Deutschland habe seit Russlands Überfall auf die Ukraine “unsere eigene Verteidigung” deutlich gestärkt, sagte der nunmehr nur noch geschäftsführende Bundeskanzler Olaf Scholz gestern im Bundestag, ehe eine Mehrheit der Abgeordneten in der Abstimmung über die Vertrauensfrage gegen ihn votierte. Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz lobte zwar die Zeitenwende-Rede seines SPD-Konkurrenten von Februar 2022 als “gute Regierungserklärung”. Am Ende aber habe sich nichts verändert: Statt das Sondervermögen Bundeswehr für die Modernisierung der Truppe zu nutzen, seien die Milliarden zur Deckelung explodierender Personalkosten missbraucht worden, so Merz.
Nur wenige Tage nach der Bundestagswahl am 23. Februar 2025 jährt sich Scholz’ Zeitenwende-Rede zum dritten Mal. Wir vom Security.Table verfolgen die von Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine ausgelösten Umbrüche in Verteidigungspolitik und -industrie genau. Um künftig noch zielgerichteter für Sie berichten zu können, würden wir uns freuen, wenn Sie sich drei Minuten Zeit nähmen, ein paar Fragen zu beantworten. Hier geht es zu unserer Umfrage. Sie helfen uns durch Ihre Teilnahme, Ihre Wünsche und Ansprüche besser zu verstehen.
Eine spannende Lektüre wünscht Ihnen
Israel hat mit der Erlangung der Luftüberlegenheit über Syrien ein wichtiges Hindernis beseitigt, um einen Angriff auf Irans Atomanlagen vorzunehmen. Zu dieser Einschätzung gelangen Analysten und Militärs, mit denen Table.Briefings am Wochenende sprach. Am Freitag hatte das Wall Street Journal berichtet, dass die Bereitschaft Donald Trumps, einem israelischen Militärschlag gegen Irans Atomprogramm zuzustimmen, so groß sei wie nie zuvor.
Durch die Lieferung bunkerbrechender Waffen an die Regierung des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu könnte ein solches Vorgehen rasch umgesetzt werden, schreibt die Zeitung unter Berufung auf Mitarbeiter von Trumps Transitionsteam. Es gelte, die “seltene Gelegenheit” zu nutzen, die sich nach der Flucht von Syriens Machthaber Baschar al-Assad am 8. Dezember biete. Zwar hat Trump immer klargemacht, “maximalen Druck” auf Iran ausüben zu wollen, in seiner ersten Amtszeit aber hatte er von einem militärischen Vorgehen abgesehen.
“Wenn sie tatsächlich etwas tun wollten, um das Atomwaffenprogramm zu neutralisieren, dann wäre dies das Richtige”, sagt Mark Dubowitz, Geschäftsführer der Foundation for Defense of Democracies, der gut in Trumps sicherheitspolitisches Team vernetzt ist.
Auch das israelische Sicherheitsestablishment setzt nach den strategischen militärischen Erfolgen der Israel Defense Forces (IDF) gegen Irans Verbündete im Libanon, Gazastreifen und Syrien auf Luftschläge, sobald von Trump grünes Licht vorliege – selbst vor der Übernahme der Amtsgeschäfte am 20. Januar kommenden Jahres. Ein mögliches Ziel sei die Urananreicherungsanlage Fordow.
Israel ist es durch die massiven Luftschläge der vergangenen Woche nicht nur gelungen, “völlige Lufthoheit” über Syrien zu erlangen. Bis zu 80 Prozent der militärischen Fähigkeiten der syrischen Streitkräfte sind zerstört worden: Drohnen, Hubschrauber, Kampfjets, Panzer, die gesamte Marine, Luftverteidigungssysteme und Raketenlager.
“Israel möchte sichergehen, dass das Gerät zerstört ist und nicht in fremde Hände fällt”, sagte Oberst Markus Reisner, Leiter des Institutes 1 für Offiziersgrundausbildung an der Theresianischen Militärakademie in Wiener Neustadt, zu Table.Briefings. Außerdem verwies er auf die Gefahr der Übernahme der Restbestände der syrischen Armee durch die libanesische Hisbollah und versprengte Angehörige des alten Regimes:
In Iran selbst hat der israelische Angriff von Oktober 2024 deutlich höhere Schäden an der iranischen Flugabwehr verursacht als unmittelbar danach angenommen. So listet das Institute for the Study of War irreparable Schäden an den vier russischen Flugabwehrsystemen vom Typ S-300 auf. Dadurch, dass Russland seine eigenen Batterien zur Verteidigung gegen ukrainische Angriffe brauche, werde es Teheran so schnell nicht möglich sein, diese zu ersetzen.
Damit ist auch der Nachschub an die Houthis im Jemen und die Hisbollah gefährdet, neben der Hamas im Gazastreifen die beiden anderen regionalen Milizen aus Teherans sogenannter Achse des Widerstands. “Syrien war ein Dreh- und Angelpunkt in Irans regionalem Plan, Israel in einem Feuerring einzukreisen”, sagt Matthew Levitt, Direktor des Programms zur Terrorismusbekämpfung am Washington Institute for Near East Policy. “Die Achse des Widerstands war ein dreibeiniger Schemel aus Iran, Syrien und der Hisbollah, und dieser steht nicht mehr.”
Auch im Iran ist die Kritik an der gescheiterten Strategie in Syrien offen ausgebrochen – gegen den Widerstand des Obersten Führers Ali Khamenei. Die Zeiten, als iranische Politiker Syrien als Provinz Irans betrachteten, sind damit endgültig vorbei. In Diplomatenkreisen heißt es, dass man in Teheran schon froh sei, wenn die neue syrische Regierung von Ahmed al-Scharaa alias Mohammed al-Jolani überhaupt der Aufnahme diplomatischer Beziehungen zum Iran zustimmen werde. Nie wieder dürfe Syrien “eine Farm für iranische Gier” werden, sagte al-Scharaa am Wochenende dem in Istanbul ansässigen Fernsehsender Syrian TV.
Nun die Gelegenheit zu nutzen, den geschwächten Iran präventiv um sein Atomprogramm zu bringen, fordern Militärs in Israel – Trumps Beraterkreis ist noch unentschieden. Darüber, dass das Regime des Obersten Führers Ali Khameneis die Steuerungszentrale der antiisraelischen Achse ist, herrscht sowohl in Washington wie in Jerusalem Konsens. Deren Zerstörung würde Irans Netzwerk empfindlich treffen. Sollte es in zu einem Angriff gegen Irans Atomprogramm kommen, könnten israelische Kampfjets nach Ausschaltung der syrischen Flugabwehr vergangenen Woche nun direkt über Damaskus fliegen.
Denn nach Angaben des israelischen Militärs sind seit dem Sturz Assads 86 Prozent der syrischen Flugabwehrsysteme zerstört worden, darunter 107 Luftabwehrkomponenten und 47 Radare. Hinzu kommen achtzig Prozent der Kurz- bis Mittelstreckenraketen SA-22, auch bekannt als Pantsir-S1, und neunzig Prozent des russischen Luftabwehrsystems SA-17 mit mittlerer Reichweite, auch bekannt als Buk.
In Zeiten multipler globaler Krisen rückt die Forschungssicherheit verstärkt in den Fokus sicherheitspolitischer Debatten. Darunter fällt zum Beispiel der Schutz vor ungewolltem Wissensabfluss, besonders im Bereich der militärischen Forschung. Als Risikostaaten, die durch Cyberangriffe oder via Gastwissenschaftlern versuchen könnten, sensible Forschungsdaten zu erlangen, gelten vor allem China, Russland, Nordkorea und der Iran.
Zentrale, aktuelle Fragen sind daher: Wie kann sichergestellt werden, dass globale Herausforderungen, wie der Klimawandel oder Pandemien, trotz verstärkter Sicherheitsmaßnahmen beim Bilden von Forschungskooperationen weiterhin effektiv erforscht werden können? Und wie kann die Wissenschaft eine Balance zwischen ihrem eigenen Schutz und gleichzeitiger Offenheit für notwendige internationale Kooperationen finden?
Für Effrosyni Chelioti, Leiterin des Bereichs Kommunikation und Außenbeziehungen und stellvertretende Geschäftsführerin der Helmholtz-Gemeinschaft, stellen internationale Kooperation und Forschungssicherheit keinen Widerspruch dar. Sie hält die wissenschaftliche Zusammenarbeit gerade in Krisenzeiten hoch: “Wir dürfen uns nicht aus Unsicherheit gegen eine Kollaboration entscheiden. Forschung zu vielen der globalen Herausforderungen wie dem Klimawandel gelingt uns nur gemeinsam mit internationalen Partnern.”
Als konkrete Maßnahmen, um Forschungssicherheit in Zeiten globaler Krisen zu garantieren, fordert Chelioti:
Letztere werden voraussichtlich bald kommen: Im Mai dieses Jahres nahm der Rat der Europäischen Union eine Empfehlung zur Stärkung der Forschungssicherheit an. Diese fordert die Mitgliedstaaten auf, nationale Leitlinien für internationale Forschungskooperationen zu entwickeln. Im Bundesministerium für Bildung und Forschung findet derzeit zudem ein Stakeholder-Prozess zur Forschungssicherheit statt. Ziel des gemeinsamen Prozesses von Bund und Ländern, sowie Wirtschaft und Wissenschaft, ist es, ein gemeinsames Memorandum und einen konkreten Maßnahmenkatalog für mehr Forschungssicherheit zu erarbeiten.
In den USA sei die Diskussion um den Schutz vor ungewolltem Wissensabfluss, aufgrund des Wettstreits um das globale Wissenschaftssystem mit China, schon länger beobachtbar, sagte Friederike Schröder von German U15, einem Zusammenschluss 15 deutscher Universitäten, Table.Briefings. Die USA hatten ihre Maßnahmen zum Schutz der Forschungssicherheit sowohl unter der Biden-, als auch der ersten Trump-Präsidentschaft aufgestockt; durch Regularien für Wissenschaftsförderungen und konkrete Sicherheitsregeln für staatlich finanzierte Forschungseinrichtungen. Im Sommer vergab zudem die National Science Foundation Fördergelder in Höhe von 67 Millionen US-Dollar für die Einrichtung eines nationalen Secure Centers.
“In Deutschland hat der Diskurs mit dem Angriff Russlands auf die Ukraine weitere Dynamik erhalten”, ergänzt Schröder. Er verstärke sich zudem durch die Frage nach einer intensivierten Förderung und Entwicklung von Dual Use-Technologien in Europa selbst.
Das Bundeswirtschaftsministerium (BMWK) und das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa) wollen Exporte von Rüstungs- und Dual-Use-Gütern erleichtern. “Zeitnah” werde man ein Maßnahmenpaket zur “Beschleunigung und Optimierung” der Exportkontrolle in Kraft setzen, teilten die Behörden in einer gemeinsamen Erklärung am Freitag mit.
Ausgeweitet werde die Allgemeine Genehmigung 33 (Ausfuhr und Verbringung von sonstigen Rüstungsgütern) um “weitere Güter für bestimmte Länder”. Auf Nachfrage von Table.Briefings sagte eine Sprecherin des BMWK, dass ausschließlich Anpassungen für EU- und EFTA-Länder (Island, Liechtenstein, Norwegen, Schweiz) für bestimmtes Zubehör von Waffen vorgesehen seien. Allgemeine Genehmigungen ermöglichen pauschale Exporte von nach Auffassung des BMWK “unkritischen, gleichwohl genehmigungspflichtigen” Rüstungsgütern.
Zudem werden die Allgemeinen Genehmigungen 13 (Ausfuhr bestimmter Güter mit doppeltem Verwendungszweck) und 25 (besondere Fallgruppen) “anwenderfreundlicher gestaltet”. Die beiden Allgemeinen Genehmigungen betreffen Ertüchtigungsprojekte der Bundesregierung, bei denen die Dokumentation erleichtert werde, sagte die Sprecherin.
Bei Dual-Use-Gütern sollen größere Sammelausfuhrgenehmigungen und Höchstbetragsgenehmigungen möglich werden. Zudem erhalten Unternehmen mehr Möglichkeiten für die Wiederausfuhr von Dual-Use-Gütern und die Speicherung von Software auf geschützten Cloudservern. BMWK und Bafa wollen damit internationale Kooperationen, zum Beispiel im Rahmen des Europäischen Verteidigungsfonds, erleichtern.
Zudem beabsichtige das BMWK “die Abschaffung des doppelten Genehmigungsverfahrens im Bereich der Kriegswaffen“. Derzeit müssen Kriegswaffenexporte in einem zweistufigen Verfahren nach dem Kriegswaffenkontrollgesetz und nach dem Außenwirtschaftsgesetz genehmigt werden. bub
Die Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) warnt vor Abschiebungen nach Syrien. Vielmehr sollten nach Deutschland geflohene Syrerinnen und Syrer selbst entscheiden können, ob sie in ihr Land zurückkehrten. Das verspreche “die größten positiven Entwicklungswirkungen” nach dem Sturz Machthaber Baschar al-Assads, so die Autoren eines Table.Briefings vorliegenden Papiers mit dem Titel “Freiwilligkeit statt Zwang: Eine entwicklungsorientierte Rückkehrpolitik für Syrien.”
Darin warnen Nadine Biehler und David Kipp davor, dass “eine übereilte Rückkehrpolitik” die fragile Infrastruktur in Syrien belasten und “die soziale Stabilität gefährden” würde. “Ziel sollte es vielmehr sein, die Rückkehrpolitik so zu gestalten, dass sie zu einer inklusiven, friedlichen Transformation, Aufarbeitung und Aussöhnung sowie zu einem umfassenden Wiederaufbau des Landes beitragen kann. Den wichtigsten Aufnahmeländern syrischer Flüchtlinge – wie Deutschland – kommt dabei eine besondere Bedeutung zu.”
Außenministerin Annalena Baerbock hatte vorige Woche einen Achtpunkteplan für Syrien vorgelegt, der in der bislang nicht in der Übergangsregierung Ahmed al-Scharaas vertretenen syrischen Exilopposition überwiegend positiv aufgenommen wurde. Die SWP empfiehlt in ihrem Papier aus der Reihe “kurz gesagt”, diese Offenheit zu nutzen. “Die durch Vertreibung entstandenen transnationalen Verbindungen und Diasporanetzwerke in Deutschland haben großes Potenzial zum wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und politischen Wiederaufbau Syriens beizutragen, etwa über Investitionen oder Wissensaustausch.” mrb
Arbeitszeiten und finanzielle Entschädigungen sind noch Streitthemen, dennoch: Heer und der Bundeswehrverband als Vertretung der Soldaten hoffen, dass das Parlament noch vor der Neuwahl ein Gesetz verabschiedet, mit dem die Truppe schlagkräftiger werden soll. Insbesondere der Dienst in der neuen Kampfbrigade in Litauen soll attraktiver werden. In einer Anhörung des Verteidigungsausschusses am Montag mahnte der Bundeswehrverband allerdings noch Verbesserungen an.
Das Gesetz zur weiteren Stärkung der personellen Einsatzbereitschaft und zur Änderung von Vorschriften für die Bundeswehr setzt vor allem auf Ausnahmen in der Arbeitszeitregelung für Soldaten: Die als Folge einer EU-Richtlinie eingeführten Begrenzungen sind aus Sicht der Militärs bei Ausbildung und Vorbereitung auf einen Kriegseinsatz an der Ostflanke der Nato nicht haltbar. Der Kommandeur des Aufstellungsstabes der Panzerbrigade 45 in Litauen und 2017 erste Kommandeur der Nato-Battlegroup in dem baltischen Land, Brigadegeneral Christoph Huber, nannte dafür vor dem Ausschuss ein plastisches Beispiel: Nach Rückkehr aus dem Litauen-Einsatz habe sein Verband, das Panzergrenadierbataillon 122, für fast sechs Monate nicht mehr zur Verfügung gestanden, “da die Soldatinnen und Soldaten die in Litauen aufgebaute Mehrarbeit und besonderen zeitlichen Belastungen in Freizeit abbauen mussten”.
Künftig sollen deshalb Überstunden und Mehrarbeit auch einfacher finanziell abgegolten werden können. Allerdings müsse das Gesetz nachgebessert werden, weil der vorgesehene Ausgleich zu gering sei, forderte Verbandschef André Wüstner. Auch die finanzielle Absicherung nach Unfällen und Verwundung müsse erhöht werden. Wüstner mahnte wie Heeresinspekteur Alfons Mais, das Gesetz dürfe nicht dem Ende der Koalition zum Opfer fallen und erst von einem neu gewählten Bundestag Monate später beschlossen werden: “Die militärischen Planungen sind in Teilen auf die bisherigen zeitlichen Abläufe des Gesetzgebungsverfahrens und ein Inkrafttreten bis April 2025 abgestimmt”, warnte der Chef der Landstreitkräfte.
Für die abschließende Lesung des Gesetzes im Bundestag bleibt voraussichtlich nur eine Sitzungswoche Ende Januar kommenden Jahres; ob es dazu kommt, ist noch nicht sicher. Grundsätzlich ablehnend äußerte sich in der Anhörung nur der vom BSW als Sachverständiger benannte Co-Sprecher des “Bundesausschusses Friedensratschlag”, Lühr Henken: Die starke konventionelle Überlegenheit der Nato gegenüber Russland “bedeutet, dass die Ängste vor einem russischen Angriff auf Nato-Gebiet unbegründet sind. Folglich ist
die Nato- und Bundeswehraufrüstung unsinnig und damit auch der Aufbau einer Brigade in Litauen”. tw
Parallel zu demokratischen Rückschritten in Teilen der Welt nimmt dort auch die Gewalt gegen die queere Community zu. In Uganda droht bei “schwerer Homosexualität” im schlimmsten Fall die Todesstrafe, in Georgien verbietet seit diesem Herbst ein Gesetz angebliche “Propaganda” für gleichgeschlechtliche Beziehungen und LGBTQI+.
Am Dienstag und Mittwoch tagen bei der Konferenz der Equal Rights Coalition Regierungsmitglieder und Nichtregierungsorganisationen aus 45 Mitgliedstaaten der LGBTQI+-Allianz in Berlin, um außenpolitische Strategien im Umgang mit Repression gegen queere Menschen zu diskutieren. Die Konferenz veranstalten dieses Jahr Deutschland und Mexiko.
Dabei wird es auch um den Umgang mit der Verbreitung von queerfeindlichen Narrativen gehen. So zeigt sich beispielsweise russische Einflussnahme im georgischen Gesetz, das stark einem Text ähnelt, der in Russland vor zehn Jahren verabschiedet wurde. Mit dem Gesetz soll die Darstellung gleichgeschlechtlicher Beziehungen aus Schulen, Universitäten und im TV verbannt werden. Paare, die nicht heterosexuell sind, dürfen keine Kinder mehr adoptieren.
Die Konferenz ist ein kleines Lebenszeichen feministischer Außenpolitik. Seit der Zeitenwende-Rede von Bundeskanzler Olaf Scholz gibt sich die Bundesregierung pragmatischer im Umgang mit Regimen, die nicht die Werte feministischer Politik teilen. So hatte die Bundesregierung im Januar angekündigt, sich dem Export von Eurofighter-Kampfjets nach Saudi-Arabien nicht mehr in den Weg stellen zu wollen.
Die Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Luise Amtsberg sagt Table.Briefings aber, dass feministische Außenpolitik “themenübergreifend und weltweit strategischer Bestandteil unserer Außenpolitik”, geworden sei. Dazu gehöre, “dass wir die Rechte von Frauen, Kindern und der LGBTIQ Community in den Fokus unserer Diplomatie rücken”. Das geschehe nicht immer “auf der großen Bühne”, aber “je nach Kontext öffentlich und sichtbar, wie bei der Konferenz der Equal Rights Coalition oder den vielen Pride Parades, an denen deutsche Auslandsvertretungen sich beteiligen”. bub
Zwölf europäische Nationen, darunter Deutschland, haben ein gemeinsames Vorgehen gegen die sogenannte Schattenflotte Russlands vereinbart. Unter anderem soll im Ärmelkanal, in den Ostseezugängen in Belten und Sund und im finnischen Meerbusen die Versicherung verdächtiger Schiffe überprüft werden. Hintergrund ist die vermutete Umgehung von Sanktionen durch eine nicht offizielle russische Handelsflotte und deren Transporte unter anderem von russischem Öl. Zu den größten Abnehmern dieses Öls gehört Indien, China und die Türkei, berichten Analysten des Kiev School of Economics (KSE Institute).
Das gemeinsame Vorgehen beschlossen Vertreter von Dänemark, Deutschland, Estland, Finnland, Großbritannien, Island, Lettland, Litauen, die Niederlande, Norwegen, Polen und Schweden am Montag in der estnischen Hauptstadt Tallinn, wie die Regierung des baltischen Landes mitteilte. Dafür sollen die zuständigen Behörden aus Dänemark, Estland, Finnland, Großbritannien, Polen und Schweden von verdächtigen Schiffen bei der Durchfahrt Nachweise über die Versicherung verlangen. Über diese Tanker und Frachter sollen alle zwölf beteiligten Staaten Daten austauschen.
Bislang werden die verdächtigen Schiffe zwar zum Teil von Kriegsschiffen der Anrainerstaaten, vor allem in der Ostsee, beschattet. Konkrete Maßnahmen werden aber selten ergriffen, obwohl die Befürchtung besteht, dass insbesondere Tanker dieser Schattenflotte aufgrund ihres Alters und der fehlenden Versicherung ein Umweltrisiko darstellen.
Für Russlands Staatsbudget – und damit die Kriegskasse – ist der Verkauf des Öls entscheidend. Öl und Gas füllen die Kasse zu mehr als 31 Prozent, der Anteil war in den vergangenen beiden Jahren leicht gestiegen. Russland verkauft das Öl für etwas mehr als 60 US-Dollar pro Barrel und liegt damit zwar über der 60-Dollar-Preisbremse, aber deutlich unter dem Weltmarktpreis. Erst vergangene Woche hat der russische Öl-Riese Rosneft laut einem Reuters-Bericht den größten Öl-Deal der indisch-russischen Geschichte vereinbart. tw/vf
Bloomberg: Putin’s Loss in Syria Exposes Western Failures. In der Ukraine und in Syrien nutzen die Feinde des Westens seine Unentschlossenheit, schreibt Journalist Martin Ivens. Die Grenze zwischen sorgfältiger Überlegung und chronischem Wankelmut sei schmal. Sowohl Obama als auch Merkel hätten sie überschritten. “Heute zahlt der Westen den Preis für diese Politik.”
Kyiv Independent: Why Chechnya remains vital for survival of Putin’s regime. 30 Jahre nach Beginn des Ersten Tschetschenienkrieges ist die nunmehr kremlfreundliche Republik zu einem Staat im Staate geworden, der Brutalität exportiert und Kritiker der Regimes Kadyrows und Putins zum Schweigen bringt. Der Familie Kadyrow ist es gelungen, eine Privatarmee von 70.000 tschetschenischen Kämpfern aufzustellen.
Die Zeit: Kurden in Syrien – Am Ende hängt alles an Washington. Nach dem Sturz des syrischen Diktators Assad werden nun die Kurden im Nordosten des Landes angegriffen. Die türkische Luftwaffe greift die Stadt Kobane an. Die Syrische Nationale Armee hat die Stadt Manbij unter ihre Kontrolle gebracht. Ihre letzte Lebensversicherung sind die in der Region stationierten US-Truppen.
Foreign Affairs: Democrats Need a Foreign Policy That Can Work – and Win. Ben Rhodes, der ehemalige sicherheitspolitische Berater von Barack Obama, fordert die Demokratische Partei zu einem Richtungswechsel auf. Sie müsse eine Vision für eine globale Ordnung entwickeln, welche die Bedürfnisse der Mehrheit der Weltbevölkerung berücksichtigt.
The Washington Post: Drones swarm Kyiv every night. These volunteers shoot them down. In den letzten zwei Monaten hat Russland seine Luftangriffe auf Kyjiw und andere Großstädte dramatisch verstärkt. Immer mehr iranischer Shahed-Drohnen setzt die russische Armee dabei ein. Gegen die langsam und niedrig fliegenden Objekte setzen ukrainische Freiwillige schwere Maschinengewehre ein.
Egal, wer die nächste Bundesregierung anführt, hat großes Eigeninteresse daran, Sicherheit nicht gegen andere Investitionen abzuwägen. Die Gründung einer neuen Weltbank wäre das marktwirtschaftliche Instrument der großen strategischen Antwort des Westens.
Nur 23 der 32 Nato-Mitgliedstaaten erreichen 2024 Zwei-Prozent-Ziel – ein Defizit von rund 45 Milliarden Dollar. Kaufkraftbereinigt liegt das kumulierte Nato-Budget von 1,47 Billionen Dollar daher nur auf dem Niveau von 2002. Ausrüstungsupgrades, Schutz kritischer Infrastruktur, Ukraine-Hilfen, multinationale Operationen und grüne Technologien erhöhen den Bedarf auf mindestens 535 Milliarden Dollar.
Während Militärausgaben in Russland und China relativ ansteigen, priorisieren viele Nato-Staaten Gesundheitswesen, Bildung und Infrastruktur über Verteidigungsausgaben. Eine Trendwende gilt laut einem jüngst veröffentlichten Atlantic Council-Strategiepapier als unwahrscheinlich, denn fast 70 Prozent der Nato-Staaten verfügen nicht über günstige Kreditbedingungen (AAA-Bonität), um den Finanzierungsbedarf an Kapitalmärkten zu decken. Potenzielle Frontländer wie Estland, Ungarn, Litauen, Polen und Rumänien zahlen über fünf Prozent Zinsen für zehnjährige Anleihen. Dazu kommen Compliance-Risiken, die private Verteidigungs- und Dual-Use-Investments massiv einschränken.
Die zuletzt in der EU diskutierte 500-Milliarden-Euro-Insellösung verkennt jedoch strukturelle Lieferkettenprobleme. Angegangen werden sie aber von einem neuen Plan aus der Feder von Rob Murray, ehemaliger Head of Innovation der Nato und Entwickler von Nato Innovation Fund und Nato DIANA.
Der Murray-Plan schlägt eine neue Weltbank für Verteidigung, Sicherheit und Resilienz vor, die Nachfrage- und Angebotsprobleme löst:
Für die AAA-Bonität wäre eine Kapitalspritze von acht Milliarden Dollar, aufgeteilt unter den Mitgliedstaaten und über vier Jahre gestreckt, ausreichend. Kreditkriterien fördern Interoperabilität und EU-Standards, Drittinvestitionen stärken die Kapitalbasis. Unterzeichnet werden könnte die Charta zur Gründung der Rechtsperson vom Joint Expeditionary Force – zehn kreditwürdigen Ländern. Neben den USA und indopazifischen Ländern wie Japan wäre auch Deutschland ein möglicher Gründungspartner.
Said D. Werner ist Innovationsforscher an der Sloan School of Management des Massachusetts Institute of Technology (MIT) und Affiliate Director des MIT Murray Lab for Deep Tech & Geopolitics. In Deutschland arbeitet er als unabhängiger Strategieberater für Angehörige von Bundes- und Landesregierungen, Stiftungen, Unternehmen und politischen Parteien.
Wenn man so will, ist Wolfgang Gammel der Praktiker unter den KI-Nerds bei Helsing. Einer, der nicht nur hochfliegt, sondern gern auch die Füße am Boden hat. Und vielleicht ist er deshalb genau der Richtige für die hochfliegenden Pläne des Münchner Softwareunternehmens. Gerade erst stellte Helsing seine neue KI-gestützte Kampfdrohne vor, deren Massenproduktion im nächsten Jahr beginnen soll. 4000 der Kamikaze-Drohnen gehen in die Ukraine, ein “wichtiger Meilenstein auf Helsings Mission zur Stärkung der Sicherheit von Demokratien weltweit”.
Der neue Managing Director, seit November im Amt, muss das natürlich gut finden und sagt dann in seinem gemütlichen Bairisch: “Ambitionen musst Du schon haben.” Aber bei Gammel kommen sie eher bescheiden daher. Er wolle noch “etwas bewegen” erklärt der 51-Jährige seinen Wechsel von einem weltweit operierenden Rüstungskonzern zu einem boomenden Start-up. Nach verschiedenen Führungspositionen bei Airbus bringt er die Bodenständigkeit mit: “Zwanzig Jahre Erfahrung mit Partnern und Politikern.”
Wie so viele im boomenden Tech-Defense Cluster rund um München war auch Gammel bei der Bundeswehr. Der gebürtige Regensburger geht 1993 als Zeitsoldat zur Luftwaffe, wird schließlich Leiter der Triebwerksinstandsetzung beim Lufttransportgeschwader 61 auf dem Fliegerhorst Landsberg. Das Geschwader ist mittlerweile Geschichte. Gammel aber bleibt als Reserveoffizier der Bundeswehr treu. Erst im Sommer hat er seine letzte Wehrübung im Landeskommando Bayern absolviert. “Ich will wissen, wie die Bundeswehr tickt.”
Nach seinem Studium der Produktionstechnik an der Uni Bremen geht Gammel wieder zurück nach Bayern. Schon als Soldat haben es ihm die großen Flugzeuge angetan. Erst die Transall C-160, bei Airbus Defence and Space, dann der Eurofighter, dessen Gesamtproduktionsleitung er 2009 übernimmt. Bei aller Bodenständigkeit zieht es den jungen Manager aber für eine paar Jahre ins Ausland. “Horizont erweitern”, nennt er es nüchtern.
Der Aufenthalt an der National Defense University in Washington, wo er als Vertreter der Industrie neben amerikanischen und internationalen Soldaten studiert, sei ganz entscheidend gewesen. Während 2012 noch viele in Deutschland mit dem Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan hadern, habe er von Amerikanern ganz andere Worte gehört: “Ihr könnt doch mehr, warum traut ihr euch nicht mehr?”
Nach draußen blicken, aber die Bodenhaftung nicht verlieren, ein passendes Motto für Gammels weitere Karriere. Nach seiner Rückkehr aus den USA und einem Jahr bei der Airbus-Gruppe in Frankreich wird der Eurofighter sein großes Thema. Als Leiter des operativen Geschäfts der Eurofighter GmbH lernt er Helsing kennen. Das junge Unternehmen soll gemeinsam mit anderen fünfzehn Kampfflugzeuge der Bundeswehr bis 2028 für die “elektronische Kampfführung” fit machen.
Nun ist Gammel selbst Teil des Helsing-Teams. Beim Upgrade für die “Elektronische Kampfführung” kooperiert Helsing mit dem schwedischen Rüstungsunternehmen Saab, das sich bei Helsing schon mit 75 Millionen eingekauft hat. Auch Saab kennt Gammel, denn die Schweden liefern seit Ende der 1990er Jahre die Radargeräte für den Tornado.
Aber es sind nicht die Telefonnummern und zwei Jahrzehnte Erfahrung allein, die Gammel für seinen neuen Arbeitgeber interessant machen. Vielleicht ist es auch der ruhige Ton des Niederbayern, der den kometenhaften Aufstieg des drei Jahre alten Softwareunternehmens ein wenig nüchtern begleitet. Und so ist es folgerichtig, dass nicht der Gründer Gundbert Scherf, wie üblich, diese Woche ins Forum Verteidigung und Sicherheit des Bundesverbandes der Deutschen Luft- und Raumfahrtindustrie geschickt wurde, sondern – Wolfgang Gammel. Nana Brink
Wolfgang Büchele ist neuer Vorsitzender des Verwaltungsrats beim Panzerbauer KNDS. Die Holding, bestehend aus KNDS Deutschland und KNDS Frankreich und mit Sitz in den Niederlanden, teilte mit, dass die Neubesetzung sich aus dem Ende der regulären vierjährigen Amtszeit des Verwaltungsrats ergebe. Büchele folgt damit auf Philippe Petitcolin, der aber im Gremium bleibt. Neu in den Verwaltungsrat berufen wurde zudem Ingrid Jägering.
Zuvor hatte der Konzern verkündet, dass der Franzose Jean-Paul Alary als Geschäftsführer auf den Deutschen Frank Haun folgt, der in den Ruhestand tritt. Bis Alary in das Unternehmen eingetreten ist, werde Philippe Balducchi die Funktion des CEO im operativen Geschäft und im Verwaltungsrat zusätzlich zu seiner Aufgabe als Group CFO übernehmen, so KNDS. Alary kommt als CEO von Safran und tritt seine neue Position zum 1. April 2025 an. bub
Der deutsche EU-Diplomat Michael Ohnmacht ist von der EU-Außenbeauftragten Kaja Kallas nach Damaskus entsandt worden. Dort solle er Kommunikationskanäle zu den neuen Machthabern rund um Ahmed al-Scharaa, den Anführer der Islamistenmiliz Hajat Tahrir al-Sham (HTS), aufnehmen. Ohnmacht leitete die Delegation der Europäischen Union in Syrien seit September – bis zum Sturz Baschar al-Assads allerdings von Beirut aus. Der 54 Jahre alte Diplomat steht seit 1998 in Diensten des Auswärtigen Amts und bekleidete Posten unter anderem in Ramallah, Beirut, Paris, Riad und zuletzt als Botschafter in Libyen. mb
Anke Rehlinger, Ministerpräsidentin des Saarlandes, ist neue stellvertretende Vorsitzende der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung (FES). Sie folgt auf Daniela Kolbe. Im Amt bestätigt wurden auf der Jahreshauptversammlung der Stiftung am Montag der Vorsitzende Martin Schulz, sowie sein Stellvertreter Reiner Hoffmann. Auch Sabine Fandrych ist erneut zum geschäftsführenden Vorstandsmitglied gewählt worden. Die FES feiert im kommenden März ihr 100-jähriges Bestehen. vf
Richard Grenell soll unter US-Präsident Donald Trump den Posten eines Sondergesandten erhalten. “Ric wird an einigen der heißesten Brennpunkte der Welt arbeiten, darunter Venezuela und Nordkorea”, schrieb Trump auf seiner Social-Media-Plattform Truth Social. Er solle sich für “Frieden durch Stärke einsetzen”, mit Amerika an erster Stelle.
Grenell hatte sich zuletzt wohl auch Hoffnungen gemacht, US-Außenminister zu werden, diese Nominierung erhielt aber Marco Rubio. In Trumps erster Amtszeit war Grenell Botschafter in Deutschland und hatte in dieser Funktion stark polarisiert, als er die Bundesregierung für ihre Politik offen kritisierte. ds
Deutschland habe seit Russlands Überfall auf die Ukraine “unsere eigene Verteidigung” deutlich gestärkt, sagte der nunmehr nur noch geschäftsführende Bundeskanzler Olaf Scholz gestern im Bundestag, ehe eine Mehrheit der Abgeordneten in der Abstimmung über die Vertrauensfrage gegen ihn votierte. Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz lobte zwar die Zeitenwende-Rede seines SPD-Konkurrenten von Februar 2022 als “gute Regierungserklärung”. Am Ende aber habe sich nichts verändert: Statt das Sondervermögen Bundeswehr für die Modernisierung der Truppe zu nutzen, seien die Milliarden zur Deckelung explodierender Personalkosten missbraucht worden, so Merz.
Nur wenige Tage nach der Bundestagswahl am 23. Februar 2025 jährt sich Scholz’ Zeitenwende-Rede zum dritten Mal. Wir vom Security.Table verfolgen die von Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine ausgelösten Umbrüche in Verteidigungspolitik und -industrie genau. Um künftig noch zielgerichteter für Sie berichten zu können, würden wir uns freuen, wenn Sie sich drei Minuten Zeit nähmen, ein paar Fragen zu beantworten. Hier geht es zu unserer Umfrage. Sie helfen uns durch Ihre Teilnahme, Ihre Wünsche und Ansprüche besser zu verstehen.
Eine spannende Lektüre wünscht Ihnen
Israel hat mit der Erlangung der Luftüberlegenheit über Syrien ein wichtiges Hindernis beseitigt, um einen Angriff auf Irans Atomanlagen vorzunehmen. Zu dieser Einschätzung gelangen Analysten und Militärs, mit denen Table.Briefings am Wochenende sprach. Am Freitag hatte das Wall Street Journal berichtet, dass die Bereitschaft Donald Trumps, einem israelischen Militärschlag gegen Irans Atomprogramm zuzustimmen, so groß sei wie nie zuvor.
Durch die Lieferung bunkerbrechender Waffen an die Regierung des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu könnte ein solches Vorgehen rasch umgesetzt werden, schreibt die Zeitung unter Berufung auf Mitarbeiter von Trumps Transitionsteam. Es gelte, die “seltene Gelegenheit” zu nutzen, die sich nach der Flucht von Syriens Machthaber Baschar al-Assad am 8. Dezember biete. Zwar hat Trump immer klargemacht, “maximalen Druck” auf Iran ausüben zu wollen, in seiner ersten Amtszeit aber hatte er von einem militärischen Vorgehen abgesehen.
“Wenn sie tatsächlich etwas tun wollten, um das Atomwaffenprogramm zu neutralisieren, dann wäre dies das Richtige”, sagt Mark Dubowitz, Geschäftsführer der Foundation for Defense of Democracies, der gut in Trumps sicherheitspolitisches Team vernetzt ist.
Auch das israelische Sicherheitsestablishment setzt nach den strategischen militärischen Erfolgen der Israel Defense Forces (IDF) gegen Irans Verbündete im Libanon, Gazastreifen und Syrien auf Luftschläge, sobald von Trump grünes Licht vorliege – selbst vor der Übernahme der Amtsgeschäfte am 20. Januar kommenden Jahres. Ein mögliches Ziel sei die Urananreicherungsanlage Fordow.
Israel ist es durch die massiven Luftschläge der vergangenen Woche nicht nur gelungen, “völlige Lufthoheit” über Syrien zu erlangen. Bis zu 80 Prozent der militärischen Fähigkeiten der syrischen Streitkräfte sind zerstört worden: Drohnen, Hubschrauber, Kampfjets, Panzer, die gesamte Marine, Luftverteidigungssysteme und Raketenlager.
“Israel möchte sichergehen, dass das Gerät zerstört ist und nicht in fremde Hände fällt”, sagte Oberst Markus Reisner, Leiter des Institutes 1 für Offiziersgrundausbildung an der Theresianischen Militärakademie in Wiener Neustadt, zu Table.Briefings. Außerdem verwies er auf die Gefahr der Übernahme der Restbestände der syrischen Armee durch die libanesische Hisbollah und versprengte Angehörige des alten Regimes:
In Iran selbst hat der israelische Angriff von Oktober 2024 deutlich höhere Schäden an der iranischen Flugabwehr verursacht als unmittelbar danach angenommen. So listet das Institute for the Study of War irreparable Schäden an den vier russischen Flugabwehrsystemen vom Typ S-300 auf. Dadurch, dass Russland seine eigenen Batterien zur Verteidigung gegen ukrainische Angriffe brauche, werde es Teheran so schnell nicht möglich sein, diese zu ersetzen.
Damit ist auch der Nachschub an die Houthis im Jemen und die Hisbollah gefährdet, neben der Hamas im Gazastreifen die beiden anderen regionalen Milizen aus Teherans sogenannter Achse des Widerstands. “Syrien war ein Dreh- und Angelpunkt in Irans regionalem Plan, Israel in einem Feuerring einzukreisen”, sagt Matthew Levitt, Direktor des Programms zur Terrorismusbekämpfung am Washington Institute for Near East Policy. “Die Achse des Widerstands war ein dreibeiniger Schemel aus Iran, Syrien und der Hisbollah, und dieser steht nicht mehr.”
Auch im Iran ist die Kritik an der gescheiterten Strategie in Syrien offen ausgebrochen – gegen den Widerstand des Obersten Führers Ali Khamenei. Die Zeiten, als iranische Politiker Syrien als Provinz Irans betrachteten, sind damit endgültig vorbei. In Diplomatenkreisen heißt es, dass man in Teheran schon froh sei, wenn die neue syrische Regierung von Ahmed al-Scharaa alias Mohammed al-Jolani überhaupt der Aufnahme diplomatischer Beziehungen zum Iran zustimmen werde. Nie wieder dürfe Syrien “eine Farm für iranische Gier” werden, sagte al-Scharaa am Wochenende dem in Istanbul ansässigen Fernsehsender Syrian TV.
Nun die Gelegenheit zu nutzen, den geschwächten Iran präventiv um sein Atomprogramm zu bringen, fordern Militärs in Israel – Trumps Beraterkreis ist noch unentschieden. Darüber, dass das Regime des Obersten Führers Ali Khameneis die Steuerungszentrale der antiisraelischen Achse ist, herrscht sowohl in Washington wie in Jerusalem Konsens. Deren Zerstörung würde Irans Netzwerk empfindlich treffen. Sollte es in zu einem Angriff gegen Irans Atomprogramm kommen, könnten israelische Kampfjets nach Ausschaltung der syrischen Flugabwehr vergangenen Woche nun direkt über Damaskus fliegen.
Denn nach Angaben des israelischen Militärs sind seit dem Sturz Assads 86 Prozent der syrischen Flugabwehrsysteme zerstört worden, darunter 107 Luftabwehrkomponenten und 47 Radare. Hinzu kommen achtzig Prozent der Kurz- bis Mittelstreckenraketen SA-22, auch bekannt als Pantsir-S1, und neunzig Prozent des russischen Luftabwehrsystems SA-17 mit mittlerer Reichweite, auch bekannt als Buk.
In Zeiten multipler globaler Krisen rückt die Forschungssicherheit verstärkt in den Fokus sicherheitspolitischer Debatten. Darunter fällt zum Beispiel der Schutz vor ungewolltem Wissensabfluss, besonders im Bereich der militärischen Forschung. Als Risikostaaten, die durch Cyberangriffe oder via Gastwissenschaftlern versuchen könnten, sensible Forschungsdaten zu erlangen, gelten vor allem China, Russland, Nordkorea und der Iran.
Zentrale, aktuelle Fragen sind daher: Wie kann sichergestellt werden, dass globale Herausforderungen, wie der Klimawandel oder Pandemien, trotz verstärkter Sicherheitsmaßnahmen beim Bilden von Forschungskooperationen weiterhin effektiv erforscht werden können? Und wie kann die Wissenschaft eine Balance zwischen ihrem eigenen Schutz und gleichzeitiger Offenheit für notwendige internationale Kooperationen finden?
Für Effrosyni Chelioti, Leiterin des Bereichs Kommunikation und Außenbeziehungen und stellvertretende Geschäftsführerin der Helmholtz-Gemeinschaft, stellen internationale Kooperation und Forschungssicherheit keinen Widerspruch dar. Sie hält die wissenschaftliche Zusammenarbeit gerade in Krisenzeiten hoch: “Wir dürfen uns nicht aus Unsicherheit gegen eine Kollaboration entscheiden. Forschung zu vielen der globalen Herausforderungen wie dem Klimawandel gelingt uns nur gemeinsam mit internationalen Partnern.”
Als konkrete Maßnahmen, um Forschungssicherheit in Zeiten globaler Krisen zu garantieren, fordert Chelioti:
Letztere werden voraussichtlich bald kommen: Im Mai dieses Jahres nahm der Rat der Europäischen Union eine Empfehlung zur Stärkung der Forschungssicherheit an. Diese fordert die Mitgliedstaaten auf, nationale Leitlinien für internationale Forschungskooperationen zu entwickeln. Im Bundesministerium für Bildung und Forschung findet derzeit zudem ein Stakeholder-Prozess zur Forschungssicherheit statt. Ziel des gemeinsamen Prozesses von Bund und Ländern, sowie Wirtschaft und Wissenschaft, ist es, ein gemeinsames Memorandum und einen konkreten Maßnahmenkatalog für mehr Forschungssicherheit zu erarbeiten.
In den USA sei die Diskussion um den Schutz vor ungewolltem Wissensabfluss, aufgrund des Wettstreits um das globale Wissenschaftssystem mit China, schon länger beobachtbar, sagte Friederike Schröder von German U15, einem Zusammenschluss 15 deutscher Universitäten, Table.Briefings. Die USA hatten ihre Maßnahmen zum Schutz der Forschungssicherheit sowohl unter der Biden-, als auch der ersten Trump-Präsidentschaft aufgestockt; durch Regularien für Wissenschaftsförderungen und konkrete Sicherheitsregeln für staatlich finanzierte Forschungseinrichtungen. Im Sommer vergab zudem die National Science Foundation Fördergelder in Höhe von 67 Millionen US-Dollar für die Einrichtung eines nationalen Secure Centers.
“In Deutschland hat der Diskurs mit dem Angriff Russlands auf die Ukraine weitere Dynamik erhalten”, ergänzt Schröder. Er verstärke sich zudem durch die Frage nach einer intensivierten Förderung und Entwicklung von Dual Use-Technologien in Europa selbst.
Das Bundeswirtschaftsministerium (BMWK) und das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa) wollen Exporte von Rüstungs- und Dual-Use-Gütern erleichtern. “Zeitnah” werde man ein Maßnahmenpaket zur “Beschleunigung und Optimierung” der Exportkontrolle in Kraft setzen, teilten die Behörden in einer gemeinsamen Erklärung am Freitag mit.
Ausgeweitet werde die Allgemeine Genehmigung 33 (Ausfuhr und Verbringung von sonstigen Rüstungsgütern) um “weitere Güter für bestimmte Länder”. Auf Nachfrage von Table.Briefings sagte eine Sprecherin des BMWK, dass ausschließlich Anpassungen für EU- und EFTA-Länder (Island, Liechtenstein, Norwegen, Schweiz) für bestimmtes Zubehör von Waffen vorgesehen seien. Allgemeine Genehmigungen ermöglichen pauschale Exporte von nach Auffassung des BMWK “unkritischen, gleichwohl genehmigungspflichtigen” Rüstungsgütern.
Zudem werden die Allgemeinen Genehmigungen 13 (Ausfuhr bestimmter Güter mit doppeltem Verwendungszweck) und 25 (besondere Fallgruppen) “anwenderfreundlicher gestaltet”. Die beiden Allgemeinen Genehmigungen betreffen Ertüchtigungsprojekte der Bundesregierung, bei denen die Dokumentation erleichtert werde, sagte die Sprecherin.
Bei Dual-Use-Gütern sollen größere Sammelausfuhrgenehmigungen und Höchstbetragsgenehmigungen möglich werden. Zudem erhalten Unternehmen mehr Möglichkeiten für die Wiederausfuhr von Dual-Use-Gütern und die Speicherung von Software auf geschützten Cloudservern. BMWK und Bafa wollen damit internationale Kooperationen, zum Beispiel im Rahmen des Europäischen Verteidigungsfonds, erleichtern.
Zudem beabsichtige das BMWK “die Abschaffung des doppelten Genehmigungsverfahrens im Bereich der Kriegswaffen“. Derzeit müssen Kriegswaffenexporte in einem zweistufigen Verfahren nach dem Kriegswaffenkontrollgesetz und nach dem Außenwirtschaftsgesetz genehmigt werden. bub
Die Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) warnt vor Abschiebungen nach Syrien. Vielmehr sollten nach Deutschland geflohene Syrerinnen und Syrer selbst entscheiden können, ob sie in ihr Land zurückkehrten. Das verspreche “die größten positiven Entwicklungswirkungen” nach dem Sturz Machthaber Baschar al-Assads, so die Autoren eines Table.Briefings vorliegenden Papiers mit dem Titel “Freiwilligkeit statt Zwang: Eine entwicklungsorientierte Rückkehrpolitik für Syrien.”
Darin warnen Nadine Biehler und David Kipp davor, dass “eine übereilte Rückkehrpolitik” die fragile Infrastruktur in Syrien belasten und “die soziale Stabilität gefährden” würde. “Ziel sollte es vielmehr sein, die Rückkehrpolitik so zu gestalten, dass sie zu einer inklusiven, friedlichen Transformation, Aufarbeitung und Aussöhnung sowie zu einem umfassenden Wiederaufbau des Landes beitragen kann. Den wichtigsten Aufnahmeländern syrischer Flüchtlinge – wie Deutschland – kommt dabei eine besondere Bedeutung zu.”
Außenministerin Annalena Baerbock hatte vorige Woche einen Achtpunkteplan für Syrien vorgelegt, der in der bislang nicht in der Übergangsregierung Ahmed al-Scharaas vertretenen syrischen Exilopposition überwiegend positiv aufgenommen wurde. Die SWP empfiehlt in ihrem Papier aus der Reihe “kurz gesagt”, diese Offenheit zu nutzen. “Die durch Vertreibung entstandenen transnationalen Verbindungen und Diasporanetzwerke in Deutschland haben großes Potenzial zum wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und politischen Wiederaufbau Syriens beizutragen, etwa über Investitionen oder Wissensaustausch.” mrb
Arbeitszeiten und finanzielle Entschädigungen sind noch Streitthemen, dennoch: Heer und der Bundeswehrverband als Vertretung der Soldaten hoffen, dass das Parlament noch vor der Neuwahl ein Gesetz verabschiedet, mit dem die Truppe schlagkräftiger werden soll. Insbesondere der Dienst in der neuen Kampfbrigade in Litauen soll attraktiver werden. In einer Anhörung des Verteidigungsausschusses am Montag mahnte der Bundeswehrverband allerdings noch Verbesserungen an.
Das Gesetz zur weiteren Stärkung der personellen Einsatzbereitschaft und zur Änderung von Vorschriften für die Bundeswehr setzt vor allem auf Ausnahmen in der Arbeitszeitregelung für Soldaten: Die als Folge einer EU-Richtlinie eingeführten Begrenzungen sind aus Sicht der Militärs bei Ausbildung und Vorbereitung auf einen Kriegseinsatz an der Ostflanke der Nato nicht haltbar. Der Kommandeur des Aufstellungsstabes der Panzerbrigade 45 in Litauen und 2017 erste Kommandeur der Nato-Battlegroup in dem baltischen Land, Brigadegeneral Christoph Huber, nannte dafür vor dem Ausschuss ein plastisches Beispiel: Nach Rückkehr aus dem Litauen-Einsatz habe sein Verband, das Panzergrenadierbataillon 122, für fast sechs Monate nicht mehr zur Verfügung gestanden, “da die Soldatinnen und Soldaten die in Litauen aufgebaute Mehrarbeit und besonderen zeitlichen Belastungen in Freizeit abbauen mussten”.
Künftig sollen deshalb Überstunden und Mehrarbeit auch einfacher finanziell abgegolten werden können. Allerdings müsse das Gesetz nachgebessert werden, weil der vorgesehene Ausgleich zu gering sei, forderte Verbandschef André Wüstner. Auch die finanzielle Absicherung nach Unfällen und Verwundung müsse erhöht werden. Wüstner mahnte wie Heeresinspekteur Alfons Mais, das Gesetz dürfe nicht dem Ende der Koalition zum Opfer fallen und erst von einem neu gewählten Bundestag Monate später beschlossen werden: “Die militärischen Planungen sind in Teilen auf die bisherigen zeitlichen Abläufe des Gesetzgebungsverfahrens und ein Inkrafttreten bis April 2025 abgestimmt”, warnte der Chef der Landstreitkräfte.
Für die abschließende Lesung des Gesetzes im Bundestag bleibt voraussichtlich nur eine Sitzungswoche Ende Januar kommenden Jahres; ob es dazu kommt, ist noch nicht sicher. Grundsätzlich ablehnend äußerte sich in der Anhörung nur der vom BSW als Sachverständiger benannte Co-Sprecher des “Bundesausschusses Friedensratschlag”, Lühr Henken: Die starke konventionelle Überlegenheit der Nato gegenüber Russland “bedeutet, dass die Ängste vor einem russischen Angriff auf Nato-Gebiet unbegründet sind. Folglich ist
die Nato- und Bundeswehraufrüstung unsinnig und damit auch der Aufbau einer Brigade in Litauen”. tw
Parallel zu demokratischen Rückschritten in Teilen der Welt nimmt dort auch die Gewalt gegen die queere Community zu. In Uganda droht bei “schwerer Homosexualität” im schlimmsten Fall die Todesstrafe, in Georgien verbietet seit diesem Herbst ein Gesetz angebliche “Propaganda” für gleichgeschlechtliche Beziehungen und LGBTQI+.
Am Dienstag und Mittwoch tagen bei der Konferenz der Equal Rights Coalition Regierungsmitglieder und Nichtregierungsorganisationen aus 45 Mitgliedstaaten der LGBTQI+-Allianz in Berlin, um außenpolitische Strategien im Umgang mit Repression gegen queere Menschen zu diskutieren. Die Konferenz veranstalten dieses Jahr Deutschland und Mexiko.
Dabei wird es auch um den Umgang mit der Verbreitung von queerfeindlichen Narrativen gehen. So zeigt sich beispielsweise russische Einflussnahme im georgischen Gesetz, das stark einem Text ähnelt, der in Russland vor zehn Jahren verabschiedet wurde. Mit dem Gesetz soll die Darstellung gleichgeschlechtlicher Beziehungen aus Schulen, Universitäten und im TV verbannt werden. Paare, die nicht heterosexuell sind, dürfen keine Kinder mehr adoptieren.
Die Konferenz ist ein kleines Lebenszeichen feministischer Außenpolitik. Seit der Zeitenwende-Rede von Bundeskanzler Olaf Scholz gibt sich die Bundesregierung pragmatischer im Umgang mit Regimen, die nicht die Werte feministischer Politik teilen. So hatte die Bundesregierung im Januar angekündigt, sich dem Export von Eurofighter-Kampfjets nach Saudi-Arabien nicht mehr in den Weg stellen zu wollen.
Die Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Luise Amtsberg sagt Table.Briefings aber, dass feministische Außenpolitik “themenübergreifend und weltweit strategischer Bestandteil unserer Außenpolitik”, geworden sei. Dazu gehöre, “dass wir die Rechte von Frauen, Kindern und der LGBTIQ Community in den Fokus unserer Diplomatie rücken”. Das geschehe nicht immer “auf der großen Bühne”, aber “je nach Kontext öffentlich und sichtbar, wie bei der Konferenz der Equal Rights Coalition oder den vielen Pride Parades, an denen deutsche Auslandsvertretungen sich beteiligen”. bub
Zwölf europäische Nationen, darunter Deutschland, haben ein gemeinsames Vorgehen gegen die sogenannte Schattenflotte Russlands vereinbart. Unter anderem soll im Ärmelkanal, in den Ostseezugängen in Belten und Sund und im finnischen Meerbusen die Versicherung verdächtiger Schiffe überprüft werden. Hintergrund ist die vermutete Umgehung von Sanktionen durch eine nicht offizielle russische Handelsflotte und deren Transporte unter anderem von russischem Öl. Zu den größten Abnehmern dieses Öls gehört Indien, China und die Türkei, berichten Analysten des Kiev School of Economics (KSE Institute).
Das gemeinsame Vorgehen beschlossen Vertreter von Dänemark, Deutschland, Estland, Finnland, Großbritannien, Island, Lettland, Litauen, die Niederlande, Norwegen, Polen und Schweden am Montag in der estnischen Hauptstadt Tallinn, wie die Regierung des baltischen Landes mitteilte. Dafür sollen die zuständigen Behörden aus Dänemark, Estland, Finnland, Großbritannien, Polen und Schweden von verdächtigen Schiffen bei der Durchfahrt Nachweise über die Versicherung verlangen. Über diese Tanker und Frachter sollen alle zwölf beteiligten Staaten Daten austauschen.
Bislang werden die verdächtigen Schiffe zwar zum Teil von Kriegsschiffen der Anrainerstaaten, vor allem in der Ostsee, beschattet. Konkrete Maßnahmen werden aber selten ergriffen, obwohl die Befürchtung besteht, dass insbesondere Tanker dieser Schattenflotte aufgrund ihres Alters und der fehlenden Versicherung ein Umweltrisiko darstellen.
Für Russlands Staatsbudget – und damit die Kriegskasse – ist der Verkauf des Öls entscheidend. Öl und Gas füllen die Kasse zu mehr als 31 Prozent, der Anteil war in den vergangenen beiden Jahren leicht gestiegen. Russland verkauft das Öl für etwas mehr als 60 US-Dollar pro Barrel und liegt damit zwar über der 60-Dollar-Preisbremse, aber deutlich unter dem Weltmarktpreis. Erst vergangene Woche hat der russische Öl-Riese Rosneft laut einem Reuters-Bericht den größten Öl-Deal der indisch-russischen Geschichte vereinbart. tw/vf
Bloomberg: Putin’s Loss in Syria Exposes Western Failures. In der Ukraine und in Syrien nutzen die Feinde des Westens seine Unentschlossenheit, schreibt Journalist Martin Ivens. Die Grenze zwischen sorgfältiger Überlegung und chronischem Wankelmut sei schmal. Sowohl Obama als auch Merkel hätten sie überschritten. “Heute zahlt der Westen den Preis für diese Politik.”
Kyiv Independent: Why Chechnya remains vital for survival of Putin’s regime. 30 Jahre nach Beginn des Ersten Tschetschenienkrieges ist die nunmehr kremlfreundliche Republik zu einem Staat im Staate geworden, der Brutalität exportiert und Kritiker der Regimes Kadyrows und Putins zum Schweigen bringt. Der Familie Kadyrow ist es gelungen, eine Privatarmee von 70.000 tschetschenischen Kämpfern aufzustellen.
Die Zeit: Kurden in Syrien – Am Ende hängt alles an Washington. Nach dem Sturz des syrischen Diktators Assad werden nun die Kurden im Nordosten des Landes angegriffen. Die türkische Luftwaffe greift die Stadt Kobane an. Die Syrische Nationale Armee hat die Stadt Manbij unter ihre Kontrolle gebracht. Ihre letzte Lebensversicherung sind die in der Region stationierten US-Truppen.
Foreign Affairs: Democrats Need a Foreign Policy That Can Work – and Win. Ben Rhodes, der ehemalige sicherheitspolitische Berater von Barack Obama, fordert die Demokratische Partei zu einem Richtungswechsel auf. Sie müsse eine Vision für eine globale Ordnung entwickeln, welche die Bedürfnisse der Mehrheit der Weltbevölkerung berücksichtigt.
The Washington Post: Drones swarm Kyiv every night. These volunteers shoot them down. In den letzten zwei Monaten hat Russland seine Luftangriffe auf Kyjiw und andere Großstädte dramatisch verstärkt. Immer mehr iranischer Shahed-Drohnen setzt die russische Armee dabei ein. Gegen die langsam und niedrig fliegenden Objekte setzen ukrainische Freiwillige schwere Maschinengewehre ein.
Egal, wer die nächste Bundesregierung anführt, hat großes Eigeninteresse daran, Sicherheit nicht gegen andere Investitionen abzuwägen. Die Gründung einer neuen Weltbank wäre das marktwirtschaftliche Instrument der großen strategischen Antwort des Westens.
Nur 23 der 32 Nato-Mitgliedstaaten erreichen 2024 Zwei-Prozent-Ziel – ein Defizit von rund 45 Milliarden Dollar. Kaufkraftbereinigt liegt das kumulierte Nato-Budget von 1,47 Billionen Dollar daher nur auf dem Niveau von 2002. Ausrüstungsupgrades, Schutz kritischer Infrastruktur, Ukraine-Hilfen, multinationale Operationen und grüne Technologien erhöhen den Bedarf auf mindestens 535 Milliarden Dollar.
Während Militärausgaben in Russland und China relativ ansteigen, priorisieren viele Nato-Staaten Gesundheitswesen, Bildung und Infrastruktur über Verteidigungsausgaben. Eine Trendwende gilt laut einem jüngst veröffentlichten Atlantic Council-Strategiepapier als unwahrscheinlich, denn fast 70 Prozent der Nato-Staaten verfügen nicht über günstige Kreditbedingungen (AAA-Bonität), um den Finanzierungsbedarf an Kapitalmärkten zu decken. Potenzielle Frontländer wie Estland, Ungarn, Litauen, Polen und Rumänien zahlen über fünf Prozent Zinsen für zehnjährige Anleihen. Dazu kommen Compliance-Risiken, die private Verteidigungs- und Dual-Use-Investments massiv einschränken.
Die zuletzt in der EU diskutierte 500-Milliarden-Euro-Insellösung verkennt jedoch strukturelle Lieferkettenprobleme. Angegangen werden sie aber von einem neuen Plan aus der Feder von Rob Murray, ehemaliger Head of Innovation der Nato und Entwickler von Nato Innovation Fund und Nato DIANA.
Der Murray-Plan schlägt eine neue Weltbank für Verteidigung, Sicherheit und Resilienz vor, die Nachfrage- und Angebotsprobleme löst:
Für die AAA-Bonität wäre eine Kapitalspritze von acht Milliarden Dollar, aufgeteilt unter den Mitgliedstaaten und über vier Jahre gestreckt, ausreichend. Kreditkriterien fördern Interoperabilität und EU-Standards, Drittinvestitionen stärken die Kapitalbasis. Unterzeichnet werden könnte die Charta zur Gründung der Rechtsperson vom Joint Expeditionary Force – zehn kreditwürdigen Ländern. Neben den USA und indopazifischen Ländern wie Japan wäre auch Deutschland ein möglicher Gründungspartner.
Said D. Werner ist Innovationsforscher an der Sloan School of Management des Massachusetts Institute of Technology (MIT) und Affiliate Director des MIT Murray Lab for Deep Tech & Geopolitics. In Deutschland arbeitet er als unabhängiger Strategieberater für Angehörige von Bundes- und Landesregierungen, Stiftungen, Unternehmen und politischen Parteien.
Wenn man so will, ist Wolfgang Gammel der Praktiker unter den KI-Nerds bei Helsing. Einer, der nicht nur hochfliegt, sondern gern auch die Füße am Boden hat. Und vielleicht ist er deshalb genau der Richtige für die hochfliegenden Pläne des Münchner Softwareunternehmens. Gerade erst stellte Helsing seine neue KI-gestützte Kampfdrohne vor, deren Massenproduktion im nächsten Jahr beginnen soll. 4000 der Kamikaze-Drohnen gehen in die Ukraine, ein “wichtiger Meilenstein auf Helsings Mission zur Stärkung der Sicherheit von Demokratien weltweit”.
Der neue Managing Director, seit November im Amt, muss das natürlich gut finden und sagt dann in seinem gemütlichen Bairisch: “Ambitionen musst Du schon haben.” Aber bei Gammel kommen sie eher bescheiden daher. Er wolle noch “etwas bewegen” erklärt der 51-Jährige seinen Wechsel von einem weltweit operierenden Rüstungskonzern zu einem boomenden Start-up. Nach verschiedenen Führungspositionen bei Airbus bringt er die Bodenständigkeit mit: “Zwanzig Jahre Erfahrung mit Partnern und Politikern.”
Wie so viele im boomenden Tech-Defense Cluster rund um München war auch Gammel bei der Bundeswehr. Der gebürtige Regensburger geht 1993 als Zeitsoldat zur Luftwaffe, wird schließlich Leiter der Triebwerksinstandsetzung beim Lufttransportgeschwader 61 auf dem Fliegerhorst Landsberg. Das Geschwader ist mittlerweile Geschichte. Gammel aber bleibt als Reserveoffizier der Bundeswehr treu. Erst im Sommer hat er seine letzte Wehrübung im Landeskommando Bayern absolviert. “Ich will wissen, wie die Bundeswehr tickt.”
Nach seinem Studium der Produktionstechnik an der Uni Bremen geht Gammel wieder zurück nach Bayern. Schon als Soldat haben es ihm die großen Flugzeuge angetan. Erst die Transall C-160, bei Airbus Defence and Space, dann der Eurofighter, dessen Gesamtproduktionsleitung er 2009 übernimmt. Bei aller Bodenständigkeit zieht es den jungen Manager aber für eine paar Jahre ins Ausland. “Horizont erweitern”, nennt er es nüchtern.
Der Aufenthalt an der National Defense University in Washington, wo er als Vertreter der Industrie neben amerikanischen und internationalen Soldaten studiert, sei ganz entscheidend gewesen. Während 2012 noch viele in Deutschland mit dem Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan hadern, habe er von Amerikanern ganz andere Worte gehört: “Ihr könnt doch mehr, warum traut ihr euch nicht mehr?”
Nach draußen blicken, aber die Bodenhaftung nicht verlieren, ein passendes Motto für Gammels weitere Karriere. Nach seiner Rückkehr aus den USA und einem Jahr bei der Airbus-Gruppe in Frankreich wird der Eurofighter sein großes Thema. Als Leiter des operativen Geschäfts der Eurofighter GmbH lernt er Helsing kennen. Das junge Unternehmen soll gemeinsam mit anderen fünfzehn Kampfflugzeuge der Bundeswehr bis 2028 für die “elektronische Kampfführung” fit machen.
Nun ist Gammel selbst Teil des Helsing-Teams. Beim Upgrade für die “Elektronische Kampfführung” kooperiert Helsing mit dem schwedischen Rüstungsunternehmen Saab, das sich bei Helsing schon mit 75 Millionen eingekauft hat. Auch Saab kennt Gammel, denn die Schweden liefern seit Ende der 1990er Jahre die Radargeräte für den Tornado.
Aber es sind nicht die Telefonnummern und zwei Jahrzehnte Erfahrung allein, die Gammel für seinen neuen Arbeitgeber interessant machen. Vielleicht ist es auch der ruhige Ton des Niederbayern, der den kometenhaften Aufstieg des drei Jahre alten Softwareunternehmens ein wenig nüchtern begleitet. Und so ist es folgerichtig, dass nicht der Gründer Gundbert Scherf, wie üblich, diese Woche ins Forum Verteidigung und Sicherheit des Bundesverbandes der Deutschen Luft- und Raumfahrtindustrie geschickt wurde, sondern – Wolfgang Gammel. Nana Brink
Wolfgang Büchele ist neuer Vorsitzender des Verwaltungsrats beim Panzerbauer KNDS. Die Holding, bestehend aus KNDS Deutschland und KNDS Frankreich und mit Sitz in den Niederlanden, teilte mit, dass die Neubesetzung sich aus dem Ende der regulären vierjährigen Amtszeit des Verwaltungsrats ergebe. Büchele folgt damit auf Philippe Petitcolin, der aber im Gremium bleibt. Neu in den Verwaltungsrat berufen wurde zudem Ingrid Jägering.
Zuvor hatte der Konzern verkündet, dass der Franzose Jean-Paul Alary als Geschäftsführer auf den Deutschen Frank Haun folgt, der in den Ruhestand tritt. Bis Alary in das Unternehmen eingetreten ist, werde Philippe Balducchi die Funktion des CEO im operativen Geschäft und im Verwaltungsrat zusätzlich zu seiner Aufgabe als Group CFO übernehmen, so KNDS. Alary kommt als CEO von Safran und tritt seine neue Position zum 1. April 2025 an. bub
Der deutsche EU-Diplomat Michael Ohnmacht ist von der EU-Außenbeauftragten Kaja Kallas nach Damaskus entsandt worden. Dort solle er Kommunikationskanäle zu den neuen Machthabern rund um Ahmed al-Scharaa, den Anführer der Islamistenmiliz Hajat Tahrir al-Sham (HTS), aufnehmen. Ohnmacht leitete die Delegation der Europäischen Union in Syrien seit September – bis zum Sturz Baschar al-Assads allerdings von Beirut aus. Der 54 Jahre alte Diplomat steht seit 1998 in Diensten des Auswärtigen Amts und bekleidete Posten unter anderem in Ramallah, Beirut, Paris, Riad und zuletzt als Botschafter in Libyen. mb
Anke Rehlinger, Ministerpräsidentin des Saarlandes, ist neue stellvertretende Vorsitzende der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung (FES). Sie folgt auf Daniela Kolbe. Im Amt bestätigt wurden auf der Jahreshauptversammlung der Stiftung am Montag der Vorsitzende Martin Schulz, sowie sein Stellvertreter Reiner Hoffmann. Auch Sabine Fandrych ist erneut zum geschäftsführenden Vorstandsmitglied gewählt worden. Die FES feiert im kommenden März ihr 100-jähriges Bestehen. vf
Richard Grenell soll unter US-Präsident Donald Trump den Posten eines Sondergesandten erhalten. “Ric wird an einigen der heißesten Brennpunkte der Welt arbeiten, darunter Venezuela und Nordkorea”, schrieb Trump auf seiner Social-Media-Plattform Truth Social. Er solle sich für “Frieden durch Stärke einsetzen”, mit Amerika an erster Stelle.
Grenell hatte sich zuletzt wohl auch Hoffnungen gemacht, US-Außenminister zu werden, diese Nominierung erhielt aber Marco Rubio. In Trumps erster Amtszeit war Grenell Botschafter in Deutschland und hatte in dieser Funktion stark polarisiert, als er die Bundesregierung für ihre Politik offen kritisierte. ds