Table.Briefing: Security

Deutschlands Friedensmissionen + Neuer BMI-Entwurf für EU-Cyberrichtlinie NIS2

Liebe Leserin, lieber Leser,

am Donnerstagabend hat der Bundestag die Fortsetzung der Beteiligung deutscher Soldatinnen und Soldaten an der UN-Mission Unifil (United Nations Interim Force in Lebanon) beschlossen. 300 deutsche Soldatinnen und Soldaten sollen weiter im Libanon zur Stabilisierung der angespannten Situation beitragen. Nana Brink war beim “Tag des Peacekeeping 2024” und hat aufgeschrieben, warum Friedenseinsätze wie dieser so wichtig sind. Fraglich ist, ob sich das auch im kommenden Haushalt widerspiegeln wird.

Während der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj beim EU-Gipfel in Brüssel erneut für mehr Tempo bei den Waffenlieferungen wirbt, berichten Viktor Funk und Lisa-Martina Klein über die ganz realen Folgen des Krieges in der Ukraine: unzählige Amputationen.

Stephan Israel weiß aus Brüssel, welche Akzente der frisch gekürte Nato-Generalsekretär Mark Rutte setzen will, aber auch, was er an seinem bisherigen Lebensstil ab Oktober ändern muss.

Ihre
Wilhelmine Preußen
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Analyse

Warum Friedenseinsätze für Deutschland weiterhin wichtig bleiben

Außenministerin Annalena Baerbock (Bündnis 90/Die Grünen) ehrt Ntagahoraho Burihabwa beim “Tag des Peacekeeping” 

Eine klare Botschaft wollte Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) zu Beginn senden: “Es gibt keine rein militärische Lösung für einen kriegerischen Konflikt. Bei der Würdigung der deutschen Friedensschützer betonte er, dass “Peacekeeping relevant bleibt, auch wenn wir unsere Verteidigung ausbauen”. Vor dem Hintergrund der laufenden Haushaltsdebatte schränkte er allerdings ein: “Wir wollen und können uns nicht überall engagieren. Wir müssen priorisieren.”

Um den Einsatz und die Arbeit vor allem des deutschen zivilen Krisenpersonals sichtbarer zu machen, wurde 2013 der “Tag des Peacekeeping” ins Leben gerufen. Er wird wechselweise vom Auswärtigen Amt, dem Verteidigungs- und Innenministerium und dem Zentrum für Internationale Friedenseinsätze (ZIF) organisiert. Stellvertretend für alle Frauen und Männer in internationalen Friedensmissionen der UN, Nato, EU und der OSZE wurden gestern neun deutsche Experten, Soldatinnen und Polizisten geehrt.

Aktuell gibt es elf Friedenseinsätze der UN, wie UNIFIL im Libanon oder UNMISS im Süd-Sudan und 23 politische Missionen. Zu den Laureaten und Laureatinnen auf deutscher Seite gehören unter anderem: Ntagahoraho Burihabwa, persönlicher Referent des stellvertretenden Missionsleiters von UNIFIL, Kriminalhauptkommissarin Dörthe Papakonstantinou, Datenanalystin bei der Mission UNMIK im Kosovo, und die Juristin Michelle Dörlemann für die Mission UNSOM in Somalia.

Deutschland sendet 170 zivile Experten in UN Missionen

So unterschiedlich wie die Einsatzgebiete sind auch die Aufgaben der Geehrten: Sie reichen von militärischer Ausbildung und der Bekämpfung von Waffenschmuggel, über Rechtsprechung an einem internationalen Gerichtshof und dem Aufbau eines inklusiven Justizsystems bis hin zur Durchführung von Patrouillenfahrten und der Verhinderung von Straftaten.

Derzeit beteiligt sich Deutschland mit 170 sekundierten zivilen Expertinnen und Experten (73 Frauen) an internationalen Friedenseinsätzen. Darüber hinaus schickt Deutschland 639 Soldatinnen und Soldaten (73 Frauen) sowie 67 Polizistinnen und Polizisten (23 Frauen) in diese Missionen. Der deutsche Beitrag zum UN-Budget für friedenssichernde Maßnahmen beläuft sich nach Angaben des Auswärtigen Amtes derzeit auf knapp 370 Millionen US-Dollar. Deutschland leistet damit den viertgrößten Beitrag zum Peacekeeping-Haushalt der UN.

Wenn Deutschland ziviles Personal für Friedenseinsätze bereitstellen will, ist das “zivile Einsatzführungskommando” des Auswärtigen Amtes gefragt. So wird das ZIF unter Insidern oft genannt. Als gemeinnützige GmbH des Bundes stellt es ziviles Personal, Expertise und politische Beratung bereit. Laut seiner Geschäftsführerin Astrid Irrgang versteht sich das ZIF als Dienstleister: “Wir sind ein ‘One-Stop-Shop’ für das Auswärtige Amt, das Spezialisten aus dem zivilen Bereich rekrutiert und weiter ausbildet”. So arbeiten dort Polizistinnen, genau wie Forensiker, die bei Verbrechen eine Strafrechtsverfolgung ermöglichen. Gefragt sind aber auch Experten im Bereich des Waffenstillstands-Monitorings oder Controller für die Finanzplanung einer Friedensmission.

Wichtig bei dieser Arbeit im Krisengebiet sei die Glaubwürdigkeit. “Unser Personal muss den Menschen im Einsatzgebiet eine Perspektive geben”, so Geschäftsführerin Irrgang. Sie müssen daran glauben, “dass Kriegsverbrechen aufgearbeitet, Täter zur Rechenschaft gezogen und Aussöhnung gefördert werden”.

Peacekeeping liegt im geopolitischen Interesse Deutschlands

Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) betonte bei ihrer gestrigen Würdigung der Friedensschützer, Peacekeeping liege “in unserem geopolitischen Interesse”. Es gebe keine “fernen Krisen, die uns nicht betreffen”. Vor dem Hintergrund des Haushaltsstreites mahnte Baerbock indirekt vor Etat-Kürzungen, denn “unsere Partner weltweit müssen sich auf uns verlassen können”.

Wiederholt bezog sie sich in ihrer Rede auf die Nationale Sicherheitsstrategie, die die Bundesregierung vor einem Jahr veröffentlicht hatte. Dort ist explizit vom Konzept der “Integrierten Sicherheit” die Rede: “Dazu werden wir unsere politischen, diplomatischen, entwicklungspolitischen, militärischen, polizeilichen und zivilen Instrumente des internationalen Krisenengagements stärken, ausbauen und zusammenführen”.

ZIF-Geschäftsführerin Irrgang erklärte gegenüber Table.Briefings, wie wichtig es für Deutschland sei, vor Ort in den Krisengebieten Präsenz zu zeigen: “Nur mit diesem Wissen und diesen Zugängen können wir im internationalen Verbund realistische und sinnvolle friedensfördernde Maßnahmen konzipieren und auch umsetzen.” Man müsse den lokalen Akteuren zuhören, “um Politik und Einsätze besser zu machen”.

Das ZIF ist mittlerweile Vorbild für ähnliche Organisation in Schweden und Finnland. Deutschland wird im nächsten Jahr das weltweit wichtigste und hochrangigste Treffen für UN Friedensmissionen, das “UN Peacekeeping Ministerial”, in Berlin ausrichten.

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Israelischer Ex-General Dekel: “Ich möchte nicht, dass Deutschland Truppen schickt”

Herr Dekel, befindet sich Israel fast neun Monate nach dem Terrorüberfall der Hamas in einer Position der Stärke oder der Schwäche?

Das ist schwer zu beantworten. Im Grunde genommen haben wir die Situation im Griff. Gleichzeitig wissen wir aber auch, dass wir die Uhr nicht mehr vor den 7. Oktober zurückdrehen können. Ich denke trotzdem, dass Israel sich in einer starken Position befindet. Wir haben unsere Zukunft in der eigenen Hand.

Was sind jetzt Israels militärischen Ziele?

Erstens geht es darum, die Rückkehr der israelischen Geiseln sicherzustellen. Zweitens müssen die militärischen und staatlichen Ressourcen der Hamas zerstört werden – und drittens wollen wir in Gaza eine neue politische Realität schaffen, die verhindert, dass die Organisation dort erneut an die Macht kommt. Das ist jetzt die wichtigste Priorität.

Warum lässt die Hamas die Geiseln nicht frei?

Das Hauptziel der Hamas ist es, den Krieg zu überleben. Dafür braucht sie die Geiseln. Sie sind für die Hamas eine Art Versicherung. Insofern befinden wir uns in gewisser Weise in einer Sackgasse.

Kann Israel die Hamas überhaupt militärisch in die Knie zwingen?

Ja, aber wir werden viel Zeit brauchen. Es ist uns bereits gelungen, den militärischen Flügel der Hamas im operativen Sinne zu zerschlagen. Aber wir können nicht alle Terrorzellen und Personen vernichten, von denen eine Gefahr ausgeht. Das Wichtigste ist es deshalb, den Terroristen keine Gelegenheit zu geben, ihre militärischen Mittel und ihre Infrastruktur auszubauen.

Sie sagen, dass Israel Zeit braucht. Doch lässt sich das Land in Gaza damit nicht womöglich auf einen Einsatz ein, den es langfristig nicht durchhalten kann? So wie die USA in Afghanistan?

Sie können die Situation zwischen den USA und den Taliban nicht mit der Situation zwischen uns und den Palästinensern vergleichen. Die USA haben sich schlussendlich aus Afghanistan zurückgezogen. Aber wohin sollen wir gehen? Wir werden mit den Palästinensern koexistieren müssen – und die Palästinenser haben ein Recht auf Selbstbestimmung, das Israel akzeptieren muss. Gleichzeitig können sich die Menschen in Israel nach dem 7. Oktober keine Zukunft mehr vorstellen, in der die Hamas noch am Verhandlungstisch sitzt.

Trägt die israelische Regierung auch eine gewisse Verantwortung für den Terrorüberfall am 7. Oktober, weil sie nicht in der Lage war, die Hamas von diesem Vorhaben abzuhalten?

Es war tatsächlich ein großer Fehler anzunehmen, dass wir die Hamas in den Griff bekommen können. Vor dem 7. Oktober sind wir davon ausgegangen, dass die Organisation sich zumindest in gewisser Weise dazu verpflichtet fühlt, die Sicherheit der Menschen im Gazastreifen zu gewährleisten. Heute wissen wir, dass das ein großer Fehler war: Wir haben es der Hamas erlaubt, ihre militärische Macht auszubauen und es ihr ermöglicht, uns anzugreifen.

Warum wird derzeit so wenig über politische Szenarien für die Nachkriegszeit diskutiert?

Das Problem ist, dass die israelische Regierung bislang nicht klar aufgezeigt hat, was ihre politischen Ziele sind. Sie denkt nur von einer Phase des Konflikts zur nächsten. Ihre Strategie ist es, erst die Hamas zu zerstören und dann bei uns Experten nachzufragen, wie es weitergehen sollte.   

Sie haben vorgeschlagen, gemeinsam mit den USA und einigen pragmatisch veranlagten arabischen Staaten eine Taskforce ins Leben zu rufen, die die Palästinensische Autonomiebehörde wiederbeleben, sie reformieren und ihr helfen soll, die zivile Kontrolle über den Gazastreifen wiederzuerlangen.

Wir wissen, dass es im Gazastreifen keine bessere Option gibt als die Rückkehr einer reformierten Palästinensischen Autonomiebehörde. Die Behörde kann allerdings nur in den Gazastreifen zurückkehren, wenn sie dabei umfassende Unterstützung erhält und die Bevölkerung diesen Plan annimmt. Auch Deutschland und andere europäische Staaten müssten deshalb sowohl politische als auch finanzielle Hilfe leisten.

Norwegen, Irland und Spanien haben die offizielle Anerkennung eines palästinensischen Staates angekündigt. Sollte Deutschland nachziehen?

Die Deutschen haben Israel die ganze Zeit über zur Seite gestanden, und wir wissen das sehr zu schätzen. Aber sollten wir wirklich ein Narrativ zulassen, in dem die Palästinenser als Resultat des 7. Oktobers ihr Ziel eines unabhängigen palästinensischen Staats erreicht haben? Die Hamas will den Staat Israel mit ihren barbarischen Aktionen zum Einsturz bringen. Allein schon deshalb kann Israel die Hamas nicht als legitimen politischen Akteur akzeptieren.

Die Berlin Pulse-Umfrage der Körber-Stiftung zeigt, dass die deutsche Öffentlichkeit außenpolitische Zurückhaltung bevorzugt, wenn es um internationale Krisen geht. Und unter denjenigen, die sich für mehr internationales Engagement aussprechen, wünscht sich eine Mehrheit größere diplomatische Anstrengungen.

Das kann ich nachvollziehen. Ich möchte nicht, dass Deutschland Truppen schickt. Aber ich denke, dass Deutschland die Schaffung einer neuen Koalition unterstützen sollte, die versucht, die Grundvoraussetzungen für einen politischen Prozess zwischen Israel und Palästina zu schaffen. Es wird nicht ausreichen, einfach auf Verhandlung zu pochen. Um eine Einigung zwischen Israel und den Palästinensern zu ermöglichen, braucht es einen multilateralen Ansatz.

Der frühere israelische Brigadegeneral Udi Dekel ist Senior Researcher am israelischen Institute for National Security Studies (INSS). Unter der Regierung Ehud Olmerts leitete er 2008/09 das israelische Verhandlungsteam, das im sogenannten Annapolis-Prozess einen Frieden mit der palästinensischen Seite anstrebte.

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Ukraine: Mehr Hilfe für Menschen mit Amputationen nötig

Nach zweieinhalb Jahren Krieg wächst der Bedarf an medizinischer Versorgung von Menschen mit Amputationen in der Ukraine stark. Eine offizielle und aktuelle Zahl der Betroffenen ist zwar genauso wenig verfügbar wie die Zahlen der verletzten und gefallenen ukrainischen Soldaten und Zivilisten. Doch inzwischen dürften deutlich mehr als 60.000 Menschen Körperteile nach kriegsbedingten Verletzungen verloren haben.

Bereits im vergangenen Spätsommer war die Rede von rund 50.000 Männern, Frauen und Kindern, die Hände, Arme, Füße und Beine verloren haben. Und bereits damals sprachen Fachleute im Hintergrund von 80.000 Betroffenen, auf die man sich einstellen müsse. Der Krieg geht in aller Intensität weiter. Die Zahl steigt täglich.

Hunderte Patienten auf der Warteliste

In Lwiw, wo mehrere staatliche und private Rehabilitationszentren für Menschen mit Amputationen aufgebaut werden, nahm das privat initiierte Rehabilitationszentrum Superhumans vor wenigen Tagen neue Operationssäle für Wiederherstellungschirurgie in Betrieb. Allein bei dieser Organisation werden jeden Tag bis zu 70 Patienten versorgt, erläutert ein Sprecher von Superhumans, Andriy Ischyk, im Gespräch mit Table.Briefings. Auf der Warteliste warten weitere 700.

In Lwiw haben ebenso das privat initiierte Rehabilitationszentrum Unbroken und staatliche Kliniken, die Schwerverletzte mit amputierten Gliedmaßen behandeln, ihren Sitz. Weitere Behandlungszentren in anderen Städten der Ukraine entstehen. So plant Superhumans die Eröffnung von Niederlassungen in Odesa im Februar (unterstützt durch Frankreich) und in Dnipro im September (unterstützt durch die Niederlande).

45 Prozent aller Amputationen betreffen Hände und Arme

Die Amputationen infolge des Kriegs sind anders als die meisten Amputationen in Ländern ohne Krieg. Während in Westeuropa überwiegend Beine und Füße wegen Krankheiten wie Diabetes und Unfällen amputiert werden, wird in der Ukraine in rund 45 Prozent der Fälle im oberen Körperbereich amputiert, sagte Olha Rudnewa Geschäftsführerin von Superhumans in einem Interview.

Hauptursachen sind Minen, Artilleriebeschuss und zunehmend Drohnen. Bei Drohnen kommt es regelmäßig zu schweren Verletzungen, wenn ukrainische Soldaten eigene Drohnen mit Sprengladungen starten. Laut der ukrainischen Hilfsorganisation Houp Foundation müssen bei etwa zehn Prozent der Schwerverletzten Gliedmaßen abgetrennt werden. Zum Vergleich: Bei US-Soldaten in den Kriegen im Irak und in Afghanistan musste in 7,4 Prozent der Fälle amputiert werden, wenn ein Soldat an den Gliedmaßen schwer verletzt wurde.

Der deutsche Medizintechniker und Prothesenhersteller Ottobock ist der wichtigste Partner von Superhumans und hat aufgrund des hohen Bedarfs an Prothesen neue, kostengünstige und unbewegliche Lösungen für den Ersatz von Armen und Händen entwickelt – eine Art helfende Hand, besonders für die persönliche Hygiene. Seit Ende 2023 ist Ottobock mit einer eigenen Auslandsgesellschaft in der Ukraine präsent, verantwortlich ist Tim Schäfer, Regional President EEMEA (Eastern Europe and Middle East Africa).

Ottobock entschloss sich zu dem Schritt, weil es leichter sei, Materiallager im Land vorzuhalten und Prothesentechniker vor Ort auszubilden – die meisten sind Männer und dürfen nicht ausreisen. Bis zu 170 Mitarbeiter sollen bei der deutschen Firma beschäftigt werden, sagte Schäfer im Gespräch mit Table.Briefings. In Lwiw wollen Ottobock und Superhumans zudem am ersten Juli-Wochenende, 5.-7. Juli, bei den sogenannten Running Clinics Menschen mit Amputationen zu Sporttraining ermuntern – angeleitet von Heinrich Popow, ehemaligem Paralympicsathleten und Goldmedaillengewinner sowie ausgebildetem Orthopädietechniker. vf/klm

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News

NIS-2-Umsetzung: Das steht im vierten Referentenentwurf

Deutschland wird die Frist zur Umsetzung der EU-Cyberrichtlinie nicht einhalten.

Das Bundesinnenministerium (BMI) hat am Mittwoch einen vierten Referentenentwurf für das NIS-2-Umsetzungs- und Cybersicherheitsstärkungsgesetz (NIS2UmsuCG) veröffentlicht und in die Ressortabstimmung gegeben. Das Gesetz soll deutlich mehr Unternehmen als bisher verpflichten, strukturierte Risikomanagementmaßnahmen zu ergreifen und etwa IT-Sicherheitsvorfälle zu melden.

Der vierte Entwurf bezieht vor allem auch Forderungen der Bundesländer mit ein. Unter anderem soll die Aufsicht über landeseigene Betriebe wie IT-Dienstleister anders als im vorangegangenen Entwurf nicht vom Bund übernommen werden. Stattdessen sollen die Länder per Öffnungsklausel jede Art von öffentlich-rechtlichen Unternehmen vom NIS2UmsuCG ausnehmen können, wenn sie ausschließlich im Eigentum von Ländern oder Kommunen stehen und “zu dem Zweck errichtet wurden”, Leistungen für Verwaltungen zu erbringen. Es ist dann Verantwortung der Länder, angemessene landesrechtliche Cybersicherheitsauflagen zu schaffen.

Fragen zum Informationssicherheitsbeauftragten bleiben offen

Ein Hauptkritikpunkt ist, dass weder Kommunen und Landkreise berücksichtigt werden, noch der Sektor Staat und Verwaltung darin vorkommen. “Das ist ein absolutes No-Go”, sagt Manuel Atug, Gründer und Sprecher der AG KRITIS, gegenüber Table.Briefings. Die Arbeitsgruppe fordert, diese “dringend und ohne Ausnahme” in die Gesetzgebung aufzunehmen. Für Unternehmen ändert sich mit dem vierten Entwurf nur wenig, außer, dass die Haftung der Geschäftsleitung entschärft wurde.

In der finalen Ressortabstimmung könnte es dann unter anderem um haushälterische Fragen gehen, aber auch darum, wo das Amt eines neugeschaffenen Informationssicherheitsbeauftragten (Chief Information Security Officer, CISO) des Bunds, das die Umsetzung der Maßnahmen koordinieren soll, verortet wird. Markus Richter, der derzeitige IT-Beauftragter der Bundesregierung (CIO Bund) und Staatssekretär im BMI wird als Anwärter auf diesen Job gehandelt. Er hatte bei der “Potsdamer Konferenz für Nationale Cybersicherheit” des Hasso-Plattner-Instituts vergangene Woche erneut betont, dass es wichtig sei, einen Ciso einzurichten, der die Umsetzungsverantwortung im Bund trage. Der Plan ist, dass das Gesetz noch im Frühjahr 2025 inkrafttreten soll- damit ein halbes Jahr nach Ablauf der von der EU gegebenen Frist zur Umsetzung der Richtlinie aus Brüssel. Das Kabinett will sich am 24. Juli mit dem Gesetz befassen. wp

  • Cybersicherheit
  • NIS-2

Heimatschutz: Ungarische Armee verstärkt Rekrutierung

Die ungarische Armee hat mit einer groß angelegten Aufstockung seiner Reservisten für den Heimatschutz begonnen. Das berichtet das ungarische, staatsnahe Nachrichtenportal Hungary Today. Die “Rekrutierungskampagne” stehe all jenen offen, die einen Beitrag zur Verteidigung Ungarns leisten wollen, sagte der Befehlshaber des Heimatschutzkommandos Brigadegeneral László Drót, der ungarischen Nachrichtenagentur MTI.

Der Heimatschutz im russlandfreundlichen Ungarn richtet sich seit Jahren vor allem gegen die Flüchtlinge aus dem Libanon, Syrien oder Afghanistan, die über die Balkan-Route nach Europa kommen. Ungarn ist für seine strikte Flüchtlingspolitik bekannt; die Aussichten auf Asyl in Ungarn sind gering, die Berichterstattung über die Menschenrechtssituation stark eingeschränkt. In der 2020 veröffentlichten nationalen Sicherheitsstrategie wurde die Massenmigration als ein “zentrales Problem” für Ungarn bezeichnet.

Prämien für neue Rekruten

Laut Military Balance hat Ungarn 20.000 Menschen in der Reserve, 32.150 dienen aktiv. Eine Zielgröße für die Reserve nannte Drót nicht. 2017 hatte die ungarische Armee mit dem Aufbau der Reserve begonnen, vergangenes Jahr seien nach Angaben von Drót sieben Heimatschutzregimenter gebildet worden. “Wir haben den Punkt erreicht, an dem das System selbst bereit ist, eine größere Anzahl von Reservisten aufzunehmen”, fügte der Kommandant hinzu. “Wir sind in allen Teilen des Landes verfügbar.”

Ungarn will mit Vergünstigungen und Geldzahlungen Rekruten locken. Bei Vertragsunterzeichnung gibt es eine Einmalzahlung von umgerechnet etwa 380 Euro und einen Verfügbarkeitszuschuss von etwa 126 Euro monatlich. Studenten haben Anspruch auf ein Stipendium von etwa 400 Euro monatlich, wenn sie während dem Studium Dienst leisten. Prämien gibt es für alle, die weitere Heimatschützer rekrutieren. Die Verträge sollen laut Drot in der Regel für fünf Jahre abgeschlossen werden. klm

  • Heimatschutz
  • Migrationspolitik
  • Ungarn

Must-Reads

Finnish Institute of International Affairs: Finland’s Partnerships as a Nato member. In diesem Bericht werden verschiedene Formen der Zusammenarbeit im Verteidigungsbereich und ihre Bedeutung für Finnland als neues Nato-Mitglied untersucht. Das Papier geht auf die wichtigsten europäischen Verbündeten Finnlands ein: Estland, Norwegen und Schweden, sowie Frankreich, Deutschland und Großbritannien.

Metis Institut für Strategie und Vorausschau: Worst Cases. Die Studie zeigt die derzeit plausiblen geopolitische Worst-Case-Szenarien auf: ein russischer Sieg in der Ukraine, Instabilitäten in Nordafrika und der Sahelzone, Krieg des Westens mit Iran, Konflikt um Taiwan, eine Schwächung der Nato durch die Wiederwahl Trumps.

Interface: Navigating the EU Cybersecurity Policy Ecosystem. Im Falle eines groß angelegten Cybervorfalls muss die EU handlungsfähig bleiben oder schnell wieder werden. Christina Rupp fasst in dieser Studie die Gesetzgebung und alle relevanten Akteure der europäischen Cybersicherheitsinstitutionen zusammen.

Podcast: SWP: Krieg ohne Ende? Israels Kampf gegen die Hamas und die Erfolgschancen für einen Nachkriegsplan: Die Nahost-Experten Muriel Asseburg und Peter Lintl analysieren, dass Israel bislang keines seiner drei Ziele (Hamas zerstören; Terror verhindern; Geiseln befreien) in Gaza erreicht hat, während die humanitäre Situation dramatisch ist. Und: Es gebe keinen wirklichen Nachkriegsplan, auch weil der israelische Regierungschef alle Pläne, wie etwa die Rückkehr der palästinensischen Autonomiebehörde, ablehnt.

The Bell: Russian military spending to rise & rise. Entgegen den offiziellen Aussagen russischer Budgetplaner im vergangenen Jahr, werden die Ausgaben für das Militär und den Krieg gegen die Ukraine höchstwahrscheinlich nicht sinken, sondern steigen. Was dafür spricht, das zeigt diese Analyse.

Heads

Mark Rutte: Welche Akzente er als Nato-Chef setzen wird

Mark Rutte hat bereits Erfahrungen gesammelt im Umgang mit dem republikanischen Präsidentschaftskandidaten Donald Trump.

Mit einer langen Schonfrist kann Mark Rutte nicht rechnen, wenn er am 1. Oktober neuer Nato-Generalsekretär wird. Möglicherweise stellt bis dann in Frankreich Marine Le Pens rechtsextremes Rassemblement National die Regierung, und kurz danach könnte in den USA Donald Trump sein Comeback feiern. Der Niederländer scheint prädestiniert, auch unter erschwerten Umständen den Laden zusammenhalten zu können. Im Umgang mit Trump hat er jedenfalls als Regierungschef schon Übung. Er scheute 2018 bei einem Besuch im Weißen Haus nicht davor zurück, dem damaligen US-Präsidenten vor laufender Kamera zu widersprechen. Als einiger von wenigen Regierungschefs schaffte er es, mit Donald Trump eine Gesprächsbasis zu finden. Das hat auch in den anderen Hauptstädten bleibenden Eindruck hinterlassen.

Berlin wird mit Rutte gut leben können

“Mark ist ein echter Transatlantiker, eine starke Führungspersönlichkeit und ein Mann, der Konsens schafft”, gratulierte Jens Stoltenberg dem Nachfolger nach der formellen Ernennung am Mittwoch durch die 32 Nato-Staaten. Neue Akzente hätte es vielleicht mit der Estin Kaja Kallas oder dem Rumänen Klaus Iohannis gegeben. Doch das Bündnis scheint noch nicht reif für einen Osteuropäer. Deshalb nun der vierte Niederländer in der Geschichte des Bündnisses. Mark Rutte gilt zu Hause als geübter Brückenbauer und guter Kommunikator. Schließlich hat er es geschafft, über 14 Jahre mit wechselnden Koalitionen zu regieren. Und dabei auch eine Reihe von Skandalen zu überstehen, was ihm den Spitznamen “Teflon-Mark” eingetragen hat.

Die Nato-Staaten setzen in unsicheren Zeiten auf ein bewährtes Profil. Unterschiede zwischen dem Norweger und dem Niederländer werden sich vor allem im Stil zeigen. Stoltenberg ist bis zuletzt in der Kommunikation eher hölzern geblieben. Mark Rutte hingegen ist bekannt für seinen jovialen Auftritt. Auch Berlin wird mit dem alten Vertrauten gut leben können. Mark Rutte gehört zwar zur selben liberalen Parteienfamilie wie Emmanuel Macron, teilt aber als Transatlantiker nicht dessen Pläne für eine stärkere strategische Autonomie Europas gegenüber den USA. Als Pragmatiker steht er zudem Scholz auch vom politischen Temperament her näher. Der Bundeskanzler kennt den Niederländer von zahlreichen EU-Gipfeln. “Unser gemeinsames Bündnis war selten so wichtig wie heute”, schreibt Bundeskanzler Olaf Scholz. Mark Ruttes sicherheitspolitischer Sachverstand und sein diplomatisches Geschick seien an der Spitze der Nato an der richtigen Stelle.

Bei der Unterstützung der Ukraine hat sich Rutte profiliert

Allerdings hat Mark Rutte sein Interesse für Sicherheitspolitik erst spät entdeckt. Kritiker werfen ihm zu Recht vor, in seiner Amtszeit die Streitkräfte der Niederlande kaputt gespart zu haben und zum Beispiel über keine eigenen Panzereinheiten mehr zu verfügen. Nach der russischen Annexion der Krim beschloss die Nato zwar das zwei Prozent Ziel. Doch die Koalition unter dem rechtsliberalen Regierungschef hat die Vorgabe erst in diesem Jahr erfüllt. Bei der Unterstützung der Ukraine hat sich Mark Rutte im vergangenen Jahr als Teil einer Koalition profiliert, die Leopard-Panzer organisierte und der Ukraine demnächst die ersten F16-Kampfflugzeuge zur Verfügung stellen wird. Der Niederländer sagt, Russlands Krieg an der Ostflanke des Bündnisses habe ihn dazu bewogen, sich für den Job als Nato-Generalsekretär zu bewerben.

Der Wechsel ins Nato-Hauptquartier wird für Mark Rutte mit Blick auf den bisherigen Lebensstil allerdings eine größere Umstellung bedeuten. In Den Haag kann man ihn sehen, wie er regelmäßig mit dem Fahrrad zum Regierungssitz kommt. Sofern es der Terminplan zuließ, unterrichtete der Regierungschef einmal pro Woche Staatskunde in einer Schule. Der Junggeselle hat signalisiert, dass er nicht in die weitläufige Residenz des Nato-Generalsekretärs am Ende der Brüsseler Avenue Louise einziehen und lieber in einem Hotel absteigen möchte. Und dass er zumindest am Wochenende in die Heimat pendeln werde. Mark Rutte möge es nicht, permanent von Leibwächtern umgeben zu sein, heißt es in Den Haag. Der 57-jährige wird einige Abstriche an seinen Gewohnheiten in Kauf nehmen und seinen Lebensstil der neuen Aufgabe an der Spitze der Militärallianz anpassen müssen. Stephan Israel

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Claudia Busch soll neue Botschafterin in Armenien werden

Claudia Busch soll neue deutsche Botschafterin in Armenien werden. Ihr Vorgänger, Viktor Richter, wird die Botschaft in Eriwan Ende des Monats verlassen. Busch bereitete sich von 1993 bis 1996 an der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung in Köln auf den Auswärtigen Dienst vor. Station machte sie unter anderem an den deutschen Botschaften in Hongkong, Belgrad, Athen, Nairobi und Tel Aviv.

Von 2009 bis 2010 absolvierte sie die Ausbildung zur Diplomatin, es folgten unterschiedliche Verwendungen in Paris, Berlin, Sarajewo und Ramallah. Seit 2021 war Busch stellvertretende Referatsleiterin für Kultur- und Medienbeziehungen mit Schwerpunkt USA, Türkei und Kanada im Auswärtigen Amt. klm

  • Armenien

Wechsel in der litauischen Botschaft in Berlin

Ramūnas Misiulis verlässt im August die litauische Botschaft in Berlin. Er vertrat seit 2021 als Botschafter die Interessen seines Landes in Deutschland. Es war bereits seine dritte Verwendung in Deutschland: 2012 bis 2016 war er Gesandter-Botschaftsrat an der litauischen Botschaft in Berlin, von 1999 bis 2002 war er Erster Botschaftssekretär. Wer ihm nachfolgt, ist noch nicht offiziell bestätigt.

Misiulis, Jahrgang 1965, studierte von 1983 bis 1991 Mathematik in Vilnius und Moskau. Von 1992 bis 1994 studierte er am Institut für Internationale Beziehungen und Politikwissenschaften an der Universität Vilnius. Es folgten Verwendungen im litauischen Außenministerium. Von 2017 bis 2021 war Gesandter-Botschaftsrat an der Botschaft der Republik Litauen in der Ukraine. In dieser Funktion war er delegiert als politischer Berater zum Büro des Sondergesandten des OSZE-Vorsitzenden und der trilateralen Kontaktgruppe (Ukraine, Russland und OSZE). Davor leitete er unter anderem das Referat für Östliche Partnerschaften im Außenministeriums Litauens. klm

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Security.Table Redaktion

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    Während der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj beim EU-Gipfel in Brüssel erneut für mehr Tempo bei den Waffenlieferungen wirbt, berichten Viktor Funk und Lisa-Martina Klein über die ganz realen Folgen des Krieges in der Ukraine: unzählige Amputationen.

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    Eine klare Botschaft wollte Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) zu Beginn senden: “Es gibt keine rein militärische Lösung für einen kriegerischen Konflikt. Bei der Würdigung der deutschen Friedensschützer betonte er, dass “Peacekeeping relevant bleibt, auch wenn wir unsere Verteidigung ausbauen”. Vor dem Hintergrund der laufenden Haushaltsdebatte schränkte er allerdings ein: “Wir wollen und können uns nicht überall engagieren. Wir müssen priorisieren.”

    Um den Einsatz und die Arbeit vor allem des deutschen zivilen Krisenpersonals sichtbarer zu machen, wurde 2013 der “Tag des Peacekeeping” ins Leben gerufen. Er wird wechselweise vom Auswärtigen Amt, dem Verteidigungs- und Innenministerium und dem Zentrum für Internationale Friedenseinsätze (ZIF) organisiert. Stellvertretend für alle Frauen und Männer in internationalen Friedensmissionen der UN, Nato, EU und der OSZE wurden gestern neun deutsche Experten, Soldatinnen und Polizisten geehrt.

    Aktuell gibt es elf Friedenseinsätze der UN, wie UNIFIL im Libanon oder UNMISS im Süd-Sudan und 23 politische Missionen. Zu den Laureaten und Laureatinnen auf deutscher Seite gehören unter anderem: Ntagahoraho Burihabwa, persönlicher Referent des stellvertretenden Missionsleiters von UNIFIL, Kriminalhauptkommissarin Dörthe Papakonstantinou, Datenanalystin bei der Mission UNMIK im Kosovo, und die Juristin Michelle Dörlemann für die Mission UNSOM in Somalia.

    Deutschland sendet 170 zivile Experten in UN Missionen

    So unterschiedlich wie die Einsatzgebiete sind auch die Aufgaben der Geehrten: Sie reichen von militärischer Ausbildung und der Bekämpfung von Waffenschmuggel, über Rechtsprechung an einem internationalen Gerichtshof und dem Aufbau eines inklusiven Justizsystems bis hin zur Durchführung von Patrouillenfahrten und der Verhinderung von Straftaten.

    Derzeit beteiligt sich Deutschland mit 170 sekundierten zivilen Expertinnen und Experten (73 Frauen) an internationalen Friedenseinsätzen. Darüber hinaus schickt Deutschland 639 Soldatinnen und Soldaten (73 Frauen) sowie 67 Polizistinnen und Polizisten (23 Frauen) in diese Missionen. Der deutsche Beitrag zum UN-Budget für friedenssichernde Maßnahmen beläuft sich nach Angaben des Auswärtigen Amtes derzeit auf knapp 370 Millionen US-Dollar. Deutschland leistet damit den viertgrößten Beitrag zum Peacekeeping-Haushalt der UN.

    Wenn Deutschland ziviles Personal für Friedenseinsätze bereitstellen will, ist das “zivile Einsatzführungskommando” des Auswärtigen Amtes gefragt. So wird das ZIF unter Insidern oft genannt. Als gemeinnützige GmbH des Bundes stellt es ziviles Personal, Expertise und politische Beratung bereit. Laut seiner Geschäftsführerin Astrid Irrgang versteht sich das ZIF als Dienstleister: “Wir sind ein ‘One-Stop-Shop’ für das Auswärtige Amt, das Spezialisten aus dem zivilen Bereich rekrutiert und weiter ausbildet”. So arbeiten dort Polizistinnen, genau wie Forensiker, die bei Verbrechen eine Strafrechtsverfolgung ermöglichen. Gefragt sind aber auch Experten im Bereich des Waffenstillstands-Monitorings oder Controller für die Finanzplanung einer Friedensmission.

    Wichtig bei dieser Arbeit im Krisengebiet sei die Glaubwürdigkeit. “Unser Personal muss den Menschen im Einsatzgebiet eine Perspektive geben”, so Geschäftsführerin Irrgang. Sie müssen daran glauben, “dass Kriegsverbrechen aufgearbeitet, Täter zur Rechenschaft gezogen und Aussöhnung gefördert werden”.

    Peacekeeping liegt im geopolitischen Interesse Deutschlands

    Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) betonte bei ihrer gestrigen Würdigung der Friedensschützer, Peacekeeping liege “in unserem geopolitischen Interesse”. Es gebe keine “fernen Krisen, die uns nicht betreffen”. Vor dem Hintergrund des Haushaltsstreites mahnte Baerbock indirekt vor Etat-Kürzungen, denn “unsere Partner weltweit müssen sich auf uns verlassen können”.

    Wiederholt bezog sie sich in ihrer Rede auf die Nationale Sicherheitsstrategie, die die Bundesregierung vor einem Jahr veröffentlicht hatte. Dort ist explizit vom Konzept der “Integrierten Sicherheit” die Rede: “Dazu werden wir unsere politischen, diplomatischen, entwicklungspolitischen, militärischen, polizeilichen und zivilen Instrumente des internationalen Krisenengagements stärken, ausbauen und zusammenführen”.

    ZIF-Geschäftsführerin Irrgang erklärte gegenüber Table.Briefings, wie wichtig es für Deutschland sei, vor Ort in den Krisengebieten Präsenz zu zeigen: “Nur mit diesem Wissen und diesen Zugängen können wir im internationalen Verbund realistische und sinnvolle friedensfördernde Maßnahmen konzipieren und auch umsetzen.” Man müsse den lokalen Akteuren zuhören, “um Politik und Einsätze besser zu machen”.

    Das ZIF ist mittlerweile Vorbild für ähnliche Organisation in Schweden und Finnland. Deutschland wird im nächsten Jahr das weltweit wichtigste und hochrangigste Treffen für UN Friedensmissionen, das “UN Peacekeeping Ministerial”, in Berlin ausrichten.

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    Israelischer Ex-General Dekel: “Ich möchte nicht, dass Deutschland Truppen schickt”

    Herr Dekel, befindet sich Israel fast neun Monate nach dem Terrorüberfall der Hamas in einer Position der Stärke oder der Schwäche?

    Das ist schwer zu beantworten. Im Grunde genommen haben wir die Situation im Griff. Gleichzeitig wissen wir aber auch, dass wir die Uhr nicht mehr vor den 7. Oktober zurückdrehen können. Ich denke trotzdem, dass Israel sich in einer starken Position befindet. Wir haben unsere Zukunft in der eigenen Hand.

    Was sind jetzt Israels militärischen Ziele?

    Erstens geht es darum, die Rückkehr der israelischen Geiseln sicherzustellen. Zweitens müssen die militärischen und staatlichen Ressourcen der Hamas zerstört werden – und drittens wollen wir in Gaza eine neue politische Realität schaffen, die verhindert, dass die Organisation dort erneut an die Macht kommt. Das ist jetzt die wichtigste Priorität.

    Warum lässt die Hamas die Geiseln nicht frei?

    Das Hauptziel der Hamas ist es, den Krieg zu überleben. Dafür braucht sie die Geiseln. Sie sind für die Hamas eine Art Versicherung. Insofern befinden wir uns in gewisser Weise in einer Sackgasse.

    Kann Israel die Hamas überhaupt militärisch in die Knie zwingen?

    Ja, aber wir werden viel Zeit brauchen. Es ist uns bereits gelungen, den militärischen Flügel der Hamas im operativen Sinne zu zerschlagen. Aber wir können nicht alle Terrorzellen und Personen vernichten, von denen eine Gefahr ausgeht. Das Wichtigste ist es deshalb, den Terroristen keine Gelegenheit zu geben, ihre militärischen Mittel und ihre Infrastruktur auszubauen.

    Sie sagen, dass Israel Zeit braucht. Doch lässt sich das Land in Gaza damit nicht womöglich auf einen Einsatz ein, den es langfristig nicht durchhalten kann? So wie die USA in Afghanistan?

    Sie können die Situation zwischen den USA und den Taliban nicht mit der Situation zwischen uns und den Palästinensern vergleichen. Die USA haben sich schlussendlich aus Afghanistan zurückgezogen. Aber wohin sollen wir gehen? Wir werden mit den Palästinensern koexistieren müssen – und die Palästinenser haben ein Recht auf Selbstbestimmung, das Israel akzeptieren muss. Gleichzeitig können sich die Menschen in Israel nach dem 7. Oktober keine Zukunft mehr vorstellen, in der die Hamas noch am Verhandlungstisch sitzt.

    Trägt die israelische Regierung auch eine gewisse Verantwortung für den Terrorüberfall am 7. Oktober, weil sie nicht in der Lage war, die Hamas von diesem Vorhaben abzuhalten?

    Es war tatsächlich ein großer Fehler anzunehmen, dass wir die Hamas in den Griff bekommen können. Vor dem 7. Oktober sind wir davon ausgegangen, dass die Organisation sich zumindest in gewisser Weise dazu verpflichtet fühlt, die Sicherheit der Menschen im Gazastreifen zu gewährleisten. Heute wissen wir, dass das ein großer Fehler war: Wir haben es der Hamas erlaubt, ihre militärische Macht auszubauen und es ihr ermöglicht, uns anzugreifen.

    Warum wird derzeit so wenig über politische Szenarien für die Nachkriegszeit diskutiert?

    Das Problem ist, dass die israelische Regierung bislang nicht klar aufgezeigt hat, was ihre politischen Ziele sind. Sie denkt nur von einer Phase des Konflikts zur nächsten. Ihre Strategie ist es, erst die Hamas zu zerstören und dann bei uns Experten nachzufragen, wie es weitergehen sollte.   

    Sie haben vorgeschlagen, gemeinsam mit den USA und einigen pragmatisch veranlagten arabischen Staaten eine Taskforce ins Leben zu rufen, die die Palästinensische Autonomiebehörde wiederbeleben, sie reformieren und ihr helfen soll, die zivile Kontrolle über den Gazastreifen wiederzuerlangen.

    Wir wissen, dass es im Gazastreifen keine bessere Option gibt als die Rückkehr einer reformierten Palästinensischen Autonomiebehörde. Die Behörde kann allerdings nur in den Gazastreifen zurückkehren, wenn sie dabei umfassende Unterstützung erhält und die Bevölkerung diesen Plan annimmt. Auch Deutschland und andere europäische Staaten müssten deshalb sowohl politische als auch finanzielle Hilfe leisten.

    Norwegen, Irland und Spanien haben die offizielle Anerkennung eines palästinensischen Staates angekündigt. Sollte Deutschland nachziehen?

    Die Deutschen haben Israel die ganze Zeit über zur Seite gestanden, und wir wissen das sehr zu schätzen. Aber sollten wir wirklich ein Narrativ zulassen, in dem die Palästinenser als Resultat des 7. Oktobers ihr Ziel eines unabhängigen palästinensischen Staats erreicht haben? Die Hamas will den Staat Israel mit ihren barbarischen Aktionen zum Einsturz bringen. Allein schon deshalb kann Israel die Hamas nicht als legitimen politischen Akteur akzeptieren.

    Die Berlin Pulse-Umfrage der Körber-Stiftung zeigt, dass die deutsche Öffentlichkeit außenpolitische Zurückhaltung bevorzugt, wenn es um internationale Krisen geht. Und unter denjenigen, die sich für mehr internationales Engagement aussprechen, wünscht sich eine Mehrheit größere diplomatische Anstrengungen.

    Das kann ich nachvollziehen. Ich möchte nicht, dass Deutschland Truppen schickt. Aber ich denke, dass Deutschland die Schaffung einer neuen Koalition unterstützen sollte, die versucht, die Grundvoraussetzungen für einen politischen Prozess zwischen Israel und Palästina zu schaffen. Es wird nicht ausreichen, einfach auf Verhandlung zu pochen. Um eine Einigung zwischen Israel und den Palästinensern zu ermöglichen, braucht es einen multilateralen Ansatz.

    Der frühere israelische Brigadegeneral Udi Dekel ist Senior Researcher am israelischen Institute for National Security Studies (INSS). Unter der Regierung Ehud Olmerts leitete er 2008/09 das israelische Verhandlungsteam, das im sogenannten Annapolis-Prozess einen Frieden mit der palästinensischen Seite anstrebte.

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    Ukraine: Mehr Hilfe für Menschen mit Amputationen nötig

    Nach zweieinhalb Jahren Krieg wächst der Bedarf an medizinischer Versorgung von Menschen mit Amputationen in der Ukraine stark. Eine offizielle und aktuelle Zahl der Betroffenen ist zwar genauso wenig verfügbar wie die Zahlen der verletzten und gefallenen ukrainischen Soldaten und Zivilisten. Doch inzwischen dürften deutlich mehr als 60.000 Menschen Körperteile nach kriegsbedingten Verletzungen verloren haben.

    Bereits im vergangenen Spätsommer war die Rede von rund 50.000 Männern, Frauen und Kindern, die Hände, Arme, Füße und Beine verloren haben. Und bereits damals sprachen Fachleute im Hintergrund von 80.000 Betroffenen, auf die man sich einstellen müsse. Der Krieg geht in aller Intensität weiter. Die Zahl steigt täglich.

    Hunderte Patienten auf der Warteliste

    In Lwiw, wo mehrere staatliche und private Rehabilitationszentren für Menschen mit Amputationen aufgebaut werden, nahm das privat initiierte Rehabilitationszentrum Superhumans vor wenigen Tagen neue Operationssäle für Wiederherstellungschirurgie in Betrieb. Allein bei dieser Organisation werden jeden Tag bis zu 70 Patienten versorgt, erläutert ein Sprecher von Superhumans, Andriy Ischyk, im Gespräch mit Table.Briefings. Auf der Warteliste warten weitere 700.

    In Lwiw haben ebenso das privat initiierte Rehabilitationszentrum Unbroken und staatliche Kliniken, die Schwerverletzte mit amputierten Gliedmaßen behandeln, ihren Sitz. Weitere Behandlungszentren in anderen Städten der Ukraine entstehen. So plant Superhumans die Eröffnung von Niederlassungen in Odesa im Februar (unterstützt durch Frankreich) und in Dnipro im September (unterstützt durch die Niederlande).

    45 Prozent aller Amputationen betreffen Hände und Arme

    Die Amputationen infolge des Kriegs sind anders als die meisten Amputationen in Ländern ohne Krieg. Während in Westeuropa überwiegend Beine und Füße wegen Krankheiten wie Diabetes und Unfällen amputiert werden, wird in der Ukraine in rund 45 Prozent der Fälle im oberen Körperbereich amputiert, sagte Olha Rudnewa Geschäftsführerin von Superhumans in einem Interview.

    Hauptursachen sind Minen, Artilleriebeschuss und zunehmend Drohnen. Bei Drohnen kommt es regelmäßig zu schweren Verletzungen, wenn ukrainische Soldaten eigene Drohnen mit Sprengladungen starten. Laut der ukrainischen Hilfsorganisation Houp Foundation müssen bei etwa zehn Prozent der Schwerverletzten Gliedmaßen abgetrennt werden. Zum Vergleich: Bei US-Soldaten in den Kriegen im Irak und in Afghanistan musste in 7,4 Prozent der Fälle amputiert werden, wenn ein Soldat an den Gliedmaßen schwer verletzt wurde.

    Der deutsche Medizintechniker und Prothesenhersteller Ottobock ist der wichtigste Partner von Superhumans und hat aufgrund des hohen Bedarfs an Prothesen neue, kostengünstige und unbewegliche Lösungen für den Ersatz von Armen und Händen entwickelt – eine Art helfende Hand, besonders für die persönliche Hygiene. Seit Ende 2023 ist Ottobock mit einer eigenen Auslandsgesellschaft in der Ukraine präsent, verantwortlich ist Tim Schäfer, Regional President EEMEA (Eastern Europe and Middle East Africa).

    Ottobock entschloss sich zu dem Schritt, weil es leichter sei, Materiallager im Land vorzuhalten und Prothesentechniker vor Ort auszubilden – die meisten sind Männer und dürfen nicht ausreisen. Bis zu 170 Mitarbeiter sollen bei der deutschen Firma beschäftigt werden, sagte Schäfer im Gespräch mit Table.Briefings. In Lwiw wollen Ottobock und Superhumans zudem am ersten Juli-Wochenende, 5.-7. Juli, bei den sogenannten Running Clinics Menschen mit Amputationen zu Sporttraining ermuntern – angeleitet von Heinrich Popow, ehemaligem Paralympicsathleten und Goldmedaillengewinner sowie ausgebildetem Orthopädietechniker. vf/klm

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    NIS-2-Umsetzung: Das steht im vierten Referentenentwurf

    Deutschland wird die Frist zur Umsetzung der EU-Cyberrichtlinie nicht einhalten.

    Das Bundesinnenministerium (BMI) hat am Mittwoch einen vierten Referentenentwurf für das NIS-2-Umsetzungs- und Cybersicherheitsstärkungsgesetz (NIS2UmsuCG) veröffentlicht und in die Ressortabstimmung gegeben. Das Gesetz soll deutlich mehr Unternehmen als bisher verpflichten, strukturierte Risikomanagementmaßnahmen zu ergreifen und etwa IT-Sicherheitsvorfälle zu melden.

    Der vierte Entwurf bezieht vor allem auch Forderungen der Bundesländer mit ein. Unter anderem soll die Aufsicht über landeseigene Betriebe wie IT-Dienstleister anders als im vorangegangenen Entwurf nicht vom Bund übernommen werden. Stattdessen sollen die Länder per Öffnungsklausel jede Art von öffentlich-rechtlichen Unternehmen vom NIS2UmsuCG ausnehmen können, wenn sie ausschließlich im Eigentum von Ländern oder Kommunen stehen und “zu dem Zweck errichtet wurden”, Leistungen für Verwaltungen zu erbringen. Es ist dann Verantwortung der Länder, angemessene landesrechtliche Cybersicherheitsauflagen zu schaffen.

    Fragen zum Informationssicherheitsbeauftragten bleiben offen

    Ein Hauptkritikpunkt ist, dass weder Kommunen und Landkreise berücksichtigt werden, noch der Sektor Staat und Verwaltung darin vorkommen. “Das ist ein absolutes No-Go”, sagt Manuel Atug, Gründer und Sprecher der AG KRITIS, gegenüber Table.Briefings. Die Arbeitsgruppe fordert, diese “dringend und ohne Ausnahme” in die Gesetzgebung aufzunehmen. Für Unternehmen ändert sich mit dem vierten Entwurf nur wenig, außer, dass die Haftung der Geschäftsleitung entschärft wurde.

    In der finalen Ressortabstimmung könnte es dann unter anderem um haushälterische Fragen gehen, aber auch darum, wo das Amt eines neugeschaffenen Informationssicherheitsbeauftragten (Chief Information Security Officer, CISO) des Bunds, das die Umsetzung der Maßnahmen koordinieren soll, verortet wird. Markus Richter, der derzeitige IT-Beauftragter der Bundesregierung (CIO Bund) und Staatssekretär im BMI wird als Anwärter auf diesen Job gehandelt. Er hatte bei der “Potsdamer Konferenz für Nationale Cybersicherheit” des Hasso-Plattner-Instituts vergangene Woche erneut betont, dass es wichtig sei, einen Ciso einzurichten, der die Umsetzungsverantwortung im Bund trage. Der Plan ist, dass das Gesetz noch im Frühjahr 2025 inkrafttreten soll- damit ein halbes Jahr nach Ablauf der von der EU gegebenen Frist zur Umsetzung der Richtlinie aus Brüssel. Das Kabinett will sich am 24. Juli mit dem Gesetz befassen. wp

    • Cybersicherheit
    • NIS-2

    Heimatschutz: Ungarische Armee verstärkt Rekrutierung

    Die ungarische Armee hat mit einer groß angelegten Aufstockung seiner Reservisten für den Heimatschutz begonnen. Das berichtet das ungarische, staatsnahe Nachrichtenportal Hungary Today. Die “Rekrutierungskampagne” stehe all jenen offen, die einen Beitrag zur Verteidigung Ungarns leisten wollen, sagte der Befehlshaber des Heimatschutzkommandos Brigadegeneral László Drót, der ungarischen Nachrichtenagentur MTI.

    Der Heimatschutz im russlandfreundlichen Ungarn richtet sich seit Jahren vor allem gegen die Flüchtlinge aus dem Libanon, Syrien oder Afghanistan, die über die Balkan-Route nach Europa kommen. Ungarn ist für seine strikte Flüchtlingspolitik bekannt; die Aussichten auf Asyl in Ungarn sind gering, die Berichterstattung über die Menschenrechtssituation stark eingeschränkt. In der 2020 veröffentlichten nationalen Sicherheitsstrategie wurde die Massenmigration als ein “zentrales Problem” für Ungarn bezeichnet.

    Prämien für neue Rekruten

    Laut Military Balance hat Ungarn 20.000 Menschen in der Reserve, 32.150 dienen aktiv. Eine Zielgröße für die Reserve nannte Drót nicht. 2017 hatte die ungarische Armee mit dem Aufbau der Reserve begonnen, vergangenes Jahr seien nach Angaben von Drót sieben Heimatschutzregimenter gebildet worden. “Wir haben den Punkt erreicht, an dem das System selbst bereit ist, eine größere Anzahl von Reservisten aufzunehmen”, fügte der Kommandant hinzu. “Wir sind in allen Teilen des Landes verfügbar.”

    Ungarn will mit Vergünstigungen und Geldzahlungen Rekruten locken. Bei Vertragsunterzeichnung gibt es eine Einmalzahlung von umgerechnet etwa 380 Euro und einen Verfügbarkeitszuschuss von etwa 126 Euro monatlich. Studenten haben Anspruch auf ein Stipendium von etwa 400 Euro monatlich, wenn sie während dem Studium Dienst leisten. Prämien gibt es für alle, die weitere Heimatschützer rekrutieren. Die Verträge sollen laut Drot in der Regel für fünf Jahre abgeschlossen werden. klm

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    • Migrationspolitik
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    Must-Reads

    Finnish Institute of International Affairs: Finland’s Partnerships as a Nato member. In diesem Bericht werden verschiedene Formen der Zusammenarbeit im Verteidigungsbereich und ihre Bedeutung für Finnland als neues Nato-Mitglied untersucht. Das Papier geht auf die wichtigsten europäischen Verbündeten Finnlands ein: Estland, Norwegen und Schweden, sowie Frankreich, Deutschland und Großbritannien.

    Metis Institut für Strategie und Vorausschau: Worst Cases. Die Studie zeigt die derzeit plausiblen geopolitische Worst-Case-Szenarien auf: ein russischer Sieg in der Ukraine, Instabilitäten in Nordafrika und der Sahelzone, Krieg des Westens mit Iran, Konflikt um Taiwan, eine Schwächung der Nato durch die Wiederwahl Trumps.

    Interface: Navigating the EU Cybersecurity Policy Ecosystem. Im Falle eines groß angelegten Cybervorfalls muss die EU handlungsfähig bleiben oder schnell wieder werden. Christina Rupp fasst in dieser Studie die Gesetzgebung und alle relevanten Akteure der europäischen Cybersicherheitsinstitutionen zusammen.

    Podcast: SWP: Krieg ohne Ende? Israels Kampf gegen die Hamas und die Erfolgschancen für einen Nachkriegsplan: Die Nahost-Experten Muriel Asseburg und Peter Lintl analysieren, dass Israel bislang keines seiner drei Ziele (Hamas zerstören; Terror verhindern; Geiseln befreien) in Gaza erreicht hat, während die humanitäre Situation dramatisch ist. Und: Es gebe keinen wirklichen Nachkriegsplan, auch weil der israelische Regierungschef alle Pläne, wie etwa die Rückkehr der palästinensischen Autonomiebehörde, ablehnt.

    The Bell: Russian military spending to rise & rise. Entgegen den offiziellen Aussagen russischer Budgetplaner im vergangenen Jahr, werden die Ausgaben für das Militär und den Krieg gegen die Ukraine höchstwahrscheinlich nicht sinken, sondern steigen. Was dafür spricht, das zeigt diese Analyse.

    Heads

    Mark Rutte: Welche Akzente er als Nato-Chef setzen wird

    Mark Rutte hat bereits Erfahrungen gesammelt im Umgang mit dem republikanischen Präsidentschaftskandidaten Donald Trump.

    Mit einer langen Schonfrist kann Mark Rutte nicht rechnen, wenn er am 1. Oktober neuer Nato-Generalsekretär wird. Möglicherweise stellt bis dann in Frankreich Marine Le Pens rechtsextremes Rassemblement National die Regierung, und kurz danach könnte in den USA Donald Trump sein Comeback feiern. Der Niederländer scheint prädestiniert, auch unter erschwerten Umständen den Laden zusammenhalten zu können. Im Umgang mit Trump hat er jedenfalls als Regierungschef schon Übung. Er scheute 2018 bei einem Besuch im Weißen Haus nicht davor zurück, dem damaligen US-Präsidenten vor laufender Kamera zu widersprechen. Als einiger von wenigen Regierungschefs schaffte er es, mit Donald Trump eine Gesprächsbasis zu finden. Das hat auch in den anderen Hauptstädten bleibenden Eindruck hinterlassen.

    Berlin wird mit Rutte gut leben können

    “Mark ist ein echter Transatlantiker, eine starke Führungspersönlichkeit und ein Mann, der Konsens schafft”, gratulierte Jens Stoltenberg dem Nachfolger nach der formellen Ernennung am Mittwoch durch die 32 Nato-Staaten. Neue Akzente hätte es vielleicht mit der Estin Kaja Kallas oder dem Rumänen Klaus Iohannis gegeben. Doch das Bündnis scheint noch nicht reif für einen Osteuropäer. Deshalb nun der vierte Niederländer in der Geschichte des Bündnisses. Mark Rutte gilt zu Hause als geübter Brückenbauer und guter Kommunikator. Schließlich hat er es geschafft, über 14 Jahre mit wechselnden Koalitionen zu regieren. Und dabei auch eine Reihe von Skandalen zu überstehen, was ihm den Spitznamen “Teflon-Mark” eingetragen hat.

    Die Nato-Staaten setzen in unsicheren Zeiten auf ein bewährtes Profil. Unterschiede zwischen dem Norweger und dem Niederländer werden sich vor allem im Stil zeigen. Stoltenberg ist bis zuletzt in der Kommunikation eher hölzern geblieben. Mark Rutte hingegen ist bekannt für seinen jovialen Auftritt. Auch Berlin wird mit dem alten Vertrauten gut leben können. Mark Rutte gehört zwar zur selben liberalen Parteienfamilie wie Emmanuel Macron, teilt aber als Transatlantiker nicht dessen Pläne für eine stärkere strategische Autonomie Europas gegenüber den USA. Als Pragmatiker steht er zudem Scholz auch vom politischen Temperament her näher. Der Bundeskanzler kennt den Niederländer von zahlreichen EU-Gipfeln. “Unser gemeinsames Bündnis war selten so wichtig wie heute”, schreibt Bundeskanzler Olaf Scholz. Mark Ruttes sicherheitspolitischer Sachverstand und sein diplomatisches Geschick seien an der Spitze der Nato an der richtigen Stelle.

    Bei der Unterstützung der Ukraine hat sich Rutte profiliert

    Allerdings hat Mark Rutte sein Interesse für Sicherheitspolitik erst spät entdeckt. Kritiker werfen ihm zu Recht vor, in seiner Amtszeit die Streitkräfte der Niederlande kaputt gespart zu haben und zum Beispiel über keine eigenen Panzereinheiten mehr zu verfügen. Nach der russischen Annexion der Krim beschloss die Nato zwar das zwei Prozent Ziel. Doch die Koalition unter dem rechtsliberalen Regierungschef hat die Vorgabe erst in diesem Jahr erfüllt. Bei der Unterstützung der Ukraine hat sich Mark Rutte im vergangenen Jahr als Teil einer Koalition profiliert, die Leopard-Panzer organisierte und der Ukraine demnächst die ersten F16-Kampfflugzeuge zur Verfügung stellen wird. Der Niederländer sagt, Russlands Krieg an der Ostflanke des Bündnisses habe ihn dazu bewogen, sich für den Job als Nato-Generalsekretär zu bewerben.

    Der Wechsel ins Nato-Hauptquartier wird für Mark Rutte mit Blick auf den bisherigen Lebensstil allerdings eine größere Umstellung bedeuten. In Den Haag kann man ihn sehen, wie er regelmäßig mit dem Fahrrad zum Regierungssitz kommt. Sofern es der Terminplan zuließ, unterrichtete der Regierungschef einmal pro Woche Staatskunde in einer Schule. Der Junggeselle hat signalisiert, dass er nicht in die weitläufige Residenz des Nato-Generalsekretärs am Ende der Brüsseler Avenue Louise einziehen und lieber in einem Hotel absteigen möchte. Und dass er zumindest am Wochenende in die Heimat pendeln werde. Mark Rutte möge es nicht, permanent von Leibwächtern umgeben zu sein, heißt es in Den Haag. Der 57-jährige wird einige Abstriche an seinen Gewohnheiten in Kauf nehmen und seinen Lebensstil der neuen Aufgabe an der Spitze der Militärallianz anpassen müssen. Stephan Israel

    • EU-Gipfel
    • Nato
    • Strategische Autonomie

    Claudia Busch soll neue Botschafterin in Armenien werden

    Claudia Busch soll neue deutsche Botschafterin in Armenien werden. Ihr Vorgänger, Viktor Richter, wird die Botschaft in Eriwan Ende des Monats verlassen. Busch bereitete sich von 1993 bis 1996 an der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung in Köln auf den Auswärtigen Dienst vor. Station machte sie unter anderem an den deutschen Botschaften in Hongkong, Belgrad, Athen, Nairobi und Tel Aviv.

    Von 2009 bis 2010 absolvierte sie die Ausbildung zur Diplomatin, es folgten unterschiedliche Verwendungen in Paris, Berlin, Sarajewo und Ramallah. Seit 2021 war Busch stellvertretende Referatsleiterin für Kultur- und Medienbeziehungen mit Schwerpunkt USA, Türkei und Kanada im Auswärtigen Amt. klm

    • Armenien

    Wechsel in der litauischen Botschaft in Berlin

    Ramūnas Misiulis verlässt im August die litauische Botschaft in Berlin. Er vertrat seit 2021 als Botschafter die Interessen seines Landes in Deutschland. Es war bereits seine dritte Verwendung in Deutschland: 2012 bis 2016 war er Gesandter-Botschaftsrat an der litauischen Botschaft in Berlin, von 1999 bis 2002 war er Erster Botschaftssekretär. Wer ihm nachfolgt, ist noch nicht offiziell bestätigt.

    Misiulis, Jahrgang 1965, studierte von 1983 bis 1991 Mathematik in Vilnius und Moskau. Von 1992 bis 1994 studierte er am Institut für Internationale Beziehungen und Politikwissenschaften an der Universität Vilnius. Es folgten Verwendungen im litauischen Außenministerium. Von 2017 bis 2021 war Gesandter-Botschaftsrat an der Botschaft der Republik Litauen in der Ukraine. In dieser Funktion war er delegiert als politischer Berater zum Büro des Sondergesandten des OSZE-Vorsitzenden und der trilateralen Kontaktgruppe (Ukraine, Russland und OSZE). Davor leitete er unter anderem das Referat für Östliche Partnerschaften im Außenministeriums Litauens. klm

    • Litauen

    Security.Table Redaktion

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