Table.Briefing: Security

F-16 Kampfjet-Koalition formiert sich + EU droht Blamage bei Munitionsversprechen + Frankreich debattiert Militärbudget

Liebe Leserin, lieber Leser,

die Koalition zur Ausbildung ukrainischer Piloten an F-16-Kampfjets nimmt Form an. Das ukrainische Verteidigungsministerium freut sich schon und twitterte am Freitag ein Meme, auf dem der Kreml von F-16-Kampfjets wie Käse geraspelt wird. Der US-Verteidigungsminister Lloyd Austin kündigte an, dass Dänemark und die Niederlande die Führung in der Ausbildung der Ukrainer übernehmen werden. Die könnte kürzer sein als gedacht. Nana Brink und ich haben recherchiert, welches Land sich wie beteiligen könnte und welchen Beitrag Deutschland leisten kann.

Die EU droht sich zu blamieren, wenn sie ihr Versprechen, der Ukraine bis Frühjahr 2024 eine Million Artilleriegranaten zu liefern, nicht einhält. Bis morgen haben die EU-Mitglieder noch Anspruch auf Kompensation, wenn sie Munition aus den eigenen Beständen abgeben. Die EU ist noch weit entfernt von ihrem Ziel, denn die Produktionskapazitäten hochzufahren dauert. Stephan Israel hat den Zwischenstand.

Eine weitere Aufgabe stellt sich der EU im Umgang mit Syriens Diktator Baschar al-Assad. Seine Wiederaufnahme in die Arabische Liga nach zwölf Jahren Krieg ist eine Zäsur. Bente Scheller von der Heinrich-Böll-Stiftung fordert, dass Europa keine Hilfe beim Wiederaufbau leistet, solange das syrische Regime nicht ernsthafte Schritte hin zu einer Machtübergabe an oppositionelle Kräfte unternimmt.

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Ihr
Gabriel Bub
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Analyse

F-16-Kampfjets: Wie die Koalition aussehen könnte

Nachdem US-Präsident Joe Biden beim G7-Gipfel in Hiroshima die Weichen für eine Koalition zur Ausbildung ukrainischer Piloten an F-16-Kampfjets gestellt hatte, nimmt das Ausbildungsprojekt Formen an. US-Verteidigungsminister Lloyd Austin kündigte vergangene Woche an, dass Dänemark und die Niederlande die Führung der Koalition zum Training ukrainischer Piloten übernehmen würden – Norwegen, Belgien, Polen und Portugal hätten bereits erklärt, an dem Ausbildungsprojekt teilzunehmen. US-Generalstabschef Mark Milley rechnete vor, dass die Bereitstellung von zehn F-16 inklusive Wartung 2 Milliarden Dollar kosten würden. Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell sagte vergangene Woche in Brüssel, dass die Ausbildung in mehreren Ländern schon begonnen habe.

Bereits im Juli 2022 hatte das US-Repräsentantenhaus 100 Millionen US-Dollar für die Ausbildung ukrainischer Piloten an F-16-Kampfjets genehmigt. Im Februar sagte der Sprecher der ukrainischen Luftwaffe, Juri Ihnat, dass Start- und Landebahnen planiert würden, um F-16-Flieger, die etwas empfindlicher als die derzeit in der Ukraine genutzten MiG-29-Modelle sind, starten und landen zu lassen. Vertreter der US-Regierung schätzen, dass die Ausbildung und die Lieferung der F-16 mindestens 18 Monate dauern würde.

Das ukrainische Verteidigungsministerium twitterte am Freitag, dass es vier F-16-Geschwader (48 Jets) benötige, um “unser Land vom Aggressor zu befreien”. Die Niederlande, die ihre F-16-Flotte durch F-35 ersetzen wollen, haben nach eigenen Angaben 42 F-16 in ihrem Bestand, von denen aber nur 24 einsatzbereit sind. Polen verfügt nach Angaben des Standardwerks Military Balance des International Institute for Strategic Studies über 48, Belgien über 53, Portugal über 30 und Dänemark über 44 Flieger. Norwegen hatte bis Ende vergangenen Jahres 64 im Bestand, die es jetzt durch F-35 ersetzt.

Ausbildung könnte in vier Monaten ablaufen

Ein ehemaliger Jet-Pilot und Ausbilder an der United States Air Force Weapons School, der anonym bleiben möchte, hält die F-16 für eine “fähige und vielseitige Plattform, die vor allem mit einer breiten Auswahl an Waffen bestückt und eingesetzt werden kann”. Diese Waffen seien überall in der Nato verfügbar und für sie bestünde ein robustes Netzwerk an Produktionsstätten. In einem andauernden Konflikt wie in der Ukraine seien “die Produktions- und Versorgungsketten genauso wichtig wie die Fähigkeiten des Kampfjets”.

Das US-Nachrichtenportal Yahoo! News zitierte kürzlich aus einer Lagebewertung der US-Luftwaffe, “es würde nur vier Monate dauern, ukrainische Piloten an F-16-Kampfflugzeugen auszubilden, ein weitaus kürzerer Zeitrahmen als der von Pentagon-Beamten wiederholt angegebene Zeitraum”. Zwei ukrainische Piloten, die auf russischen Flugzeugen des Typs MiG-29 und Su-27 ausgebildet worden sind, sollen an der Morris Air National Guard Base in Tucson (Arizona) kein “formales Training” an einer F-16 bekommen haben, sondern nur eine technische Einführung und ein 11-stündiges Training an einem Flugsimulator.

Beide Piloten, so der Bericht, seien danach in der Lage gewesen, das Flugzeug am Simulator zu landen und “Scheinangriffe auszuführen, die ihnen während des Flugs übermittelt wurden”. Ein weiterer ehemaliger US-Kampfpilot, dessen Namen der Table.Media-Redaktion bekannt ist, bestätigte die Einschätzung des Berichts, nachdem ein vier bis fünfmonatiges Training an einer F-16 ausreichen würde, da sie “sehr effektiv” fliegen. 

Deutschland prüft, wie es sich beteiligen kann

Bundeskanzler Olaf Scholz wollte sich noch nicht zur Unterstützung einer Kampfjet-Koalition aussprechen, Verteidigungsminister Boris Pistorius sagte, man prüfe, wie Deutschland helfen könne. Ohnehin hat Deutschland keine F-16-Flugzeuge, die es liefern könnte, andere Modelle wären unwahrscheinlich.

“Bei den wenigen noch einsatzbereiten Tornados kommen derzeit 200 Wartungsstunden auf eine Flugstunde und mit der Abgabe von Eurofightern könnte die Luftwaffe ihre Verpflichtungen gegenüber der Nato nicht mehr erfüllen”, sagte der Grünen-Verteidigungspolitiker Philip Krämer gegenüber Table.Media. “Ich kann mir aber gut vorstellen, dass Deutschland sich mit der Mitnutzung von Flugfeldern, Bereitstellung von kompatiblen Flugkörpern sowie anderen Ausbildungs- und Unterstützungsleistungen einbringt.” Ein Ausbildungsort könnte die US Air Base in Spangdahlem in der Eifel sein, wo F-16-Jets stationiert sind.

Der ukrainische Verteidigungsminister Oleksij Resnikow sagte der Funke-Mediengruppe und der französischen Zeitung Ouest France am Dienstag, dass er sich wünsche, dass “Deutschland bei der Ausbildung unserer Piloten auf Eurofightern mitmachen würde”. Eine Kampfjet-Koalition könne sich auch um das Kernmodell F-16 mit Eurofightern und den schwedischen Gripen bilden. Wenn Deutschland und Großbritannien ihre Kapazitäten beim Eurofighter zusammenlegten, sei das “ein wichtiger Schritt”, sagte Resnikow.

Mirage und Gripen als Alternative

Bevor Biden seine Kehrtwende vollzog, hatten der britische Premierminister Rishi Sunak und der französische Präsident Emmanuel Macron öffentlich für eine Koalition geworben. Allerdings verfügen auch diese beiden Länder nicht über F-16, die sie abgeben könnten.

Dass Frankreich seine modernen und teuren Rafale-Kampfjets zur Verfügung stellt, scheint unwahrscheinlich. Im März bestätigte das französische Verteidigungsministerium, dass ukrainisches Personal an Mirage 2000-Kampfets ausgebildet würde. Eine Pilotenausbildung fände nicht statt, die Ukrainer würden lediglich in Boden-Luft-Verteidigung und Überlebenstraining im Falle eines Flugzeugabsturzes geschult. Eine weitere Option wären die schwedischen Gripen-Jets. Der schwedische Verteidigungsminister Pål Jonson sagte, dass einige ukrainische Piloten die JAS 39 Gripen testen dürften.

Anmerkung der Redaktion: Die Passage mit den Aussagen des ukrainischen Verteidigungsministers Oleksij Resnikow haben wir nachträglich ergänzt.

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Munition: Das Millionenversprechen der EU ist nicht ohne Risiko

Die ambitionierte Zahl hat ursprünglich Estlands Regierungschefin Kaja Kallas lanciert, eine entschlossene Unterstützerin der Ukraine. Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell und Binnenmarktkommissar Thierry Breton haben das politische Ziel übernommen, eher unüberlegt und ohne große Rücksprache mit den Herstellern, sagen Kritiker: Die Ukraine soll innerhalb eines Jahres eine Million Artilleriegeschosse bekommen, hauptsächlich vom Kaliber 155 Millimeter.

In Brüssel können Vorstöße manchmal eine Eigendynamik entwickeln. Der Plan zur Munitionsbeschaffung von Borrell und Breton ist ein gutes Beispiel dafür. Hinter den Kulissen haben einzelne Minister sehr wohl Vorbehalte geäußert, ob das fixe Ziel angesichts der Kapazitäten der Rüstungsindustrie realistisch und politisch klug sei. Am Ende haben allerdings alle zugestimmt. Nun wird die EU an der Zahl gemessen werden. Kommt man im Frühjahr 2024 in die Nähe der Million, ist es noch mal gut gegangen. Liegt die EU weit darunter, ist Brüssel blamiert.

220.000 Geschosse seit März

In den ersten zwei Monaten seit der Zusage Ende März sah es gar nicht gut aus. Gemäß dem mehrgleisigen Plan sollen die EU-Staaten in einem ersten Schritt noch einmal aus ihren Beständen Artilleriemunition der Ukraine abgeben. Lange stagnierte die Zahl aber bei wenigen zehntausend Geschossen. Vergangene Woche meldete Josep Borrell dann einen Sprung auf 220.000 Stück. Der Außenbeauftragte erklärte den überraschenden Anstieg mit der Frist für Track 1.

Die Mitgliedstaaten haben bis zum 31. Mai Zeit, Artilleriemunition aus den Beständen zu liefern, wenn sie die Kompensation in Anspruch nehmen wollen. Meldungen sind noch bis Mitte Juli möglich. Die Mitgliedstaaten werden zu 50 bis 60 Prozent des Werts entschädigt. Eine Granate kostet durchschnittlich rund 4000 Euro. Für Track 1 ist eine Milliarde Euro aus der Europäischen Friedensfazilität reserviert, ein Fonds außerhalb des EU-Haushalts.

EU weit enfernt von ihrem Ziel

Wenn die Mitgliedstaaten in sechs Wochen alle Lieferungen gemeldet haben werden, dürfte die Zwischenbilanz also noch etwas besser aussehen. Aber die EU wird noch immer weit entfernt von ihrem Ziel sein. Es war von Anfang an klar, dass die Mitgliedstaaten nicht mehr große Reserven haben, auch wenn die genauen Zahlen ein gut gehütetes Geheimnis sind. Über Track 2 ist deshalb eine zweite Milliarde Euro vorgesehen, um gemeinsame Beschaffungen der Mitgliedstaaten zu subventionieren, für die Ukraine, aber auch um eigene Bestände aufzufüllen. Doch kann die Rüstungsindustrie auch innerhalb nützlicher Frist liefern?

Binnenmarktkommissar Thierry Breton versucht seinen Coup bei der Beschaffung von Corona-Impfstoffen zu wiederholen. Auch damals schien die Lage hoffnungslos, und Brüssel drohte am Ziel zu scheitern, die 450 Millionen EU-Bürgerinnen und Bürger mit Impfstoff zu versorgen. Ebenso wie bei der Impfstoffbeschaffung betritt die EU auch jetzt bei der Munitionsbeschaffung Neuland. Damals wie heute besuchte der Franzose Breton alle Produktionsstätten in den Mitgliedstaaten, um Kapazitäten zu sondieren und Engpässe zu eruieren. Immerhin, es gibt zwölf Hersteller von 155-Millimeter-Geschossen in neun EU-Staaten sowie in Norwegen.

Rheinmetall fährt Produktionskapazitäten hoch

Nach großen Startschwierigkeiten hatten die EU-Staaten beim Impfstoff am Ende Dosen im Überfluss. Dass es bei der Munitionsbeschaffung ähnlich kommt, ist möglich, aber nicht sehr wahrscheinlich. Bei der Herstellung von Artilleriegranaten gibt es andere Sachzwänge. Das Pulver müsse sechs Monate gelagert und getrocknet werden, bevor es abgefüllt werden könne, erwähnte Verteidigungsminister Boris Pistorius vergangene Woche in Brüssel als Beispiel. Unternehmen wie Rheinmetall sind zwar dabei, ihre Kapazitäten hochzufahren, von derzeit 350.000 in Europa bis hin zu 600.000 pro Jahr. Das braucht aber Zeit und die meisten Hersteller sind ausgebucht, mit Lieferfristen bis ins nächste Jahr.

Erschwerend kommen selbst verschuldete Hindernisse und weitere Unabwägbarkeiten hinzu. So hat Frankreich durchgesetzt, dass die Munition “made in Europe” sein muss. Bestandteile dürfen zwar aus Drittstaaten wie Australien oder Südafrika kommen, die Geschosse müssen aber in der EU zusammengesetzt werden. Umstritten war bis zuletzt auch, ob die Europäische Verteidigungsagentur die Bestellungen koordinieren soll, die allerdings bisher mit Munitionsbeschaffung keine Erfahrung hat. Nun soll es deshalb parallel auch Sammelbestellungen geben, angeführt unter anderem von Deutschland. Es bleibt offen, ob die EU bei der Munitionsbeschaffung ihr ambitioniertes Ziel erreicht.

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News

25 Kfor-Soldaten im Kosovo verletzt

Am Montagabend ist es zu Zusammenstößen im Norden des Kosovo gekommen, bei denen nach Angaben der Nato-geführten Kosovo-Schutztruppe (Kfor) 25 Soldaten verletzt wurden. Nachdem die Kfor-Soldaten versucht hätten, gewalttätige Proteste von Serben mit Blendgranaten und Tränengas aufzulösen, seien sie mit Molotow-Cocktails, Flaschen und Steinen beworfen worden, berichtete die Kfor gestern Abend. Lokale Medien berichten auch von Verletzten auf serbischer Seite. Ein Mann sei durch Schüsse verletzt worden; die verletzten Soldaten hätten Knochenbrüche und Verbrennungen davongetragen.

Die Kfor hatte am Montag ihre Präsenz in vier Orten im mehrheitlich serbisch besiedelten Norden des Kosovos verstärkt. Rund 300 Soldaten in Kampfmontur bezogen unter anderem vor dem Gemeindeamt in Zvečan Stellung, um den Einzug von im April gewählten kosovo-albanischen Bürgermeistern gegen Proteste serbischer Bewohner abzusichern.

«Das Ziel ist es, ein sicheres Umfeld und Bewegungsfreiheit für alle Gemeinschaften im Kosovo zu schaffen», teilte die Kfor am Montag mit. Die kosovarische Polizei hatte schon vor den Zusammenstößen Tränengas eingesetzt, nachdem es Demonstranten gelungen war, in Zvečan eine Sicherheitsbarriere zu durchbrechen, berichteten kosovarische Medien.

Der serbische Verteidigungsminister Miloš Vučević kündigte am Montag an, dass die serbische Armee entlang der Grenze zum Kosovo bis kommenden Freitag in höchste Gefechtsbereitschaft versetzt worden sei. Ziel sei es aber, eine politische Lösung zu finden, um Spannungen zwischen den kosovo-albanischen Behörden und der serbischen Bevölkerung im Norden des Landes abzubauen.

Bereits am Sonntag hatte Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg die Regierung des Kosovo aufgefordert, die Spannungen mit Serbien abzubauen. “Pristina muss deeskalieren und darf keine einseitigen, destabilisierenden Schritte unternehmen”, schrieb Stoltenberg auf dem Kurznachrichtendienst Twitter. Der kosovarische Premierminister Albin Kurti versicherte danach, dass die kosovo-albanischen Bürgermeister “Dienstleistungen für alle Bürger erbringen werden”.

Schon am vergangenen Freitag war es in Zvečan zu Zusammenstößen gekommen, nachdem militante Serben kosovarische Polizisten angegriffen hatten. Die Polizei hatte den neuen Bürgermeister, einen Albaner, der sein Amt antreten wollte, eskortiert. Serben hatten auch in zwei anderen Orten des Nord-Kosovos protestiert, wo ebenfalls albanische Bürgermeister die Amtsgeschäfte übernahmen.

Die drei Bürgermeister waren im April gewählt worden, wobei fast alle Serben die Wahl boykottiert hatten. Deshalb kommen die Wahlsieger aus albanischen Parteien. Die bisherigen serbischen Bürgermeister hatten ihre Funktionen im November 2022 aus Protest gegen die Politik der kosovarischen Regierung niedergelegt. mrb

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Frankreichs Militärbudgetgesetz auf der Zielgeraden

Frankreichs Verteidigungspolitiker haben ein straffes Programm vor sich. Diese Woche diskutiert die französische Assemblée Nationale noch das Militärbudgetgesetz, die Loi de Programmation Militaire, das die Ausgaben für die französische Verteidigung von 2024 bis 2030 festlegen soll. Mit 413 Milliarden Euro in sieben Jahren planen Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und sein Verteidigungsminister Sébastien Lecornu einen Rekordhaushalt. Der Élysée will das Gesetz noch vor dem französischen Nationalfeiertag am 14. Juli durch die beiden Parlamentskammern bringen. Nach der Debatte, die diese Woche in der Assemblée Nationale beendet werden soll, muss der Entwurf durch den Senat, wo die Mehrheiten dafür aber schneller gewonnen werden dürften.

Mit den Planungen legt Frankreich einen Schwerpunkt auf die Stärkung seiner geheimdienstlichen Fähigkeiten und der nuklearen Abschreckung. Die Politikwissenschaftlerin Rym Momtaz schreibt, dass Lehren aus Russlands Angriff auf die Ukraine sich nicht in den Plänen wiederfänden, weil die Aufstockung der Waffen- und Munitionsproduktion vernachlässigt würde. Opposition und Verbände kritisieren, dass die integrierten Inflationsprognosen zu optimistisch seien und dass Rhetorik der französischen “Transformation” und die tatsächlichen Pläne weit auseinanderlägen.

In die Pläne sind auch Budgets für die deutsch-französischen Rüstungsprojekte Future Combat Air System (FCAS) und das Panzerprojekt Main Ground Combat System (MGCS) eingespeist. Lecornu sagte vergangene Woche, dass er am 12. Juni nach Berlin reisen wolle, um den Fortgang des von Deutschland geführten MGCS-Projekts zu besprechen. Beide Kooperationen geraten immer wieder ins Stocken.

Die Assemblée Nationale erwägt rund 1.800 Änderungen, ein Abgeordneter fordert etwa die Einrichtung einer “industriellen Reserve”, die im Kriegsfall die industrielle Produktion verstärken könnte. bub

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USA beginnen in Bayern Ausbildung an Abrams-Kampfpanzern

Auf dem Truppenübungsplatz der US-Armee im bayerischen Grafenwöhr hat das Training ukrainischer Soldaten an amerikanischen Abrams-Panzern begonnen. 200 ukrainische Einsatzkräfte lernen in Grafenwöhr die Bedienung der Panzer, Einsatztaktiken und bekommen eine medizinische Ausbildung.

Mitte Mai waren 31 Abrams-Übungspanzer in Grafenwöhr eingetroffen. Die ukrainischen Panzerbesatzungen sollen in ihrer Instandhaltung geschult und so umfassend auf ihren Einsatz im russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine vorbereitet werden.

US-Generalstabschef Mark Milley hatte im April bei einem Treffen der Ukraine-Kontaktgruppe auf dem US-Luftwaffenstützpunkt in Ramstein gesagt, die USA würden für die Ausbildung zuerst Übungspanzer liefern, die nicht kampftauglich seien. Die für den Kriegseinsatz gedachten Abrams-Panzer würden noch instand gesetzt. US-Verteidigungsminister Lloyd Austin sagte, die USA hätten die Auslieferung beschleunigt, um der Ukraine in den kommenden Monaten mehr gepanzerte Ausrüstung zur Verfügung stellen zu können.

Im Januar hatte die US-Regierung nach langem Hin und Her und parallel zur deutschen Zusage von Leopard-Panzern für Kiew angekündigt, der Ukraine 31 Kampfpanzer vom Typ M1 Abrams zu liefern. Washington hatte damals betont, dass es noch «viele Monate» dauern werde, bis diese in der Ukraine ankämen. Zunächst hatte die US-Regierung noch argumentiert, sie halte die Bereitstellung dieses Kampfpanzers aus verschiedenen praktischen Gründen nicht für sinnvoll. Am Ende schwenkte Washington jedoch um. dpa

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Presseschau

The Moscow Times – ‘Almost Nothing Had Changed’: Anti-War Russians Risk First Trips Home Since Invasion: Krieg? Welcher Krieg? Gegner und Gegnerinnen des russischen Krieges, die aus Russland geflohen waren und jetzt zurückkehren, sind überrascht vom Alltag in Russland. Gerade in den Metropolen gelingt es dem Regime, eine Normalität aufrechtzuerhalten, die den Krieg verdrängt und damit auch Kritik gar nicht aufkommen lässt.

Podcast: Sicherheitshalber – Polens ambitionierte Verteidigungsplanung: Polen will massiv aufrüsten und hat dafür schon viel Geld in die USA und nach Südkorea überwiesen. Justyna Gotkowska vom Center for Eastern Studies (OSW) spricht darüber, wie die Pläne sich mit den polnischen Finanzen vertragen und welche Rolle die gemeinsame Sicherheitspolitik der EU aus polnischer Sicht spielt.

Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) – Den Krieg in Sudan stoppen: Im Sudan ist eine schnelle militärische Entscheidung angesichts des relativ ausgeglichenen Kräfteverhältnisses zwischen den Sudanesischen Streitkräften (SAF) und den Rapid Support Forces (RSF) nicht zu erwarten. Die Bundesregierung sollte sich bei der Konfliktschlichtung um eine stärkere Einbindung ziviler Kräfte bemühen, empfiehlt die SWP.

Standpunkt

Vorschuss für den Falschen

Nicht nur Druck, sondern auch Anreize brauche es, um den anhaltenden Kriegszustand in Syrien zu beenden – so begründeten Vertreter arabischer Staaten im Mai die Entscheidung der Arabischen Liga, dass Syrien fortan seinen Sitz in der Organisation wieder einnehmen dürfe. Elf Jahre zuvor war Syrien aufgrund von Baschar al-Assads gewaltsamer Niederschlagung der Proteste im eigenen Land ausgeschlossen worden.

Die Kehrtwende der arabischen Staaten entspringt eher Resignation als Hoffnung: Zwar wird derzeit nur noch an wenigen Orten Syriens gekämpft, doch die Lage ist verheerend. Das Land liegt in Trümmern, über 90 Prozent der in Syrien verbliebenen Hälfte der Bevölkerung leben in Armut. Die syrischen Sicherheitskräfte verüben weiterhin schwerste Menschenrechtsverbrechen und das Schicksal von über Hunderttausend Verschleppten und Verschwundenen ist ungeklärt.

Eine sichere Rückkehr der über 5,6 Millionen aus Syrien Geflohenen ist unter diesen Umständen nicht möglich. Die meisten von ihnen leben in prekären Verhältnissen in den Nachbarstaaten, insbesondere der Türkei, in Jordanien und im Libanon. Letzterer befindet sich seit 2019 selbst in einer dramatischen Krise; statt dringend benötigte Reformen einzuleiten, dienen die syrischen Geflüchteten der politischen Elite parteiübergreifend als Sündenböcke.

Captagon aus Syrien beunruhigt Herrscher am Golf

Für die Golfstaaten ist das größte Ärgernis an der Situation in Syrien, dass ihre Länder zum Hauptmarkt für Syriens Drogenschmuggel geworden sind. Seit Jahren überschwemmt billig in großer Menge produziertes Captagon aus Syrien die Region – ein Geschäft, das direkt in den Händen des Regimes liegt. Da dessen internationale Isolation daran nichts verändert hat, tritt die Arabische Liga nun politisch in Vorleistung. Sie erhofft sich von der symbolischen Öffnung substanzielle Zugeständnisse seitens Assads. Für Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate sieht Syrien-Expertin Natasha Hall überdies geopolitische Erwägungen: “Sie können absehen, wie die USA sich graduell immer weiter vom Nahen Osten abwenden, und so schauen sie, wie sie sich mit Russland oder China gutstellen können.”

Ein “erster Schritt” sei dies zur Normalisierung, die im Einklang mit der UN-Sicherheitsratsresolution 2254 stehen soll, nicht konkurrierend, sondern komplementär. Humanitäre, politische und Sicherheitsfragen sollen angegangen werden. Es war ein knappes Votum, längst nicht alle Mitgliedsstaaten der Arabischen Liga stimmten dafür. Insbesondere Katar, das seit Beginn des Konfliktes Assads Opponenten unterstützte, ist dagegen, verhinderte den Schritt jedoch auch nicht. Doch angesichts des lautstarken Optimismus, mit dem die treibenden Kräfte der Normalisierung loben, wie positiv Assad die Entscheidung aufgenommen habe, scheinen sie selbst nicht allzu überzeugt davon zu sein.

Jordanien geht gegen Waffenschmuggel vor

Bestes Beispiel ist Jordanien, das 2021 bereits bilateral die Hand in Richtung Damaskus ausstreckte. Just einen Tag nach der Ankündigung der Arabischen Liga bombardierte Jordaniens Luftwaffe in Südsyrien das Anwesen eines bekannten Drogenhändlers, tötete ihn und seine Familie. “Unser Land hat fürchterlich gelitten, und wir werden tun, was immer nötig ist, dieser Bedrohung zu begegnen – und sei es mit militärischer Gewalt innerhalb Syriens”, erklärte der jordanische Außenminister Ayman Safadi.

Im Gegenzug zur Normalisierung hatte Jordanien schon 2021 gefordert, das syrische Regime müsse den Schmuggel, der zum Großteil durch Jordanien führt, unterbinden. Stattdessen hatten die jordanischen Behörden jedoch immer mehr Drogen aufgebracht und waren an der Grenze immer wieder in Gefechte mit Schmugglern verwickelt worden.

Keine Hilfen für den Wiederaufbau

Insofern tun europäische Staaten gut daran, die eigene Linie beizubehalten: kein Wiederaufbau ohne erkennbare ernsthafte Schritte einer Machtübergabe in Syrien. Denn bei allem vollmundigem Tönen der arabischen Staaten, sie wollten jetzt eine eigene Initiative anführen: Bezahlen wollen sie nicht. Seit jeher schultern die USA und Europa den Löwenanteil humanitärer Hilfen, der Syrer*innen in- und außerhalb Syriens das absolute Minimum zum Überleben sichert.  

Dass die Arabische Liga sich für eine Verbesserung der Menschenrechtslage einsetzen wird, ist kaum zu erwarten. Umso wichtiger, dass Europa im eigenen Interesse seine Sanktionen gegen jene Individuen und Organisationen aufrechterhält, die an den Menschenrechtsverletzungen beteiligt sind. Diese sind es, die Millionen Syrerinnen und Syrer zur Flucht gezwungen haben und deren Rückkehr verhindern. Vor allem für sie wird der Schulterschluss zwischen Assad und den anderen Autokraten greifbare negative Konsequenzen haben, wenn Europa nicht wenigstens ein bisschen dagegenhält.

Bente Scheller leitet das Referat für Nordafrika und den Nahen Osten der Heinrich-Böll-Stiftung in Berlin. Sie ist Marshall Memorial Fellow des German Marshall Fund of the United States und Associate Fellow am International Centre for the Study of Radicalization am Londoner King’s College.

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Security.Table Redaktion

SECURITY.TABLE REDAKTION

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    Die EU droht sich zu blamieren, wenn sie ihr Versprechen, der Ukraine bis Frühjahr 2024 eine Million Artilleriegranaten zu liefern, nicht einhält. Bis morgen haben die EU-Mitglieder noch Anspruch auf Kompensation, wenn sie Munition aus den eigenen Beständen abgeben. Die EU ist noch weit entfernt von ihrem Ziel, denn die Produktionskapazitäten hochzufahren dauert. Stephan Israel hat den Zwischenstand.

    Eine weitere Aufgabe stellt sich der EU im Umgang mit Syriens Diktator Baschar al-Assad. Seine Wiederaufnahme in die Arabische Liga nach zwölf Jahren Krieg ist eine Zäsur. Bente Scheller von der Heinrich-Böll-Stiftung fordert, dass Europa keine Hilfe beim Wiederaufbau leistet, solange das syrische Regime nicht ernsthafte Schritte hin zu einer Machtübergabe an oppositionelle Kräfte unternimmt.

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    F-16-Kampfjets: Wie die Koalition aussehen könnte

    Nachdem US-Präsident Joe Biden beim G7-Gipfel in Hiroshima die Weichen für eine Koalition zur Ausbildung ukrainischer Piloten an F-16-Kampfjets gestellt hatte, nimmt das Ausbildungsprojekt Formen an. US-Verteidigungsminister Lloyd Austin kündigte vergangene Woche an, dass Dänemark und die Niederlande die Führung der Koalition zum Training ukrainischer Piloten übernehmen würden – Norwegen, Belgien, Polen und Portugal hätten bereits erklärt, an dem Ausbildungsprojekt teilzunehmen. US-Generalstabschef Mark Milley rechnete vor, dass die Bereitstellung von zehn F-16 inklusive Wartung 2 Milliarden Dollar kosten würden. Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell sagte vergangene Woche in Brüssel, dass die Ausbildung in mehreren Ländern schon begonnen habe.

    Bereits im Juli 2022 hatte das US-Repräsentantenhaus 100 Millionen US-Dollar für die Ausbildung ukrainischer Piloten an F-16-Kampfjets genehmigt. Im Februar sagte der Sprecher der ukrainischen Luftwaffe, Juri Ihnat, dass Start- und Landebahnen planiert würden, um F-16-Flieger, die etwas empfindlicher als die derzeit in der Ukraine genutzten MiG-29-Modelle sind, starten und landen zu lassen. Vertreter der US-Regierung schätzen, dass die Ausbildung und die Lieferung der F-16 mindestens 18 Monate dauern würde.

    Das ukrainische Verteidigungsministerium twitterte am Freitag, dass es vier F-16-Geschwader (48 Jets) benötige, um “unser Land vom Aggressor zu befreien”. Die Niederlande, die ihre F-16-Flotte durch F-35 ersetzen wollen, haben nach eigenen Angaben 42 F-16 in ihrem Bestand, von denen aber nur 24 einsatzbereit sind. Polen verfügt nach Angaben des Standardwerks Military Balance des International Institute for Strategic Studies über 48, Belgien über 53, Portugal über 30 und Dänemark über 44 Flieger. Norwegen hatte bis Ende vergangenen Jahres 64 im Bestand, die es jetzt durch F-35 ersetzt.

    Ausbildung könnte in vier Monaten ablaufen

    Ein ehemaliger Jet-Pilot und Ausbilder an der United States Air Force Weapons School, der anonym bleiben möchte, hält die F-16 für eine “fähige und vielseitige Plattform, die vor allem mit einer breiten Auswahl an Waffen bestückt und eingesetzt werden kann”. Diese Waffen seien überall in der Nato verfügbar und für sie bestünde ein robustes Netzwerk an Produktionsstätten. In einem andauernden Konflikt wie in der Ukraine seien “die Produktions- und Versorgungsketten genauso wichtig wie die Fähigkeiten des Kampfjets”.

    Das US-Nachrichtenportal Yahoo! News zitierte kürzlich aus einer Lagebewertung der US-Luftwaffe, “es würde nur vier Monate dauern, ukrainische Piloten an F-16-Kampfflugzeugen auszubilden, ein weitaus kürzerer Zeitrahmen als der von Pentagon-Beamten wiederholt angegebene Zeitraum”. Zwei ukrainische Piloten, die auf russischen Flugzeugen des Typs MiG-29 und Su-27 ausgebildet worden sind, sollen an der Morris Air National Guard Base in Tucson (Arizona) kein “formales Training” an einer F-16 bekommen haben, sondern nur eine technische Einführung und ein 11-stündiges Training an einem Flugsimulator.

    Beide Piloten, so der Bericht, seien danach in der Lage gewesen, das Flugzeug am Simulator zu landen und “Scheinangriffe auszuführen, die ihnen während des Flugs übermittelt wurden”. Ein weiterer ehemaliger US-Kampfpilot, dessen Namen der Table.Media-Redaktion bekannt ist, bestätigte die Einschätzung des Berichts, nachdem ein vier bis fünfmonatiges Training an einer F-16 ausreichen würde, da sie “sehr effektiv” fliegen. 

    Deutschland prüft, wie es sich beteiligen kann

    Bundeskanzler Olaf Scholz wollte sich noch nicht zur Unterstützung einer Kampfjet-Koalition aussprechen, Verteidigungsminister Boris Pistorius sagte, man prüfe, wie Deutschland helfen könne. Ohnehin hat Deutschland keine F-16-Flugzeuge, die es liefern könnte, andere Modelle wären unwahrscheinlich.

    “Bei den wenigen noch einsatzbereiten Tornados kommen derzeit 200 Wartungsstunden auf eine Flugstunde und mit der Abgabe von Eurofightern könnte die Luftwaffe ihre Verpflichtungen gegenüber der Nato nicht mehr erfüllen”, sagte der Grünen-Verteidigungspolitiker Philip Krämer gegenüber Table.Media. “Ich kann mir aber gut vorstellen, dass Deutschland sich mit der Mitnutzung von Flugfeldern, Bereitstellung von kompatiblen Flugkörpern sowie anderen Ausbildungs- und Unterstützungsleistungen einbringt.” Ein Ausbildungsort könnte die US Air Base in Spangdahlem in der Eifel sein, wo F-16-Jets stationiert sind.

    Der ukrainische Verteidigungsminister Oleksij Resnikow sagte der Funke-Mediengruppe und der französischen Zeitung Ouest France am Dienstag, dass er sich wünsche, dass “Deutschland bei der Ausbildung unserer Piloten auf Eurofightern mitmachen würde”. Eine Kampfjet-Koalition könne sich auch um das Kernmodell F-16 mit Eurofightern und den schwedischen Gripen bilden. Wenn Deutschland und Großbritannien ihre Kapazitäten beim Eurofighter zusammenlegten, sei das “ein wichtiger Schritt”, sagte Resnikow.

    Mirage und Gripen als Alternative

    Bevor Biden seine Kehrtwende vollzog, hatten der britische Premierminister Rishi Sunak und der französische Präsident Emmanuel Macron öffentlich für eine Koalition geworben. Allerdings verfügen auch diese beiden Länder nicht über F-16, die sie abgeben könnten.

    Dass Frankreich seine modernen und teuren Rafale-Kampfjets zur Verfügung stellt, scheint unwahrscheinlich. Im März bestätigte das französische Verteidigungsministerium, dass ukrainisches Personal an Mirage 2000-Kampfets ausgebildet würde. Eine Pilotenausbildung fände nicht statt, die Ukrainer würden lediglich in Boden-Luft-Verteidigung und Überlebenstraining im Falle eines Flugzeugabsturzes geschult. Eine weitere Option wären die schwedischen Gripen-Jets. Der schwedische Verteidigungsminister Pål Jonson sagte, dass einige ukrainische Piloten die JAS 39 Gripen testen dürften.

    Anmerkung der Redaktion: Die Passage mit den Aussagen des ukrainischen Verteidigungsministers Oleksij Resnikow haben wir nachträglich ergänzt.

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    Die ambitionierte Zahl hat ursprünglich Estlands Regierungschefin Kaja Kallas lanciert, eine entschlossene Unterstützerin der Ukraine. Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell und Binnenmarktkommissar Thierry Breton haben das politische Ziel übernommen, eher unüberlegt und ohne große Rücksprache mit den Herstellern, sagen Kritiker: Die Ukraine soll innerhalb eines Jahres eine Million Artilleriegeschosse bekommen, hauptsächlich vom Kaliber 155 Millimeter.

    In Brüssel können Vorstöße manchmal eine Eigendynamik entwickeln. Der Plan zur Munitionsbeschaffung von Borrell und Breton ist ein gutes Beispiel dafür. Hinter den Kulissen haben einzelne Minister sehr wohl Vorbehalte geäußert, ob das fixe Ziel angesichts der Kapazitäten der Rüstungsindustrie realistisch und politisch klug sei. Am Ende haben allerdings alle zugestimmt. Nun wird die EU an der Zahl gemessen werden. Kommt man im Frühjahr 2024 in die Nähe der Million, ist es noch mal gut gegangen. Liegt die EU weit darunter, ist Brüssel blamiert.

    220.000 Geschosse seit März

    In den ersten zwei Monaten seit der Zusage Ende März sah es gar nicht gut aus. Gemäß dem mehrgleisigen Plan sollen die EU-Staaten in einem ersten Schritt noch einmal aus ihren Beständen Artilleriemunition der Ukraine abgeben. Lange stagnierte die Zahl aber bei wenigen zehntausend Geschossen. Vergangene Woche meldete Josep Borrell dann einen Sprung auf 220.000 Stück. Der Außenbeauftragte erklärte den überraschenden Anstieg mit der Frist für Track 1.

    Die Mitgliedstaaten haben bis zum 31. Mai Zeit, Artilleriemunition aus den Beständen zu liefern, wenn sie die Kompensation in Anspruch nehmen wollen. Meldungen sind noch bis Mitte Juli möglich. Die Mitgliedstaaten werden zu 50 bis 60 Prozent des Werts entschädigt. Eine Granate kostet durchschnittlich rund 4000 Euro. Für Track 1 ist eine Milliarde Euro aus der Europäischen Friedensfazilität reserviert, ein Fonds außerhalb des EU-Haushalts.

    EU weit enfernt von ihrem Ziel

    Wenn die Mitgliedstaaten in sechs Wochen alle Lieferungen gemeldet haben werden, dürfte die Zwischenbilanz also noch etwas besser aussehen. Aber die EU wird noch immer weit entfernt von ihrem Ziel sein. Es war von Anfang an klar, dass die Mitgliedstaaten nicht mehr große Reserven haben, auch wenn die genauen Zahlen ein gut gehütetes Geheimnis sind. Über Track 2 ist deshalb eine zweite Milliarde Euro vorgesehen, um gemeinsame Beschaffungen der Mitgliedstaaten zu subventionieren, für die Ukraine, aber auch um eigene Bestände aufzufüllen. Doch kann die Rüstungsindustrie auch innerhalb nützlicher Frist liefern?

    Binnenmarktkommissar Thierry Breton versucht seinen Coup bei der Beschaffung von Corona-Impfstoffen zu wiederholen. Auch damals schien die Lage hoffnungslos, und Brüssel drohte am Ziel zu scheitern, die 450 Millionen EU-Bürgerinnen und Bürger mit Impfstoff zu versorgen. Ebenso wie bei der Impfstoffbeschaffung betritt die EU auch jetzt bei der Munitionsbeschaffung Neuland. Damals wie heute besuchte der Franzose Breton alle Produktionsstätten in den Mitgliedstaaten, um Kapazitäten zu sondieren und Engpässe zu eruieren. Immerhin, es gibt zwölf Hersteller von 155-Millimeter-Geschossen in neun EU-Staaten sowie in Norwegen.

    Rheinmetall fährt Produktionskapazitäten hoch

    Nach großen Startschwierigkeiten hatten die EU-Staaten beim Impfstoff am Ende Dosen im Überfluss. Dass es bei der Munitionsbeschaffung ähnlich kommt, ist möglich, aber nicht sehr wahrscheinlich. Bei der Herstellung von Artilleriegranaten gibt es andere Sachzwänge. Das Pulver müsse sechs Monate gelagert und getrocknet werden, bevor es abgefüllt werden könne, erwähnte Verteidigungsminister Boris Pistorius vergangene Woche in Brüssel als Beispiel. Unternehmen wie Rheinmetall sind zwar dabei, ihre Kapazitäten hochzufahren, von derzeit 350.000 in Europa bis hin zu 600.000 pro Jahr. Das braucht aber Zeit und die meisten Hersteller sind ausgebucht, mit Lieferfristen bis ins nächste Jahr.

    Erschwerend kommen selbst verschuldete Hindernisse und weitere Unabwägbarkeiten hinzu. So hat Frankreich durchgesetzt, dass die Munition “made in Europe” sein muss. Bestandteile dürfen zwar aus Drittstaaten wie Australien oder Südafrika kommen, die Geschosse müssen aber in der EU zusammengesetzt werden. Umstritten war bis zuletzt auch, ob die Europäische Verteidigungsagentur die Bestellungen koordinieren soll, die allerdings bisher mit Munitionsbeschaffung keine Erfahrung hat. Nun soll es deshalb parallel auch Sammelbestellungen geben, angeführt unter anderem von Deutschland. Es bleibt offen, ob die EU bei der Munitionsbeschaffung ihr ambitioniertes Ziel erreicht.

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    25 Kfor-Soldaten im Kosovo verletzt

    Am Montagabend ist es zu Zusammenstößen im Norden des Kosovo gekommen, bei denen nach Angaben der Nato-geführten Kosovo-Schutztruppe (Kfor) 25 Soldaten verletzt wurden. Nachdem die Kfor-Soldaten versucht hätten, gewalttätige Proteste von Serben mit Blendgranaten und Tränengas aufzulösen, seien sie mit Molotow-Cocktails, Flaschen und Steinen beworfen worden, berichtete die Kfor gestern Abend. Lokale Medien berichten auch von Verletzten auf serbischer Seite. Ein Mann sei durch Schüsse verletzt worden; die verletzten Soldaten hätten Knochenbrüche und Verbrennungen davongetragen.

    Die Kfor hatte am Montag ihre Präsenz in vier Orten im mehrheitlich serbisch besiedelten Norden des Kosovos verstärkt. Rund 300 Soldaten in Kampfmontur bezogen unter anderem vor dem Gemeindeamt in Zvečan Stellung, um den Einzug von im April gewählten kosovo-albanischen Bürgermeistern gegen Proteste serbischer Bewohner abzusichern.

    «Das Ziel ist es, ein sicheres Umfeld und Bewegungsfreiheit für alle Gemeinschaften im Kosovo zu schaffen», teilte die Kfor am Montag mit. Die kosovarische Polizei hatte schon vor den Zusammenstößen Tränengas eingesetzt, nachdem es Demonstranten gelungen war, in Zvečan eine Sicherheitsbarriere zu durchbrechen, berichteten kosovarische Medien.

    Der serbische Verteidigungsminister Miloš Vučević kündigte am Montag an, dass die serbische Armee entlang der Grenze zum Kosovo bis kommenden Freitag in höchste Gefechtsbereitschaft versetzt worden sei. Ziel sei es aber, eine politische Lösung zu finden, um Spannungen zwischen den kosovo-albanischen Behörden und der serbischen Bevölkerung im Norden des Landes abzubauen.

    Bereits am Sonntag hatte Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg die Regierung des Kosovo aufgefordert, die Spannungen mit Serbien abzubauen. “Pristina muss deeskalieren und darf keine einseitigen, destabilisierenden Schritte unternehmen”, schrieb Stoltenberg auf dem Kurznachrichtendienst Twitter. Der kosovarische Premierminister Albin Kurti versicherte danach, dass die kosovo-albanischen Bürgermeister “Dienstleistungen für alle Bürger erbringen werden”.

    Schon am vergangenen Freitag war es in Zvečan zu Zusammenstößen gekommen, nachdem militante Serben kosovarische Polizisten angegriffen hatten. Die Polizei hatte den neuen Bürgermeister, einen Albaner, der sein Amt antreten wollte, eskortiert. Serben hatten auch in zwei anderen Orten des Nord-Kosovos protestiert, wo ebenfalls albanische Bürgermeister die Amtsgeschäfte übernahmen.

    Die drei Bürgermeister waren im April gewählt worden, wobei fast alle Serben die Wahl boykottiert hatten. Deshalb kommen die Wahlsieger aus albanischen Parteien. Die bisherigen serbischen Bürgermeister hatten ihre Funktionen im November 2022 aus Protest gegen die Politik der kosovarischen Regierung niedergelegt. mrb

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    Frankreichs Militärbudgetgesetz auf der Zielgeraden

    Frankreichs Verteidigungspolitiker haben ein straffes Programm vor sich. Diese Woche diskutiert die französische Assemblée Nationale noch das Militärbudgetgesetz, die Loi de Programmation Militaire, das die Ausgaben für die französische Verteidigung von 2024 bis 2030 festlegen soll. Mit 413 Milliarden Euro in sieben Jahren planen Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und sein Verteidigungsminister Sébastien Lecornu einen Rekordhaushalt. Der Élysée will das Gesetz noch vor dem französischen Nationalfeiertag am 14. Juli durch die beiden Parlamentskammern bringen. Nach der Debatte, die diese Woche in der Assemblée Nationale beendet werden soll, muss der Entwurf durch den Senat, wo die Mehrheiten dafür aber schneller gewonnen werden dürften.

    Mit den Planungen legt Frankreich einen Schwerpunkt auf die Stärkung seiner geheimdienstlichen Fähigkeiten und der nuklearen Abschreckung. Die Politikwissenschaftlerin Rym Momtaz schreibt, dass Lehren aus Russlands Angriff auf die Ukraine sich nicht in den Plänen wiederfänden, weil die Aufstockung der Waffen- und Munitionsproduktion vernachlässigt würde. Opposition und Verbände kritisieren, dass die integrierten Inflationsprognosen zu optimistisch seien und dass Rhetorik der französischen “Transformation” und die tatsächlichen Pläne weit auseinanderlägen.

    In die Pläne sind auch Budgets für die deutsch-französischen Rüstungsprojekte Future Combat Air System (FCAS) und das Panzerprojekt Main Ground Combat System (MGCS) eingespeist. Lecornu sagte vergangene Woche, dass er am 12. Juni nach Berlin reisen wolle, um den Fortgang des von Deutschland geführten MGCS-Projekts zu besprechen. Beide Kooperationen geraten immer wieder ins Stocken.

    Die Assemblée Nationale erwägt rund 1.800 Änderungen, ein Abgeordneter fordert etwa die Einrichtung einer “industriellen Reserve”, die im Kriegsfall die industrielle Produktion verstärken könnte. bub

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    USA beginnen in Bayern Ausbildung an Abrams-Kampfpanzern

    Auf dem Truppenübungsplatz der US-Armee im bayerischen Grafenwöhr hat das Training ukrainischer Soldaten an amerikanischen Abrams-Panzern begonnen. 200 ukrainische Einsatzkräfte lernen in Grafenwöhr die Bedienung der Panzer, Einsatztaktiken und bekommen eine medizinische Ausbildung.

    Mitte Mai waren 31 Abrams-Übungspanzer in Grafenwöhr eingetroffen. Die ukrainischen Panzerbesatzungen sollen in ihrer Instandhaltung geschult und so umfassend auf ihren Einsatz im russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine vorbereitet werden.

    US-Generalstabschef Mark Milley hatte im April bei einem Treffen der Ukraine-Kontaktgruppe auf dem US-Luftwaffenstützpunkt in Ramstein gesagt, die USA würden für die Ausbildung zuerst Übungspanzer liefern, die nicht kampftauglich seien. Die für den Kriegseinsatz gedachten Abrams-Panzer würden noch instand gesetzt. US-Verteidigungsminister Lloyd Austin sagte, die USA hätten die Auslieferung beschleunigt, um der Ukraine in den kommenden Monaten mehr gepanzerte Ausrüstung zur Verfügung stellen zu können.

    Im Januar hatte die US-Regierung nach langem Hin und Her und parallel zur deutschen Zusage von Leopard-Panzern für Kiew angekündigt, der Ukraine 31 Kampfpanzer vom Typ M1 Abrams zu liefern. Washington hatte damals betont, dass es noch «viele Monate» dauern werde, bis diese in der Ukraine ankämen. Zunächst hatte die US-Regierung noch argumentiert, sie halte die Bereitstellung dieses Kampfpanzers aus verschiedenen praktischen Gründen nicht für sinnvoll. Am Ende schwenkte Washington jedoch um. dpa

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    Presseschau

    The Moscow Times – ‘Almost Nothing Had Changed’: Anti-War Russians Risk First Trips Home Since Invasion: Krieg? Welcher Krieg? Gegner und Gegnerinnen des russischen Krieges, die aus Russland geflohen waren und jetzt zurückkehren, sind überrascht vom Alltag in Russland. Gerade in den Metropolen gelingt es dem Regime, eine Normalität aufrechtzuerhalten, die den Krieg verdrängt und damit auch Kritik gar nicht aufkommen lässt.

    Podcast: Sicherheitshalber – Polens ambitionierte Verteidigungsplanung: Polen will massiv aufrüsten und hat dafür schon viel Geld in die USA und nach Südkorea überwiesen. Justyna Gotkowska vom Center for Eastern Studies (OSW) spricht darüber, wie die Pläne sich mit den polnischen Finanzen vertragen und welche Rolle die gemeinsame Sicherheitspolitik der EU aus polnischer Sicht spielt.

    Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) – Den Krieg in Sudan stoppen: Im Sudan ist eine schnelle militärische Entscheidung angesichts des relativ ausgeglichenen Kräfteverhältnisses zwischen den Sudanesischen Streitkräften (SAF) und den Rapid Support Forces (RSF) nicht zu erwarten. Die Bundesregierung sollte sich bei der Konfliktschlichtung um eine stärkere Einbindung ziviler Kräfte bemühen, empfiehlt die SWP.

    Standpunkt

    Vorschuss für den Falschen

    Nicht nur Druck, sondern auch Anreize brauche es, um den anhaltenden Kriegszustand in Syrien zu beenden – so begründeten Vertreter arabischer Staaten im Mai die Entscheidung der Arabischen Liga, dass Syrien fortan seinen Sitz in der Organisation wieder einnehmen dürfe. Elf Jahre zuvor war Syrien aufgrund von Baschar al-Assads gewaltsamer Niederschlagung der Proteste im eigenen Land ausgeschlossen worden.

    Die Kehrtwende der arabischen Staaten entspringt eher Resignation als Hoffnung: Zwar wird derzeit nur noch an wenigen Orten Syriens gekämpft, doch die Lage ist verheerend. Das Land liegt in Trümmern, über 90 Prozent der in Syrien verbliebenen Hälfte der Bevölkerung leben in Armut. Die syrischen Sicherheitskräfte verüben weiterhin schwerste Menschenrechtsverbrechen und das Schicksal von über Hunderttausend Verschleppten und Verschwundenen ist ungeklärt.

    Eine sichere Rückkehr der über 5,6 Millionen aus Syrien Geflohenen ist unter diesen Umständen nicht möglich. Die meisten von ihnen leben in prekären Verhältnissen in den Nachbarstaaten, insbesondere der Türkei, in Jordanien und im Libanon. Letzterer befindet sich seit 2019 selbst in einer dramatischen Krise; statt dringend benötigte Reformen einzuleiten, dienen die syrischen Geflüchteten der politischen Elite parteiübergreifend als Sündenböcke.

    Captagon aus Syrien beunruhigt Herrscher am Golf

    Für die Golfstaaten ist das größte Ärgernis an der Situation in Syrien, dass ihre Länder zum Hauptmarkt für Syriens Drogenschmuggel geworden sind. Seit Jahren überschwemmt billig in großer Menge produziertes Captagon aus Syrien die Region – ein Geschäft, das direkt in den Händen des Regimes liegt. Da dessen internationale Isolation daran nichts verändert hat, tritt die Arabische Liga nun politisch in Vorleistung. Sie erhofft sich von der symbolischen Öffnung substanzielle Zugeständnisse seitens Assads. Für Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate sieht Syrien-Expertin Natasha Hall überdies geopolitische Erwägungen: “Sie können absehen, wie die USA sich graduell immer weiter vom Nahen Osten abwenden, und so schauen sie, wie sie sich mit Russland oder China gutstellen können.”

    Ein “erster Schritt” sei dies zur Normalisierung, die im Einklang mit der UN-Sicherheitsratsresolution 2254 stehen soll, nicht konkurrierend, sondern komplementär. Humanitäre, politische und Sicherheitsfragen sollen angegangen werden. Es war ein knappes Votum, längst nicht alle Mitgliedsstaaten der Arabischen Liga stimmten dafür. Insbesondere Katar, das seit Beginn des Konfliktes Assads Opponenten unterstützte, ist dagegen, verhinderte den Schritt jedoch auch nicht. Doch angesichts des lautstarken Optimismus, mit dem die treibenden Kräfte der Normalisierung loben, wie positiv Assad die Entscheidung aufgenommen habe, scheinen sie selbst nicht allzu überzeugt davon zu sein.

    Jordanien geht gegen Waffenschmuggel vor

    Bestes Beispiel ist Jordanien, das 2021 bereits bilateral die Hand in Richtung Damaskus ausstreckte. Just einen Tag nach der Ankündigung der Arabischen Liga bombardierte Jordaniens Luftwaffe in Südsyrien das Anwesen eines bekannten Drogenhändlers, tötete ihn und seine Familie. “Unser Land hat fürchterlich gelitten, und wir werden tun, was immer nötig ist, dieser Bedrohung zu begegnen – und sei es mit militärischer Gewalt innerhalb Syriens”, erklärte der jordanische Außenminister Ayman Safadi.

    Im Gegenzug zur Normalisierung hatte Jordanien schon 2021 gefordert, das syrische Regime müsse den Schmuggel, der zum Großteil durch Jordanien führt, unterbinden. Stattdessen hatten die jordanischen Behörden jedoch immer mehr Drogen aufgebracht und waren an der Grenze immer wieder in Gefechte mit Schmugglern verwickelt worden.

    Keine Hilfen für den Wiederaufbau

    Insofern tun europäische Staaten gut daran, die eigene Linie beizubehalten: kein Wiederaufbau ohne erkennbare ernsthafte Schritte einer Machtübergabe in Syrien. Denn bei allem vollmundigem Tönen der arabischen Staaten, sie wollten jetzt eine eigene Initiative anführen: Bezahlen wollen sie nicht. Seit jeher schultern die USA und Europa den Löwenanteil humanitärer Hilfen, der Syrer*innen in- und außerhalb Syriens das absolute Minimum zum Überleben sichert.  

    Dass die Arabische Liga sich für eine Verbesserung der Menschenrechtslage einsetzen wird, ist kaum zu erwarten. Umso wichtiger, dass Europa im eigenen Interesse seine Sanktionen gegen jene Individuen und Organisationen aufrechterhält, die an den Menschenrechtsverletzungen beteiligt sind. Diese sind es, die Millionen Syrerinnen und Syrer zur Flucht gezwungen haben und deren Rückkehr verhindern. Vor allem für sie wird der Schulterschluss zwischen Assad und den anderen Autokraten greifbare negative Konsequenzen haben, wenn Europa nicht wenigstens ein bisschen dagegenhält.

    Bente Scheller leitet das Referat für Nordafrika und den Nahen Osten der Heinrich-Böll-Stiftung in Berlin. Sie ist Marshall Memorial Fellow des German Marshall Fund of the United States und Associate Fellow am International Centre for the Study of Radicalization am Londoner King’s College.

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    Security.Table Redaktion

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