Table.Briefing: Security

Lücken bei Luftverteidigung + Defizite in der Drohnenproduktion

Liebe Leserin, lieber Leser,

die ersten zwanzig Bundeswehrsoldaten der neuen Panzerbrigade 45 sind seit April in Vilnius stationiert, gestern kam der litauische Verteidigungsminister Laurynas Kasčiūnas zum Antrittsbesuch nach Berlin. Die wichtigsten Punkte des Treffens mit Boris Pistorius: Finanzierung und Fahrplan beim Aufwuchs der bis 2027 laut Plan 4.800 Kopf starken Brigade, Unterstützung der Ukraine sowie Ausstattung der EU Battle Group 2025 an der Nato-Ostflanke.

Welche Lücken in der Flugabwehr der Bundeswehr klaffen, hat der Inspekteur der Luftwaffe, Ingo Gerhartz, auf dem International Strategic Air Defence Symposium wieder einmal schmerzlich feststellen müssen. Gabriel Bub berichtet für Sie vom Kommando Luftwaffe in Gatow.

Nana Brink und Viktor Funk haben versucht herauszufinden, weshalb die deutsche Drohnenproduktion hinter der ukrainischen so herhinkt. Ihre ernüchternden Recherchen erklären auch, weshalb ein Antrag der Unionsfraktion, eine eigene Drohnenarmee unter der Truppengattung Unbemannte Systeme und Drohnenabwehr aufzubauen, gestern Abend im Bundestag keine Mehrheit fand.

Ihr
Markus Bickel
Bild von Markus  Bickel

Analyse

Luftverteidigung: Welche Lücken Russlands Krieg in der Ukraine aufzeigt

Von den “katastrophalen Folgen der Lücken in der Luftverteidigung” sprach Verteidigungsminister Boris Pistorius am Dienstag bei der Eröffnung des International Strategic Air Defense Symposium, die man sehe, wenn man “zu unseren ukrainischen Freunden” schaue.

Russland greift die Ukraine vor allem aus der Luft an. Mit iranischen Shahed-Drohnen, Artillerie und manchmal auch mit ballistischen Kinshal-Raketen oder Avangard-Hyperschall-Gleitflugkörpern.

Gerhartz wünscht sich flexiblere Reaktionen

Allein im Januar 2024 habe Russland in der Ukraine 1.300 Raketen eingesetzt, sagt Tina Kornblum, Leiterin der Intelligence Production Unit (IPU) bei der Nato. Obwohl die Nato-Staaten über ein deutlich größeres Bruttoinlandsprodukt verfügen, fährt Russland seine Produktion effektiver hoch, mit Planwirtschaft, statt Doppelproduktionen wie in Europa. “Russland verbessert seine Raketenkapazitäten schnell”, sagt Kornblum. Nato-Mitarbeiter, Militärs aus Nato-Staaten, Wissenschaftler und Ministeriumsvertreter diskutierten am Mittwoch in Gatow, wie die Lücken in der Luftverteidigung geschlossen werden sollen.

Luftwaffeninspekteur Ingo Gerhartz wünscht sich insbesondere eine flexiblere und schnellere Verteidigung:

  • In den sich schnell verändernden Gefechtsfeldern brauche man Agilität, “die Fähigkeit, Luftverteidigungssysteme schnell zu manövrieren“.
  • Schnelle und sichere Kommunikationssysteme zwischen Erkennung, Kommandozentralen und den Reaktionsmitteln seien deshalb entscheidend.
  • Schnelle Nachladekapazitäten, um auf Angriffe reagieren zu können

Was die russischen Angriffe aufzeigen: das Ungleichgewicht zwischen Angriff und Verteidigung.

Laut iranischen Berichten zahlt Russland für eine Shahed-136-Drohne 193.000 Dollar an den Iran. Andere Schätzungen gehen von 20.000 Dollar aus. In beiden Fällen sind sie deutlich günstiger als ein Schuss aus einem Patriot-Luftverteidigungssystem. Der kostet in der Pac-3-Version etwa vier Millionen Dollar. Dazu kommt, dass auch nichtstaatliche Akteure wie die Huthi-Rebellen im Jemen es schaffen, mit vergleichsweise günstigen Raketen und Drohnen die Weltwirtschaft zu beeinträchtigen.

Die französische Perspektive: Wenn man so viel Geld ausgibt, um eine Shahed-Drohne abzuschießen, denkt man, man habe gewonnen, “in Wirklichkeit hat man verloren”, sagt Bertrand Le Meur, Verteidigungsstrategie-Direktor im französischen Verteidigungsministerium.

Die Kosten sind ein Grund, warum die Nato-Staaten mehr in Offensivwaffen investieren. “Ich kann die Wirkmittel in der Luft bekämpfen oder ich bekämpfe sie am Boden, bevor sie zum Einsatz kommen”, sagt Oberst Dennis Krüger, der bei der Luftwaffe für Projekte der bodengebundenen Luftverteidigung zuständig ist, zu Table.Briefings. Deshalb brauche man auch offensive Möglichkeiten, “über die wir auch schon verfügen”.

Fähigkeitslücke “in der oberen Abfangschicht”

Eine “klare Fähigkeitslücke” sehen er und andere aber “in der oberen Abfangschicht zur Abwehr ballistischer Flugkörper”. Dazu hat Deutschland das Raketenabwehrsystem Arrow 3 aus Israel beschafft. “Wir sind die ersten, die in dieser Form diese Lücke mit Arrow schützen”, sagt Krüger. Das System eignet sich zur Abwehr ballistischer Raketen, die mit 20-facher Schallgeschwindigkeit fliegen können.

Hier offenbaren sich die Konfliktlinien, die durch die Luftverteidigungslücken zutage treten. Frankreich, das sich der von Bundeskanzler Olaf Scholz ins Leben gerufenen European Sky Shield Initiative (Essi) nicht angeschlossen hat, setzt auf eigene Produktion, das Beschaffungsvorhaben sieht die Käufe größtenteils außereuropäisch vor. 21 Länder haben sich der Initiative bereits angeschlossen.

Außerdem setzt die Nuklearmacht Frankreich stärker auf Abschreckung als Deutschland. Die versteht Paris in erster Linie nuklear und was russische Angriffe auf Nato-Territorium vor allem verhindere, sei die Angst, Zerstörungen auf eigenem Gebiet hinnehmen zu müssen. Angriffskapazitäten wären demnach also rentabler.

  • European Sky Shield Initiative
  • Rüstung
  • Verteidigung
Translation missing.

Drohnenproduktion: Warum Deutschland der Ukraine hinterherhinkt

Erst am Mittwoch sind auf dem Luftwaffenstützpunkt in Jagel (Schleswig-Holstein) die ersten Groß-Drohnen vom Typ German Heron TP stationiert worden. “Wenn ich eine deutsche Drohnen-Armee zusammensetzen müsste, würde ich ans oberste Ende die bewaffnete Heron TP setzen”, so Ulrike Franke, Drohnenexpertin des European Council on Foreign Relations. Doch der Einsatz und vor allem die Produktion von Drohnen stecken in Deutschland noch in den Kinderschuhen.

Vor allem im Bereich der bewaffneten Drohnen gibt es große Defizite.

  • Die German Heron TP sind Teil des “ersten unbemannten Systems” in Deutschland, das auch Waffen tragen kann. Sie stammen allerdings aus israelischer Produktion, werden vom Hersteller Israel Aerospace Industries (IAI) geleast und sind mit 26 Metern Spannweite so groß wie ein Privatflugzeug. Die in Deutschland stationierten Herons sollen allerdings in naher Zukunft nur zu Aufklärungszwecken für die Landes- und Bündnisverteidigung genutzt werden. Die Bundeswehr hat insgesamt fünf German Heron TP, von denen zwei allerdings momentan der israelischen Armee zur Verfügung gestellt werden.
  • Das Aufklärungssystem LUNA (Luftgestützte Unbemannte Nahaufklärungsausstattung) ist eine der wenigen Drohnen aus deutscher Produktion. Rund 150 dieser vom Rüstungskonzern Rheinmetall produzierten Drohnen waren vor allem in Afghanistan und in Mali im Einsatz. Das Nachfolgemodell HUSAR (Hocheffizientes Unbemanntes System zur Aufklärung mittlerer Reichweite), von denen die Bundeswehr letztes Jahr dreizehn Stück geordert hat, dient vor allem der Erkennung von Zielen in Echtzeit. Es ist mit mehr als fünf Metern Spannweite so groß wie ein Modellflugzeug und hat eine Reichweite von 150 Kilometern.
  • Für Aufsehen sorgte in den vergangenen Jahren das 2015 von ehemaligen Bundeswehrsoldaten gegründete Unternehmen Quantum-Systems. Es hat sich auf die Entwicklung kleiner, unbewaffneter Flugsysteme spezialisiert. Die Aufklärungsdrohne Vector ist bereits seit 2022 in der Ukraine im Einsatz. Bis Jahresende wurden über 500 dieser Drohnen geliefert, weitere 812 Systeme sind für 2025 bestellt. Die Bundeswehr hat für das Jahr 2025 derzeit 14 dieser Systeme geordert. Quantum Systems betreibt zwei Standorte in der Ukraine. Wie Unternehmenssprecher Paul Strobel gegenüber Table.Briefings erklärte, sei die Bundeswehr “basierend auf unserer Erfahrung in der Zusammenarbeit mit den ukrainischen Streitkräften im Bereich Drone Warfare derzeit nicht kriegsfähig”.

Ukraine ist Blaupause für Drohnen-Produktion

Die neue Drohnendebatte in Deutschland erfolgt vor dem Hintergrund der Entwicklungen im russisch-ukrainischen Krieg. Der Einsatz von Drohnen ist heute noch einmal auf beiden Seiten gestiegen und wird weiter zunehmen. Ob die Ukraine, wie angekündigt, eine Million Drohnen pro Jahr bauen wird, ist noch nicht abzusehen. Aber solche Aussagen machen die Erwartungen der Kriegsparteien an die technologische Entwicklung deutlich: Waren 2022 erst sieben Drohnen-Modelle für die Massenproduktion in der Ukraine zugelassen, sind es heute fast 70. Neben den Luftdrohnen setzt die Ukraine inzwischen auch regelmäßig Wasserdrohnen ein. Erst vor wenigen Tagen wurde zudem bekannt, dass erste Wasserdrohnen auch mit Raketen bestückt werden.

Russland hatte zwar etwas länger gebraucht, um auf diesem Feld mitzuziehen. Doch mit iranischen Shahed-Drohnen und dem Ausbau der Drohnen-Produktion im Land setzt der Aggressor die Verteidiger auch mit diesen neuen Waffen immer stärker unter Druck. Ähnlich wie bei Ukrainern kommen bei der russischen Armee neben militärischen Drohnen auch mehr und mehr FPV-Drohnen (First Person View) zum Einsatz, die eher aus dem zivilen Bereich stammen. Kleine Start-ups entwickeln Quadrocopter, die etwa Granaten tragen können und dann als Kamikaze-Drohnen auf Ziele gesteuert werden. Der designierte russische Verteidigungsminister Andrej Beloussow war schon als Vize-Premier maßgeblich für die Entwicklung der Drohnenindustrie verantwortlich. Laut russischen Medienberichten hat er eine Förderung der Branche angekündigt in einem Maße, die es bisher nicht gab.

  • Drohnen

Putin bei Xi: Wie sich China und Russland strategisch gegen den Westen aufstellen

Dieser Besuch lässt keine Zweifel mehr offen – und ist zugleich ein Schlag für all jene, die immer noch darauf hoffen, ein rationales China vom kriegstreibenden Russland loseisen zu können. China und Russland stehen felsenfest zueinander. Als Wladimir Putin am Donnerstag in Peking mit Chinas Staatspräsident zusammentrifft, preist er das “beispiellos hohe Niveau der strategischen Partnerschaft” zwischen China und Russland. Xi wiederum verwendet zwar nicht mehr die viel zitierte “grenzenlose Partnerschaft”. Die Vielzahl der geschlossenen Abkommen deutet aber genau auf jene Grenzenlosigkeit hin.

Schon am ersten Tag von Putins zweitägigem Besuch in China wird deutlich: Diese Verbindung ist strategisch, tief und langfristig angelegt. Längst handelt es sich nicht mehr um eine rein bilaterale Partnerschaft. Xi und Putin haben bei ihren Überlegungen die Welt fest im Blick: Der Westen unter Führung der USA wird scharf kritisiert; der sogenannte Globale Süden dagegen umworben.

Xi und Putin lehnen eine regelbasierte Ordnung ab

Aufmerksam lesen sollte man folgende Formulierung aus der gemeinsamen Erklärung von Putin und Xi: Hegemoniale und machtpolitische Staaten stünden Fairness und Gerechtigkeit entgegen und versuchten, die anerkannte internationale Ordnung auf der Grundlage des Völkerrechts durch eine “regelbasierte Ordnung” zu ersetzen und zu untergraben. Damit sprechen sich China und Russland explizit gegen eine regelbasierte Ordnung aus –  基于规则的秩序. Es ist nicht nur die Formulierung aller westlichen Staaten, sondern deren Grundüberzeugung, worauf eine gerechte Welt basieren sollte.    

Putin und Xi versicherten sich gegenseitig, geschlossen gegen den “zerstörerischen und feindseligen” Druck der USA zusammenarbeiten zu wollen. In ihrer gemeinsamen Erklärung kritisieren sie, dass die USA weltweit ihre militärische Präsenz ausbauen. Genannt werden unter anderem amerikanische Pläne zur Stationierung bodengestützter Kurz- und Mittelstreckenraketen in der Asien-Pazifik-Region und in Europa oder auch die Aukus-Allianz mit Großbritannien und Australien. Es handele sich um “äußerst destabilisierenden Schritte, die eine direkte Bedrohung der Sicherheit von Russland und China darstellen”, hieß es in der Erklärung.

Gemeinsam gegen den feindseligen Kurs der USA

Man werde deshalb die eigene Zusammenarbeit weiter koordinieren und verstärken, um “dem destruktiven und feindseligen Kurs Washingtons in Richtung der sogenannten ‘doppelten Eindämmung’ unserer Länder entgegenzuwirken”, heißt es darin.

“Interessant ist die Stelle, an der sie die Überlegungen kritisieren, russisches Staatsvermögen zu beschlagnahmen“, sagt Alexander Gabuev, Direktor des Carnegie Russia Eurasia Center, zu Table.Briefings. Hintergrund sind Gedankenspiele im Westen, einige der eingefrorenen Staatsgelder Russlands an die Ukraine zu übergeben. Es ist ein klares Zeichen an die EU.

Im Gegensatz zu den feindseligen USA sehen die beiden Staatsführer die chinesisch-russischen Beziehungen. Putin betonte, ihre Partnerschaft sei “einer der wichtigsten stabilisierenden Faktoren auf der internationalen Bühne“.

Ukraine – China unterstützt Russlands Kerninteressen

Auch die Ukraine ist Thema der Gespräche – allerdings nicht so, wie es sich westliche Politiker und Diplomaten eventuell erhofft haben. Putin lobt vor allem die chinesischen Bemühungen, einen Frieden mit der Ukraine auszuhandeln. Sie seien “objektiv und unvoreingenommen”. Das ist bemerkenswert. Offiziell gibt sich China tatsächlich neutral. Aber chinesische Zolldaten, amerikanische Geheimdienstinformationen und Funde auf den Schlachtfeldern in der Ukraine zeigen, wie sehr China die russische Kriegsmaschinerie unterstützt.

Xi wiederum versichert Putin, China werde Russland fest unterstützen bei Angelegenheiten, die seine Kerninteressen betreffen – und nichts anderes ist Putins Obsession mit der Ukraine. Eine Lösung müsse laut Xi berechtigte Sicherheitsbedenken beachten – eine von Putins Begründungen für den russischen Angriff. Ziel sei die Gestaltung einer neuen, ausgewogenen, effektiven und nachhaltigen Sicherheitsarchitektur, sagt Xi.

Grenzenlose Abkommen

Spätestens seit diesem Donnerstag sollte also niemand mehr an der Intensität der Beziehung zwischen China und Russland zweifeln – weder an der Tiefe, noch an der Breite. In etlichen Bereichen will man noch enger zusammenarbeiten will, darunter:

  • Luftfahrt,
  • Militär,
  • Automobilbau,
  • Banken- und Versicherungswesen,
  • Energie, Atomkraft, Erneuerbare Energien,
  • Währungsbereich,
  • Transport-, Logistik- und Hafenkooperation,
  • Bildung und Kultur,
  • Wissenschaft und Technologie,
  • in der Arktis,
  • chemische Industrie und Rohstoffgewinnung.

Die Fülle an Abkommen sowie die vielen Bereiche, die abgedeckt werden, zeigen: China und Russland arbeiten intensiv daran, widerstandsfähiger gegen westliche Sanktionen zu werden.

Bemerkenswert ist zudem der militärische Aspekt. Neben einer verstärkten Zusammenarbeit haben sich Xi und Putin für eine Art Pufferzone zwischen Atommächten und anderen Militärbündnissen ausgesprochen. Es müsse auf eine “Expansion von Militärbündnissen und -koalitionen und die Schaffung militärischer Brückenköpfe direkt an der Grenze anderer Atommächte” verzichtet werden, heißt es in ihrer gemeinsamen Erklärung. Xi und Putin dürften mit dieser Formulierung klarmachen, dass sie einen möglichen Nato-Beitritt der Ukraine entschieden ablehnen. 

  • Autoindustrie
  • Energie
  • Geopolitik
  • Handel
  • Russland
  • Technologie
  • USA
  • Wladimir Putin

News

Nach dem Anschlag auf Fico: Wie es mit dem Europawahlkampf weitergeht

Der bei einem vermutlich politisch motivierten Attentat schwer verletzte slowakische Ministerpräsident Robert Fico hat die ersten 24 Stunden nach dem Attentat überlebt. Fünf Stunden dauerte eine komplizierte Notoperation, bei dem ihm zwei parallel arbeitende Ärzteteams das Leben retteten. Weitere Eingriffe stehen noch bevor.

Die Erleichterung war groß, als der künftige Präsident des Landes, Peter Pellegrini, am Donnerstagnachmittag vor Journalisten des Bezirkskrankenhauses in Banská Bystrica tritt. “Ich habe ein paar wenige Minuten mit Robert Fico sprechen können”, sagte Pellegrini. “Der Premier war sehr müde, er ist dem Tod ja auch nur um Haaresbreite entkommen, aber wir haben ein paar Worte wechseln können.” Dass der 59-jährige Fico ansprechbar war, ist die erste gute Nachricht nach dem Attentat, das nicht nur in der Slowakei, sondern weltweit Bestürzung ausgelöst hat.

Politische Gegner treten gemeinsam auf

Pellegrini macht an diesem Tag auch als Politiker positive Schlagzeilen. Er einigt sich mit seiner scheidenden Vorgängerin Zuzana Čaputová auf einen gemeinsamen Auftritt im Präsidentenpalais. Der Sozialdemokrat aus dem politischen Fico-Lager und die Liberale, die eine Art Gegengewicht zu Fico ist, sind in vielen politischen Fragen verschiedener Meinung. Aber das stellen sie hintan. Beide nutzen den Auftritt, um die Slowaken in dieser Stunde zur Besonnenheit aufzurufen. “Lasst uns unsere Konflikte zivilisiert, nicht mit Gewalt austragen. Wir sind ein Land, eine Nation”, mahnt Čaputová. Dass sie sich keiner zweiten Amtszeit stellte und in einem Monat offiziell ausscheidet, hatte damit zu tun, dass sie und ihre Familie wiederholt verbale Morddrohungen erhalten hatte. 

Ihr gewählter Nachfolger Pellegrini kommt mit dem Vorschlag an alle Parteien, den Wahlkampf für die Europawahlen einzustellen oder zumindest deutlich einzuschränken. “Wir können uns jetzt keine zusätzliche Konfrontation leisten.” Beide Politiker kündigen zudem ein gemeinsames Treffen im Präsidentenpalais mit den Spitzen der großen Parteien aus beiden tief zerstrittenen Lagern an, um die Spannungen im Land abzubauen.

Medienschelte von Politikern

Die größte Oppositionspartei, Progressive Slowakei, stimmt dem sofort zu. Positive Reaktionen kommen auch vom erstenVizepremier, Verteidigungsminister Robert Kaliňák und Innenminister Matúš Šutaj-Eštok nach einer Sitzung von Regierung und Sicherheitsrat. Die beiden Regierungsmitglieder machen jedoch auch deutlich, dass sie vor allem die Opposition und die Medien in der Pflicht sehen, zu einer Beruhigung der Lage beizutragen. Nicht nur die einheimischen Medien bekommen von beiden ihr Fett weg. Auch die BBC oder das öffentlich-rechtliche tschechische Fernsehen werden geziehen, politisch nicht ausgewogen über das Attentat und die Hintergründe zu berichten. Am Tag davor, als man noch gar nicht wusste, wer eigentlich hinter dem Anschlag steht, hatten Regierungspolitiker Journalisten quasi als die “wahren Täter” bezeichnet. Andrej Danko, Chef der rechtsnationalen kleinsten Regierungspartei SNS, herrschte da Reporter mit der Frage an “Na, sind Sie zufrieden?” Als hätten die das Attentat herbeigeschrieben.

Der Täter, ein 71-Jähriger, ist indessen offiziell beschuldigt worden, er habe den Premier vorsätzlich töten wollen. Aus politischen Motiven heraus, weil er die Politik der Regierung Fico ablehne. Der Mann, so heißt es, habe sich allein radikalisiert. Sollte er eines Tages verurteilt werden, droht ihm eine lebenslange Haft. hjs

  • Europawahlen 2024
  • Slowakei

Versicherung gegen Unruhen: Warum die Allianz vor Angstmache im Wahlkampf warnt

Der Allianz-Konzern warnt vor weitreichenden Folgen für Außenpolitik, Handelsbeziehungen und Lieferketten durch Unruhen im Superwahljahr 2024. “Wir erwarten, dass es in Zukunft besonders bei Themen mit Umweltbezug vermehrt zu Unruhen kommt, nicht nur ausgehend von Aktivisten, sondern auch von Gegnern der staatlichen Klimaschutzpolitik“, sagt Srdjan Todorovic, Head of Political Violence and Hostile Environment Solutions bei Allianz Commercial, gegenüber Table.Briefings.

Fast die Hälfte der Weltbevölkerung ist in den kommenden Monaten zu Wahlen aufgerufen. Die neue Allianz-Studie Managing the increasing threat of political violence and civil unrest von Allianz Commercial verdeutlicht, dass Sicherheit in diesem Zusammenhang für viele Wähler ein dominierendes Thema ist.

“Unruhen werden durch Angst geschürt”

Auch die Wahlen zum Europäischen Parlament im Juni könnten die Polarisierung erhöhen, falls rechtsextreme Parteien an Einfluss gewinnen, heißt es in der Studie. Unruhen breiteten sich demnach heute – auch aufgrund sozialer Medien – schneller und weiter aus und sorgten für steigende finanzielle Kosten bei Unternehmen und Versicherern. Wirtschaftliche und versicherte Schäden aus nur sieben Unruhen in den letzten Jahren beliefen sich auf rund 13 Milliarden US-Dollar.

“Polarisierung und Unruhen innerhalb von Gesellschaften werden durch Angst geschürt”, sagt Todorovic. Sie untergraben das Vertrauen in Institutionen und stellen gemeinsame Werte und Ziele der Menschen in Frage.” mrb

  • Europawahlen 2024
  • Geopolitik
  • Nahost
  • Versicherungen

Must-Reads

Africa.Table: Warum die Friedensmission der UN in Goma besonders unbeliebt ist. Die UN-Friedensmissionen in Afrika sind die teuersten und größten ihrer Art. Beliebt sind sie in Afrika allerdings nicht. Die Bundeswehr musste das zuletzt in Mali mit dem Rauswurf der Minusma lernen. Warum auch andere Missionen wie die Monusco in der DR Kongo Probleme haben.

Naval News: China Builds World’s First Dedicated Drone Carrier. In China ist weit von den großen Werften eine Art Flugzeugträger aufgetaucht, den Wissenschaftler für den weltweit ersten Drohnenträger halten. Viele Dinge an dem Schiff ergäben nur Sinn, wenn es für die Stationierung von Drohnen geschaffen wäre.

Al-Monitor: Assad, Sisi, Gulf leaders in Bahrain for Arab League summit as Gaza war rages: Die Arabische Liga kommt in Manama zusammen, um sich für ein Ende des Gazakrieges stark zu machen. Warum der Ruf nach UN-Friedenstruppen und einer Zweistaatenlösung wirkungslos verhallen dürfte, schreibt das unabhängige Nahost-Onlineportal.

Standpunkt

Blinken Richtung Brüssel, abbiegen nach Moskau?

Marcel Röthig.

Die Verabschiedung des Gesetzes zur Transparenz ausländischer Einflussnahme stellt Georgien vor eine politische Wegscheide: Die europafreundliche Präsidentin Salome Zurabischwili hat zwar ihr Veto angekündigt, dürfte aber von der Mehrheit der Regierungspartei Georgischer Traum überstimmt werden. Bis zur finalen Annahme dürfte der Protest der überwiegend jungen Menschen zunehmen – und auch der internationale Druck. Die USA haben Sanktionen in Aussicht gestellt, während die EU noch um eine einheitliche Position ringt – insbesondere Ungarn und die Slowakei schrecken vor Sanktionen zurück.

Klar ist, dass mit der endgültigen Verabschiedung des Gesetzes die Aufnahme der Beitrittsgespräche des frisch gebackenen Beitrittskandidaten nicht erfolgen wird. Die Regierung Georgiens scheint die Dimension ihres Handelns unterschätzt zu haben. Wichtig ist, dass der Protest nun nicht in Gewalt umschlägt, sondern in einen Prozess hin zu den Parlamentswahlen im Herbst mündet, die zu einer Art Volksabstimmung über das umstrittene Gesetz und den zukünftigen Kurs Georgiens werden könnten. Wichtig ist dabei die internationale Aufmerksamkeit und umso mehr die internationale Wahlbeobachtung.

Eskalation im Sinne des Kremls

Eine Eskalation der Gewalt wäre im Interesse des Kremls. Handelt jedoch auch die Regierungspartei auf Moskaus Anweisung? Dieser Erklärungsansatz ist angesichts von 20 Prozent von Russland besetzten Territoriums und der Tatsache, dass seit zwei Jahrzehnten mehr als 80 Prozent der georgischen Bevölkerung die Zukunft des Landes in der EU sehen zu einfach. Es wird keinen Anruf aus Moskau mit dem Befehl gegeben haben, jetzt dieses Gesetz zu verabschieden.

Das Gesetz dient zuallererst dem Machterhalt der Regierung des Georgischen Traums und ihres Strippenziehers, dem Oligarchen Bidsina Iwanischwili: Das konservative, nationalistische Wählerklientel soll vor den Parlamentswahlen konsolidiert, die Opposition und NGOs als “Handlanger des Westens” gebrandmarkt werden. Dazu wird die Aufmerksamkeit vor allem auf in der georgischen Bevölkerung polarisierende und wenig akzeptierte Themen wie bspw. LGBTQIA+-Rechte gelegt. Zudem zielt das Gesetz auf Wahlbeobachtungs-NGOs ab. Mit dem Vorwurf der ausländischen Einflussnahme könnte ihre Arbeit behindert und diskreditiert werden.

Signalwirkung an Moskau

Zudem sind die Auswirkungen des Krieges Russlands gegen die Ukraine nicht zu unterschätzen: Man achtet in Tbilissi sehr genau auf den Kriegsverlauf in der Ukraine und scheint davon auszugehen, dass angesichts der aktuellen Geländegewinne Russland das Blatt zu dessen Gunsten zu wenden scheint. Ein Sieg Russlands in der Ukraine oder ein Einfrieren nach Moskaus Vorstellungen mag dazu führen, dass Russland selbstbewusster in anderen Teilen der Nachbarschaft wird und ein ebenso aus Moskauer Sicht nach Europa abdriftendes Georgien in den Fokus gerät.

Das Gesetz mag daher auch eine Signalwirkung der georgischen Regierung an Moskau haben, dass man es mit der europäischen Integration nicht zu weit treibt und sich dabei durchaus am innenpolitischen Instrumentenkasten des Kremls bedient. Neben wirtschaftlichem Opportunismus spielt auch Angst eine Rolle im politischen Denken der georgischen Führung: Weder hat Georgien die Tiefe des Raums der Ukraine, noch eine ähnlich schlagkräftige Armee.

Abchasien und Südossetien Einfallstore Russlands

Und auch jenseits der militärischen Option hat Moskau genügend andere Einflussmöglichkeiten, etwa durch hybride Provokationen, Militärmanöver, Störungen des GPS-Signals im Anflug auf den Tbilisser Flughafen, Überflüge oder die Behinderungen des Handelsverkehrs an der Grenze bis zu Embargos gegen georgische Produkte.

Das schärfste politische Schwer ist zudem der schwebende Status der von Russland besetzten und zu Quasi-Staaten erklärten georgischen Landesteile Abchasien und Südossetien. Insbesondere in Südossetien, welches weniger als eine Autostunde von der georgischen Hauptstadt entfernt liegt, wird von der von Moskau abhängigen Führung immer wieder Wunsch nach einer Zugehörigkeit zu Russland geäußert. Durch die militärische Präsenz und faktische Kontrolle könnte Russland diese beiden Gebiete jederzeit annektieren, ganz ohne zuvor militärisch zu eskalieren.

Und so muss man im Kreml zurzeit nur abwarten und zusehen, wie sich Georgien von seinem europäischen und euroatlantischen Kurs immer mehr entfernt. Die Leidtragenden dieses Spiels um die Macht ist dabei nicht nur die vitale Zivilgesellschaft, sondern vor allem die junge Bevölkerung des Landes, die sich eine Zukunft als Teil Europas wünscht.

Marcel Röthig, Landesvertreter der Friedrich-Ebert-Stiftung in Georgien, Armenien und Aserbaidschan

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  • Georgien
  • Nato
  • Russland

Heads

Generalmajor Stefan Lüth übernimmt die Führung der Streitkräftebasis der Bundeswehr (SKB). Lüth war zuvor Stellvertreter des Inspekteurs Martin Schelleis, der die Position achteinhalb Jahre innehatte. Am Dienstag wurde Schelleis bei einem feierlichen Appell in den Ruhestand verabschiedet und die Führung übergeben. Die Streitkräftebasis geht mit den Umstrukturierungsplänen von Verteidigungsminister Boris Pistorius in einem gemeinsamen Unterstützungsbereich mit dem Sanitätsdienst für die vier Teilstreitkräfte Heer, Luftwaffe, Marine und Cyber- und Informationsraum auf. Lüth soll den Übergang vom bisherigen militärischen Organisationsbereich in die neue Struktur leiten.

Malte Göttsche leitet ab Juni 2024 die Professur für naturwissenschaftliche Friedensforschung an der Technischen Universität Darmstadt. Die neu geschaffene Professur wird gemeinsam mit dem Peace Research Institute Frankfurt (PRIF)/Leibniz-Institut für Friedens- und Konfliktforschung im Rahmen des Verbundprojekts Cluster für Natur- und Technikwissenschaftliche Rüstungskontrollforschung (CNTR) eingerichtet und zunächst vom Auswärtigen Amt finanziert. Göttsche wird zudem am PRIF die neue Forschungsgruppe Science for Nuclear Diplomacy leiten. Mit der Einrichtung der Professur und der Forschungs­gruppe soll physikalische Expertise zur Rüstungs­kontrolle in den Dialog mit Politik und Gesellschaft gebracht werden. Bis Ende Mai hat Göttsche noch die Juniorprofessor für nukleare Verifikation und Abrüstung an der RWTH Aachen inne.

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  • Peace Research Institute

Security.Table Redaktion

SECURITY.TABLE REDAKTION

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    die ersten zwanzig Bundeswehrsoldaten der neuen Panzerbrigade 45 sind seit April in Vilnius stationiert, gestern kam der litauische Verteidigungsminister Laurynas Kasčiūnas zum Antrittsbesuch nach Berlin. Die wichtigsten Punkte des Treffens mit Boris Pistorius: Finanzierung und Fahrplan beim Aufwuchs der bis 2027 laut Plan 4.800 Kopf starken Brigade, Unterstützung der Ukraine sowie Ausstattung der EU Battle Group 2025 an der Nato-Ostflanke.

    Welche Lücken in der Flugabwehr der Bundeswehr klaffen, hat der Inspekteur der Luftwaffe, Ingo Gerhartz, auf dem International Strategic Air Defence Symposium wieder einmal schmerzlich feststellen müssen. Gabriel Bub berichtet für Sie vom Kommando Luftwaffe in Gatow.

    Nana Brink und Viktor Funk haben versucht herauszufinden, weshalb die deutsche Drohnenproduktion hinter der ukrainischen so herhinkt. Ihre ernüchternden Recherchen erklären auch, weshalb ein Antrag der Unionsfraktion, eine eigene Drohnenarmee unter der Truppengattung Unbemannte Systeme und Drohnenabwehr aufzubauen, gestern Abend im Bundestag keine Mehrheit fand.

    Ihr
    Markus Bickel
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    Luftverteidigung: Welche Lücken Russlands Krieg in der Ukraine aufzeigt

    Von den “katastrophalen Folgen der Lücken in der Luftverteidigung” sprach Verteidigungsminister Boris Pistorius am Dienstag bei der Eröffnung des International Strategic Air Defense Symposium, die man sehe, wenn man “zu unseren ukrainischen Freunden” schaue.

    Russland greift die Ukraine vor allem aus der Luft an. Mit iranischen Shahed-Drohnen, Artillerie und manchmal auch mit ballistischen Kinshal-Raketen oder Avangard-Hyperschall-Gleitflugkörpern.

    Gerhartz wünscht sich flexiblere Reaktionen

    Allein im Januar 2024 habe Russland in der Ukraine 1.300 Raketen eingesetzt, sagt Tina Kornblum, Leiterin der Intelligence Production Unit (IPU) bei der Nato. Obwohl die Nato-Staaten über ein deutlich größeres Bruttoinlandsprodukt verfügen, fährt Russland seine Produktion effektiver hoch, mit Planwirtschaft, statt Doppelproduktionen wie in Europa. “Russland verbessert seine Raketenkapazitäten schnell”, sagt Kornblum. Nato-Mitarbeiter, Militärs aus Nato-Staaten, Wissenschaftler und Ministeriumsvertreter diskutierten am Mittwoch in Gatow, wie die Lücken in der Luftverteidigung geschlossen werden sollen.

    Luftwaffeninspekteur Ingo Gerhartz wünscht sich insbesondere eine flexiblere und schnellere Verteidigung:

    • In den sich schnell verändernden Gefechtsfeldern brauche man Agilität, “die Fähigkeit, Luftverteidigungssysteme schnell zu manövrieren“.
    • Schnelle und sichere Kommunikationssysteme zwischen Erkennung, Kommandozentralen und den Reaktionsmitteln seien deshalb entscheidend.
    • Schnelle Nachladekapazitäten, um auf Angriffe reagieren zu können

    Was die russischen Angriffe aufzeigen: das Ungleichgewicht zwischen Angriff und Verteidigung.

    Laut iranischen Berichten zahlt Russland für eine Shahed-136-Drohne 193.000 Dollar an den Iran. Andere Schätzungen gehen von 20.000 Dollar aus. In beiden Fällen sind sie deutlich günstiger als ein Schuss aus einem Patriot-Luftverteidigungssystem. Der kostet in der Pac-3-Version etwa vier Millionen Dollar. Dazu kommt, dass auch nichtstaatliche Akteure wie die Huthi-Rebellen im Jemen es schaffen, mit vergleichsweise günstigen Raketen und Drohnen die Weltwirtschaft zu beeinträchtigen.

    Die französische Perspektive: Wenn man so viel Geld ausgibt, um eine Shahed-Drohne abzuschießen, denkt man, man habe gewonnen, “in Wirklichkeit hat man verloren”, sagt Bertrand Le Meur, Verteidigungsstrategie-Direktor im französischen Verteidigungsministerium.

    Die Kosten sind ein Grund, warum die Nato-Staaten mehr in Offensivwaffen investieren. “Ich kann die Wirkmittel in der Luft bekämpfen oder ich bekämpfe sie am Boden, bevor sie zum Einsatz kommen”, sagt Oberst Dennis Krüger, der bei der Luftwaffe für Projekte der bodengebundenen Luftverteidigung zuständig ist, zu Table.Briefings. Deshalb brauche man auch offensive Möglichkeiten, “über die wir auch schon verfügen”.

    Fähigkeitslücke “in der oberen Abfangschicht”

    Eine “klare Fähigkeitslücke” sehen er und andere aber “in der oberen Abfangschicht zur Abwehr ballistischer Flugkörper”. Dazu hat Deutschland das Raketenabwehrsystem Arrow 3 aus Israel beschafft. “Wir sind die ersten, die in dieser Form diese Lücke mit Arrow schützen”, sagt Krüger. Das System eignet sich zur Abwehr ballistischer Raketen, die mit 20-facher Schallgeschwindigkeit fliegen können.

    Hier offenbaren sich die Konfliktlinien, die durch die Luftverteidigungslücken zutage treten. Frankreich, das sich der von Bundeskanzler Olaf Scholz ins Leben gerufenen European Sky Shield Initiative (Essi) nicht angeschlossen hat, setzt auf eigene Produktion, das Beschaffungsvorhaben sieht die Käufe größtenteils außereuropäisch vor. 21 Länder haben sich der Initiative bereits angeschlossen.

    Außerdem setzt die Nuklearmacht Frankreich stärker auf Abschreckung als Deutschland. Die versteht Paris in erster Linie nuklear und was russische Angriffe auf Nato-Territorium vor allem verhindere, sei die Angst, Zerstörungen auf eigenem Gebiet hinnehmen zu müssen. Angriffskapazitäten wären demnach also rentabler.

    • European Sky Shield Initiative
    • Rüstung
    • Verteidigung
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    Drohnenproduktion: Warum Deutschland der Ukraine hinterherhinkt

    Erst am Mittwoch sind auf dem Luftwaffenstützpunkt in Jagel (Schleswig-Holstein) die ersten Groß-Drohnen vom Typ German Heron TP stationiert worden. “Wenn ich eine deutsche Drohnen-Armee zusammensetzen müsste, würde ich ans oberste Ende die bewaffnete Heron TP setzen”, so Ulrike Franke, Drohnenexpertin des European Council on Foreign Relations. Doch der Einsatz und vor allem die Produktion von Drohnen stecken in Deutschland noch in den Kinderschuhen.

    Vor allem im Bereich der bewaffneten Drohnen gibt es große Defizite.

    • Die German Heron TP sind Teil des “ersten unbemannten Systems” in Deutschland, das auch Waffen tragen kann. Sie stammen allerdings aus israelischer Produktion, werden vom Hersteller Israel Aerospace Industries (IAI) geleast und sind mit 26 Metern Spannweite so groß wie ein Privatflugzeug. Die in Deutschland stationierten Herons sollen allerdings in naher Zukunft nur zu Aufklärungszwecken für die Landes- und Bündnisverteidigung genutzt werden. Die Bundeswehr hat insgesamt fünf German Heron TP, von denen zwei allerdings momentan der israelischen Armee zur Verfügung gestellt werden.
    • Das Aufklärungssystem LUNA (Luftgestützte Unbemannte Nahaufklärungsausstattung) ist eine der wenigen Drohnen aus deutscher Produktion. Rund 150 dieser vom Rüstungskonzern Rheinmetall produzierten Drohnen waren vor allem in Afghanistan und in Mali im Einsatz. Das Nachfolgemodell HUSAR (Hocheffizientes Unbemanntes System zur Aufklärung mittlerer Reichweite), von denen die Bundeswehr letztes Jahr dreizehn Stück geordert hat, dient vor allem der Erkennung von Zielen in Echtzeit. Es ist mit mehr als fünf Metern Spannweite so groß wie ein Modellflugzeug und hat eine Reichweite von 150 Kilometern.
    • Für Aufsehen sorgte in den vergangenen Jahren das 2015 von ehemaligen Bundeswehrsoldaten gegründete Unternehmen Quantum-Systems. Es hat sich auf die Entwicklung kleiner, unbewaffneter Flugsysteme spezialisiert. Die Aufklärungsdrohne Vector ist bereits seit 2022 in der Ukraine im Einsatz. Bis Jahresende wurden über 500 dieser Drohnen geliefert, weitere 812 Systeme sind für 2025 bestellt. Die Bundeswehr hat für das Jahr 2025 derzeit 14 dieser Systeme geordert. Quantum Systems betreibt zwei Standorte in der Ukraine. Wie Unternehmenssprecher Paul Strobel gegenüber Table.Briefings erklärte, sei die Bundeswehr “basierend auf unserer Erfahrung in der Zusammenarbeit mit den ukrainischen Streitkräften im Bereich Drone Warfare derzeit nicht kriegsfähig”.

    Ukraine ist Blaupause für Drohnen-Produktion

    Die neue Drohnendebatte in Deutschland erfolgt vor dem Hintergrund der Entwicklungen im russisch-ukrainischen Krieg. Der Einsatz von Drohnen ist heute noch einmal auf beiden Seiten gestiegen und wird weiter zunehmen. Ob die Ukraine, wie angekündigt, eine Million Drohnen pro Jahr bauen wird, ist noch nicht abzusehen. Aber solche Aussagen machen die Erwartungen der Kriegsparteien an die technologische Entwicklung deutlich: Waren 2022 erst sieben Drohnen-Modelle für die Massenproduktion in der Ukraine zugelassen, sind es heute fast 70. Neben den Luftdrohnen setzt die Ukraine inzwischen auch regelmäßig Wasserdrohnen ein. Erst vor wenigen Tagen wurde zudem bekannt, dass erste Wasserdrohnen auch mit Raketen bestückt werden.

    Russland hatte zwar etwas länger gebraucht, um auf diesem Feld mitzuziehen. Doch mit iranischen Shahed-Drohnen und dem Ausbau der Drohnen-Produktion im Land setzt der Aggressor die Verteidiger auch mit diesen neuen Waffen immer stärker unter Druck. Ähnlich wie bei Ukrainern kommen bei der russischen Armee neben militärischen Drohnen auch mehr und mehr FPV-Drohnen (First Person View) zum Einsatz, die eher aus dem zivilen Bereich stammen. Kleine Start-ups entwickeln Quadrocopter, die etwa Granaten tragen können und dann als Kamikaze-Drohnen auf Ziele gesteuert werden. Der designierte russische Verteidigungsminister Andrej Beloussow war schon als Vize-Premier maßgeblich für die Entwicklung der Drohnenindustrie verantwortlich. Laut russischen Medienberichten hat er eine Förderung der Branche angekündigt in einem Maße, die es bisher nicht gab.

    • Drohnen

    Putin bei Xi: Wie sich China und Russland strategisch gegen den Westen aufstellen

    Dieser Besuch lässt keine Zweifel mehr offen – und ist zugleich ein Schlag für all jene, die immer noch darauf hoffen, ein rationales China vom kriegstreibenden Russland loseisen zu können. China und Russland stehen felsenfest zueinander. Als Wladimir Putin am Donnerstag in Peking mit Chinas Staatspräsident zusammentrifft, preist er das “beispiellos hohe Niveau der strategischen Partnerschaft” zwischen China und Russland. Xi wiederum verwendet zwar nicht mehr die viel zitierte “grenzenlose Partnerschaft”. Die Vielzahl der geschlossenen Abkommen deutet aber genau auf jene Grenzenlosigkeit hin.

    Schon am ersten Tag von Putins zweitägigem Besuch in China wird deutlich: Diese Verbindung ist strategisch, tief und langfristig angelegt. Längst handelt es sich nicht mehr um eine rein bilaterale Partnerschaft. Xi und Putin haben bei ihren Überlegungen die Welt fest im Blick: Der Westen unter Führung der USA wird scharf kritisiert; der sogenannte Globale Süden dagegen umworben.

    Xi und Putin lehnen eine regelbasierte Ordnung ab

    Aufmerksam lesen sollte man folgende Formulierung aus der gemeinsamen Erklärung von Putin und Xi: Hegemoniale und machtpolitische Staaten stünden Fairness und Gerechtigkeit entgegen und versuchten, die anerkannte internationale Ordnung auf der Grundlage des Völkerrechts durch eine “regelbasierte Ordnung” zu ersetzen und zu untergraben. Damit sprechen sich China und Russland explizit gegen eine regelbasierte Ordnung aus –  基于规则的秩序. Es ist nicht nur die Formulierung aller westlichen Staaten, sondern deren Grundüberzeugung, worauf eine gerechte Welt basieren sollte.    

    Putin und Xi versicherten sich gegenseitig, geschlossen gegen den “zerstörerischen und feindseligen” Druck der USA zusammenarbeiten zu wollen. In ihrer gemeinsamen Erklärung kritisieren sie, dass die USA weltweit ihre militärische Präsenz ausbauen. Genannt werden unter anderem amerikanische Pläne zur Stationierung bodengestützter Kurz- und Mittelstreckenraketen in der Asien-Pazifik-Region und in Europa oder auch die Aukus-Allianz mit Großbritannien und Australien. Es handele sich um “äußerst destabilisierenden Schritte, die eine direkte Bedrohung der Sicherheit von Russland und China darstellen”, hieß es in der Erklärung.

    Gemeinsam gegen den feindseligen Kurs der USA

    Man werde deshalb die eigene Zusammenarbeit weiter koordinieren und verstärken, um “dem destruktiven und feindseligen Kurs Washingtons in Richtung der sogenannten ‘doppelten Eindämmung’ unserer Länder entgegenzuwirken”, heißt es darin.

    “Interessant ist die Stelle, an der sie die Überlegungen kritisieren, russisches Staatsvermögen zu beschlagnahmen“, sagt Alexander Gabuev, Direktor des Carnegie Russia Eurasia Center, zu Table.Briefings. Hintergrund sind Gedankenspiele im Westen, einige der eingefrorenen Staatsgelder Russlands an die Ukraine zu übergeben. Es ist ein klares Zeichen an die EU.

    Im Gegensatz zu den feindseligen USA sehen die beiden Staatsführer die chinesisch-russischen Beziehungen. Putin betonte, ihre Partnerschaft sei “einer der wichtigsten stabilisierenden Faktoren auf der internationalen Bühne“.

    Ukraine – China unterstützt Russlands Kerninteressen

    Auch die Ukraine ist Thema der Gespräche – allerdings nicht so, wie es sich westliche Politiker und Diplomaten eventuell erhofft haben. Putin lobt vor allem die chinesischen Bemühungen, einen Frieden mit der Ukraine auszuhandeln. Sie seien “objektiv und unvoreingenommen”. Das ist bemerkenswert. Offiziell gibt sich China tatsächlich neutral. Aber chinesische Zolldaten, amerikanische Geheimdienstinformationen und Funde auf den Schlachtfeldern in der Ukraine zeigen, wie sehr China die russische Kriegsmaschinerie unterstützt.

    Xi wiederum versichert Putin, China werde Russland fest unterstützen bei Angelegenheiten, die seine Kerninteressen betreffen – und nichts anderes ist Putins Obsession mit der Ukraine. Eine Lösung müsse laut Xi berechtigte Sicherheitsbedenken beachten – eine von Putins Begründungen für den russischen Angriff. Ziel sei die Gestaltung einer neuen, ausgewogenen, effektiven und nachhaltigen Sicherheitsarchitektur, sagt Xi.

    Grenzenlose Abkommen

    Spätestens seit diesem Donnerstag sollte also niemand mehr an der Intensität der Beziehung zwischen China und Russland zweifeln – weder an der Tiefe, noch an der Breite. In etlichen Bereichen will man noch enger zusammenarbeiten will, darunter:

    • Luftfahrt,
    • Militär,
    • Automobilbau,
    • Banken- und Versicherungswesen,
    • Energie, Atomkraft, Erneuerbare Energien,
    • Währungsbereich,
    • Transport-, Logistik- und Hafenkooperation,
    • Bildung und Kultur,
    • Wissenschaft und Technologie,
    • in der Arktis,
    • chemische Industrie und Rohstoffgewinnung.

    Die Fülle an Abkommen sowie die vielen Bereiche, die abgedeckt werden, zeigen: China und Russland arbeiten intensiv daran, widerstandsfähiger gegen westliche Sanktionen zu werden.

    Bemerkenswert ist zudem der militärische Aspekt. Neben einer verstärkten Zusammenarbeit haben sich Xi und Putin für eine Art Pufferzone zwischen Atommächten und anderen Militärbündnissen ausgesprochen. Es müsse auf eine “Expansion von Militärbündnissen und -koalitionen und die Schaffung militärischer Brückenköpfe direkt an der Grenze anderer Atommächte” verzichtet werden, heißt es in ihrer gemeinsamen Erklärung. Xi und Putin dürften mit dieser Formulierung klarmachen, dass sie einen möglichen Nato-Beitritt der Ukraine entschieden ablehnen. 

    • Autoindustrie
    • Energie
    • Geopolitik
    • Handel
    • Russland
    • Technologie
    • USA
    • Wladimir Putin

    News

    Nach dem Anschlag auf Fico: Wie es mit dem Europawahlkampf weitergeht

    Der bei einem vermutlich politisch motivierten Attentat schwer verletzte slowakische Ministerpräsident Robert Fico hat die ersten 24 Stunden nach dem Attentat überlebt. Fünf Stunden dauerte eine komplizierte Notoperation, bei dem ihm zwei parallel arbeitende Ärzteteams das Leben retteten. Weitere Eingriffe stehen noch bevor.

    Die Erleichterung war groß, als der künftige Präsident des Landes, Peter Pellegrini, am Donnerstagnachmittag vor Journalisten des Bezirkskrankenhauses in Banská Bystrica tritt. “Ich habe ein paar wenige Minuten mit Robert Fico sprechen können”, sagte Pellegrini. “Der Premier war sehr müde, er ist dem Tod ja auch nur um Haaresbreite entkommen, aber wir haben ein paar Worte wechseln können.” Dass der 59-jährige Fico ansprechbar war, ist die erste gute Nachricht nach dem Attentat, das nicht nur in der Slowakei, sondern weltweit Bestürzung ausgelöst hat.

    Politische Gegner treten gemeinsam auf

    Pellegrini macht an diesem Tag auch als Politiker positive Schlagzeilen. Er einigt sich mit seiner scheidenden Vorgängerin Zuzana Čaputová auf einen gemeinsamen Auftritt im Präsidentenpalais. Der Sozialdemokrat aus dem politischen Fico-Lager und die Liberale, die eine Art Gegengewicht zu Fico ist, sind in vielen politischen Fragen verschiedener Meinung. Aber das stellen sie hintan. Beide nutzen den Auftritt, um die Slowaken in dieser Stunde zur Besonnenheit aufzurufen. “Lasst uns unsere Konflikte zivilisiert, nicht mit Gewalt austragen. Wir sind ein Land, eine Nation”, mahnt Čaputová. Dass sie sich keiner zweiten Amtszeit stellte und in einem Monat offiziell ausscheidet, hatte damit zu tun, dass sie und ihre Familie wiederholt verbale Morddrohungen erhalten hatte. 

    Ihr gewählter Nachfolger Pellegrini kommt mit dem Vorschlag an alle Parteien, den Wahlkampf für die Europawahlen einzustellen oder zumindest deutlich einzuschränken. “Wir können uns jetzt keine zusätzliche Konfrontation leisten.” Beide Politiker kündigen zudem ein gemeinsames Treffen im Präsidentenpalais mit den Spitzen der großen Parteien aus beiden tief zerstrittenen Lagern an, um die Spannungen im Land abzubauen.

    Medienschelte von Politikern

    Die größte Oppositionspartei, Progressive Slowakei, stimmt dem sofort zu. Positive Reaktionen kommen auch vom erstenVizepremier, Verteidigungsminister Robert Kaliňák und Innenminister Matúš Šutaj-Eštok nach einer Sitzung von Regierung und Sicherheitsrat. Die beiden Regierungsmitglieder machen jedoch auch deutlich, dass sie vor allem die Opposition und die Medien in der Pflicht sehen, zu einer Beruhigung der Lage beizutragen. Nicht nur die einheimischen Medien bekommen von beiden ihr Fett weg. Auch die BBC oder das öffentlich-rechtliche tschechische Fernsehen werden geziehen, politisch nicht ausgewogen über das Attentat und die Hintergründe zu berichten. Am Tag davor, als man noch gar nicht wusste, wer eigentlich hinter dem Anschlag steht, hatten Regierungspolitiker Journalisten quasi als die “wahren Täter” bezeichnet. Andrej Danko, Chef der rechtsnationalen kleinsten Regierungspartei SNS, herrschte da Reporter mit der Frage an “Na, sind Sie zufrieden?” Als hätten die das Attentat herbeigeschrieben.

    Der Täter, ein 71-Jähriger, ist indessen offiziell beschuldigt worden, er habe den Premier vorsätzlich töten wollen. Aus politischen Motiven heraus, weil er die Politik der Regierung Fico ablehne. Der Mann, so heißt es, habe sich allein radikalisiert. Sollte er eines Tages verurteilt werden, droht ihm eine lebenslange Haft. hjs

    • Europawahlen 2024
    • Slowakei

    Versicherung gegen Unruhen: Warum die Allianz vor Angstmache im Wahlkampf warnt

    Der Allianz-Konzern warnt vor weitreichenden Folgen für Außenpolitik, Handelsbeziehungen und Lieferketten durch Unruhen im Superwahljahr 2024. “Wir erwarten, dass es in Zukunft besonders bei Themen mit Umweltbezug vermehrt zu Unruhen kommt, nicht nur ausgehend von Aktivisten, sondern auch von Gegnern der staatlichen Klimaschutzpolitik“, sagt Srdjan Todorovic, Head of Political Violence and Hostile Environment Solutions bei Allianz Commercial, gegenüber Table.Briefings.

    Fast die Hälfte der Weltbevölkerung ist in den kommenden Monaten zu Wahlen aufgerufen. Die neue Allianz-Studie Managing the increasing threat of political violence and civil unrest von Allianz Commercial verdeutlicht, dass Sicherheit in diesem Zusammenhang für viele Wähler ein dominierendes Thema ist.

    “Unruhen werden durch Angst geschürt”

    Auch die Wahlen zum Europäischen Parlament im Juni könnten die Polarisierung erhöhen, falls rechtsextreme Parteien an Einfluss gewinnen, heißt es in der Studie. Unruhen breiteten sich demnach heute – auch aufgrund sozialer Medien – schneller und weiter aus und sorgten für steigende finanzielle Kosten bei Unternehmen und Versicherern. Wirtschaftliche und versicherte Schäden aus nur sieben Unruhen in den letzten Jahren beliefen sich auf rund 13 Milliarden US-Dollar.

    “Polarisierung und Unruhen innerhalb von Gesellschaften werden durch Angst geschürt”, sagt Todorovic. Sie untergraben das Vertrauen in Institutionen und stellen gemeinsame Werte und Ziele der Menschen in Frage.” mrb

    • Europawahlen 2024
    • Geopolitik
    • Nahost
    • Versicherungen

    Must-Reads

    Africa.Table: Warum die Friedensmission der UN in Goma besonders unbeliebt ist. Die UN-Friedensmissionen in Afrika sind die teuersten und größten ihrer Art. Beliebt sind sie in Afrika allerdings nicht. Die Bundeswehr musste das zuletzt in Mali mit dem Rauswurf der Minusma lernen. Warum auch andere Missionen wie die Monusco in der DR Kongo Probleme haben.

    Naval News: China Builds World’s First Dedicated Drone Carrier. In China ist weit von den großen Werften eine Art Flugzeugträger aufgetaucht, den Wissenschaftler für den weltweit ersten Drohnenträger halten. Viele Dinge an dem Schiff ergäben nur Sinn, wenn es für die Stationierung von Drohnen geschaffen wäre.

    Al-Monitor: Assad, Sisi, Gulf leaders in Bahrain for Arab League summit as Gaza war rages: Die Arabische Liga kommt in Manama zusammen, um sich für ein Ende des Gazakrieges stark zu machen. Warum der Ruf nach UN-Friedenstruppen und einer Zweistaatenlösung wirkungslos verhallen dürfte, schreibt das unabhängige Nahost-Onlineportal.

    Standpunkt

    Blinken Richtung Brüssel, abbiegen nach Moskau?

    Marcel Röthig.

    Die Verabschiedung des Gesetzes zur Transparenz ausländischer Einflussnahme stellt Georgien vor eine politische Wegscheide: Die europafreundliche Präsidentin Salome Zurabischwili hat zwar ihr Veto angekündigt, dürfte aber von der Mehrheit der Regierungspartei Georgischer Traum überstimmt werden. Bis zur finalen Annahme dürfte der Protest der überwiegend jungen Menschen zunehmen – und auch der internationale Druck. Die USA haben Sanktionen in Aussicht gestellt, während die EU noch um eine einheitliche Position ringt – insbesondere Ungarn und die Slowakei schrecken vor Sanktionen zurück.

    Klar ist, dass mit der endgültigen Verabschiedung des Gesetzes die Aufnahme der Beitrittsgespräche des frisch gebackenen Beitrittskandidaten nicht erfolgen wird. Die Regierung Georgiens scheint die Dimension ihres Handelns unterschätzt zu haben. Wichtig ist, dass der Protest nun nicht in Gewalt umschlägt, sondern in einen Prozess hin zu den Parlamentswahlen im Herbst mündet, die zu einer Art Volksabstimmung über das umstrittene Gesetz und den zukünftigen Kurs Georgiens werden könnten. Wichtig ist dabei die internationale Aufmerksamkeit und umso mehr die internationale Wahlbeobachtung.

    Eskalation im Sinne des Kremls

    Eine Eskalation der Gewalt wäre im Interesse des Kremls. Handelt jedoch auch die Regierungspartei auf Moskaus Anweisung? Dieser Erklärungsansatz ist angesichts von 20 Prozent von Russland besetzten Territoriums und der Tatsache, dass seit zwei Jahrzehnten mehr als 80 Prozent der georgischen Bevölkerung die Zukunft des Landes in der EU sehen zu einfach. Es wird keinen Anruf aus Moskau mit dem Befehl gegeben haben, jetzt dieses Gesetz zu verabschieden.

    Das Gesetz dient zuallererst dem Machterhalt der Regierung des Georgischen Traums und ihres Strippenziehers, dem Oligarchen Bidsina Iwanischwili: Das konservative, nationalistische Wählerklientel soll vor den Parlamentswahlen konsolidiert, die Opposition und NGOs als “Handlanger des Westens” gebrandmarkt werden. Dazu wird die Aufmerksamkeit vor allem auf in der georgischen Bevölkerung polarisierende und wenig akzeptierte Themen wie bspw. LGBTQIA+-Rechte gelegt. Zudem zielt das Gesetz auf Wahlbeobachtungs-NGOs ab. Mit dem Vorwurf der ausländischen Einflussnahme könnte ihre Arbeit behindert und diskreditiert werden.

    Signalwirkung an Moskau

    Zudem sind die Auswirkungen des Krieges Russlands gegen die Ukraine nicht zu unterschätzen: Man achtet in Tbilissi sehr genau auf den Kriegsverlauf in der Ukraine und scheint davon auszugehen, dass angesichts der aktuellen Geländegewinne Russland das Blatt zu dessen Gunsten zu wenden scheint. Ein Sieg Russlands in der Ukraine oder ein Einfrieren nach Moskaus Vorstellungen mag dazu führen, dass Russland selbstbewusster in anderen Teilen der Nachbarschaft wird und ein ebenso aus Moskauer Sicht nach Europa abdriftendes Georgien in den Fokus gerät.

    Das Gesetz mag daher auch eine Signalwirkung der georgischen Regierung an Moskau haben, dass man es mit der europäischen Integration nicht zu weit treibt und sich dabei durchaus am innenpolitischen Instrumentenkasten des Kremls bedient. Neben wirtschaftlichem Opportunismus spielt auch Angst eine Rolle im politischen Denken der georgischen Führung: Weder hat Georgien die Tiefe des Raums der Ukraine, noch eine ähnlich schlagkräftige Armee.

    Abchasien und Südossetien Einfallstore Russlands

    Und auch jenseits der militärischen Option hat Moskau genügend andere Einflussmöglichkeiten, etwa durch hybride Provokationen, Militärmanöver, Störungen des GPS-Signals im Anflug auf den Tbilisser Flughafen, Überflüge oder die Behinderungen des Handelsverkehrs an der Grenze bis zu Embargos gegen georgische Produkte.

    Das schärfste politische Schwer ist zudem der schwebende Status der von Russland besetzten und zu Quasi-Staaten erklärten georgischen Landesteile Abchasien und Südossetien. Insbesondere in Südossetien, welches weniger als eine Autostunde von der georgischen Hauptstadt entfernt liegt, wird von der von Moskau abhängigen Führung immer wieder Wunsch nach einer Zugehörigkeit zu Russland geäußert. Durch die militärische Präsenz und faktische Kontrolle könnte Russland diese beiden Gebiete jederzeit annektieren, ganz ohne zuvor militärisch zu eskalieren.

    Und so muss man im Kreml zurzeit nur abwarten und zusehen, wie sich Georgien von seinem europäischen und euroatlantischen Kurs immer mehr entfernt. Die Leidtragenden dieses Spiels um die Macht ist dabei nicht nur die vitale Zivilgesellschaft, sondern vor allem die junge Bevölkerung des Landes, die sich eine Zukunft als Teil Europas wünscht.

    Marcel Röthig, Landesvertreter der Friedrich-Ebert-Stiftung in Georgien, Armenien und Aserbaidschan

    • EU
    • Georgien
    • Nato
    • Russland

    Heads

    Generalmajor Stefan Lüth übernimmt die Führung der Streitkräftebasis der Bundeswehr (SKB). Lüth war zuvor Stellvertreter des Inspekteurs Martin Schelleis, der die Position achteinhalb Jahre innehatte. Am Dienstag wurde Schelleis bei einem feierlichen Appell in den Ruhestand verabschiedet und die Führung übergeben. Die Streitkräftebasis geht mit den Umstrukturierungsplänen von Verteidigungsminister Boris Pistorius in einem gemeinsamen Unterstützungsbereich mit dem Sanitätsdienst für die vier Teilstreitkräfte Heer, Luftwaffe, Marine und Cyber- und Informationsraum auf. Lüth soll den Übergang vom bisherigen militärischen Organisationsbereich in die neue Struktur leiten.

    Malte Göttsche leitet ab Juni 2024 die Professur für naturwissenschaftliche Friedensforschung an der Technischen Universität Darmstadt. Die neu geschaffene Professur wird gemeinsam mit dem Peace Research Institute Frankfurt (PRIF)/Leibniz-Institut für Friedens- und Konfliktforschung im Rahmen des Verbundprojekts Cluster für Natur- und Technikwissenschaftliche Rüstungskontrollforschung (CNTR) eingerichtet und zunächst vom Auswärtigen Amt finanziert. Göttsche wird zudem am PRIF die neue Forschungsgruppe Science for Nuclear Diplomacy leiten. Mit der Einrichtung der Professur und der Forschungs­gruppe soll physikalische Expertise zur Rüstungs­kontrolle in den Dialog mit Politik und Gesellschaft gebracht werden. Bis Ende Mai hat Göttsche noch die Juniorprofessor für nukleare Verifikation und Abrüstung an der RWTH Aachen inne.

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    • Peace Research Institute

    Security.Table Redaktion

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