kommt er, oder kommt er nicht? Der G-7-Gipfel in Hiroshima steht ganz im Zeichen des Kriegs in der Ukraine. Auch deshalb hatte Japans Ministerpräsident Fumio Kishida bei seinem Überraschungsbesuch in Kiew im März die Einladung an Wolodymyr Selenskyj ausgesprochen, beim Treffen der sieben wichtigsten Wirtschaftsmächte dabei zu sein.
Doch ob es der ukrainische Präsident wirklich persönlich nach Japan schafft, war zum Auftakt des Gipfels am Freitagmorgen noch unklar: Das hänge von der militärischen Lage im Krieg gegen Russland ab, zitierte die japanische Nachrichtenagentur Kyodo Quellen im Präsidialamt in Tokio.
Für die japanische Regierung ist Stabilität im Indopazifik ohnehin mindestens ebenso wichtig wie ein Ausweiten der Sanktionen gegen Russland, die bis Sonntag die Debatten der Führer der demokratischen Industrienationen bestimmen dürften. Michael Radunski hat aufgeschrieben, wie Japan wegen Chinas Expansionspolitik derzeit seine eigene militärische Zeitenwende vollzieht.
Unterstützt von Großbritannien übrigens: Bereits gestern trafen Kishida und sein britischer Amtskollege Rishi Sunak zusammen, um die Verteidigungszusammenarbeit zwischen ihren Ländern auszuweiten. Das “Hiroshima-Abkommen” sieht mehr gemeinsame Manöver und eine engere Verzahnung der Rüstungsindustrien Japans und Großbritanniens vor.
China setzt im Gegenzug auf den Schulterschluss mit den fünf zentralasiatischen Staaten Kasachstan, Kirgisistan, Tadschikistan, Turkmenistan und Usbekistan. Das Signal des Gegengipfels in Xi’an ist unübersehbar: Peking lässt sich nicht isolieren und schmiedet eigene Gesprächsformate, in denen nicht der Westen den Ton angibt. Unsere Kollegen vom China.Table haben für Sie zusammengefasst, ob das am Ende nicht auch eine Konkurrenz zu Moskau bedeutet.
Eine aufschlussreiche Lektüre wünscht Ihnen
Beim heute beginnenden G7-Gipfel in Japan wird der Ukrainekrieg ohne Zweifel ein wichtiges Thema sein. Zu weitreichend sind die globalen Folgen des russischen Angriffs. Doch wenn Japans Ministerpräsident Fumio Kishida seine G7-Kollegen aus Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Kanada und den USA am heutigen Freitag in Hiroshima empfängt, treiben den japanischen Ministerpräsidenten noch zwei andere Sorgen um: Chinas militärische Ambitionen und der immer wiederkehrende Versuch des Landes, seine Ziele mit wirtschaftlichem Zwang durchzusetzen.
Seit Russlands Angriff im Februar 2022 warnt Kishida, dass “die Ukraine heute morgen Ostasien sein könnte”. Die Lage rund um Japan verschärfe sich immer mehr. China unternehme Versuche, den Status quo einseitig mit Gewalt zu ändern. Was Kishida damit meint, sind vor allem Chinas Ansprüche auf Taiwan und das Südchinesische Meer.
Als Reaktion vollzieht Japan derzeit seine eigene Zeitenwende: Tokio hat eine überarbeitete Verteidigungsstrategie vorgelegt, will seine Verteidigungsausgaben in den nächsten fünf Jahren verdoppeln und seine Fähigkeiten zum militärischen Gegenschlag verbessern – unter anderem durch den Kauf von Tomahawk-Marschflugkörpern. Es ist eine fundamentale Wende für ein Land, das seit seiner Niederlage im Zweiten Weltkrieg offiziell pazifistisch ist.
Japan unterstützt die westlichen Sanktionen gegen Russland. Im Gegenzug müsse sich Japan bei den Risiken mit China aber auch auf Verbündete und gleichgesinnte Länder verlassen können, forderte Kishida zuletzt in Washington.
Doch gerade hierzu gab es im Westen zuletzt unterschiedliche Auffassungen. Während US-Präsident Joe Biden die jahrzehntealte amerikanische Mehrdeutigkeit beendete und Taiwan im Konfliktfall Amerikas militärische Unterstützung zusicherte, überraschte Frankreichs Präsident Emmanuel Macron bei seinem Besuch in Peking vergangenen Monat mit dem Hinweis: Europa dürfe sich nicht “in Krisen verwickeln lassen, die nicht unsere sind”.
Entsprechend versuchte die Präsidentin der EU-Kommission vor dem G7-Gipfel für Klarheit zu sorgen. “Wir werden unser unerschütterliches Engagement für Frieden und Stabilität in der Taiwanstraße bekräftigen”, kündigte Ursula von der Leyen zu Wochenbeginn an. Japan wird auf dem Gipfel auf eine eindeutige Erklärung hinarbeiten.
Ebenfalls nicht ganz einig ist man beim zweiten Thema – dem wirtschaftlichen Druck Chinas auf andere Länder. “Wir haben Versuche wirtschaftlichen Zwangs erlebt – zum Beispiel von China gegenüber Litauen. Wir haben ähnliche Praktiken gegenüber Japan und Australien gesehen”, sagte von der Leyen. Auch hier müsse man die “Resilienz”, also die ökonomische Widerstandskraft, gegenüber China erhöhen. Das neue Zauberwort heißt: De-Risking.
Die USA hingegen verfolgen eine weitaus härtere Linie gegenüber China. In Washington schlägt das Pendel deutlich mehr in Richtung De-Coupling aus. Allerdings hat die Biden-Administration zuletzt mehr Verständnis für die Haltung der Europäer erkennen lassen. Washington wird erst langsam klar, wie wichtig für viele europäische Staaten die engen Wirtschaftsbeziehungen mit China wirklich sind. Nicht zuletzt die Corona-Pandemie hat gezeigt, wie abhängig beispielsweise die deutsche Industrie von Lieferungen aus China ist.
Offenbar plant die G7 in Japan deshalb neben dem Abschluss-Kommuniqué des Hauptgipfels erstmals auch eine gesonderte Erklärung zur wirtschaftlichen Sicherheit abzugeben. Darin wolle man sich verpflichten, “wirtschaftlichen Zwang gemeinsam abzuschrecken, darauf zu reagieren und ihm entgegenzuwirken”. Dass China in dieser Erklärung explizit genannt wird, ist allerdings eher unwahrscheinlich.
In Peking reagierte man auf die G7-Agenda jedenfalls vorauseilend verärgert. “Wenn auf dem G7-Gipfel die Reaktion auf wirtschaftlichen Zwang diskutiert werden soll, sollte er vielleicht zuerst darüber sprechen, was die USA getan haben”, sagte der Sprecher des chinesischen Außenministeriums.
Hintergrund ist Washingtons weitreichende Exportkontrolle, mit denen die USA versuchen, chinesische Unternehmen den Erwerb von Spitzentechnologien und Hochleistungschips zu erschweren. Die USA üben großen Druck auf westliche Unternehmen wie den niederländischen Chiphersteller ASML aus, sich den US-Sanktionen anzuschließen.
China betrachtet die G7-Kritik als “ideologisch motiviert, ungerechtfertigt, beleidigend und überzogen“, sagt Wang Zichen zu Table.Media. Damit untergrabe die G7 ihren eigenen Anspruch, urteilt der Forscher vom Center for China and Globalisation (CCG) in Peking. “Peking betrachtet die G7 zunehmend als ähnlich wie Five Eyes, Quad und Aukus – kleine, exklusive Kreise, die von den USA angeführt werden, um China einzudämmen.”
Wang warnt vor möglichen Konsequenzen – beispielsweise für Taiwan. “Meiner Meinung nach wird die Wahrscheinlichkeit eines militärischen Konflikts in der Taiwanstraße übertrieben, was kontraproduktiv ist und die Gefahr birgt, zu einer sich selbst erfüllenden Prophezeiung zu werden.” Eine Abschwächung der westlichen Bedenken und konstruktivere Bemerkungen würden mehr dazu beitragen, das Vertrauen in die Stabilität der Taiwanstraße wiederherzustellen, mahnt Wang.
Auch Eberhard Sandschneider blickt kritisch auf die Agenda des G7-Gipfels in Japan. “Die G7 laufen Gefahr, sich in ihrer China-Kritik zu verrennen“, warnt der Politikwissenschaftler. Es sei zwar richtig, Probleme zu benennen, man dürfe sich darin jedoch nicht erschöpfen.
Vielmehr sollte man auch Angebote an China machen. “In jeder Rede ist von China als Partner im Kampf gegen den Klimawandel die Rede”, sagt der Partner der Beratungsfirma Berlin Global Advisors. Auf konkrete Maßnahmen zusammen mit China warte man jedoch bislang vergebens.
China hat in Xi’an den roten Teppich für die zentralasiatischen Staaten Kasachstan, Kirgisistan, Tadschikistan, Turkmenistan und Usbekistan ausgerollt. Präsident Xi Jinping begrüßte die Staatschefs der fünf ehemaligen Sowjetstaaten am Donnerstag zum Auftakt eines zweitägigen Gipfels mit einem Festbankett. Zuvor hielt Xi eine Reihe von Gesprächen mit seinen Gästen ab. Der Haupttag des Gipfels ist der Freitag.
Während die G7-Staaten dann bei ihrem Treffen in Japan ein Zeichen der Geschlossenheit gegen Russland, aber auch gegen China setzen dürften, demonstrieren die Chinesen zeitgleich in Xi’an, dass sie sich nicht isolieren lassen. Sie schmieden eigene Gesprächsformate, in denen nicht der Westen den Ton angibt. Man will Strukturen schaffen, die eine Alternative zur aus Sicht der Chinesen westlich dominierten Weltordnung darstellen.
Zwar gibt es das sogenannte “C+C5”-Format mit den Staaten Zentralasiens bereits seit 2021, doch findet es nach dem Ende der Corona-Pandemie nun erstmals wieder in Präsenz statt. Das Timing für die Charmeoffensive in Xi’an könnte für Peking kaum besser sein.
Moskau spielt noch immer eine wichtige Rolle in der Region. Doch die zentralasiatischen Staaten sind zunehmend bereit, sich stärker auch an China zu orientieren. Schließlich kann Peking das bieten, was Russland spätestens seit Beginn des Krieges in der Ukraine nur noch eingeschränkt leisten kann: eine lukrative wirtschaftliche Zusammenarbeit.
Im Vorfeld des Treffens berichteten chinesische Staatsmedien, dass China eine mehr wirtschaftliche Zusammenarbeit anstrebe. “Wichtige Dokumente” in den Bereichen Wirtschaft, Handel und Konnektivität würden unterzeichnet. Der Gipfel werde den Weg für “einen neuen Durchbruch in der Wirtschafts- und Handelskooperation” zwischen China und den zentralasiatischen Ländern ebnen. Auch der Belt and Road Initiative, die ihren Ausgangspunkt in Xi’an hat, soll neuer Schwung verliehen werden.
Sicher will China Russland nicht die C5-Staaten abspenstig machen. Das wäre nicht im Sinne der oft beschworenen “grenzenlosen” russisch-chinesischen Freundschaft. Dennoch sendet Peking mit dem Gipfel in Xi’an auch eine Botschaft in Richtung Moskau. Xis Entscheidung, die fünf ehemaligen Sowjetstaaten ohne Putin zu versammeln, zeigt, dass Moskau zunehmend als Juniorpartner wahrgenommen wird. China will die treibende Kraft für Stabilität und Wohlstand in der Region sein. Von Stabilität profitiert jedoch auch Russland.
Washington ist derweil kaum noch mehr als ein Zaungast. Die USA hatten bereits 2015 ein eigenes Dialogformat für Zentralasien (C5+1) ins Leben gerufen. Doch seit der Gründungszeremonie vor acht Jahren hat es kein Treffen auf Außenministerebene mehr gegeben. Zwar holten die USA dies im Februar mit einer Reise von Außenminister Antony Blinken in die Region eilig nach. Viel zu bieten hatte er allerdings nicht. Von Jörn Petring
kommt er, oder kommt er nicht? Der G-7-Gipfel in Hiroshima steht ganz im Zeichen des Kriegs in der Ukraine. Auch deshalb hatte Japans Ministerpräsident Fumio Kishida bei seinem Überraschungsbesuch in Kiew im März die Einladung an Wolodymyr Selenskyj ausgesprochen, beim Treffen der sieben wichtigsten Wirtschaftsmächte dabei zu sein.
Doch ob es der ukrainische Präsident wirklich persönlich nach Japan schafft, war zum Auftakt des Gipfels am Freitagmorgen noch unklar: Das hänge von der militärischen Lage im Krieg gegen Russland ab, zitierte die japanische Nachrichtenagentur Kyodo Quellen im Präsidialamt in Tokio.
Für die japanische Regierung ist Stabilität im Indopazifik ohnehin mindestens ebenso wichtig wie ein Ausweiten der Sanktionen gegen Russland, die bis Sonntag die Debatten der Führer der demokratischen Industrienationen bestimmen dürften. Michael Radunski hat aufgeschrieben, wie Japan wegen Chinas Expansionspolitik derzeit seine eigene militärische Zeitenwende vollzieht.
Unterstützt von Großbritannien übrigens: Bereits gestern trafen Kishida und sein britischer Amtskollege Rishi Sunak zusammen, um die Verteidigungszusammenarbeit zwischen ihren Ländern auszuweiten. Das “Hiroshima-Abkommen” sieht mehr gemeinsame Manöver und eine engere Verzahnung der Rüstungsindustrien Japans und Großbritanniens vor.
China setzt im Gegenzug auf den Schulterschluss mit den fünf zentralasiatischen Staaten Kasachstan, Kirgisistan, Tadschikistan, Turkmenistan und Usbekistan. Das Signal des Gegengipfels in Xi’an ist unübersehbar: Peking lässt sich nicht isolieren und schmiedet eigene Gesprächsformate, in denen nicht der Westen den Ton angibt. Unsere Kollegen vom China.Table haben für Sie zusammengefasst, ob das am Ende nicht auch eine Konkurrenz zu Moskau bedeutet.
Eine aufschlussreiche Lektüre wünscht Ihnen
Beim heute beginnenden G7-Gipfel in Japan wird der Ukrainekrieg ohne Zweifel ein wichtiges Thema sein. Zu weitreichend sind die globalen Folgen des russischen Angriffs. Doch wenn Japans Ministerpräsident Fumio Kishida seine G7-Kollegen aus Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Kanada und den USA am heutigen Freitag in Hiroshima empfängt, treiben den japanischen Ministerpräsidenten noch zwei andere Sorgen um: Chinas militärische Ambitionen und der immer wiederkehrende Versuch des Landes, seine Ziele mit wirtschaftlichem Zwang durchzusetzen.
Seit Russlands Angriff im Februar 2022 warnt Kishida, dass “die Ukraine heute morgen Ostasien sein könnte”. Die Lage rund um Japan verschärfe sich immer mehr. China unternehme Versuche, den Status quo einseitig mit Gewalt zu ändern. Was Kishida damit meint, sind vor allem Chinas Ansprüche auf Taiwan und das Südchinesische Meer.
Als Reaktion vollzieht Japan derzeit seine eigene Zeitenwende: Tokio hat eine überarbeitete Verteidigungsstrategie vorgelegt, will seine Verteidigungsausgaben in den nächsten fünf Jahren verdoppeln und seine Fähigkeiten zum militärischen Gegenschlag verbessern – unter anderem durch den Kauf von Tomahawk-Marschflugkörpern. Es ist eine fundamentale Wende für ein Land, das seit seiner Niederlage im Zweiten Weltkrieg offiziell pazifistisch ist.
Japan unterstützt die westlichen Sanktionen gegen Russland. Im Gegenzug müsse sich Japan bei den Risiken mit China aber auch auf Verbündete und gleichgesinnte Länder verlassen können, forderte Kishida zuletzt in Washington.
Doch gerade hierzu gab es im Westen zuletzt unterschiedliche Auffassungen. Während US-Präsident Joe Biden die jahrzehntealte amerikanische Mehrdeutigkeit beendete und Taiwan im Konfliktfall Amerikas militärische Unterstützung zusicherte, überraschte Frankreichs Präsident Emmanuel Macron bei seinem Besuch in Peking vergangenen Monat mit dem Hinweis: Europa dürfe sich nicht “in Krisen verwickeln lassen, die nicht unsere sind”.
Entsprechend versuchte die Präsidentin der EU-Kommission vor dem G7-Gipfel für Klarheit zu sorgen. “Wir werden unser unerschütterliches Engagement für Frieden und Stabilität in der Taiwanstraße bekräftigen”, kündigte Ursula von der Leyen zu Wochenbeginn an. Japan wird auf dem Gipfel auf eine eindeutige Erklärung hinarbeiten.
Ebenfalls nicht ganz einig ist man beim zweiten Thema – dem wirtschaftlichen Druck Chinas auf andere Länder. “Wir haben Versuche wirtschaftlichen Zwangs erlebt – zum Beispiel von China gegenüber Litauen. Wir haben ähnliche Praktiken gegenüber Japan und Australien gesehen”, sagte von der Leyen. Auch hier müsse man die “Resilienz”, also die ökonomische Widerstandskraft, gegenüber China erhöhen. Das neue Zauberwort heißt: De-Risking.
Die USA hingegen verfolgen eine weitaus härtere Linie gegenüber China. In Washington schlägt das Pendel deutlich mehr in Richtung De-Coupling aus. Allerdings hat die Biden-Administration zuletzt mehr Verständnis für die Haltung der Europäer erkennen lassen. Washington wird erst langsam klar, wie wichtig für viele europäische Staaten die engen Wirtschaftsbeziehungen mit China wirklich sind. Nicht zuletzt die Corona-Pandemie hat gezeigt, wie abhängig beispielsweise die deutsche Industrie von Lieferungen aus China ist.
Offenbar plant die G7 in Japan deshalb neben dem Abschluss-Kommuniqué des Hauptgipfels erstmals auch eine gesonderte Erklärung zur wirtschaftlichen Sicherheit abzugeben. Darin wolle man sich verpflichten, “wirtschaftlichen Zwang gemeinsam abzuschrecken, darauf zu reagieren und ihm entgegenzuwirken”. Dass China in dieser Erklärung explizit genannt wird, ist allerdings eher unwahrscheinlich.
In Peking reagierte man auf die G7-Agenda jedenfalls vorauseilend verärgert. “Wenn auf dem G7-Gipfel die Reaktion auf wirtschaftlichen Zwang diskutiert werden soll, sollte er vielleicht zuerst darüber sprechen, was die USA getan haben”, sagte der Sprecher des chinesischen Außenministeriums.
Hintergrund ist Washingtons weitreichende Exportkontrolle, mit denen die USA versuchen, chinesische Unternehmen den Erwerb von Spitzentechnologien und Hochleistungschips zu erschweren. Die USA üben großen Druck auf westliche Unternehmen wie den niederländischen Chiphersteller ASML aus, sich den US-Sanktionen anzuschließen.
China betrachtet die G7-Kritik als “ideologisch motiviert, ungerechtfertigt, beleidigend und überzogen“, sagt Wang Zichen zu Table.Media. Damit untergrabe die G7 ihren eigenen Anspruch, urteilt der Forscher vom Center for China and Globalisation (CCG) in Peking. “Peking betrachtet die G7 zunehmend als ähnlich wie Five Eyes, Quad und Aukus – kleine, exklusive Kreise, die von den USA angeführt werden, um China einzudämmen.”
Wang warnt vor möglichen Konsequenzen – beispielsweise für Taiwan. “Meiner Meinung nach wird die Wahrscheinlichkeit eines militärischen Konflikts in der Taiwanstraße übertrieben, was kontraproduktiv ist und die Gefahr birgt, zu einer sich selbst erfüllenden Prophezeiung zu werden.” Eine Abschwächung der westlichen Bedenken und konstruktivere Bemerkungen würden mehr dazu beitragen, das Vertrauen in die Stabilität der Taiwanstraße wiederherzustellen, mahnt Wang.
Auch Eberhard Sandschneider blickt kritisch auf die Agenda des G7-Gipfels in Japan. “Die G7 laufen Gefahr, sich in ihrer China-Kritik zu verrennen“, warnt der Politikwissenschaftler. Es sei zwar richtig, Probleme zu benennen, man dürfe sich darin jedoch nicht erschöpfen.
Vielmehr sollte man auch Angebote an China machen. “In jeder Rede ist von China als Partner im Kampf gegen den Klimawandel die Rede”, sagt der Partner der Beratungsfirma Berlin Global Advisors. Auf konkrete Maßnahmen zusammen mit China warte man jedoch bislang vergebens.
China hat in Xi’an den roten Teppich für die zentralasiatischen Staaten Kasachstan, Kirgisistan, Tadschikistan, Turkmenistan und Usbekistan ausgerollt. Präsident Xi Jinping begrüßte die Staatschefs der fünf ehemaligen Sowjetstaaten am Donnerstag zum Auftakt eines zweitägigen Gipfels mit einem Festbankett. Zuvor hielt Xi eine Reihe von Gesprächen mit seinen Gästen ab. Der Haupttag des Gipfels ist der Freitag.
Während die G7-Staaten dann bei ihrem Treffen in Japan ein Zeichen der Geschlossenheit gegen Russland, aber auch gegen China setzen dürften, demonstrieren die Chinesen zeitgleich in Xi’an, dass sie sich nicht isolieren lassen. Sie schmieden eigene Gesprächsformate, in denen nicht der Westen den Ton angibt. Man will Strukturen schaffen, die eine Alternative zur aus Sicht der Chinesen westlich dominierten Weltordnung darstellen.
Zwar gibt es das sogenannte “C+C5”-Format mit den Staaten Zentralasiens bereits seit 2021, doch findet es nach dem Ende der Corona-Pandemie nun erstmals wieder in Präsenz statt. Das Timing für die Charmeoffensive in Xi’an könnte für Peking kaum besser sein.
Moskau spielt noch immer eine wichtige Rolle in der Region. Doch die zentralasiatischen Staaten sind zunehmend bereit, sich stärker auch an China zu orientieren. Schließlich kann Peking das bieten, was Russland spätestens seit Beginn des Krieges in der Ukraine nur noch eingeschränkt leisten kann: eine lukrative wirtschaftliche Zusammenarbeit.
Im Vorfeld des Treffens berichteten chinesische Staatsmedien, dass China eine mehr wirtschaftliche Zusammenarbeit anstrebe. “Wichtige Dokumente” in den Bereichen Wirtschaft, Handel und Konnektivität würden unterzeichnet. Der Gipfel werde den Weg für “einen neuen Durchbruch in der Wirtschafts- und Handelskooperation” zwischen China und den zentralasiatischen Ländern ebnen. Auch der Belt and Road Initiative, die ihren Ausgangspunkt in Xi’an hat, soll neuer Schwung verliehen werden.
Sicher will China Russland nicht die C5-Staaten abspenstig machen. Das wäre nicht im Sinne der oft beschworenen “grenzenlosen” russisch-chinesischen Freundschaft. Dennoch sendet Peking mit dem Gipfel in Xi’an auch eine Botschaft in Richtung Moskau. Xis Entscheidung, die fünf ehemaligen Sowjetstaaten ohne Putin zu versammeln, zeigt, dass Moskau zunehmend als Juniorpartner wahrgenommen wird. China will die treibende Kraft für Stabilität und Wohlstand in der Region sein. Von Stabilität profitiert jedoch auch Russland.
Washington ist derweil kaum noch mehr als ein Zaungast. Die USA hatten bereits 2015 ein eigenes Dialogformat für Zentralasien (C5+1) ins Leben gerufen. Doch seit der Gründungszeremonie vor acht Jahren hat es kein Treffen auf Außenministerebene mehr gegeben. Zwar holten die USA dies im Februar mit einer Reise von Außenminister Antony Blinken in die Region eilig nach. Viel zu bieten hatte er allerdings nicht. Von Jörn Petring