am frühen Freitagmorgen haben die USA und Großbritannien Stellungen der Huthi-Milizen im Jemen bombardiert. “Sehr gezielt ausgewählte Ziele” seien mit Präzisionsmunition attackiert worden, heißt es aus US-Regierungskreisen, darunter Startplätze für Drohnen und Antischiffsraketen. US-Präsident Biden und der britische Premier Sunak bezeichneten die Angriffe als notwendigen Schritt, um die Gefahr für Menschenleben und den internationalen Handel im Roten Meer einzudämmen. Australien, Kanada, Bahrein und die Niederlande unterstützten die Aktion.
Eine Neubewertung der Lage im Jemen-Krieg hatte davor de facto bereits die Bundesregierung vorgenommen. Denn mit der Entscheidung, dass sich ein Eurofighter-Industrie-Konsortium an der saudi-arabischen Ausschreibung für den Kauf der Kampfjets beteiligen kann, ist die im Koalitionsvertrag formulierte Richtschnur hinfällig: “keine Exportgenehmigungen für Rüstungsgüter an Staaten” zu erteilen, “solange diese nachweislich unmittelbar am Jemen-Krieg beteiligt sind”, heißt es darin. Gabriel Bub hat die Einzelheiten.
Zwei Jahre nach dem russischen Angriff auf die Ukraine ist die Drohnenexpertin Ulrike Franke überrascht ob der schieren Menge und der riesigen Anzahl unterschiedlicher Systeme, die Kiew in dem Krieg einsetzt. Umso kritischer blickt sie auf westliche Entwickler, die trotz der Erfahrungen, die sich aus dem Einsatz der Luftfahrzeuge in der Ukraine ziehen ließen, zurückhaltend agieren. Nana Brink und Viktor Funk haben mit ihr über fast zwei Jahre Drohnen-Krieg gesprochen.
Eine aufschlussreiche Lektüre wünscht
Außenministerin Annalena Baerbock hat am Sonntag in Jerusalem die Wende in der deutschen Rüstungsexportpolitik mit ihrem OK zur Auslieferung von Eurofighter-Kampfjets nach Saudi-Arabien eingeleitet. In den in Großbritannien unter der Bezeichnung “Typhoon” gefertigten Eurofighter-Kampfjets werden auch Teile aus deutscher Produktion verbaut. Deshalb braucht London für eine Lieferung nach Saudi-Arabien das Einverständnis aus Deutschland. Am Mittwoch wurde zudem bekannt, dass der Bundessicherheitsrat bereits im Dezember 2023 die Lieferung von 150 Iris-T-Lenkflugkörpern in das Königreich genehmigt hatte. Das geht aus einer Mitteilung des Bundeswirtschaftsministeriums an den Wirtschaftsausschuss des Bundestags hervor, die Table.Media vorliegt. Der Spiegel hatte zuerst darüber berichtet.
Die Luft-Luft-Lenkflugkörper sind technisch nicht für Ziele am Boden ausgelegt. Menschenrechtsorganisationen sorgen sich deshalb stärker wegen Eurofighter-Kampfjets im Besitz des Königreichs als wegen der Iris-T-Lenkflugkörper. Für den Juristen Sönke Hilbrans vom European Center for Constitutional and Human Rights (ECCHR) ist die Wende der Bundesregierung nicht rechtmäßig. Seit Ausbruch des Jemen-Krieges 2015, als die saudische Luftwaffe begonnen habe, “exzessiv zivile Ziele zu bombardieren”, sei klar gewesen, dass “europäische Komponenten und Waffen in einer Weise, die sich gegen die Zivilbevölkerung richtet und völkerrechtlich illegal ist”, eingesetzt würden.
Auch wenn es momentan einen Waffenstillstand gebe, sei es möglich, “dass die Kampfhandlungen wieder aufleben und wieder kriegsverbrecherische Einsätze der saudischen Luftwaffe erfolgen. Dafür sprechen die Erfahrungen aus dem jahrelangen Luftkrieg nach dem März 2015. Sie können dann ohne Weiteres auch mit diesen neu gelieferten Waffen erfolgen”, sagt Hilbrans. Auch daraus könne sich “strafrechtliche Verantwortlichkeit für Lieferanten und Genehmigungsbehörden ergeben”. Die Lieferung von Eurofightern sei deshalb “weiterhin nicht genehmigungsfähig” und die Bundesregierung komme gegebenenfalls ihrer Verantwortung nicht nach. “Amtsträger haben eine im internationalen Recht wie im deutschen Recht verankerte Pflicht, Waffenlieferungen zu unterbinden, wenn die Gefahr besteht, dass damit Völkerrecht verletzt wird.”
Ohnehin dürften die Eurofighter nicht sofort ausgeliefert werden, hatte Regierungssprecher Hebestreit bereits zuvor klargestellt. Mit dem Ausschreibungsverfahren, einer Genehmigung durch den Bundessicherheitsrat und der Produktion der Flugzeuge dürfte “wahrscheinlich von mehreren Jahren” die Rede sein.
Der Regierungssprecher hatte die “konstruktive Haltung” Saudi-Arabiens seit der Hamas-Angriffe auf Israel vom 7. Oktober als Grund für den Eurofighter-Sinneswandel genannt. Riad habe mit Eurofightern, die es bereits verfügt, auf Israel gerichtete Raketen der Huthis aus dem Jemen abgeschossen. Eine grundsätzliche Abkehr von der deutschen restriktiven Rüstungsexportpolitik gebe es nicht. Saudi-Arabien verfügt aktuell über 72 der Kampfjets, 2018 hatte der Wüstenstaat 48 nachbestellt, auf die er bis jetzt wartet.
Die UN schätzte die Zahl der Toten vergangenes Jahr im 2015 begonnenen Jemen-Krieg auf fast 400.000. Mehr als die Hälfte der Einwohner benötigt humanitäre Hilfe. Saudi-Arabien unterstützt eine Militärallianz mit den Vereinigten Arabischen Emiraten, der Iran die Huthi-Rebellen auf der Gegenseite. Wegen des Krieges und der Ermordung des saudischen Journalisten Jamal Khashoggi im saudischen Konsulat in Istanbul 2018 hatte die Bundesregierung die Rüstungsexporte in den Wüstenstaat ausgesetzt. Ersatzteile für bereits gelieferte Systeme konnten weiter geliefert werden.
2022 wurde im Jemen ein Waffenstillstand vereinbart, die Bürgerkriegsparteien bekämpfen sich weiter, das Abkommen ist auch deshalb instabil.
Bundeskanzler Olaf Scholz hatte noch im Juli 2023 am Rande des Nato-Gipfels in Vilnius gesagt, eine Entscheidung, die Kampfflugzeuge an Saudi-Arabien liefern zu lassen, stehe “absehbar nicht an”. Gleichzeitig hatte er die Jemen-Klausel als “nicht mehr handlungsleitend” bezeichnet. Im Koalitionsvertrag hieß es noch: “Wir erteilen keine Exportgenehmigungen für Rüstungsgüter an Staaten, solange diese nachweislich unmittelbar am Jemen-Krieg beteiligt sind.”
An der Entscheidung, Eurofighter-Exporte zu genehmigen, hatte es heftige Kritik aus der Regierungskoalition gegeben. Der SPD-Außenpolitiker Ralf Stegner sagte Table.Media, Saudi-Arabien sei “kein Land, an das wir Waffen liefern sollten.” Auch innerhalb der Grünen regte sich Widerstand, unter anderem bei der sicherheitspolitischen Sprecherin der Bundestagsfraktion, Sara Nanni und der Bundesvorsitzenden Ricarda Lang.
Frau Franke, als jemand, der die Entwicklung der militärischen Drohnen schon lange auch vor dem russischen Krieg gegen die Ukraine beobachtete – was hat Sie in diesem Krieg im letzten Jahr überrascht?
Es sind vor allem zwei Dinge: Das erste, was wirklich auffällig ist und was ich so nicht erwartet hätte, ist die schiere Anzahl von Drohnen, die in diesem Krieg genutzt wird. Wir reden inzwischen von zehntausenden, hunderttausenden Drohnen. Die Ukraine hat zudem gerade gesagt, dass sie dieses Jahr eine Million Stück herstellen will – und Berichten nach etwa 70 verschiedene Systeme im Einsatz hat. Das sind unglaubliche Zahlen – und um die in den Kontext zu stellen: Die Bundeswehr hat derzeit acht verschiedene Drohnensysteme, und von keinem mehr als eine kleine dreistellige Stückzahl. Russland ist in diesen Krieg mit nur wenigen Drohnen reingegangen, das ist inzwischen anders. Der zweite interessante Aspekt ist, dass vor allem kleine Drohnen eine wichtige Rolle spielen, oft auch die, die aus dem zivilen Bereich kommen. Hier sehen wir, dass die Technik sich vom militärischen zum zivilen Bereich und dann wieder zurück aufs Schlachtfeld entwickelt hat.
Ein Schuss einer 155-Millimeter-Artilleriemunition fängt bei etwa 3000 Euro an, das ist mehr als eine kleine Drohne, wie sie in der Ukraine im Einsatz sind, kostet.
Ja, aber viele kleine Drohnen kosten am Ende auch viel. Deswegen denke ich, dass Kosten nur ein Grund sind. Hätten die größeren Drohnen wie vom türkischen Hersteller Bayraktar sich durchgesetzt, wären sie stärker im Einsatz. Das haben sie aber in diesem Konflikt nicht. Hier dominieren die kleinen, leicht herzustellenden Drohnen. Aber: Es kann sich auch wieder drehen, in einem anderen Konflikt könnten die großen Drohnen wieder relevanter sein.
Beim Thema Drohnen ist der Blick meist nach oben gerichtet, aber die Ukraine scheint auch die Entwicklung der Meeresdrohnen voranzutreiben. Spielen die schon eine große Rolle?
Die Entwicklung der maritimen Drohnentechnik ist auch etwas, was viele so nicht im Blick hatten. Es ist noch nicht ein besonders großes Thema, aber es wird größer werden, weltweit, das sehen wir in der Ukraine. Immerhin werden maritime Drohnen zum ersten Mal in einem Krieg in diesem Ausmaß eingesetzt. Sie zerstören russische Kriegsschiffe und richten erheblichen Schaden an. Maritime Drohnen werden wahrscheinlich auch im Roten Meer eine Rolle spielen – die Huthis haben bereits in der Vergangenheit solche Systeme verwendet. Und in einer möglichen Konfrontation zwischen den USA und China würden maritime Technologien generell eine sehr große Bedeutung haben. Ähnlich wie bei den Drohnen in der Luft zeigt sich hier, dass kleine und relativ günstige Waffen sehr große und teure Technik vulnerabel machen können.
Russland hat die Ukraine um den Jahreswechsel mehrfach mit ganzen Gruppen von Drohnen beschossen. Erleben wir nun den Einsatz von Drohnenschwärmen?
Man kann mit Sicherheit sagen, dass das so kommen wird. Drohnenschwärme werden eine größere Rolle spielen. Im Moment werden sie vor allem benutzt, um die Abwehrsysteme zu saturieren und zu durchdringen, weil die Ukraine sehr gut darin ist, einzelne Drohnen oder Raketen abzufangen. Momentan heißt “Schwarm” aber in der Regel nur eine Masse an Drohnen. Echte Schwärme sind Formationen, in denen einzelne Drohnen miteinander kommunizieren und sich Aufgaben teilen oder übergeben können. Aber auch das steht bevor.
Die russische Armee behauptet, dass sie mit der Lancet-3 genau das bereits tut, unter Einsatz von Künstlicher Intelligenz.
Künstliche Intelligenz zur Lageerkennung oder Bildanalyse, und auch im Bereich Autonomie ist in der Ukraine im Einsatz, ja, auch auf der ukrainischen Seite. Inwieweit die Lancet-3 in der Tat vollautonom dank KI ist, lässt sich schwer nachprüfen. Die Lancet-Drohnen sind aber tatsächlich ein Problem für die Ukraine. Offensichtlich hat Russland da bestimmte Fähigkeiten aufgebaut. Wenn man 30 Prozent seines Staatsbudgets in den Krieg investiert, dann kommt auch etwas heraus. Das heißt für uns aber auch, dass wir uns ebenfalls nicht ausruhen dürfen. So nach dem Motto, die Ukrainer sind innovationsfähig, sind stark und haben westliche Hilfe und deswegen ist das alles kein Problem. Die Russen haben nicht nur nachgezogen, sondern je nach Bereich sind sie stärker, etwa bei der elektronischen Kampfführung.
Sowohl die Ukraine als auch Russland lernen und entwickeln ihre Waffen und Abwehrtechnik immens schnell weiter. Haben Sie den Eindruck, dass westliche Staaten und westliche Rüstungsunternehmen mit gleicher Intensität lernen?
Das ist schwierig zu beantworten. Die Ukraine ist in einem existenziellen Kampf, sie hat eine andere Motivation. Aus den Gesprächen mit der westlichen Industrie habe ich nicht den Eindruck, dass die Motivation ähnlich ist, es tut sich weniger, als man denken könnte. Es ist jetzt nicht so, als hätte die europäische Rüstungsindustrie in den letzten zwei Jahren haufenweise neue Drohnensysteme entwickelt.
Ulrike Franke ist Senior Political Fellow beim renommierten Thinktank European Council on Foreign Relations. Ihr Spezialgebiet sind neue Technologien in der Kriegsführung wie Drohnen und Künstliche Intelligenz.
Eine Woche vor Beginn eines Prozesses gegen den Präsidenten der bosnisch-serbischen Republika Srpska, Milorad Dodik, erhöht die internationale Gemeinschaft den Druck auf den sezessionistischen Politiker. Der hatte am Dienstag trotz Warnungen des Hohen Repräsentanten für Bosnien und Herzegowina, Christian Schmidt, anlässlich des Gründungstags der bosnisch-serbischen Republika Srpksa (RS) eine Polizeiparade und einen sogenannten “Ehrenmarsch” durchführen lassen.
Rund 3.400 Polizisten, Veteranen des Bosnien-Krieges, dem zwischen 1992 und 1995 rund 100.000 Menschen zum Opfer fielen, marschierten durch Banja Luka. Anders als angekündigt nahm der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán nicht an dem Aufmarsch teil. Unter den Gästen befand sich der Generalstabschef der serbischen Streitkräfte, Milan Mojsilović. Er hatte vor zwei Jahren Vinko Padurević, einem vom UN-Kriegsverbrechertribunal in Den Haag wegen Beihilfe zum Völkermord in Srebrenica verurteilten serbischen Offizier, den serbischen Armeeverdienstorden verliehen.
In der serbischen Hauptstadt Belgrad ließ der im Dezember bei umstrittenen Wahlen wiedergewählte serbische Präsident Aleksandar Vučić am Dienstagabend synchron zur Veranstaltung in Banja Luka ein Feuerwerk veranstalten, um seine Unterstützung für die Feierlichkeiten zum Tag der Republika Srpska zum Ausdruck zu bringen. Belgrad unterstützte das Dayton-Friedensabkommen und die territoriale Integrität Bosnien-Herzegowinas, ließ Vučić in seiner Gratulation laut Medienberichten wissen, widersetze sich jedoch einer “Abschaffung oder Erniedrigung der Republika Srpska”.
Die Europäische Kommission bekräftigte am Dienstag ihre Kritik am Vorgehen Dodiks. Seit Jahren droht er mit der Sezession der kleineren der beiden bosnischen Teilrepubliken vom Gesamtstaat. “Was die Rechtmäßigkeit des ‘Tages der Republika Srpska’ betrifft, so hat das Verfassungsgericht des Landes bereits zweimal, 2015 und 2019, entschieden, dass die Gesetzgebung in der Republika Srpska über den ‘Tag der Republika Srpska’ nicht mit der Verfassung von Bosnien-Herzegowina im Einklang steht”, sagte Peter Stano, Kommissionssprecher für Außenbeziehungen.
“Die Europäische Union hat immer betont, dass die Souveränität, die territoriale Integrität, die verfassungsmäßige Ordnung und die internationale Persönlichkeit Bosnien-Herzegowinas gewahrt werden müssen”, so Stano weiter. Jede Handlung, die gegen diese Grundsätze verstößt, werde ernste Konsequenzen nach sich ziehen. Bosnien-Herzegowina ist seit Dezember 2022 offizieller EU-Beitrittskandidat, wird aber durch das Vorgehen Dodiks an Fortschritten ebenso gehindert wie durch Verzögerungen bei Verfassungs-, Justiz- und Wahlreformen. Die Staats- und Regierungschefs der EU hatten im Dezember erklärt, dass Beitrittsgespräche eröffnet werden, “sobald das erforderliche Maß an Übereinstimmung mit den Beitrittskriterien erreicht ist”.
Bereits bei den Feierlichkeiten zum Gründungstag der RS vor einem Jahr hatte Dodik den Westen provoziert: Er ließ die administrativen Übergänge zwischen der bosnisch-serbischen Entität und der muslimisch-kroatischen Föderation mit gepanzerten Fahrzeugen blockieren. Als die Republika Srpska im Januar 1992 am Vorabend des Kriegs gegründet wurde, befanden sich drei bosnisch-serbische Politiker an ihrer Spitze – Radovan Karadzić, Biljana Plavšić und Momcilo Krajišnik -, die später vom UN-Kriegsverbrechertribunal für das ehemalige Jugoslawien verurteilt wurden.
Am Vorabend der Feierlichkeiten flogen F-16-Kampfjets der USA demonstrativ über den Norden Bosnien-Herzegowinas. Die US-Botschaft in Sarajewo forderte eine Untersuchung der Feierlichkeiten und erklärte, sie werde “nicht zögern”, auf Handlungen zu reagieren, die gegen das 1995 von den USA vermittelte Friedensabkommen verstoßen. Der Einsatz der F-16-Kampfflieger war Teil eines bilateralen Luft-Boden-Manövers mit der bosnischen Armee, das, so die US-Botschaft, “das Engagement der USA zur Wahrung der territorialen Integrität Bosnien-Herzegowinas angesichts von Anti-Dayton- und Sezessionsbestrebungen” zeige.
Der Streit über die Gedenkfeier kommt weniger als einen Monat, nachdem Beobachter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) festgestellt hatten, dass Tausende von Wählern aus Bosnien und Herzegowina eingeschleust worden waren, um bei den jüngsten serbischen Wahlen illegal ihre Stimmen abzugeben.
Am Mittwoch verurteilte auch der Hohe Repräsentant der internationalen Gemeinschaft, Christian Schmidt, die Feierlichkeiten und nationalistische Äußerungen bosnisch-serbischer Politiker. “Solche Maßnahmen gefährden nicht nur die Sicherheit und das Wohlergehen der Rückkehrer, sondern stellen auch eine ernsthafte Bedrohung für Investitionen, den EU-Integrationsprozess und den allgemeinen Wohlstand des ganzen Landes dar”, teilte Schmidt in einer Stellungnahme mit.
Dodik muss sich kommende Woche vor Gericht verantworten, weil er im August Gesetze erlassen hatte, die gegen Entscheidung des Verfassungsgerichts und des Hohen Repräsentanten verstoßen. Das Verfahren war im Dezember verschoben worden, weil Dodik verlangt hatte, es in Banja Luka abhalten zu lassen – mit Verweis auf politische Manipulationen, die ihm bei einem Prozess in Sarajevo drohten. Das lehnte das Gericht nun ab und wird kommende Woche prüfen, ob der seit Jahren im Clinch mit Schmidt liegende Dodik gegen die Bestimmungen des Dayton-Friedensvertrags von 1995 verstoßen hat. Die kurz danach verabschiedeten sogenannten “Bonn Powers” räumen dem Hohen Repräsentanten unter anderem das Recht ein, Politiker und Amtsinhaber, die das Dayton-Abkommen untergraben, abzusetzen und Gesetze zu erlassen sowie illegale Paraden zu verbieten. Alexander Rhotert
Am heutigen Freitag nehmen Vertreter Israels vor dem Internationalen Gerichtshof (IGH) in Den Haag Stellung zum Vorwurf Südafrikas, im Gazastreifen seit Oktober “systematisch Taten von Völkermord” gegen die palästinensische Bevölkerung begangen zu haben. Am Donnerstag hatten Vertreter Südafrikas den Standpunkt ihres Landes vorgetragen, wonach Israel eine Zerstörung palästinensischen Lebens mit der “Absicht des Völkermordes” betreibe.
Südafrika beruft sich auf die UN-Völkermordkonvention, die auch Israel unterzeichnet hat. Darin wird Völkermord definiert als eine Handlung, “die in der Absicht begangen wird, eine nationale, ethnische, rassische oder religiöse Gruppe als solche ganz oder teilweise zu zerstören”.
Israel bestreitet, diesen Passus verletzt zu haben; Ministerpräsident Benjamin Netanjahu sagte am Donnerstag: “Israel kämpft gegen Hamas-Terroristen, nicht gegen die palästinensische Bevölkerung, und wir tun dies in voller Übereinstimmung mit dem internationalen Recht.” Bundesaußenministerin Annalena Baerbock bekräftigte die deutsche Haltung, dass Israels militärisches Vorgehen im Gazastreifen nicht von der Absicht eines Völkermords getragen sei. “Diese Absicht kann ich bei Israels Selbstverteidigung gegen eine bewaffnete Terrororganisation der Hamas nicht erkennen”, sagte die Grünen-Politikerin. Hessens Justizminister Roman Poseck verlangte, dass Deutschland sich in dem Verfahren “als Drittstaat an die Seite Israels stellen” solle.
Die Bundesregierung beabsichtigt, im Laufe des Hauptverfahrens ihr Recht auf Intervention in Anspruch zu nehmen. Dabei will sie ihre Rechtsauffassung zu den Vorwürfen Südafrikas darlegen; das Verfahren kann jedoch Jahre dauern. Südafrika fordert in einem Eilverfahren darüber hinaus auch einen Rechtsschutz für die Palästinenser im Gazastreifen. Darüber dürften die Richter noch im Januar entscheiden. mrb
Mit Luftangriffen auf Einrichtungen der Huthi-Milizen im Jemen haben die USA und Großbritannien auf die anhaltende Bedrohung von Handelsschiffen vor der jemenitischen Küste im Roten Meer reagiert. Mit Flugzeugen und von Schiffen aus wurden am frühen Freitagmorgen jemenitischer Zeit Startplätze für Drohnen und Antischiffsraketen bombardiert. US-Präsident Joe Biden und der britische Premier Rishi Sunak bezeichneten die Aktion als notwendigen Schritt, um die Gefahr für Menschenleben und den internationalen Handel einzudämmen.
Seit Mitte November hatten die Huthis, die von Iran unterstützt werden, immer wieder gezielt Drohnen und Antischiffsraketen auf Containerfrachter und Tanker abgefeuert, die die jemenitische Küste auf dem Weg vom oder zum Suez-Kanal passierten. Als Grund nannten sie die Unterstützung der Hamas-Milizen im Krieg gegen Israel. Zahlreiche Reedereien hatten daraufhin für ihre Schiffe die Route durch das Rote Meer ausgesetzt und vor allem Frachter auf den längeren Seeweg um Afrika geschickt.
Nach Angaben von US-Regierungsvertretern wurden bei der Aktion, die von Australien, Bahrain, Kanada und den Niederlanden unterstützt wurde, zahlreiche “sehr gezielt ausgewählte Ziele” mit Präzisionsmunition angegriffen, um zivile Opfer zu vermeiden. Genauere Angaben zur Zahl und zum Erfolg der Mission gab es aus Washington zunächst nicht. Das britische Verteidigungsministerium teilte mit, die auf Zypern gestarteten britischen Kampfjets vom Typ Eurofighter Typhoon hätten mit gelenkten “Paveway IV”-Bomben einen Drohnen-Startplatz in Bani im Nordwesten Jemens und den Flugplatz von Abbs angegriffen, wo Marschflugkörper gestartet worden seien.
Der Angriff sei unabhängig von der Mission “Operation Prosperity Guardian”, in der Kriegsschiffe mehrerer Nationen unter US-Führung Handelsschiffe vor Angriffen schützen, hieß es aus Regierungskreisen in Washington. Ebenfalls getrennt von den Luftschlägen, aber zeitgleich veröffentlichte das Weiße Haus eine gemeinsame Erklärung von 10 Staaten, darunter auch Deutschland: Darin werden die Huthi erneut aufgefordert, ihre Angriffe auf die Schifffahrt einzustellen. Sollten sie ihre Aktionen fortführen, seien sie für die Konsequenzen selbst verantwortlich.
Unabhängig vom Versuch der USA und Großbritanniens, mit Luftangriffen die Bedrohung durch Huthi-Milizen im Jemen zu stoppen, nehmen die Pläne der EU für eine eigene Mission zum Schutz der Handelsschifffahrt im Roten Meer Gestalt an. Am kommenden Dienstag sollen sich die Botschafter der Mitgliedsstaaten im Politischen und Sicherheitspolitischen Komitee (PSK) mit einem Aktionsplan befassen, der den Einsatz von Kriegsschiffen vorsieht, berichtet das sicherheitspolitische Brüsseler Nachrichtenportal Bruxelles 2. Dafür soll eine bereits bestehende Mission unter französischer Führung zum Schutz von Schiffen in der Straße von Hormus ausgeweitet werden.
Das in Brüssel erarbeitete “Crisis Management Concept” sieht nach Angaben von Bruxelles 2 vor, die 2020 eingerichtete “Europäische maritime Überwachungsmission in der Straße von Hormus” (Mission européenne de surveillance maritime dans le détroit d’Ormuz , EMASOH) auf das Rote Meer und das Bab el Mandeb, die Verbindung zwischen dem Golf von Aden und dem Roten Meer und damit dem Suezkanal, auszudehnen. Vor der jemenitischen Küste greifen von Iran unterstützte Huthi-Milizen seit November Handelsschiffe im Roten Meer an, um die Hamas-Milizen im Krieg gegen Israel zu unterstützen. Erst am Mittwoch hatten Kriegsschiffe der USA und Großbritanniens den bislang größten Angriff mit Drohnen und Antischiffsraketen gegen Containerfrachter abgewehrt.
Die USA haben zwar zur Bekämpfung dieser Angriffe eine Koalition der Willigen unter dem Namen “Operation Prosperity Guardian” gestartet, der allerdings bislang nur wenige europäische Staaten beigetreten sind. Stattdessen versuchte die EU zunächst, die Aufgaben ihrer Antipiraterie-Mission Atalanta am Horn von Afrika zu erweitern, was aber am Widerstand Spaniens scheiterte. Eine neue EU-Mission könnte dagegen auf mehr Zustimmung und auch Beteiligung europäischer Nationen bauen.
Nach Angaben von Bruxelles 2 trieb vor allem Deutschland die Beratungen in Brüssel über den neuen Einsatz voran. Die bisherigen Planungen sehen danach den Einsatz von mindestens drei Fregatten, einschließlich Luftaufklärung durch Drohnen oder Hubschrauber vor. Für die Bundeswehr kommt dabei der Einsatz der Fregatte “Hessen” infrage, die für die Luftverteidigung ausgerüstet ist und erst kurz vor Weihnachten aus einem Nato-Einsatz nach Wilhelmshaven zurückgekehrt war.
Der Sprecher des Auswärtigen Amtes, Sebastian Fischer, hatte erst am Mittwoch noch einmal die Bereitschaft der Bundesregierung bekräftigt, an einer Mission unter EU-Kommando teilzunehmen. Dabei dürfte auch eine Rolle spielen, dass Deutschland die bestehende Mission in der Straße von Hormus bereits bei ihrer Einrichtung 2020 politisch mitgetragen hatte – auch wenn es nie eine militärische deutsche Beteiligung gab. Nach einer Befassung des PSK könnte der Plan den EU-Außenministern zu ihrem Treffen am 22. Januar vorgelegt werden. tw
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat bei seinem Besuch in Estland ukrainische Männer im Ausland zur Rückkehr in die Heimat aufgerufen, “um wenigstens Steuer zu zahlen und damit dem Land zu helfen.” Selenskyj greift damit die Forderung des Verteidigungsministers Rustem Umjerow aus dem Dezember auf. Er will die wehrpflichtigen Ukrainer, die nach Kriegsbeginn ins Ausland geflohen sind, zurückholen. Da die EU diese Männer nicht ausweisen wird, richtet der ukrainische Präsident nun einen moralischen Appell an sie.
Nach seiner Aussage finanzierten sechs bis acht Steuerzahler und Steuerzahlerinnen einen Soldaten. “Wenn ihr in der Ukraine seid und nicht an der Front, sondern wo auch immer ihr beschäftigt seid und dabei Steuern zahlt, dann verteidigt ihr damit auch den Staat”, richtete Selenskyj sich direkt an die in der EU lebenden geflüchteten Ukrainer.
In der gesamten EU haben rund 4,2 Millionen Menschen aus der Ukraine Schutz gefunden. Weniger als 20 Prozent von ihnen sind Männer im Alter von 18 bis 60 Jahren. Kurz nach der Vollinvasion wurde für diese Gruppe ein generelles Ausreiseverbot erlassen, für das es jedoch Ausnahmen gibt.
Die Nato-Staaten haben der Ukraine in dieser Woche ihre weitere Unterstützung zugesichert. Vor allem die Luftverteidigung soll kurzfristig verbessert werden. Die Ukraine baut derweil ihre Verteidigungslinien aus, wie Reuters am Donnerstag berichtete. Ein Reporter der Agentur konnte neue Befestigungsanlagen an der nördlichen Grenze zu Russland aufsuchen. Wegen russischer Truppen in Belarus und der sehr lang gezogenen Frontlinie ist die Ukraine gezwungen, ihre Kräfte weitflächig zu verteilen. vf
China hat die USA aufgefordert, die Bewaffnung Taiwans zu stoppen. In der Taiwan-Frage sei man zu keinem Kompromiss bereit, teilte das Verteidigungsministerium am Mittwoch in Peking mit. Zuvor hatten sich Vertreter der Verteidigungsministerien von China und den USA zu einem zweitägigen Arbeitstreffen getroffen.
In Washington kamen unter anderem der stellvertretende US-Verteidigungsminister Michael Chase mit dem chinesischen General Song Yanchao zusammen. Song ist in der Zentralen Militärkommission stellvertretender Direktor des Büros für internationale militärische Zusammenarbeit. Chase ist im Pentagon für China und Taiwan zuständig.
Die chinesische Seite habe in den Gesprächen betont, dass man im Umgang mit Taiwan “niemals zurückweichen werde”, erklärte das Verteidigungsministerium weiter. Vielmehr sollte Washington “die Aufrüstung Taiwans einstellen und sich jeder Unabhängigkeit Taiwans entgegenstellen“. In einer Mitteilung des Pentagon heißt es wiederum, die US-Seite hätte ihrerseits, “die Bedeutung von Frieden und Stabilität in der Straße von Taiwan” hervorgehoben.
Am Samstag finden in Taiwan Präsident- und Parlamentswahlen statt. In den Umfragen liegen die Kandidaten eng beieinander. Der Ausgang der Wahl wird das künftige Verhältnis zwischen Taipeh und Peking maßgeblich beeinflussen. Die Militärs der USA und China sprechen erst seit dem Treffen von Xi Jinping und Joe Biden Mitte November wieder miteinander. Der Austausch soll die angespannten Beziehungen stabilisieren. rad
Spiegel: Meinungsforscher Gudkow: “Es ist die gebildete Klasse, die den Krieg befürwortet.” “Die Propaganda hat die Fähigkeit zum Mitgefühl abgetötet”, urteilt der Soziologe Lew Gudkow. Er untersucht die Zerrissenheit der russischen Gesellschaft – und warum diese den Krieg dennoch mitträgt. Chronische Wehrlosigkeit und Zukunftsängste spielen ebenso mit hinein, wie der Wunsch nach Respekt für das postsowjetische Russland.
The Guardian: The climate costs of war and militaries can no longer be ignored. Über fünf Prozent der weltweiten Emissionen stehen im Zusammenhang mit Konflikten oder militärischen Auseinandersetzungen, schreibt der Konfliktforscher Doug Weir. Er fordert einen stärkeren Fokus darauf, wie Sicherheitsentscheidungen sich auf das Klima auswirken und die kollektive Sicherheit untergraben können.
TAZ: Besuch bei der Bundeswehr – Der größte Nato-Fanklub der Welt. Diese Reportage bietet Einblicke in das Leuchtturmprojekt der Zeitenwende: die Enhanced Forward Presence Battlegroup Lithuania, die Brigade Litauen. Das Land, das sich selbst im Epizentrum russischer Bedrohung sieht, ist froh über das Projekt. Diskussionen um die Finanzierung gibt es allerdings trotzdem.
Spiegel: Terrorexpertin über Krieg in Nahost: “Israel ist in die Falle getappt.” Die US-amerikanische Professorin Audrey Kurth Cronin vergleicht in ihrer Forschung die Geschichten Hunderter Terrorgruppen. Im Interview spricht sie darüber, dass Terror fast nie allein mit militärischen Mitteln besiegt werden kann – und wie eine Lösung für Israel und Palästina aussehen kann.
Frankfurter Allgemeine Tageszeitung: Militär in Ecuador soll die Drogenbanden “neutralisieren.” In Ecuador eskaliert die Gewalt. Präsident Daniel Noboa ruft einen “innerstaatlichen bewaffneten Konflikt” aus und befiehlt Streitkräften, gegen mehr als 20 “terroristische Organisationen und kriegerische Akteure” vorzugehen. Das Parlament gewährte den Streitkräften eine Art Kriegsrecht, es räumt ihnen weitgehende Straffreiheit ein.
Generalleutnant Michael Vetter hat quasi zwei Leben bei der Bundeswehr. Die ersten 35 Jahre stattete er als Logistiker deutsche Soldaten weltweit mit den nötigen Waffen und Material für den Einsatz aus und kümmerte sich um die Instandsetzung von allem, was bei der Luftwaffe und dem Heer fliegen soll.
Seit 2017, seit dem Wunsch der damaligen Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen nach einem eigenen Kommando für den Cyberraum, beschäftigt er sich vor allem damit, die Streitkräfte im Digitalen führungs- und einsatzfähig zu machen.
“Wir hatten drei Monate Zeit, den Stab aufzubauen, und übernahmen dann Truppenteile der Streitkräftebasis. Damit sind wir quasi über Nacht von 250 auf gut 15.000 Menschen angewachsen”, sagt Vetter über die Anfangszeit, in der er das Kommando Cyber- und Informationsraum (CIR), zusammen mit dessen erstem Inspekteur Generalleutnant Ludwig Leinhos, aufbaute. Eine spannende Aufgabe sei das gewesen, “denn in der Bundeswehr haben wir über drei Jahrzehnte im Grunde nur auflösen und verkleinern gelernt. So einen Bereich von null an aufzubauen und ein Stück weit prägen zu können, war schon toll.”
Seit April 2019 treibt Vetter als Abteilungsleiter Cyber- und Informationstechnik die Prozesse aus dem Verteidigungsministerium heraus voran. Bei der Digitalisierung der Streitkräfte und der administrativen Prozesse ist die große Frage: “Wie machen wir die Bundeswehr als Großorganisation fit für die Digitalisierung? Wie vermitteln wir den Menschen die richtigen Kompetenzen, um sich auch in so einer digitalisierten Organisation entsprechend einzubringen?” Ein eigens von der Bundeswehr entwickeltes System misst anhand festgelegter Kriterien fortlaufend den Reifegrad der Digitalisierung in ebenjenen Bereichen Streitkräfte, Administration und Kompetenzen.
Nicht alles läuft reibungslos in Sachen Digitalisierung, aber Gegenwind kann Vetter aushalten, etwa, als die Bundeswehr feststellen musste, dass sich der Einbau der digitalen Funkgeräte in die Fahrzeuge der Bundeswehr verzögern wird. Sachlich argumentiert er, warum die mediale Berichterstattung in wesentlichen Teilen falsch sei.
Wahrscheinlich hat ihn seine Kenntnis des Bundeswehr-Materials und die Organisationsfähigkeit, die er sich in seinem “ersten Leben” bei der Bundeswehr aneignete, zum prädestinierten Kandidaten für den Aufbau des CIR gemacht. Vetter, 1962 in Weilburg geboren, tritt 1982 als Offiziersanwärter in die Bundeswehr ein. Später studiert er Wirtschafts- und Organisationswissenschaften an der Bundeswehr-Uni in München, 1994 folgt der Generalstabslehrgang an der Führungsakademie Hamburg.
Bei der Luftwaffe durchläuft Vetter als Generalstabsoffizier Stationen unter anderem im Lufttransportkommando in Münster, im Luftwaffenunterstützungskommando in Köln, bevor er 2001 zum ersten Mal ins Verteidigungsministerium wechselt und sich mit den Grundsatzfragen der Logistik beschäftigt. 2003 bis 2005 ist er Adjutant des Inspekteurs der Luftwaffe, 2008 studiert er ein Jahr am Royal College of Defence in London.
Seine erste Verwendung als General führt Vetter von 2012 bis 2017 als Kommandeur des Logistikzentrums nach Wilhelmshaven. Von dort wird die gesamte Bundeswehr weltweit logistisch ausgestattet, “von der Fregatte im Indopazifik bis zum deutschen Kontingent in Mali”.
Und was rausgeht, muss irgendwann wieder zurückkommen: Mehr als sieben Monate ist Vetter 2013 im ISAF Regionalkommando Nord in Mazar-e-Sharif, räumt dort unter anderem den Standort Kunduz, um ihn an die Afghanen zu übergeben. Von 2013 bis 2015 führte das Logistikzentrum mehr als 30.000 Tonnen Material aus Afghanistan nach Deutschland zurück. “Und zwar geordnet”, betont Vetter. Dabei betrieben die Logistiker im türkischen Trabzon einen logistischen Umschlagpunkt.
Er hat viel erlebt in seinen über 40 Jahren Bundeswehr. Von der Armee im Kalten Krieg zur Armee der Einheit, der Armee im Einsatz bis zur Zeitenwende. “Tja, und jetzt, zum Ende der Karriere stellt man fest: Wir sind nicht back to good old times, sondern das Thema Kalter Krieg hat uns, wenn auch in einer deutlich anderen, deutlich komplexeren Form, wieder ereilt.” Lisa-Martina Klein
Der Direktor und CEO der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP), Guntram Wolff, gibt seinen Posten zum 29. Februar 2024 ab. Wolff, der die Leitung des Netzwerks im Sommer 2022 übernommen hatte, sagte, er wolle sich wieder verstärkt inhaltlichen Fragen im Bereich der Geoökonomie und Klimapolitik widmen. DGAP-Präsident Tom Enders lobte Wolffs Engagement und hob dabei hervor, dass Wolff das öffentliche Profil der DGAP mit wissenschaftlich fundierter Politikberatung geschärft habe.
Der Wirtschaftswissenschaftler, der an der Universität Bonn promovierte, konzentriert sich in seiner Forschung vor allem auf das Zusammenspiel von europäischer politischer Ökonomie und Klimawandel. Vor seiner Station bei der DGAP war er Direktor des Thinktanks BRUEGEL. Im Jahr 2020 zählte ihn der Business Insider zu den 28 einflussreichsten Akteuren in Europa. Die FAZ kürte ihn zu den 100 besten deutschsprachigen Wirtschaftswissenschaftlern.
Bis auf Weiteres übernimmt der Journalist Martin Bialecki die Rolle des Sprechers der Geschäftsführung. Für Wolffs Neubesetzung läuft ein Ausschreibungsverfahren. Mit einer Entscheidung über seine Nachfolge wird nicht vor dem Sommer gerechnet.
Ändert sich etwas in Ihrer Organisation? Schicken Sie doch einen Hinweis für unsere Personal-Rubrik an heads@table.media!
am frühen Freitagmorgen haben die USA und Großbritannien Stellungen der Huthi-Milizen im Jemen bombardiert. “Sehr gezielt ausgewählte Ziele” seien mit Präzisionsmunition attackiert worden, heißt es aus US-Regierungskreisen, darunter Startplätze für Drohnen und Antischiffsraketen. US-Präsident Biden und der britische Premier Sunak bezeichneten die Angriffe als notwendigen Schritt, um die Gefahr für Menschenleben und den internationalen Handel im Roten Meer einzudämmen. Australien, Kanada, Bahrein und die Niederlande unterstützten die Aktion.
Eine Neubewertung der Lage im Jemen-Krieg hatte davor de facto bereits die Bundesregierung vorgenommen. Denn mit der Entscheidung, dass sich ein Eurofighter-Industrie-Konsortium an der saudi-arabischen Ausschreibung für den Kauf der Kampfjets beteiligen kann, ist die im Koalitionsvertrag formulierte Richtschnur hinfällig: “keine Exportgenehmigungen für Rüstungsgüter an Staaten” zu erteilen, “solange diese nachweislich unmittelbar am Jemen-Krieg beteiligt sind”, heißt es darin. Gabriel Bub hat die Einzelheiten.
Zwei Jahre nach dem russischen Angriff auf die Ukraine ist die Drohnenexpertin Ulrike Franke überrascht ob der schieren Menge und der riesigen Anzahl unterschiedlicher Systeme, die Kiew in dem Krieg einsetzt. Umso kritischer blickt sie auf westliche Entwickler, die trotz der Erfahrungen, die sich aus dem Einsatz der Luftfahrzeuge in der Ukraine ziehen ließen, zurückhaltend agieren. Nana Brink und Viktor Funk haben mit ihr über fast zwei Jahre Drohnen-Krieg gesprochen.
Eine aufschlussreiche Lektüre wünscht
Außenministerin Annalena Baerbock hat am Sonntag in Jerusalem die Wende in der deutschen Rüstungsexportpolitik mit ihrem OK zur Auslieferung von Eurofighter-Kampfjets nach Saudi-Arabien eingeleitet. In den in Großbritannien unter der Bezeichnung “Typhoon” gefertigten Eurofighter-Kampfjets werden auch Teile aus deutscher Produktion verbaut. Deshalb braucht London für eine Lieferung nach Saudi-Arabien das Einverständnis aus Deutschland. Am Mittwoch wurde zudem bekannt, dass der Bundessicherheitsrat bereits im Dezember 2023 die Lieferung von 150 Iris-T-Lenkflugkörpern in das Königreich genehmigt hatte. Das geht aus einer Mitteilung des Bundeswirtschaftsministeriums an den Wirtschaftsausschuss des Bundestags hervor, die Table.Media vorliegt. Der Spiegel hatte zuerst darüber berichtet.
Die Luft-Luft-Lenkflugkörper sind technisch nicht für Ziele am Boden ausgelegt. Menschenrechtsorganisationen sorgen sich deshalb stärker wegen Eurofighter-Kampfjets im Besitz des Königreichs als wegen der Iris-T-Lenkflugkörper. Für den Juristen Sönke Hilbrans vom European Center for Constitutional and Human Rights (ECCHR) ist die Wende der Bundesregierung nicht rechtmäßig. Seit Ausbruch des Jemen-Krieges 2015, als die saudische Luftwaffe begonnen habe, “exzessiv zivile Ziele zu bombardieren”, sei klar gewesen, dass “europäische Komponenten und Waffen in einer Weise, die sich gegen die Zivilbevölkerung richtet und völkerrechtlich illegal ist”, eingesetzt würden.
Auch wenn es momentan einen Waffenstillstand gebe, sei es möglich, “dass die Kampfhandlungen wieder aufleben und wieder kriegsverbrecherische Einsätze der saudischen Luftwaffe erfolgen. Dafür sprechen die Erfahrungen aus dem jahrelangen Luftkrieg nach dem März 2015. Sie können dann ohne Weiteres auch mit diesen neu gelieferten Waffen erfolgen”, sagt Hilbrans. Auch daraus könne sich “strafrechtliche Verantwortlichkeit für Lieferanten und Genehmigungsbehörden ergeben”. Die Lieferung von Eurofightern sei deshalb “weiterhin nicht genehmigungsfähig” und die Bundesregierung komme gegebenenfalls ihrer Verantwortung nicht nach. “Amtsträger haben eine im internationalen Recht wie im deutschen Recht verankerte Pflicht, Waffenlieferungen zu unterbinden, wenn die Gefahr besteht, dass damit Völkerrecht verletzt wird.”
Ohnehin dürften die Eurofighter nicht sofort ausgeliefert werden, hatte Regierungssprecher Hebestreit bereits zuvor klargestellt. Mit dem Ausschreibungsverfahren, einer Genehmigung durch den Bundessicherheitsrat und der Produktion der Flugzeuge dürfte “wahrscheinlich von mehreren Jahren” die Rede sein.
Der Regierungssprecher hatte die “konstruktive Haltung” Saudi-Arabiens seit der Hamas-Angriffe auf Israel vom 7. Oktober als Grund für den Eurofighter-Sinneswandel genannt. Riad habe mit Eurofightern, die es bereits verfügt, auf Israel gerichtete Raketen der Huthis aus dem Jemen abgeschossen. Eine grundsätzliche Abkehr von der deutschen restriktiven Rüstungsexportpolitik gebe es nicht. Saudi-Arabien verfügt aktuell über 72 der Kampfjets, 2018 hatte der Wüstenstaat 48 nachbestellt, auf die er bis jetzt wartet.
Die UN schätzte die Zahl der Toten vergangenes Jahr im 2015 begonnenen Jemen-Krieg auf fast 400.000. Mehr als die Hälfte der Einwohner benötigt humanitäre Hilfe. Saudi-Arabien unterstützt eine Militärallianz mit den Vereinigten Arabischen Emiraten, der Iran die Huthi-Rebellen auf der Gegenseite. Wegen des Krieges und der Ermordung des saudischen Journalisten Jamal Khashoggi im saudischen Konsulat in Istanbul 2018 hatte die Bundesregierung die Rüstungsexporte in den Wüstenstaat ausgesetzt. Ersatzteile für bereits gelieferte Systeme konnten weiter geliefert werden.
2022 wurde im Jemen ein Waffenstillstand vereinbart, die Bürgerkriegsparteien bekämpfen sich weiter, das Abkommen ist auch deshalb instabil.
Bundeskanzler Olaf Scholz hatte noch im Juli 2023 am Rande des Nato-Gipfels in Vilnius gesagt, eine Entscheidung, die Kampfflugzeuge an Saudi-Arabien liefern zu lassen, stehe “absehbar nicht an”. Gleichzeitig hatte er die Jemen-Klausel als “nicht mehr handlungsleitend” bezeichnet. Im Koalitionsvertrag hieß es noch: “Wir erteilen keine Exportgenehmigungen für Rüstungsgüter an Staaten, solange diese nachweislich unmittelbar am Jemen-Krieg beteiligt sind.”
An der Entscheidung, Eurofighter-Exporte zu genehmigen, hatte es heftige Kritik aus der Regierungskoalition gegeben. Der SPD-Außenpolitiker Ralf Stegner sagte Table.Media, Saudi-Arabien sei “kein Land, an das wir Waffen liefern sollten.” Auch innerhalb der Grünen regte sich Widerstand, unter anderem bei der sicherheitspolitischen Sprecherin der Bundestagsfraktion, Sara Nanni und der Bundesvorsitzenden Ricarda Lang.
Frau Franke, als jemand, der die Entwicklung der militärischen Drohnen schon lange auch vor dem russischen Krieg gegen die Ukraine beobachtete – was hat Sie in diesem Krieg im letzten Jahr überrascht?
Es sind vor allem zwei Dinge: Das erste, was wirklich auffällig ist und was ich so nicht erwartet hätte, ist die schiere Anzahl von Drohnen, die in diesem Krieg genutzt wird. Wir reden inzwischen von zehntausenden, hunderttausenden Drohnen. Die Ukraine hat zudem gerade gesagt, dass sie dieses Jahr eine Million Stück herstellen will – und Berichten nach etwa 70 verschiedene Systeme im Einsatz hat. Das sind unglaubliche Zahlen – und um die in den Kontext zu stellen: Die Bundeswehr hat derzeit acht verschiedene Drohnensysteme, und von keinem mehr als eine kleine dreistellige Stückzahl. Russland ist in diesen Krieg mit nur wenigen Drohnen reingegangen, das ist inzwischen anders. Der zweite interessante Aspekt ist, dass vor allem kleine Drohnen eine wichtige Rolle spielen, oft auch die, die aus dem zivilen Bereich kommen. Hier sehen wir, dass die Technik sich vom militärischen zum zivilen Bereich und dann wieder zurück aufs Schlachtfeld entwickelt hat.
Ein Schuss einer 155-Millimeter-Artilleriemunition fängt bei etwa 3000 Euro an, das ist mehr als eine kleine Drohne, wie sie in der Ukraine im Einsatz sind, kostet.
Ja, aber viele kleine Drohnen kosten am Ende auch viel. Deswegen denke ich, dass Kosten nur ein Grund sind. Hätten die größeren Drohnen wie vom türkischen Hersteller Bayraktar sich durchgesetzt, wären sie stärker im Einsatz. Das haben sie aber in diesem Konflikt nicht. Hier dominieren die kleinen, leicht herzustellenden Drohnen. Aber: Es kann sich auch wieder drehen, in einem anderen Konflikt könnten die großen Drohnen wieder relevanter sein.
Beim Thema Drohnen ist der Blick meist nach oben gerichtet, aber die Ukraine scheint auch die Entwicklung der Meeresdrohnen voranzutreiben. Spielen die schon eine große Rolle?
Die Entwicklung der maritimen Drohnentechnik ist auch etwas, was viele so nicht im Blick hatten. Es ist noch nicht ein besonders großes Thema, aber es wird größer werden, weltweit, das sehen wir in der Ukraine. Immerhin werden maritime Drohnen zum ersten Mal in einem Krieg in diesem Ausmaß eingesetzt. Sie zerstören russische Kriegsschiffe und richten erheblichen Schaden an. Maritime Drohnen werden wahrscheinlich auch im Roten Meer eine Rolle spielen – die Huthis haben bereits in der Vergangenheit solche Systeme verwendet. Und in einer möglichen Konfrontation zwischen den USA und China würden maritime Technologien generell eine sehr große Bedeutung haben. Ähnlich wie bei den Drohnen in der Luft zeigt sich hier, dass kleine und relativ günstige Waffen sehr große und teure Technik vulnerabel machen können.
Russland hat die Ukraine um den Jahreswechsel mehrfach mit ganzen Gruppen von Drohnen beschossen. Erleben wir nun den Einsatz von Drohnenschwärmen?
Man kann mit Sicherheit sagen, dass das so kommen wird. Drohnenschwärme werden eine größere Rolle spielen. Im Moment werden sie vor allem benutzt, um die Abwehrsysteme zu saturieren und zu durchdringen, weil die Ukraine sehr gut darin ist, einzelne Drohnen oder Raketen abzufangen. Momentan heißt “Schwarm” aber in der Regel nur eine Masse an Drohnen. Echte Schwärme sind Formationen, in denen einzelne Drohnen miteinander kommunizieren und sich Aufgaben teilen oder übergeben können. Aber auch das steht bevor.
Die russische Armee behauptet, dass sie mit der Lancet-3 genau das bereits tut, unter Einsatz von Künstlicher Intelligenz.
Künstliche Intelligenz zur Lageerkennung oder Bildanalyse, und auch im Bereich Autonomie ist in der Ukraine im Einsatz, ja, auch auf der ukrainischen Seite. Inwieweit die Lancet-3 in der Tat vollautonom dank KI ist, lässt sich schwer nachprüfen. Die Lancet-Drohnen sind aber tatsächlich ein Problem für die Ukraine. Offensichtlich hat Russland da bestimmte Fähigkeiten aufgebaut. Wenn man 30 Prozent seines Staatsbudgets in den Krieg investiert, dann kommt auch etwas heraus. Das heißt für uns aber auch, dass wir uns ebenfalls nicht ausruhen dürfen. So nach dem Motto, die Ukrainer sind innovationsfähig, sind stark und haben westliche Hilfe und deswegen ist das alles kein Problem. Die Russen haben nicht nur nachgezogen, sondern je nach Bereich sind sie stärker, etwa bei der elektronischen Kampfführung.
Sowohl die Ukraine als auch Russland lernen und entwickeln ihre Waffen und Abwehrtechnik immens schnell weiter. Haben Sie den Eindruck, dass westliche Staaten und westliche Rüstungsunternehmen mit gleicher Intensität lernen?
Das ist schwierig zu beantworten. Die Ukraine ist in einem existenziellen Kampf, sie hat eine andere Motivation. Aus den Gesprächen mit der westlichen Industrie habe ich nicht den Eindruck, dass die Motivation ähnlich ist, es tut sich weniger, als man denken könnte. Es ist jetzt nicht so, als hätte die europäische Rüstungsindustrie in den letzten zwei Jahren haufenweise neue Drohnensysteme entwickelt.
Ulrike Franke ist Senior Political Fellow beim renommierten Thinktank European Council on Foreign Relations. Ihr Spezialgebiet sind neue Technologien in der Kriegsführung wie Drohnen und Künstliche Intelligenz.
Eine Woche vor Beginn eines Prozesses gegen den Präsidenten der bosnisch-serbischen Republika Srpska, Milorad Dodik, erhöht die internationale Gemeinschaft den Druck auf den sezessionistischen Politiker. Der hatte am Dienstag trotz Warnungen des Hohen Repräsentanten für Bosnien und Herzegowina, Christian Schmidt, anlässlich des Gründungstags der bosnisch-serbischen Republika Srpksa (RS) eine Polizeiparade und einen sogenannten “Ehrenmarsch” durchführen lassen.
Rund 3.400 Polizisten, Veteranen des Bosnien-Krieges, dem zwischen 1992 und 1995 rund 100.000 Menschen zum Opfer fielen, marschierten durch Banja Luka. Anders als angekündigt nahm der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán nicht an dem Aufmarsch teil. Unter den Gästen befand sich der Generalstabschef der serbischen Streitkräfte, Milan Mojsilović. Er hatte vor zwei Jahren Vinko Padurević, einem vom UN-Kriegsverbrechertribunal in Den Haag wegen Beihilfe zum Völkermord in Srebrenica verurteilten serbischen Offizier, den serbischen Armeeverdienstorden verliehen.
In der serbischen Hauptstadt Belgrad ließ der im Dezember bei umstrittenen Wahlen wiedergewählte serbische Präsident Aleksandar Vučić am Dienstagabend synchron zur Veranstaltung in Banja Luka ein Feuerwerk veranstalten, um seine Unterstützung für die Feierlichkeiten zum Tag der Republika Srpska zum Ausdruck zu bringen. Belgrad unterstützte das Dayton-Friedensabkommen und die territoriale Integrität Bosnien-Herzegowinas, ließ Vučić in seiner Gratulation laut Medienberichten wissen, widersetze sich jedoch einer “Abschaffung oder Erniedrigung der Republika Srpska”.
Die Europäische Kommission bekräftigte am Dienstag ihre Kritik am Vorgehen Dodiks. Seit Jahren droht er mit der Sezession der kleineren der beiden bosnischen Teilrepubliken vom Gesamtstaat. “Was die Rechtmäßigkeit des ‘Tages der Republika Srpska’ betrifft, so hat das Verfassungsgericht des Landes bereits zweimal, 2015 und 2019, entschieden, dass die Gesetzgebung in der Republika Srpska über den ‘Tag der Republika Srpska’ nicht mit der Verfassung von Bosnien-Herzegowina im Einklang steht”, sagte Peter Stano, Kommissionssprecher für Außenbeziehungen.
“Die Europäische Union hat immer betont, dass die Souveränität, die territoriale Integrität, die verfassungsmäßige Ordnung und die internationale Persönlichkeit Bosnien-Herzegowinas gewahrt werden müssen”, so Stano weiter. Jede Handlung, die gegen diese Grundsätze verstößt, werde ernste Konsequenzen nach sich ziehen. Bosnien-Herzegowina ist seit Dezember 2022 offizieller EU-Beitrittskandidat, wird aber durch das Vorgehen Dodiks an Fortschritten ebenso gehindert wie durch Verzögerungen bei Verfassungs-, Justiz- und Wahlreformen. Die Staats- und Regierungschefs der EU hatten im Dezember erklärt, dass Beitrittsgespräche eröffnet werden, “sobald das erforderliche Maß an Übereinstimmung mit den Beitrittskriterien erreicht ist”.
Bereits bei den Feierlichkeiten zum Gründungstag der RS vor einem Jahr hatte Dodik den Westen provoziert: Er ließ die administrativen Übergänge zwischen der bosnisch-serbischen Entität und der muslimisch-kroatischen Föderation mit gepanzerten Fahrzeugen blockieren. Als die Republika Srpska im Januar 1992 am Vorabend des Kriegs gegründet wurde, befanden sich drei bosnisch-serbische Politiker an ihrer Spitze – Radovan Karadzić, Biljana Plavšić und Momcilo Krajišnik -, die später vom UN-Kriegsverbrechertribunal für das ehemalige Jugoslawien verurteilt wurden.
Am Vorabend der Feierlichkeiten flogen F-16-Kampfjets der USA demonstrativ über den Norden Bosnien-Herzegowinas. Die US-Botschaft in Sarajewo forderte eine Untersuchung der Feierlichkeiten und erklärte, sie werde “nicht zögern”, auf Handlungen zu reagieren, die gegen das 1995 von den USA vermittelte Friedensabkommen verstoßen. Der Einsatz der F-16-Kampfflieger war Teil eines bilateralen Luft-Boden-Manövers mit der bosnischen Armee, das, so die US-Botschaft, “das Engagement der USA zur Wahrung der territorialen Integrität Bosnien-Herzegowinas angesichts von Anti-Dayton- und Sezessionsbestrebungen” zeige.
Der Streit über die Gedenkfeier kommt weniger als einen Monat, nachdem Beobachter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) festgestellt hatten, dass Tausende von Wählern aus Bosnien und Herzegowina eingeschleust worden waren, um bei den jüngsten serbischen Wahlen illegal ihre Stimmen abzugeben.
Am Mittwoch verurteilte auch der Hohe Repräsentant der internationalen Gemeinschaft, Christian Schmidt, die Feierlichkeiten und nationalistische Äußerungen bosnisch-serbischer Politiker. “Solche Maßnahmen gefährden nicht nur die Sicherheit und das Wohlergehen der Rückkehrer, sondern stellen auch eine ernsthafte Bedrohung für Investitionen, den EU-Integrationsprozess und den allgemeinen Wohlstand des ganzen Landes dar”, teilte Schmidt in einer Stellungnahme mit.
Dodik muss sich kommende Woche vor Gericht verantworten, weil er im August Gesetze erlassen hatte, die gegen Entscheidung des Verfassungsgerichts und des Hohen Repräsentanten verstoßen. Das Verfahren war im Dezember verschoben worden, weil Dodik verlangt hatte, es in Banja Luka abhalten zu lassen – mit Verweis auf politische Manipulationen, die ihm bei einem Prozess in Sarajevo drohten. Das lehnte das Gericht nun ab und wird kommende Woche prüfen, ob der seit Jahren im Clinch mit Schmidt liegende Dodik gegen die Bestimmungen des Dayton-Friedensvertrags von 1995 verstoßen hat. Die kurz danach verabschiedeten sogenannten “Bonn Powers” räumen dem Hohen Repräsentanten unter anderem das Recht ein, Politiker und Amtsinhaber, die das Dayton-Abkommen untergraben, abzusetzen und Gesetze zu erlassen sowie illegale Paraden zu verbieten. Alexander Rhotert
Am heutigen Freitag nehmen Vertreter Israels vor dem Internationalen Gerichtshof (IGH) in Den Haag Stellung zum Vorwurf Südafrikas, im Gazastreifen seit Oktober “systematisch Taten von Völkermord” gegen die palästinensische Bevölkerung begangen zu haben. Am Donnerstag hatten Vertreter Südafrikas den Standpunkt ihres Landes vorgetragen, wonach Israel eine Zerstörung palästinensischen Lebens mit der “Absicht des Völkermordes” betreibe.
Südafrika beruft sich auf die UN-Völkermordkonvention, die auch Israel unterzeichnet hat. Darin wird Völkermord definiert als eine Handlung, “die in der Absicht begangen wird, eine nationale, ethnische, rassische oder religiöse Gruppe als solche ganz oder teilweise zu zerstören”.
Israel bestreitet, diesen Passus verletzt zu haben; Ministerpräsident Benjamin Netanjahu sagte am Donnerstag: “Israel kämpft gegen Hamas-Terroristen, nicht gegen die palästinensische Bevölkerung, und wir tun dies in voller Übereinstimmung mit dem internationalen Recht.” Bundesaußenministerin Annalena Baerbock bekräftigte die deutsche Haltung, dass Israels militärisches Vorgehen im Gazastreifen nicht von der Absicht eines Völkermords getragen sei. “Diese Absicht kann ich bei Israels Selbstverteidigung gegen eine bewaffnete Terrororganisation der Hamas nicht erkennen”, sagte die Grünen-Politikerin. Hessens Justizminister Roman Poseck verlangte, dass Deutschland sich in dem Verfahren “als Drittstaat an die Seite Israels stellen” solle.
Die Bundesregierung beabsichtigt, im Laufe des Hauptverfahrens ihr Recht auf Intervention in Anspruch zu nehmen. Dabei will sie ihre Rechtsauffassung zu den Vorwürfen Südafrikas darlegen; das Verfahren kann jedoch Jahre dauern. Südafrika fordert in einem Eilverfahren darüber hinaus auch einen Rechtsschutz für die Palästinenser im Gazastreifen. Darüber dürften die Richter noch im Januar entscheiden. mrb
Mit Luftangriffen auf Einrichtungen der Huthi-Milizen im Jemen haben die USA und Großbritannien auf die anhaltende Bedrohung von Handelsschiffen vor der jemenitischen Küste im Roten Meer reagiert. Mit Flugzeugen und von Schiffen aus wurden am frühen Freitagmorgen jemenitischer Zeit Startplätze für Drohnen und Antischiffsraketen bombardiert. US-Präsident Joe Biden und der britische Premier Rishi Sunak bezeichneten die Aktion als notwendigen Schritt, um die Gefahr für Menschenleben und den internationalen Handel einzudämmen.
Seit Mitte November hatten die Huthis, die von Iran unterstützt werden, immer wieder gezielt Drohnen und Antischiffsraketen auf Containerfrachter und Tanker abgefeuert, die die jemenitische Küste auf dem Weg vom oder zum Suez-Kanal passierten. Als Grund nannten sie die Unterstützung der Hamas-Milizen im Krieg gegen Israel. Zahlreiche Reedereien hatten daraufhin für ihre Schiffe die Route durch das Rote Meer ausgesetzt und vor allem Frachter auf den längeren Seeweg um Afrika geschickt.
Nach Angaben von US-Regierungsvertretern wurden bei der Aktion, die von Australien, Bahrain, Kanada und den Niederlanden unterstützt wurde, zahlreiche “sehr gezielt ausgewählte Ziele” mit Präzisionsmunition angegriffen, um zivile Opfer zu vermeiden. Genauere Angaben zur Zahl und zum Erfolg der Mission gab es aus Washington zunächst nicht. Das britische Verteidigungsministerium teilte mit, die auf Zypern gestarteten britischen Kampfjets vom Typ Eurofighter Typhoon hätten mit gelenkten “Paveway IV”-Bomben einen Drohnen-Startplatz in Bani im Nordwesten Jemens und den Flugplatz von Abbs angegriffen, wo Marschflugkörper gestartet worden seien.
Der Angriff sei unabhängig von der Mission “Operation Prosperity Guardian”, in der Kriegsschiffe mehrerer Nationen unter US-Führung Handelsschiffe vor Angriffen schützen, hieß es aus Regierungskreisen in Washington. Ebenfalls getrennt von den Luftschlägen, aber zeitgleich veröffentlichte das Weiße Haus eine gemeinsame Erklärung von 10 Staaten, darunter auch Deutschland: Darin werden die Huthi erneut aufgefordert, ihre Angriffe auf die Schifffahrt einzustellen. Sollten sie ihre Aktionen fortführen, seien sie für die Konsequenzen selbst verantwortlich.
Unabhängig vom Versuch der USA und Großbritanniens, mit Luftangriffen die Bedrohung durch Huthi-Milizen im Jemen zu stoppen, nehmen die Pläne der EU für eine eigene Mission zum Schutz der Handelsschifffahrt im Roten Meer Gestalt an. Am kommenden Dienstag sollen sich die Botschafter der Mitgliedsstaaten im Politischen und Sicherheitspolitischen Komitee (PSK) mit einem Aktionsplan befassen, der den Einsatz von Kriegsschiffen vorsieht, berichtet das sicherheitspolitische Brüsseler Nachrichtenportal Bruxelles 2. Dafür soll eine bereits bestehende Mission unter französischer Führung zum Schutz von Schiffen in der Straße von Hormus ausgeweitet werden.
Das in Brüssel erarbeitete “Crisis Management Concept” sieht nach Angaben von Bruxelles 2 vor, die 2020 eingerichtete “Europäische maritime Überwachungsmission in der Straße von Hormus” (Mission européenne de surveillance maritime dans le détroit d’Ormuz , EMASOH) auf das Rote Meer und das Bab el Mandeb, die Verbindung zwischen dem Golf von Aden und dem Roten Meer und damit dem Suezkanal, auszudehnen. Vor der jemenitischen Küste greifen von Iran unterstützte Huthi-Milizen seit November Handelsschiffe im Roten Meer an, um die Hamas-Milizen im Krieg gegen Israel zu unterstützen. Erst am Mittwoch hatten Kriegsschiffe der USA und Großbritanniens den bislang größten Angriff mit Drohnen und Antischiffsraketen gegen Containerfrachter abgewehrt.
Die USA haben zwar zur Bekämpfung dieser Angriffe eine Koalition der Willigen unter dem Namen “Operation Prosperity Guardian” gestartet, der allerdings bislang nur wenige europäische Staaten beigetreten sind. Stattdessen versuchte die EU zunächst, die Aufgaben ihrer Antipiraterie-Mission Atalanta am Horn von Afrika zu erweitern, was aber am Widerstand Spaniens scheiterte. Eine neue EU-Mission könnte dagegen auf mehr Zustimmung und auch Beteiligung europäischer Nationen bauen.
Nach Angaben von Bruxelles 2 trieb vor allem Deutschland die Beratungen in Brüssel über den neuen Einsatz voran. Die bisherigen Planungen sehen danach den Einsatz von mindestens drei Fregatten, einschließlich Luftaufklärung durch Drohnen oder Hubschrauber vor. Für die Bundeswehr kommt dabei der Einsatz der Fregatte “Hessen” infrage, die für die Luftverteidigung ausgerüstet ist und erst kurz vor Weihnachten aus einem Nato-Einsatz nach Wilhelmshaven zurückgekehrt war.
Der Sprecher des Auswärtigen Amtes, Sebastian Fischer, hatte erst am Mittwoch noch einmal die Bereitschaft der Bundesregierung bekräftigt, an einer Mission unter EU-Kommando teilzunehmen. Dabei dürfte auch eine Rolle spielen, dass Deutschland die bestehende Mission in der Straße von Hormus bereits bei ihrer Einrichtung 2020 politisch mitgetragen hatte – auch wenn es nie eine militärische deutsche Beteiligung gab. Nach einer Befassung des PSK könnte der Plan den EU-Außenministern zu ihrem Treffen am 22. Januar vorgelegt werden. tw
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat bei seinem Besuch in Estland ukrainische Männer im Ausland zur Rückkehr in die Heimat aufgerufen, “um wenigstens Steuer zu zahlen und damit dem Land zu helfen.” Selenskyj greift damit die Forderung des Verteidigungsministers Rustem Umjerow aus dem Dezember auf. Er will die wehrpflichtigen Ukrainer, die nach Kriegsbeginn ins Ausland geflohen sind, zurückholen. Da die EU diese Männer nicht ausweisen wird, richtet der ukrainische Präsident nun einen moralischen Appell an sie.
Nach seiner Aussage finanzierten sechs bis acht Steuerzahler und Steuerzahlerinnen einen Soldaten. “Wenn ihr in der Ukraine seid und nicht an der Front, sondern wo auch immer ihr beschäftigt seid und dabei Steuern zahlt, dann verteidigt ihr damit auch den Staat”, richtete Selenskyj sich direkt an die in der EU lebenden geflüchteten Ukrainer.
In der gesamten EU haben rund 4,2 Millionen Menschen aus der Ukraine Schutz gefunden. Weniger als 20 Prozent von ihnen sind Männer im Alter von 18 bis 60 Jahren. Kurz nach der Vollinvasion wurde für diese Gruppe ein generelles Ausreiseverbot erlassen, für das es jedoch Ausnahmen gibt.
Die Nato-Staaten haben der Ukraine in dieser Woche ihre weitere Unterstützung zugesichert. Vor allem die Luftverteidigung soll kurzfristig verbessert werden. Die Ukraine baut derweil ihre Verteidigungslinien aus, wie Reuters am Donnerstag berichtete. Ein Reporter der Agentur konnte neue Befestigungsanlagen an der nördlichen Grenze zu Russland aufsuchen. Wegen russischer Truppen in Belarus und der sehr lang gezogenen Frontlinie ist die Ukraine gezwungen, ihre Kräfte weitflächig zu verteilen. vf
China hat die USA aufgefordert, die Bewaffnung Taiwans zu stoppen. In der Taiwan-Frage sei man zu keinem Kompromiss bereit, teilte das Verteidigungsministerium am Mittwoch in Peking mit. Zuvor hatten sich Vertreter der Verteidigungsministerien von China und den USA zu einem zweitägigen Arbeitstreffen getroffen.
In Washington kamen unter anderem der stellvertretende US-Verteidigungsminister Michael Chase mit dem chinesischen General Song Yanchao zusammen. Song ist in der Zentralen Militärkommission stellvertretender Direktor des Büros für internationale militärische Zusammenarbeit. Chase ist im Pentagon für China und Taiwan zuständig.
Die chinesische Seite habe in den Gesprächen betont, dass man im Umgang mit Taiwan “niemals zurückweichen werde”, erklärte das Verteidigungsministerium weiter. Vielmehr sollte Washington “die Aufrüstung Taiwans einstellen und sich jeder Unabhängigkeit Taiwans entgegenstellen“. In einer Mitteilung des Pentagon heißt es wiederum, die US-Seite hätte ihrerseits, “die Bedeutung von Frieden und Stabilität in der Straße von Taiwan” hervorgehoben.
Am Samstag finden in Taiwan Präsident- und Parlamentswahlen statt. In den Umfragen liegen die Kandidaten eng beieinander. Der Ausgang der Wahl wird das künftige Verhältnis zwischen Taipeh und Peking maßgeblich beeinflussen. Die Militärs der USA und China sprechen erst seit dem Treffen von Xi Jinping und Joe Biden Mitte November wieder miteinander. Der Austausch soll die angespannten Beziehungen stabilisieren. rad
Spiegel: Meinungsforscher Gudkow: “Es ist die gebildete Klasse, die den Krieg befürwortet.” “Die Propaganda hat die Fähigkeit zum Mitgefühl abgetötet”, urteilt der Soziologe Lew Gudkow. Er untersucht die Zerrissenheit der russischen Gesellschaft – und warum diese den Krieg dennoch mitträgt. Chronische Wehrlosigkeit und Zukunftsängste spielen ebenso mit hinein, wie der Wunsch nach Respekt für das postsowjetische Russland.
The Guardian: The climate costs of war and militaries can no longer be ignored. Über fünf Prozent der weltweiten Emissionen stehen im Zusammenhang mit Konflikten oder militärischen Auseinandersetzungen, schreibt der Konfliktforscher Doug Weir. Er fordert einen stärkeren Fokus darauf, wie Sicherheitsentscheidungen sich auf das Klima auswirken und die kollektive Sicherheit untergraben können.
TAZ: Besuch bei der Bundeswehr – Der größte Nato-Fanklub der Welt. Diese Reportage bietet Einblicke in das Leuchtturmprojekt der Zeitenwende: die Enhanced Forward Presence Battlegroup Lithuania, die Brigade Litauen. Das Land, das sich selbst im Epizentrum russischer Bedrohung sieht, ist froh über das Projekt. Diskussionen um die Finanzierung gibt es allerdings trotzdem.
Spiegel: Terrorexpertin über Krieg in Nahost: “Israel ist in die Falle getappt.” Die US-amerikanische Professorin Audrey Kurth Cronin vergleicht in ihrer Forschung die Geschichten Hunderter Terrorgruppen. Im Interview spricht sie darüber, dass Terror fast nie allein mit militärischen Mitteln besiegt werden kann – und wie eine Lösung für Israel und Palästina aussehen kann.
Frankfurter Allgemeine Tageszeitung: Militär in Ecuador soll die Drogenbanden “neutralisieren.” In Ecuador eskaliert die Gewalt. Präsident Daniel Noboa ruft einen “innerstaatlichen bewaffneten Konflikt” aus und befiehlt Streitkräften, gegen mehr als 20 “terroristische Organisationen und kriegerische Akteure” vorzugehen. Das Parlament gewährte den Streitkräften eine Art Kriegsrecht, es räumt ihnen weitgehende Straffreiheit ein.
Generalleutnant Michael Vetter hat quasi zwei Leben bei der Bundeswehr. Die ersten 35 Jahre stattete er als Logistiker deutsche Soldaten weltweit mit den nötigen Waffen und Material für den Einsatz aus und kümmerte sich um die Instandsetzung von allem, was bei der Luftwaffe und dem Heer fliegen soll.
Seit 2017, seit dem Wunsch der damaligen Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen nach einem eigenen Kommando für den Cyberraum, beschäftigt er sich vor allem damit, die Streitkräfte im Digitalen führungs- und einsatzfähig zu machen.
“Wir hatten drei Monate Zeit, den Stab aufzubauen, und übernahmen dann Truppenteile der Streitkräftebasis. Damit sind wir quasi über Nacht von 250 auf gut 15.000 Menschen angewachsen”, sagt Vetter über die Anfangszeit, in der er das Kommando Cyber- und Informationsraum (CIR), zusammen mit dessen erstem Inspekteur Generalleutnant Ludwig Leinhos, aufbaute. Eine spannende Aufgabe sei das gewesen, “denn in der Bundeswehr haben wir über drei Jahrzehnte im Grunde nur auflösen und verkleinern gelernt. So einen Bereich von null an aufzubauen und ein Stück weit prägen zu können, war schon toll.”
Seit April 2019 treibt Vetter als Abteilungsleiter Cyber- und Informationstechnik die Prozesse aus dem Verteidigungsministerium heraus voran. Bei der Digitalisierung der Streitkräfte und der administrativen Prozesse ist die große Frage: “Wie machen wir die Bundeswehr als Großorganisation fit für die Digitalisierung? Wie vermitteln wir den Menschen die richtigen Kompetenzen, um sich auch in so einer digitalisierten Organisation entsprechend einzubringen?” Ein eigens von der Bundeswehr entwickeltes System misst anhand festgelegter Kriterien fortlaufend den Reifegrad der Digitalisierung in ebenjenen Bereichen Streitkräfte, Administration und Kompetenzen.
Nicht alles läuft reibungslos in Sachen Digitalisierung, aber Gegenwind kann Vetter aushalten, etwa, als die Bundeswehr feststellen musste, dass sich der Einbau der digitalen Funkgeräte in die Fahrzeuge der Bundeswehr verzögern wird. Sachlich argumentiert er, warum die mediale Berichterstattung in wesentlichen Teilen falsch sei.
Wahrscheinlich hat ihn seine Kenntnis des Bundeswehr-Materials und die Organisationsfähigkeit, die er sich in seinem “ersten Leben” bei der Bundeswehr aneignete, zum prädestinierten Kandidaten für den Aufbau des CIR gemacht. Vetter, 1962 in Weilburg geboren, tritt 1982 als Offiziersanwärter in die Bundeswehr ein. Später studiert er Wirtschafts- und Organisationswissenschaften an der Bundeswehr-Uni in München, 1994 folgt der Generalstabslehrgang an der Führungsakademie Hamburg.
Bei der Luftwaffe durchläuft Vetter als Generalstabsoffizier Stationen unter anderem im Lufttransportkommando in Münster, im Luftwaffenunterstützungskommando in Köln, bevor er 2001 zum ersten Mal ins Verteidigungsministerium wechselt und sich mit den Grundsatzfragen der Logistik beschäftigt. 2003 bis 2005 ist er Adjutant des Inspekteurs der Luftwaffe, 2008 studiert er ein Jahr am Royal College of Defence in London.
Seine erste Verwendung als General führt Vetter von 2012 bis 2017 als Kommandeur des Logistikzentrums nach Wilhelmshaven. Von dort wird die gesamte Bundeswehr weltweit logistisch ausgestattet, “von der Fregatte im Indopazifik bis zum deutschen Kontingent in Mali”.
Und was rausgeht, muss irgendwann wieder zurückkommen: Mehr als sieben Monate ist Vetter 2013 im ISAF Regionalkommando Nord in Mazar-e-Sharif, räumt dort unter anderem den Standort Kunduz, um ihn an die Afghanen zu übergeben. Von 2013 bis 2015 führte das Logistikzentrum mehr als 30.000 Tonnen Material aus Afghanistan nach Deutschland zurück. “Und zwar geordnet”, betont Vetter. Dabei betrieben die Logistiker im türkischen Trabzon einen logistischen Umschlagpunkt.
Er hat viel erlebt in seinen über 40 Jahren Bundeswehr. Von der Armee im Kalten Krieg zur Armee der Einheit, der Armee im Einsatz bis zur Zeitenwende. “Tja, und jetzt, zum Ende der Karriere stellt man fest: Wir sind nicht back to good old times, sondern das Thema Kalter Krieg hat uns, wenn auch in einer deutlich anderen, deutlich komplexeren Form, wieder ereilt.” Lisa-Martina Klein
Der Direktor und CEO der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP), Guntram Wolff, gibt seinen Posten zum 29. Februar 2024 ab. Wolff, der die Leitung des Netzwerks im Sommer 2022 übernommen hatte, sagte, er wolle sich wieder verstärkt inhaltlichen Fragen im Bereich der Geoökonomie und Klimapolitik widmen. DGAP-Präsident Tom Enders lobte Wolffs Engagement und hob dabei hervor, dass Wolff das öffentliche Profil der DGAP mit wissenschaftlich fundierter Politikberatung geschärft habe.
Der Wirtschaftswissenschaftler, der an der Universität Bonn promovierte, konzentriert sich in seiner Forschung vor allem auf das Zusammenspiel von europäischer politischer Ökonomie und Klimawandel. Vor seiner Station bei der DGAP war er Direktor des Thinktanks BRUEGEL. Im Jahr 2020 zählte ihn der Business Insider zu den 28 einflussreichsten Akteuren in Europa. Die FAZ kürte ihn zu den 100 besten deutschsprachigen Wirtschaftswissenschaftlern.
Bis auf Weiteres übernimmt der Journalist Martin Bialecki die Rolle des Sprechers der Geschäftsführung. Für Wolffs Neubesetzung läuft ein Ausschreibungsverfahren. Mit einer Entscheidung über seine Nachfolge wird nicht vor dem Sommer gerechnet.
Ändert sich etwas in Ihrer Organisation? Schicken Sie doch einen Hinweis für unsere Personal-Rubrik an heads@table.media!