationen. Die CEP wird geleitet von einer internationalen Gruppe ehemaliger Politiker, leitender Regierungsbeamter und Diplomaten.