Table.Briefing: Security

Georgien auf Abwegen + Rekorde bei Waffenexporten + Neuer CEO.Table

Liebe Leserin, lieber Leser,

in diesem Jahr lesen Sie heute den letzten regulären Security.Table, ehe unser erstes Briefing 2025 Sie am Freitag, 3. Januar, wie gewohnt mit News und Analysen zu Außen- und Sicherheitspolitik, Verteidigungsindustrie und Geostrategie versorgt. Zwischen den Jahren können Sie sich über das kostenlose Briefing 100 Headlines auf dem Laufenden halten; zudem erscheint auch der Podcast Table.Today unserer Chefredakteure Michael Bröcker und Helene Bubrowski.

An dieser Stelle möchte ich Ihnen noch das neue Executive Briefing für CEOs, den CEO.Table, empfehlen. Vom morgigen Samstag an, 6 Uhr, geht es los – Informationen über das neueste kostenlose Table.Briefings-Angebot erhalten Sie hier. Wenn Sie den CEO.Table nicht erhalten möchten, können Sie sich hier abmelden.

Ihnen an dieser Stelle Dank für Ihre Treue in einem weltpolitisch bewegten Jahr. Der Sturz der Diktatur in Damaskus nach fünfzig Jahren Folterherrschaft verspricht zumindest ein wenig Hoffnung in einer Region der Welt, der es zuletzt leider nicht nur daran mangelte.

Frohe Weihnachtstage und gute Wünsche für ein friedlicheres 2025,

Ihr
Markus Bickel
Bild von Markus  Bickel

Analyse

Geopolitik: Wie Georgien sich von China abhängig macht

Eine chinesische Baufirma in Georgien, aufgenommen im Oktober 2024.

Seit Monaten nähert sich Georgien politisch immer mehr Russland an. Ende November hatte Ministerpräsident Irakli Kobachidse angekündigt, die EU-Beitrittsverhandlungen bis zur nächsten Parlamentswahl 2028 auszusetzen und keine Haushaltszuschüsse von der EU mehr anzunehmen. Tausende Georgierinnen und Georgier, darunter viele Unternehmer, protestieren seither täglich, denn sie fürchten eine vollständige Abkehr ihrer Regierung von der EU, ihrem größten Handelspartner. Die EU hat Georgien von 2021 bis 2024 mit Mitteln in Höhe von 340 Millionen Euro unterstützt. 

Strategisch will sich Tiflis aber vom nördlichen Nachbarn lösen, der seit dem Angriff auf Südossetien 2008 rund 20 Prozent georgischen Gebiets besetzt hält. Georgien baut stattdessen die wirtschaftlichen Beziehungen zu China weiter aus – zum Nachteil für georgische und ausländische Investoren und Unternehmen.

China investiert noch wenig

In einer im Juli 2023 geschlossenen strategischen Partnerschaftsvereinbarung zwischen Tiflis und Peking heißt es etwa, Georgien begrüße die Belt and Road Initiative Chinas. Gegenseitige Investitionen, Handel und die Zusammenarbeit sollen erleichtert werden in fast allen kritischen Bereichen: Transport, Kommunikation, Entwicklung und Stärkung des Mittleren Korridors, digitale Technologien, Ausbau des Eisenbahnnetzes, Wasserressourcen, Umweltschutz sowie die Nutzung der Transitinfrastruktur Georgiens für den reibungslosen Export chinesischer Produkte in westliche Märkte. Im Gegenzug bekommt Georgien günstige Kredite von chinesischen Banken. Eine Politik, wie sie China auch in Afrika und Zentralasien fährt.

Doch die Investitionssummen Chinas in Georgien bleiben niedrig, sind sogar gesunken seit dem Abschluss der Vereinbarung. Nach Angaben des National Statistics Office of Georgia betrugen die direkten Investitionen Chinas in Georgien im Jahr 2023 gerade einmal knapp 100 Millionen US-Dollar. Zum Vergleich: Großbritannien investierte im gleichen Zeitraum knapp unter 400 Millionen US-Dollar, die Niederlande 386 Millionen US-Dollar. Die Zahlen für 2024 liegen noch nicht vollständig vor – im ersten Quartal 2024 investierte China gerade einmal 14 Millionen US-Dollar, im gleichen Zeitraum 2023 waren es mehr als 32 Millionen US-Dollar.

Sicherheitsrelevante Infrastruktur in chinesischer Hand

Trotzdem geht bereits seit 2016 fast jeder öffentlich ausgeschriebene und von der Regierung bezahlte Großauftrag unter fragwürdigen Umständen an chinesische Unternehmen und Konsortien. Darunter essenzielle Projekte wie der Bau wichtiger Hauptverkehrsstraßen, Tunnel und Brücken, sensible Überwachungstechnik wie Scanner am Flughafen oder in offiziellen Gebäuden oder die Stromverteilernetztechnik.

Mit China Communication Construction Company Limited (CCCC) und China Harbor Investment hat im Sommer ein umstrittenes chinesisch-singapurisches Konsortium den Zuschlag für den Bau des Tiefseehafens in Anaklia am Schwarzen Meer erhalten. Zu 51 Prozent soll der Hafen in staatlichem Besitz sein, zu 49 Prozent in ausländischer Hand. Hauptsächlich wird er China ermöglichen, seine Waren unter Umgehung Russlands nach Europa zu bringen.

Sicherheitspolitisch kritischer ist, dass neben Russland damit auch China in der Schwarzmeer-Region präsent sein wird. Nur wenige Kilometer nördlich plant Russland in Otschamtschire einen neuen Marinehafen. Seit dem russischen Einmarsch in die Ukraine hat die Nato diese Region als strategisch wichtiges Gebiet für sich erkannt. Ein Hafen dieser Wichtigkeit in chinesischer Hand schwächt die Position der Nato.

Georgiens Unternehmen profitieren nicht

Georgien stelle sich divers zwischen Russland, der EU und China auf, sagen die einen, Georgien mache sich abhängig, die Kritiker. Zu den lautesten gehört Tinatin Chidascheli, Vorsitzende des regierungs- und China-kritischen Thinktanks Civic Idea und ehemalige Verteidigungsministerin Georgiens. Russland sei zwar aktuell das bestimmende Sicherheitsproblem, sagt Chidascheli. Georgien sei aber ein vollkommener “Sklave Pekings”.

Die Frage sei, wo das Land in 50 oder 100 Jahren sein soll, sagt Chidascheli. “Ich sehe Georgien in der Europäischen Union. Aber das Problem, das wir mit China haben, und solange diese Regierung im Amt bleibt, wird das weiter anhalten, ist die Dominanz der chinesischen Firmen auf dem georgischen Markt der staatlichen Beschaffungen.”

Chinesische Firmen missachten Auflagen

In Georgien selbst profitiere kaum jemand von diesen Projekten, sagt Chidascheli. Die chinesischen Firmen brächten eigene Arbeiter aus Zentralasien, Geräte und Baumaterialien selbst mit. Die Folge: Westliche Firmen ziehen sich zunehmend aus Georgien zurück. So hatte Heidelberg Materials, der größte deutsche Investor in Georgien, 2023 seine Anteile an einem georgischen Joint Venture verkauft. Auch seien kaum mehr europäische oder US-amerikanische Bieter bei öffentlichen Ausschreibungen zu finden, sagt Chiadascheli.

Recherchen lokaler Medien und des Thinktanks Civic Idea zeigen außerdem, dass die chinesischen Firmen nur wenig auf den Schutz vor Arbeitern oder Umwelt achten. Trotz gesetzlicher Bestimmungen werden nicht ausreichende Umweltverträglichkeitsstudien veranlasst. So kommt es regelmäßig zu Unfällen, Erdrutsche, verursacht durch die Bauarbeiten im bergigen Terrain, begraben Mensch und neu gebaute Straßen.

  • China
  • EU-Beitritt
  • Georgien
  • Nato
  • Wirtschaft
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Tödliche Wahrheitssuche: Welche Gefahren Medienschaffenden in Krisengebieten drohen    

Für Medienschaffende hat nach dem 7. Oktober 2023 der tödlichste Krieg des 21. Jahrhunderts begonnen. Seitdem wurden im Zusammenhang mit ihrer Arbeit 35 Reporterinnen und Reporter in Gaza getötet. In der Jahresbilanz zur Pressefreiheit 2024 nennt Reporter ohne Grenzen mehr als 145 Tote in dem Gebiet, wenn auch Journalistinnen und Journalisten einbezogen werden, die außerhalb ihrer Arbeit gewaltsam ums Leben kamen. Insgesamt zählte die Organisation in diesem Jahr weltweit 54 Journalistinnen und Journalisten und zwei weitere Beschäftigte von Medien, die wegen der Ausübung ihrer Tätigkeit ermordet wurden. 

Eine genaue Zahl von Todesopfer zu ermitteln ist schwierig, vor allem bei der Berichterstattung aus Gaza. Dort spielt Bürgerjournalismus eine wichtige Rolle – viele Informationen werden über soziale Medien verbreitet. Aus diesem Grund betrachtet die Organisation jeden Fall einzeln und nimmt nicht nur angestellte Medienschaffende in ihre Statistik auf, berichtet Christopher Resch, Nah-Ost Experte bei Reporter ohne Grenzen, in einem Gespräch mit Table.Briefings.

Jederzeit unter Beschussgefahr

Auch in der Ukraine sind Medienschaffende nicht nur an der Front, sondern im gesamten Land in ständiger Gefahr. Erst Ende August starb Ryan Evans, der für Reuters als Sicherheitsberater tätig war, beim Beschuss des Hotels Sapphire in der ostukrainischen Stadt Kramatorsk. Das Hotel nutzten viele Medienschaffende oft. Nach Zählungen von Reportern ohne Grenzen wurden seit 2014 24 Medienschaffende in der Ukraine im Zusammenhang mit ihrer Arbeit getötet. Denis Trubetskoy, Table.Media-Korrespondent in Kyjiw, sagt: “Im Endeffekt muss man in diesem Land auch als jeder Zivilist, nicht nur als Journalist, damit rechnen, dass jederzeit, überall eine russische Rakete einschlagen kann.”    

Die Unkalkulierbarkeit des russischen Beschusses erschwert die journalistische Arbeit zusätzlich. Denn die Kolleginnen und Kollegen müssen mit Stromausfällen und fehlendem Internet umgehen. In einem Gespräch mit Table.Briefings berichtet Trubetskoy von Tagen mit siebenstündigen Stromausfällen – Bedingungen, die Auswirkungen auf seine Arbeit haben. Hierbei ist eine richtige Ausstattung, durch unter anderem Ladegeräte und WLAN-Verbindungen, die über mehrere Stunden ohne Strom funktionieren können, essenziell. Trotz einer guten Vorbereitung ist das Pendeln in andere Stadtteile oder Regionen unausweichlich

Wenn es zu einem Luftalarm kommt, so der Journalist, sei es unmöglich, bei jedem einzelnen seine Arbeit abzubrechen, um einen Luftschutzkeller aufzusuchen. Bei der Entscheidung, ob das Aufsuchen eines Luftschutzkellers lebensnotwendig ist, muss Trubetskoy auf externe Informationen vertrauen. Kyjiw profitiere zwar von einer besseren Luftverteidigung als andere ukrainische Städte, die Schwere des Beschusses könne jedoch nicht immer im Voraus abgeschätzt werden.

Gefahren auch außerhalb von Kriegsgebieten   

Neben andauernden Kriegen und Konflikten kann auch die politische Lage innerhalb eines Landes die freie Berichterstattung einschränken. Ein Beispiel hierfür ist Russland, welches sich auf Platz 162 von 180 auf der Rangliste der Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen befindet. Schon vor dem Beginn des Angriffskrieges gegen die Ukraine nahm der Kreml erheblichen Einfluss auf die Medienlandschaft und verbreitete so seine Propaganda. Unabhängige und regierungskritische Medien werden überwiegend zensiert – Medienschaffende stehen unter Lebensgefahr und sehen sich häufig gezwungen, das Land zu verlassen. Momentan befinden sich 31 Journalistinnen und Journalisten wegen ihrer Arbeit in russischer Haft.  

In Mexiko ist die freie Berichterstattung nicht nur durch die Regierung, sondern zusätzlich durch die Macht von Organsiertem Verbrechen im Land eingeschränkt. Seit 2000 wurden nach dem Komitee zum Schutz von Journalisten über 140 Medienmitarbeiter umgebracht. Damit gehört es zu den gefährlichsten Ländern für Medienschaffende außerhalb von Kriegsgebieten. Erst im August dieses Jahres wurde Alejandro Alfredo Martínez Noguez, der Gründer des Mediums El Hijo del Llanero Solititito, ermordet. Er ist nicht der erste Journalist, der in Mexiko trotz Polizeischutz getötet wurde – die Zahl belief sich in den letzten sieben Jahren auf mindestens acht.   

Drohnen steigern das Risiko

Christopher Resch von Reporter ohne Grenzen sieht in der heutigen Kriegsberichterstattung keine wesentlichen Unterschiede im Vergleich zu früheren. Einen großen Unterschied sieht er jedoch in der heutigen Kriegsführung und den damit eingehenden neuen Gefahren für Medienschaffende. Einen wichtigen Faktor stellen hierbei Drohnen dar. Die israelische Armee setzt sie ein, die russische und auch die ukrainische. Durch die Steuerung aus größerer Distanz und die Auswahl von Zielen durch künstliche Intelligenz kommt es zu einer Entmenschlichung der Opfer: “je größer die Distanz ist, sowohl die menschliche als auch die räumliche, desto gefährlicher wird es”, so Resch. 

  • Drohnen
  • Künstliche Intelligenz
  • Mexiko
  • Nahost
  • Ukraine-Krieg

News

Rüstungsexporte an die Türkei: Syrische Kurden fordern Bundesregierung zu Lieferstopp auf

Die Rüstungsexportpolitik der Bundesregierung gegenüber der Türkei stößt zunehmend auf Kritik. Vor der Türkei-Reise von Außenministerin Annalena Baerbock am heutigen Freitag sagte die Außenministerin der Selbstverwaltung von Nord- und Ostsyrien (NOS), Elham Ahmed, zu Table.Briefings: “Wir fordern, dass Deutschland seine Waffenexporte in die Türkei stoppt.” Auch die außenpolitische Sprecherin der BSW-Bundestagsgruppe, Sevim Dağdelen, warnte davor, die Türkei weiter mit Waffen auszustatten. Die Bundesregierung sei so “mitverantwortlich für die völkerrechtswidrigen Angriffe des Nato-Mitglieds Türkei und seiner Verbündeten in Syrien”, so Dağdelen.

Nach Jahren der Zurückhaltung hatte Berlin zuletzt einen Kurswechsel gegenüber Ankara eingeleitet. Der türkische Verteidigungsminister Yaşar Güler hatte im November gesagt, dass Deutschland sein Veto gegen den Verkauf von 40 Eurofightern an Ankara aufgegeben habe. Zuvor hatte sich Bundeskanzler Olaf Scholz bei seinem Besuch in Istanbul im Oktober für die Lieferung offen gezeigt. Am Mittwoch sagte Verteidigungsminister Boris Pistorius auf die Frage von Table.Briefings, ob er bestätigen könne, dass Eurofighter-Kampfjets in die Türkei geliefert werden: “Nein, das kann ich nicht bestätigen und das, was der Bundeskanzler gesagt hat, trifft zu.” Pistorius reist im Januar zu politischen Gesprächen in die Türkei.

Nur maritime Güter sollen geliefert werden

Die öffentlichen Äußerungen der Bundesregierung ermuntern also zum Interpretieren. Die Staatsministerin im Auswärtigen Amt, Katja Keul, antwortete am Mittwoch im Bundestag auf eine Frage Dağdelens, dass völkerrechtswidriges Verhalten bei Rüstungsexporten berücksichtigt werde, was man im Falle der Türkei daran sehen könne, “dass hier nur maritime Rüstungsgüter genehmigt worden sind und nichts anderes”.

Dağdelen bestritt gegenüber Table.Briefings diese Darstellung: “Die Bundesregierung lässt die Türkei mit deutschen Waffen in Rekordhöhe beliefern, keineswegs, wie sie selbst gern kolportiert, nur für den maritimen Bedarf.” Deutschland hatte seit dem Putschversuch 2016 in der Türkei keine Rüstungsexporte in großem Umfang mehr erlaubt und seit dem türkischen Einmarsch in Nordsyrien 2018 nur noch wenige genehmigt. Die deutschen Lieferungen an die Türkei beinhalten neben Torpedos und Lenkflugkörpern vor allem Bauteile für U-Boote. Laut vorläufigen Zahlen des Wirtschaftsministeriums genehmigte die Bundesregierung 2024 Rüstungsexporte in die Türkei in Höhe von mehr als 230 Millionen Euro.

Syrische Kurden verlangen dauerhafte Präsenz von USA

Baerbock kündigte vor ihrer Reise in die Türkei an, sich deutlich für eine Teilhabe aller Bevölkerungsgruppen in Syrien einzusetzen. Die Außenministerin der NOS, Elham Ahmed, fordert ebenfalls “eine pluralistische und alle Elemente der syrischen Gesellschaft einschließende Regierungs- und Staatsform” – und “militärische Unterstützung” gegen einen Angriff syrischer Verbündeter der Türkei wie die Syrischen Nationale Armee (SNA) auf das kurdische Gebiet. Dafür sei ein Verbleib der 900 US-Soldaten auf syrischem Boden auch in der Zukunft unabdingbar. Dağdelen kritisierte Baerbocks Achtpunkteplan als “Dokument der doppelten Standards” und sagte, die rasche Anerkennung der islamistischen Machthaber um Ahmed al-Scharaa von Hajat Tahri al-Schams (HTS) sei voreilig: “Zwölf Jahre lang verweigerte sich die Bundesregierung diplomatischer Beziehungen zu Assad, binnen Tagen will man jetzt Beziehungen zu den HTS-Machthabern – Leute, die auf der UN-Terrorliste stehen.” bub/mrb

  • Boris Pistorius
  • Rüstungsexporte
  • Türkei

Rüstungsexporte: Neuer Rekordverkauf von Kriegswaffen

Die Bundesregierung hat im Jahr 2024 Rüstungsexporte im Wert von rund 13,2 Milliarden Euro genehmigt, ein neuer Höchstwert. Schon im vergangenen Jahr wurde mit Genehmigungen im Wert von 12,2 Milliarden Euro ein Rekordwert erreicht.

Das Wirtschaftsministerium verweist dabei auf den Krieg in der Ukraine. Das von Russland angegriffene Land hat in diesem Jahr laut den vorläufigen Zahlen 62 Prozent aller Ausfuhren im Wert von rund 8,1 Milliarden Euro erhalten. “Die Zahl unterstreicht, dass wir weiterhin fest an der Seite der Ukraine in ihrer Verteidigung gegen den russischen Angriffskrieg stehen”, erklärte Staatssekretär Bernhard Kluttig und betonte, die Zahlen zeigten, dass die Bundesregierung an ihrer “restriktiven Rüstungsexportpolitik mit hohen Prüfstandards” festhalte.

Mangelnde Transparenz und Exporte nach Israel

Fast gleichzeitig haben die beiden großen Kirchen ihre Jahresberichte zum Thema vorgestellt und der Bundesregierung unter anderem mangelnde Transparenz vorgeworfen. Karl Jüsten, der katholische Vorsitzende der Gemeinsamen Konferenz Kirche und Entwicklung (GKKE) plädierte außerdem dafür “keine Rüstungsexporte nach Israel zu genehmigen, wenn ein hinreichender Verdacht besteht, dass die Rüstungsgüter zu schweren Verstößen gegen das humanitäre Völkerrecht benutzt werden”. 

Israel ist unter den Top 10-Empfängerländern deutscher Rüstungsgüter, 2024 wurden Ausfuhrgenehmigungen in Höhe von rund 161 Millionen Euro erteilt. Singapur ist nach der Ukraine mit Waren im Wert von 1,2 Milliarden Euro zweitwichtigster Empfänger, gefolgt von Algerien (559 Millionen), USA (298,5 Millionen Euro), Türkei (230,9 Millionen Euro) und Indien (224,0 Millionen Euro). Der Gesamtwert von 13,2 Milliarden Euro setzt sich zusammen aus 8,1 Milliarden Euro für Kriegswaffen und rund 5,1 Milliarden Euro für sonstige Rüstungsgüter. wp

  • Rüstungsexporte
  • Ukraine

Rekordzahl an gebilligten Rüstungsprojekten: Grundsatzentscheidungen für die Truppe

Mit der Rekordzahl von 38 gebilligten Rüstungsprojekten für die Bundeswehr haben die ehemaligen Ampel-Koalitionspartner zusammen mit der Unions-Opposition diese Woche langfristige Vorhaben der Streitkräfte auf den Weg gebracht. Damit soll verhindert werden, dass Beschaffungsprojekte durch die vorgezogenen Neuwahlen liegen bleiben.

Die Projekte haben einen Finanzumfang von rund 21 Milliarden Euro, die allerdings zum größten Teil erst in den kommenden Jahren fällig werden. Entscheidend für die Truppe sind dabei Grundsatzentscheidungen für Waffensysteme, auch wenn sie erst im nächsten Jahrzehnt nutzbar werden.

Kritik an Priorisierung der Marine

Davon profitierte vor allem die Marine: Mit der Billigung im Haushaltsausschuss des Bundestages am Mittwoch können die Arbeiten für die neue Luftverteidigungsfregatte F127 sowie weitere U-Boote der gemeinsam mit Norwegen entwickelten Klasse U212 CD fortgesetzt werden. Von 2032 an sollen sie geliefert werden. Das System IDAS zum Verschuss von Lenkflugkörpern aus U-Booten steht seit Jahren auf dem Plan der Marine, wurde bislang aber nie finanziert.

Angesichts der Milliardeninvestitionen für die Marine, hatte es vor der Parlamentsentscheidung Kritik gegeben: Für das Heer werde zu wenig vorgesehen. In der Tat fehlen wichtige Projekte der Landstreitkräfte wie die geplante Radhaubitze oder moderne Mörsersysteme. Allerdings billigten die Haushälter die Beschaffung von Raketenwerfern, die auf dem PULS-System der israelischen Firma Elbit beruhen – damit ist eine Richtungsentscheidung für die künftige Ausstattung des Heeres mit Raketenartillerie getroffen.

Zwei Milliarden für Integration von Funkgeräten

Ebenfalls wichtig für die Landstreitkräfte ist die nun eingeleitete Integration moderner digitaler Funkgeräte in die vorhandenen Gefechts- und Transportfahrzeuge. Für die knapp 10.000 Systeme ist eine Summe von knapp zwei Milliarden Euro vorgesehen – rechnerisch über 200.000 Euro pro Fahrzeug. In den Kosten seien Arbeiten an den Kabelbäumen oder der Energieversorgung enthalten, zudem sei der Aufwand bei einem Kampfpanzer höher als bei einem Lkw, sagte ein Ministeriumssprecher.

Die wesentlichen gebilligten Vorhaben stellt das Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr (BAAINBw) in einzelnen Mitteilungen hier vor. tw

  • BAAINBw
  • Bundeswehr
  • Rüstung

Russland bereitet sich auf Konfrontation mit der Nato vor

Nach fast drei Jahren Krieg fühlt sich der russische Machthaber Wladimir Putin nicht nur in seiner Aggression gegen die Ukraine bestätigt, sondern will sein Land auch auf eine größere Konfrontation mit der Nato vorbereiten. Die “Militärspezialoperation”, wie der Krieg in Russland beschönigend genannt wird, hätte man früher beginnen und sich darauf früher vorbereiten müssen, sagte Putin am Donnerstag öffentlich. Er sprach in der traditionellen TV-Show zum Jahresende. Eine Feuerpause in der Ukraine lehnte Putin ab.

Wichtiger für den Westen dürften Aussagen von Putin und seines Verteidigungsministers Andrej Beloussows von Anfang der Woche sein, als beide vor hochrangigen Offizieren und Befehlshabern der Armee sprachen. Beloussow kündigte dabei nicht nur an, dass eine eigene Truppengattung für “unbemannte Fahrzeuge” aufgebaut wird – Russland setzt also künftig in großem Umfang auf Drohnen aller Art. Die gesamte Armee soll auch auf einen möglichen “militärischen Konflikt mit der Nato im kommenden Jahrzehnt” vorbereitet werden.

Ausgaben für den Krieg steigen

Entgegen früheren Plänen wird das Budget für den Krieg im kommenden Jahr wachsen und – offiziell – mindestens 6,3 Prozent des Bruttoinlandprodukts betragen. So sollen unter anderem die strategischen Raketenstreitkräfte modernisiert werden und erhalten das ballistische Raketensystem “Jars” (RS-24). Insgesamt soll die Wirtschaft weiter auf die Bedürfnisse des Kriegs ausgerichtet werden.

Putin zeigt deutlich, dass er zu einem neuen Kalten Krieg bereit ist. Die EU dagegen ist auffallend zögerlich mit der Hilfe für die Ukraine. Auf dem gestrigen Gipfel in Brüssel gab es keine neuen Hilfszusagen. Bundeskanzler Olaf Scholz forderte die EU-Partner zwar auf, ihre militärische Hilfe für die Ukraine aufzustocken. Der Appell zeigte jedoch keine sichtbare Wirkung. Der ukrainische Staatschef Wolodymyr Selenskyj äußerte nach einer mehrstündigen Aussprache mit den Staats- und Regierungschefs ungewöhnlich offene Kritik. Die EU leiste nicht genug Waffenhilfe, auch bei der Ausbildung ukrainischer Soldaten hinke sie hinterher. vf/ebo    

  • Ausbildung
  • Drohnen
  • Nato
  • Russland
  • Wladimir Putin

Afghanistan-Einsatz: Enquete-Kommission empfiehlt bessere Vernetzung

Die Afghanistan Enquete-Kommission will ihren Abschlussbericht, der den zwanzigjährigen Bundeswehreinsatz in Afghanistan evaluiert, am 27. Januar vorstellen. Man wolle der nächsten Bundesregierung Handreichungen für kommende Einsätze geben. Einsätze in der Größe wie in Afghanistan seien zwar “momentan kaum vorstellbar”, so Derya Türk-Nachbaur, SPD-Obfrau in der Kommission, gleichzeitig sehe man aber, dass “wir weiterhin internationales Krisenmanagement betreiben müssen“.  

Außerdem würden in Afghanistan nach dem Abzug der Bundeswehr pragmatische Ansätze fehlen, um Hilfe zu leisten, sagt Türk-Nachbaur. Der Vorsitzende der Enquete-Kommission, Michael Müller (SPD), sagte, man wolle “dringend noch zu verändernde Verfahrensfragen” empfehlen, zum Beispiel zur besseren Abstimmung “zwischen den Ressorts, aber auch für die Arbeit vor Ort im jeweiligen Einsatzgebiet”.

Empfehlungen für die nächste Regierung

Aus Kreisen der SPD-Fraktion heißt es, man wolle deshalb empfehlen, die Staatssekretärsrunde aufzuwerten und ein ressortübergreifendes Lagezentrum einzurichten. In der kommenden Legislatur solle sich auch ein Unterausschuss mit vernetzten Einsätzen befassen, in dem Abgeordnete diskutieren, deren Ausschüsse für Einsätze relevant sind. Die Entwicklungsarbeit solle man regierungsfern intensivieren und bei Friedensmissionen stärker mit Regionalorganisationen wie der Afrikanischen Union zusammenarbeiten.

Ein gutes Zeichen: In der Kommission habe man festgestellt, dass aus den Einsätzen gelernt worden sei. “Der Truppenabzug in Mali verlief deutlich besser als der in Afghanistan“, sagte Türk-Nachbaur.

Die Enquete-Kommission analysiert anders als der Afghanistan-Untersuchungsausschuss, der nur den Abzug der Bundeswehr betrachtet, den kompletten Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr. Beide Gremein haben durch die vorgezogene Bundestagswahl weniger Zeit, um ihre Abschlussberichte fertigzustellen. bub

  • Afghanistan
  • Afrikanische Union
  • Auslandseinsätze
  • Bundeswehr

EU-Parlament: Unterausschuss Verteidigung wird Vollausschuss

Das Europäische Parlament hat diese Woche für die Aufwertung des Unterausschusses Sicherheit und Verteidigung (Sede) gestimmt. Als vollwertiger Ausschuss werde der Sede “eng mit dem neuen Kommissar für Verteidigung und Raumfahrt, Andrius Kubilius, zusammenarbeiten”, kündigte die Ausschussvorsitzende Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP) bei einer Pressekonferenz nach der Abstimmung an.

In den nächsten Wochen werde es darum gehen, die Strukturen zu schaffen, um den Ausschuss als “treibende Kraft im Bereich Verteidigung zu etablieren”, so die ehemalige Vorsitzende des Verteidigungsausschusses im Deutschen Bundestag.

Sie betonte, dass der Ausschuss “in allen Angelegenheiten” des Europäischen Parlaments eine “vollwertige Rolle spielen wird”. Dabei erwähnte sie explizit auch die Rolle als Gesetzgeber mit Blick auf die European Defence Industrial Strategy – EDIP. Bislang war der Ausschuss für Industrie, Forschung und Energie (ITRE) für die von der Kommission geführten Verteidigungsprogramme verantwortlich. Noch steht die genaue Aufteilung der Kompetenzen nicht fest. Die Zusammensetzung des Ausschusses mit 43 vollwertigen Mitgliedern wird im Januar erfolgen. wp

  • Andrius Kubilius

Must-Reads

SWP: Deutschland und die Zukunft der nuklearen Rüstungskontrolle. Eine neue Studie der SWP analysiert die deutsche Rüstungskontrollpolitik. Das Ergebnis: Deutschland solle an den Plänen für landgestützte Mittelstreckenwaffen festhalten. Berlin solle zudem den Druck auf Moskau erhöhen und dafür die europäische Luftverteidigung stärken.

Sipri: Bias in Military Artificial Intelligence. Wie voreingenommen ist Künstliche Intelligenz im militärischen Einsatz? Dass sie es ist, steht außer Frage. So kann die KI Entscheidungen treffen, die auf rassistischen Annahmen beruhen, falsche Personen als Ziele identifizieren oder humanitären Bedarf falsch einschätzen. Ein Papier, das nachdenklich stimmt.

Kyiv Independent: As US pushes Kyiv to lower draft age, why won’t Ukraine conscript younger men? Die ukrainischen Truppen haben ein hohes Durchschnittsalter: 43 Jahren. US-Politiker fordern nun, die Wehrpflicht auf jüngere Männer auszuweiten. Was das für das Land bedeutet, beleuchtet dieser Artikel.

New York Times: Security Strategy of Recruiting Cheap Militiamen Backfires in Africa. Durch die Bewaffnung schlecht ausgebildeter Zivilisten hat das Militär in Burkina Faso das Land an den Rand eines Bürgerkriegs gedrängt. Auf die Gewährung nahezu völliger Straffreiheit für die Milizen, folgten Berichte von sexueller Gewalt, Rekrutierung von Kindern und Hinrichtungen Unschuldiger.

Guardian: In the end, Syria and Assad became just too toxic – even for Putin. Der Sturz des Assad-Regimes markiert das Ende eines wichtigen Kapitels der russischen Präsenz im Nahen Osten. Dennoch scheint die syrische Übergangsregierung zu Gesprächen mit dem Kreml bereit zu sein. Bleibt Russland in Syrien präsent?

Standpunkt

Wirtschaftssicherheit: Deutschland und Japan müssen Zusammenarbeit stärken

Von Minoru Kiuchi
Minoru Kiuchi ist seit Oktober dieses Jahres Japans Minister für wirtschaftliche Sicherheit.

Japan bekennt sich nach wie vor zu den Grundsätzen einer freien und offenen Wirtschaft. Doch angesichts der zunehmenden Komplexität des internationalen Umfelds und der dynamischen Veränderungen der sozioökonomischen Rahmenbedingungen ist es unerlässlich, potenzielle Risiken zu identifizieren und vorausschauende Maßnahmen zu ergreifen.

Zusammenarbeit zwischen Japan und Deutschland ausbauen

In bestimmten Bereichen der Wirtschaftssicherheit ist staatliches Eingreifen – sei es durch Förderung oder Regulierung – unabdingbar, da sich nicht alle Herausforderungen allein durch Marktmechanismen lösen lassen. Besonders in der aktuellen geopolitischen Lage ist es daher unabdingbar, dass Japan und Deutschland sich im Konsultationsrahmen zur Wirtschaftssicherheit zusammentun, um eine freie und faire internationale Wirtschaftsordnung sicherzustellen.

Denn technologische Fortschritte, Digitalisierung und Globalisierung haben die sozioökonomischen Strukturen grundlegend verändert und die Frage nach Sicherheit um wirtschaftliche Aspekte erweitert. Neue Bedrohungen wie Schwachstellen in Lieferketten, Cyberangriffe auf kritische Infrastrukturen und das Streben nach technologischer Vorherrschaft sind zu zentralen Anliegen der nationalen Sicherheit geworden. Werden diese Herausforderungen nicht adressiert, könnten sie die nationale Stabilität gefährden und die Sicherheit der Bevölkerung beeinträchtigen.

Vor diesem Hintergrund verabschiedete Japan im Mai 2022 das “Gesetz zur Förderung der Wirtschaftssicherheit”, das sich auf vier zentrale Handlungsfelder konzentriert:

  • Erstens die sichere Versorgung mit kritischen Produkten. Wir müssen sicherstellen, dass Japan eine stabile Versorgung mit essenziellen Gütern wie Halbleitern und Batterien hat. Dafür hat die Regierung einen Subventionsfonds in Höhe von über zwei Billionen Yen eingerichtet, um private Unternehmen in diesen Bereichen zu unterstützen.
  • Zweitens setzen wir auf den Schutz kritischer Infrastruktur. Wir müssen sicherstellen, dass die eingesetzten Geräte und Dienstleistungen keine Bedrohung für die Stabilität unserer kritischen Infrastrukturen darstellen.
  • Drittens müssen wir die Entwicklung von Schlüsseltechnologien fördern: Japan unterstützt aktiv Forschung und Entwicklung in sicherheitsrelevanten Technologiebereichen. Hierzu wurden ein spezieller Finanzierungsmechanismus sowie ein Gremium für die Zusammenarbeit zwischen öffentlichem und privatem Sektor ins Leben gerufen.
  • Viertens ist es entscheidend, die Veröffentlichung von Patentanmeldungen einzuschränken: Patentanmeldungen, die die nationale Sicherheit gefährden könnten, werden zurückgehalten.

Sicherer Austausch sensibler Informationen

Darauf aufbauend hat Japan im Mai 2024 das “Gesetz zum Schutz und zur Nutzung kritischer wirtschaftlicher Sicherheitsinformationen” verabschiedet. Es wird den Schutz und den sicheren Austausch sensibler wirtschaftlicher Informationen, insbesondere mit Verbündeten und gleichgesinnten Staaten wie Deutschland, fördern. Mein Ziel als Minister für wirtschaftliche Sicherheit ist es, operationelle Standards zu entwickeln und das Bewusstsein für Informationssicherheit bei ausländischen Regierungen und Unternehmen zu stärken, um die Zusammenarbeit mit diesen Partnern zu intensivieren.

In den letzten Jahren konnten wir vermehrt staatliche Versuche beobachten, politische Entscheidungen in anderen Ländern durch Exportrestriktionen und wirtschaftlichen Druck zu beeinflussen.

Kooperation wirkt

Ein Vorfall im September 2010 verdeutlicht die Problematik: Ein chinesisches Fischerboot operierte illegal in japanischen Hoheitsgewässern in der Nähe der Senkaku-Inseln und kollidierte mit einem Patrouillenschiff der japanischen Küstenwache. Der Kapitän wurde verhaftet, und obwohl China den Zusammenhang bestritt, verzögerte es kurz darauf die Zollabfertigung für seltene Erden. Im März 2012 reichten Japan, die USA und die EU gemeinsam eine Klage bei der WTO ein, da China seit 2006 seine Exportquoten für seltene Erden schrittweise reduziert hatte. Das WTO-Berufungsgremium entschied 2014, dass Chinas Exportbeschränkungen gegen die WTO-Regeln verstießen. Dieser Vorfall unterstreicht die Bedeutung enger Kooperationen mit Verbündeten und gleichgesinnten Staaten im Bereich der Wirtschaftssicherheit.

Ich werde meine umfangreichen diplomatischen Erfahrungen mit Deutschland nutzen, um die Zusammenarbeit im Bereich der Wirtschaftssicherheit weiter zu stärken und auszubauen.

Minoru Kiuchi ist seit Oktober dieses Jahres Japans Minister für wirtschaftliche Sicherheit. Zuvor war er unter anderem als Staatsminister im japanischen Außenministerium und als Abgeordneter im japanischen Unterhaus tätig, erst parteilos, dann für die Liberal Democratic Party (LDP).

  • Batterien
  • Digitalisierung
  • Forschung
  • Japan
  • Kritische Infrastruktur
  • Seltene Erden
  • Wirtschaft
  • wirtschaftliche Sicherheit
  • WTO

Nachtisch

Wir können uns nicht mehr leisten, dass sich nur Professoren und Experten mit der Materie “Krieg” befassen. Das ist die Botschaft des Militäranalysten Franz-Stefan Gady in seinem Buch “Die Rückkehr des Krieges”. Sie ist vor allem gerichtet an ein deutsches Publikum, das nach wie vor mit dem Wort “Krieg” fremdelt.

In klarer Sprache macht Gady Militärtechnik und Taktik zugänglich und verbindet dabei Geschichte mit Gegenwart und Theorie mit Praxis. Ganz nebenbei führt er den Leser in die Gedankenwelt von Clausewitz bis Clark, unterlegt dabei trockene Theorie mit bildhaften Beispielen – und zeichnet ein ungeschöntes Bild der Realität: Gewalt und Tod sind “eine Konstante des Krieges”, schreibt er.

So zerschlägt Gady beispielsweise Hoffnungen, dass Technologie und hybride Kriegsführung die Brutalität von konventionellen Kriegen mindern oder diese gar ganz verhindern könnten. Im Gegenteil, seine These ist: Neue Technologien und technologische Fehleinschätzungen haben genauso das Potenzial Kriege auszulösen, wie strukturelle oder persönliche Fehleinschätzungen. Dabei analysiert er die geopolitische Weltlage vom kommunistischen China bis Trumps Amerika und ihre Bedeutung für Europa. Die Gefahr von Kriegen wird immer größer, ist Gadys Botschaft.

Wer gute Nachrichten sucht, findet sie nicht in “Die Rückkehr des Krieg”. Wer Kriege und warum sie entstehen verstehen will, sollte es jedoch lesen. Eine gute Nachricht gibt es aber doch: Kriege können verhindert werden, indem wir uns auf die Möglichkeit vorbereiten (mit anderen Worten: aufrüsten). wp

Franz-Stefan Gady: Die Rückkehr des Krieges. Quadriga, 368 Seiten, 24 Euro.

Security.Table Redaktion

SECURITY.TABLE REDAKTION

Licenses:
  • von Britta Weppner / Table.Media
Liebe Leserin, lieber Leser,

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An dieser Stelle möchte ich Ihnen noch das neue Executive Briefing für CEOs, den CEO.Table, empfehlen. Vom morgigen Samstag an, 6 Uhr, geht es los – Informationen über das neueste kostenlose Table.Briefings-Angebot erhalten Sie hier. Wenn Sie den CEO.Table nicht erhalten möchten, können Sie sich hier abmelden.

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Frohe Weihnachtstage und gute Wünsche für ein friedlicheres 2025,

Ihr
Markus Bickel
Bild von Markus  Bickel

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Geopolitik: Wie Georgien sich von China abhängig macht

Eine chinesische Baufirma in Georgien, aufgenommen im Oktober 2024.

Seit Monaten nähert sich Georgien politisch immer mehr Russland an. Ende November hatte Ministerpräsident Irakli Kobachidse angekündigt, die EU-Beitrittsverhandlungen bis zur nächsten Parlamentswahl 2028 auszusetzen und keine Haushaltszuschüsse von der EU mehr anzunehmen. Tausende Georgierinnen und Georgier, darunter viele Unternehmer, protestieren seither täglich, denn sie fürchten eine vollständige Abkehr ihrer Regierung von der EU, ihrem größten Handelspartner. Die EU hat Georgien von 2021 bis 2024 mit Mitteln in Höhe von 340 Millionen Euro unterstützt. 

Strategisch will sich Tiflis aber vom nördlichen Nachbarn lösen, der seit dem Angriff auf Südossetien 2008 rund 20 Prozent georgischen Gebiets besetzt hält. Georgien baut stattdessen die wirtschaftlichen Beziehungen zu China weiter aus – zum Nachteil für georgische und ausländische Investoren und Unternehmen.

China investiert noch wenig

In einer im Juli 2023 geschlossenen strategischen Partnerschaftsvereinbarung zwischen Tiflis und Peking heißt es etwa, Georgien begrüße die Belt and Road Initiative Chinas. Gegenseitige Investitionen, Handel und die Zusammenarbeit sollen erleichtert werden in fast allen kritischen Bereichen: Transport, Kommunikation, Entwicklung und Stärkung des Mittleren Korridors, digitale Technologien, Ausbau des Eisenbahnnetzes, Wasserressourcen, Umweltschutz sowie die Nutzung der Transitinfrastruktur Georgiens für den reibungslosen Export chinesischer Produkte in westliche Märkte. Im Gegenzug bekommt Georgien günstige Kredite von chinesischen Banken. Eine Politik, wie sie China auch in Afrika und Zentralasien fährt.

Doch die Investitionssummen Chinas in Georgien bleiben niedrig, sind sogar gesunken seit dem Abschluss der Vereinbarung. Nach Angaben des National Statistics Office of Georgia betrugen die direkten Investitionen Chinas in Georgien im Jahr 2023 gerade einmal knapp 100 Millionen US-Dollar. Zum Vergleich: Großbritannien investierte im gleichen Zeitraum knapp unter 400 Millionen US-Dollar, die Niederlande 386 Millionen US-Dollar. Die Zahlen für 2024 liegen noch nicht vollständig vor – im ersten Quartal 2024 investierte China gerade einmal 14 Millionen US-Dollar, im gleichen Zeitraum 2023 waren es mehr als 32 Millionen US-Dollar.

Sicherheitsrelevante Infrastruktur in chinesischer Hand

Trotzdem geht bereits seit 2016 fast jeder öffentlich ausgeschriebene und von der Regierung bezahlte Großauftrag unter fragwürdigen Umständen an chinesische Unternehmen und Konsortien. Darunter essenzielle Projekte wie der Bau wichtiger Hauptverkehrsstraßen, Tunnel und Brücken, sensible Überwachungstechnik wie Scanner am Flughafen oder in offiziellen Gebäuden oder die Stromverteilernetztechnik.

Mit China Communication Construction Company Limited (CCCC) und China Harbor Investment hat im Sommer ein umstrittenes chinesisch-singapurisches Konsortium den Zuschlag für den Bau des Tiefseehafens in Anaklia am Schwarzen Meer erhalten. Zu 51 Prozent soll der Hafen in staatlichem Besitz sein, zu 49 Prozent in ausländischer Hand. Hauptsächlich wird er China ermöglichen, seine Waren unter Umgehung Russlands nach Europa zu bringen.

Sicherheitspolitisch kritischer ist, dass neben Russland damit auch China in der Schwarzmeer-Region präsent sein wird. Nur wenige Kilometer nördlich plant Russland in Otschamtschire einen neuen Marinehafen. Seit dem russischen Einmarsch in die Ukraine hat die Nato diese Region als strategisch wichtiges Gebiet für sich erkannt. Ein Hafen dieser Wichtigkeit in chinesischer Hand schwächt die Position der Nato.

Georgiens Unternehmen profitieren nicht

Georgien stelle sich divers zwischen Russland, der EU und China auf, sagen die einen, Georgien mache sich abhängig, die Kritiker. Zu den lautesten gehört Tinatin Chidascheli, Vorsitzende des regierungs- und China-kritischen Thinktanks Civic Idea und ehemalige Verteidigungsministerin Georgiens. Russland sei zwar aktuell das bestimmende Sicherheitsproblem, sagt Chidascheli. Georgien sei aber ein vollkommener “Sklave Pekings”.

Die Frage sei, wo das Land in 50 oder 100 Jahren sein soll, sagt Chidascheli. “Ich sehe Georgien in der Europäischen Union. Aber das Problem, das wir mit China haben, und solange diese Regierung im Amt bleibt, wird das weiter anhalten, ist die Dominanz der chinesischen Firmen auf dem georgischen Markt der staatlichen Beschaffungen.”

Chinesische Firmen missachten Auflagen

In Georgien selbst profitiere kaum jemand von diesen Projekten, sagt Chidascheli. Die chinesischen Firmen brächten eigene Arbeiter aus Zentralasien, Geräte und Baumaterialien selbst mit. Die Folge: Westliche Firmen ziehen sich zunehmend aus Georgien zurück. So hatte Heidelberg Materials, der größte deutsche Investor in Georgien, 2023 seine Anteile an einem georgischen Joint Venture verkauft. Auch seien kaum mehr europäische oder US-amerikanische Bieter bei öffentlichen Ausschreibungen zu finden, sagt Chiadascheli.

Recherchen lokaler Medien und des Thinktanks Civic Idea zeigen außerdem, dass die chinesischen Firmen nur wenig auf den Schutz vor Arbeitern oder Umwelt achten. Trotz gesetzlicher Bestimmungen werden nicht ausreichende Umweltverträglichkeitsstudien veranlasst. So kommt es regelmäßig zu Unfällen, Erdrutsche, verursacht durch die Bauarbeiten im bergigen Terrain, begraben Mensch und neu gebaute Straßen.

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Tödliche Wahrheitssuche: Welche Gefahren Medienschaffenden in Krisengebieten drohen    

Für Medienschaffende hat nach dem 7. Oktober 2023 der tödlichste Krieg des 21. Jahrhunderts begonnen. Seitdem wurden im Zusammenhang mit ihrer Arbeit 35 Reporterinnen und Reporter in Gaza getötet. In der Jahresbilanz zur Pressefreiheit 2024 nennt Reporter ohne Grenzen mehr als 145 Tote in dem Gebiet, wenn auch Journalistinnen und Journalisten einbezogen werden, die außerhalb ihrer Arbeit gewaltsam ums Leben kamen. Insgesamt zählte die Organisation in diesem Jahr weltweit 54 Journalistinnen und Journalisten und zwei weitere Beschäftigte von Medien, die wegen der Ausübung ihrer Tätigkeit ermordet wurden. 

Eine genaue Zahl von Todesopfer zu ermitteln ist schwierig, vor allem bei der Berichterstattung aus Gaza. Dort spielt Bürgerjournalismus eine wichtige Rolle – viele Informationen werden über soziale Medien verbreitet. Aus diesem Grund betrachtet die Organisation jeden Fall einzeln und nimmt nicht nur angestellte Medienschaffende in ihre Statistik auf, berichtet Christopher Resch, Nah-Ost Experte bei Reporter ohne Grenzen, in einem Gespräch mit Table.Briefings.

Jederzeit unter Beschussgefahr

Auch in der Ukraine sind Medienschaffende nicht nur an der Front, sondern im gesamten Land in ständiger Gefahr. Erst Ende August starb Ryan Evans, der für Reuters als Sicherheitsberater tätig war, beim Beschuss des Hotels Sapphire in der ostukrainischen Stadt Kramatorsk. Das Hotel nutzten viele Medienschaffende oft. Nach Zählungen von Reportern ohne Grenzen wurden seit 2014 24 Medienschaffende in der Ukraine im Zusammenhang mit ihrer Arbeit getötet. Denis Trubetskoy, Table.Media-Korrespondent in Kyjiw, sagt: “Im Endeffekt muss man in diesem Land auch als jeder Zivilist, nicht nur als Journalist, damit rechnen, dass jederzeit, überall eine russische Rakete einschlagen kann.”    

Die Unkalkulierbarkeit des russischen Beschusses erschwert die journalistische Arbeit zusätzlich. Denn die Kolleginnen und Kollegen müssen mit Stromausfällen und fehlendem Internet umgehen. In einem Gespräch mit Table.Briefings berichtet Trubetskoy von Tagen mit siebenstündigen Stromausfällen – Bedingungen, die Auswirkungen auf seine Arbeit haben. Hierbei ist eine richtige Ausstattung, durch unter anderem Ladegeräte und WLAN-Verbindungen, die über mehrere Stunden ohne Strom funktionieren können, essenziell. Trotz einer guten Vorbereitung ist das Pendeln in andere Stadtteile oder Regionen unausweichlich

Wenn es zu einem Luftalarm kommt, so der Journalist, sei es unmöglich, bei jedem einzelnen seine Arbeit abzubrechen, um einen Luftschutzkeller aufzusuchen. Bei der Entscheidung, ob das Aufsuchen eines Luftschutzkellers lebensnotwendig ist, muss Trubetskoy auf externe Informationen vertrauen. Kyjiw profitiere zwar von einer besseren Luftverteidigung als andere ukrainische Städte, die Schwere des Beschusses könne jedoch nicht immer im Voraus abgeschätzt werden.

Gefahren auch außerhalb von Kriegsgebieten   

Neben andauernden Kriegen und Konflikten kann auch die politische Lage innerhalb eines Landes die freie Berichterstattung einschränken. Ein Beispiel hierfür ist Russland, welches sich auf Platz 162 von 180 auf der Rangliste der Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen befindet. Schon vor dem Beginn des Angriffskrieges gegen die Ukraine nahm der Kreml erheblichen Einfluss auf die Medienlandschaft und verbreitete so seine Propaganda. Unabhängige und regierungskritische Medien werden überwiegend zensiert – Medienschaffende stehen unter Lebensgefahr und sehen sich häufig gezwungen, das Land zu verlassen. Momentan befinden sich 31 Journalistinnen und Journalisten wegen ihrer Arbeit in russischer Haft.  

In Mexiko ist die freie Berichterstattung nicht nur durch die Regierung, sondern zusätzlich durch die Macht von Organsiertem Verbrechen im Land eingeschränkt. Seit 2000 wurden nach dem Komitee zum Schutz von Journalisten über 140 Medienmitarbeiter umgebracht. Damit gehört es zu den gefährlichsten Ländern für Medienschaffende außerhalb von Kriegsgebieten. Erst im August dieses Jahres wurde Alejandro Alfredo Martínez Noguez, der Gründer des Mediums El Hijo del Llanero Solititito, ermordet. Er ist nicht der erste Journalist, der in Mexiko trotz Polizeischutz getötet wurde – die Zahl belief sich in den letzten sieben Jahren auf mindestens acht.   

Drohnen steigern das Risiko

Christopher Resch von Reporter ohne Grenzen sieht in der heutigen Kriegsberichterstattung keine wesentlichen Unterschiede im Vergleich zu früheren. Einen großen Unterschied sieht er jedoch in der heutigen Kriegsführung und den damit eingehenden neuen Gefahren für Medienschaffende. Einen wichtigen Faktor stellen hierbei Drohnen dar. Die israelische Armee setzt sie ein, die russische und auch die ukrainische. Durch die Steuerung aus größerer Distanz und die Auswahl von Zielen durch künstliche Intelligenz kommt es zu einer Entmenschlichung der Opfer: “je größer die Distanz ist, sowohl die menschliche als auch die räumliche, desto gefährlicher wird es”, so Resch. 

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News

Rüstungsexporte an die Türkei: Syrische Kurden fordern Bundesregierung zu Lieferstopp auf

Die Rüstungsexportpolitik der Bundesregierung gegenüber der Türkei stößt zunehmend auf Kritik. Vor der Türkei-Reise von Außenministerin Annalena Baerbock am heutigen Freitag sagte die Außenministerin der Selbstverwaltung von Nord- und Ostsyrien (NOS), Elham Ahmed, zu Table.Briefings: “Wir fordern, dass Deutschland seine Waffenexporte in die Türkei stoppt.” Auch die außenpolitische Sprecherin der BSW-Bundestagsgruppe, Sevim Dağdelen, warnte davor, die Türkei weiter mit Waffen auszustatten. Die Bundesregierung sei so “mitverantwortlich für die völkerrechtswidrigen Angriffe des Nato-Mitglieds Türkei und seiner Verbündeten in Syrien”, so Dağdelen.

Nach Jahren der Zurückhaltung hatte Berlin zuletzt einen Kurswechsel gegenüber Ankara eingeleitet. Der türkische Verteidigungsminister Yaşar Güler hatte im November gesagt, dass Deutschland sein Veto gegen den Verkauf von 40 Eurofightern an Ankara aufgegeben habe. Zuvor hatte sich Bundeskanzler Olaf Scholz bei seinem Besuch in Istanbul im Oktober für die Lieferung offen gezeigt. Am Mittwoch sagte Verteidigungsminister Boris Pistorius auf die Frage von Table.Briefings, ob er bestätigen könne, dass Eurofighter-Kampfjets in die Türkei geliefert werden: “Nein, das kann ich nicht bestätigen und das, was der Bundeskanzler gesagt hat, trifft zu.” Pistorius reist im Januar zu politischen Gesprächen in die Türkei.

Nur maritime Güter sollen geliefert werden

Die öffentlichen Äußerungen der Bundesregierung ermuntern also zum Interpretieren. Die Staatsministerin im Auswärtigen Amt, Katja Keul, antwortete am Mittwoch im Bundestag auf eine Frage Dağdelens, dass völkerrechtswidriges Verhalten bei Rüstungsexporten berücksichtigt werde, was man im Falle der Türkei daran sehen könne, “dass hier nur maritime Rüstungsgüter genehmigt worden sind und nichts anderes”.

Dağdelen bestritt gegenüber Table.Briefings diese Darstellung: “Die Bundesregierung lässt die Türkei mit deutschen Waffen in Rekordhöhe beliefern, keineswegs, wie sie selbst gern kolportiert, nur für den maritimen Bedarf.” Deutschland hatte seit dem Putschversuch 2016 in der Türkei keine Rüstungsexporte in großem Umfang mehr erlaubt und seit dem türkischen Einmarsch in Nordsyrien 2018 nur noch wenige genehmigt. Die deutschen Lieferungen an die Türkei beinhalten neben Torpedos und Lenkflugkörpern vor allem Bauteile für U-Boote. Laut vorläufigen Zahlen des Wirtschaftsministeriums genehmigte die Bundesregierung 2024 Rüstungsexporte in die Türkei in Höhe von mehr als 230 Millionen Euro.

Syrische Kurden verlangen dauerhafte Präsenz von USA

Baerbock kündigte vor ihrer Reise in die Türkei an, sich deutlich für eine Teilhabe aller Bevölkerungsgruppen in Syrien einzusetzen. Die Außenministerin der NOS, Elham Ahmed, fordert ebenfalls “eine pluralistische und alle Elemente der syrischen Gesellschaft einschließende Regierungs- und Staatsform” – und “militärische Unterstützung” gegen einen Angriff syrischer Verbündeter der Türkei wie die Syrischen Nationale Armee (SNA) auf das kurdische Gebiet. Dafür sei ein Verbleib der 900 US-Soldaten auf syrischem Boden auch in der Zukunft unabdingbar. Dağdelen kritisierte Baerbocks Achtpunkteplan als “Dokument der doppelten Standards” und sagte, die rasche Anerkennung der islamistischen Machthaber um Ahmed al-Scharaa von Hajat Tahri al-Schams (HTS) sei voreilig: “Zwölf Jahre lang verweigerte sich die Bundesregierung diplomatischer Beziehungen zu Assad, binnen Tagen will man jetzt Beziehungen zu den HTS-Machthabern – Leute, die auf der UN-Terrorliste stehen.” bub/mrb

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Rüstungsexporte: Neuer Rekordverkauf von Kriegswaffen

Die Bundesregierung hat im Jahr 2024 Rüstungsexporte im Wert von rund 13,2 Milliarden Euro genehmigt, ein neuer Höchstwert. Schon im vergangenen Jahr wurde mit Genehmigungen im Wert von 12,2 Milliarden Euro ein Rekordwert erreicht.

Das Wirtschaftsministerium verweist dabei auf den Krieg in der Ukraine. Das von Russland angegriffene Land hat in diesem Jahr laut den vorläufigen Zahlen 62 Prozent aller Ausfuhren im Wert von rund 8,1 Milliarden Euro erhalten. “Die Zahl unterstreicht, dass wir weiterhin fest an der Seite der Ukraine in ihrer Verteidigung gegen den russischen Angriffskrieg stehen”, erklärte Staatssekretär Bernhard Kluttig und betonte, die Zahlen zeigten, dass die Bundesregierung an ihrer “restriktiven Rüstungsexportpolitik mit hohen Prüfstandards” festhalte.

Mangelnde Transparenz und Exporte nach Israel

Fast gleichzeitig haben die beiden großen Kirchen ihre Jahresberichte zum Thema vorgestellt und der Bundesregierung unter anderem mangelnde Transparenz vorgeworfen. Karl Jüsten, der katholische Vorsitzende der Gemeinsamen Konferenz Kirche und Entwicklung (GKKE) plädierte außerdem dafür “keine Rüstungsexporte nach Israel zu genehmigen, wenn ein hinreichender Verdacht besteht, dass die Rüstungsgüter zu schweren Verstößen gegen das humanitäre Völkerrecht benutzt werden”. 

Israel ist unter den Top 10-Empfängerländern deutscher Rüstungsgüter, 2024 wurden Ausfuhrgenehmigungen in Höhe von rund 161 Millionen Euro erteilt. Singapur ist nach der Ukraine mit Waren im Wert von 1,2 Milliarden Euro zweitwichtigster Empfänger, gefolgt von Algerien (559 Millionen), USA (298,5 Millionen Euro), Türkei (230,9 Millionen Euro) und Indien (224,0 Millionen Euro). Der Gesamtwert von 13,2 Milliarden Euro setzt sich zusammen aus 8,1 Milliarden Euro für Kriegswaffen und rund 5,1 Milliarden Euro für sonstige Rüstungsgüter. wp

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Rekordzahl an gebilligten Rüstungsprojekten: Grundsatzentscheidungen für die Truppe

Mit der Rekordzahl von 38 gebilligten Rüstungsprojekten für die Bundeswehr haben die ehemaligen Ampel-Koalitionspartner zusammen mit der Unions-Opposition diese Woche langfristige Vorhaben der Streitkräfte auf den Weg gebracht. Damit soll verhindert werden, dass Beschaffungsprojekte durch die vorgezogenen Neuwahlen liegen bleiben.

Die Projekte haben einen Finanzumfang von rund 21 Milliarden Euro, die allerdings zum größten Teil erst in den kommenden Jahren fällig werden. Entscheidend für die Truppe sind dabei Grundsatzentscheidungen für Waffensysteme, auch wenn sie erst im nächsten Jahrzehnt nutzbar werden.

Kritik an Priorisierung der Marine

Davon profitierte vor allem die Marine: Mit der Billigung im Haushaltsausschuss des Bundestages am Mittwoch können die Arbeiten für die neue Luftverteidigungsfregatte F127 sowie weitere U-Boote der gemeinsam mit Norwegen entwickelten Klasse U212 CD fortgesetzt werden. Von 2032 an sollen sie geliefert werden. Das System IDAS zum Verschuss von Lenkflugkörpern aus U-Booten steht seit Jahren auf dem Plan der Marine, wurde bislang aber nie finanziert.

Angesichts der Milliardeninvestitionen für die Marine, hatte es vor der Parlamentsentscheidung Kritik gegeben: Für das Heer werde zu wenig vorgesehen. In der Tat fehlen wichtige Projekte der Landstreitkräfte wie die geplante Radhaubitze oder moderne Mörsersysteme. Allerdings billigten die Haushälter die Beschaffung von Raketenwerfern, die auf dem PULS-System der israelischen Firma Elbit beruhen – damit ist eine Richtungsentscheidung für die künftige Ausstattung des Heeres mit Raketenartillerie getroffen.

Zwei Milliarden für Integration von Funkgeräten

Ebenfalls wichtig für die Landstreitkräfte ist die nun eingeleitete Integration moderner digitaler Funkgeräte in die vorhandenen Gefechts- und Transportfahrzeuge. Für die knapp 10.000 Systeme ist eine Summe von knapp zwei Milliarden Euro vorgesehen – rechnerisch über 200.000 Euro pro Fahrzeug. In den Kosten seien Arbeiten an den Kabelbäumen oder der Energieversorgung enthalten, zudem sei der Aufwand bei einem Kampfpanzer höher als bei einem Lkw, sagte ein Ministeriumssprecher.

Die wesentlichen gebilligten Vorhaben stellt das Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr (BAAINBw) in einzelnen Mitteilungen hier vor. tw

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Russland bereitet sich auf Konfrontation mit der Nato vor

Nach fast drei Jahren Krieg fühlt sich der russische Machthaber Wladimir Putin nicht nur in seiner Aggression gegen die Ukraine bestätigt, sondern will sein Land auch auf eine größere Konfrontation mit der Nato vorbereiten. Die “Militärspezialoperation”, wie der Krieg in Russland beschönigend genannt wird, hätte man früher beginnen und sich darauf früher vorbereiten müssen, sagte Putin am Donnerstag öffentlich. Er sprach in der traditionellen TV-Show zum Jahresende. Eine Feuerpause in der Ukraine lehnte Putin ab.

Wichtiger für den Westen dürften Aussagen von Putin und seines Verteidigungsministers Andrej Beloussows von Anfang der Woche sein, als beide vor hochrangigen Offizieren und Befehlshabern der Armee sprachen. Beloussow kündigte dabei nicht nur an, dass eine eigene Truppengattung für “unbemannte Fahrzeuge” aufgebaut wird – Russland setzt also künftig in großem Umfang auf Drohnen aller Art. Die gesamte Armee soll auch auf einen möglichen “militärischen Konflikt mit der Nato im kommenden Jahrzehnt” vorbereitet werden.

Ausgaben für den Krieg steigen

Entgegen früheren Plänen wird das Budget für den Krieg im kommenden Jahr wachsen und – offiziell – mindestens 6,3 Prozent des Bruttoinlandprodukts betragen. So sollen unter anderem die strategischen Raketenstreitkräfte modernisiert werden und erhalten das ballistische Raketensystem “Jars” (RS-24). Insgesamt soll die Wirtschaft weiter auf die Bedürfnisse des Kriegs ausgerichtet werden.

Putin zeigt deutlich, dass er zu einem neuen Kalten Krieg bereit ist. Die EU dagegen ist auffallend zögerlich mit der Hilfe für die Ukraine. Auf dem gestrigen Gipfel in Brüssel gab es keine neuen Hilfszusagen. Bundeskanzler Olaf Scholz forderte die EU-Partner zwar auf, ihre militärische Hilfe für die Ukraine aufzustocken. Der Appell zeigte jedoch keine sichtbare Wirkung. Der ukrainische Staatschef Wolodymyr Selenskyj äußerte nach einer mehrstündigen Aussprache mit den Staats- und Regierungschefs ungewöhnlich offene Kritik. Die EU leiste nicht genug Waffenhilfe, auch bei der Ausbildung ukrainischer Soldaten hinke sie hinterher. vf/ebo    

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Afghanistan-Einsatz: Enquete-Kommission empfiehlt bessere Vernetzung

Die Afghanistan Enquete-Kommission will ihren Abschlussbericht, der den zwanzigjährigen Bundeswehreinsatz in Afghanistan evaluiert, am 27. Januar vorstellen. Man wolle der nächsten Bundesregierung Handreichungen für kommende Einsätze geben. Einsätze in der Größe wie in Afghanistan seien zwar “momentan kaum vorstellbar”, so Derya Türk-Nachbaur, SPD-Obfrau in der Kommission, gleichzeitig sehe man aber, dass “wir weiterhin internationales Krisenmanagement betreiben müssen“.  

Außerdem würden in Afghanistan nach dem Abzug der Bundeswehr pragmatische Ansätze fehlen, um Hilfe zu leisten, sagt Türk-Nachbaur. Der Vorsitzende der Enquete-Kommission, Michael Müller (SPD), sagte, man wolle “dringend noch zu verändernde Verfahrensfragen” empfehlen, zum Beispiel zur besseren Abstimmung “zwischen den Ressorts, aber auch für die Arbeit vor Ort im jeweiligen Einsatzgebiet”.

Empfehlungen für die nächste Regierung

Aus Kreisen der SPD-Fraktion heißt es, man wolle deshalb empfehlen, die Staatssekretärsrunde aufzuwerten und ein ressortübergreifendes Lagezentrum einzurichten. In der kommenden Legislatur solle sich auch ein Unterausschuss mit vernetzten Einsätzen befassen, in dem Abgeordnete diskutieren, deren Ausschüsse für Einsätze relevant sind. Die Entwicklungsarbeit solle man regierungsfern intensivieren und bei Friedensmissionen stärker mit Regionalorganisationen wie der Afrikanischen Union zusammenarbeiten.

Ein gutes Zeichen: In der Kommission habe man festgestellt, dass aus den Einsätzen gelernt worden sei. “Der Truppenabzug in Mali verlief deutlich besser als der in Afghanistan“, sagte Türk-Nachbaur.

Die Enquete-Kommission analysiert anders als der Afghanistan-Untersuchungsausschuss, der nur den Abzug der Bundeswehr betrachtet, den kompletten Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr. Beide Gremein haben durch die vorgezogene Bundestagswahl weniger Zeit, um ihre Abschlussberichte fertigzustellen. bub

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EU-Parlament: Unterausschuss Verteidigung wird Vollausschuss

Das Europäische Parlament hat diese Woche für die Aufwertung des Unterausschusses Sicherheit und Verteidigung (Sede) gestimmt. Als vollwertiger Ausschuss werde der Sede “eng mit dem neuen Kommissar für Verteidigung und Raumfahrt, Andrius Kubilius, zusammenarbeiten”, kündigte die Ausschussvorsitzende Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP) bei einer Pressekonferenz nach der Abstimmung an.

In den nächsten Wochen werde es darum gehen, die Strukturen zu schaffen, um den Ausschuss als “treibende Kraft im Bereich Verteidigung zu etablieren”, so die ehemalige Vorsitzende des Verteidigungsausschusses im Deutschen Bundestag.

Sie betonte, dass der Ausschuss “in allen Angelegenheiten” des Europäischen Parlaments eine “vollwertige Rolle spielen wird”. Dabei erwähnte sie explizit auch die Rolle als Gesetzgeber mit Blick auf die European Defence Industrial Strategy – EDIP. Bislang war der Ausschuss für Industrie, Forschung und Energie (ITRE) für die von der Kommission geführten Verteidigungsprogramme verantwortlich. Noch steht die genaue Aufteilung der Kompetenzen nicht fest. Die Zusammensetzung des Ausschusses mit 43 vollwertigen Mitgliedern wird im Januar erfolgen. wp

  • Andrius Kubilius

Must-Reads

SWP: Deutschland und die Zukunft der nuklearen Rüstungskontrolle. Eine neue Studie der SWP analysiert die deutsche Rüstungskontrollpolitik. Das Ergebnis: Deutschland solle an den Plänen für landgestützte Mittelstreckenwaffen festhalten. Berlin solle zudem den Druck auf Moskau erhöhen und dafür die europäische Luftverteidigung stärken.

Sipri: Bias in Military Artificial Intelligence. Wie voreingenommen ist Künstliche Intelligenz im militärischen Einsatz? Dass sie es ist, steht außer Frage. So kann die KI Entscheidungen treffen, die auf rassistischen Annahmen beruhen, falsche Personen als Ziele identifizieren oder humanitären Bedarf falsch einschätzen. Ein Papier, das nachdenklich stimmt.

Kyiv Independent: As US pushes Kyiv to lower draft age, why won’t Ukraine conscript younger men? Die ukrainischen Truppen haben ein hohes Durchschnittsalter: 43 Jahren. US-Politiker fordern nun, die Wehrpflicht auf jüngere Männer auszuweiten. Was das für das Land bedeutet, beleuchtet dieser Artikel.

New York Times: Security Strategy of Recruiting Cheap Militiamen Backfires in Africa. Durch die Bewaffnung schlecht ausgebildeter Zivilisten hat das Militär in Burkina Faso das Land an den Rand eines Bürgerkriegs gedrängt. Auf die Gewährung nahezu völliger Straffreiheit für die Milizen, folgten Berichte von sexueller Gewalt, Rekrutierung von Kindern und Hinrichtungen Unschuldiger.

Guardian: In the end, Syria and Assad became just too toxic – even for Putin. Der Sturz des Assad-Regimes markiert das Ende eines wichtigen Kapitels der russischen Präsenz im Nahen Osten. Dennoch scheint die syrische Übergangsregierung zu Gesprächen mit dem Kreml bereit zu sein. Bleibt Russland in Syrien präsent?

Standpunkt

Wirtschaftssicherheit: Deutschland und Japan müssen Zusammenarbeit stärken

Von Minoru Kiuchi
Minoru Kiuchi ist seit Oktober dieses Jahres Japans Minister für wirtschaftliche Sicherheit.

Japan bekennt sich nach wie vor zu den Grundsätzen einer freien und offenen Wirtschaft. Doch angesichts der zunehmenden Komplexität des internationalen Umfelds und der dynamischen Veränderungen der sozioökonomischen Rahmenbedingungen ist es unerlässlich, potenzielle Risiken zu identifizieren und vorausschauende Maßnahmen zu ergreifen.

Zusammenarbeit zwischen Japan und Deutschland ausbauen

In bestimmten Bereichen der Wirtschaftssicherheit ist staatliches Eingreifen – sei es durch Förderung oder Regulierung – unabdingbar, da sich nicht alle Herausforderungen allein durch Marktmechanismen lösen lassen. Besonders in der aktuellen geopolitischen Lage ist es daher unabdingbar, dass Japan und Deutschland sich im Konsultationsrahmen zur Wirtschaftssicherheit zusammentun, um eine freie und faire internationale Wirtschaftsordnung sicherzustellen.

Denn technologische Fortschritte, Digitalisierung und Globalisierung haben die sozioökonomischen Strukturen grundlegend verändert und die Frage nach Sicherheit um wirtschaftliche Aspekte erweitert. Neue Bedrohungen wie Schwachstellen in Lieferketten, Cyberangriffe auf kritische Infrastrukturen und das Streben nach technologischer Vorherrschaft sind zu zentralen Anliegen der nationalen Sicherheit geworden. Werden diese Herausforderungen nicht adressiert, könnten sie die nationale Stabilität gefährden und die Sicherheit der Bevölkerung beeinträchtigen.

Vor diesem Hintergrund verabschiedete Japan im Mai 2022 das “Gesetz zur Förderung der Wirtschaftssicherheit”, das sich auf vier zentrale Handlungsfelder konzentriert:

  • Erstens die sichere Versorgung mit kritischen Produkten. Wir müssen sicherstellen, dass Japan eine stabile Versorgung mit essenziellen Gütern wie Halbleitern und Batterien hat. Dafür hat die Regierung einen Subventionsfonds in Höhe von über zwei Billionen Yen eingerichtet, um private Unternehmen in diesen Bereichen zu unterstützen.
  • Zweitens setzen wir auf den Schutz kritischer Infrastruktur. Wir müssen sicherstellen, dass die eingesetzten Geräte und Dienstleistungen keine Bedrohung für die Stabilität unserer kritischen Infrastrukturen darstellen.
  • Drittens müssen wir die Entwicklung von Schlüsseltechnologien fördern: Japan unterstützt aktiv Forschung und Entwicklung in sicherheitsrelevanten Technologiebereichen. Hierzu wurden ein spezieller Finanzierungsmechanismus sowie ein Gremium für die Zusammenarbeit zwischen öffentlichem und privatem Sektor ins Leben gerufen.
  • Viertens ist es entscheidend, die Veröffentlichung von Patentanmeldungen einzuschränken: Patentanmeldungen, die die nationale Sicherheit gefährden könnten, werden zurückgehalten.

Sicherer Austausch sensibler Informationen

Darauf aufbauend hat Japan im Mai 2024 das “Gesetz zum Schutz und zur Nutzung kritischer wirtschaftlicher Sicherheitsinformationen” verabschiedet. Es wird den Schutz und den sicheren Austausch sensibler wirtschaftlicher Informationen, insbesondere mit Verbündeten und gleichgesinnten Staaten wie Deutschland, fördern. Mein Ziel als Minister für wirtschaftliche Sicherheit ist es, operationelle Standards zu entwickeln und das Bewusstsein für Informationssicherheit bei ausländischen Regierungen und Unternehmen zu stärken, um die Zusammenarbeit mit diesen Partnern zu intensivieren.

In den letzten Jahren konnten wir vermehrt staatliche Versuche beobachten, politische Entscheidungen in anderen Ländern durch Exportrestriktionen und wirtschaftlichen Druck zu beeinflussen.

Kooperation wirkt

Ein Vorfall im September 2010 verdeutlicht die Problematik: Ein chinesisches Fischerboot operierte illegal in japanischen Hoheitsgewässern in der Nähe der Senkaku-Inseln und kollidierte mit einem Patrouillenschiff der japanischen Küstenwache. Der Kapitän wurde verhaftet, und obwohl China den Zusammenhang bestritt, verzögerte es kurz darauf die Zollabfertigung für seltene Erden. Im März 2012 reichten Japan, die USA und die EU gemeinsam eine Klage bei der WTO ein, da China seit 2006 seine Exportquoten für seltene Erden schrittweise reduziert hatte. Das WTO-Berufungsgremium entschied 2014, dass Chinas Exportbeschränkungen gegen die WTO-Regeln verstießen. Dieser Vorfall unterstreicht die Bedeutung enger Kooperationen mit Verbündeten und gleichgesinnten Staaten im Bereich der Wirtschaftssicherheit.

Ich werde meine umfangreichen diplomatischen Erfahrungen mit Deutschland nutzen, um die Zusammenarbeit im Bereich der Wirtschaftssicherheit weiter zu stärken und auszubauen.

Minoru Kiuchi ist seit Oktober dieses Jahres Japans Minister für wirtschaftliche Sicherheit. Zuvor war er unter anderem als Staatsminister im japanischen Außenministerium und als Abgeordneter im japanischen Unterhaus tätig, erst parteilos, dann für die Liberal Democratic Party (LDP).

  • Batterien
  • Digitalisierung
  • Forschung
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  • Kritische Infrastruktur
  • Seltene Erden
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  • wirtschaftliche Sicherheit
  • WTO

Nachtisch

Wir können uns nicht mehr leisten, dass sich nur Professoren und Experten mit der Materie “Krieg” befassen. Das ist die Botschaft des Militäranalysten Franz-Stefan Gady in seinem Buch “Die Rückkehr des Krieges”. Sie ist vor allem gerichtet an ein deutsches Publikum, das nach wie vor mit dem Wort “Krieg” fremdelt.

In klarer Sprache macht Gady Militärtechnik und Taktik zugänglich und verbindet dabei Geschichte mit Gegenwart und Theorie mit Praxis. Ganz nebenbei führt er den Leser in die Gedankenwelt von Clausewitz bis Clark, unterlegt dabei trockene Theorie mit bildhaften Beispielen – und zeichnet ein ungeschöntes Bild der Realität: Gewalt und Tod sind “eine Konstante des Krieges”, schreibt er.

So zerschlägt Gady beispielsweise Hoffnungen, dass Technologie und hybride Kriegsführung die Brutalität von konventionellen Kriegen mindern oder diese gar ganz verhindern könnten. Im Gegenteil, seine These ist: Neue Technologien und technologische Fehleinschätzungen haben genauso das Potenzial Kriege auszulösen, wie strukturelle oder persönliche Fehleinschätzungen. Dabei analysiert er die geopolitische Weltlage vom kommunistischen China bis Trumps Amerika und ihre Bedeutung für Europa. Die Gefahr von Kriegen wird immer größer, ist Gadys Botschaft.

Wer gute Nachrichten sucht, findet sie nicht in “Die Rückkehr des Krieg”. Wer Kriege und warum sie entstehen verstehen will, sollte es jedoch lesen. Eine gute Nachricht gibt es aber doch: Kriege können verhindert werden, indem wir uns auf die Möglichkeit vorbereiten (mit anderen Worten: aufrüsten). wp

Franz-Stefan Gady: Die Rückkehr des Krieges. Quadriga, 368 Seiten, 24 Euro.

Security.Table Redaktion

SECURITY.TABLE REDAKTION

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  • von Britta Weppner / Table.Media

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