für den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan ist es eine Woche außenpolitischer Balanceakte: Am Montag gibt er de facto grünes Licht für Schwedens Nato-Beitritt, wofür er im Gegenzug die lange begehrten US-amerikanischen F-16-Kampfjets erhalten dürfte. Am Mittwoch bezeichnet er die Terrorristen der Hamas als Freiheitskämpfer – und am Sonntag feiert die Türkische Republik ihren 100. Geburtstag.
Als Erbe des Staatsgründers Kemal Atatürk sieht Erdoğan sich aber nicht. Im Gegenteil: Er will den Einflussbereich der Türkei auf Gebiete des untergegangenen Osmanischen Reichs ausweiten, die der Staatsgründer längst aufgegeben hatte.
Frank Nordhausen beschreibt, wie Erdoğan kurdische Stellungen im Norden Syriens bombardieren lässt und dabei versucht, die USA nicht allzu sehr zu provozieren. Stützpunkte der US-Armee sowohl in Syrien wie im Irak sind in den vergangenen zwei Wochen vermehrt von proiranischen Milizen beschossen worden – Washington stellt sich zudem auf langandauernde Kämpfe zwischen Israel und der Hamas ein. Gestern Abend teilte das Pentagon mit, dass es 900 zusätzliche Soldaten in den Nahen Osten schicke. Markus Bickel liefert einen Überblick, wie Irans Schattenarmeen versuchen, Israel einen Zweifrontenkrieg aufzuzwingen.
Europa will sich eines Tages ohne die USA verteidigen können. Auch deshalb schreitet die Bereitstellung der deutschen Brigade in Litauen voran. Für den Inspekteur des Heeres, Alfons Mais, stellt sich die Frage, wo er die 4.000 Soldatinnen und Soldaten dafür herbekommen soll. Nana Brink und Thomas Wiegold wollten deshalb von ihm wissen, wie er sein Personal dazu motivieren will, dauerhaft ins Baltikum zu ziehen. Mais sagt: “Mangelverwaltung erlebt die Truppe noch zu oft zu Hause. Das muss in Litauen besser sein.” Das ganze Interview lesen Sie hier.
Die USA stellen sich auf einen langen Konflikt zwischen Israel und der Terrororganisation Hamas ein – und treffen militärische Vorkehrungen, ihre eigenen Einheiten in der Region stärker zu schützen. Allein in den vergangenen zehn Tagen gab es 13 Angriffe auf US-Stützpunkte in Syrien und Irak. Bei Drohnenattacken im ostsyrischen al-Tanf und im westirakischen al-Asad am 18. Oktober seien 24 Angehörige der US-Streitkräfte leicht verwundet worden, teilte das US-Verteidigungsministerium diese Woche mit. Gestern Abend sagte Pentagon-Sprecher Pat Ryder, dass die US-Präsenz in der Region mit rund 900 US-amerikanischen Soldaten verstärkt würde.
Ryder machte “iranische Stellvertretergruppen” für die Attacken verantwortlich. Wie nach dem Überfall Russlands auf die Ukraine in Europa hat das US Central Command deshalb Tausende zusätzliche Truppen in Bereitschaft versetzt – diesmal für eine schnelle Verlegung nach Nahost. Außerdem ordnete Verteidigungsminister Lloyd Austin die Verlegung des Flugzeugträgers USS Dwight D. Eisenhower an, um die bereits im östlichen Mittelmeer operierende USS Gerald R. Ford zu unterstützen. So soll die von Iran und Syrien angeführte “Achse des Widerstands” mit schiitischen Schattenarmeen wie der Hisbollah abgeschreckt werden.
Rund 200 A-10-Angriffsflugzeuge und F-15-Kampfjets sind nun in unmittelbarer Reichweite des Konfliktgebiets, um Irans Stellvertretermilizen im Libanon, Syrien und Irak abzuschrecken – und zur Verteidigung Israels bereitzustehen. Dazu dient auch die Entsendung einer Flugabwehrbatterie vom Typ Terminal High Altitude Area Defense (THAAD) und zusätzlicher Patriot-Systeme in den Irak und Syrien, aber auch nach Jordanien und in die Golfstaaten Saudi-Arabien, Vereinigte Arabische Emirate und Kuwait. Die Israel Defense Forces (IDF) werden mit einem weiteren Iron Dome-System unterstützt.
Inzwischen befindet sich Israel auch in Reichweite der im Jemen aktiven Parteimiliz Ansar Allah, besser bekannt als Houthi-Rebellen. Vergangenen Donnerstag hatte der Zerstörer USS Carney drei aus dem Jemen abgeschossene Raketen mit einer Reichweite von 2.000 Kilometern sowie mehrere Drohnen abgefangen. Houthi-Führer Abdel-Malek al-Houthi warnte die USA davor, in den Konflikt in Israel einzugreifen.
Westjordanland
Im Schatten des Gazakriegs sind im völkerrechtswidrig von Israel besetzten Westjordanland seit dem Terrorüberfall der Hamas am 7. Oktober mehr als 90 Menschen getötet und Hunderte mutmaßliche Hamas-Angehörige festgenommen worden. Das Wall Street Journal berichtete am Mittwoch über eine Schmuggelroute, mit der Iran über Jordanien den Nachschub an Waffen an Hamas und Islamischem Dschihad unter anderem nach Nablus, Hebron und Jenin sichere. Im Sommer hatte die israelische Armee in einem nahe der nordpalästinensischen Stadt gelegenen Flüchtlingslager erstmals seit dem Ende der Zweiten Intifada 2005 wieder Kampfhubschrauber eingesetzt, um gegen Terrormilizen des vom Hamas-Rivalen Fatah regierten Gebiets vorzugehen. Eine Ausweitung der Kämpfe auf das Westjordanland würde israelische Truppen binden, die für die erwartete Bodenoffensive in den Gazastreifen gebraucht werden.
Libanon
Eine zweite Front mit dem nördlichen Nachbarn fürchtet Israels Regierung am meisten – und versucht, eine Bodenoffensive wie zuletzt im August 2006 zu vermeiden. Im Südlibanon verfügt die schiitische Parteimiliz Hisbollah über ein Raketenarsenal, das von Militärs auf 140.000 geschätzt wird, mit Reichweiten bis tief ins israelische Kernland hinein. Seit dem Terrorüberfall der Hamas am 7. Oktober ist es der von Generalsekretär Hassan Nasrallah seit 1992 geführten Stellvertreterarmee Irans gelungen, israelische Einheiten täglich in Gefechte zu verwickeln. Zehntausende Zivilisten auf beiden Seiten der Grenze wurden evakuiert.
Syrien
Mutmaßlich, um den militärischen Nachschub an die Hisbollah im Libanon und an iranische Revolutionsgarden auf den Golanhöhen zu unterbinden, hat die israelische Luftwaffe in den vergangenen Wochen wiederholt die Flughäfen von Damaskus und Aleppo bombardiert. Seit Beginn des Aufstands gegen Syriens Diktator Baschar al-Assad 2011 ist Israel Hunderte Angriffe aus der Luft auf für die Hisbollah bestimmte Waffenkonvois geflogen; Nasrallah wiederum unterstützte Assad mit Tausenden Kämpfern. Auch dem hohen Blutzoll der libanesischen Schiitenmiliz ist es neben russischer Unterstützung zu verdanken, dass sich der alawitische Machthaber im Amt halten konnte. Auf den direkt an Israel angrenzenden Golanhöhen sind neben Hisbollah-Kämpfern Einheiten der iranischen Revolutionsgarden und irakische Schiitenmilizen stationiert.
Irak
Auch zwanzig Jahre nach der Invasion 2003 unterhält die US-Armee Stützpunkte im von proiranischen Kräften kontrollierten Zweistromland, unter anderem nahe Erbil und in al-Asad östlich der Hauptstadt Bagdad. Diese sind so unter Druck wie seit dem Krieg der Antiterrorallianz gegen den Islamischen Staat (IS) 2017 nicht mehr. Die proiranische Regierung von Ministerpräsident Mohammed Shiaa al-Sudani steht vor dem Dilemma, die Unterstützung durch die USA nicht aufs Spiel zu setzen, zugleich aber die Verbündeten in Teheran nicht zu verprellen. Bei einem Telefonat am Dienstag sicherte al-Sudani US-Außenminister Antony Blinken die irakische Unterstützung zur Schaffung regionaler Stabilität zu.
Jemen
Wie die palästinensische Hamas und die libanesische Hisbollah wird auch die schiitisch-zaidistische Ansar Allah im Jemen, besser bekannt als Houthi-Rebellen, vom Iran finanziell und militärisch unterstützt. Die vom Iran und Syrien geführte “Achse des Widerstands” weitete seit 2015 ihr regionales Bündnis auf den Süden der Arabischen Halbinsel aus – sodass neben Damaskus, Bagdad und Beirut nun auch Sanaa von prorianischen Milizen kontrolliert wird.
Die zwei Tage vor dem Terrorüberfall der Hamas gestartete Militäroperation in Nordsyrien findet auf hochsensiblem Terrain statt, denn dort sind US-Truppen im Rahmen des Antiterrorkrieges gegen den Islamischen Staat (IS) stationiert. Zudem ist die Türkei wegen der explizit anti-israelischen Rhetorik und der Freundschaft Präsident Recep Tayyip Erdoğans zur Hamas-Führung ein wichtiger Akteur im neuen Nahostkonflikt.
Mit dem bis heute anhaltenden Beschuss durch Drohnen, Kampfjets und Artillerie wurden nach Angaben der syrischen Kurden rund 80 Prozent der zivilen Infrastruktur in Rojava zerstört. Hierbei handelt es sich um ein selbst verwaltetes Kurdengebiet im Norden Syriens, das von der Partei der Demokratischen Union (PYD) kontrolliert wird. Die Kurdenführung wirft der Türkei Kriegsverbrechen vor, diese rechtfertigt die Bombardements mit einem versuchten Terroranschlag der türkischen Kurdenguerilla PKK auf das Innenministerium in Ankara am 1. Oktober.
Der Terrorangriff der Hamas auf Israel ließ das Kriegsgeschehen in Syrien in den Hintergrund treten, obwohl die dort stationierten US-Spezialkräfte am 5. Oktober eine türkische Angriffsdrohne nahe der Stadt Hasaka abgeschossen hatten – ein einmaliger Vorgang in der Geschichte der Nato und eine klare Warnung an Ankara. Das US-Oberkommando erklärte den Abschuss damit, dass sich die Drohne bis auf 500 Meter einer US-Basis genähert habe. Neunhundert US-Soldaten sind im Süden Rojavas stationiert, um gemeinsam mit den von der kurdischen YPG geführten Syrisch-Demokratischen Kräften (SDF) ein Wiedererstarken des IS zu verhindern.
Die SDF bewachen seit Jahren Tausende gefangene IS-Terroristen, ein Pulverfass, das jederzeit explodieren kann, falls die Miliz weiter durch türkische Angriffe geschwächt wird. “Damit wird dem IS in die Hände gespielt”, sagt der in Istanbul lebende, für die Johns-Hopkins-Universität tätige Türkei-Experte Gareth Jenkins.
Vor zwei Wochen erklärte Erdoğan die “erste Phase” der “Terrorbekämpfung” in Nordostsyrien für beendet, obwohl die Bombardements mit geringerer Intensität fortgesetzt werden. Das konkrete strategische Ziel benannte er nicht. Drei Szenarien gelten als wahrscheinlich:
Eventuell will die Türkei Nordostsyrien wie andere Gebiete Nordsyriens besetzen. “Dabei gibt es neben den Amerikanern aber ein weiteres Hindernis”, sagt Gareth Jenkins. “Der eigentliche Grund, warum die Türkei bisher nicht in Rojava einmarschiert ist, ist Russland.” Moskau kontrolliert weitgehend den Luftraum über Syrien und hat eigene Truppen nahe der türkischen Grenze stationiert. “Wir müssen abwarten, was Russland jetzt sagt.”
Die syrischen Schutzmächte Russland und Iran träumen schon lange davon, die USA endgültig aus Syrien – und dem Irak – zu vertreiben. Würde die Türkei das erledigen, indem sie der US Army den kurdischen Partner nähme, wäre das hochwillkommen. Allerdings sperrt sich Damaskus kategorisch gegen eine türkische Intervention ohne vorherigen Rückzug aus den von türkischen Truppen besetzt gehaltenen Gebieten rund um Afrin. Der syrische Diktator Baschar al-Assad hat deshalb im August Verhandlungen mit der Türkei über eine Normalisierung der Beziehungen platzen lassen.
Erdoğan könnte trotzdem versucht sein, die Ablenkung Washingtons durch den Gaza-Krieg zu nutzen – zumal von dort widersprüchliche Signale kommen. So beeilte sich das Pentagon, den Drohnenabschuss Anfang Oktober als “bedauerlichen Zwischenfall” herunterzuspielen und unternahm nichts gegen die türkischen Luftangriffe auf Rojava, soweit sie nicht US-Basen betrafen. Wichtigster Grund für die Zurückhaltung ist die für unverzichtbar gehaltene geostrategische Position der Türkei.
Der türkische Präsident braucht andererseits finanzielle Unterstützung aus dem Westen für die türkische Wirtschaft. “Erdoğan testet aus, wie weit er gehen kann”, sagt Jenkins. Das haben die Amerikaner verstanden und halten inzwischen dagegen. Am 12. Oktober verlängerte US-Präsident Joe Biden eine bestehende offizielle Sanktionsandrohung gegen die Türkei um ein Jahr, da Ankara mit der Militäroffensive “Frieden, Sicherheit und Stabilität in der Region zu unterminieren” drohe. Außerdem stelle die Türkei dadurch “eine außergewöhnliche Bedrohung der nationalen Sicherheit und Außenpolitik der USA” dar. Prompt nannte Erdoğan die USA eine “außergewöhnliche Bedrohung der nationalen Sicherheit der Türkei”.
Trotz der Eiszeit zwischen den Nato-Partnern ist Jenkins überzeugt, dass die Amerikaner früher oder später aus Syrien abziehen werden. Zwar könne Biden in einer Lage, in der die Hamas und der Islamische Staat als dasselbe Übel betrachtet würden, keinen Abzug aus Syrien anordnen. Aber die Kurden sind maximal irritiert. Ein SDF-Sprecher bezeichnete gegenüber der Nahost-Plattform Al-Monitor die Kommentare aus Washington als “unzureichend”: “Wir hoffen auf eine klarere Haltung der amerikanischen Seite.” Experte Jenkins hält das für vergeblich. Er glaubt, dass den syrischen Kurden nur ein Ausweg bleibt, um sich langfristig zu schützen. “Die Türkei will sie vernichten, Russland droht ihnen, sie fallenzulassen. Also müssen sie in den sauren Apfel beißen, sich mit Damaskus einigen und sich der Kontrolle durch Assad unterstellen.”
Die neue Brigade, die Deutschland in Litauen aufstellen wird, soll eine bessere Ausstattung erhalten als eine Brigade in Deutschland, sagte Alfons Mais, der Inspekteur des Heeres, im Interview mit Table.Media: “Ich sage mal überspitzt: Mangelverwaltung erlebt die Truppe noch zu oft zu Hause. Das muss in Litauen besser sein, so wie es die Soldaten auch jeden Tag bei der Nato-Battlegroup erleben.”
Die Litauen-Brigade wird Teil der Division 2025, die der Nato für 2025 angezeigt worden ist. Sie ist somit auch Teil der neuen Verteidigungspläne der Nato, die auf dem Gipfel in Vilnius im Juli 2023 verabschiedet worden sind. “Damit ist das Ziel vorgegeben”, so Generalleutnant Mais. “Überrascht” zeigte sich der Heeresinspekteur über die Erwartungshaltung, dass nach vier Monaten schon alles “bis in Detail geregelt sein soll”: “Es ist klar, dass wir de facto eine neunte Brigade aufstellen – wirklich vom weißen Blatt!”
Er sei überzeugt, dass “die Brigade in Litauen an sich eine gewisse Attraktivität” habe. Allerdings müssten die Rahmenbedingungen stimmen. Dazu gehörten Schulen, Kitas und Arbeitsmöglichkeiten für Familienmitglieder. Ebenfalls müsse man überlegen, wie man Pendler besser unterstützen könnte durch “Prämien oder monetäre Anreize”. Nach einer Umfrage des Spiegel von September allerdings wären nur 20 Prozent aller Soldaten und Soldatinnen bereit, nach Litauen zu gehen. Erst vorige Woche erklärte Eva Högl, die Wehrbeauftragte des Deutschen Bundestages, gegenüber Table.Media: “Wenn die Rahmenbedingungen konkreter feststehen, dann kann ich mir vorstellen, dass ein Großteil der Soldatinnen und Soldaten auch sagt: Das ist für uns attraktiv.”
Zu den Planungen der Bundeswehr, statt eines neuen klassischen Kampfhubschraubers einen leichteren bewaffneten Helikopter anzuschaffen, sagte Mais: “Kampfdrohnen sowie weitreichendes Präzisionsfeuer der Artillerie werden den klassischen Kampfhubschrauber möglicherweise ersetzen. Das heißt aber nicht, dass wir keine bewaffneten Hubschrauber mehr brauchen.” Für Mais, der selbst Hubschrauberpilot der Heeresflieger war, werden unbemannte Systeme in Zukunft eine große Rolle spielen: “Wir haben im Ukrainekonflikt gesehen, dass die klassische Duell-Situation eine ist, die wir vermeiden sollten, weil sie sehr verlustreich ist. Wir brauchen mehr Wirkung auf Distanz. Ich glaube, dass in diesem Konflikt der Kampfhubschrauber eine eher nachgeordnete Rolle gespielt hat.”
Mais warnte davor, bei militärischen Planungen und Beschaffungen zu sehr auf nur ein Kriegs-Szenario zu setzen: “Auch im aktuellen Konflikt sehen wir, entgegen der Prognosen in den letzten zehn Jahren, das gesamte Spektrum des Krieges an Land”. Gerade im Konflikt zwischen der israelischen Armee und den militant-islamistischen Hamas-Kämpfern müsse man sich auf “alle Formen der militärischen Auseinandersetzung einstellen”: “Den technologischen Gamechanger, der am Ende verhindert, dass sich Menschen auf dem Schlachtfeld in irgendeiner Form gegenüberstehen, sehe ich momentan noch nicht.” nana/tw
Der slowakische Regierungschef Robert Fico hat kurz nach seinem Amtsantritt seine Absicht aus dem Wahlkampf erneuert, die Ukraine nicht mehr mit Waffen zu unterstützen. Die Slowakei werde weiter zivile Güter ins Nachbarland liefern und “allseitige” Hilfe leisten, geht aus einer Erklärung Ficos hervor, die der Europa-Ausschuss des neu gewählten Parlaments in Bratislava am Donnerstag annahm. Die Lieferung von Waffen gehöre nicht dazu. Der Beschluss ist rechtlich nicht bindend. “Als Regierungschef stehe ich für eine Null-Waffenhilfe an die Ukraine”, zitierte die Nachrichtenagentur TASR den Ministerpräsidenten. Slowakische Firmen sollen nach früheren Ankündigungen jedoch weiterhin Waffen an die von Russland angegriffene Ukraine verkaufen können.
Die Slowakei gehörte bisher zu den entschlossensten militärischen Unterstützern der Ukraine. Schon kurz nach Kriegsbeginn im vergangenen Jahr gab sie dem Nachbarland ihr eigenes Luftabwehr-Raketensystem und ein Jahr später ihre MiG-29-Kampfflugzeuge ab. Seither wird der Luftraum der Slowakei nicht mehr von der eigenen Luftwaffe, sondern von den Nato-Partnern, auch Deutschland, geschützt. Außerdem lieferte die Slowakei auch Panzer und Munition. dpa
Drohnen in der Nähe eines ukrainischen Atomkraftwerks (AKW) und Übung zum Einsatz von Atomwaffen: Russland erinnert wieder an seine Eskalationsbereitschaft. Mehrere Nächte in Folge griffen russische Truppen mit Drohnen die westukrainische Region Chmelnyzkyj an, verletzten etwa 20 Menschen und richteten am Mittwoch auch Schäden am Atomkraftwerk Chmelnyzkyj an – 180 Kilometer von der polnischen Grenze entfernt. Die Drohnen seien unweit des AKW abgeschossen worden, die Druckwellen der Explosionen hätten einige Fenster am Kraftwerk zerstört, sagte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj.
Parallel zu den Drohnen-Angriffen nahe des ukrainischen AKW hat Russland seine jährliche Übung zum Einsatz von Atomwaffen abgehalten, verkündete Verteidigungsminister Sergej Schoigu. Das besondere dieses Mal: Die Übung erfolgte unter anderem mit Einsatz der Interkontinentalrakete Jars (Nato-Bezeichnung: SS-27), die Atomsprengköpfe tragen kann, während Moskau sich Schritt für Schritt aus dem Vertrag über das Verbot von Kernwaffenversuchen zurückzieht. Nach der Verabschiedung des Gesetzes durch das Parlament unterstützte am Mittwoch der russische Föderationsrat das Vorhaben formal. Nun müsste Präsident Wladimir Putin das Gesetz unterzeichnen, danach muss es veröffentlicht werden, um in Kraft zu treten. Russland hatte im Juni 2000 das Gesetz über das Verbot ratifiziert. Den Ausstieg hatte Putin erst vor wenigen Tagen, am 5. Oktober, initiiert, mit dem Verweis auf die USA, die das entsprechende Gesetz nie ratifiziert hätten. vf
Bundesforschungsministerin Bettina Stark-Watzinger fordert von Wissenschaftlern einen wachsameren Umgang mit China. Bei einer Diskussionsrunde in der niederländischen Botschaft in Berlin sagte sie am Mittwoch, dass ihr Ministerium im Rahmen der nationalen Sicherheitsstrategie und der Chinastrategie der Bundesregierung am Umgang der Universitäten mit China arbeite. Die niederländische Regierung plant ein Gesetz, um Wissenschaftler, die nicht aus der EU kommen, zu überprüfen, bevor sie dort forschen.
Vor Wissensabfluss nach China in sicherheitsrelevanten Bereichen warnt auch der Exportkontrollbeauftragte der RWTH Aachen, Nicolas Lunz: “Wir haben hinter den chinesischen Doktoranden einen sehr strategischen Staat, der auch durch die Stipendienausgabe klare Anweisungen mitgibt, wie zum Beispiel eine regelmäßige Berichterstattung.” Gerade bei Dual-Use-Gütern, die sowohl in zivilen als auch militärischen Bereichen genutzt werden können, sei “das Risiko enorm”. Lunz vermutet auch, dass ehemalige Doktoranden nun direkt militärisch in chinesischen State Laboratories arbeiteten.
Insider berichten, dass Hochschulen zu wenig dagegen unternähmen und lieber in Forschung, statt in Compliance investierten, und Mahnungen von Bund und Ländern mit dem Argument der Wissenschaftsfreiheit beiseiteschöben. Lunz fordert deshalb klarere Vorgaben und entsprechende Strukturen, etwa übergeordnete Stellen, die bei den Ländern angesiedelt sein könnten. Eine ausführliche Analyse dazu lesen Sie hier. mw
Frankreich stärkt die armenischen Luftverteidigungskapazitäten. Das kündigten der französische Verteidigungsminister Sébastien Lecornu und sein armenischer Amtskollege Suren Papikyan am Montag in Paris an. Armenien werde drei Radarsysteme Ground Master 200 (GM200) von Thales kaufen sowie Nachtsichtgeräte von Safran. Für die Beschaffung von Mistral-Flugabwehrsystemen, die ergänzend zu GM200 eingesetzt werden können, habe Papikyan eine Absichtserklärung mit MBDA unterzeichnet.
“Auch wenn wir nicht den gleichen militärischen und politischen Bündnissen angehören, beruht diese Verteidigungskooperation darauf, dass man sich und seine Bevölkerung verteidigen können muss”, sagte Lecornu.
Frankreich, das in Europa die größte armenische Diaspora beherbergt, werde außerdem Militärs nach Armenien schicken, um armenische Soldaten im Bodenkampf, Gebirgseinsatz und Präzisionsschießen auszubilden, so Lecornu. Zudem solle ein französischer Offizier in Armenien Ausbildungskooperationen vertiefen, um bei der Transformation des armenischen Sicherheitsapparats zu unterstützen. Vor einem Monat hatte Frankreich bereits einen Militärattaché in die Botschaft in Jerewan entsandt.
Mehr als 100.000 Armenier waren im September geflohen, nachdem Aserbaidschan die umkämpfte Region Bergkarabach militärisch erobert hatte. Jüngst hatten die Drohgebärden Aserbaidschans gegenüber Armenien wieder zugenommen, am Montag begann Aserbaidschan eine Militärübung mit türkischen Streitkräften an der Grenze zu Armenien. Aserbaidschans Präsident Ilham Alijew hatte zuvor gesagt, “sollte ein neuer Konflikt in der Region ausbrechen, wäre Frankreich dafür verantwortlich”. bub
Frankfurter Allgemeine Zeitung: Teherans Schattenarmeen. Die libanesische Hisbollah verwickelt das israelische Militär täglich in Gefechte. Solche nadelstichartigen Angriffe gelten in Diplomaten- und Geheimdienstkreisen als Botschaften Irans an Israel. Teheran versucht, die Hisbollah, aber auch die Houthis im Jemen in Stellung zu bringen, um Israel vor einer Zerschlagung der Hamas abzuschrecken.
Haaretz: NSO, Israeli Cyber Firms Help Track Missing Israelis and Hostages. Israels Cyber-Industrie unterstützt die Bemühungen der Regierung zur Freilassung der in den Gazastreifen entführten Geiseln: Von Gesichtserkennung bis zu Open-Source-Intelligence und Cyber-Offensiven tragen Unternehmen wie NSO, Rayzone und AnyVision dazu bei.
Handelsblatt: Marineinspekteur Kaack: “Wir sind bereit, Munition an Israel zu liefern.” Vizeadmiral Jan Christian Kaack über mögliche Evakuierungen deutscher Staatsbürger aus dem Libanon und Israel, die Gefahr weiterer Sabotageakte in der Ostsee – und die Einsatzbereitschaft der Deutschen Marine.
The New York Times: Erwachsenwerden in einem von Krieg geprägten Land. Sechs junge Ukrainerinnen und Ukrainer berichten davon, wie es ist, aufzuwachsen, während der Krieg “wie ein Schatten über ihrem Zuhause und ihrer Arbeit, ihren Beziehungen und ihren Leidenschaften hängt”. Sie berichten von Verlust, Trauer, Hilf- und Orientierungslosigkeit und davon, wie der Krieg ihre Zukunft formt.
ARD: Hinter den Kulissen von Rheinmetall. “Gestern noch verpönte Waffenschmiede, heute gefragter Militärausstatter” – mit diesen Worten beginnt die Doku über Deutschlands größten Rüstungskonzern. NDR-Reporter Klaus Scherer beleuchtet, wie die Zeitenwende den Alltag der Mitarbeiter und die Reputation des Unternehmens prägt.
Ihre Rolle zwischen zwei Welten macht Astrid Irrgang sichtlich Freude. Seit vergangenem Jahr ist die gebürtige Hessin Geschäftsführerin des Zentrums für Internationale Friedenseinsätze (ZIF) in Berlin. Hier werden Friedensfachkräfte nicht nur ausgebildet, sondern auch in Einsatzgebiete entsandt – vom Kosovo bis in den Irak, von Mali bis nach Afghanistan. Im Auftrag des Auswärtigen Amtes.
Das ZIF bereitet die deutschen Entsandten auf ihre Arbeit in multilateralen Einsätzen vor. Dafür sei ein “vernetzter Ansatz” nötig, so Irrgang, denn nicht nur die Ressorts der Bundesregierung und das Personal, das sie in ein Krisengebiet schicken, sollen koordiniert auftreten – ihre Aktivitäten müssen auch mit internationalen Organisationen sowie lokalen Stellen im Einsatzgebiet abgestimmt werden. Irrgang definiert den “vernetzten Ansatz” als “Anforderung, den Instrumentenkasten für Maßnahmen und Strategien zur Konfliktbewältigung gemeinsam zu denken, aus verschiedenen Richtungen”.
Über Disziplin-Grenzen hinweg zu denken, diese Fähigkeit bringt die 1974 in Wiesbaden geborene Irrgang mit. Für die Promotion in Geschichte an der Universität Freiburg wertete sie die Feldpost eines jungen Wehrmachtsoffiziers aus: “Vom richtigen Leben im falschen” hatte sie ihre Doktorarbeit betitelt. Die Historikerin war geleitet von der Frage, wie aus einem hoffnungsfrohen Abiturienten ein teils auch zynischer Panzerkommandant werden konnte.
Die Wechselwirkungen zwischen Zivilem und Militärischem begleiten Irrgang nun auch beim ZIF schon mehr als ein Jahrzehnt lang. 2012 fing sie am Westberliner Ludwigkirchplatz als Leiterin der Personalabteilung an, ehe sie 2014 zur stellvertretenden Direktorin – und 2022 zur Geschäftsführerin aufstieg. Zuvor war sie unter anderem für die Bundeszentrale für politische Bildung tätig – und verbrachte 2008 mehrere Monate als Visiting Officer im Büro des Nato-Generalsekretärs in Brüssel. Für den Frieden arbeiten, in Zeiten von Krieg, da fühlt sich Irrgang zu Hause: “Es gibt Menschen, die zwischen diesen Welten übersetzen können.”
Seit Beginn dieses Jahres ist sie zudem eine der Sprecherinnen im Beirat für Fragen der Inneren Führung, der direkt an Verteidigungsminister Boris Pistorius berichtet. Anderthalb Jahre nach Beginn des Ukraine-Kriegs ist für sie klar: “Es braucht ein neues Mindset, das Wehrhaftigkeit mit einschließt.” So sei die Zeitenwende, die Bundeskanzler Olaf Scholz nach der Invasion der Ukraine im Februar 2022 ausrief, zwar in der “sicherheitspolitischen Bubble angekommen, aber nicht darüber hinaus”.
Irrgang sieht ihre Rolle deshalb auch darin, ein resilienteres Denken tiefer in Gesellschaft und Politik zu verantworten: “Was wir sicherlich im eigenen Land ein Stück weit aus dem Blick verloren haben, ist die Bedeutung der Streitkräfte und die Wehrhaftigkeit, in einem Konfliktfall Interessen tatsächlich auch robust vertreten zu können.” Markus Bickel
für den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan ist es eine Woche außenpolitischer Balanceakte: Am Montag gibt er de facto grünes Licht für Schwedens Nato-Beitritt, wofür er im Gegenzug die lange begehrten US-amerikanischen F-16-Kampfjets erhalten dürfte. Am Mittwoch bezeichnet er die Terrorristen der Hamas als Freiheitskämpfer – und am Sonntag feiert die Türkische Republik ihren 100. Geburtstag.
Als Erbe des Staatsgründers Kemal Atatürk sieht Erdoğan sich aber nicht. Im Gegenteil: Er will den Einflussbereich der Türkei auf Gebiete des untergegangenen Osmanischen Reichs ausweiten, die der Staatsgründer längst aufgegeben hatte.
Frank Nordhausen beschreibt, wie Erdoğan kurdische Stellungen im Norden Syriens bombardieren lässt und dabei versucht, die USA nicht allzu sehr zu provozieren. Stützpunkte der US-Armee sowohl in Syrien wie im Irak sind in den vergangenen zwei Wochen vermehrt von proiranischen Milizen beschossen worden – Washington stellt sich zudem auf langandauernde Kämpfe zwischen Israel und der Hamas ein. Gestern Abend teilte das Pentagon mit, dass es 900 zusätzliche Soldaten in den Nahen Osten schicke. Markus Bickel liefert einen Überblick, wie Irans Schattenarmeen versuchen, Israel einen Zweifrontenkrieg aufzuzwingen.
Europa will sich eines Tages ohne die USA verteidigen können. Auch deshalb schreitet die Bereitstellung der deutschen Brigade in Litauen voran. Für den Inspekteur des Heeres, Alfons Mais, stellt sich die Frage, wo er die 4.000 Soldatinnen und Soldaten dafür herbekommen soll. Nana Brink und Thomas Wiegold wollten deshalb von ihm wissen, wie er sein Personal dazu motivieren will, dauerhaft ins Baltikum zu ziehen. Mais sagt: “Mangelverwaltung erlebt die Truppe noch zu oft zu Hause. Das muss in Litauen besser sein.” Das ganze Interview lesen Sie hier.
Die USA stellen sich auf einen langen Konflikt zwischen Israel und der Terrororganisation Hamas ein – und treffen militärische Vorkehrungen, ihre eigenen Einheiten in der Region stärker zu schützen. Allein in den vergangenen zehn Tagen gab es 13 Angriffe auf US-Stützpunkte in Syrien und Irak. Bei Drohnenattacken im ostsyrischen al-Tanf und im westirakischen al-Asad am 18. Oktober seien 24 Angehörige der US-Streitkräfte leicht verwundet worden, teilte das US-Verteidigungsministerium diese Woche mit. Gestern Abend sagte Pentagon-Sprecher Pat Ryder, dass die US-Präsenz in der Region mit rund 900 US-amerikanischen Soldaten verstärkt würde.
Ryder machte “iranische Stellvertretergruppen” für die Attacken verantwortlich. Wie nach dem Überfall Russlands auf die Ukraine in Europa hat das US Central Command deshalb Tausende zusätzliche Truppen in Bereitschaft versetzt – diesmal für eine schnelle Verlegung nach Nahost. Außerdem ordnete Verteidigungsminister Lloyd Austin die Verlegung des Flugzeugträgers USS Dwight D. Eisenhower an, um die bereits im östlichen Mittelmeer operierende USS Gerald R. Ford zu unterstützen. So soll die von Iran und Syrien angeführte “Achse des Widerstands” mit schiitischen Schattenarmeen wie der Hisbollah abgeschreckt werden.
Rund 200 A-10-Angriffsflugzeuge und F-15-Kampfjets sind nun in unmittelbarer Reichweite des Konfliktgebiets, um Irans Stellvertretermilizen im Libanon, Syrien und Irak abzuschrecken – und zur Verteidigung Israels bereitzustehen. Dazu dient auch die Entsendung einer Flugabwehrbatterie vom Typ Terminal High Altitude Area Defense (THAAD) und zusätzlicher Patriot-Systeme in den Irak und Syrien, aber auch nach Jordanien und in die Golfstaaten Saudi-Arabien, Vereinigte Arabische Emirate und Kuwait. Die Israel Defense Forces (IDF) werden mit einem weiteren Iron Dome-System unterstützt.
Inzwischen befindet sich Israel auch in Reichweite der im Jemen aktiven Parteimiliz Ansar Allah, besser bekannt als Houthi-Rebellen. Vergangenen Donnerstag hatte der Zerstörer USS Carney drei aus dem Jemen abgeschossene Raketen mit einer Reichweite von 2.000 Kilometern sowie mehrere Drohnen abgefangen. Houthi-Führer Abdel-Malek al-Houthi warnte die USA davor, in den Konflikt in Israel einzugreifen.
Westjordanland
Im Schatten des Gazakriegs sind im völkerrechtswidrig von Israel besetzten Westjordanland seit dem Terrorüberfall der Hamas am 7. Oktober mehr als 90 Menschen getötet und Hunderte mutmaßliche Hamas-Angehörige festgenommen worden. Das Wall Street Journal berichtete am Mittwoch über eine Schmuggelroute, mit der Iran über Jordanien den Nachschub an Waffen an Hamas und Islamischem Dschihad unter anderem nach Nablus, Hebron und Jenin sichere. Im Sommer hatte die israelische Armee in einem nahe der nordpalästinensischen Stadt gelegenen Flüchtlingslager erstmals seit dem Ende der Zweiten Intifada 2005 wieder Kampfhubschrauber eingesetzt, um gegen Terrormilizen des vom Hamas-Rivalen Fatah regierten Gebiets vorzugehen. Eine Ausweitung der Kämpfe auf das Westjordanland würde israelische Truppen binden, die für die erwartete Bodenoffensive in den Gazastreifen gebraucht werden.
Libanon
Eine zweite Front mit dem nördlichen Nachbarn fürchtet Israels Regierung am meisten – und versucht, eine Bodenoffensive wie zuletzt im August 2006 zu vermeiden. Im Südlibanon verfügt die schiitische Parteimiliz Hisbollah über ein Raketenarsenal, das von Militärs auf 140.000 geschätzt wird, mit Reichweiten bis tief ins israelische Kernland hinein. Seit dem Terrorüberfall der Hamas am 7. Oktober ist es der von Generalsekretär Hassan Nasrallah seit 1992 geführten Stellvertreterarmee Irans gelungen, israelische Einheiten täglich in Gefechte zu verwickeln. Zehntausende Zivilisten auf beiden Seiten der Grenze wurden evakuiert.
Syrien
Mutmaßlich, um den militärischen Nachschub an die Hisbollah im Libanon und an iranische Revolutionsgarden auf den Golanhöhen zu unterbinden, hat die israelische Luftwaffe in den vergangenen Wochen wiederholt die Flughäfen von Damaskus und Aleppo bombardiert. Seit Beginn des Aufstands gegen Syriens Diktator Baschar al-Assad 2011 ist Israel Hunderte Angriffe aus der Luft auf für die Hisbollah bestimmte Waffenkonvois geflogen; Nasrallah wiederum unterstützte Assad mit Tausenden Kämpfern. Auch dem hohen Blutzoll der libanesischen Schiitenmiliz ist es neben russischer Unterstützung zu verdanken, dass sich der alawitische Machthaber im Amt halten konnte. Auf den direkt an Israel angrenzenden Golanhöhen sind neben Hisbollah-Kämpfern Einheiten der iranischen Revolutionsgarden und irakische Schiitenmilizen stationiert.
Irak
Auch zwanzig Jahre nach der Invasion 2003 unterhält die US-Armee Stützpunkte im von proiranischen Kräften kontrollierten Zweistromland, unter anderem nahe Erbil und in al-Asad östlich der Hauptstadt Bagdad. Diese sind so unter Druck wie seit dem Krieg der Antiterrorallianz gegen den Islamischen Staat (IS) 2017 nicht mehr. Die proiranische Regierung von Ministerpräsident Mohammed Shiaa al-Sudani steht vor dem Dilemma, die Unterstützung durch die USA nicht aufs Spiel zu setzen, zugleich aber die Verbündeten in Teheran nicht zu verprellen. Bei einem Telefonat am Dienstag sicherte al-Sudani US-Außenminister Antony Blinken die irakische Unterstützung zur Schaffung regionaler Stabilität zu.
Jemen
Wie die palästinensische Hamas und die libanesische Hisbollah wird auch die schiitisch-zaidistische Ansar Allah im Jemen, besser bekannt als Houthi-Rebellen, vom Iran finanziell und militärisch unterstützt. Die vom Iran und Syrien geführte “Achse des Widerstands” weitete seit 2015 ihr regionales Bündnis auf den Süden der Arabischen Halbinsel aus – sodass neben Damaskus, Bagdad und Beirut nun auch Sanaa von prorianischen Milizen kontrolliert wird.
Die zwei Tage vor dem Terrorüberfall der Hamas gestartete Militäroperation in Nordsyrien findet auf hochsensiblem Terrain statt, denn dort sind US-Truppen im Rahmen des Antiterrorkrieges gegen den Islamischen Staat (IS) stationiert. Zudem ist die Türkei wegen der explizit anti-israelischen Rhetorik und der Freundschaft Präsident Recep Tayyip Erdoğans zur Hamas-Führung ein wichtiger Akteur im neuen Nahostkonflikt.
Mit dem bis heute anhaltenden Beschuss durch Drohnen, Kampfjets und Artillerie wurden nach Angaben der syrischen Kurden rund 80 Prozent der zivilen Infrastruktur in Rojava zerstört. Hierbei handelt es sich um ein selbst verwaltetes Kurdengebiet im Norden Syriens, das von der Partei der Demokratischen Union (PYD) kontrolliert wird. Die Kurdenführung wirft der Türkei Kriegsverbrechen vor, diese rechtfertigt die Bombardements mit einem versuchten Terroranschlag der türkischen Kurdenguerilla PKK auf das Innenministerium in Ankara am 1. Oktober.
Der Terrorangriff der Hamas auf Israel ließ das Kriegsgeschehen in Syrien in den Hintergrund treten, obwohl die dort stationierten US-Spezialkräfte am 5. Oktober eine türkische Angriffsdrohne nahe der Stadt Hasaka abgeschossen hatten – ein einmaliger Vorgang in der Geschichte der Nato und eine klare Warnung an Ankara. Das US-Oberkommando erklärte den Abschuss damit, dass sich die Drohne bis auf 500 Meter einer US-Basis genähert habe. Neunhundert US-Soldaten sind im Süden Rojavas stationiert, um gemeinsam mit den von der kurdischen YPG geführten Syrisch-Demokratischen Kräften (SDF) ein Wiedererstarken des IS zu verhindern.
Die SDF bewachen seit Jahren Tausende gefangene IS-Terroristen, ein Pulverfass, das jederzeit explodieren kann, falls die Miliz weiter durch türkische Angriffe geschwächt wird. “Damit wird dem IS in die Hände gespielt”, sagt der in Istanbul lebende, für die Johns-Hopkins-Universität tätige Türkei-Experte Gareth Jenkins.
Vor zwei Wochen erklärte Erdoğan die “erste Phase” der “Terrorbekämpfung” in Nordostsyrien für beendet, obwohl die Bombardements mit geringerer Intensität fortgesetzt werden. Das konkrete strategische Ziel benannte er nicht. Drei Szenarien gelten als wahrscheinlich:
Eventuell will die Türkei Nordostsyrien wie andere Gebiete Nordsyriens besetzen. “Dabei gibt es neben den Amerikanern aber ein weiteres Hindernis”, sagt Gareth Jenkins. “Der eigentliche Grund, warum die Türkei bisher nicht in Rojava einmarschiert ist, ist Russland.” Moskau kontrolliert weitgehend den Luftraum über Syrien und hat eigene Truppen nahe der türkischen Grenze stationiert. “Wir müssen abwarten, was Russland jetzt sagt.”
Die syrischen Schutzmächte Russland und Iran träumen schon lange davon, die USA endgültig aus Syrien – und dem Irak – zu vertreiben. Würde die Türkei das erledigen, indem sie der US Army den kurdischen Partner nähme, wäre das hochwillkommen. Allerdings sperrt sich Damaskus kategorisch gegen eine türkische Intervention ohne vorherigen Rückzug aus den von türkischen Truppen besetzt gehaltenen Gebieten rund um Afrin. Der syrische Diktator Baschar al-Assad hat deshalb im August Verhandlungen mit der Türkei über eine Normalisierung der Beziehungen platzen lassen.
Erdoğan könnte trotzdem versucht sein, die Ablenkung Washingtons durch den Gaza-Krieg zu nutzen – zumal von dort widersprüchliche Signale kommen. So beeilte sich das Pentagon, den Drohnenabschuss Anfang Oktober als “bedauerlichen Zwischenfall” herunterzuspielen und unternahm nichts gegen die türkischen Luftangriffe auf Rojava, soweit sie nicht US-Basen betrafen. Wichtigster Grund für die Zurückhaltung ist die für unverzichtbar gehaltene geostrategische Position der Türkei.
Der türkische Präsident braucht andererseits finanzielle Unterstützung aus dem Westen für die türkische Wirtschaft. “Erdoğan testet aus, wie weit er gehen kann”, sagt Jenkins. Das haben die Amerikaner verstanden und halten inzwischen dagegen. Am 12. Oktober verlängerte US-Präsident Joe Biden eine bestehende offizielle Sanktionsandrohung gegen die Türkei um ein Jahr, da Ankara mit der Militäroffensive “Frieden, Sicherheit und Stabilität in der Region zu unterminieren” drohe. Außerdem stelle die Türkei dadurch “eine außergewöhnliche Bedrohung der nationalen Sicherheit und Außenpolitik der USA” dar. Prompt nannte Erdoğan die USA eine “außergewöhnliche Bedrohung der nationalen Sicherheit der Türkei”.
Trotz der Eiszeit zwischen den Nato-Partnern ist Jenkins überzeugt, dass die Amerikaner früher oder später aus Syrien abziehen werden. Zwar könne Biden in einer Lage, in der die Hamas und der Islamische Staat als dasselbe Übel betrachtet würden, keinen Abzug aus Syrien anordnen. Aber die Kurden sind maximal irritiert. Ein SDF-Sprecher bezeichnete gegenüber der Nahost-Plattform Al-Monitor die Kommentare aus Washington als “unzureichend”: “Wir hoffen auf eine klarere Haltung der amerikanischen Seite.” Experte Jenkins hält das für vergeblich. Er glaubt, dass den syrischen Kurden nur ein Ausweg bleibt, um sich langfristig zu schützen. “Die Türkei will sie vernichten, Russland droht ihnen, sie fallenzulassen. Also müssen sie in den sauren Apfel beißen, sich mit Damaskus einigen und sich der Kontrolle durch Assad unterstellen.”
Die neue Brigade, die Deutschland in Litauen aufstellen wird, soll eine bessere Ausstattung erhalten als eine Brigade in Deutschland, sagte Alfons Mais, der Inspekteur des Heeres, im Interview mit Table.Media: “Ich sage mal überspitzt: Mangelverwaltung erlebt die Truppe noch zu oft zu Hause. Das muss in Litauen besser sein, so wie es die Soldaten auch jeden Tag bei der Nato-Battlegroup erleben.”
Die Litauen-Brigade wird Teil der Division 2025, die der Nato für 2025 angezeigt worden ist. Sie ist somit auch Teil der neuen Verteidigungspläne der Nato, die auf dem Gipfel in Vilnius im Juli 2023 verabschiedet worden sind. “Damit ist das Ziel vorgegeben”, so Generalleutnant Mais. “Überrascht” zeigte sich der Heeresinspekteur über die Erwartungshaltung, dass nach vier Monaten schon alles “bis in Detail geregelt sein soll”: “Es ist klar, dass wir de facto eine neunte Brigade aufstellen – wirklich vom weißen Blatt!”
Er sei überzeugt, dass “die Brigade in Litauen an sich eine gewisse Attraktivität” habe. Allerdings müssten die Rahmenbedingungen stimmen. Dazu gehörten Schulen, Kitas und Arbeitsmöglichkeiten für Familienmitglieder. Ebenfalls müsse man überlegen, wie man Pendler besser unterstützen könnte durch “Prämien oder monetäre Anreize”. Nach einer Umfrage des Spiegel von September allerdings wären nur 20 Prozent aller Soldaten und Soldatinnen bereit, nach Litauen zu gehen. Erst vorige Woche erklärte Eva Högl, die Wehrbeauftragte des Deutschen Bundestages, gegenüber Table.Media: “Wenn die Rahmenbedingungen konkreter feststehen, dann kann ich mir vorstellen, dass ein Großteil der Soldatinnen und Soldaten auch sagt: Das ist für uns attraktiv.”
Zu den Planungen der Bundeswehr, statt eines neuen klassischen Kampfhubschraubers einen leichteren bewaffneten Helikopter anzuschaffen, sagte Mais: “Kampfdrohnen sowie weitreichendes Präzisionsfeuer der Artillerie werden den klassischen Kampfhubschrauber möglicherweise ersetzen. Das heißt aber nicht, dass wir keine bewaffneten Hubschrauber mehr brauchen.” Für Mais, der selbst Hubschrauberpilot der Heeresflieger war, werden unbemannte Systeme in Zukunft eine große Rolle spielen: “Wir haben im Ukrainekonflikt gesehen, dass die klassische Duell-Situation eine ist, die wir vermeiden sollten, weil sie sehr verlustreich ist. Wir brauchen mehr Wirkung auf Distanz. Ich glaube, dass in diesem Konflikt der Kampfhubschrauber eine eher nachgeordnete Rolle gespielt hat.”
Mais warnte davor, bei militärischen Planungen und Beschaffungen zu sehr auf nur ein Kriegs-Szenario zu setzen: “Auch im aktuellen Konflikt sehen wir, entgegen der Prognosen in den letzten zehn Jahren, das gesamte Spektrum des Krieges an Land”. Gerade im Konflikt zwischen der israelischen Armee und den militant-islamistischen Hamas-Kämpfern müsse man sich auf “alle Formen der militärischen Auseinandersetzung einstellen”: “Den technologischen Gamechanger, der am Ende verhindert, dass sich Menschen auf dem Schlachtfeld in irgendeiner Form gegenüberstehen, sehe ich momentan noch nicht.” nana/tw
Der slowakische Regierungschef Robert Fico hat kurz nach seinem Amtsantritt seine Absicht aus dem Wahlkampf erneuert, die Ukraine nicht mehr mit Waffen zu unterstützen. Die Slowakei werde weiter zivile Güter ins Nachbarland liefern und “allseitige” Hilfe leisten, geht aus einer Erklärung Ficos hervor, die der Europa-Ausschuss des neu gewählten Parlaments in Bratislava am Donnerstag annahm. Die Lieferung von Waffen gehöre nicht dazu. Der Beschluss ist rechtlich nicht bindend. “Als Regierungschef stehe ich für eine Null-Waffenhilfe an die Ukraine”, zitierte die Nachrichtenagentur TASR den Ministerpräsidenten. Slowakische Firmen sollen nach früheren Ankündigungen jedoch weiterhin Waffen an die von Russland angegriffene Ukraine verkaufen können.
Die Slowakei gehörte bisher zu den entschlossensten militärischen Unterstützern der Ukraine. Schon kurz nach Kriegsbeginn im vergangenen Jahr gab sie dem Nachbarland ihr eigenes Luftabwehr-Raketensystem und ein Jahr später ihre MiG-29-Kampfflugzeuge ab. Seither wird der Luftraum der Slowakei nicht mehr von der eigenen Luftwaffe, sondern von den Nato-Partnern, auch Deutschland, geschützt. Außerdem lieferte die Slowakei auch Panzer und Munition. dpa
Drohnen in der Nähe eines ukrainischen Atomkraftwerks (AKW) und Übung zum Einsatz von Atomwaffen: Russland erinnert wieder an seine Eskalationsbereitschaft. Mehrere Nächte in Folge griffen russische Truppen mit Drohnen die westukrainische Region Chmelnyzkyj an, verletzten etwa 20 Menschen und richteten am Mittwoch auch Schäden am Atomkraftwerk Chmelnyzkyj an – 180 Kilometer von der polnischen Grenze entfernt. Die Drohnen seien unweit des AKW abgeschossen worden, die Druckwellen der Explosionen hätten einige Fenster am Kraftwerk zerstört, sagte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj.
Parallel zu den Drohnen-Angriffen nahe des ukrainischen AKW hat Russland seine jährliche Übung zum Einsatz von Atomwaffen abgehalten, verkündete Verteidigungsminister Sergej Schoigu. Das besondere dieses Mal: Die Übung erfolgte unter anderem mit Einsatz der Interkontinentalrakete Jars (Nato-Bezeichnung: SS-27), die Atomsprengköpfe tragen kann, während Moskau sich Schritt für Schritt aus dem Vertrag über das Verbot von Kernwaffenversuchen zurückzieht. Nach der Verabschiedung des Gesetzes durch das Parlament unterstützte am Mittwoch der russische Föderationsrat das Vorhaben formal. Nun müsste Präsident Wladimir Putin das Gesetz unterzeichnen, danach muss es veröffentlicht werden, um in Kraft zu treten. Russland hatte im Juni 2000 das Gesetz über das Verbot ratifiziert. Den Ausstieg hatte Putin erst vor wenigen Tagen, am 5. Oktober, initiiert, mit dem Verweis auf die USA, die das entsprechende Gesetz nie ratifiziert hätten. vf
Bundesforschungsministerin Bettina Stark-Watzinger fordert von Wissenschaftlern einen wachsameren Umgang mit China. Bei einer Diskussionsrunde in der niederländischen Botschaft in Berlin sagte sie am Mittwoch, dass ihr Ministerium im Rahmen der nationalen Sicherheitsstrategie und der Chinastrategie der Bundesregierung am Umgang der Universitäten mit China arbeite. Die niederländische Regierung plant ein Gesetz, um Wissenschaftler, die nicht aus der EU kommen, zu überprüfen, bevor sie dort forschen.
Vor Wissensabfluss nach China in sicherheitsrelevanten Bereichen warnt auch der Exportkontrollbeauftragte der RWTH Aachen, Nicolas Lunz: “Wir haben hinter den chinesischen Doktoranden einen sehr strategischen Staat, der auch durch die Stipendienausgabe klare Anweisungen mitgibt, wie zum Beispiel eine regelmäßige Berichterstattung.” Gerade bei Dual-Use-Gütern, die sowohl in zivilen als auch militärischen Bereichen genutzt werden können, sei “das Risiko enorm”. Lunz vermutet auch, dass ehemalige Doktoranden nun direkt militärisch in chinesischen State Laboratories arbeiteten.
Insider berichten, dass Hochschulen zu wenig dagegen unternähmen und lieber in Forschung, statt in Compliance investierten, und Mahnungen von Bund und Ländern mit dem Argument der Wissenschaftsfreiheit beiseiteschöben. Lunz fordert deshalb klarere Vorgaben und entsprechende Strukturen, etwa übergeordnete Stellen, die bei den Ländern angesiedelt sein könnten. Eine ausführliche Analyse dazu lesen Sie hier. mw
Frankreich stärkt die armenischen Luftverteidigungskapazitäten. Das kündigten der französische Verteidigungsminister Sébastien Lecornu und sein armenischer Amtskollege Suren Papikyan am Montag in Paris an. Armenien werde drei Radarsysteme Ground Master 200 (GM200) von Thales kaufen sowie Nachtsichtgeräte von Safran. Für die Beschaffung von Mistral-Flugabwehrsystemen, die ergänzend zu GM200 eingesetzt werden können, habe Papikyan eine Absichtserklärung mit MBDA unterzeichnet.
“Auch wenn wir nicht den gleichen militärischen und politischen Bündnissen angehören, beruht diese Verteidigungskooperation darauf, dass man sich und seine Bevölkerung verteidigen können muss”, sagte Lecornu.
Frankreich, das in Europa die größte armenische Diaspora beherbergt, werde außerdem Militärs nach Armenien schicken, um armenische Soldaten im Bodenkampf, Gebirgseinsatz und Präzisionsschießen auszubilden, so Lecornu. Zudem solle ein französischer Offizier in Armenien Ausbildungskooperationen vertiefen, um bei der Transformation des armenischen Sicherheitsapparats zu unterstützen. Vor einem Monat hatte Frankreich bereits einen Militärattaché in die Botschaft in Jerewan entsandt.
Mehr als 100.000 Armenier waren im September geflohen, nachdem Aserbaidschan die umkämpfte Region Bergkarabach militärisch erobert hatte. Jüngst hatten die Drohgebärden Aserbaidschans gegenüber Armenien wieder zugenommen, am Montag begann Aserbaidschan eine Militärübung mit türkischen Streitkräften an der Grenze zu Armenien. Aserbaidschans Präsident Ilham Alijew hatte zuvor gesagt, “sollte ein neuer Konflikt in der Region ausbrechen, wäre Frankreich dafür verantwortlich”. bub
Frankfurter Allgemeine Zeitung: Teherans Schattenarmeen. Die libanesische Hisbollah verwickelt das israelische Militär täglich in Gefechte. Solche nadelstichartigen Angriffe gelten in Diplomaten- und Geheimdienstkreisen als Botschaften Irans an Israel. Teheran versucht, die Hisbollah, aber auch die Houthis im Jemen in Stellung zu bringen, um Israel vor einer Zerschlagung der Hamas abzuschrecken.
Haaretz: NSO, Israeli Cyber Firms Help Track Missing Israelis and Hostages. Israels Cyber-Industrie unterstützt die Bemühungen der Regierung zur Freilassung der in den Gazastreifen entführten Geiseln: Von Gesichtserkennung bis zu Open-Source-Intelligence und Cyber-Offensiven tragen Unternehmen wie NSO, Rayzone und AnyVision dazu bei.
Handelsblatt: Marineinspekteur Kaack: “Wir sind bereit, Munition an Israel zu liefern.” Vizeadmiral Jan Christian Kaack über mögliche Evakuierungen deutscher Staatsbürger aus dem Libanon und Israel, die Gefahr weiterer Sabotageakte in der Ostsee – und die Einsatzbereitschaft der Deutschen Marine.
The New York Times: Erwachsenwerden in einem von Krieg geprägten Land. Sechs junge Ukrainerinnen und Ukrainer berichten davon, wie es ist, aufzuwachsen, während der Krieg “wie ein Schatten über ihrem Zuhause und ihrer Arbeit, ihren Beziehungen und ihren Leidenschaften hängt”. Sie berichten von Verlust, Trauer, Hilf- und Orientierungslosigkeit und davon, wie der Krieg ihre Zukunft formt.
ARD: Hinter den Kulissen von Rheinmetall. “Gestern noch verpönte Waffenschmiede, heute gefragter Militärausstatter” – mit diesen Worten beginnt die Doku über Deutschlands größten Rüstungskonzern. NDR-Reporter Klaus Scherer beleuchtet, wie die Zeitenwende den Alltag der Mitarbeiter und die Reputation des Unternehmens prägt.
Ihre Rolle zwischen zwei Welten macht Astrid Irrgang sichtlich Freude. Seit vergangenem Jahr ist die gebürtige Hessin Geschäftsführerin des Zentrums für Internationale Friedenseinsätze (ZIF) in Berlin. Hier werden Friedensfachkräfte nicht nur ausgebildet, sondern auch in Einsatzgebiete entsandt – vom Kosovo bis in den Irak, von Mali bis nach Afghanistan. Im Auftrag des Auswärtigen Amtes.
Das ZIF bereitet die deutschen Entsandten auf ihre Arbeit in multilateralen Einsätzen vor. Dafür sei ein “vernetzter Ansatz” nötig, so Irrgang, denn nicht nur die Ressorts der Bundesregierung und das Personal, das sie in ein Krisengebiet schicken, sollen koordiniert auftreten – ihre Aktivitäten müssen auch mit internationalen Organisationen sowie lokalen Stellen im Einsatzgebiet abgestimmt werden. Irrgang definiert den “vernetzten Ansatz” als “Anforderung, den Instrumentenkasten für Maßnahmen und Strategien zur Konfliktbewältigung gemeinsam zu denken, aus verschiedenen Richtungen”.
Über Disziplin-Grenzen hinweg zu denken, diese Fähigkeit bringt die 1974 in Wiesbaden geborene Irrgang mit. Für die Promotion in Geschichte an der Universität Freiburg wertete sie die Feldpost eines jungen Wehrmachtsoffiziers aus: “Vom richtigen Leben im falschen” hatte sie ihre Doktorarbeit betitelt. Die Historikerin war geleitet von der Frage, wie aus einem hoffnungsfrohen Abiturienten ein teils auch zynischer Panzerkommandant werden konnte.
Die Wechselwirkungen zwischen Zivilem und Militärischem begleiten Irrgang nun auch beim ZIF schon mehr als ein Jahrzehnt lang. 2012 fing sie am Westberliner Ludwigkirchplatz als Leiterin der Personalabteilung an, ehe sie 2014 zur stellvertretenden Direktorin – und 2022 zur Geschäftsführerin aufstieg. Zuvor war sie unter anderem für die Bundeszentrale für politische Bildung tätig – und verbrachte 2008 mehrere Monate als Visiting Officer im Büro des Nato-Generalsekretärs in Brüssel. Für den Frieden arbeiten, in Zeiten von Krieg, da fühlt sich Irrgang zu Hause: “Es gibt Menschen, die zwischen diesen Welten übersetzen können.”
Seit Beginn dieses Jahres ist sie zudem eine der Sprecherinnen im Beirat für Fragen der Inneren Führung, der direkt an Verteidigungsminister Boris Pistorius berichtet. Anderthalb Jahre nach Beginn des Ukraine-Kriegs ist für sie klar: “Es braucht ein neues Mindset, das Wehrhaftigkeit mit einschließt.” So sei die Zeitenwende, die Bundeskanzler Olaf Scholz nach der Invasion der Ukraine im Februar 2022 ausrief, zwar in der “sicherheitspolitischen Bubble angekommen, aber nicht darüber hinaus”.
Irrgang sieht ihre Rolle deshalb auch darin, ein resilienteres Denken tiefer in Gesellschaft und Politik zu verantworten: “Was wir sicherlich im eigenen Land ein Stück weit aus dem Blick verloren haben, ist die Bedeutung der Streitkräfte und die Wehrhaftigkeit, in einem Konfliktfall Interessen tatsächlich auch robust vertreten zu können.” Markus Bickel