Table.Briefing: Security

Erster Brigade-Kommandeur ab 2024 in Litauen + Ägyptens Drahtseilakt zwischen Russland und den USA

Liebe Leserin, lieber Leser,

kurz vor dem Ende seines ersten Jahres als Verteidigungsminister hat Boris Pistorius gestern in Vilnius sein “Leuchtturmprojekt der Zeitenwende” konkretisiert. Mit seinem Amtskollegen Arvydas Anušauskas unterschrieb er den Road Map genannten Fahrplan für die Stationierung der deutschen Brigade in Litauen, die ab 2027 voll einsatzfähig sein soll. Markus Bickel hat den Minister begleitet und fasst die Pläne zusammen, die auch ein klares Signal nach Russland sind.

Weniger klar ist Ägyptens Verhältnis zum Kreml. Die Wiederwahl von Ägyptens Machthaber Abdelfattah al-Sisi wurde gestern wie erwartet bestätigt. In einem weiteren Teil unserer Serie “Russlands Freunde” schauen wir auf Sisis Spagat zwischen der Waffenfreundschaft mit Russland und der Abhängigkeit von den USA.

Die USA wiederum suchen gerade nach Partnern für einen Einsatz im Roten Meer. Weil die Huthi-Rebellen aus dem Jemen ihre Angriffe auf westliche Handelsschiffe ausweiten, bemühen sich die Vereinigten Staaten um eine internationale Koalition zum Schutz der Frachter. Zu der könnte auch Deutschland gehören.

Im Heads stellen wir Ihnen heute Philipp Schweers vor. Er berät im Auftrag des Zentrum für Internationale Friedenseinsätze moldauische Sicherheitsbehörden.

Eine gute Lektüre wünscht

Ihr
Gabriel Bub
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Analyse

Mit der Litauen-Brigade der Bundeswehr will die Nato ihre kollektive Abschreckung erhöhen

Verteidigungsminister Boris Pistorius hat am Montag gemeinsam mit seinem litauischen Amtskollegen Arvydas Anušauskas einen Fahrplan (Road Map) für die Stationierung von 4.800 deutschen Soldaten und 200 zivilen Angestellten in Litauen unterzeichnet. Die beiden Nato-Staaten verpflichten sich darin, Rahmenbedingungen für die Aufstellung einer Bundeswehrbrigade (Brig LIT) in dem baltischen Staat zu schaffen. Diese soll ab 2027 an den Standorten Rukla und Rūdninkai voll einsatzfähig sein; bereits Ende 2024 soll der erste Kommandeur an der Spitze eines Aufstellungsstabs den weiteren Aufwuchs begleiten.

Pistorius bezeichnete das Vorhaben am Montag in Vilnius abermals als “Leuchtturmprojekt der Zeitenwende” und “Meilenstein” in den deutsch-litauischen Beziehungen; Anušauskas sprach von einer “historischen Entscheidung”, die das Verteidigungspotenzial Litauens “bedeutend stärken” sowie “die kollektive Abschreckung der Nato erhöhen” werde.

Zwei Kampftruppenbataillone dauerhaft in Rukla und Rūdninkai

Die der Abschreckung und Verteidigung dienende Kampfbrigade der Bundeswehr soll laut der Road Map 2025 mit einem formellen Appell in Dienst gestellt werden; dazu wird im zweiten Quartal des kommenden Jahres ein Vorkommando auf das Gebiet des Nato-Partners verlegt. Bis Ende 2024 soll dann ein Aufstellungsstab im Land sein, geführt vom ersten Kommandeur der Brigade.

Die von Pistorius als “kampfbereite, jederzeit einsatzfähige, robuste Brigade” bezeichnete Truppe setzt sich zusammen aus dem Panzerbataillon 203 aus Augustdorf in Nordrhein-Westfalen, dem Panzergrenadierbataillon 122 aus Oberviechtach in Bayern – sowie der bereits im litauischen Rukla stationierten enhanced Forward Presence Battlegroup (eFP BG LTU). Der multinationale Gefechtsverband eFP steht seit 2017 unter Führung Deutschlands und verfügt über rotierendes Personal. 

Anušauskas: Bundeswehr-Angehörige “integraler Bestandteil unserer Gesellschaft”

Beide Seiten einigten sich darauf, die Sicherstellung von Kinderbetreuung, schulischen Bildungsmöglichkeiten, Wohnraum und Transport “mit dem Ziel einer maximalen Attraktivität” voranzutreiben. Eine bislang im litauischen Verteidigungsministerium angesiedelte Kommission wird ins Büro von Regierungschefin Ingrida Šimonytė verlegt, um den Aufbau der Infrastruktur für die Stationierung Tausender Soldaten, ihrer Angehörigen und Familien zu ermöglichen. Anušauskas versprach, dass diese bald “zu einem integralen Bestandteil unserer Gesellschaft” werden würden.

Für die litauischen Streitkräfte bedeutet die Verlegung von bis zu 4.800 Bundeswehrsoldaten eine große Unterstützung. Litauens Streitkräften gehören nur 15.000 Soldaten an, davon sind 3.500 Wehrpflichtige. Bis 2030 sollen es bis zu 18.000 Soldaten sein. “Russlands aggressive Politik ist die größte Bedrohung für uns”, so Anušauskas; auch deshalb sei die Bundeswehr-Brigade so wichtig für sein Land.

Verstärkte Vornepräsenz der Nato in Polen und Baltikum

Deutschland gilt als Schlüsselpartner bei der Aufrüstung und Modernisierung der litauischen Armee, die deutsche Waffensysteme und Fahrzeuge nutzt. Nicht wenige litauische Offiziere wurden zudem an Hochschulen der Bundeswehr ausgebildet. Die von Deutschland geführte eFP-Battlegroup Litauen hat derzeit eine Stärke von rund 1.700 Soldatinnen und Soldaten. Personal und Material rotieren im halbjährlichen Rhythmus, dabei wird das Verlegen von Truppen und Waffensystemen innerhalb Europas geübt.

Bereits 2017 hatte die Nato im Rahmen ihrer “verstärkten Vornepräsenz” eFP auf die zunehmende Bedrohung durch Russland reagiert. Die vier an ihrer Ostflanke stationierten multinationalen Gefechtsverbände bestehen aus jeweils über 1.000 Soldatinnen und Soldaten, die die Streitkräfte der Gastländer verstärken. Jede der eFP-Battlegroups wird von einer Rahmennation geführt. Diese Aufgabe haben für Estland Großbritannien, für Lettland Kanada, für Polen die USA und für Litauen Deutschland übernommen.

Die deutsch geführte Battlegroup ist in Rukla rund hundert Kilometer nordwestlich von der litauischen Hauptstadt Vilnius und rund hundert Kilometer von der russischen Exklave Kaliningrad entfernt. Der oft genutzte Truppenübungsplatz Pabradė befindet sich nur wenige Kilometer entfernt von der belarussischen Grenze. Aktuell wird der deutsche Anteil überwiegend vom Panzerbataillon 363 aus Hardheim gestellt. Zu den Kräften gehören außerdem ein mechanisierter Infanteriezug des Panzergrenadierbataillons 391 aus Bad Salzungen, eine Batterie des Artilleriebataillons 131 aus Weiden in der Oberpfalz sowie eine Unterstützungskompanie des Versorgungsbataillons 4 aus Roding. Aktuell (Stand: 4. Dezember 2023) befinden sich 820 deutsche Soldatinnen und Soldaten im Rahmen der eFP in Litauen.

Im Krisenfall unverzüglich Verstärkung möglich

Nach der Ankündigung von Bundeskanzler Olaf Scholz im vergangenen Jahr, eine deutsche Brigade für die Verteidigung Litauens bereitzustellen, wurden im September 2022 Teile eines Brigadegefechtsstandes dauerhaft in Rukla stationiert. Das sogenannte vorgeschobene Führungselement (Forward Command Element/FCE) oder auch enhanced Vigiliance Activities Brigade Litauen (eVA Brig LTU) bildet das Bindeglied zwischen den litauischen Streitkräften und einer in Deutschland bereitgehaltenen Brigade. Damit werden die Voraussetzungen geschaffen, um bei einer Verschärfung der Bedrohungssituation unverzüglich Verstärkung nach Litauen zu bringen.

Bis die Brigade Litauen einsatzbereit ist, werden die EFP BG LTU weiter vor Ort und die eVA Brig LTU – zurzeit ist das die Panzerbrigade 21 aus Augustdorf – in Deutschland abrufbar sein. Die Brigade Litauen wird in ihrem Zielzustand der von der Bundeswehr der Nato angezeigten Division 2025 unterstellt sein.

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Waffen und Weizen: Ägypten profitiert vom geschwächten russischen Regime

Der ägyptische Präsident Abdelfattah al-Sisi und Wladimir Putin im Juli auf dem Russland-Afrika-Gipfel in St. Petersburg.

Am Ende flog der Deal auf. Doch eigentlich hatte Ägyptens Präsident Abdelfattah al-Sisi fest vor, Russland 40.000 Raketen zu liefern, wie die Washington Post im Frühjahr berichtete. Das sei aus einem Dokument hervorgegangen, das Gespräche zwischen dem Feldmarschall und hochrangigen ägyptischen Militärs am 1. Februar zusammenfasst: Neben den Raketen – möglicherweise 122mm-Geschosse vom Typ Sakr45 – soll es auch um weitergehende Militärhilfe an Moskau gegangen sein – in Form von Artilleriemunition und Schießpulver.

Laut dem Dokument soll der frühere Armeechef Sisi – dessen Wiederwahl am Montag wie erwartet bestätigt wurde – die Beamten angewiesen haben, die Produktion und Lieferung der Raketen geheim zu halten, “um Probleme mit dem Westen zu vermeiden”. Fabrikarbeitern habe man sagen sollen, die Projektile seien für die ägyptische Armee, heißt es weiter. Ein hochrangiger Minister soll angeboten haben, Schichtarbeit einzuführen, um die Produktion zu stemmen.

Kampfflugzeuge Su-35 aus Moskau

Auch wenn russische wie ägyptische Stellen den Bericht im April als falsch abtaten, ist der Hinweis auf Waffenlieferungen an Moskau ein Indiz dafür, wie eng die Beziehungen zwischen den beiden autokratischen Regimen sind. Seitdem Sisi im Sommer 2013 den ersten frei gewählten Präsidenten Ägyptens stürzte – der Muslimbruder Mohammed Mursi starb 2019 im Gefängnis -, ist das Verhältnis zwischen Moskau und Kairo aufgeblüht. Nicht zuletzt, weil der damalige US-Präsident Barack Obama sich während des Arabischen Frühlings auf die Seite der Freiheitsbewegungen in Nordafrika gestellt hatte. Sisi wiederum war unter dem früheren autoritär regierenden Staatschef Husni Mubarak Militärgeheimdienstchef – auch das eine Erklärung, weshalb das Verhältnis mit dem früheren KGB-Mann Putin so gut funktioniert.  

Schon vor Jahren schlossen Putin und Sisi eine Vereinbarung zur wechselseitigen Nutzung von Luftwaffenstützpunkten. Und auch in anderen Berichten weiteten sie die militärtechnische Zusammenarbeit aus. 2018 etwa gab Moskau den Verkauf von fünf Sukhoi Su-35 Kampfflugzeugen der vierten Generation an Kairo bekannt, die ersten aus einer Tranche von 24, die Ägypten 2021 erhielt.

Nicht von Waffen, sondern von Weizen abhängig wiederum ist Ägypten: Das Land mit seinen 105 Millionen Einwohnern ist der größte Weizenimporteur der Welt – und seit Beginn des Krieges gegen die Ukraine noch stärker auf russische Lieferungen angewiesen. Die Handelsgeschäfte mit Ägypten spülen Moskau dringend benötigte Devisen in die Kassen und werden weiter ausgebaut.

Verhältnis zu Washington seit Putsch gegen Mursi getrübt

Heikel ist der im Frühjahr durch Veröffentlichung geheimer Papiere aus dem Pentagon aufgeflogene Fall besonders deshalb, weil Ägypten seit dem Friedensschluss mit Israel 1979 einer der engsten Verbündeten der Vereinigten Staaten im Nahen Osten ist. Das Land ist einer der größten Empfänger finanzieller US-Unterstützung, jährlich fließen 1,3 Milliarden Dollar an Militärhilfen nach Ägypten.

Unterbrochen wurden die Zahlungen allerdings für zwei Jahre – nach Sisis Putsch gegen Mursi 2013. Abgesehen von einer kurzen Annäherung unter Donald Trump ist das Verhältnis zwischen Washington und Kairo seitdem nie wieder wirklich aufgeblüht. Auch weil Joe Biden die Ankündigung seines Vorgängers von 2018, Ägypten F-35-Kampfflieger zu liefern, nie umsetzte, wandte sich Sisi an Moskau – und vereinbarte den Su-35-Deal. 

“Sisi vollführt einen Drahtseilakt, seitdem er 2013 an die Macht kam”, sagt der ägyptische Politikwissenschafter Hossam Elhamalawy gegenüber Table.Media mit Blick auf die Beziehungen sowohl nach Washington, als auch nach Moskau. “Und er unterhält sehr enge Beziehungen zu Russland.” So habe sich der Vorwurf zwar nie erhärten lassen, dass russisches Öl wirklich über ägyptische Häfen auf die Weltmärkte verkauft worden sei, doch regelmäßige Treffen hochrangiger Offizieller weisen auf enge operative Verbindungen hin – auch auf militärischer Ebene. Erst im August etwa war der stellvertretende ägyptische Verteidigungsminister Khaled Megawer zu Besuch in Moskau.

So wie Putin Sisi vor zehn Jahren half, die Isolation des ägyptischen Machthabers nach dem Putsch gegen Mursi zu durchbrechen, steht Sisi nun eng an der Seite des von internationalen Sanktionen geschwächten Regimes in Moskau. Zwar vertritt das nordafrikanische Land bei Abstimmungen in den Vereinten Nationen die Position der Nichteinmischung und fordert sowohl Russland als auch die Ukraine auf, die Kriegshandlungen einzustellen – doch aus seiner deutlichen Nähe zu Putin macht Sisi kein Hehl.

In Libyen unterstützen Kairo und Moskau abtrünnigen General

Auch in den Konflikten, die den Nahen Osten vom Mittelmeer bis ans Rote Meer und den Persischen Golf spalten, stehen Putin und Sisi oft auf derselben Seite. In Libyen etwa unterstützten sie den gegen die international anerkannte Regierung in Tripolis kämpfenden General Khalifa al-Haftar, in Syrien den nach zwölf Jahren Bürgerkrieg fester denn je im Amt sitzenden Machthaber Baschar al-Assad.

Nicht anders in Gaza: Wie Putin hat Sisi zuletzt öffentlich von Israel Einlenken verlangt. Als Vermittler zwischen Hamas und der Regierung in Jerusalem agiert Ägypten aber weiter hinter den Kulissen. Denn im Umgang mit Moskau manövriert Sisi auf einem schmalen Grat, der ihn bei Fehltritten wie im Frühjahr rasch die Unterstützung des weiterhin wichtigeren Verbündeten USA kosten könnte. Das gilt auch für die militärische Kooperation mit den israelischen Streitkräften auf dem Sinai, die im Abkommen von Camp David 1979 festgelegt wurden: Ohne Hilfe der israelischen Luftwaffe hätten ägyptische Einheiten den Krieg gegen die Terrororganisation Islamischer Staat (IS) möglicherweise schon verloren. Deshalb geht Sisi in seiner Kritik der israelischen Kriegsführung nie zu weit.

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News

“Prosperity Guardian”: USA bilden Militärkoalition im Roten Meer mit mindestens neun anderen Staaten

Der Druck auf die westlichen Industrienationen, die Schifffahrt im Roten Meer zu sichern, steigt: Nach zunehmenden Angriffen der Huthi-Rebellen im Jemen auf Handelsschiffe auf dem Weg zum oder vom Suez-Kanal wollen mehrere Reedereien und Unternehmen die wichtige Schifffahrtsroute vorerst nicht mehr befahren.

Die Houthi-Gruppe erklärte, sie habe am Montag einen Drohnenangriff auf zwei Frachtschiffe durchgeführt. Das britische Seesicherheitsunternehmen Ambrey teilte am Dienstag mit, es habe Informationen über einen möglichen Enterversuch 17 Meilen westlich der jemenitischen Hafenstadt Aden erhalten, der Angriff sei jedoch erfolglos gewesen und alle Besatzungsmitglieder seien in Sicherheit. Die Houthis haben gedroht, alle Schiffe, die nach Israel fahren, unabhängig von ihrer Nationalität anzugreifen, und internationale Reedereien vor Geschäften mit israelischen Häfen gewarnt.

Schifffahrt stark eingeschränkt

Mehrere Schiffe, die weiterhin auf der Wasserstraße unterwegs sind, haben bewaffnete Wachen an Bord, wie Daten der LSEG (London Stock Exchange Group) zeigen. Mindestens 11 Containerschiffe, die Suez passiert hatten und sich dem Jemen näherten, um Konsumgüter und Getreide für Länder wie Singapur, Malaysia und die Vereinigten Arabischen Emirate zu transportieren, liegen aktuell im Roten Meer zwischen dem Sudan und Saudi-Arabien vor Anker, wie die Schiffsverfolgungsdaten von LSEG zeigen.

Allein am Montag stoppten sowohl das Ölunternehmen BP als auch die taiwanesische Reederei Evergreen ihre Transporte durch Rotes Meer und Suez-Kanal. Zuvor hatten bereits die großen Reedereien Maersk aus Dänemark und Hapag-Lloyd aus Deutschland ihre Frachtschiffe umgeleitet, nachdem sie vom Jemen aus mit Drohnen oder Raketen angegriffen worden waren. Der Suez-Kanal ist mit einem Anteil von zwölf Prozent an den weltweiten Schiffstransporten eine der für den Welthandel wichtigsten Wasserstraßen der Welt. Die USA haben nun eine multinationale Operation mit den Namen “Prosperity Guardian” gestartet.

Deutsche Beteiligung wird noch geprüft

US-Verteidigungsminister Lloyd Austin, der sich auf einer Reise nach Bahrain befindet, wo sich das Hauptquartier der US-Marine im Nahen Osten befindet, sagte am frühen Dienstagmorgen, dass zu den teilnehmenden Ländern das Vereinigte Königreich, Bahrain, Kanada, Frankreich, Italien, die Niederlande, Norwegen, die Seychellen und Spanien gehören. Deutschland prüft nach Angaben von Verteidigungsminister Boris Pistorius eine Anfrage zur Beteiligung.

Die Gruppe wird gemeinsame Patrouillen im südlichen Roten Meer und im Golf von Aden durchführen. “Dies ist eine internationale Herausforderung, die ein gemeinsames Vorgehen erfordert”, sagte Austin in seiner Erklärung.

Allerdings ist offen, ob und in welcher Weise sich die Bundeswehr an einer solchen Mission beteiligen könnte. Neben der politischen Entscheidung und einem Mandat des Bundestages müsste auch geklärt werden, welche Kriegsschiffe die Deutsche Marine dafür überhaupt zur Verfügung hätte: Die vor dem Libanon im Rahmen des UNIFIL-Mandats eingesetzte Fregatte “Baden-Württemberg”, die damit bereits in der Region ist, ist nur für die Luftverteidigung des Schiffs selbst ausgerüstet. Die Fregatte “Hessen”, die mit der entsprechenden Bewaffnung infrage käme, müsste aus anderen Verpflichtungen herausgenommen werden. tw, rts, dpa

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Neue EU-Sanktionen: Keine Diamanten aus Russland, mehr Kontrolle über Schiffe für Moskau

Die EU hat ein neues Paket mit Sanktionen gegen Russland wegen des Angriffskrieges gegen die Ukraine beschlossen. Zu diesem gehört auch ein Einfuhrverbot für russische Diamanten und eine bessere Kontrolle über den Einsatz von Tankschiffen zur Umgehung der Ölpreisobergrenzen. Der direkte Import von Diamanten aus Russland soll bereits vom 1. Januar an unterbunden werden, wie der Rat der Mitgliedstaaten am Montag in Brüssel mitteilte. Einige Monate später folgt das Verbot auch für russische Diamanten, die in Drittstaaten verarbeitet wurden. Zu wichtigen Abnehmern und Verarbeitern gehören außerhalb der EU etwa Belarus, die Vereinigten Arabischen Emirate, Indien, Israel und Botswana. 2022 nahm Russland aus dem Diamantenexport fast 3,9 Milliarden US-Dollar ein.

Das Paket sieht zudem vor, den zuletzt kaum noch wirkenden Preisdeckel für russische Ölexporte in Drittstaaten zu verschärfen. Zudem sind für weitere Güter Handelsbeschränkungen geplant. Dazu zählen zum Beispiel Lithiumbatterien, Thermostate und bestimmte Chemikalien.

Kein Verbot von Schiffsverkäufen

Eine eher schwache Sanktion setzt die EU mit der verschärften Kontrolle von Schiffsverkäufen an russische Unternehmen durch. Damit will die Union zwar gegen die “Schattenflotte” von Öl-Tankern vorgehen, mit denen Russland die Ölpreisobergrenze umgeht. Doch die Meldepflicht für solche Verkäufe ist lediglich ein Kompromiss, die EU-Staaten konnten sich auf ein Verbot des Verkaufs von Tankern an Russland nicht einigen.

Neben den wirtschaftlichen Strafmaßnahmen sind nach EU-Angaben Sanktionen gegen mehr als 100 weitere Personen und Organisationen vorgesehen, die den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine unterstützen. dpa/vf

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Rheinmetall reagiert auf neue Panzerkooperation

Rheinmetall produziert gemeinsam mit Ungarn den neuen Kampfpanzer Panther. Das teilte der Rüstungskonzern am Freitag mit. Dafür erhält der Panzerbauer einen Entwicklungsauftrag zur Serienreife aus Ungarn über 288 Millionen Euro. Der Panther KF51 könnte in der ungarischen Stadt Zalaegrszeg gefertigt werden, wo Rheinmetall im August bereits die Produktion des Schützenpanzer Lynx begonnen hat. Zunächst solle in Ungarn ein Demonstrator gefertigt werden, bevor Rheinmetall in die Serienproduktion geht. Im Juni 2022 wurde in Paris auf der Rüstungsmesse Eurosatory bereits ein Prototyp vorgestellt. Rheinmetall kooperiert dabei mit der staatlichen ungarischen Holding N7, die mit 49 Prozent an dem Joint Venture Rheinmetall Hungary beteiligt ist. Der Vorstandsvorsitzende von Rheinmetall, Armin Papperger, sagte, der Panther KF51 sei “der modernste Kampfpanzer der Welt”. Der Panzer soll mit einer 120-Millimeter-Glattrohrkanone ausgestattet werden, die auch im Leopard 2-Panzer verbaut ist. Anders als bei Leopard-Panzern besteht die Besatzung beim Panther nur noch aus drei statt vier Soldaten, jedoch mit einer optionalen vierten Person.

Die Ankündigung dieser Zusammenarbeit erfolgt kurz nachdem sich für das deutsch-französische Panzerprojekt Main Ground Combat System (MGCS), an dem auch Rheinmetall beteiligt ist, Zuwachs anbahnt. Vergangene Woche hatte das Gemeinschaftsunternehmen des französischen Rüstungskonzerns Nexter und des Münchner Panzerfabrikanten KMW (KNDS) mit dem italienischen Panzerbauer Leonardo eine Absichtserklärung zur “Weiterentwicklung einer intensivierten Zusammenarbeit” unterzeichnet. Das französische Verteidigungsministerium teilte daraufhin mit, dass es diese “strategische Partnerschaft” begrüße und dass sie “in Einklang mit den laufenden Gesprächen über die Aufnahme Italiens als Vollmitglied in das MGCS-Programm” stehe. Table.Media hatte im August über derartige Pläne berichtet. Damit schließt KNDS wirtschaftlich zu Rheinmetall auf und dürfte bei der Entwicklung des MGCS mehr Gewicht erhalten. Bei dem Projekt soll bis zum Ende der 2030er Jahre ein Kampfpanzersystem entwickelt werden, das auf deutscher Seite den Leopard 2 und auf französischer den Leclerc ersetzen soll. Streit um Aufträge zwischen den beteiligten Unternehmen Rheinmetall auf deutscher Seite und KNDS hatten immer wieder für Ärger zwischen den Partnernationen gesorgt. bub

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  • MGCS
  • Rüstung

Allianz für Forschungssicherheit ohne Deutschland

Förderorganisationen und Ministerien aus den USA, Großbritannien und Kanada wollen sich nach Informationen des Fachportals Science|Business in Zukunft über Sicherheitsrisiken in globalen Forschungsprojekten austauschen. Durch die Einrichtung eines internationalen Netzwerks reagiert man auf die zunehmende Besorgnis über Wissenschafts- und Technologiespionage durch Länder wie China, Russland und den Iran. 

Secure-Zentrum als Beratungsstelle in den USA

Für die USA wird das sogenannte Secure-Zentrum in Zukunft eine wichtige Rolle in diesem Austausch spielen. Dieses soll als im Rahmen einer breiter angelegten Regierungsinitiative unter Führung der National Science Foundation (NSF) als Clearingstelle fungieren. 9,5 Millionen Dollar sind dafür bereits vom Kongress bewilligt. Eine Aufgabe des Zentrums ist die Bereitstellung grundlegender Leitlinien und Informationen über Sicherheitsrisiken in der Forschung. Daneben soll es Forschungseinrichtungen beraten und sie beispielsweise über mögliche militärische Verbindungen ausländischer Partner informieren.

Die amerikanische Wissenschaftscommunity begrüßt die künftige Unterstützung durch das Secure-Zentrum. Gleichzeitig wachsen die Sorgen vor einer parallel aufgebauten, strengen Regulierung der internationalen Forschungszusammenarbeit. So verabschiedete der republikanisch kontrollierte Kongress kürzlich einen Gesetzentwurf, der die Berichtspflichten von Forschenden in international finanzierten Projekten verschärfen soll. 

Konsultation zu Research Security in der EU

Während anderswo bereits Entscheidungen getroffen werden, läuft in Europa eine Konsultation über die Pläne der Kommission zur Unterstützung der EU-Mitgliedstaaten und des Forschungssektors in Hinblick auf Bedrohungen der Forschungssicherheit. Deutsche Wissenschaftsorganisationen tauschen sich zwar mit der NSF über das Secure-Zentrum aus, haben jedoch von der gemeinsamen Initiative mit Kanada und dem Vereinigten Königreich noch keine Kenntnis. Aus dem BMBF hieß es zuletzt, man wolle das Thema mit hoher Priorität weiterverfolgenmw

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Presseschau

The New York Times: U.S. Military Returns to the Jungle. Mit Karten und Kompass trainieren amerikanische Soldaten die Navigation, Kampf – und am Ende das Überleben – im hawaiianischen Dschungel. Drohnen sind im Dickicht weitestgehend nutzlos, Tierkunde ist überlebensnotwendig. Und alles eine Vorbereitung auf einen möglichen Konflikt mit China. Herausragend illustriert.

Carnegie Politika: What’s the Secret of the Russian Economy’s Resilience? Podcast-Host Alex Gabuev diskutiert mit Alexandra Prokopenko, Wissenschaftlerin am Carnegie Russia Eurasia Center und ehemaliger Beraterin der russischen Zentralbank, die aktuelle Lage der russischen Wirtschaft, die Gründe für ihre anhaltende Widerstandsfähigkeit und die möglichen zukünftigen Konsequenzen.

ZDF: auslandsjournal – die doku: Rückkehr nach Israel. Wie entwickelt sich die Situation in Israel weiter? Gemeinsam mit der ZDF-Reporterin Jenifer Girke kehrt der Historiker Meron Mendel in seine Heimat zurück. Dort trifft er seine Familie, jüdische und arabische Freunde und stellt sich Fragen wie: Zuerst der Kampf um die Demokratie, jetzt ein Kampf um die Existenz – wie viel hält Israel aus? Ist Frieden nur noch eine Illusion?

Heads

Philipp Schweers – globaler Krisenspezialist beim ZIF

Philipp Schweers ist für die zivile EU-Partnerschaftsmission Moldau in Chișinău im Einsatz.

Afghanistan, Pakistan, Sudan, Jemen, Kamerun, Georgien, Armenien – die Liste der Einsatzländer, in denen Philipp Schweers bereits gearbeitet hat, gleicht einem Ritt durch die weltweiten Krisen und Kriege der vergangenen zwanzig Jahre. “Mich zieht es da rein, wo andere rausgehen. Diese Grenzerfahrungen faszinieren mich”, sagt er.

Man könnte meinen, Schweers wäre Militär. Seine Arbeit vor Ort, so fasst es der 40-Jährige zusammen, ist die “Ermöglichung von Projekten in Krisen- und Hochrisikokontexten”. Meist unter Hochdruck, denn es geht oft um Menschen und deren Sicherheit.

Aber sein Arbeitgeber ist nicht die Bundeswehr. In der Vergangenheit waren es weltweit agierende Entwicklungsorganisationen wie die Welthungerhilfe, internationale Institutionen wie die Weltbank sowie verschiedene Friedens- und Stabilisierungseinsätze der Europäischen Union im Rahmen der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP). Auch multinationale Konzerne wie Archer Daniels Midland (ADM) und staatliche Entwicklungsbanken wie die KfW waren darunter. Überall dort, wo Menschen in fragilen Kontexten arbeiten und Stabilisierungsprojekte stattfinden, sorgt er für Lagebilder und Krisenpläne, baut Büros und Netzwerke zu den lokalen Sicherheitsbehörden auf und berät Führungskräfte.

Für Sicherheit sorgen – das wollte Schweers schon immer

Ursprünglich will Schweers, 1983 in der Nähe von Düsseldorf geboren, die Schule abbrechen und Fallschirmjäger bei der Bundeswehr werden. Als dies nicht klappt, studiert er Sicherheitspolitik und Völkerrecht in Passau, wechselt später nach Amsterdam, um dort seinen Master of Laws in Internationalem Recht und Security Studies zu machen. Bereits da zieht es ihn für Auslandssemester nach Ägypten, in den Jemen, und für Studienaufenthalte nach Russland und in den Iran.

2009 geht er als Sicherheitsanalyst ins afghanische Dschalalabad, zur selben Zeit, als die Amerikaner dort zusätzliche Soldaten ins Land schickten, um die Taliban zurückzudrängen. Ein Jahr lang koordiniert er für das Afghanistan NGO Safety Office (ANSO) die Sicherheit der Mitarbeiter humanitärer Hilfsorganisationen. “Das war definitiv eine gute Schule für die eigene Resilienz”, sagt Schweers, denn die Region um Dschalalabad war damals von schweren militärischen Konflikten betroffen.

Lange läuft es gut, doch dann kommt ein Dämpfer

Es ist der Auftakt einer steilen Karriere, die ihn in verschiedene Ecken der Welt führt. 2011 übernimmt er in Pakistan nationale Verantwortung für die Welthungerhilfe, ab 2014 ist er für die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) für West- und Zentralafrika zuständig. 2020, als aufgrund der Corona-Pandemie Mitarbeiter in ihre Heimatländer gebracht werden, fliegt Schweers in die entgegengesetzte Richtung in den Ostkongo.

Ganz glatt läuft die Karriere nicht immer, Schweers scheitert zwischendurch, verlässt Jobs, weil er “als Persönlichkeit nicht mitgewachsen war”, wie er sagt und nicht als Teamleader taugte. Er verlangt viel von anderen, nicht alle wollen das mittragen. Manche Einsätze gehen auch gesundheitlich nicht spurlos an ihm vorbei, er erkrankt unter anderem an Malaria und Amöbenruhr. Aber das Scheitern – und seine drei Kinder – haben ihn verändert, sagt er. Heute könne er viel besser mit seinen eigenen Ressourcen haushalten, und hat an sich als Führungsperson gearbeitet.

Aktuelle Aufgabe: Die Republik Moldau resilienter machen

Seit Mai 2023 ist er über das Zentrum für Internationale Friedenseinsätze (ZIF), eine Tochter des Auswärtigen Amts, für die EU-Partnerschaftsmission in Moldau (EUPM Moldau) sekundiert. Er leitet ein Team, das die moldauischen Sicherheitsbehörden analytisch und operativ stärkt und berät. Es soll das Land gegen die vielen russischen Angriffe auf moldauische politische Strukturen, auf die sozioökonomische Stabilität und auf die kritische Infrastruktur wappnen.

Ein wichtiger Job in einem Land, das dem ständigen, hybriden Beschuss aus Russland nur wenig qualifizierte Arbeitskräfte entgegensetzen kann und das nach Jahrzehnten der Neutralität ein gering ausgeprägtes Bewusstsein für eine eigene Sicherheitsarchitektur hat. “Wir haben hier die Chance, tatsächlich etwas Wirksames in Lichtgeschwindigkeit aufzubauen. Wir sind agil, wir passen uns an, und wir machen unsere Partner stark”, ist Schweers optimistisch. Lisa-Martina Klein

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  • Sicherheit
  • Taliban

Personalien

Generalmajor Wolf-Jürgen Stahl, derzeit stellvertretender Stabschef des Nato-Kommandos “Joint Support and Enabling Command” (JSEC) in Ulm, wird neuer Präsident der Bundesakademie für Sicherheitspolitik (Baks). Mit dem Offizier übernimmt wieder das Verteidigungsministerium die Spitze der zentralen Weiterbildungsstätte der Bundesregierung für Sicherheitspolitik in Berlin. Der bisherige Präsident, Botschafter Ekkehard Brose, verabschiedete sich in der vergangenen Woche und kehrt ins Auswärtige Amt zurück. Die Leitung der politisch vom Bundessicherheitsrat geführten Baks wechselt regelmäßig zwischen Verteidigungsressort und Außenamt.

Stahl, der im Februar 60 Jahre alt wird, war 1983 in die Bundeswehr eingetreten. In seiner Laufbahn hatte er zahlreiche Dienstposten sowohl im Verteidigungsministerium als auch bei der Nato inne, unter anderem als Stabschef beim Multinationalen Korps Nordost in Stettin und zuletzt bei JSEC in Ulm, wo er zum Generalmajor befördert wurde. Im Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr kommandierte Stahl die Multinational Battle Group der Nato-Schutztruppe ISAF in Kabul und unter der Mission Resolute Support die Trainings- und Beratungsmission in Mazar-e Sharif.

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Security.Table Redaktion

SECURITY.TABLE REDAKTION

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    kurz vor dem Ende seines ersten Jahres als Verteidigungsminister hat Boris Pistorius gestern in Vilnius sein “Leuchtturmprojekt der Zeitenwende” konkretisiert. Mit seinem Amtskollegen Arvydas Anušauskas unterschrieb er den Road Map genannten Fahrplan für die Stationierung der deutschen Brigade in Litauen, die ab 2027 voll einsatzfähig sein soll. Markus Bickel hat den Minister begleitet und fasst die Pläne zusammen, die auch ein klares Signal nach Russland sind.

    Weniger klar ist Ägyptens Verhältnis zum Kreml. Die Wiederwahl von Ägyptens Machthaber Abdelfattah al-Sisi wurde gestern wie erwartet bestätigt. In einem weiteren Teil unserer Serie “Russlands Freunde” schauen wir auf Sisis Spagat zwischen der Waffenfreundschaft mit Russland und der Abhängigkeit von den USA.

    Die USA wiederum suchen gerade nach Partnern für einen Einsatz im Roten Meer. Weil die Huthi-Rebellen aus dem Jemen ihre Angriffe auf westliche Handelsschiffe ausweiten, bemühen sich die Vereinigten Staaten um eine internationale Koalition zum Schutz der Frachter. Zu der könnte auch Deutschland gehören.

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    Mit der Litauen-Brigade der Bundeswehr will die Nato ihre kollektive Abschreckung erhöhen

    Verteidigungsminister Boris Pistorius hat am Montag gemeinsam mit seinem litauischen Amtskollegen Arvydas Anušauskas einen Fahrplan (Road Map) für die Stationierung von 4.800 deutschen Soldaten und 200 zivilen Angestellten in Litauen unterzeichnet. Die beiden Nato-Staaten verpflichten sich darin, Rahmenbedingungen für die Aufstellung einer Bundeswehrbrigade (Brig LIT) in dem baltischen Staat zu schaffen. Diese soll ab 2027 an den Standorten Rukla und Rūdninkai voll einsatzfähig sein; bereits Ende 2024 soll der erste Kommandeur an der Spitze eines Aufstellungsstabs den weiteren Aufwuchs begleiten.

    Pistorius bezeichnete das Vorhaben am Montag in Vilnius abermals als “Leuchtturmprojekt der Zeitenwende” und “Meilenstein” in den deutsch-litauischen Beziehungen; Anušauskas sprach von einer “historischen Entscheidung”, die das Verteidigungspotenzial Litauens “bedeutend stärken” sowie “die kollektive Abschreckung der Nato erhöhen” werde.

    Zwei Kampftruppenbataillone dauerhaft in Rukla und Rūdninkai

    Die der Abschreckung und Verteidigung dienende Kampfbrigade der Bundeswehr soll laut der Road Map 2025 mit einem formellen Appell in Dienst gestellt werden; dazu wird im zweiten Quartal des kommenden Jahres ein Vorkommando auf das Gebiet des Nato-Partners verlegt. Bis Ende 2024 soll dann ein Aufstellungsstab im Land sein, geführt vom ersten Kommandeur der Brigade.

    Die von Pistorius als “kampfbereite, jederzeit einsatzfähige, robuste Brigade” bezeichnete Truppe setzt sich zusammen aus dem Panzerbataillon 203 aus Augustdorf in Nordrhein-Westfalen, dem Panzergrenadierbataillon 122 aus Oberviechtach in Bayern – sowie der bereits im litauischen Rukla stationierten enhanced Forward Presence Battlegroup (eFP BG LTU). Der multinationale Gefechtsverband eFP steht seit 2017 unter Führung Deutschlands und verfügt über rotierendes Personal. 

    Anušauskas: Bundeswehr-Angehörige “integraler Bestandteil unserer Gesellschaft”

    Beide Seiten einigten sich darauf, die Sicherstellung von Kinderbetreuung, schulischen Bildungsmöglichkeiten, Wohnraum und Transport “mit dem Ziel einer maximalen Attraktivität” voranzutreiben. Eine bislang im litauischen Verteidigungsministerium angesiedelte Kommission wird ins Büro von Regierungschefin Ingrida Šimonytė verlegt, um den Aufbau der Infrastruktur für die Stationierung Tausender Soldaten, ihrer Angehörigen und Familien zu ermöglichen. Anušauskas versprach, dass diese bald “zu einem integralen Bestandteil unserer Gesellschaft” werden würden.

    Für die litauischen Streitkräfte bedeutet die Verlegung von bis zu 4.800 Bundeswehrsoldaten eine große Unterstützung. Litauens Streitkräften gehören nur 15.000 Soldaten an, davon sind 3.500 Wehrpflichtige. Bis 2030 sollen es bis zu 18.000 Soldaten sein. “Russlands aggressive Politik ist die größte Bedrohung für uns”, so Anušauskas; auch deshalb sei die Bundeswehr-Brigade so wichtig für sein Land.

    Verstärkte Vornepräsenz der Nato in Polen und Baltikum

    Deutschland gilt als Schlüsselpartner bei der Aufrüstung und Modernisierung der litauischen Armee, die deutsche Waffensysteme und Fahrzeuge nutzt. Nicht wenige litauische Offiziere wurden zudem an Hochschulen der Bundeswehr ausgebildet. Die von Deutschland geführte eFP-Battlegroup Litauen hat derzeit eine Stärke von rund 1.700 Soldatinnen und Soldaten. Personal und Material rotieren im halbjährlichen Rhythmus, dabei wird das Verlegen von Truppen und Waffensystemen innerhalb Europas geübt.

    Bereits 2017 hatte die Nato im Rahmen ihrer “verstärkten Vornepräsenz” eFP auf die zunehmende Bedrohung durch Russland reagiert. Die vier an ihrer Ostflanke stationierten multinationalen Gefechtsverbände bestehen aus jeweils über 1.000 Soldatinnen und Soldaten, die die Streitkräfte der Gastländer verstärken. Jede der eFP-Battlegroups wird von einer Rahmennation geführt. Diese Aufgabe haben für Estland Großbritannien, für Lettland Kanada, für Polen die USA und für Litauen Deutschland übernommen.

    Die deutsch geführte Battlegroup ist in Rukla rund hundert Kilometer nordwestlich von der litauischen Hauptstadt Vilnius und rund hundert Kilometer von der russischen Exklave Kaliningrad entfernt. Der oft genutzte Truppenübungsplatz Pabradė befindet sich nur wenige Kilometer entfernt von der belarussischen Grenze. Aktuell wird der deutsche Anteil überwiegend vom Panzerbataillon 363 aus Hardheim gestellt. Zu den Kräften gehören außerdem ein mechanisierter Infanteriezug des Panzergrenadierbataillons 391 aus Bad Salzungen, eine Batterie des Artilleriebataillons 131 aus Weiden in der Oberpfalz sowie eine Unterstützungskompanie des Versorgungsbataillons 4 aus Roding. Aktuell (Stand: 4. Dezember 2023) befinden sich 820 deutsche Soldatinnen und Soldaten im Rahmen der eFP in Litauen.

    Im Krisenfall unverzüglich Verstärkung möglich

    Nach der Ankündigung von Bundeskanzler Olaf Scholz im vergangenen Jahr, eine deutsche Brigade für die Verteidigung Litauens bereitzustellen, wurden im September 2022 Teile eines Brigadegefechtsstandes dauerhaft in Rukla stationiert. Das sogenannte vorgeschobene Führungselement (Forward Command Element/FCE) oder auch enhanced Vigiliance Activities Brigade Litauen (eVA Brig LTU) bildet das Bindeglied zwischen den litauischen Streitkräften und einer in Deutschland bereitgehaltenen Brigade. Damit werden die Voraussetzungen geschaffen, um bei einer Verschärfung der Bedrohungssituation unverzüglich Verstärkung nach Litauen zu bringen.

    Bis die Brigade Litauen einsatzbereit ist, werden die EFP BG LTU weiter vor Ort und die eVA Brig LTU – zurzeit ist das die Panzerbrigade 21 aus Augustdorf – in Deutschland abrufbar sein. Die Brigade Litauen wird in ihrem Zielzustand der von der Bundeswehr der Nato angezeigten Division 2025 unterstellt sein.

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    Waffen und Weizen: Ägypten profitiert vom geschwächten russischen Regime

    Der ägyptische Präsident Abdelfattah al-Sisi und Wladimir Putin im Juli auf dem Russland-Afrika-Gipfel in St. Petersburg.

    Am Ende flog der Deal auf. Doch eigentlich hatte Ägyptens Präsident Abdelfattah al-Sisi fest vor, Russland 40.000 Raketen zu liefern, wie die Washington Post im Frühjahr berichtete. Das sei aus einem Dokument hervorgegangen, das Gespräche zwischen dem Feldmarschall und hochrangigen ägyptischen Militärs am 1. Februar zusammenfasst: Neben den Raketen – möglicherweise 122mm-Geschosse vom Typ Sakr45 – soll es auch um weitergehende Militärhilfe an Moskau gegangen sein – in Form von Artilleriemunition und Schießpulver.

    Laut dem Dokument soll der frühere Armeechef Sisi – dessen Wiederwahl am Montag wie erwartet bestätigt wurde – die Beamten angewiesen haben, die Produktion und Lieferung der Raketen geheim zu halten, “um Probleme mit dem Westen zu vermeiden”. Fabrikarbeitern habe man sagen sollen, die Projektile seien für die ägyptische Armee, heißt es weiter. Ein hochrangiger Minister soll angeboten haben, Schichtarbeit einzuführen, um die Produktion zu stemmen.

    Kampfflugzeuge Su-35 aus Moskau

    Auch wenn russische wie ägyptische Stellen den Bericht im April als falsch abtaten, ist der Hinweis auf Waffenlieferungen an Moskau ein Indiz dafür, wie eng die Beziehungen zwischen den beiden autokratischen Regimen sind. Seitdem Sisi im Sommer 2013 den ersten frei gewählten Präsidenten Ägyptens stürzte – der Muslimbruder Mohammed Mursi starb 2019 im Gefängnis -, ist das Verhältnis zwischen Moskau und Kairo aufgeblüht. Nicht zuletzt, weil der damalige US-Präsident Barack Obama sich während des Arabischen Frühlings auf die Seite der Freiheitsbewegungen in Nordafrika gestellt hatte. Sisi wiederum war unter dem früheren autoritär regierenden Staatschef Husni Mubarak Militärgeheimdienstchef – auch das eine Erklärung, weshalb das Verhältnis mit dem früheren KGB-Mann Putin so gut funktioniert.  

    Schon vor Jahren schlossen Putin und Sisi eine Vereinbarung zur wechselseitigen Nutzung von Luftwaffenstützpunkten. Und auch in anderen Berichten weiteten sie die militärtechnische Zusammenarbeit aus. 2018 etwa gab Moskau den Verkauf von fünf Sukhoi Su-35 Kampfflugzeugen der vierten Generation an Kairo bekannt, die ersten aus einer Tranche von 24, die Ägypten 2021 erhielt.

    Nicht von Waffen, sondern von Weizen abhängig wiederum ist Ägypten: Das Land mit seinen 105 Millionen Einwohnern ist der größte Weizenimporteur der Welt – und seit Beginn des Krieges gegen die Ukraine noch stärker auf russische Lieferungen angewiesen. Die Handelsgeschäfte mit Ägypten spülen Moskau dringend benötigte Devisen in die Kassen und werden weiter ausgebaut.

    Verhältnis zu Washington seit Putsch gegen Mursi getrübt

    Heikel ist der im Frühjahr durch Veröffentlichung geheimer Papiere aus dem Pentagon aufgeflogene Fall besonders deshalb, weil Ägypten seit dem Friedensschluss mit Israel 1979 einer der engsten Verbündeten der Vereinigten Staaten im Nahen Osten ist. Das Land ist einer der größten Empfänger finanzieller US-Unterstützung, jährlich fließen 1,3 Milliarden Dollar an Militärhilfen nach Ägypten.

    Unterbrochen wurden die Zahlungen allerdings für zwei Jahre – nach Sisis Putsch gegen Mursi 2013. Abgesehen von einer kurzen Annäherung unter Donald Trump ist das Verhältnis zwischen Washington und Kairo seitdem nie wieder wirklich aufgeblüht. Auch weil Joe Biden die Ankündigung seines Vorgängers von 2018, Ägypten F-35-Kampfflieger zu liefern, nie umsetzte, wandte sich Sisi an Moskau – und vereinbarte den Su-35-Deal. 

    “Sisi vollführt einen Drahtseilakt, seitdem er 2013 an die Macht kam”, sagt der ägyptische Politikwissenschafter Hossam Elhamalawy gegenüber Table.Media mit Blick auf die Beziehungen sowohl nach Washington, als auch nach Moskau. “Und er unterhält sehr enge Beziehungen zu Russland.” So habe sich der Vorwurf zwar nie erhärten lassen, dass russisches Öl wirklich über ägyptische Häfen auf die Weltmärkte verkauft worden sei, doch regelmäßige Treffen hochrangiger Offizieller weisen auf enge operative Verbindungen hin – auch auf militärischer Ebene. Erst im August etwa war der stellvertretende ägyptische Verteidigungsminister Khaled Megawer zu Besuch in Moskau.

    So wie Putin Sisi vor zehn Jahren half, die Isolation des ägyptischen Machthabers nach dem Putsch gegen Mursi zu durchbrechen, steht Sisi nun eng an der Seite des von internationalen Sanktionen geschwächten Regimes in Moskau. Zwar vertritt das nordafrikanische Land bei Abstimmungen in den Vereinten Nationen die Position der Nichteinmischung und fordert sowohl Russland als auch die Ukraine auf, die Kriegshandlungen einzustellen – doch aus seiner deutlichen Nähe zu Putin macht Sisi kein Hehl.

    In Libyen unterstützen Kairo und Moskau abtrünnigen General

    Auch in den Konflikten, die den Nahen Osten vom Mittelmeer bis ans Rote Meer und den Persischen Golf spalten, stehen Putin und Sisi oft auf derselben Seite. In Libyen etwa unterstützten sie den gegen die international anerkannte Regierung in Tripolis kämpfenden General Khalifa al-Haftar, in Syrien den nach zwölf Jahren Bürgerkrieg fester denn je im Amt sitzenden Machthaber Baschar al-Assad.

    Nicht anders in Gaza: Wie Putin hat Sisi zuletzt öffentlich von Israel Einlenken verlangt. Als Vermittler zwischen Hamas und der Regierung in Jerusalem agiert Ägypten aber weiter hinter den Kulissen. Denn im Umgang mit Moskau manövriert Sisi auf einem schmalen Grat, der ihn bei Fehltritten wie im Frühjahr rasch die Unterstützung des weiterhin wichtigeren Verbündeten USA kosten könnte. Das gilt auch für die militärische Kooperation mit den israelischen Streitkräften auf dem Sinai, die im Abkommen von Camp David 1979 festgelegt wurden: Ohne Hilfe der israelischen Luftwaffe hätten ägyptische Einheiten den Krieg gegen die Terrororganisation Islamischer Staat (IS) möglicherweise schon verloren. Deshalb geht Sisi in seiner Kritik der israelischen Kriegsführung nie zu weit.

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    “Prosperity Guardian”: USA bilden Militärkoalition im Roten Meer mit mindestens neun anderen Staaten

    Der Druck auf die westlichen Industrienationen, die Schifffahrt im Roten Meer zu sichern, steigt: Nach zunehmenden Angriffen der Huthi-Rebellen im Jemen auf Handelsschiffe auf dem Weg zum oder vom Suez-Kanal wollen mehrere Reedereien und Unternehmen die wichtige Schifffahrtsroute vorerst nicht mehr befahren.

    Die Houthi-Gruppe erklärte, sie habe am Montag einen Drohnenangriff auf zwei Frachtschiffe durchgeführt. Das britische Seesicherheitsunternehmen Ambrey teilte am Dienstag mit, es habe Informationen über einen möglichen Enterversuch 17 Meilen westlich der jemenitischen Hafenstadt Aden erhalten, der Angriff sei jedoch erfolglos gewesen und alle Besatzungsmitglieder seien in Sicherheit. Die Houthis haben gedroht, alle Schiffe, die nach Israel fahren, unabhängig von ihrer Nationalität anzugreifen, und internationale Reedereien vor Geschäften mit israelischen Häfen gewarnt.

    Schifffahrt stark eingeschränkt

    Mehrere Schiffe, die weiterhin auf der Wasserstraße unterwegs sind, haben bewaffnete Wachen an Bord, wie Daten der LSEG (London Stock Exchange Group) zeigen. Mindestens 11 Containerschiffe, die Suez passiert hatten und sich dem Jemen näherten, um Konsumgüter und Getreide für Länder wie Singapur, Malaysia und die Vereinigten Arabischen Emirate zu transportieren, liegen aktuell im Roten Meer zwischen dem Sudan und Saudi-Arabien vor Anker, wie die Schiffsverfolgungsdaten von LSEG zeigen.

    Allein am Montag stoppten sowohl das Ölunternehmen BP als auch die taiwanesische Reederei Evergreen ihre Transporte durch Rotes Meer und Suez-Kanal. Zuvor hatten bereits die großen Reedereien Maersk aus Dänemark und Hapag-Lloyd aus Deutschland ihre Frachtschiffe umgeleitet, nachdem sie vom Jemen aus mit Drohnen oder Raketen angegriffen worden waren. Der Suez-Kanal ist mit einem Anteil von zwölf Prozent an den weltweiten Schiffstransporten eine der für den Welthandel wichtigsten Wasserstraßen der Welt. Die USA haben nun eine multinationale Operation mit den Namen “Prosperity Guardian” gestartet.

    Deutsche Beteiligung wird noch geprüft

    US-Verteidigungsminister Lloyd Austin, der sich auf einer Reise nach Bahrain befindet, wo sich das Hauptquartier der US-Marine im Nahen Osten befindet, sagte am frühen Dienstagmorgen, dass zu den teilnehmenden Ländern das Vereinigte Königreich, Bahrain, Kanada, Frankreich, Italien, die Niederlande, Norwegen, die Seychellen und Spanien gehören. Deutschland prüft nach Angaben von Verteidigungsminister Boris Pistorius eine Anfrage zur Beteiligung.

    Die Gruppe wird gemeinsame Patrouillen im südlichen Roten Meer und im Golf von Aden durchführen. “Dies ist eine internationale Herausforderung, die ein gemeinsames Vorgehen erfordert”, sagte Austin in seiner Erklärung.

    Allerdings ist offen, ob und in welcher Weise sich die Bundeswehr an einer solchen Mission beteiligen könnte. Neben der politischen Entscheidung und einem Mandat des Bundestages müsste auch geklärt werden, welche Kriegsschiffe die Deutsche Marine dafür überhaupt zur Verfügung hätte: Die vor dem Libanon im Rahmen des UNIFIL-Mandats eingesetzte Fregatte “Baden-Württemberg”, die damit bereits in der Region ist, ist nur für die Luftverteidigung des Schiffs selbst ausgerüstet. Die Fregatte “Hessen”, die mit der entsprechenden Bewaffnung infrage käme, müsste aus anderen Verpflichtungen herausgenommen werden. tw, rts, dpa

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    Neue EU-Sanktionen: Keine Diamanten aus Russland, mehr Kontrolle über Schiffe für Moskau

    Die EU hat ein neues Paket mit Sanktionen gegen Russland wegen des Angriffskrieges gegen die Ukraine beschlossen. Zu diesem gehört auch ein Einfuhrverbot für russische Diamanten und eine bessere Kontrolle über den Einsatz von Tankschiffen zur Umgehung der Ölpreisobergrenzen. Der direkte Import von Diamanten aus Russland soll bereits vom 1. Januar an unterbunden werden, wie der Rat der Mitgliedstaaten am Montag in Brüssel mitteilte. Einige Monate später folgt das Verbot auch für russische Diamanten, die in Drittstaaten verarbeitet wurden. Zu wichtigen Abnehmern und Verarbeitern gehören außerhalb der EU etwa Belarus, die Vereinigten Arabischen Emirate, Indien, Israel und Botswana. 2022 nahm Russland aus dem Diamantenexport fast 3,9 Milliarden US-Dollar ein.

    Das Paket sieht zudem vor, den zuletzt kaum noch wirkenden Preisdeckel für russische Ölexporte in Drittstaaten zu verschärfen. Zudem sind für weitere Güter Handelsbeschränkungen geplant. Dazu zählen zum Beispiel Lithiumbatterien, Thermostate und bestimmte Chemikalien.

    Kein Verbot von Schiffsverkäufen

    Eine eher schwache Sanktion setzt die EU mit der verschärften Kontrolle von Schiffsverkäufen an russische Unternehmen durch. Damit will die Union zwar gegen die “Schattenflotte” von Öl-Tankern vorgehen, mit denen Russland die Ölpreisobergrenze umgeht. Doch die Meldepflicht für solche Verkäufe ist lediglich ein Kompromiss, die EU-Staaten konnten sich auf ein Verbot des Verkaufs von Tankern an Russland nicht einigen.

    Neben den wirtschaftlichen Strafmaßnahmen sind nach EU-Angaben Sanktionen gegen mehr als 100 weitere Personen und Organisationen vorgesehen, die den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine unterstützen. dpa/vf

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    Rheinmetall reagiert auf neue Panzerkooperation

    Rheinmetall produziert gemeinsam mit Ungarn den neuen Kampfpanzer Panther. Das teilte der Rüstungskonzern am Freitag mit. Dafür erhält der Panzerbauer einen Entwicklungsauftrag zur Serienreife aus Ungarn über 288 Millionen Euro. Der Panther KF51 könnte in der ungarischen Stadt Zalaegrszeg gefertigt werden, wo Rheinmetall im August bereits die Produktion des Schützenpanzer Lynx begonnen hat. Zunächst solle in Ungarn ein Demonstrator gefertigt werden, bevor Rheinmetall in die Serienproduktion geht. Im Juni 2022 wurde in Paris auf der Rüstungsmesse Eurosatory bereits ein Prototyp vorgestellt. Rheinmetall kooperiert dabei mit der staatlichen ungarischen Holding N7, die mit 49 Prozent an dem Joint Venture Rheinmetall Hungary beteiligt ist. Der Vorstandsvorsitzende von Rheinmetall, Armin Papperger, sagte, der Panther KF51 sei “der modernste Kampfpanzer der Welt”. Der Panzer soll mit einer 120-Millimeter-Glattrohrkanone ausgestattet werden, die auch im Leopard 2-Panzer verbaut ist. Anders als bei Leopard-Panzern besteht die Besatzung beim Panther nur noch aus drei statt vier Soldaten, jedoch mit einer optionalen vierten Person.

    Die Ankündigung dieser Zusammenarbeit erfolgt kurz nachdem sich für das deutsch-französische Panzerprojekt Main Ground Combat System (MGCS), an dem auch Rheinmetall beteiligt ist, Zuwachs anbahnt. Vergangene Woche hatte das Gemeinschaftsunternehmen des französischen Rüstungskonzerns Nexter und des Münchner Panzerfabrikanten KMW (KNDS) mit dem italienischen Panzerbauer Leonardo eine Absichtserklärung zur “Weiterentwicklung einer intensivierten Zusammenarbeit” unterzeichnet. Das französische Verteidigungsministerium teilte daraufhin mit, dass es diese “strategische Partnerschaft” begrüße und dass sie “in Einklang mit den laufenden Gesprächen über die Aufnahme Italiens als Vollmitglied in das MGCS-Programm” stehe. Table.Media hatte im August über derartige Pläne berichtet. Damit schließt KNDS wirtschaftlich zu Rheinmetall auf und dürfte bei der Entwicklung des MGCS mehr Gewicht erhalten. Bei dem Projekt soll bis zum Ende der 2030er Jahre ein Kampfpanzersystem entwickelt werden, das auf deutscher Seite den Leopard 2 und auf französischer den Leclerc ersetzen soll. Streit um Aufträge zwischen den beteiligten Unternehmen Rheinmetall auf deutscher Seite und KNDS hatten immer wieder für Ärger zwischen den Partnernationen gesorgt. bub

    • Leopard 2 Panzer
    • MGCS
    • Rüstung

    Allianz für Forschungssicherheit ohne Deutschland

    Förderorganisationen und Ministerien aus den USA, Großbritannien und Kanada wollen sich nach Informationen des Fachportals Science|Business in Zukunft über Sicherheitsrisiken in globalen Forschungsprojekten austauschen. Durch die Einrichtung eines internationalen Netzwerks reagiert man auf die zunehmende Besorgnis über Wissenschafts- und Technologiespionage durch Länder wie China, Russland und den Iran. 

    Secure-Zentrum als Beratungsstelle in den USA

    Für die USA wird das sogenannte Secure-Zentrum in Zukunft eine wichtige Rolle in diesem Austausch spielen. Dieses soll als im Rahmen einer breiter angelegten Regierungsinitiative unter Führung der National Science Foundation (NSF) als Clearingstelle fungieren. 9,5 Millionen Dollar sind dafür bereits vom Kongress bewilligt. Eine Aufgabe des Zentrums ist die Bereitstellung grundlegender Leitlinien und Informationen über Sicherheitsrisiken in der Forschung. Daneben soll es Forschungseinrichtungen beraten und sie beispielsweise über mögliche militärische Verbindungen ausländischer Partner informieren.

    Die amerikanische Wissenschaftscommunity begrüßt die künftige Unterstützung durch das Secure-Zentrum. Gleichzeitig wachsen die Sorgen vor einer parallel aufgebauten, strengen Regulierung der internationalen Forschungszusammenarbeit. So verabschiedete der republikanisch kontrollierte Kongress kürzlich einen Gesetzentwurf, der die Berichtspflichten von Forschenden in international finanzierten Projekten verschärfen soll. 

    Konsultation zu Research Security in der EU

    Während anderswo bereits Entscheidungen getroffen werden, läuft in Europa eine Konsultation über die Pläne der Kommission zur Unterstützung der EU-Mitgliedstaaten und des Forschungssektors in Hinblick auf Bedrohungen der Forschungssicherheit. Deutsche Wissenschaftsorganisationen tauschen sich zwar mit der NSF über das Secure-Zentrum aus, haben jedoch von der gemeinsamen Initiative mit Kanada und dem Vereinigten Königreich noch keine Kenntnis. Aus dem BMBF hieß es zuletzt, man wolle das Thema mit hoher Priorität weiterverfolgenmw

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    Presseschau

    The New York Times: U.S. Military Returns to the Jungle. Mit Karten und Kompass trainieren amerikanische Soldaten die Navigation, Kampf – und am Ende das Überleben – im hawaiianischen Dschungel. Drohnen sind im Dickicht weitestgehend nutzlos, Tierkunde ist überlebensnotwendig. Und alles eine Vorbereitung auf einen möglichen Konflikt mit China. Herausragend illustriert.

    Carnegie Politika: What’s the Secret of the Russian Economy’s Resilience? Podcast-Host Alex Gabuev diskutiert mit Alexandra Prokopenko, Wissenschaftlerin am Carnegie Russia Eurasia Center und ehemaliger Beraterin der russischen Zentralbank, die aktuelle Lage der russischen Wirtschaft, die Gründe für ihre anhaltende Widerstandsfähigkeit und die möglichen zukünftigen Konsequenzen.

    ZDF: auslandsjournal – die doku: Rückkehr nach Israel. Wie entwickelt sich die Situation in Israel weiter? Gemeinsam mit der ZDF-Reporterin Jenifer Girke kehrt der Historiker Meron Mendel in seine Heimat zurück. Dort trifft er seine Familie, jüdische und arabische Freunde und stellt sich Fragen wie: Zuerst der Kampf um die Demokratie, jetzt ein Kampf um die Existenz – wie viel hält Israel aus? Ist Frieden nur noch eine Illusion?

    Heads

    Philipp Schweers – globaler Krisenspezialist beim ZIF

    Philipp Schweers ist für die zivile EU-Partnerschaftsmission Moldau in Chișinău im Einsatz.

    Afghanistan, Pakistan, Sudan, Jemen, Kamerun, Georgien, Armenien – die Liste der Einsatzländer, in denen Philipp Schweers bereits gearbeitet hat, gleicht einem Ritt durch die weltweiten Krisen und Kriege der vergangenen zwanzig Jahre. “Mich zieht es da rein, wo andere rausgehen. Diese Grenzerfahrungen faszinieren mich”, sagt er.

    Man könnte meinen, Schweers wäre Militär. Seine Arbeit vor Ort, so fasst es der 40-Jährige zusammen, ist die “Ermöglichung von Projekten in Krisen- und Hochrisikokontexten”. Meist unter Hochdruck, denn es geht oft um Menschen und deren Sicherheit.

    Aber sein Arbeitgeber ist nicht die Bundeswehr. In der Vergangenheit waren es weltweit agierende Entwicklungsorganisationen wie die Welthungerhilfe, internationale Institutionen wie die Weltbank sowie verschiedene Friedens- und Stabilisierungseinsätze der Europäischen Union im Rahmen der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP). Auch multinationale Konzerne wie Archer Daniels Midland (ADM) und staatliche Entwicklungsbanken wie die KfW waren darunter. Überall dort, wo Menschen in fragilen Kontexten arbeiten und Stabilisierungsprojekte stattfinden, sorgt er für Lagebilder und Krisenpläne, baut Büros und Netzwerke zu den lokalen Sicherheitsbehörden auf und berät Führungskräfte.

    Für Sicherheit sorgen – das wollte Schweers schon immer

    Ursprünglich will Schweers, 1983 in der Nähe von Düsseldorf geboren, die Schule abbrechen und Fallschirmjäger bei der Bundeswehr werden. Als dies nicht klappt, studiert er Sicherheitspolitik und Völkerrecht in Passau, wechselt später nach Amsterdam, um dort seinen Master of Laws in Internationalem Recht und Security Studies zu machen. Bereits da zieht es ihn für Auslandssemester nach Ägypten, in den Jemen, und für Studienaufenthalte nach Russland und in den Iran.

    2009 geht er als Sicherheitsanalyst ins afghanische Dschalalabad, zur selben Zeit, als die Amerikaner dort zusätzliche Soldaten ins Land schickten, um die Taliban zurückzudrängen. Ein Jahr lang koordiniert er für das Afghanistan NGO Safety Office (ANSO) die Sicherheit der Mitarbeiter humanitärer Hilfsorganisationen. “Das war definitiv eine gute Schule für die eigene Resilienz”, sagt Schweers, denn die Region um Dschalalabad war damals von schweren militärischen Konflikten betroffen.

    Lange läuft es gut, doch dann kommt ein Dämpfer

    Es ist der Auftakt einer steilen Karriere, die ihn in verschiedene Ecken der Welt führt. 2011 übernimmt er in Pakistan nationale Verantwortung für die Welthungerhilfe, ab 2014 ist er für die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) für West- und Zentralafrika zuständig. 2020, als aufgrund der Corona-Pandemie Mitarbeiter in ihre Heimatländer gebracht werden, fliegt Schweers in die entgegengesetzte Richtung in den Ostkongo.

    Ganz glatt läuft die Karriere nicht immer, Schweers scheitert zwischendurch, verlässt Jobs, weil er “als Persönlichkeit nicht mitgewachsen war”, wie er sagt und nicht als Teamleader taugte. Er verlangt viel von anderen, nicht alle wollen das mittragen. Manche Einsätze gehen auch gesundheitlich nicht spurlos an ihm vorbei, er erkrankt unter anderem an Malaria und Amöbenruhr. Aber das Scheitern – und seine drei Kinder – haben ihn verändert, sagt er. Heute könne er viel besser mit seinen eigenen Ressourcen haushalten, und hat an sich als Führungsperson gearbeitet.

    Aktuelle Aufgabe: Die Republik Moldau resilienter machen

    Seit Mai 2023 ist er über das Zentrum für Internationale Friedenseinsätze (ZIF), eine Tochter des Auswärtigen Amts, für die EU-Partnerschaftsmission in Moldau (EUPM Moldau) sekundiert. Er leitet ein Team, das die moldauischen Sicherheitsbehörden analytisch und operativ stärkt und berät. Es soll das Land gegen die vielen russischen Angriffe auf moldauische politische Strukturen, auf die sozioökonomische Stabilität und auf die kritische Infrastruktur wappnen.

    Ein wichtiger Job in einem Land, das dem ständigen, hybriden Beschuss aus Russland nur wenig qualifizierte Arbeitskräfte entgegensetzen kann und das nach Jahrzehnten der Neutralität ein gering ausgeprägtes Bewusstsein für eine eigene Sicherheitsarchitektur hat. “Wir haben hier die Chance, tatsächlich etwas Wirksames in Lichtgeschwindigkeit aufzubauen. Wir sind agil, wir passen uns an, und wir machen unsere Partner stark”, ist Schweers optimistisch. Lisa-Martina Klein

    • Geopolitik
    • Sicherheit
    • Taliban

    Personalien

    Generalmajor Wolf-Jürgen Stahl, derzeit stellvertretender Stabschef des Nato-Kommandos “Joint Support and Enabling Command” (JSEC) in Ulm, wird neuer Präsident der Bundesakademie für Sicherheitspolitik (Baks). Mit dem Offizier übernimmt wieder das Verteidigungsministerium die Spitze der zentralen Weiterbildungsstätte der Bundesregierung für Sicherheitspolitik in Berlin. Der bisherige Präsident, Botschafter Ekkehard Brose, verabschiedete sich in der vergangenen Woche und kehrt ins Auswärtige Amt zurück. Die Leitung der politisch vom Bundessicherheitsrat geführten Baks wechselt regelmäßig zwischen Verteidigungsressort und Außenamt.

    Stahl, der im Februar 60 Jahre alt wird, war 1983 in die Bundeswehr eingetreten. In seiner Laufbahn hatte er zahlreiche Dienstposten sowohl im Verteidigungsministerium als auch bei der Nato inne, unter anderem als Stabschef beim Multinationalen Korps Nordost in Stettin und zuletzt bei JSEC in Ulm, wo er zum Generalmajor befördert wurde. Im Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr kommandierte Stahl die Multinational Battle Group der Nato-Schutztruppe ISAF in Kabul und unter der Mission Resolute Support die Trainings- und Beratungsmission in Mazar-e Sharif.

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    Security.Table Redaktion

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