Table.Briefing: Security

Drone Day: Detektion und Abwehr + ILA: Airbus entwickelt Kampfdrohne

Liebe Leserin, lieber Leser,

diese Woche richten sich im Security.Table alle Blicke in den Himmel – den Auftakt machen BDEW und die New Space Initiative des BDI mit dem Drone Day diesen Dienstag in Berlin. Lisa-Martina Klein hat sich für Sie angeschaut, wie Kritische Infrastruktur durch intelligente Detektion drohender Drohnenangriffe künftig besser geschützt werden kann.

Gabriel Bub war dabei, als Kai Wegner und Dietmar Woidke gestern über den Defence Park der ILA am Rande des Berliner Flughafens Schönefeld liefen. Berlins Regierender Bürgermeister und Brandenburgs Regierungschef machten sich ein Bild der deutschen und europäischen Stände auf dem Messegelände – wir halten Sie bis Freitag in täglichen Spezial-Briefings auf dem Laufenden über Events und Vertragsabschlüsse, Personalien und Industriepolitisches.

Den Auftakt in Sachen neuer Militärtechnologie machte am Montag Airbus-Chef Michael Schöllhorn: Er kündigte die Entwicklung des teilautonomen Kampfjets Wingman an, der ab 2040 auch den deutsch-französischen Kampfjet FCAS vor Angriffen abschirmen soll. In unserem ILA.Spezial am Mittwochmorgen lesen Sie das Interview, das Nana Brink und Gabriel Bub mit dem Airbus Defence-CEO geführt haben.

Ihr
Markus Bickel
Bild von Markus  Bickel

Analyse

Sommeroffensive in der Ukraine geplant: Wie sich Kiew auf den Zermürbungskrieg einstellt

Charkiw: Russische Raketen zerstörten Ende Mai ein Wohnhaus.

Nach mehr als 830 Tagen der Verteidigung gegen den russischen Angriffskrieg macht die Ukraine aktuell eine der schwersten Phasen seit dem 24. Februar 2022 durch. In diesem Jahr geht es vor allem ums Durchhalten und den Aufbau neuer Brigaden für 2025. Russland versucht seit Monaten, die Ukraine mit kleineren und größeren Offensiven unter Druck zu setzen. Im Sommer dürfte Moskau diese Taktik noch einmal verstärken.

Auch wenn die Situation insgesamt angespannt, aber stabil wirkt, summieren sich nach mehr als zwei Jahren des vollumfänglichen Kriegs die Probleme Kiews. Russland setzt deswegen klar auf eine Zermürbung des Nachbarn, worauf auch die aktuellen Personalveränderungen in der russischen Armeespitze hindeuten. Moskau glaubt, mit eigenen Ressourcen, länger als die Ukraine durchzuhalten.

Die derzeit wichtigsten Kriegsthemen für die Ukraine sind:

  • Neue Front bei Charkiw
  • Umsetzung des neuen Mobilmachungsgesetzes
  • Energieversorgung
  • Stimmung in der Bevölkerung

Freigabe für westliche Waffen auf russischem Territorium

Front bei Charkiw: Trotz kleiner Geländegewinne verzeichnet Russland an der neuen Front im Norden des Bezirks Charkiw bisher keine großen Erfolge. Die russische Armee bleibt vor den ersten festen Verteidigungslinien der Ukrainer stehen.

Die russische Armee agiert zwar hauptsächlich weiter in der Region Donezk, explizit an den Frontabschnitten hinter der besetzten Awdijiwka und um die Stadt Tschassiw Jar. Doch die Front im Norden zwingt die Ukraine dazu, die Kräfte zu verteilen. Seit Oktober schon nutzt Russland die schlechte Munitionsversorgung der Ukraine aus. In diesem Punkt bessert sich die Lage. Mit Blick auf Charkiw erwies es sich aber bis Ende vergangener Woche als problematisch, dass die westlichen Unterstützer den Einsatz westlicher Waffen auf dem russischen Gebiet untersagt hatten. Die russische Armee konnte dadurch ihre Kräfte im sicheren, grenznahen Gebiet stationieren. Erst am Freitag erlaubten die USA, und kurze Zeit später auch Deutschland, dass ihre Waffen von der Ukraine aus auf Ziele in Russland abgefeuert werden dürfen.

Es wird schwieriger für ukrainische Männer, “unsichtbar” zu bleiben

Mobilmachung: In der ukrainischen Armee dienen bis zu eine Million Menschen, kurzfristig gibt es zwar genügend Soldaten. Doch je länger der Krieg dauert, desto mehr unerfahrene Menschen müssen eingezogen werden. Oleksandr Pawljuk, Kommandeur der ukrainischen Landstreitkräfte, sprach jüngst von Plänen für zehn neue Brigaden. Sie sollen dann im nächsten Jahr, für das eine brauchbare Menge an Munition aus dem Westen erwartet wird, die russischen Besatzer zurückdrängen.

Beim Personalaufbau soll das am 18. Mai in Kraft getretene Mobilisierungsgesetz helfen. De facto handelt es sich um ein Wehrregistergesetz. Demnach müssen sich alle wehrpflichtigen Männer bis zum 16. Juli entweder registrieren oder ihren Wohnort und ähnliche Informationen aktualisieren. Es wird deutlich schwieriger für die Betroffenen, für die Einberufungsämter “unsichtbar” zu bleiben. Wer sich dennoch nicht registriert, riskiert Strafen in Höhe bis zu 500 Euro oder eventuell den Entzug des Führerscheins. Derzeit gibt es noch viel Unsicherheit darüber, wie genau das Gesetz umgesetzt wird und wie sich das auf die Rekrutierung neuer Soldaten auswirken wird.

Russland zerstört große Teile der Energieinfrastruktur

Energieversorgung: Russland hat erhebliche Teile der ukrainischen Energiesysteme zerstört oder beschädigt – bis zu 70 Prozent. Schon jetzt gibt es fast täglich größere Stromausfälle. Erst am gestrigen Montag fiel in allen außer drei Regionen der Ukraine der Strom aus. Wenn im Sommer die Klimaanlagen laufen, wird der Strombedarf größer sein und der Strom wird wahrscheinlich noch häufiger ausfallen.

Um dem vorzubeugen, müssen aktuell die bestehenden AKW gewartet werden. Eine nicht unbedeutende Steuererhöhung – neben der schon in Kraft getretenen Erhöhung der Stromtarife – ist in den nächsten Monaten sehr wahrscheinlich.

Wie wirkt sich die Lage auf die Stimmung im Land aus? Russland versucht hier, mit Desinformationskampagnen in den sozialen Medien Einfluss zu nehmen. Es wird etwa behauptet, dass Wolodymyr Selenskyj nach dem Ablaufen der fünf Jahre seiner Amtszeit am 20. Mai die Legitimation als Präsident verloren habe. Gestreut wird auch die Verschwörungstheorie, dass aktuelle Stromabschaltungen mit dem Export der Energie in die EU zu tun haben.

Vor dem Hintergrund der Dauerbelastung steigt – wenig überraschend – die Forderung, dass die Ukraine neben einem militärischen auch nach einem diplomatischen Weg für ein Kriegsende suchen sollte. Das betonten in einer Umfrage vom Februar 72 Prozent der Befragten in der Ukraine. “Man sollte aber ganz klar sagen, dass es sich hier keinesfalls um die Akzeptanz für einen Frieden zu russischen Bedingungen handelt”, warnt der Politologe Wolodymyr Fessenko, Vorstandsvorsitzender des Zentrums für angewandte politische Forschung Penta, mit Blick auf diese Zahlen.

Politologe erwartet keinen diplomatischen Durchbruch 2025

“Wladimir Putin weist gerne auf die angebliche Istanbuler Grundlage hin, doch der russische Vorschlag in Istanbul war unter anderem, die ukrainischen Streitkräfte bis auf 85.000 Soldaten zu reduzieren. De facto hätte die Ukraine dann keine Armee mehr, um sich zu verteidigen und sowas ist für die Menschen daher absolut inakzeptabel”, betont Fessenko. Russland würde solche Vorbedingungen erst dann aufgeben, wenn es militärisch zumindest gestoppt werden würde.

“Letztlich sind Verhandlungen am Ende nahezu unausweichlich. Es kann bei diesen jedoch realistischerweise nur um zwei Aspekte gehen: Waffenstillstand und großer Gefangenenaustausch. Bei den territorialen Fragen ist ein Kompromiss selbst theoretisch unmöglich: Die Ukraine wird nichts als russisch anerkennen, Russland wird nichts freiwillig abgeben.” Ein Fenster für einen solchen Kompromiss würde sich aber vor 2025 sicher nicht öffnen, bleibt Fessenko skeptisch.

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Blackout und Drohnen: Wie Kritis-Betreiber sich auf neue Gefahren einstellen

Kleine Drohnen über militärischem oder zivilem Gelände, meist über Kritischer Infrastruktur wie Flughäfen, Häfen oder Kraftwerken, werden zunehmend zum Sicherheitsproblem. Mitte Mai kollidierte in Manching ein Eurofighter mit einer Drohne, die unerlaubt in Flughafennähe flog. Über Standorten der Bundeswehr und der US-Streitkräfte in Deutschland, etwa der Ausbildungsstätte für ukrainische Soldaten in Grafenwöhr, sind Drohnen gesichtet worden, die mit russischen Geheimdiensten in Verbindung gebracht werden.

Die Betreiber Kritischer Infrastrukturen müssen sich auf die neue Bedrohung einstellen, haben aber in der Regel keine Mittel für eine dauerhafte Drohnendetektion über ihren Anlagen. “Eine Drohnenortungstechnologie muss energieeffizient sein und darf keine Wechselwirkung mit anderen Technologien im elektromagnetischen Spektrum verursachen. Und sie muss geeignet sein, autonome Drohnen, die keine eigenen Signale aussenden, orten zu können”, erklärt Mathias Böswetter. Er ist beim Bundesverband Deutscher Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) zuständig für die IT-Transformation, Kritische Infrastrukturen und IT-Sicherheit. Und: Sie muss möglichst kosteneffizient sein.

450-Megahertz-Funkfrequenz zur Drohnendetektion

Böswetter und ein Team des Fraunhofer-Instituts für Kommunikation, Informationsverarbeitung und Ergonomie (FKIE) erforschten daher, wie Betreiber Kritischer Infrastruktur künftig kostengünstig autonom fliegende Drohnen über ihren Anlagen detektieren könnten. Ins Zentrum ihrer Forschung rückte dabei das neue 450-Megahertz-Mobilfunknetz und die Frage, inwiefern Passivradar auf Basis von Signalen dieses Funknetzes als Technologie für die Drohnenortung einsetzbar ist. Denn bisher werden zur Drohnenortung meist andere Frequenzbereiche benutzt.

Das Novum: Böswetter und sein Team konnten in experimentellen Tests nachweisen, dass sich für diese Art der Drohnenortung das LTE-Mobilfunknetz im Frequenzbereich bei 450 Megahertz generell eignet. Die Ergebnisse werden auf dem heutigen Drone Day, den der BDEW zusammen mit der New Space Initiative des Bundesverbandes Deutscher Industrie (BDI) ausrichtet, vorgestellt. Bei dem Event sollen Akteure aus der Industrie mit Betreibern Kritischer Energieinfrastruktur, Militär und Politik zusammengebracht werden.

Netz für Kritis-Betreiber bereits in Betrieb

Was sehr kompliziert klingt, hat einen entscheidenden Vorteil: Dieses Mobilfunknetz steht, seit der Zuteilung 2021 durch die Bundesnetzagentur, den Betreibern wichtiger oder kritischer Infrastrukturen bereits zur Verfügung. Es wird vom Netzbetreiber 450connect, einem Zusammenschluss von Gesellschaftern aus der Energie- und Wasserwirtschaft, bundesweit auf- und ausgebaut – und zwar eigentlich für den Fall eines großflächigen Stromausfalls, eines sogenannten Schwarzfalls oder Blackouts.

Denn gerade wenn der herkömmliche Mobilfunk und das Internet ausgefallen sind, müssen Betreiber in der Lage sein, ihre Anlagen zu steuern, und die Sprachkommunikation aufrechtzuerhalten, um die Versorgungssicherheit der Bevölkerung wieder herzustellen. Auch alle anderen für die Versorgung der Bevölkerung wichtigen Unternehmen und Dienstleister, etwa aus der Lebensmittel- und Mineralölversorgung, können das Netz daher nutzen.

Ausfallsicheres Netz dank Notstromversorgung

Zwar lassen sich über das Mobilfunknetz nur niedrige Datenraten übertragen, für Videokonferenzen reicht die Bandbreite nicht. Dafür braucht das Netz aber nur wenige Funkmasten für eine hohe Abdeckung auch im ländlichen Raum. Bis Ende 2025 will 450connect bundesweit 1.600 bestehende Mobilfunkmasten mit eigenen Antennen und einer Notstromversorgung per Batterie für 72 Stunden nachrüsten.

Wer das Netz nutzen will, braucht einen Rahmenvertrag mit der 450connect, eine SIM-Karte und entsprechende Funkgeräte und Router. Wie viele Unternehmen bereits einen Rahmenvertrag abgeschlossen haben, darüber hält sich Frederik Giessing, Geschäftsführer von 450connect, bedeckt. In der Regel würden größere Konsortien und Arbeitsgemeinschaften aus der Energie- und Wasserwirtschaft unterzeichnen, sagt Giessing. Das Interesse und der Bedarf an der Technologie sei bei den Betreibern jedenfalls enorm, sagt er.

Ein Baustein beim Schutz von Kritischer Infrastruktur

Es gibt aber auch Kritik an der Technologie. Denn unklar sei, wie ausfallsicher das Kommunikationsnetz wirklich ist. Manuel Atug, Gründer und Sprecher der unabhängigen AG Kritis, kritisiert die mangelnde Transparenz des Marktmonopolisten. Es sei nicht nachvollziehbar, wo die Masten stünden und wie groß erwünschte Überlappungen in der Abdeckung seien. Es sei entsprechend nicht absehbar, ob beim Ausfall eines oder mehrerer Masten, etwa nach einem Unglück wie im Ahrtal, das Funknetz weiterhin funktioniere.

Auch sei nicht bekannt, ob die Erdkabel zur Vernetzung der Basisstationen ausreichend geschützt seien. “Aus der Sicht der Versorgungssicherheit ist die derzeit vorhandene Intransparenz suboptimal, denn so mieten sich die Kritis-Betreiber eventuell in einen single point of failure ein”, sagt Atug. Die Gefahr bestünde, dass Kritis-Betreiber sich in falscher Sicherheit wiegen, wenn sie sich nur auf diese Technologie verließen und nicht ausreichend definierten, welchen Schutz sie brauchen.

Für das Projekt von Böswetter und dem Forscherteam ist der Ausbau des Mobilfunknetzes erst einmal von Vorteil. Die Ortung von Drohnen über dieses Funknetz wäre – neben der Sprachkommunikation und der Datenübertragung zur Steuerung von Maschinen – ein dritter und vielversprechender Nutzen des Netzes.

Bis es allerdings für die Drohnenortung genutzt werden kann, wird es noch weitere Tests brauchen: “Wir stehen hier ganz am Anfang. Die Nutzung der 450-Megahertz-Frequenz als Passivradar ist ein Baustein beim Schutz Kritischer Infrastruktur. Am Ende braucht es sicher mehrere Arten von Sensoren für die Detektion von Drohnen”, sagt Böswetter.

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Was die Eurodrohne von Airbus leisten soll

Mit geschätzten Kosten von mehr als sieben Milliarden Euro ist die Eurodrohne eines der kostspieligsten Rüstungsvorhaben. Das seit 2022 laufende europäische Projekt, bei dem sich Deutschland, Frankreich, Italien und Spanien zusammengeschlossen haben, schien im Februar in großen Turbulenzen. Ein vorläufiger erster Systementwurf, “Preliminary Design Review” (PDR) genannt, konnte nicht wie geplant abgeschlossen werden.

Beim PDR geht es darum, zu prüfen, ob die technischen Rahmenbedingungen stimmen. Als Grund für das ins Stocken geratene Projekt wurden Abstimmungsprobleme zwischen Airbus Defence and Space und dem französischen Unternehmen Dassault genannt. Wie Airbus-Chef Michael Schöllhorn gegenüber Table.Briefings erklärte, sei man aber zu einem “Konsens” gekommen.

Airbus ist Hauptauftragnehmer bei der Entwicklung der Eurodrohne. Die vertragliche Gestaltung wird von der europäischen Agentur OCCAR (Organisation für Joint Armament Cooperation) übernommen, die gemeinsame Rüstungsvorhaben managt. Laut OCCAR konnte die PDR nun mit zehnmonatiger Verzögerung abgeschlossen werden. Der Entwurf der Drohne sei “durchgängig ausgereift” und somit “der Weg für die Detailplanung geebnet”.

Deutschland bekommt 21 Eurodrohnen

Die Eurodrohne soll als unbemanntes Flugzeug die luftgestützte Aufklärung verstärken und auch im zivilen Luftraum in größerer Höhe über einen langen Zeitraum operieren können. Das deshalb im Fachjargon MALE RPAS (Medium Altitude Long Endurance Remotely Piloted Air System) genannte Projekt sieht die Entwicklung von über 60 Drohnen vor, inklusive mehr als einem Dutzend Bodenkontrollstationen. Deutschland ist mit 21 Drohnen der größte Abnehmer.

Die auf der ILA als Modell präsentierte Großdrohne soll hauptsächlich “als fliegendes Aufklärungs- und Überwachungssystem mit Satellitenkommunikation” über einem bestimmten Gebiet kreisen. In ihrer Funktion als Plattform liefere sie alle für das Gefechtsfeld relevanten Daten, so Airbus-Chef Schöllhorn. Mit einer Länge von 16 Metern und einer Flügelspannweite von circa 26 Metern ist sie die größte Drohne Europas. Laut Schöllhorn wird sie über 18 Stunden in der Luft sein können. Insgesamt kann sie bis zu 2,3 Tonnen Zusatzgewicht an Aufklärungstechnik oder Waffen tragen.

Laut Airbus-Chef Schöllhorn liege die Entwicklung des Drohnen-Systems im Zeitplan: “Wir halten unverändert am Erstflug im Jahr 2029 fest.” Die Auslieferung des ersten Drohnen-Systems an die Bundeswehr ist für April 2030 vorgesehen. Dann soll die Eurodrohne die von der Bundeswehr geleasten German Heron TP aus israelischer Produktion ablösen. Spätestens ab 2040 soll sie Teil des hauptsächlich deutsch-französischen Future Combat Air System (FCAS) werden.

Eurodrohne teurer als Eurofighter

Insgesamt hat Deutschland für die Entwicklung und Beschaffung der Eurodrohne 3,1 Milliarden Euro zugesagt. Nicht hinzugerechnet sind mögliche Zusatzkosten in unbekannter Höhe. Davon würden laut jetzigen Planungen 2,3 Milliarden Euro ab 2028 fällig. Da das Sondervermögen – Stand heute – bis zum Ende 2027 aufgebraucht ist, müsste diese Summe durch den laufenden Etat des Verteidigungsministeriums abgesichert werden. “Wie das allerdings gehen soll, ist völlig unklar”, erklärte ein Mitglied des Verteidigungsausschusses, das anonym bleiben möchte. Man gehe davon aus, dass die Kosten noch steigen werden. So werde eine Eurodrohne mehr als ein Eurofighter kosten, der mit rund 100 Millionen Euro zu Buche schlägt (ohne Bewaffnung und Wartung).

Wie so oft in der Vergangenheit bei gemeinsamen Rüstungsprojekten gab es auch bei der Eurodrohne immer wieder “Reibereien” zwischen Deutschland und Frankreich. Kritiker in Frankreich bemängelten vor allem die Ausstattung der Eurodrohne mit zwei Motoren. Mit ihrer maximalen Beladung sei sie doppelt so schwer wie das amerikanische Modell MQ-9 Reaper und erschwere damit den Export. Bei den letzten Verhandlungen aber, so Airbus-Chef Schöllhorn, habe man sich durchgesetzt: “Für die Aufklärung ist ein zweiter Motor immer gut. Und dort, in Ländern mit großen Meeresflächen, glaube ich auch verstärkt an Exportmöglichkeiten für die Eurodrohne.”

Seit Ende vergangenen Jahres hat Japan einen Beobachterstatus beim Euro-Drohnen-Projekt. Der Inselstaat würde vor allem das Potenzial der Drohne für die Seeraumüberwachung nutzen. Wie Schöllhorn bestätigte, habe auch Indien Interesse signalisiert. Man werde dazu auf der ILA Gespräche führen.

Großdrohnen sind umstritten

Ob die MALE RPAS angesichts der rasanten Entwicklung in der Drohnen-Technologie im Jahr ihrer Auslieferung noch up to date ist, dürfte umstritten sein. Teure Großdrohnen wie die MQ-9 Reaper sind mehrfach von russischen Kampfjets und Boden-Luft-Raketen jemenitischer Huthi-Rebellen zum Absturz gebracht worden. Überdies zeigen die Entwicklungen im Krieg zwischen Russland und der Ukraine, dass Großdrohnen zunehmend von kleineren, flexibleren und vor allem billigeren Drohnen ersetzt werden.

Für das Verteidigungsministerium allerdings ist die Eurodrohne auch ein entscheidendes rüstungspolitisches Vorhaben. Sie lege den Grundstein für “eine prominente Positionierung der deutschen Industrie in zukünftigen Rüstungskooperationen”. Die Eurodrohne ist auch für Airbus ein wichtiger strategischer Auftrag, wenn der Konzern sich mit seinem Standort Manching bei München als Zentrum für unbemanntes Fliegen in Europa etablieren will. Die Eurodrohne soll dort zum Teil entwickelt und auch endmontiert werden. Nach Auskunft von Airbus-Chef Schöllhorn sollen bis zu 7000 Arbeitsplätze dort in Zukunft entstehen.

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Bundeswehr in Niger: Warum das Verteidigungsministerium auf Konfrontationskurs mit dem Parlament geht

Mit dem aktuellen Vorstoß, die Bundeswehr im Niger zu belassen, nimmt das Verteidigungsministerium nicht nur mit dem Auswärtigen Amt Spannungen in Kauf. Auch im Bundestag blickt man auf das Vorgehen mit Unverständnis, quer über Ampel- und Oppositionsparteien hinweg. Das rückt die geplante Bundeswehrmission schon vorab in ein schwieriges Licht. Das AA hatte sich laut Spiegel-Informationen aus den bilateralen Verhandlungen zurückgezogen. Demnach erachtet das Auswärtige Amt die Putschregierung in Niger nicht als verlässlich.

Die Bundeswehr soll dennoch nach Wunsch des BMVg mindestens bis August auf dem Stützpunkt in Niger bleiben. Derzeit sind es 90 Soldaten. Mit einer in der vergangenen Woche unterzeichneten Übergangsvereinbarung hat das BMVg Tatsachen geschaffen. Bisher war die Präsenz der deutschen Soldaten durch das vom Bundestag abgesegnete Minusma-Mandat abgedeckt. Das lief am 31. Mai aus.

Kein Bundestagsmandat benötigt

Wenn es nach dem BMVg geht, sollen auch über August hinaus 30 bis 40 Soldaten in Niamey bleiben, als deutsche Mission. Weil aber das Risiko, in Kampfhandlungen verwickelt zu werden, vom BMVg als gering eingeschätzt wird, bedarf es rein formell keines Bundestagsmandats – “Parlamentsarmee” hin oder her. Bewaffnet werden soll diese Bundeswehrmission nach Informationen von Table.Briefings trotzdem, zur Selbstverteidigung. Anders etwa als die bilateral eingesetzten Militärberater, die Deutschland derzeit in Mali, Burkina Faso und Niger stellt. Eine Kompetenzüberschreitung des BMVg ist das bilaterale Abkommen nicht, und rein rechtlich geht das BMVg korrekt vor. Kritik aus dem Parlament gibt es dennoch.

“Unabhängig von der Frage, wie das BMVg und einzelne Abgeordnete in der Sache dazu stehen: Mit der Junta weiterzuverhandeln wohl wissend, dass es eine Haushaltssperre gibt, die Angebote an Niger quasi unmöglich macht, ist schon allerhand“, sagt Sara Nanni, sicherheitspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion im Bundestag im Gespräch mit Table.Briefings. Das Vorgehen entspreche nicht dem Geiste der Parlamentsarmee, bei der Regierung und Parlament gleichermaßen Verantwortung für die Streitkräfte tragen. Die Union hat einen Bericht des Ministeriums über die “Zukunft des Luftwaffenstützpunktes Niamey nach Beendigung der militärischen Partnerschaftsmission EUMPM Niger” angefordert, wie sie Table.Briefings auf Anfrage mitteilte.

Union fordert Bericht vom Ministerium

Auch in der Opposition ist man über das Vorgehen des BMVg irritiert. Eine wohl verabredete Unterrichtung der Obleute des Verteidigungsausschusses zu den von Generalleutnant Gunter Schneider geführten Verhandlungen in Niger hat es nach Informationen von Table.Briefings nicht gegeben. Stattdessen unterrichtete das Ministerium Mitte vergangener Woche nur Vertreter der Ampelregierung. Nun soll der von der Union angeforderte Bericht Klarheit schaffen. Dieser soll in der Ausschusssitzung am Mittwoch diskutiert werden. Zudem muss sich Pistorius ebenfalls am Mittwoch der Regierungsbefragung im Plenum des Bundestages stellen.

Rückendeckung bekommt das Pistorius-Ministerium aus der eigenen Partei. “Ich fühle mich nicht ausgetrickst. Das BMVg hat in seiner Argumentation recht. Wenn wir nicht vor Ort bleiben, übernehmen andere die Führung in der Region. Für Europa spielt die Region aber durch die Themen Migration und den Kampf gegen den Terror eine wichtige Rolle“, sagt Jürgen Coße, Außen- und Afrika-Experte der SPD-Bundestagsfraktion.

Das BMVg sieht zwingende sicherheitspolitische Gründe, die Basis zu behalten. “Die Lage in Afrika ist in vielen Bereichen nicht leicht. Vor allen Dingen die Region Sahel, Westafrika, ist teilweise auch fragil“, sagte Mitko Müller, Sprecher des BMVg, am Freitag in der Bundespressekonferenz. Die Basis soll demnach im Notfall für Evakuierungen deutscher Staatsbürger genutzt werden, sollte dies in der Region notwendig sein. “Insoweit galt es für uns, zwischen den Möglichkeiten, die vor Ort existieren, der Verpflichtung, die Deutschland hat, und dem Auftrag, den die Bundeswehr hat, abzuwägen”, so Müller weiter.

Argumentation des BMVg weist Lücken auf

Mit diesen Überlegungen wollte man im Ministerium offenbar auch den Erfahrungen der chaotischen Evakuierung aus dem Sudan im vergangenen Jahr Rechnung tragen. “Wenn man in solch einem Szenario, in dem es kritisch zugeht, Tage oder Wochen damit verbringt, einen Stützpunkt zu finden, von dem aus man operieren kann, dann kann es um Menschenleben gehen“, so Müller.

Doch die Argumentation des BMVg weist Lücken auf. Denn in der Region gibt es einen weiteren Stützpunkt, der seine Tauglichkeit auch kürzlich bewiesen hat – trotz des spontanen Aufbaus und der Randlage in Westafrika. Die Rede ist vom Lufttransportstützpunkt in Dakar, im Senegal. Diese Infrastruktur will Deutschland nach Informationen von Table.Briefings ebenfalls behalten und befindet sich dazu im Gespräch mit der neu gewählten senegalesischen Regierung.

Stützpunkt in Dakar für Minusma-Rücktransport genutzt

Über Dakar lief am Ende ein Teil des Rücktransports der Minusma-Güter, und auch die letzten Soldaten reisten über Dakar zurück. Es ist nicht das erste Mal, dass der Senegal seine Tauglichkeit als Stützpunkt bewiesen hat: Zu Beginn des Minusma-Einsatzes der Bundeswehr wurden über Dakar Güter eingeführt für Mali. Und auch während der Ebola-Epidemie 2014 war Dakar Umschlagplatz.

Zwar ist der Stützpunkt im Senegal in Größe und Ausstattung nicht mit dem in Niger zu vergleichen. Billiger dürfte die Aufrechterhaltung allemal sein. Der Lufttransportstützpunkt in Niamey hat mindestens 100 Millionen Euro gekostet, wie das BMVg in der Bundespressekonferenz bestätigte. Die derzeitigen monatlichen Betriebskosten der Anlage am Flughafen von Niamey konnte das BMVg nicht benennen.

Zukunft des Militärkrankenhauses unklar

Immer wieder wird in Gesprächen auch darauf verwiesen, dass der Stützpunkt in Niamey den Bau des Militärkrankenhauses vor Ort mit begleiten soll. Das ist im Deal von BMVg und Niger ebenfalls vorgesehen. Der Bau soll idealerweise im August starten und dann innerhalb von drei Jahren abgeschlossen werden. Wer das Krankenhaus im an Fachkräften armen Niger danach betreiben soll, ist noch eine ganz andere unbeantwortete Frage.

Auch die Grünen-Sicherheitsexpertin Nanni findet die Argumentation des BMVg in Abwägung mit der Sicherheit der im Niger stationierten Soldaten nicht überzeugend. “Minusma wurde auf Druck des Parlaments beendet. Zu meinem Bedauern. Aber so sind die Spielregeln. Im Falle Niger nutzt das BMVg es aus, dass es formal für die Entsendung an sich keine Zustimmung des Parlamentes braucht. Nur für das Geld. Die Auseinandersetzung auf diese Ebene zu zwingen, weil man inhaltlich nicht überzeugen kann, ist kein guter Stil“, so Nanni weiter. Mitarbeit: Thomas Wiegold

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News

Wingman: Airbus stellt Konzept für teilautonome Kampfdrohne vor

Airbus Defence and Space hat am Montag vor Journalisten eine Vorstufe zu einem unbemannten Kampfflugzeug vorgestellt. “Der Wingman wird einen gewissen Grad an Autonomie haben, sodass er auch eigene Missionen erfüllen kann”, sagt Airbus-Chef Michael Schöllhorn gegenüber Table.Briefings. In Europa gebe es noch kein vergleichbares Projekt. Das Neue sei “die Kombination von Größe, Fähigkeit, Stealth-Technologie und der Waffenschacht, der entsprechend auch größere Waffen tragen kann”.

Als Wingman (Flügelmann) bezeichnet man bei der Luftwaffe ein Flugzeug, das neben dem Führungsflugzeug in Formation fliegt, ihn schützen und bei Kampfhandlungen unterstützen soll. Spätestens der Film “Top Gun” aus dem Jahr 1986 hat den Wingman berühmt gemacht. Doch statt realer Piloten setzt die Luftkriegsführung der Zukunft auf unbemannte, Kampfjet-ähnliche Drohnen, die in der Regel zusammen mit einem bemannten Kampfjet operieren. 

Trotz automatisierter Fähigkeiten der Drohne werde aber der sogenannte “Command Fighter” den Wingman steuern. “Wir glauben ganz generell an das Konzept und die Notwendigkeit des ‘Human in the loop’”, sagt Schöllhorn. Der von Airbus entwickelte Wingman soll hauptsächlich mit dem Eurofighter fliegen, potenziell auch mit dem amerikanischen F-35-Kampfjet.

Mock-up auf der ILA zu sehen

Der Wingman von Airbus ist noch im Konzept-Stadium und Teil des Future Combat Air Systems (FCAS), das ab 2040 auf den Markt kommen soll und mehrere Systeme zusammenführt. Einzelne Projekte sollen früher fertig sein – so auch der Wingmann, der ab Anfang der 2030er Jahre fliegen soll, wie Marco Gumbrecht, Leiter Combat Air Systems and FCAS German Sales, am Montag in Berlin sagte.

Denn man habe aus dem Krieg in der Ukraine und auch aus dem Konflikt im Nahen Osten gelernt, dass diese unbemannte Fähigkeit früher gebraucht werde, so Schöllhorn: “Deshalb haben wir uns entschieden, aufgrund des geäußerten Bedarfs der Bundeswehr ein nationales Technologiekonzept in Deutschland zu starten”, sagt Schöllhorn. Langfristig werde der Wingman “rein von der technologischen Perspektive auch einen Eurofighter ersetzen können”.

Offiziell wird Airbus das Konzept und ein “Mock-up” in Originalgröße – 12 Meter Spannweite, 15,5 Meter Länge – auf der Internationalen Luft- und Raumfahrtmesse (ILA) präsentieren. Der echte Wingmann soll etwa neun bis zehn Tonnen schwer werden. Gebaut werden soll er hauptsächlich an den Airbus-Standorten in Manching und Ottobrunn. 

Überlegungen zum Einsatz von teilautonomen Wingmen gibt es zum Beispiel in den USA schon länger. Das Collaborative Combat Aircraft (CCA) wird gerade als KI-gesteuerte Drohne entwickelt. Bis zu sechs Milliarden Dollar steckt die US Air Force bis 2028 in die Entwicklung des CCA. Bis Ende des Jahrzehnts sollen über 1000 dieser teilautonomen Wingmen fliegen. nana/klm

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ILA: Welchen Schwerpunkt die Luftwaffe setzt

Die deutsche Luftwaffe will bei der Internationalen Luft- und Raumfahrtausstellung (ILA) das Spektrum ihrer Luftverteidigungskapazitäten zeigen. Vor den Ständen der Raketenbauer MBDA, Diehl Defence und dem israelischen Produzenten der Arrow 3-Rakete, IAI, baut die Luftwaffe den “Defence Park” auf, in dem das Zusammenspiel der Systeme dargestellt werden soll, mit denen die Luftwaffe den Raum über Deutschland schützen will.

Bislang stehen ein Patriot-System und die German Heron TP Drohne, die Mitte Mai von der Luftwaffe als erste waffenfähige Drohne in Betrieb genommen wurde. In der Nähe präsentiert Diehl Defence das Flugabwehrraketensystem Iris-T SLM, das in der Ukraine zum Einsatz kommt und erstmals ein Modell des Flugkörpers für das System Iris-T SLX, das sich noch in der Entwicklung befindet. IAI zeigt die Arrow 3-Rakete, die Teil des Arrow-Systems ist, das Deutschland für knapp vier Milliarden Euro beschafft.

Bei einem geführten Rundgang für Journalisten mit Berlins Regierendem Bürgermeister Kai Wegner und dem brandenburgischen Ministerpräsidenten Dietmar Woidke durch die im Aufbau befindenden Stände kam der SPD-Ministerpräsident kurz in Verlegenheit, als er beim Stand von MBDA seine Position zur Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern an die Ukraine erklären sollte. Er sehe das wie Bundeskanzler Olaf Scholz, die Ukraine müsse nach Kräften unterstützt werden, eine Eskalation des Krieges in der Ukraine müsse aber verhindert werden. Security.Table berichtet ab Mittwoch täglich von der Ausstellung. bub

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Must-Reads

ECFR: Brass tacks: Why Russia’s military fails to reform. Um zu verstehen, welche Aufgaben vor dem neuen russischen Verteidigungsminister Andrej Beloussow stehen, ist diese lange Analyse äußerst nützlich. Kirill Shamiev zeig die strukturellen Probleme der russischen Armee detailliert auf und erläutert, warum bisherige Reformen gescheitert sind – und auch künftige scheitern würden.

Spiegel: Keller statt Bunker – wo die Deutschen im Kriegsfall Schutz suchen sollen. Das Innenministerium hat Schutzraummöglichkeiten in Deutschland evaluiert und will ein modernes Bunkerkonzept entwickeln. Ein ernüchterndes Fazit des Sachstandsberichts: Schutz gibt es nur für die wenigsten, gegen moderne Waffen sind nicht mal Keller ein geeigneter Ort.

The Bell: The Great Repatriation: Russian millionaires bring their cash back to the Motherland. Nach Februar 2022 haben viele westliche Staaten mit Sanktionen gegen Russlands Reiche reagiert und den Finanzfluss zwischen Russland und dem Westen begrenzt. Nun sieht es so aus, als ob das vor allem dem Kreml nützt: Das Geld der Reichen fließt nach Russland und stützt damit das Bankensystem und das Regime.

F.A.Z.: Ein Kommissar für die Verteidigungsunion. Eine gemeinsame Verteidigung ist im EU-Vertrag angedacht. Dieses Projekt sollte angesichts der russischen Herausforderung mit Leben gefüllt werden, fordert der Europaparlamentsabgeordnete Michael Gahler (CDU) in diesem Gastbeitrag. Die EU brauche deshalb einen Kommissar für Verteidigung.

Comittee to Protect Journalists: Attacks, arrests, threats, censorship – The high risks of reporting the Israel-Gaza war. Das CPJ dokumentiert laufend die Zahl der Journalistinnen und Journalisten, die während ihrer Arbeit in Israel und den palästinensischen Gebieten Gaza und Westjordanland angegriffen, verletzt oder getötet wurden. Dieser Text liefert einen detaillierten Überblick über die Vorfälle seit dem 7. Oktober 2023.

Standpunkt

Waffenhandel: Was die Ampel auch ohne Rüstungsexportkontrollgesetz tun kann

Von Markus Bayer, Max Mutschler, Paul Rohleder
Von links: Max Mutschler (bicc), Paul Rohleder, und Markus Bayer (bicc)

Im Koalitionsvertrag und in der Nationalen Sicherheitsstrategie formuliert die Bundesregierung den Anspruch auf eine restriktive Rüstungsexportpolitik. Ein Blick auf die bislang von ihr veröffentlichten Daten kann diesen Anspruch durchaus untermauern.

Mit Einzelausfuhrgenehmigungen von 8,36 Milliarden Euro erreichte die Ampel im Jahr 2022 zwar den zweithöchsten Wert seit Veröffentlichung der Rüstungsexportberichte und wird diesen Wert für 2023 wahrscheinlich sogar noch überschreiten. Dennoch ist der Anteil der Exporte in Drittstaaten (also jenseits von EU, Nato oder Nato-gleichgestellten Staaten) im Vergleich zu vorangegangenen Jahren sehr niedrig.

Ein historisch niedriger Wert – ohne die Ukraine

Das Gros der Drittlandexporte machen zudem Ausfuhren in die Ukraine aus, welche im Sinne des Selbstverteidigungsrechts auch legitim sind. Nach Abzug aller Ausfuhren in die Ukraine liegt der Anteil der Exportgenehmigungen an Drittländer 2022 nur noch bei zwölf Prozent. Dies ist ein historisch niedriger Wert. Auch im ersten Halbjahr 2023 liegt dieser Wert ähnlich niedrig.

Weniger gut sieht es hingegen bei dem für das Politikfeld zentralen und ebenfalls explizit im Koalitionsvertrag stehenden Vorhaben aus, ein Rüstungsexportkontrollgesetz zu verabschieden. Ein solches Gesetz könnte die bestehenden Regularien bündeln, verbessern und um fehlende Elemente – wie beispielsweise die Einführung eines Verbandsklagerechts gegen Rüstungsexportentscheidungen – erweitern. Seit Antritt der Ampel-Regierung hat sich mit dem russischen Angriff auf die Ukraine und dem Krieg im Gazastreifen die geopolitische Lage geändert. Die Regierung arbeitet zwar weiter an dem Gesetz, doch es ist in dieser Legislaturperiode nicht mehr zu erwarten. Zu unterschiedlich scheinen die Positionen zwischen den Koalitionspartnern.

Die Regierung sollte jetzt Standards setzen

Die Regierung sollte deshalb die verbleibende Zeit nutzen, die Rüstungsexportkontrolle unterhalb der Gesetzesschwelle strukturell zu verbessern und damit längerfristig Praxen zu prägen und Standards zu setzen. Hierfür drei konkrete Vorschläge.

  • Erstens muss die Regierung das von ihr eingeführte Konzept der “Werte- und Sicherheitspartner” als privilegierte Rüstungsempfänger jenseits von EU oder NATO sehr viel klarer definieren. Bislang ist unklar, welche Werte und gemeinsamen Interessen für diesen Status qualifizieren. Ein Kriterienkatalog, der diese Werte darlegt – etwa im Hinblick auf die innere Verfasstheit eines Landes oder seiner Einhaltung internationalen Rechts – könnte die Grundlage für ein “Monitoring-Scoreboard” zur Prüfung von Kandidaten sein.
  • Zweitens sollte die Bundesregierung eine Rüstungsexportdatenbank etablieren, in der sie zeitnah darüber informiert, welche Rüstungsgüter sie für welche Endempfänger genehmigt hat. Das bisherige Berichtswesen ist viel zu langsam und intransparent für eine gut informierte und sachliche öffentliche Debatte.
  • Drittens muss eine breite Debatte über Rüstungsexporte auch auf der europäischen Ebene geführt werden. Eine “Zeitenwende” in der europäischen Rüstungsproduktion (mehr gemeinsame und damit effizientere Entwicklung und Produktion von Rüstungsgütern) scheitert auch am Fehlen einer gemeinsamen europäischen Rüstungsexportpolitik. Eine solche dürfte jedoch ohne eine faktenbasierte Debatte kaum zu erreichen sein. Die Bundesregierung sollte sich deshalb in der EU für eine bessere und transparente Berichterstattung über Rüstungsexporte einsetzen. Die Erarbeitung von gemeinsamen, verbindlichen und einheitlichen Berichtsstandards für alle Mitgliedstaaten wäre ein erster, wichtiger Schritt.

Ausführlichere Informationen zu diesen Politikempfehlungen finden Sie hier.

Markus Bayer und Max Mutschler sind Senior Researcher am Bonn International Centre for Conflict Studies (bicc), Paul Rohleder ist dort studentische Hilfskraft.

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Security.Table Redaktion

SECURITY.TABLE REDAKTION

Licenses:
    Liebe Leserin, lieber Leser,

    diese Woche richten sich im Security.Table alle Blicke in den Himmel – den Auftakt machen BDEW und die New Space Initiative des BDI mit dem Drone Day diesen Dienstag in Berlin. Lisa-Martina Klein hat sich für Sie angeschaut, wie Kritische Infrastruktur durch intelligente Detektion drohender Drohnenangriffe künftig besser geschützt werden kann.

    Gabriel Bub war dabei, als Kai Wegner und Dietmar Woidke gestern über den Defence Park der ILA am Rande des Berliner Flughafens Schönefeld liefen. Berlins Regierender Bürgermeister und Brandenburgs Regierungschef machten sich ein Bild der deutschen und europäischen Stände auf dem Messegelände – wir halten Sie bis Freitag in täglichen Spezial-Briefings auf dem Laufenden über Events und Vertragsabschlüsse, Personalien und Industriepolitisches.

    Den Auftakt in Sachen neuer Militärtechnologie machte am Montag Airbus-Chef Michael Schöllhorn: Er kündigte die Entwicklung des teilautonomen Kampfjets Wingman an, der ab 2040 auch den deutsch-französischen Kampfjet FCAS vor Angriffen abschirmen soll. In unserem ILA.Spezial am Mittwochmorgen lesen Sie das Interview, das Nana Brink und Gabriel Bub mit dem Airbus Defence-CEO geführt haben.

    Ihr
    Markus Bickel
    Bild von Markus  Bickel

    Analyse

    Sommeroffensive in der Ukraine geplant: Wie sich Kiew auf den Zermürbungskrieg einstellt

    Charkiw: Russische Raketen zerstörten Ende Mai ein Wohnhaus.

    Nach mehr als 830 Tagen der Verteidigung gegen den russischen Angriffskrieg macht die Ukraine aktuell eine der schwersten Phasen seit dem 24. Februar 2022 durch. In diesem Jahr geht es vor allem ums Durchhalten und den Aufbau neuer Brigaden für 2025. Russland versucht seit Monaten, die Ukraine mit kleineren und größeren Offensiven unter Druck zu setzen. Im Sommer dürfte Moskau diese Taktik noch einmal verstärken.

    Auch wenn die Situation insgesamt angespannt, aber stabil wirkt, summieren sich nach mehr als zwei Jahren des vollumfänglichen Kriegs die Probleme Kiews. Russland setzt deswegen klar auf eine Zermürbung des Nachbarn, worauf auch die aktuellen Personalveränderungen in der russischen Armeespitze hindeuten. Moskau glaubt, mit eigenen Ressourcen, länger als die Ukraine durchzuhalten.

    Die derzeit wichtigsten Kriegsthemen für die Ukraine sind:

    • Neue Front bei Charkiw
    • Umsetzung des neuen Mobilmachungsgesetzes
    • Energieversorgung
    • Stimmung in der Bevölkerung

    Freigabe für westliche Waffen auf russischem Territorium

    Front bei Charkiw: Trotz kleiner Geländegewinne verzeichnet Russland an der neuen Front im Norden des Bezirks Charkiw bisher keine großen Erfolge. Die russische Armee bleibt vor den ersten festen Verteidigungslinien der Ukrainer stehen.

    Die russische Armee agiert zwar hauptsächlich weiter in der Region Donezk, explizit an den Frontabschnitten hinter der besetzten Awdijiwka und um die Stadt Tschassiw Jar. Doch die Front im Norden zwingt die Ukraine dazu, die Kräfte zu verteilen. Seit Oktober schon nutzt Russland die schlechte Munitionsversorgung der Ukraine aus. In diesem Punkt bessert sich die Lage. Mit Blick auf Charkiw erwies es sich aber bis Ende vergangener Woche als problematisch, dass die westlichen Unterstützer den Einsatz westlicher Waffen auf dem russischen Gebiet untersagt hatten. Die russische Armee konnte dadurch ihre Kräfte im sicheren, grenznahen Gebiet stationieren. Erst am Freitag erlaubten die USA, und kurze Zeit später auch Deutschland, dass ihre Waffen von der Ukraine aus auf Ziele in Russland abgefeuert werden dürfen.

    Es wird schwieriger für ukrainische Männer, “unsichtbar” zu bleiben

    Mobilmachung: In der ukrainischen Armee dienen bis zu eine Million Menschen, kurzfristig gibt es zwar genügend Soldaten. Doch je länger der Krieg dauert, desto mehr unerfahrene Menschen müssen eingezogen werden. Oleksandr Pawljuk, Kommandeur der ukrainischen Landstreitkräfte, sprach jüngst von Plänen für zehn neue Brigaden. Sie sollen dann im nächsten Jahr, für das eine brauchbare Menge an Munition aus dem Westen erwartet wird, die russischen Besatzer zurückdrängen.

    Beim Personalaufbau soll das am 18. Mai in Kraft getretene Mobilisierungsgesetz helfen. De facto handelt es sich um ein Wehrregistergesetz. Demnach müssen sich alle wehrpflichtigen Männer bis zum 16. Juli entweder registrieren oder ihren Wohnort und ähnliche Informationen aktualisieren. Es wird deutlich schwieriger für die Betroffenen, für die Einberufungsämter “unsichtbar” zu bleiben. Wer sich dennoch nicht registriert, riskiert Strafen in Höhe bis zu 500 Euro oder eventuell den Entzug des Führerscheins. Derzeit gibt es noch viel Unsicherheit darüber, wie genau das Gesetz umgesetzt wird und wie sich das auf die Rekrutierung neuer Soldaten auswirken wird.

    Russland zerstört große Teile der Energieinfrastruktur

    Energieversorgung: Russland hat erhebliche Teile der ukrainischen Energiesysteme zerstört oder beschädigt – bis zu 70 Prozent. Schon jetzt gibt es fast täglich größere Stromausfälle. Erst am gestrigen Montag fiel in allen außer drei Regionen der Ukraine der Strom aus. Wenn im Sommer die Klimaanlagen laufen, wird der Strombedarf größer sein und der Strom wird wahrscheinlich noch häufiger ausfallen.

    Um dem vorzubeugen, müssen aktuell die bestehenden AKW gewartet werden. Eine nicht unbedeutende Steuererhöhung – neben der schon in Kraft getretenen Erhöhung der Stromtarife – ist in den nächsten Monaten sehr wahrscheinlich.

    Wie wirkt sich die Lage auf die Stimmung im Land aus? Russland versucht hier, mit Desinformationskampagnen in den sozialen Medien Einfluss zu nehmen. Es wird etwa behauptet, dass Wolodymyr Selenskyj nach dem Ablaufen der fünf Jahre seiner Amtszeit am 20. Mai die Legitimation als Präsident verloren habe. Gestreut wird auch die Verschwörungstheorie, dass aktuelle Stromabschaltungen mit dem Export der Energie in die EU zu tun haben.

    Vor dem Hintergrund der Dauerbelastung steigt – wenig überraschend – die Forderung, dass die Ukraine neben einem militärischen auch nach einem diplomatischen Weg für ein Kriegsende suchen sollte. Das betonten in einer Umfrage vom Februar 72 Prozent der Befragten in der Ukraine. “Man sollte aber ganz klar sagen, dass es sich hier keinesfalls um die Akzeptanz für einen Frieden zu russischen Bedingungen handelt”, warnt der Politologe Wolodymyr Fessenko, Vorstandsvorsitzender des Zentrums für angewandte politische Forschung Penta, mit Blick auf diese Zahlen.

    Politologe erwartet keinen diplomatischen Durchbruch 2025

    “Wladimir Putin weist gerne auf die angebliche Istanbuler Grundlage hin, doch der russische Vorschlag in Istanbul war unter anderem, die ukrainischen Streitkräfte bis auf 85.000 Soldaten zu reduzieren. De facto hätte die Ukraine dann keine Armee mehr, um sich zu verteidigen und sowas ist für die Menschen daher absolut inakzeptabel”, betont Fessenko. Russland würde solche Vorbedingungen erst dann aufgeben, wenn es militärisch zumindest gestoppt werden würde.

    “Letztlich sind Verhandlungen am Ende nahezu unausweichlich. Es kann bei diesen jedoch realistischerweise nur um zwei Aspekte gehen: Waffenstillstand und großer Gefangenenaustausch. Bei den territorialen Fragen ist ein Kompromiss selbst theoretisch unmöglich: Die Ukraine wird nichts als russisch anerkennen, Russland wird nichts freiwillig abgeben.” Ein Fenster für einen solchen Kompromiss würde sich aber vor 2025 sicher nicht öffnen, bleibt Fessenko skeptisch.

    • Russland
    • Ukraine
    • Ukraine-Krieg
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    Blackout und Drohnen: Wie Kritis-Betreiber sich auf neue Gefahren einstellen

    Kleine Drohnen über militärischem oder zivilem Gelände, meist über Kritischer Infrastruktur wie Flughäfen, Häfen oder Kraftwerken, werden zunehmend zum Sicherheitsproblem. Mitte Mai kollidierte in Manching ein Eurofighter mit einer Drohne, die unerlaubt in Flughafennähe flog. Über Standorten der Bundeswehr und der US-Streitkräfte in Deutschland, etwa der Ausbildungsstätte für ukrainische Soldaten in Grafenwöhr, sind Drohnen gesichtet worden, die mit russischen Geheimdiensten in Verbindung gebracht werden.

    Die Betreiber Kritischer Infrastrukturen müssen sich auf die neue Bedrohung einstellen, haben aber in der Regel keine Mittel für eine dauerhafte Drohnendetektion über ihren Anlagen. “Eine Drohnenortungstechnologie muss energieeffizient sein und darf keine Wechselwirkung mit anderen Technologien im elektromagnetischen Spektrum verursachen. Und sie muss geeignet sein, autonome Drohnen, die keine eigenen Signale aussenden, orten zu können”, erklärt Mathias Böswetter. Er ist beim Bundesverband Deutscher Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) zuständig für die IT-Transformation, Kritische Infrastrukturen und IT-Sicherheit. Und: Sie muss möglichst kosteneffizient sein.

    450-Megahertz-Funkfrequenz zur Drohnendetektion

    Böswetter und ein Team des Fraunhofer-Instituts für Kommunikation, Informationsverarbeitung und Ergonomie (FKIE) erforschten daher, wie Betreiber Kritischer Infrastruktur künftig kostengünstig autonom fliegende Drohnen über ihren Anlagen detektieren könnten. Ins Zentrum ihrer Forschung rückte dabei das neue 450-Megahertz-Mobilfunknetz und die Frage, inwiefern Passivradar auf Basis von Signalen dieses Funknetzes als Technologie für die Drohnenortung einsetzbar ist. Denn bisher werden zur Drohnenortung meist andere Frequenzbereiche benutzt.

    Das Novum: Böswetter und sein Team konnten in experimentellen Tests nachweisen, dass sich für diese Art der Drohnenortung das LTE-Mobilfunknetz im Frequenzbereich bei 450 Megahertz generell eignet. Die Ergebnisse werden auf dem heutigen Drone Day, den der BDEW zusammen mit der New Space Initiative des Bundesverbandes Deutscher Industrie (BDI) ausrichtet, vorgestellt. Bei dem Event sollen Akteure aus der Industrie mit Betreibern Kritischer Energieinfrastruktur, Militär und Politik zusammengebracht werden.

    Netz für Kritis-Betreiber bereits in Betrieb

    Was sehr kompliziert klingt, hat einen entscheidenden Vorteil: Dieses Mobilfunknetz steht, seit der Zuteilung 2021 durch die Bundesnetzagentur, den Betreibern wichtiger oder kritischer Infrastrukturen bereits zur Verfügung. Es wird vom Netzbetreiber 450connect, einem Zusammenschluss von Gesellschaftern aus der Energie- und Wasserwirtschaft, bundesweit auf- und ausgebaut – und zwar eigentlich für den Fall eines großflächigen Stromausfalls, eines sogenannten Schwarzfalls oder Blackouts.

    Denn gerade wenn der herkömmliche Mobilfunk und das Internet ausgefallen sind, müssen Betreiber in der Lage sein, ihre Anlagen zu steuern, und die Sprachkommunikation aufrechtzuerhalten, um die Versorgungssicherheit der Bevölkerung wieder herzustellen. Auch alle anderen für die Versorgung der Bevölkerung wichtigen Unternehmen und Dienstleister, etwa aus der Lebensmittel- und Mineralölversorgung, können das Netz daher nutzen.

    Ausfallsicheres Netz dank Notstromversorgung

    Zwar lassen sich über das Mobilfunknetz nur niedrige Datenraten übertragen, für Videokonferenzen reicht die Bandbreite nicht. Dafür braucht das Netz aber nur wenige Funkmasten für eine hohe Abdeckung auch im ländlichen Raum. Bis Ende 2025 will 450connect bundesweit 1.600 bestehende Mobilfunkmasten mit eigenen Antennen und einer Notstromversorgung per Batterie für 72 Stunden nachrüsten.

    Wer das Netz nutzen will, braucht einen Rahmenvertrag mit der 450connect, eine SIM-Karte und entsprechende Funkgeräte und Router. Wie viele Unternehmen bereits einen Rahmenvertrag abgeschlossen haben, darüber hält sich Frederik Giessing, Geschäftsführer von 450connect, bedeckt. In der Regel würden größere Konsortien und Arbeitsgemeinschaften aus der Energie- und Wasserwirtschaft unterzeichnen, sagt Giessing. Das Interesse und der Bedarf an der Technologie sei bei den Betreibern jedenfalls enorm, sagt er.

    Ein Baustein beim Schutz von Kritischer Infrastruktur

    Es gibt aber auch Kritik an der Technologie. Denn unklar sei, wie ausfallsicher das Kommunikationsnetz wirklich ist. Manuel Atug, Gründer und Sprecher der unabhängigen AG Kritis, kritisiert die mangelnde Transparenz des Marktmonopolisten. Es sei nicht nachvollziehbar, wo die Masten stünden und wie groß erwünschte Überlappungen in der Abdeckung seien. Es sei entsprechend nicht absehbar, ob beim Ausfall eines oder mehrerer Masten, etwa nach einem Unglück wie im Ahrtal, das Funknetz weiterhin funktioniere.

    Auch sei nicht bekannt, ob die Erdkabel zur Vernetzung der Basisstationen ausreichend geschützt seien. “Aus der Sicht der Versorgungssicherheit ist die derzeit vorhandene Intransparenz suboptimal, denn so mieten sich die Kritis-Betreiber eventuell in einen single point of failure ein”, sagt Atug. Die Gefahr bestünde, dass Kritis-Betreiber sich in falscher Sicherheit wiegen, wenn sie sich nur auf diese Technologie verließen und nicht ausreichend definierten, welchen Schutz sie brauchen.

    Für das Projekt von Böswetter und dem Forscherteam ist der Ausbau des Mobilfunknetzes erst einmal von Vorteil. Die Ortung von Drohnen über dieses Funknetz wäre – neben der Sprachkommunikation und der Datenübertragung zur Steuerung von Maschinen – ein dritter und vielversprechender Nutzen des Netzes.

    Bis es allerdings für die Drohnenortung genutzt werden kann, wird es noch weitere Tests brauchen: “Wir stehen hier ganz am Anfang. Die Nutzung der 450-Megahertz-Frequenz als Passivradar ist ein Baustein beim Schutz Kritischer Infrastruktur. Am Ende braucht es sicher mehrere Arten von Sensoren für die Detektion von Drohnen”, sagt Böswetter.

    • Drohnen
    • Kritische Infrastruktur
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    Was die Eurodrohne von Airbus leisten soll

    Mit geschätzten Kosten von mehr als sieben Milliarden Euro ist die Eurodrohne eines der kostspieligsten Rüstungsvorhaben. Das seit 2022 laufende europäische Projekt, bei dem sich Deutschland, Frankreich, Italien und Spanien zusammengeschlossen haben, schien im Februar in großen Turbulenzen. Ein vorläufiger erster Systementwurf, “Preliminary Design Review” (PDR) genannt, konnte nicht wie geplant abgeschlossen werden.

    Beim PDR geht es darum, zu prüfen, ob die technischen Rahmenbedingungen stimmen. Als Grund für das ins Stocken geratene Projekt wurden Abstimmungsprobleme zwischen Airbus Defence and Space und dem französischen Unternehmen Dassault genannt. Wie Airbus-Chef Michael Schöllhorn gegenüber Table.Briefings erklärte, sei man aber zu einem “Konsens” gekommen.

    Airbus ist Hauptauftragnehmer bei der Entwicklung der Eurodrohne. Die vertragliche Gestaltung wird von der europäischen Agentur OCCAR (Organisation für Joint Armament Cooperation) übernommen, die gemeinsame Rüstungsvorhaben managt. Laut OCCAR konnte die PDR nun mit zehnmonatiger Verzögerung abgeschlossen werden. Der Entwurf der Drohne sei “durchgängig ausgereift” und somit “der Weg für die Detailplanung geebnet”.

    Deutschland bekommt 21 Eurodrohnen

    Die Eurodrohne soll als unbemanntes Flugzeug die luftgestützte Aufklärung verstärken und auch im zivilen Luftraum in größerer Höhe über einen langen Zeitraum operieren können. Das deshalb im Fachjargon MALE RPAS (Medium Altitude Long Endurance Remotely Piloted Air System) genannte Projekt sieht die Entwicklung von über 60 Drohnen vor, inklusive mehr als einem Dutzend Bodenkontrollstationen. Deutschland ist mit 21 Drohnen der größte Abnehmer.

    Die auf der ILA als Modell präsentierte Großdrohne soll hauptsächlich “als fliegendes Aufklärungs- und Überwachungssystem mit Satellitenkommunikation” über einem bestimmten Gebiet kreisen. In ihrer Funktion als Plattform liefere sie alle für das Gefechtsfeld relevanten Daten, so Airbus-Chef Schöllhorn. Mit einer Länge von 16 Metern und einer Flügelspannweite von circa 26 Metern ist sie die größte Drohne Europas. Laut Schöllhorn wird sie über 18 Stunden in der Luft sein können. Insgesamt kann sie bis zu 2,3 Tonnen Zusatzgewicht an Aufklärungstechnik oder Waffen tragen.

    Laut Airbus-Chef Schöllhorn liege die Entwicklung des Drohnen-Systems im Zeitplan: “Wir halten unverändert am Erstflug im Jahr 2029 fest.” Die Auslieferung des ersten Drohnen-Systems an die Bundeswehr ist für April 2030 vorgesehen. Dann soll die Eurodrohne die von der Bundeswehr geleasten German Heron TP aus israelischer Produktion ablösen. Spätestens ab 2040 soll sie Teil des hauptsächlich deutsch-französischen Future Combat Air System (FCAS) werden.

    Eurodrohne teurer als Eurofighter

    Insgesamt hat Deutschland für die Entwicklung und Beschaffung der Eurodrohne 3,1 Milliarden Euro zugesagt. Nicht hinzugerechnet sind mögliche Zusatzkosten in unbekannter Höhe. Davon würden laut jetzigen Planungen 2,3 Milliarden Euro ab 2028 fällig. Da das Sondervermögen – Stand heute – bis zum Ende 2027 aufgebraucht ist, müsste diese Summe durch den laufenden Etat des Verteidigungsministeriums abgesichert werden. “Wie das allerdings gehen soll, ist völlig unklar”, erklärte ein Mitglied des Verteidigungsausschusses, das anonym bleiben möchte. Man gehe davon aus, dass die Kosten noch steigen werden. So werde eine Eurodrohne mehr als ein Eurofighter kosten, der mit rund 100 Millionen Euro zu Buche schlägt (ohne Bewaffnung und Wartung).

    Wie so oft in der Vergangenheit bei gemeinsamen Rüstungsprojekten gab es auch bei der Eurodrohne immer wieder “Reibereien” zwischen Deutschland und Frankreich. Kritiker in Frankreich bemängelten vor allem die Ausstattung der Eurodrohne mit zwei Motoren. Mit ihrer maximalen Beladung sei sie doppelt so schwer wie das amerikanische Modell MQ-9 Reaper und erschwere damit den Export. Bei den letzten Verhandlungen aber, so Airbus-Chef Schöllhorn, habe man sich durchgesetzt: “Für die Aufklärung ist ein zweiter Motor immer gut. Und dort, in Ländern mit großen Meeresflächen, glaube ich auch verstärkt an Exportmöglichkeiten für die Eurodrohne.”

    Seit Ende vergangenen Jahres hat Japan einen Beobachterstatus beim Euro-Drohnen-Projekt. Der Inselstaat würde vor allem das Potenzial der Drohne für die Seeraumüberwachung nutzen. Wie Schöllhorn bestätigte, habe auch Indien Interesse signalisiert. Man werde dazu auf der ILA Gespräche führen.

    Großdrohnen sind umstritten

    Ob die MALE RPAS angesichts der rasanten Entwicklung in der Drohnen-Technologie im Jahr ihrer Auslieferung noch up to date ist, dürfte umstritten sein. Teure Großdrohnen wie die MQ-9 Reaper sind mehrfach von russischen Kampfjets und Boden-Luft-Raketen jemenitischer Huthi-Rebellen zum Absturz gebracht worden. Überdies zeigen die Entwicklungen im Krieg zwischen Russland und der Ukraine, dass Großdrohnen zunehmend von kleineren, flexibleren und vor allem billigeren Drohnen ersetzt werden.

    Für das Verteidigungsministerium allerdings ist die Eurodrohne auch ein entscheidendes rüstungspolitisches Vorhaben. Sie lege den Grundstein für “eine prominente Positionierung der deutschen Industrie in zukünftigen Rüstungskooperationen”. Die Eurodrohne ist auch für Airbus ein wichtiger strategischer Auftrag, wenn der Konzern sich mit seinem Standort Manching bei München als Zentrum für unbemanntes Fliegen in Europa etablieren will. Die Eurodrohne soll dort zum Teil entwickelt und auch endmontiert werden. Nach Auskunft von Airbus-Chef Schöllhorn sollen bis zu 7000 Arbeitsplätze dort in Zukunft entstehen.

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    • OCCAR
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    Bundeswehr in Niger: Warum das Verteidigungsministerium auf Konfrontationskurs mit dem Parlament geht

    Mit dem aktuellen Vorstoß, die Bundeswehr im Niger zu belassen, nimmt das Verteidigungsministerium nicht nur mit dem Auswärtigen Amt Spannungen in Kauf. Auch im Bundestag blickt man auf das Vorgehen mit Unverständnis, quer über Ampel- und Oppositionsparteien hinweg. Das rückt die geplante Bundeswehrmission schon vorab in ein schwieriges Licht. Das AA hatte sich laut Spiegel-Informationen aus den bilateralen Verhandlungen zurückgezogen. Demnach erachtet das Auswärtige Amt die Putschregierung in Niger nicht als verlässlich.

    Die Bundeswehr soll dennoch nach Wunsch des BMVg mindestens bis August auf dem Stützpunkt in Niger bleiben. Derzeit sind es 90 Soldaten. Mit einer in der vergangenen Woche unterzeichneten Übergangsvereinbarung hat das BMVg Tatsachen geschaffen. Bisher war die Präsenz der deutschen Soldaten durch das vom Bundestag abgesegnete Minusma-Mandat abgedeckt. Das lief am 31. Mai aus.

    Kein Bundestagsmandat benötigt

    Wenn es nach dem BMVg geht, sollen auch über August hinaus 30 bis 40 Soldaten in Niamey bleiben, als deutsche Mission. Weil aber das Risiko, in Kampfhandlungen verwickelt zu werden, vom BMVg als gering eingeschätzt wird, bedarf es rein formell keines Bundestagsmandats – “Parlamentsarmee” hin oder her. Bewaffnet werden soll diese Bundeswehrmission nach Informationen von Table.Briefings trotzdem, zur Selbstverteidigung. Anders etwa als die bilateral eingesetzten Militärberater, die Deutschland derzeit in Mali, Burkina Faso und Niger stellt. Eine Kompetenzüberschreitung des BMVg ist das bilaterale Abkommen nicht, und rein rechtlich geht das BMVg korrekt vor. Kritik aus dem Parlament gibt es dennoch.

    “Unabhängig von der Frage, wie das BMVg und einzelne Abgeordnete in der Sache dazu stehen: Mit der Junta weiterzuverhandeln wohl wissend, dass es eine Haushaltssperre gibt, die Angebote an Niger quasi unmöglich macht, ist schon allerhand“, sagt Sara Nanni, sicherheitspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion im Bundestag im Gespräch mit Table.Briefings. Das Vorgehen entspreche nicht dem Geiste der Parlamentsarmee, bei der Regierung und Parlament gleichermaßen Verantwortung für die Streitkräfte tragen. Die Union hat einen Bericht des Ministeriums über die “Zukunft des Luftwaffenstützpunktes Niamey nach Beendigung der militärischen Partnerschaftsmission EUMPM Niger” angefordert, wie sie Table.Briefings auf Anfrage mitteilte.

    Union fordert Bericht vom Ministerium

    Auch in der Opposition ist man über das Vorgehen des BMVg irritiert. Eine wohl verabredete Unterrichtung der Obleute des Verteidigungsausschusses zu den von Generalleutnant Gunter Schneider geführten Verhandlungen in Niger hat es nach Informationen von Table.Briefings nicht gegeben. Stattdessen unterrichtete das Ministerium Mitte vergangener Woche nur Vertreter der Ampelregierung. Nun soll der von der Union angeforderte Bericht Klarheit schaffen. Dieser soll in der Ausschusssitzung am Mittwoch diskutiert werden. Zudem muss sich Pistorius ebenfalls am Mittwoch der Regierungsbefragung im Plenum des Bundestages stellen.

    Rückendeckung bekommt das Pistorius-Ministerium aus der eigenen Partei. “Ich fühle mich nicht ausgetrickst. Das BMVg hat in seiner Argumentation recht. Wenn wir nicht vor Ort bleiben, übernehmen andere die Führung in der Region. Für Europa spielt die Region aber durch die Themen Migration und den Kampf gegen den Terror eine wichtige Rolle“, sagt Jürgen Coße, Außen- und Afrika-Experte der SPD-Bundestagsfraktion.

    Das BMVg sieht zwingende sicherheitspolitische Gründe, die Basis zu behalten. “Die Lage in Afrika ist in vielen Bereichen nicht leicht. Vor allen Dingen die Region Sahel, Westafrika, ist teilweise auch fragil“, sagte Mitko Müller, Sprecher des BMVg, am Freitag in der Bundespressekonferenz. Die Basis soll demnach im Notfall für Evakuierungen deutscher Staatsbürger genutzt werden, sollte dies in der Region notwendig sein. “Insoweit galt es für uns, zwischen den Möglichkeiten, die vor Ort existieren, der Verpflichtung, die Deutschland hat, und dem Auftrag, den die Bundeswehr hat, abzuwägen”, so Müller weiter.

    Argumentation des BMVg weist Lücken auf

    Mit diesen Überlegungen wollte man im Ministerium offenbar auch den Erfahrungen der chaotischen Evakuierung aus dem Sudan im vergangenen Jahr Rechnung tragen. “Wenn man in solch einem Szenario, in dem es kritisch zugeht, Tage oder Wochen damit verbringt, einen Stützpunkt zu finden, von dem aus man operieren kann, dann kann es um Menschenleben gehen“, so Müller.

    Doch die Argumentation des BMVg weist Lücken auf. Denn in der Region gibt es einen weiteren Stützpunkt, der seine Tauglichkeit auch kürzlich bewiesen hat – trotz des spontanen Aufbaus und der Randlage in Westafrika. Die Rede ist vom Lufttransportstützpunkt in Dakar, im Senegal. Diese Infrastruktur will Deutschland nach Informationen von Table.Briefings ebenfalls behalten und befindet sich dazu im Gespräch mit der neu gewählten senegalesischen Regierung.

    Stützpunkt in Dakar für Minusma-Rücktransport genutzt

    Über Dakar lief am Ende ein Teil des Rücktransports der Minusma-Güter, und auch die letzten Soldaten reisten über Dakar zurück. Es ist nicht das erste Mal, dass der Senegal seine Tauglichkeit als Stützpunkt bewiesen hat: Zu Beginn des Minusma-Einsatzes der Bundeswehr wurden über Dakar Güter eingeführt für Mali. Und auch während der Ebola-Epidemie 2014 war Dakar Umschlagplatz.

    Zwar ist der Stützpunkt im Senegal in Größe und Ausstattung nicht mit dem in Niger zu vergleichen. Billiger dürfte die Aufrechterhaltung allemal sein. Der Lufttransportstützpunkt in Niamey hat mindestens 100 Millionen Euro gekostet, wie das BMVg in der Bundespressekonferenz bestätigte. Die derzeitigen monatlichen Betriebskosten der Anlage am Flughafen von Niamey konnte das BMVg nicht benennen.

    Zukunft des Militärkrankenhauses unklar

    Immer wieder wird in Gesprächen auch darauf verwiesen, dass der Stützpunkt in Niamey den Bau des Militärkrankenhauses vor Ort mit begleiten soll. Das ist im Deal von BMVg und Niger ebenfalls vorgesehen. Der Bau soll idealerweise im August starten und dann innerhalb von drei Jahren abgeschlossen werden. Wer das Krankenhaus im an Fachkräften armen Niger danach betreiben soll, ist noch eine ganz andere unbeantwortete Frage.

    Auch die Grünen-Sicherheitsexpertin Nanni findet die Argumentation des BMVg in Abwägung mit der Sicherheit der im Niger stationierten Soldaten nicht überzeugend. “Minusma wurde auf Druck des Parlaments beendet. Zu meinem Bedauern. Aber so sind die Spielregeln. Im Falle Niger nutzt das BMVg es aus, dass es formal für die Entsendung an sich keine Zustimmung des Parlamentes braucht. Nur für das Geld. Die Auseinandersetzung auf diese Ebene zu zwingen, weil man inhaltlich nicht überzeugen kann, ist kein guter Stil“, so Nanni weiter. Mitarbeit: Thomas Wiegold

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    Wingman: Airbus stellt Konzept für teilautonome Kampfdrohne vor

    Airbus Defence and Space hat am Montag vor Journalisten eine Vorstufe zu einem unbemannten Kampfflugzeug vorgestellt. “Der Wingman wird einen gewissen Grad an Autonomie haben, sodass er auch eigene Missionen erfüllen kann”, sagt Airbus-Chef Michael Schöllhorn gegenüber Table.Briefings. In Europa gebe es noch kein vergleichbares Projekt. Das Neue sei “die Kombination von Größe, Fähigkeit, Stealth-Technologie und der Waffenschacht, der entsprechend auch größere Waffen tragen kann”.

    Als Wingman (Flügelmann) bezeichnet man bei der Luftwaffe ein Flugzeug, das neben dem Führungsflugzeug in Formation fliegt, ihn schützen und bei Kampfhandlungen unterstützen soll. Spätestens der Film “Top Gun” aus dem Jahr 1986 hat den Wingman berühmt gemacht. Doch statt realer Piloten setzt die Luftkriegsführung der Zukunft auf unbemannte, Kampfjet-ähnliche Drohnen, die in der Regel zusammen mit einem bemannten Kampfjet operieren. 

    Trotz automatisierter Fähigkeiten der Drohne werde aber der sogenannte “Command Fighter” den Wingman steuern. “Wir glauben ganz generell an das Konzept und die Notwendigkeit des ‘Human in the loop’”, sagt Schöllhorn. Der von Airbus entwickelte Wingman soll hauptsächlich mit dem Eurofighter fliegen, potenziell auch mit dem amerikanischen F-35-Kampfjet.

    Mock-up auf der ILA zu sehen

    Der Wingman von Airbus ist noch im Konzept-Stadium und Teil des Future Combat Air Systems (FCAS), das ab 2040 auf den Markt kommen soll und mehrere Systeme zusammenführt. Einzelne Projekte sollen früher fertig sein – so auch der Wingmann, der ab Anfang der 2030er Jahre fliegen soll, wie Marco Gumbrecht, Leiter Combat Air Systems and FCAS German Sales, am Montag in Berlin sagte.

    Denn man habe aus dem Krieg in der Ukraine und auch aus dem Konflikt im Nahen Osten gelernt, dass diese unbemannte Fähigkeit früher gebraucht werde, so Schöllhorn: “Deshalb haben wir uns entschieden, aufgrund des geäußerten Bedarfs der Bundeswehr ein nationales Technologiekonzept in Deutschland zu starten”, sagt Schöllhorn. Langfristig werde der Wingman “rein von der technologischen Perspektive auch einen Eurofighter ersetzen können”.

    Offiziell wird Airbus das Konzept und ein “Mock-up” in Originalgröße – 12 Meter Spannweite, 15,5 Meter Länge – auf der Internationalen Luft- und Raumfahrtmesse (ILA) präsentieren. Der echte Wingmann soll etwa neun bis zehn Tonnen schwer werden. Gebaut werden soll er hauptsächlich an den Airbus-Standorten in Manching und Ottobrunn. 

    Überlegungen zum Einsatz von teilautonomen Wingmen gibt es zum Beispiel in den USA schon länger. Das Collaborative Combat Aircraft (CCA) wird gerade als KI-gesteuerte Drohne entwickelt. Bis zu sechs Milliarden Dollar steckt die US Air Force bis 2028 in die Entwicklung des CCA. Bis Ende des Jahrzehnts sollen über 1000 dieser teilautonomen Wingmen fliegen. nana/klm

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    ILA: Welchen Schwerpunkt die Luftwaffe setzt

    Die deutsche Luftwaffe will bei der Internationalen Luft- und Raumfahrtausstellung (ILA) das Spektrum ihrer Luftverteidigungskapazitäten zeigen. Vor den Ständen der Raketenbauer MBDA, Diehl Defence und dem israelischen Produzenten der Arrow 3-Rakete, IAI, baut die Luftwaffe den “Defence Park” auf, in dem das Zusammenspiel der Systeme dargestellt werden soll, mit denen die Luftwaffe den Raum über Deutschland schützen will.

    Bislang stehen ein Patriot-System und die German Heron TP Drohne, die Mitte Mai von der Luftwaffe als erste waffenfähige Drohne in Betrieb genommen wurde. In der Nähe präsentiert Diehl Defence das Flugabwehrraketensystem Iris-T SLM, das in der Ukraine zum Einsatz kommt und erstmals ein Modell des Flugkörpers für das System Iris-T SLX, das sich noch in der Entwicklung befindet. IAI zeigt die Arrow 3-Rakete, die Teil des Arrow-Systems ist, das Deutschland für knapp vier Milliarden Euro beschafft.

    Bei einem geführten Rundgang für Journalisten mit Berlins Regierendem Bürgermeister Kai Wegner und dem brandenburgischen Ministerpräsidenten Dietmar Woidke durch die im Aufbau befindenden Stände kam der SPD-Ministerpräsident kurz in Verlegenheit, als er beim Stand von MBDA seine Position zur Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern an die Ukraine erklären sollte. Er sehe das wie Bundeskanzler Olaf Scholz, die Ukraine müsse nach Kräften unterstützt werden, eine Eskalation des Krieges in der Ukraine müsse aber verhindert werden. Security.Table berichtet ab Mittwoch täglich von der Ausstellung. bub

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    Must-Reads

    ECFR: Brass tacks: Why Russia’s military fails to reform. Um zu verstehen, welche Aufgaben vor dem neuen russischen Verteidigungsminister Andrej Beloussow stehen, ist diese lange Analyse äußerst nützlich. Kirill Shamiev zeig die strukturellen Probleme der russischen Armee detailliert auf und erläutert, warum bisherige Reformen gescheitert sind – und auch künftige scheitern würden.

    Spiegel: Keller statt Bunker – wo die Deutschen im Kriegsfall Schutz suchen sollen. Das Innenministerium hat Schutzraummöglichkeiten in Deutschland evaluiert und will ein modernes Bunkerkonzept entwickeln. Ein ernüchterndes Fazit des Sachstandsberichts: Schutz gibt es nur für die wenigsten, gegen moderne Waffen sind nicht mal Keller ein geeigneter Ort.

    The Bell: The Great Repatriation: Russian millionaires bring their cash back to the Motherland. Nach Februar 2022 haben viele westliche Staaten mit Sanktionen gegen Russlands Reiche reagiert und den Finanzfluss zwischen Russland und dem Westen begrenzt. Nun sieht es so aus, als ob das vor allem dem Kreml nützt: Das Geld der Reichen fließt nach Russland und stützt damit das Bankensystem und das Regime.

    F.A.Z.: Ein Kommissar für die Verteidigungsunion. Eine gemeinsame Verteidigung ist im EU-Vertrag angedacht. Dieses Projekt sollte angesichts der russischen Herausforderung mit Leben gefüllt werden, fordert der Europaparlamentsabgeordnete Michael Gahler (CDU) in diesem Gastbeitrag. Die EU brauche deshalb einen Kommissar für Verteidigung.

    Comittee to Protect Journalists: Attacks, arrests, threats, censorship – The high risks of reporting the Israel-Gaza war. Das CPJ dokumentiert laufend die Zahl der Journalistinnen und Journalisten, die während ihrer Arbeit in Israel und den palästinensischen Gebieten Gaza und Westjordanland angegriffen, verletzt oder getötet wurden. Dieser Text liefert einen detaillierten Überblick über die Vorfälle seit dem 7. Oktober 2023.

    Standpunkt

    Waffenhandel: Was die Ampel auch ohne Rüstungsexportkontrollgesetz tun kann

    Von Markus Bayer, Max Mutschler, Paul Rohleder
    Von links: Max Mutschler (bicc), Paul Rohleder, und Markus Bayer (bicc)

    Im Koalitionsvertrag und in der Nationalen Sicherheitsstrategie formuliert die Bundesregierung den Anspruch auf eine restriktive Rüstungsexportpolitik. Ein Blick auf die bislang von ihr veröffentlichten Daten kann diesen Anspruch durchaus untermauern.

    Mit Einzelausfuhrgenehmigungen von 8,36 Milliarden Euro erreichte die Ampel im Jahr 2022 zwar den zweithöchsten Wert seit Veröffentlichung der Rüstungsexportberichte und wird diesen Wert für 2023 wahrscheinlich sogar noch überschreiten. Dennoch ist der Anteil der Exporte in Drittstaaten (also jenseits von EU, Nato oder Nato-gleichgestellten Staaten) im Vergleich zu vorangegangenen Jahren sehr niedrig.

    Ein historisch niedriger Wert – ohne die Ukraine

    Das Gros der Drittlandexporte machen zudem Ausfuhren in die Ukraine aus, welche im Sinne des Selbstverteidigungsrechts auch legitim sind. Nach Abzug aller Ausfuhren in die Ukraine liegt der Anteil der Exportgenehmigungen an Drittländer 2022 nur noch bei zwölf Prozent. Dies ist ein historisch niedriger Wert. Auch im ersten Halbjahr 2023 liegt dieser Wert ähnlich niedrig.

    Weniger gut sieht es hingegen bei dem für das Politikfeld zentralen und ebenfalls explizit im Koalitionsvertrag stehenden Vorhaben aus, ein Rüstungsexportkontrollgesetz zu verabschieden. Ein solches Gesetz könnte die bestehenden Regularien bündeln, verbessern und um fehlende Elemente – wie beispielsweise die Einführung eines Verbandsklagerechts gegen Rüstungsexportentscheidungen – erweitern. Seit Antritt der Ampel-Regierung hat sich mit dem russischen Angriff auf die Ukraine und dem Krieg im Gazastreifen die geopolitische Lage geändert. Die Regierung arbeitet zwar weiter an dem Gesetz, doch es ist in dieser Legislaturperiode nicht mehr zu erwarten. Zu unterschiedlich scheinen die Positionen zwischen den Koalitionspartnern.

    Die Regierung sollte jetzt Standards setzen

    Die Regierung sollte deshalb die verbleibende Zeit nutzen, die Rüstungsexportkontrolle unterhalb der Gesetzesschwelle strukturell zu verbessern und damit längerfristig Praxen zu prägen und Standards zu setzen. Hierfür drei konkrete Vorschläge.

    • Erstens muss die Regierung das von ihr eingeführte Konzept der “Werte- und Sicherheitspartner” als privilegierte Rüstungsempfänger jenseits von EU oder NATO sehr viel klarer definieren. Bislang ist unklar, welche Werte und gemeinsamen Interessen für diesen Status qualifizieren. Ein Kriterienkatalog, der diese Werte darlegt – etwa im Hinblick auf die innere Verfasstheit eines Landes oder seiner Einhaltung internationalen Rechts – könnte die Grundlage für ein “Monitoring-Scoreboard” zur Prüfung von Kandidaten sein.
    • Zweitens sollte die Bundesregierung eine Rüstungsexportdatenbank etablieren, in der sie zeitnah darüber informiert, welche Rüstungsgüter sie für welche Endempfänger genehmigt hat. Das bisherige Berichtswesen ist viel zu langsam und intransparent für eine gut informierte und sachliche öffentliche Debatte.
    • Drittens muss eine breite Debatte über Rüstungsexporte auch auf der europäischen Ebene geführt werden. Eine “Zeitenwende” in der europäischen Rüstungsproduktion (mehr gemeinsame und damit effizientere Entwicklung und Produktion von Rüstungsgütern) scheitert auch am Fehlen einer gemeinsamen europäischen Rüstungsexportpolitik. Eine solche dürfte jedoch ohne eine faktenbasierte Debatte kaum zu erreichen sein. Die Bundesregierung sollte sich deshalb in der EU für eine bessere und transparente Berichterstattung über Rüstungsexporte einsetzen. Die Erarbeitung von gemeinsamen, verbindlichen und einheitlichen Berichtsstandards für alle Mitgliedstaaten wäre ein erster, wichtiger Schritt.

    Ausführlichere Informationen zu diesen Politikempfehlungen finden Sie hier.

    Markus Bayer und Max Mutschler sind Senior Researcher am Bonn International Centre for Conflict Studies (bicc), Paul Rohleder ist dort studentische Hilfskraft.

    • Ampel-Koalition
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    • Bundesregierung
    • Rüstungsexporte

    Security.Table Redaktion

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