Bundeskanzler Olaf Scholz wollte keine deutschen Alleingänge bei der Unterstützung der Ukraine mit Panzern. Paris preschte am Donnerstag aber vor, kündigte die Lieferung von Spähpanzern an. Und Deutschland zog sofort nach.
Vieles spricht für eine nicht abgestimmte Kommunikation zwischen Berlin und Paris: Doch es wirkte, als liefe Scholz hinter. Eine klare, gemeinsame, europäische Initiative sieht anders aus.
Aus Finnland kommt zusätzlich ein konkreter Vorschlag zur Lieferung von Leopard 2-Panzern an die Ukraine, wie Nana Brink berichtet. Und sogar noch mehr: Deutschland müsse diese europäische Initiative koordinieren, heißt es in dem finnischen Vorschlag, den Security.Table veröffentlicht.
Auch wenn die Regierung von Scholz sich beim Leopard 2 weiterhin zurückhält, wird sie sich zu dem Vorschlag verhalten müssen. Denn nach mehr als zehn Monaten Krieg in der Ukraine ist noch immer keine klar erkennbare, gemeinsamen europäischen Initiative sichtbar. Siehe Frankreichs Vorstoß.
Wir wünschen eine gute Lektüre
Am Ende blieb ihm wohl nichts anderes übrig. Nach einem Telefonat mit US-Präsident Joe Biden gab Bundeskanzler Olaf Scholz gestern Abend bekannt, die Bundesrepublik werde Schützenpanzer vom Typ Marder in die Ukraine liefern. Die Rede ist von 40 Stück.
Anders als die Ampelpartner FDP und Grüne hatte sich die SPD bislang auf Kanzler-Linie bewegt und Forderungen der Ukraine, deutsche Schützen- oder Kampfpanzer zu liefern, ins Leere laufen lassen. Der verteidigungspolitische Sprecher der SPD-Fraktion im Bundestag, Wolfgang Hellmich, erklärte jetzt gegenüber Security.Table: Mit Hinblick auf eine absehbare russische Frühlingsoffensive “ist jetzt der richtige Zeitpunkt gekommen”.
Hintergrund für die Kehrtwende ist der Vorstoß Frankreichs, Spähpanzer des Typs AMX-10 RC für die Ukraine bereitzustellen. Frankreich hatte es ähnlich wie Deutschland bislang abgelehnt, gepanzerte Gefechtsfahrzeuge westlicher Bauart zu liefern. Wie es aus SPD-Kreisen hieß, sei die französische Initiative zum jetzigen Zeitpunkt allerdings “nicht mit Deutschland abgesprochen” gewesen. In dem Telefonat mit Scholz bestätigte US-Präsident Biden auch die Lieferung von amerikanischen Schützenpanzern des Modells Bradley.
Derweil erhöht ein offener Brief zweier finnischer Abgeordneter den Druck auf Deutschland, in Europa die Koordination bei den Panzerlieferungen zu übernehmen. “Deutschland hat eine zentrale Rolle, ob es will oder nicht”, sagt Atte Harjanne von der grünen Fraktion im Gespräch mit Security.Table. Ihr Appell ist in finnischen, schwedischen und dänischen Medien erschienen und hier zum ersten Mal in Deutschland.
Darin fordern Harjanne und Anders Adlercreutz von der liberalen Schwedischen Volkspartei eine “europäische Initiative” zur Lieferung von Kampfpanzern des Typs Leopard 2: “Sie würden die Schlagkraft der Ukraine auf dem Schlachtfeld erheblich erhöhen”. Es sei an der Zeit, “ein Signal zu setzen, dass wir sowohl bereit als auch in der Lage sind, der Ukraine zu helfen, diesen Krieg zu gewinnen”.
Für die Ausbildung, Logistik und Unterhaltung des schweren Kampfpanzers sei entscheidend, dass eine Lieferung des gleichen Typs zusammengestellt werde. Hierfür sei der Leopard 2A4 am besten geeignet, der außer von Finnland und Deutschland vor allem von Schweden, den Niederlande, Dänemark, Norwegen, Spanien und Polen genutzt wird. Der ukrainische Armeechef Walerij Saluschnyj forderte Mitte Dezember 300 Kampfpanzer. Diese Zahl hält die ECFR-Wissenschaftlerin Jana Puglierin auf Twitter für “eine Illusion”. Realistisch wäre eine “ukrainische Panzer-Brigade von rund 90 Leopard 2A4 Panzern”.
Die beiden Mitglieder des Verteidigungsausschusses Harjanne und Adlercreutz sehen das künftige Nato-Mitglied Finnland ebenfalls in der Pflicht. Finnland verfügt derzeit über 100 Leopard 2A6 Panzer, die in Betrieb sind. Weitere einhundert Panzer vom Typ A4 stehen in den Depots. Davon könnten einige für die Ukraine fit gemacht werden. Aufgrund der geografischen Lage sei es allerdings schwierig, finnische Panzer zu liefern.
Finnland verbindet eine 1340 Kilometer lange Landgrenze mit Russland. “Wir haben eine jahrzehntelange Erfahrung in der Landesverteidigung”, sagt der grüne Verteidigungspolitiker Harjanne und will vor allem Ausbildungskapazitäten für die ukrainische Armee anbieten.
Derweil schließt der verteidigungspolitische Sprecher der SPD, Wolfgang Hellmich, die deutsche Lieferung von Leopard 2 Panzern derzeit aus. “Das sind Angriffspanzer. Was die Ukraine braucht, sind Panzer zur Verteidigung wie den Marder.” Dahinter steht die Befürchtung, die Ukraine könnte die Kampfpanzer für einen Angriff auf russisches Territorium verwenden.
Dieses Argument halten die finnischen Abgeordneten für vorgeschoben: “Wir müssen auch darauf achten, unsere Unterstützung nicht auf der Grundlage eines russischen Narratives zu bewerten, sondern Entscheidungen danach zu treffen, wie wir unsere eigenen Interessen und unsere Werte am besten verteidigen können”.
Die deutschen Marder-Schützenpanzer können allerdings nur aus den Beständen der Industrie kommen. Die Bundeswehr selbst hatte, nicht zuletzt wegen der Umstellung auf den neuen Puma, die Zahl ihrer Marder-Bataillone bereits reduziert, zudem werden aktuell die alten Gefechtsfahrzeuge für die Nato-Eingreiftruppe gebraucht. Der Rüstungskonzern Rheinmetall hatte schon im vergangenen Jahr angefangen, alte Marder in seinen Depots wieder einsatzbereit zu machen, und könnte vermutlich recht schnell liefern.
Sollte sich Finnland entscheiden, der Ukraine Leopard 2A4 Panzer zur Verfügung zu stellen, müsste Deutschland zustimmen. Dies verlangt die Endverbleibserklärung für die Genehmigung von Rüstungsexporten. “Es wäre das mindeste, dass Deutschland diese Lieferung nicht stoppen würde”, sagt der finnische Abgeordnete Harjanne. Mit Thomas Wiegold
The Wall Street Journal – Ukraine Has Digitized Its Fighting Forces on a Shoestring: Die ukrainischen Streitkräfte haben in kürzester Zeit ein umfassendes und günstiges digitales Netz für Kommunikation aufgebaut. Zur Hilfe kam die starke IT-Industrie im Land und die überlebenswichtige Zusammenarbeit zwischen Militär, Nichtregierungsorganisationen und privaten Unternehmen. Beeindruckt von der Entwicklung, wollen westliche Fachleute nun von den Ukrainern lernen.
Reuters – Pro-Putin operatives in Germany work to turn Berlin against Ukraine: Wer die Köpfe sind, die in Deutschland Stimmung für Putin machen, hat Reuters aufgedeckt. Ex-Militärs, die in Deutschland teilweise unter neuem Namen wirken. Auch wenn schon einiges über russische Propaganda in Deutschland bekannt ist, zeigt die Recherche gut, wie die Propaganda-Netzwerke funktionieren.
South China Morning Post – Part of Taiwan’s most advanced anti-ship missile sent to mainland China for repairs: Schon die Überschrift klingt wie ein Witz, aber Taiwans oberste militärische Forschungseinheit (NCIST) hat bestätigt, dass ein wichtiges Teil einer Rakete zur Reparatur nach China geschickt worden sei. Wie das passieren konnte, beschreibt die South China Morning Post.
Dass Frankreichs Ankündigung, leichte Kampfpanzer an die Ukraine zu liefern, Druck auf Olaf Scholz erzeugt, hätte sich Stephan Bierling wohl schon eher gewünscht. Denn die 40 Jahre, die er sich mit Sicherheitspolitik beschäftigt, habe er – vorsichtig gesagt – nicht immer effektiv genutzt: “Es ist die größte Zeitverschwendung meines Lebens gewesen, die Studien von Think-Tanks und die Reden von Politikern zu lesen, die fordern, Europa muss sicherheitspolitisch handlungsfähig werden. Weil wir nie etwas getan haben, was den Unterschied gemacht hätte.”
Ihn ärgert, dass die Europäer, vor allem die Deutschen, in ihrer Blase gelebt hätten. “Unser Land hat sich sicherheitspolitisch materiell, personell und konzeptionell nach dem Kalten Krieg selbst marginalisiert. Das sieht man an den Universitäten, das sieht man in der Gesellschaft, das sieht man in der Politik.” Und da nimmt Bierling keine Rücksicht auf Egos. Weder bei seinem Gegenüber, noch bei seiner Zunft: “Nennen Sie mir drei kundige sicherheitspolitische Journalisten in Deutschland. Nennen Sie mir drei Politikwissenschafts-Professoren oder -Professorinnen, die sich vor dem 24. Februar verschärft mit Sicherheitspolitik in Mittelosteuropa beschäftigt haben. Da werden Sie kaum jemanden finden.”
Das Problem: “Wir in Deutschland haben uns nie vorstellen können und wollen, quer durch alle wirtschaftlichen und politischen Klassen, dass die Welt außerhalb der EU anders funktioniert als innerhalb der EU.” In den USA sei das anders: “Dort gibt es seit Jahrzehnten Studiengänge zu National Security Studies. Da gibt’s die Think-Tanks, die sich speziell damit beschäftigen, und eine breite sicherheitspolitische Elite. Der Dialog zwischen Militärs, Akademikern und Politikern ist in den USA so viel stärker ausgeprägt als bei uns. Deshalb fallen wir jetzt aus allen Wolken.” Die Amerikaner seien schon im Herbst 2021 in der Lage gewesen, darauf hinweisen zu können, dass Russland in die Ukraine einmarschieren wird.
Den Blick auf die USA hatte Bierling schon vor seiner Universitätskarriere. Das Hotel seiner Großeltern in Oberammergau war bis 1955 von den Amerikanern beschlagnahmt, sieben Jahre später wurde Bierling geboren. “Wir haben viele Freunde aus der Besatzungszeit, die eigentlich wie Familie sind. Im Hotel wurde sehr viel Englisch gesprochen.” Wegen der Passionsspiele besuchen viele Amerikaner seinen Heimatort, dazu gab es eine US-amerikanische Militärschule, die in den 1970ern zur Nato-Schule wurde.
Europa sei ohne die Führungskraft USA weder militärisch noch politisch handlungsfähig. “Die Deutschen sind völlige Versager bei internationaler sicherheitspolitischer Führung. They talk the talk, but they never walk the walk. Auch wegen der deutschen Schwäche nimmt niemand die Europäer wirklich ernst.” Was die Führungsverhältnisse in Europa angeht, könnte sich durch den Nato-Beitritt Schwedens und Finnlands ein neuer Block bilden. “Die Nordeuropäer Plus sind die neue Macht in Europa. Wir sehen, dass die Dänen, die Norweger, die Schweden, die Finnen, die drei baltischen Staaten, die Polen sicherheitspolitisch fast identische Positionen einnehmen, weil sie eine ähnliche Bedrohung haben. Sie werden in der Nato und der EU immer wichtiger.”
Doch Bierling will nicht nur schimpfen, er macht auch Witze. Einer seiner Witze kommt mit Vorschusslorbeeren (“Ich finde ihn sehr gut, wie alle meine Witze, meine Studenten tun das nicht immer.”), leidet aber unter kurzem Spannungsbogen: “Deutsche Sicherheitsgarantie.” Das wars. “Who in the world needs a German Sicherheitsgarantie?”, schimpft er hinterher. Deutschland sei gar nicht in der Lage eine auszusprechen angesichts des katastrophalen Zustands der Bundeswehr. Auch wenn Olaf Scholz das ab und zu tue. Gabriel Bub
Bundeskanzler Olaf Scholz wollte keine deutschen Alleingänge bei der Unterstützung der Ukraine mit Panzern. Paris preschte am Donnerstag aber vor, kündigte die Lieferung von Spähpanzern an. Und Deutschland zog sofort nach.
Vieles spricht für eine nicht abgestimmte Kommunikation zwischen Berlin und Paris: Doch es wirkte, als liefe Scholz hinter. Eine klare, gemeinsame, europäische Initiative sieht anders aus.
Aus Finnland kommt zusätzlich ein konkreter Vorschlag zur Lieferung von Leopard 2-Panzern an die Ukraine, wie Nana Brink berichtet. Und sogar noch mehr: Deutschland müsse diese europäische Initiative koordinieren, heißt es in dem finnischen Vorschlag, den Security.Table veröffentlicht.
Auch wenn die Regierung von Scholz sich beim Leopard 2 weiterhin zurückhält, wird sie sich zu dem Vorschlag verhalten müssen. Denn nach mehr als zehn Monaten Krieg in der Ukraine ist noch immer keine klar erkennbare, gemeinsamen europäischen Initiative sichtbar. Siehe Frankreichs Vorstoß.
Wir wünschen eine gute Lektüre
Am Ende blieb ihm wohl nichts anderes übrig. Nach einem Telefonat mit US-Präsident Joe Biden gab Bundeskanzler Olaf Scholz gestern Abend bekannt, die Bundesrepublik werde Schützenpanzer vom Typ Marder in die Ukraine liefern. Die Rede ist von 40 Stück.
Anders als die Ampelpartner FDP und Grüne hatte sich die SPD bislang auf Kanzler-Linie bewegt und Forderungen der Ukraine, deutsche Schützen- oder Kampfpanzer zu liefern, ins Leere laufen lassen. Der verteidigungspolitische Sprecher der SPD-Fraktion im Bundestag, Wolfgang Hellmich, erklärte jetzt gegenüber Security.Table: Mit Hinblick auf eine absehbare russische Frühlingsoffensive “ist jetzt der richtige Zeitpunkt gekommen”.
Hintergrund für die Kehrtwende ist der Vorstoß Frankreichs, Spähpanzer des Typs AMX-10 RC für die Ukraine bereitzustellen. Frankreich hatte es ähnlich wie Deutschland bislang abgelehnt, gepanzerte Gefechtsfahrzeuge westlicher Bauart zu liefern. Wie es aus SPD-Kreisen hieß, sei die französische Initiative zum jetzigen Zeitpunkt allerdings “nicht mit Deutschland abgesprochen” gewesen. In dem Telefonat mit Scholz bestätigte US-Präsident Biden auch die Lieferung von amerikanischen Schützenpanzern des Modells Bradley.
Derweil erhöht ein offener Brief zweier finnischer Abgeordneter den Druck auf Deutschland, in Europa die Koordination bei den Panzerlieferungen zu übernehmen. “Deutschland hat eine zentrale Rolle, ob es will oder nicht”, sagt Atte Harjanne von der grünen Fraktion im Gespräch mit Security.Table. Ihr Appell ist in finnischen, schwedischen und dänischen Medien erschienen und hier zum ersten Mal in Deutschland.
Darin fordern Harjanne und Anders Adlercreutz von der liberalen Schwedischen Volkspartei eine “europäische Initiative” zur Lieferung von Kampfpanzern des Typs Leopard 2: “Sie würden die Schlagkraft der Ukraine auf dem Schlachtfeld erheblich erhöhen”. Es sei an der Zeit, “ein Signal zu setzen, dass wir sowohl bereit als auch in der Lage sind, der Ukraine zu helfen, diesen Krieg zu gewinnen”.
Für die Ausbildung, Logistik und Unterhaltung des schweren Kampfpanzers sei entscheidend, dass eine Lieferung des gleichen Typs zusammengestellt werde. Hierfür sei der Leopard 2A4 am besten geeignet, der außer von Finnland und Deutschland vor allem von Schweden, den Niederlande, Dänemark, Norwegen, Spanien und Polen genutzt wird. Der ukrainische Armeechef Walerij Saluschnyj forderte Mitte Dezember 300 Kampfpanzer. Diese Zahl hält die ECFR-Wissenschaftlerin Jana Puglierin auf Twitter für “eine Illusion”. Realistisch wäre eine “ukrainische Panzer-Brigade von rund 90 Leopard 2A4 Panzern”.
Die beiden Mitglieder des Verteidigungsausschusses Harjanne und Adlercreutz sehen das künftige Nato-Mitglied Finnland ebenfalls in der Pflicht. Finnland verfügt derzeit über 100 Leopard 2A6 Panzer, die in Betrieb sind. Weitere einhundert Panzer vom Typ A4 stehen in den Depots. Davon könnten einige für die Ukraine fit gemacht werden. Aufgrund der geografischen Lage sei es allerdings schwierig, finnische Panzer zu liefern.
Finnland verbindet eine 1340 Kilometer lange Landgrenze mit Russland. “Wir haben eine jahrzehntelange Erfahrung in der Landesverteidigung”, sagt der grüne Verteidigungspolitiker Harjanne und will vor allem Ausbildungskapazitäten für die ukrainische Armee anbieten.
Derweil schließt der verteidigungspolitische Sprecher der SPD, Wolfgang Hellmich, die deutsche Lieferung von Leopard 2 Panzern derzeit aus. “Das sind Angriffspanzer. Was die Ukraine braucht, sind Panzer zur Verteidigung wie den Marder.” Dahinter steht die Befürchtung, die Ukraine könnte die Kampfpanzer für einen Angriff auf russisches Territorium verwenden.
Dieses Argument halten die finnischen Abgeordneten für vorgeschoben: “Wir müssen auch darauf achten, unsere Unterstützung nicht auf der Grundlage eines russischen Narratives zu bewerten, sondern Entscheidungen danach zu treffen, wie wir unsere eigenen Interessen und unsere Werte am besten verteidigen können”.
Die deutschen Marder-Schützenpanzer können allerdings nur aus den Beständen der Industrie kommen. Die Bundeswehr selbst hatte, nicht zuletzt wegen der Umstellung auf den neuen Puma, die Zahl ihrer Marder-Bataillone bereits reduziert, zudem werden aktuell die alten Gefechtsfahrzeuge für die Nato-Eingreiftruppe gebraucht. Der Rüstungskonzern Rheinmetall hatte schon im vergangenen Jahr angefangen, alte Marder in seinen Depots wieder einsatzbereit zu machen, und könnte vermutlich recht schnell liefern.
Sollte sich Finnland entscheiden, der Ukraine Leopard 2A4 Panzer zur Verfügung zu stellen, müsste Deutschland zustimmen. Dies verlangt die Endverbleibserklärung für die Genehmigung von Rüstungsexporten. “Es wäre das mindeste, dass Deutschland diese Lieferung nicht stoppen würde”, sagt der finnische Abgeordnete Harjanne. Mit Thomas Wiegold
The Wall Street Journal – Ukraine Has Digitized Its Fighting Forces on a Shoestring: Die ukrainischen Streitkräfte haben in kürzester Zeit ein umfassendes und günstiges digitales Netz für Kommunikation aufgebaut. Zur Hilfe kam die starke IT-Industrie im Land und die überlebenswichtige Zusammenarbeit zwischen Militär, Nichtregierungsorganisationen und privaten Unternehmen. Beeindruckt von der Entwicklung, wollen westliche Fachleute nun von den Ukrainern lernen.
Reuters – Pro-Putin operatives in Germany work to turn Berlin against Ukraine: Wer die Köpfe sind, die in Deutschland Stimmung für Putin machen, hat Reuters aufgedeckt. Ex-Militärs, die in Deutschland teilweise unter neuem Namen wirken. Auch wenn schon einiges über russische Propaganda in Deutschland bekannt ist, zeigt die Recherche gut, wie die Propaganda-Netzwerke funktionieren.
South China Morning Post – Part of Taiwan’s most advanced anti-ship missile sent to mainland China for repairs: Schon die Überschrift klingt wie ein Witz, aber Taiwans oberste militärische Forschungseinheit (NCIST) hat bestätigt, dass ein wichtiges Teil einer Rakete zur Reparatur nach China geschickt worden sei. Wie das passieren konnte, beschreibt die South China Morning Post.
Dass Frankreichs Ankündigung, leichte Kampfpanzer an die Ukraine zu liefern, Druck auf Olaf Scholz erzeugt, hätte sich Stephan Bierling wohl schon eher gewünscht. Denn die 40 Jahre, die er sich mit Sicherheitspolitik beschäftigt, habe er – vorsichtig gesagt – nicht immer effektiv genutzt: “Es ist die größte Zeitverschwendung meines Lebens gewesen, die Studien von Think-Tanks und die Reden von Politikern zu lesen, die fordern, Europa muss sicherheitspolitisch handlungsfähig werden. Weil wir nie etwas getan haben, was den Unterschied gemacht hätte.”
Ihn ärgert, dass die Europäer, vor allem die Deutschen, in ihrer Blase gelebt hätten. “Unser Land hat sich sicherheitspolitisch materiell, personell und konzeptionell nach dem Kalten Krieg selbst marginalisiert. Das sieht man an den Universitäten, das sieht man in der Gesellschaft, das sieht man in der Politik.” Und da nimmt Bierling keine Rücksicht auf Egos. Weder bei seinem Gegenüber, noch bei seiner Zunft: “Nennen Sie mir drei kundige sicherheitspolitische Journalisten in Deutschland. Nennen Sie mir drei Politikwissenschafts-Professoren oder -Professorinnen, die sich vor dem 24. Februar verschärft mit Sicherheitspolitik in Mittelosteuropa beschäftigt haben. Da werden Sie kaum jemanden finden.”
Das Problem: “Wir in Deutschland haben uns nie vorstellen können und wollen, quer durch alle wirtschaftlichen und politischen Klassen, dass die Welt außerhalb der EU anders funktioniert als innerhalb der EU.” In den USA sei das anders: “Dort gibt es seit Jahrzehnten Studiengänge zu National Security Studies. Da gibt’s die Think-Tanks, die sich speziell damit beschäftigen, und eine breite sicherheitspolitische Elite. Der Dialog zwischen Militärs, Akademikern und Politikern ist in den USA so viel stärker ausgeprägt als bei uns. Deshalb fallen wir jetzt aus allen Wolken.” Die Amerikaner seien schon im Herbst 2021 in der Lage gewesen, darauf hinweisen zu können, dass Russland in die Ukraine einmarschieren wird.
Den Blick auf die USA hatte Bierling schon vor seiner Universitätskarriere. Das Hotel seiner Großeltern in Oberammergau war bis 1955 von den Amerikanern beschlagnahmt, sieben Jahre später wurde Bierling geboren. “Wir haben viele Freunde aus der Besatzungszeit, die eigentlich wie Familie sind. Im Hotel wurde sehr viel Englisch gesprochen.” Wegen der Passionsspiele besuchen viele Amerikaner seinen Heimatort, dazu gab es eine US-amerikanische Militärschule, die in den 1970ern zur Nato-Schule wurde.
Europa sei ohne die Führungskraft USA weder militärisch noch politisch handlungsfähig. “Die Deutschen sind völlige Versager bei internationaler sicherheitspolitischer Führung. They talk the talk, but they never walk the walk. Auch wegen der deutschen Schwäche nimmt niemand die Europäer wirklich ernst.” Was die Führungsverhältnisse in Europa angeht, könnte sich durch den Nato-Beitritt Schwedens und Finnlands ein neuer Block bilden. “Die Nordeuropäer Plus sind die neue Macht in Europa. Wir sehen, dass die Dänen, die Norweger, die Schweden, die Finnen, die drei baltischen Staaten, die Polen sicherheitspolitisch fast identische Positionen einnehmen, weil sie eine ähnliche Bedrohung haben. Sie werden in der Nato und der EU immer wichtiger.”
Doch Bierling will nicht nur schimpfen, er macht auch Witze. Einer seiner Witze kommt mit Vorschusslorbeeren (“Ich finde ihn sehr gut, wie alle meine Witze, meine Studenten tun das nicht immer.”), leidet aber unter kurzem Spannungsbogen: “Deutsche Sicherheitsgarantie.” Das wars. “Who in the world needs a German Sicherheitsgarantie?”, schimpft er hinterher. Deutschland sei gar nicht in der Lage eine auszusprechen angesichts des katastrophalen Zustands der Bundeswehr. Auch wenn Olaf Scholz das ab und zu tue. Gabriel Bub