Table.Briefing: Security

Iran schießt Raketen auf Irak und Syrien + Deutschland verfängt sich bei maritimer Infrastruktur

Liebe Leserin, lieber Leser,

am späten Montagabend kursierten in sozialen Medien beunruhigende Bilder. Irans Revolutionswächter haben Ziele im Irak und in Syrien attackiert. Kurz darauf bestätigten die Revolutionsgarden die Angriffe, die aus Rache für die verheerenden Anschläge in südiranischen Stadt Kerman Anfang Januar gewesen seien. Am Flughafen in Erbil sind auch etwa 50 deutsche Soldaten im Rahmen der Anti-IS-Koalition stationiert. Ein Sprecher sagte meinem Kollegen Thomas Wiegold gestern Abend, dass die Bundeswehrsoldaten nicht betroffen seien. Mehr dazu in den News.

Seit den Anschlägen auf die Nord Stream-Pipelines arbeiten die Nato-Länder daran, ein besseres Bild davon zu bekommen, was auf Nord- und Ostsee passiert, um Angriffe auf Pipelines, Kabel und Offshore-Anlagen zu verhindern. In meiner Analyse lesen Sie den aktuellen Sachstand und warum sich Deutschland selbst im Weg steht.

Was wir nicht wissen, ist, wie die Wahl in den USA ausgehen wird. Die Befürchtungen, dass ein wiedergewählter Trump die Nato schwächen könnte, lässt östlich von Washington die Debatte um die europäische Atombombe aufflammen. Meine Kollegen Gabriel Bub und Nana Brink haben Stimmen und Argumente zusammengetragen.

Hans Christoph Atzpodien, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Deutschen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie, plädiert im Standpunkt für eine Erleichterung für europäische Rüstungskooperationen. Es müsse vermieden werden, dass im Zuge eines strikteren Rüstungsexportkontrollgesetzes noch mehr deutsche Sonderregeln dazukämen – für andere Länder werde Deutschland als Partner sonst immer uninteressanter.

Und noch etwas Erfreuliches: Ab sofort gibt es Table.Media auch auf die Ohren. Täglich morgens um 6 Uhr spricht unser Chefredakteurs-Team, Michael Bröcker und Helene Bubrowski, in kurzen 20 Minuten über die Themen des Tages, mal mit Gast, mal mit Expertinnen und Experten aus den Redaktionen. Die erste Folge des Table.Today-Podcasts ist schon online. In der heutigen Folge spricht dann Felix Lee vom China.Table über Chinas Strategie für Taiwan. Sie kommen direkt aus unserem Briefing zum Podcast, einfach weiterscrollen. Wir freuen uns, wenn Sie reinhören!

Ihre
Lisa-Martina Klein
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Analyse

Deutschland verliert sich beim Schutz seiner maritimen Infrastruktur in Details

Die Zahl der Schäden an Pipelines und Unterseekabeln in Nord- und Ostsee ist seit der Vollinvasion Russlands in der Ukraine signifikant gestiegen. 25 Prozent der transatlantischen europäischen Datenkabel seien seit Februar 2022 nicht mehr funktionsfähig, konstatierte Roderich Kiesewetter (CDU), Experte für Außenpolitik, kürzlich unter Berufung auf den deutschen General Christian Badia, stellvertretender Oberkommandierender des Allied Command Transformation der Nato in Norfolk, Virginia. 

Weil ein flächendeckender Schutz maritimer Infrastruktur vor Unfällen und Sabotage nicht möglich ist, arbeitet die Nato daran, ein möglichst genaues Bild davon zu haben, welche Schiffe sich wann wo in Nord- und Ostsee aufhalten. “Wir wollen verdächtiges Verhalten von Schiffen real detektieren, um dann eine Attacke einem Akteur zuordnen zu können”, sagte Hans-Werner Wiermann, ehemaliger Generalleutnant der Bundeswehr, auf der Maritimen Konferenz in Bremen im September. 

Zivile Schiffe mit militärischen Fähigkeiten aufspüren

Seit Anfang 2023 baut Wiermann auf deutsch-norwegische Initiative und als Reaktion auf die Anschläge auf die Nord-Stream-Pipelines in der Ostsee eine Koordinierungszelle in Brüssel auf. Sein Ziel: alle Akteure aus dem Bereich Unterwasser-Infrastruktur in den Nato-Ländern an einen Tisch zu bringen – Betreiber, Industrie sowie Regierungen. Beim Treffen der Nato-Verteidigungsminister im Februar soll er dann den Mitgliedstaaten konkrete Handlungsempfehlungen für den Schutz der maritimen Infrastruktur aussprechen. 

Dabei gehe es weniger um das Verhalten russischer Kriegs- oder Forschungsschiffe, diese hätten die Nato-Länder bereits gut im Blick, sagte Wiermann in Bremen. Es gehe um zivile Schiffe mit militärischen Fähigkeiten, die über Wasser Angriffe auf Unterwasser-Infrastruktur vorbereiten könnten und ihr eigentlich verpflichtendes Automatic Identification System (AIS) ausgeschaltet hätten. 

Ein solches Lagebild, bestehend etwa aus Satelliten-, Radar-, Sensor- und Sonardaten, würde es ermöglichen, Anschläge direkt einem Akteur zuschreiben zu können. Das treibe den Preis für den Angreifer in die Höhe und würde einen Angriff unrentabel machen – Abschreckung durch Attributierbarkeit, so die Argumentation.

Alliierte sollen Ansprechpartner etablieren

Ein wichtiger Baustein dieses Netzwerks: Die Mitgliedstaaten sollen einen zentralen Ansprechpartner für ihre maritime Kritische Infrastruktur etablieren und der Nato benennen. Gerade in Deutschland mit seiner Verantwortungsdiffusion zwischen verschiedenen Ressorts hatten sich auch die Betreiber von Offshore-Anlagen einen verlässlichen Ansprechpartner gewünscht. Wo dieser angesiedelt ist, welche Informationen (insbesondere über länderspezifische vulnerable Knotenpunkte) darüber mit wem in der Nato geteilt werden, und wie der Schutz auf See geregelt wird, bleibt Sache jedes einzelnen Mitgliedslandes.

In Deutschland bleibt es weiter Gegenstand von Debatten zwischen den Ressorts. Für den Schutz von Pipelines, Kabeln und Offshore-Anlagen ist das Innenministerium zuständig, die Landeslandespolizeien haben die Exekutivgewalt in den Küstengewässern, die Bundespolizei dagegen in der Ausschließlichen Wirtschaftszone. Das Verkehrsministerium ist verantwortlich für Schifffahrtsstraßen und Häfen, hat allerdings keine Mittel, diese zu schützen, was daher die Bundespolizei übernimmt. Die Marine – kein Einsatz im Inneren – kann der Bundespolizei nur per Amtshilfeverfahren beispringen.

Deutschland verschleppt Entscheidung

Einig sind sich die Ressorts wohl aber inzwischen darin, dass ein von der Marine betriebenes Lagebild Über- und Unterwasser das Verteidigungsministerium schlussendlich am besten für die Rolle des “Point of Contact” in der Nato qualifizieren würde. Stellt die Marine verdächtiges Verhalten fest, könnte sie Informationen an die Bundespolizei und die Betreiber Kritischer Anlagen weitergeben, die dann entsprechende Maßnahmen ergreifen müssten. Trotzdem tue man sich schwer mit der finalen Meldung an die Nato, noch stünden Details im Weg, sagen Experten. Die ursprüngliche Meldedeadline war am 30. November verstrichen.

Die Marine, die über weitergehende Fähigkeiten zur Lagebilderstellung verfügt als die Bundespolizei, will diese noch ausbauen, wie der Inspekteur der Marine, Vizeadmiral Jan Christian Kaack, auf der Historischen-taktischen Tagung der Marine in Linstow vergangene Woche bekräftigte: “Wir werden den weiteren Ausbau unserer Fähigkeiten im Lagebildaufbau Über- und Unterwasser – “from seabed to space” – fortsetzen und uns als nationaler Expertiseträger in der maritimen Sicherheit etablieren.” 

Im Dezember hatte die Marine bereits einen Beschaffungsvertrag über elf mobile Systeme zur verdeckten Unterwasser-Aufklärung und -Lagedarstellung, finanziert aus dem Sondervermögen, unterzeichnet. Bislang hatte sie drei dieser Systeme, die per Sonarbojen vor allem U-Boote detektieren. “Bestehend aus drei Containern ist es grundsätzlich auf allen Booten und Schiffen der Deutschen Marine nutzbar, ohne dass es zuvor speziell verbaut oder systemseitig integriert werden muss”, heißt es in einer entsprechenden Mitteilung. 

Marine testet “Sea Guardian”

Zudem soll die Aufklärungsdrohne MQ-9 “Sea Guardian” von General Atomics zusammen mit dem Aufklärungsflugzeug P-8 Poseidon mehrere Monate getestet werden, sagte Kaack auf der Tagung. Unklar ist derzeit, mit welchen P-8-Flugzeugen die “Sea Guardian” getestet werden soll: Keiner der bewilligten acht U-Boot-Jäger ist schon da. Laut Hersteller kann die “Sea Guardian” bis zu 30 Stunden via Satellitennavigation in der Luft bleiben und – je nach Konfiguration – für die U-Boot-Bekämpfung bewaffnet werden.

“Im Anschluss wollen wir auch der Heron TP eine Chance geben”, sagte Kaack. Der Bundestag hatte im April 2022, nach fast zehnjähriger Debatte, der Bewaffnung der Heron TP zugestimmt, fünf Drohnen und vier Bodenstationen sollen von Israel geleast werden. Die Luftwaffe plant, die Drohnen in Jagel in Schleswig-Holstein zu stationieren und sie zunächst über der Nordsee zu erproben.

Allerdings haben sich die Anforderungen drastisch geändert: Während sich die Heron TP eher zum Schutz der Truppen am Boden bei Auslandseinsätzen wie in Afghanistan oder in Mali eignete, braucht es nun Fähigkeiten zur Landes- und Bündnisverteidigung – und zur Aufklärung über See. Im “Kursbild Marine 35+”, nennt der Marineinspekteur bis 2035 die Beschaffung von sechs Drohnen für den Seekrieg Über- und Unterwasser und die Aufklärung.

Perspektivisch gesehen könnten neben den Daten von Schiffen, Drohnen und Seefernaufklärern auch Kamera- und Sensordaten von Betreibern Kritischer Anlagen, von der Bundespolizei und weiteren sicherheitsrelevanten Akteuren dezentral in ein Lagebild der Marine eingespeist werden. Dies zeigen Forschungsansätze etwa am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt. Dargestellt werden dem Empfänger allerdings nur die Informationen, zu deren Nutzung er rechtlich befugt ist. 

  • Kritische Infrastruktur
  • Marine
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Frankreichs Haltung zu europäischem Atomschutzschirm – Ausweitung würde “lange dauern”

Der französische Präsident Emmanuel Macron besucht Soldaten im Dezember 2023

Die Debatte um eine europäische Atombombe hat gerade Hochkonjunktur. Der frühere Grünen-Außenminister Joschka Fischer forderte sie im Dezember, später folgten der Politikwissenschaftler Herfried Münkler und Carlo Masala von der Bundeswehr-Uni München. Der Funke-Mediengruppe sagte Masala: “Wenn die Amerikaner keinen Schutz mehr garantieren, brauchen wir einen europäischen Nuklearschirm.” So sieht es auch der USA-Experte Josef Braml: “Das durch den Ukraine-Krieg nur bedingt geschwächte Russland bleibt für Europa auf absehbare Zeit eine existenzielle Bedrohung, die es auch mit eigenen nuklearen Fähigkeiten abzuschrecken gilt.”

Die Ex-Nato-Strategin Stefanie Babst hält solche Vorstellungen für abwegig. Im Gespräch mit Table.Media erklärt die Militärexpertin, man müsse vielmehr darüber nachdenken, den US-amerikanischen Atomschutzschirm auch auf Länder wie Polen auszuweiten. “Dieser Schritt muss eigentlich logischerweise erfolgen.” Vor allem in Deutschland würde die Politik sich dagegen stellen, weil man befürchte, damit die Nato-Russland-Grundakte von 1997 zu verletzen. Dort ist unter anderem der Verzicht auf die Stationierung von Atomwaffen in den neuen osteuropäischen Nato-Mitgliedstaaten enthalten. “Die Russen zeigen uns jeden Tag, dass diese Vereinbarung tot ist.”

Französische Atomwaffen erlauben keinen flexiblen Angriff

Liviu Horovitz von der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) und seine frühere Kollegin Lydia Wachs (mittlerweile Stockholm University) halten eine Ausweitung des französischen Schutzschirms auf Europa in absehbarer Zeit für sehr unwahrscheinlich. Schon im Januar 2023 haben sie in einem Paper die politischen und militärischen Herausforderungen dafür analysiert. Die strategischen französischen Waffen reichen, um “politische, wirtschaftliche und militärische Nervenzentren” zu zerstören, nicht aber um flexibel zuzuschlagen, schreiben sie darin.

“Frankreich hat ein ganz anderes Arsenal als die USA, die Risiken wären viel größer, viel kostspieliger”, sagt Horovitz im Gespräch mit Table.Media. Bis ein europäisches Arsenal die gleiche abschreckende Wirkung wie ein US-amerikanisches hätte, würde es “sicherlich Jahrzehnte” dauern, erklärt Wachs. Und sie sind teuer. Die französische nukleare Abschreckung verschlingt jährlich etwa ein Fünftel des Verteidigungsbudgets. Neue Strukturen aufzubauen oder zu erweitern, würde weit mehr kosten.

Frankreich verfügt über 300 Atomsprengköpfe, von denen die meisten für den Abschuss von U-Booten aus vorgesehen sind; wenige können von Kampfflugzeugen abgefeuert werden. Die britischen Nuklearstreitkräfte setzen ausschließlich auf seegestützte Systeme und besitzen mehr als 200 Sprengköpfe.

Entscheidend für die Beurteilung des nuklearen Schutzschirms für Europa ist die Unterscheidung zwischen strategischen und taktischen Atomwaffen. Erstere sind nicht für ein direktes Gefecht geplant. Mit ihrer Reichweite von mehreren tausend Kilometern und ihrer immensen Sprengkraft dienen sie der Abschreckung. Die USA und Russland können mit diesen Waffen jeden Ort der Welt erreichen. Taktische Atomwaffen erlauben auch vergleichsweise kleine Schläge. Weil Frankreichs Arsenal unflexibel ist, müsste es strategische Waffen einsetzen – und mit einem empfindlichen Gegenschlag rechnen.

Der ehemalige Beigeordnete Nato-Generalsekretär für Verteidigungspolitik Heinrich Brauß sieht deshalb in einer europäischen nuklearen Abschreckung “keine Alternative”.

Frankreichs Dialog-Initiative war kein Angebot zur Ausweitung des Schutzschirms

2020 hatte Frankreichs Präsident Emmanuel Macron gesagt, er hoffe, dass ein “strategischer Dialog” mit den europäischen Partnern über die Rolle der französischen nuklearen Abschreckung in Europa entstehe. Ebenfalls stellte er eine Beteiligung an Übungen der Force de Frappe in Aussicht. Bislang hat Deutschland auf diese Einladung nicht geantwortet. Die Dialog-Initiative war allerdings kein Angebot zur Ausweitung des französischen Atomwaffenschutzschirms.

Denn dass Frankreich die Entscheidungsgewalt über seine Atomwaffen an andere europäische Länder übertrage, sei kurz- bis mittelfristig “höchst unwahrscheinlich”, so Wachs. “Die Entscheidung, ob, wann und wie die lebenswichtigen Interessen Frankreichs gefährdet sind und ob, wie und wann Nuklearwaffen eingesetzt werden, obliegt ausschließlich dem französischen Präsidenten in einer konkreten Bedrohungslage, die man nicht antizipieren kann”, erklärt Ex-Nato-General Brauß. Auch deshalb ist Frankreich nicht Teil der nuklearen Kommandostruktur der Nato.

Und ein europäischer Atomwaffenschutzschirm setzt voraus, dass die Staaten gemeinsam schnell entscheiden können. Die Idee eines “gemeinsamen Koffer mit rotem Knopf, der zwischen großen EU-Ländern wandert”, wie sie Politikwissenschaftler Münkler formuliert, ist unrealistisch. Entscheidungen auf EU-Ebene zeigen, wie weit entfernt man davon ist.

Ausweitung würde “sehr lange” dauern

Die Alternative wäre also eine Ausweitung des Schutzschirms unter französischer Verantwortung, die allerdings “sehr lange” dauern würde, so Wachs. Die europäischen Verbündeten müssten darauf vertrauen, dass Frankreich bereit wäre, große Schäden auf eigenem Gebiet in Kauf zu nehmen, um sie zu schützen und ein Feind müsste das auch. Dass Frankreich etwa einen konventionellen Angriff Russlands auf das Baltikum mit dem Einsatz von Nuklearwaffen beantworte, sei unter den derzeitigen Bedingungen “sehr unglaubwürdig”, sagt die Wissenschaftlerin.

Es gilt als ausgemacht, dass die USA ihren Fokus von Europa auf den Indopazifik verlagern, unabhängig einer Wiederwahl Trumps. Dass sie sich komplett aus Europa zurückziehen, hält Horovitz für unrealistisch. “Es ist verfrüht, sich Sorgen zu machen”, sagt Horovitz. Wahrscheinlicher wäre, dass die USA zunächst konventionelle Waffensysteme aus Europa abziehen. “Die erste Trump-Administration wollte primär, dass die europäischen Nato-Länder das Zwei-Prozent-Ziel erfüllen und konventionell aufrüsten.” Eine Debatte über nukleare Abschreckung sei wichtig, doch: “Wenn das Nukleare wegfällt, ist das Konventionelle schon lange weg.”

  • 75 Jahre Nato
  • Atomwaffen
  • Europa
  • Rüstung
  • Verteidigungspolitik

News

Irans Revolutionswächter schießen Raketen auf Irak und Syrien

Irans Revolutionswächter (IRGC) haben nach eigenen Angaben Ziele im Irak und in Syrien mit mehreren ballistischen Raketen attackiert. Die Angriffe seien Rache für den verheerenden Anschlag in der südiranischen Stadt Kerman Anfang Januar sowie die Tötung eines hochrangigen IRGC-Offiziers Ende Dezember, teilte das IRGC-Webportal in der Nacht zum Dienstag mit.

Das Ziel in Iraks Kurdengebieten beschrieb die Revolutionsgarde als Spionagezentrale des israelischen Geheimdienstes Mossad. “Wir versichern unserem geliebten Volk, dass die Offensivoperationen der Revolutionsgarde so lange fortgesetzt werden, bis auch der letzte Tropfen Blut der Märtyrer gerächt ist”, hieß es in einer Erklärung.

In der nordirakischen Stadt Erbil waren kurz vor Mitternacht irakischer Zeit laute Explosionen zu hören. In der Nähe eines im Bau befindlichen US-Konsulats schlugen Augenzeugen zufolge mehrere Raketen ein. Wie die Nachrichtenagentur Reuters berichtet, seien aber keine US-Einrichtungen getroffen worden. Sicherheitskreisen in Erbil zufolge kamen dabei vier Zivilisten ums Leben. Fünf weitere sollen verletzt worden sein. Raketen seien auf Farmen nördlich von Erbil gefallen und hätten Häuser getroffen. Unter den Toten sollen auch der kurdische Geschäftsmann Peshraw Dizayee, der enge Beziehungen zum regierenden Barzani-Clan unterhielt, und Mitglieder seiner Familie sein.

Deutsche Soldaten sind nicht betroffen

Ein Sprecher des Einsatzführungskommandos der Bundeswehr sagte Table.Media am späten Montagabend, die deutschen Soldaten in Erbil seien nicht betroffen. Im internationalen Camp am Flughafen der kurdischen Stadt sind rund 50 Soldaten und Soldatinnen der Bundeswehr im Rahmen der internationalen Anti-IS-Koalition stationiert.

In Syrien wurde nach Darstellung der Revolutionswächter vor allem die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) “in den besetzten Gebieten Syriens ausfindig gemacht und durch den Abschuss einer Reihe von ballistischen Raketen zerstört”, hieß es in der Mitteilung. Augenzeugen zufolge soll es in Aleppo im Nordwesten Syriens mindestens sechs Explosionen gegeben haben.

Die Vereinigten Staaten verurteilten die Angriffe auf Erbil auf das Schärfste und sprachen den Angehörigen der Getöteten ihr Beileid aus. “Wir wenden uns gegen die rücksichtslosen Raketenangriffe des Iran, die die Stabilität im Irak untergraben. Wir unterstützen die irakische Regierung und die kurdische Regionalregierung in ihren Bemühungen, den Zukunftszielen des irakischen Volkes gerecht zu werden”, sagte der Sprecher des US-Außenministeriums, Matthew Miller, in der Nacht zum Dienstag.

Die Lage in der Region ist seit Ausbruch des Gaza-Kriegs vor mehr als drei Monaten äußerst angespannt. Ende Dezember wurde bei einem mutmaßlich israelischen Luftangriff in Syrien der iranische Brigadegeneral Sejed-Rasi Mussawi getötet. Er war ranghohes Mitglied der IRGC. Die militärische Führung Irans schwor Israel daraufhin Rache. Die Revolutionsgarde ist Irans Eliteeinheit und gilt als weitaus mächtiger als die regulären Truppen. Oberbefehlshaber ist Staatsoberhaupt Ali Chamenei.

Bei einem Terroranschlag in der Stadt Kerman wurden Anfang Januar mehr als 90 Menschen in den Tod gerissen. Der IS reklamierte die Attacke für sich. Sie galt einer Trauerveranstaltung anlässlich des Todestags des mächtigen Generals Ghassem Soleimani in dessen Heimatstadt. Es war der tödlichste Anschlag in der rund 45-jährigen Geschichte der Islamischen Republik. dpa/tw/bub

  • Nahost

Washington und London zögern vor neuen Angriffen auf Huthis

Die militärischen Kapazitäten der Huthi-Rebellen im Jemen sind nach den US-Luftangriffen vom Wochenende Militärexperten zufolge weitgehend intakt. So beschoss die von Iran unterstützte Gruppe am Montag das unter Flagge der Marshallinseln fahrende US-amerikanische Handelsschiff M/V Gibraltar; zuvor hatten US-Streitkräfte nach Angaben des US-Zentralkommandos einen Richtung südlichem Rotem Meer abgefeuerten Seezielflugkörper beobachtet, der jedoch auf Land einschlug.

Britische und US-Streitkräfte hatten am Freitag und Samstag vergangener Woche Dutzende Ziele der Huthis bombardiert, darunter Häfen, Flughäfen, Kasernen und Raketen- und Radarstellungen. Als Grund nannten US-Präsident Joe Biden und der britische Premierminister Rishi Sunak, dass die Huthis ihre im November begonnenen Angriffe auf Handelsschiffe im Roten Meer trotz wiederholter Warnungen nicht eingestellt hatten. Seit Beginn des Gazakriegs im Oktober hatten die Huthis zudem immer wieder Drohnen und Marschflugkörper in Richtung der israelischen Hafenstadt Eilat abgefeuert.

Ob das militärische Vorgehen der USA und Großbritanniens die Huthi-Rebellen, die sich selbst “Ansar Allah” (Gefolgsleute Allahs) nennen, zum Einlenken bewegen kann, wird von vielen Seiten bezweifelt. Der britische Verteidigungsminister Grant Shapps sagte am Montag dem Fernsehsender Sky News: “Warten wir ab, was passiert, denn es ist nicht so, dass wir in Aktionen im Roten Meer verwickelt werden wollen. Aber letztlich ist die Freiheit der Schifffahrt ein internationales Recht.”

Experte: US-Angriffe stärken Stellung von Huthis im Jemen

Der Islamwissenschaftler Sebastian Sons vom Center for Applied Research in Partnership with the Orient (Carpo) etwa sagte zu Table.Media: “Die Huthis können mit ihrer propalästinensischen und antiwestlichen Propaganda ihre Position im Jemen stärken und ihre Legitimität ausbauen. Dabei helfen ihnen auch die Angriffe im Roten Meer.”

Für Saudi-Arabien, das mit seiner militärischen Intervention in den internen Machtkampf im Jemen 2015 für eine Eskalation gesorgt hatte, seien die Luftschläge ein Problem, da die Regierung einen Ausgleich mit den Huthis suche, so Sons. Zu dem Thema hatte er zuletzt das Buch “Die neuen Herrscher am Golf und ihr Streben nach globalem Einfluss” veröffentlicht. mrb

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Russland verliert zwei wichtige Militärflugzeuge

Zehn Frühwarnflugzeuge vom Typ A-50 soll Russland bis zur Vollinvasion in die Ukraine vor knapp zwei Jahren gehabt haben und zwölf vom Typ IL-22M, die als fliegende Kommandopunkte eingesetzt werden: Jeweils eine dieser Maschinen hat Russland nun am Sonntag verloren. Der ukrainische Oberbefehlshaber Walerij Saluschnyj gratulierte am Montagvormittag den ukrainischen Streitkräften für den Abschuss, einige russische Kriegsblogger behaupten dagegen, dass die Il-22 von der russischen Luftverteidigung selbst über dem Asowschen Meer abgeschossen wurde. Dem widersprachen andere Autoren auf russischen Telegram-Kanälen mit dem Verweis darauf, dass deren Routen seit langer Zeit bekannt seien.

Für das russische Militär wird die Schwarzmeerregion immer unsicherer. So hat Russland bereits 20 Kriegsschiffe verloren und plant die Verlegung der Schwarzmeerflotte in die abchasische Hafenstadt Ochamchire. Nun wird es aber auch in der Luft über dem Meer gefährlicher. Die beiden am Sonntag abgeschossenen Flugzeuge sollen sich rund 150 Kilometer von der Frontlinie entfernt befunden haben, berichtete The Moscow Times.

Angriff auf A-50 vor einem Jahr in Belarus

Die Il-22 ist laut Berichten russischer Telegram-Kanäle in der Schwarzmeerstadt Anapa gelandet. Was mit der A-50 passiert ist, blieb zunächst unklar. Kreml-Sprecher Dmitri Peskow wollte nichts über den Verlust der Flugzeuge am Montag wissen und verwies auf das Verteidigungsministerium. Dieses schwieg.

Ende Februar 2023 war es höchstwahrscheinlich belarussischen Saboteuren gelungen, eine bei Minsk stationierte russische A-50 mit dem Einsatz von kleinen Drohnen zu beschädigen. Die Maschine wurde daraufhin aus Belarus abgezogen. Eine weitere A-50 soll in Syrien stationiert sein. Der Bau dieser Flugzeuge wird auf etwa 300 Millionen US-Dollar beziffert. Die russische Armee soll nach ukrainischen Angaben bisher insgesamt 330 Militärflugzeuge im Krieg verloren haben. vf

  • Russland
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Frankreich bestellt 42 neue Rafale-Jets

Das französische Verteidigungsministerium hat 42 Rafale-Kampfjets für seine Luftwaffe bestellt. Die französische Beschaffungsbehörde hat den Auftrag bereits Ende Dezember 2023 erteilt, wie aus einer Mitteilung des französischen Kampfjet-Bauers Dassault Aviation hervorgeht. Frankreichs Verteidigungsminister Sébastien Lecornu schrieb am Freitag auf X, dass es sich bei der Bestellung um eine “Investition von über 5 Milliarden Euro” handele.

Zwölf der Flieger ersetzen Jets, die 2021 an Griechenland abgegeben wurden. Die übrigen 30 der “Tranche 5” sollen zwischen 2027 und 2032 übergeben werden.

Insgesamt hat Frankreich damit seit Beginn des Rafale-Programms 234 Stück bestellt. Die Flieger, die die an Kroatien abgegebenen ersetzen, seien bereits 2023 überstellt worden. Die französische Rafale-Flotte bestand 2023 laut dem britischen Thinktank International Institute for Strategic Studies (IISS) aus 172 Kampfflugzeugen dieses Typs.

Lecornu bezeichnete den Kauf als “ausgezeichnete Nachricht für unsere Souveränität, unsere Sicherheit und unsere Streitkräfte“. Und der CEO von Dassault Aviation, Eric Trappier, sagte, dass diese “militärisch-industrielle Souveränität eine Ausnahme in Europa” darstelle. bub

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Veteranen der Bundeswehr bekommen erstmals eigene Anlaufstelle

Veteraninnen und Veteranen der Bundeswehr bekommen erstmals eine eigene Anlaufstelle. Nahe dem Berliner Hauptbahnhof eröffnet die Bundeswehr am Mittwoch ein Büro für die Belange von Veteranen, Verbänden und Organisationen, die sich in der Veteranenarbeit engagieren, heißt es in einer Mitteilung des Verteidigungsministeriums. 

“Wir sind sehr froh darüber, dass die Idee, die der damalige Staatssekretär Peter Tauber mit uns und anderen Veteranenverbänden hatte, wirklich umgesetzt wird. Nun kommt es aber darauf an, was man daraus macht”, sagt Bernhard Drescher, Vorsitzender des Bundes Deutscher Einsatzveteranen, gegenüber Table.Media. In Deutschland gäbe es keine Veteranenkultur, “deshalb ist das Veteranenbüro wirklich ein allererstes Zeichen nach außen, aber es ist erstmal nur ein Zeichen”.

Auch Belange der Zivilgesellschaft im Blick haben

Das Büro müsse als Schnittstelle zwischen dem “System Bundeswehr” und ehemaligen Soldaten, Reservisten, Veteranen, Angehörigen und der Zivilgesellschaft dienen, “also dem erweiterten Veteranenbegriff”, so Drescher. Es müsse aber auch ein “aktiver Point of Contact” zu allen Organisationen sein, die sich mit dem Themenfeld Bundeswehr, Betreuung, Fürsorge, und Vorsorge, Identitätsbildung, gesellschaftliche Einbindung auseinandersetzen. “Wir wünschen uns, dass es auch mit Personen besetzt wird, die die Belange der Soldaten und Familien aus dem Zivilen im Blick hat”, sagt Drescher.

Das genaue Konzept kennt Drescher nicht, weil der Bund Deutscher Einsatzveteranen bei der Erstellung nicht einbezogen wurde. “Wichtig ist uns, dass dieses Büro über alle Kommunikationskanäle erreichbar ist, von außen nach innen also, aber auch von innen nach außen wirkt, und Menschen am anderen Ende der Republik etwa über eine Webseite, einen Messenger-Dienst oder Webinare informieren kann”, sagt Drescher.

Bei der symbolischen Schlüsselübergabe an den künftigen Leiter des Büros, Oberstleutnant Michael Krause, werden Siemtje Möller, Parlamentarische Staatssekretärin im Verteidigungsministerium, der stellvertretende Generalinspekteur und Beauftragte für Veteranenangelegenheiten Generalleutnant Markus Laubenthal teilnehmen. Zu den weiteren Gästen zählt unter anderem auch die Wehrbeauftragte des Deutschen Bundestages. klm

  • Bundeswehr
  • Wehrbeauftragte

Presseschau

Süddeutsche Zeitung: Konfliktforschung – “Gewalt macht ethnische Trennlinien plausibler.” Welche Mechanismen halten den Nahostkonflikt am Leben? Wie entstanden zwei derart dominante Lesarten, die jeweils das Leid der Gegenseite ausblenden? Und wie hängen Kriege mit der Gründung von Nationalstaaten zusammen? Diesen Fragen widmet sich der Soziologe und Konfliktforscher Andreas Wimmer im Interview.

The Kyiv Independent: Inside occupied Ukraine’s most effective resistance movements. Ob symbolisch, subtil oder destruktiv, eines haben ukrainische Akte des Widerstands gemeinsam: Sie vermitteln, dass Russlands Einfluss ebenso schwach, wie vorübergehend ist. The Kyiv Independent stellt Personen vor, die verschiedene Widerstandsoperationen in den besetzten Gebieten der Ukraine koordinieren.

Politico: How Europe can start Trump-proofing. Die Europäer können zwar nicht den Wahlausgang in den USA im Herbst beeinflussen, aber sie könnten sich besser auf eine mögliche Wiederwahl Trumps vorbereiten, findet Bruce Stokes vom German Marshall Fund. Schon jetzt sollten sie bestehende politische und wirtschaftliche Kontakte ausweiten, damit es einer neuen Trump-Administration schwerer fällt, sie wieder zu zerstören. 

Welt: Der Prinz aus Saudi-Arabien, der Rüstungskonzern und ein böser Verdacht. Waffen, Adelige, fragwürdiger Reichtum und Strohmänner – all jene sollen Teil eines Deals zwischen Rheinmetall und dem saudischen Prinzen Mishal bin Abdul Aziz Al Saud gewesen sein. Mithilfe neuer Zeugenaussagen skizziert Welt am Sonntag die Hintergründe des Geschäfts.

Standpunkt

Rüstungsexport ist ein Instrument deutscher Außen- und Sicherheitspolitik

Von Hans Christoph Atzpodien
Hans Christoph Atzpodien über Sicherheit im Green Deal
Hans Christoph Atzpodien ist Hauptgeschäftsführer des BDSV.

Die Koalitionspartner in der Ampel-Regierung haben in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart, sich für ein nationales Rüstungsexportkontrollgesetz (REKG) einzusetzen mit dem Ziel, “den gemeinsamen Standpunkt der EU mit seinen acht Kriterien sowie die Politischen Grundsätze der Bundesregierung für den Export von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern, die Kleinwaffengrundsätze und die Ausweitung von Post-Shipment-Kontrollen in einem solchen Gesetz zu verankern.”

Hierzu gibt es bisher allerdings noch keine in der Bundesregierung abgestimmten Eckpunkte für einen Referentenentwurf, sondern – dem Vernehmen nach – lediglich eine noch andauernde Diskussion zwischen den beteiligten Ressorts der Regierung über kritische Themen. Dies ist sicherlich auch dem Umstand geschuldet, dass wir mit dem Krieg in der Ukraine und dem Terroranschlag der libanesischen Hamas in Israel vor einer veränderten Weltlage stehen.

Stärkere Rüstungskooperation in Europa als Ziel

Bereits heute besitzt die Bundesregierung auf der Grundlage der bestehenden, sehr umfassenden rechtlichen Rahmenbedingungen alle Möglichkeiten, um eine restriktive Rüstungsexportpolitik durchzusetzen. Ein darüber hinaus gehendes Gesetz erhöht nach Ansicht der Industrie nicht das exportkontrollrechtliche Niveau, sondern würde die Bundesregierung in ihrer exekutiven Eigenverantwortung bei der Genehmigung von Exporten einschränken.

Zu den aus Sicht der Industrie auf jeden Fall noch offenen REKG-Diskussionspunkten gehören unter anderem:

  • eine mangelnde Verfahrenssicherheit,
  • der mangelnde Vertrauensschutz für den Fall, dass eine einmal erteilte Genehmigung aus politischen Gründen widerrufen wird oder die Anschlussgenehmigung nicht erteilt wird,
  • der mangelnde Schutz der Industrie vor möglicherweise nur Effekt-haschenden Opferschutzklagen und daraus folgenden ungerechtfertigten Reputationsschäden,
  • die Widersprüche zwischen einer restriktiven Exportkontrollpolitik und dem Ziel einer stärkeren Rüstungskooperation in Europa,
  • dabei vor allem die bei europäischer Kooperation unter Umständen hinderliche Mehrheits-/Minderheitsregelung, die im Zweifel Kooperationen mit deutschen Unternehmen nur dann realistisch erscheinen lässt, wenn der deutsche Anteil in der Minderheit ist.

Bei praktizierten oder geplanten Rüstungskooperationen zwischen verschiedenen europäischen Partnerländern ist die Harmonisierung der Rüstungsexportkontrolle ein wesentliches Kernanliegen. Einen weiteren Ausbau deutscher Sonderregeln beim Export von Rüstungsgütern gilt es daher unbedingt zu vermeiden. Ohne ein auskömmliches Maß an Rüstungsexport und eine entsprechende Entscheidungs-Harmonisierung ist für andere europäische Länder – wie zum Beispiel Frankreich – ein Rüstungskooperationsvorhaben mit Deutschland im Zweifel uninteressant.

Bundesregierung bekennt sich zu Vertragstreue

Leider gilt schon heute bei vielen potenziellen Kooperationspartnern in Europa das Motto “German-free” – eine Wahrnehmung, die durch eine deutsche Verweigerungshaltung in Sachen Eurofighter/Großbritannien weiter verschärft worden wäre und Rüstungskooperationen mit deutscher Beteiligung erschwert hätte. Insofern ist es gut, dass die Bundesregierung nunmehr zwar spät, aber wohl nicht zu spät, davon abgerückt ist und sich zur Vertragstreue gegenüber den europäischen Partnern bekannt hat.

Sofern es um eigenständige deutsche Regierungsentscheidungen zur Rüstungsexportkontrolle geht, praktiziert Deutschland von jeher denkbar strenge Anforderungen, gerade bei Rüstungsexporten in Drittländer (außerhalb von EU und Nato): Nach den “Politischen Grundsätzen der Bundesregierung zum Rüstungsexport” dürfen Exporte von sogenannten Kriegswaffen in solche Länder nur ganz ausnahmsweise erfolgen, sofern die Bundesregierung hieran ein außen- und sicherheitspolitisches Interesse hat.

Erst recht gilt dies für Kleinwaffen. Dem stimmt die Industrie aus Überzeugung zu, soweit dabei transparente und verlässliche Verfahrensgrundsätze praktiziert werden. Insofern sind die vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klima in den letzten Monaten beschlossenen Verwaltungsvereinfachungen bei bestimmten Rüstungsexportentscheidungen aus unserer Sicht zu begrüßen.

Hans Christoph Atzpodien ist Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Deutschen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie e.V. (BDSV), Berlin.

  • Ampel-Koalition
  • Opferschutz
  • Rüstungsexporte
  • Sicherheitspolitik

Security.Table Redaktion

SECURITY.TABLE REDAKTION

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    Seit den Anschlägen auf die Nord Stream-Pipelines arbeiten die Nato-Länder daran, ein besseres Bild davon zu bekommen, was auf Nord- und Ostsee passiert, um Angriffe auf Pipelines, Kabel und Offshore-Anlagen zu verhindern. In meiner Analyse lesen Sie den aktuellen Sachstand und warum sich Deutschland selbst im Weg steht.

    Was wir nicht wissen, ist, wie die Wahl in den USA ausgehen wird. Die Befürchtungen, dass ein wiedergewählter Trump die Nato schwächen könnte, lässt östlich von Washington die Debatte um die europäische Atombombe aufflammen. Meine Kollegen Gabriel Bub und Nana Brink haben Stimmen und Argumente zusammengetragen.

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    Analyse

    Deutschland verliert sich beim Schutz seiner maritimen Infrastruktur in Details

    Die Zahl der Schäden an Pipelines und Unterseekabeln in Nord- und Ostsee ist seit der Vollinvasion Russlands in der Ukraine signifikant gestiegen. 25 Prozent der transatlantischen europäischen Datenkabel seien seit Februar 2022 nicht mehr funktionsfähig, konstatierte Roderich Kiesewetter (CDU), Experte für Außenpolitik, kürzlich unter Berufung auf den deutschen General Christian Badia, stellvertretender Oberkommandierender des Allied Command Transformation der Nato in Norfolk, Virginia. 

    Weil ein flächendeckender Schutz maritimer Infrastruktur vor Unfällen und Sabotage nicht möglich ist, arbeitet die Nato daran, ein möglichst genaues Bild davon zu haben, welche Schiffe sich wann wo in Nord- und Ostsee aufhalten. “Wir wollen verdächtiges Verhalten von Schiffen real detektieren, um dann eine Attacke einem Akteur zuordnen zu können”, sagte Hans-Werner Wiermann, ehemaliger Generalleutnant der Bundeswehr, auf der Maritimen Konferenz in Bremen im September. 

    Zivile Schiffe mit militärischen Fähigkeiten aufspüren

    Seit Anfang 2023 baut Wiermann auf deutsch-norwegische Initiative und als Reaktion auf die Anschläge auf die Nord-Stream-Pipelines in der Ostsee eine Koordinierungszelle in Brüssel auf. Sein Ziel: alle Akteure aus dem Bereich Unterwasser-Infrastruktur in den Nato-Ländern an einen Tisch zu bringen – Betreiber, Industrie sowie Regierungen. Beim Treffen der Nato-Verteidigungsminister im Februar soll er dann den Mitgliedstaaten konkrete Handlungsempfehlungen für den Schutz der maritimen Infrastruktur aussprechen. 

    Dabei gehe es weniger um das Verhalten russischer Kriegs- oder Forschungsschiffe, diese hätten die Nato-Länder bereits gut im Blick, sagte Wiermann in Bremen. Es gehe um zivile Schiffe mit militärischen Fähigkeiten, die über Wasser Angriffe auf Unterwasser-Infrastruktur vorbereiten könnten und ihr eigentlich verpflichtendes Automatic Identification System (AIS) ausgeschaltet hätten. 

    Ein solches Lagebild, bestehend etwa aus Satelliten-, Radar-, Sensor- und Sonardaten, würde es ermöglichen, Anschläge direkt einem Akteur zuschreiben zu können. Das treibe den Preis für den Angreifer in die Höhe und würde einen Angriff unrentabel machen – Abschreckung durch Attributierbarkeit, so die Argumentation.

    Alliierte sollen Ansprechpartner etablieren

    Ein wichtiger Baustein dieses Netzwerks: Die Mitgliedstaaten sollen einen zentralen Ansprechpartner für ihre maritime Kritische Infrastruktur etablieren und der Nato benennen. Gerade in Deutschland mit seiner Verantwortungsdiffusion zwischen verschiedenen Ressorts hatten sich auch die Betreiber von Offshore-Anlagen einen verlässlichen Ansprechpartner gewünscht. Wo dieser angesiedelt ist, welche Informationen (insbesondere über länderspezifische vulnerable Knotenpunkte) darüber mit wem in der Nato geteilt werden, und wie der Schutz auf See geregelt wird, bleibt Sache jedes einzelnen Mitgliedslandes.

    In Deutschland bleibt es weiter Gegenstand von Debatten zwischen den Ressorts. Für den Schutz von Pipelines, Kabeln und Offshore-Anlagen ist das Innenministerium zuständig, die Landeslandespolizeien haben die Exekutivgewalt in den Küstengewässern, die Bundespolizei dagegen in der Ausschließlichen Wirtschaftszone. Das Verkehrsministerium ist verantwortlich für Schifffahrtsstraßen und Häfen, hat allerdings keine Mittel, diese zu schützen, was daher die Bundespolizei übernimmt. Die Marine – kein Einsatz im Inneren – kann der Bundespolizei nur per Amtshilfeverfahren beispringen.

    Deutschland verschleppt Entscheidung

    Einig sind sich die Ressorts wohl aber inzwischen darin, dass ein von der Marine betriebenes Lagebild Über- und Unterwasser das Verteidigungsministerium schlussendlich am besten für die Rolle des “Point of Contact” in der Nato qualifizieren würde. Stellt die Marine verdächtiges Verhalten fest, könnte sie Informationen an die Bundespolizei und die Betreiber Kritischer Anlagen weitergeben, die dann entsprechende Maßnahmen ergreifen müssten. Trotzdem tue man sich schwer mit der finalen Meldung an die Nato, noch stünden Details im Weg, sagen Experten. Die ursprüngliche Meldedeadline war am 30. November verstrichen.

    Die Marine, die über weitergehende Fähigkeiten zur Lagebilderstellung verfügt als die Bundespolizei, will diese noch ausbauen, wie der Inspekteur der Marine, Vizeadmiral Jan Christian Kaack, auf der Historischen-taktischen Tagung der Marine in Linstow vergangene Woche bekräftigte: “Wir werden den weiteren Ausbau unserer Fähigkeiten im Lagebildaufbau Über- und Unterwasser – “from seabed to space” – fortsetzen und uns als nationaler Expertiseträger in der maritimen Sicherheit etablieren.” 

    Im Dezember hatte die Marine bereits einen Beschaffungsvertrag über elf mobile Systeme zur verdeckten Unterwasser-Aufklärung und -Lagedarstellung, finanziert aus dem Sondervermögen, unterzeichnet. Bislang hatte sie drei dieser Systeme, die per Sonarbojen vor allem U-Boote detektieren. “Bestehend aus drei Containern ist es grundsätzlich auf allen Booten und Schiffen der Deutschen Marine nutzbar, ohne dass es zuvor speziell verbaut oder systemseitig integriert werden muss”, heißt es in einer entsprechenden Mitteilung. 

    Marine testet “Sea Guardian”

    Zudem soll die Aufklärungsdrohne MQ-9 “Sea Guardian” von General Atomics zusammen mit dem Aufklärungsflugzeug P-8 Poseidon mehrere Monate getestet werden, sagte Kaack auf der Tagung. Unklar ist derzeit, mit welchen P-8-Flugzeugen die “Sea Guardian” getestet werden soll: Keiner der bewilligten acht U-Boot-Jäger ist schon da. Laut Hersteller kann die “Sea Guardian” bis zu 30 Stunden via Satellitennavigation in der Luft bleiben und – je nach Konfiguration – für die U-Boot-Bekämpfung bewaffnet werden.

    “Im Anschluss wollen wir auch der Heron TP eine Chance geben”, sagte Kaack. Der Bundestag hatte im April 2022, nach fast zehnjähriger Debatte, der Bewaffnung der Heron TP zugestimmt, fünf Drohnen und vier Bodenstationen sollen von Israel geleast werden. Die Luftwaffe plant, die Drohnen in Jagel in Schleswig-Holstein zu stationieren und sie zunächst über der Nordsee zu erproben.

    Allerdings haben sich die Anforderungen drastisch geändert: Während sich die Heron TP eher zum Schutz der Truppen am Boden bei Auslandseinsätzen wie in Afghanistan oder in Mali eignete, braucht es nun Fähigkeiten zur Landes- und Bündnisverteidigung – und zur Aufklärung über See. Im “Kursbild Marine 35+”, nennt der Marineinspekteur bis 2035 die Beschaffung von sechs Drohnen für den Seekrieg Über- und Unterwasser und die Aufklärung.

    Perspektivisch gesehen könnten neben den Daten von Schiffen, Drohnen und Seefernaufklärern auch Kamera- und Sensordaten von Betreibern Kritischer Anlagen, von der Bundespolizei und weiteren sicherheitsrelevanten Akteuren dezentral in ein Lagebild der Marine eingespeist werden. Dies zeigen Forschungsansätze etwa am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt. Dargestellt werden dem Empfänger allerdings nur die Informationen, zu deren Nutzung er rechtlich befugt ist. 

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    Frankreichs Haltung zu europäischem Atomschutzschirm – Ausweitung würde “lange dauern”

    Der französische Präsident Emmanuel Macron besucht Soldaten im Dezember 2023

    Die Debatte um eine europäische Atombombe hat gerade Hochkonjunktur. Der frühere Grünen-Außenminister Joschka Fischer forderte sie im Dezember, später folgten der Politikwissenschaftler Herfried Münkler und Carlo Masala von der Bundeswehr-Uni München. Der Funke-Mediengruppe sagte Masala: “Wenn die Amerikaner keinen Schutz mehr garantieren, brauchen wir einen europäischen Nuklearschirm.” So sieht es auch der USA-Experte Josef Braml: “Das durch den Ukraine-Krieg nur bedingt geschwächte Russland bleibt für Europa auf absehbare Zeit eine existenzielle Bedrohung, die es auch mit eigenen nuklearen Fähigkeiten abzuschrecken gilt.”

    Die Ex-Nato-Strategin Stefanie Babst hält solche Vorstellungen für abwegig. Im Gespräch mit Table.Media erklärt die Militärexpertin, man müsse vielmehr darüber nachdenken, den US-amerikanischen Atomschutzschirm auch auf Länder wie Polen auszuweiten. “Dieser Schritt muss eigentlich logischerweise erfolgen.” Vor allem in Deutschland würde die Politik sich dagegen stellen, weil man befürchte, damit die Nato-Russland-Grundakte von 1997 zu verletzen. Dort ist unter anderem der Verzicht auf die Stationierung von Atomwaffen in den neuen osteuropäischen Nato-Mitgliedstaaten enthalten. “Die Russen zeigen uns jeden Tag, dass diese Vereinbarung tot ist.”

    Französische Atomwaffen erlauben keinen flexiblen Angriff

    Liviu Horovitz von der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) und seine frühere Kollegin Lydia Wachs (mittlerweile Stockholm University) halten eine Ausweitung des französischen Schutzschirms auf Europa in absehbarer Zeit für sehr unwahrscheinlich. Schon im Januar 2023 haben sie in einem Paper die politischen und militärischen Herausforderungen dafür analysiert. Die strategischen französischen Waffen reichen, um “politische, wirtschaftliche und militärische Nervenzentren” zu zerstören, nicht aber um flexibel zuzuschlagen, schreiben sie darin.

    “Frankreich hat ein ganz anderes Arsenal als die USA, die Risiken wären viel größer, viel kostspieliger”, sagt Horovitz im Gespräch mit Table.Media. Bis ein europäisches Arsenal die gleiche abschreckende Wirkung wie ein US-amerikanisches hätte, würde es “sicherlich Jahrzehnte” dauern, erklärt Wachs. Und sie sind teuer. Die französische nukleare Abschreckung verschlingt jährlich etwa ein Fünftel des Verteidigungsbudgets. Neue Strukturen aufzubauen oder zu erweitern, würde weit mehr kosten.

    Frankreich verfügt über 300 Atomsprengköpfe, von denen die meisten für den Abschuss von U-Booten aus vorgesehen sind; wenige können von Kampfflugzeugen abgefeuert werden. Die britischen Nuklearstreitkräfte setzen ausschließlich auf seegestützte Systeme und besitzen mehr als 200 Sprengköpfe.

    Entscheidend für die Beurteilung des nuklearen Schutzschirms für Europa ist die Unterscheidung zwischen strategischen und taktischen Atomwaffen. Erstere sind nicht für ein direktes Gefecht geplant. Mit ihrer Reichweite von mehreren tausend Kilometern und ihrer immensen Sprengkraft dienen sie der Abschreckung. Die USA und Russland können mit diesen Waffen jeden Ort der Welt erreichen. Taktische Atomwaffen erlauben auch vergleichsweise kleine Schläge. Weil Frankreichs Arsenal unflexibel ist, müsste es strategische Waffen einsetzen – und mit einem empfindlichen Gegenschlag rechnen.

    Der ehemalige Beigeordnete Nato-Generalsekretär für Verteidigungspolitik Heinrich Brauß sieht deshalb in einer europäischen nuklearen Abschreckung “keine Alternative”.

    Frankreichs Dialog-Initiative war kein Angebot zur Ausweitung des Schutzschirms

    2020 hatte Frankreichs Präsident Emmanuel Macron gesagt, er hoffe, dass ein “strategischer Dialog” mit den europäischen Partnern über die Rolle der französischen nuklearen Abschreckung in Europa entstehe. Ebenfalls stellte er eine Beteiligung an Übungen der Force de Frappe in Aussicht. Bislang hat Deutschland auf diese Einladung nicht geantwortet. Die Dialog-Initiative war allerdings kein Angebot zur Ausweitung des französischen Atomwaffenschutzschirms.

    Denn dass Frankreich die Entscheidungsgewalt über seine Atomwaffen an andere europäische Länder übertrage, sei kurz- bis mittelfristig “höchst unwahrscheinlich”, so Wachs. “Die Entscheidung, ob, wann und wie die lebenswichtigen Interessen Frankreichs gefährdet sind und ob, wie und wann Nuklearwaffen eingesetzt werden, obliegt ausschließlich dem französischen Präsidenten in einer konkreten Bedrohungslage, die man nicht antizipieren kann”, erklärt Ex-Nato-General Brauß. Auch deshalb ist Frankreich nicht Teil der nuklearen Kommandostruktur der Nato.

    Und ein europäischer Atomwaffenschutzschirm setzt voraus, dass die Staaten gemeinsam schnell entscheiden können. Die Idee eines “gemeinsamen Koffer mit rotem Knopf, der zwischen großen EU-Ländern wandert”, wie sie Politikwissenschaftler Münkler formuliert, ist unrealistisch. Entscheidungen auf EU-Ebene zeigen, wie weit entfernt man davon ist.

    Ausweitung würde “sehr lange” dauern

    Die Alternative wäre also eine Ausweitung des Schutzschirms unter französischer Verantwortung, die allerdings “sehr lange” dauern würde, so Wachs. Die europäischen Verbündeten müssten darauf vertrauen, dass Frankreich bereit wäre, große Schäden auf eigenem Gebiet in Kauf zu nehmen, um sie zu schützen und ein Feind müsste das auch. Dass Frankreich etwa einen konventionellen Angriff Russlands auf das Baltikum mit dem Einsatz von Nuklearwaffen beantworte, sei unter den derzeitigen Bedingungen “sehr unglaubwürdig”, sagt die Wissenschaftlerin.

    Es gilt als ausgemacht, dass die USA ihren Fokus von Europa auf den Indopazifik verlagern, unabhängig einer Wiederwahl Trumps. Dass sie sich komplett aus Europa zurückziehen, hält Horovitz für unrealistisch. “Es ist verfrüht, sich Sorgen zu machen”, sagt Horovitz. Wahrscheinlicher wäre, dass die USA zunächst konventionelle Waffensysteme aus Europa abziehen. “Die erste Trump-Administration wollte primär, dass die europäischen Nato-Länder das Zwei-Prozent-Ziel erfüllen und konventionell aufrüsten.” Eine Debatte über nukleare Abschreckung sei wichtig, doch: “Wenn das Nukleare wegfällt, ist das Konventionelle schon lange weg.”

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    News

    Irans Revolutionswächter schießen Raketen auf Irak und Syrien

    Irans Revolutionswächter (IRGC) haben nach eigenen Angaben Ziele im Irak und in Syrien mit mehreren ballistischen Raketen attackiert. Die Angriffe seien Rache für den verheerenden Anschlag in der südiranischen Stadt Kerman Anfang Januar sowie die Tötung eines hochrangigen IRGC-Offiziers Ende Dezember, teilte das IRGC-Webportal in der Nacht zum Dienstag mit.

    Das Ziel in Iraks Kurdengebieten beschrieb die Revolutionsgarde als Spionagezentrale des israelischen Geheimdienstes Mossad. “Wir versichern unserem geliebten Volk, dass die Offensivoperationen der Revolutionsgarde so lange fortgesetzt werden, bis auch der letzte Tropfen Blut der Märtyrer gerächt ist”, hieß es in einer Erklärung.

    In der nordirakischen Stadt Erbil waren kurz vor Mitternacht irakischer Zeit laute Explosionen zu hören. In der Nähe eines im Bau befindlichen US-Konsulats schlugen Augenzeugen zufolge mehrere Raketen ein. Wie die Nachrichtenagentur Reuters berichtet, seien aber keine US-Einrichtungen getroffen worden. Sicherheitskreisen in Erbil zufolge kamen dabei vier Zivilisten ums Leben. Fünf weitere sollen verletzt worden sein. Raketen seien auf Farmen nördlich von Erbil gefallen und hätten Häuser getroffen. Unter den Toten sollen auch der kurdische Geschäftsmann Peshraw Dizayee, der enge Beziehungen zum regierenden Barzani-Clan unterhielt, und Mitglieder seiner Familie sein.

    Deutsche Soldaten sind nicht betroffen

    Ein Sprecher des Einsatzführungskommandos der Bundeswehr sagte Table.Media am späten Montagabend, die deutschen Soldaten in Erbil seien nicht betroffen. Im internationalen Camp am Flughafen der kurdischen Stadt sind rund 50 Soldaten und Soldatinnen der Bundeswehr im Rahmen der internationalen Anti-IS-Koalition stationiert.

    In Syrien wurde nach Darstellung der Revolutionswächter vor allem die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) “in den besetzten Gebieten Syriens ausfindig gemacht und durch den Abschuss einer Reihe von ballistischen Raketen zerstört”, hieß es in der Mitteilung. Augenzeugen zufolge soll es in Aleppo im Nordwesten Syriens mindestens sechs Explosionen gegeben haben.

    Die Vereinigten Staaten verurteilten die Angriffe auf Erbil auf das Schärfste und sprachen den Angehörigen der Getöteten ihr Beileid aus. “Wir wenden uns gegen die rücksichtslosen Raketenangriffe des Iran, die die Stabilität im Irak untergraben. Wir unterstützen die irakische Regierung und die kurdische Regionalregierung in ihren Bemühungen, den Zukunftszielen des irakischen Volkes gerecht zu werden”, sagte der Sprecher des US-Außenministeriums, Matthew Miller, in der Nacht zum Dienstag.

    Die Lage in der Region ist seit Ausbruch des Gaza-Kriegs vor mehr als drei Monaten äußerst angespannt. Ende Dezember wurde bei einem mutmaßlich israelischen Luftangriff in Syrien der iranische Brigadegeneral Sejed-Rasi Mussawi getötet. Er war ranghohes Mitglied der IRGC. Die militärische Führung Irans schwor Israel daraufhin Rache. Die Revolutionsgarde ist Irans Eliteeinheit und gilt als weitaus mächtiger als die regulären Truppen. Oberbefehlshaber ist Staatsoberhaupt Ali Chamenei.

    Bei einem Terroranschlag in der Stadt Kerman wurden Anfang Januar mehr als 90 Menschen in den Tod gerissen. Der IS reklamierte die Attacke für sich. Sie galt einer Trauerveranstaltung anlässlich des Todestags des mächtigen Generals Ghassem Soleimani in dessen Heimatstadt. Es war der tödlichste Anschlag in der rund 45-jährigen Geschichte der Islamischen Republik. dpa/tw/bub

    • Nahost

    Washington und London zögern vor neuen Angriffen auf Huthis

    Die militärischen Kapazitäten der Huthi-Rebellen im Jemen sind nach den US-Luftangriffen vom Wochenende Militärexperten zufolge weitgehend intakt. So beschoss die von Iran unterstützte Gruppe am Montag das unter Flagge der Marshallinseln fahrende US-amerikanische Handelsschiff M/V Gibraltar; zuvor hatten US-Streitkräfte nach Angaben des US-Zentralkommandos einen Richtung südlichem Rotem Meer abgefeuerten Seezielflugkörper beobachtet, der jedoch auf Land einschlug.

    Britische und US-Streitkräfte hatten am Freitag und Samstag vergangener Woche Dutzende Ziele der Huthis bombardiert, darunter Häfen, Flughäfen, Kasernen und Raketen- und Radarstellungen. Als Grund nannten US-Präsident Joe Biden und der britische Premierminister Rishi Sunak, dass die Huthis ihre im November begonnenen Angriffe auf Handelsschiffe im Roten Meer trotz wiederholter Warnungen nicht eingestellt hatten. Seit Beginn des Gazakriegs im Oktober hatten die Huthis zudem immer wieder Drohnen und Marschflugkörper in Richtung der israelischen Hafenstadt Eilat abgefeuert.

    Ob das militärische Vorgehen der USA und Großbritanniens die Huthi-Rebellen, die sich selbst “Ansar Allah” (Gefolgsleute Allahs) nennen, zum Einlenken bewegen kann, wird von vielen Seiten bezweifelt. Der britische Verteidigungsminister Grant Shapps sagte am Montag dem Fernsehsender Sky News: “Warten wir ab, was passiert, denn es ist nicht so, dass wir in Aktionen im Roten Meer verwickelt werden wollen. Aber letztlich ist die Freiheit der Schifffahrt ein internationales Recht.”

    Experte: US-Angriffe stärken Stellung von Huthis im Jemen

    Der Islamwissenschaftler Sebastian Sons vom Center for Applied Research in Partnership with the Orient (Carpo) etwa sagte zu Table.Media: “Die Huthis können mit ihrer propalästinensischen und antiwestlichen Propaganda ihre Position im Jemen stärken und ihre Legitimität ausbauen. Dabei helfen ihnen auch die Angriffe im Roten Meer.”

    Für Saudi-Arabien, das mit seiner militärischen Intervention in den internen Machtkampf im Jemen 2015 für eine Eskalation gesorgt hatte, seien die Luftschläge ein Problem, da die Regierung einen Ausgleich mit den Huthis suche, so Sons. Zu dem Thema hatte er zuletzt das Buch “Die neuen Herrscher am Golf und ihr Streben nach globalem Einfluss” veröffentlicht. mrb

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    Russland verliert zwei wichtige Militärflugzeuge

    Zehn Frühwarnflugzeuge vom Typ A-50 soll Russland bis zur Vollinvasion in die Ukraine vor knapp zwei Jahren gehabt haben und zwölf vom Typ IL-22M, die als fliegende Kommandopunkte eingesetzt werden: Jeweils eine dieser Maschinen hat Russland nun am Sonntag verloren. Der ukrainische Oberbefehlshaber Walerij Saluschnyj gratulierte am Montagvormittag den ukrainischen Streitkräften für den Abschuss, einige russische Kriegsblogger behaupten dagegen, dass die Il-22 von der russischen Luftverteidigung selbst über dem Asowschen Meer abgeschossen wurde. Dem widersprachen andere Autoren auf russischen Telegram-Kanälen mit dem Verweis darauf, dass deren Routen seit langer Zeit bekannt seien.

    Für das russische Militär wird die Schwarzmeerregion immer unsicherer. So hat Russland bereits 20 Kriegsschiffe verloren und plant die Verlegung der Schwarzmeerflotte in die abchasische Hafenstadt Ochamchire. Nun wird es aber auch in der Luft über dem Meer gefährlicher. Die beiden am Sonntag abgeschossenen Flugzeuge sollen sich rund 150 Kilometer von der Frontlinie entfernt befunden haben, berichtete The Moscow Times.

    Angriff auf A-50 vor einem Jahr in Belarus

    Die Il-22 ist laut Berichten russischer Telegram-Kanäle in der Schwarzmeerstadt Anapa gelandet. Was mit der A-50 passiert ist, blieb zunächst unklar. Kreml-Sprecher Dmitri Peskow wollte nichts über den Verlust der Flugzeuge am Montag wissen und verwies auf das Verteidigungsministerium. Dieses schwieg.

    Ende Februar 2023 war es höchstwahrscheinlich belarussischen Saboteuren gelungen, eine bei Minsk stationierte russische A-50 mit dem Einsatz von kleinen Drohnen zu beschädigen. Die Maschine wurde daraufhin aus Belarus abgezogen. Eine weitere A-50 soll in Syrien stationiert sein. Der Bau dieser Flugzeuge wird auf etwa 300 Millionen US-Dollar beziffert. Die russische Armee soll nach ukrainischen Angaben bisher insgesamt 330 Militärflugzeuge im Krieg verloren haben. vf

    • Russland
    • Ukraine
    • Ukraine-Krieg

    Frankreich bestellt 42 neue Rafale-Jets

    Das französische Verteidigungsministerium hat 42 Rafale-Kampfjets für seine Luftwaffe bestellt. Die französische Beschaffungsbehörde hat den Auftrag bereits Ende Dezember 2023 erteilt, wie aus einer Mitteilung des französischen Kampfjet-Bauers Dassault Aviation hervorgeht. Frankreichs Verteidigungsminister Sébastien Lecornu schrieb am Freitag auf X, dass es sich bei der Bestellung um eine “Investition von über 5 Milliarden Euro” handele.

    Zwölf der Flieger ersetzen Jets, die 2021 an Griechenland abgegeben wurden. Die übrigen 30 der “Tranche 5” sollen zwischen 2027 und 2032 übergeben werden.

    Insgesamt hat Frankreich damit seit Beginn des Rafale-Programms 234 Stück bestellt. Die Flieger, die die an Kroatien abgegebenen ersetzen, seien bereits 2023 überstellt worden. Die französische Rafale-Flotte bestand 2023 laut dem britischen Thinktank International Institute for Strategic Studies (IISS) aus 172 Kampfflugzeugen dieses Typs.

    Lecornu bezeichnete den Kauf als “ausgezeichnete Nachricht für unsere Souveränität, unsere Sicherheit und unsere Streitkräfte“. Und der CEO von Dassault Aviation, Eric Trappier, sagte, dass diese “militärisch-industrielle Souveränität eine Ausnahme in Europa” darstelle. bub

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    Veteranen der Bundeswehr bekommen erstmals eigene Anlaufstelle

    Veteraninnen und Veteranen der Bundeswehr bekommen erstmals eine eigene Anlaufstelle. Nahe dem Berliner Hauptbahnhof eröffnet die Bundeswehr am Mittwoch ein Büro für die Belange von Veteranen, Verbänden und Organisationen, die sich in der Veteranenarbeit engagieren, heißt es in einer Mitteilung des Verteidigungsministeriums. 

    “Wir sind sehr froh darüber, dass die Idee, die der damalige Staatssekretär Peter Tauber mit uns und anderen Veteranenverbänden hatte, wirklich umgesetzt wird. Nun kommt es aber darauf an, was man daraus macht”, sagt Bernhard Drescher, Vorsitzender des Bundes Deutscher Einsatzveteranen, gegenüber Table.Media. In Deutschland gäbe es keine Veteranenkultur, “deshalb ist das Veteranenbüro wirklich ein allererstes Zeichen nach außen, aber es ist erstmal nur ein Zeichen”.

    Auch Belange der Zivilgesellschaft im Blick haben

    Das Büro müsse als Schnittstelle zwischen dem “System Bundeswehr” und ehemaligen Soldaten, Reservisten, Veteranen, Angehörigen und der Zivilgesellschaft dienen, “also dem erweiterten Veteranenbegriff”, so Drescher. Es müsse aber auch ein “aktiver Point of Contact” zu allen Organisationen sein, die sich mit dem Themenfeld Bundeswehr, Betreuung, Fürsorge, und Vorsorge, Identitätsbildung, gesellschaftliche Einbindung auseinandersetzen. “Wir wünschen uns, dass es auch mit Personen besetzt wird, die die Belange der Soldaten und Familien aus dem Zivilen im Blick hat”, sagt Drescher.

    Das genaue Konzept kennt Drescher nicht, weil der Bund Deutscher Einsatzveteranen bei der Erstellung nicht einbezogen wurde. “Wichtig ist uns, dass dieses Büro über alle Kommunikationskanäle erreichbar ist, von außen nach innen also, aber auch von innen nach außen wirkt, und Menschen am anderen Ende der Republik etwa über eine Webseite, einen Messenger-Dienst oder Webinare informieren kann”, sagt Drescher.

    Bei der symbolischen Schlüsselübergabe an den künftigen Leiter des Büros, Oberstleutnant Michael Krause, werden Siemtje Möller, Parlamentarische Staatssekretärin im Verteidigungsministerium, der stellvertretende Generalinspekteur und Beauftragte für Veteranenangelegenheiten Generalleutnant Markus Laubenthal teilnehmen. Zu den weiteren Gästen zählt unter anderem auch die Wehrbeauftragte des Deutschen Bundestages. klm

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    • Wehrbeauftragte

    Presseschau

    Süddeutsche Zeitung: Konfliktforschung – “Gewalt macht ethnische Trennlinien plausibler.” Welche Mechanismen halten den Nahostkonflikt am Leben? Wie entstanden zwei derart dominante Lesarten, die jeweils das Leid der Gegenseite ausblenden? Und wie hängen Kriege mit der Gründung von Nationalstaaten zusammen? Diesen Fragen widmet sich der Soziologe und Konfliktforscher Andreas Wimmer im Interview.

    The Kyiv Independent: Inside occupied Ukraine’s most effective resistance movements. Ob symbolisch, subtil oder destruktiv, eines haben ukrainische Akte des Widerstands gemeinsam: Sie vermitteln, dass Russlands Einfluss ebenso schwach, wie vorübergehend ist. The Kyiv Independent stellt Personen vor, die verschiedene Widerstandsoperationen in den besetzten Gebieten der Ukraine koordinieren.

    Politico: How Europe can start Trump-proofing. Die Europäer können zwar nicht den Wahlausgang in den USA im Herbst beeinflussen, aber sie könnten sich besser auf eine mögliche Wiederwahl Trumps vorbereiten, findet Bruce Stokes vom German Marshall Fund. Schon jetzt sollten sie bestehende politische und wirtschaftliche Kontakte ausweiten, damit es einer neuen Trump-Administration schwerer fällt, sie wieder zu zerstören. 

    Welt: Der Prinz aus Saudi-Arabien, der Rüstungskonzern und ein böser Verdacht. Waffen, Adelige, fragwürdiger Reichtum und Strohmänner – all jene sollen Teil eines Deals zwischen Rheinmetall und dem saudischen Prinzen Mishal bin Abdul Aziz Al Saud gewesen sein. Mithilfe neuer Zeugenaussagen skizziert Welt am Sonntag die Hintergründe des Geschäfts.

    Standpunkt

    Rüstungsexport ist ein Instrument deutscher Außen- und Sicherheitspolitik

    Von Hans Christoph Atzpodien
    Hans Christoph Atzpodien über Sicherheit im Green Deal
    Hans Christoph Atzpodien ist Hauptgeschäftsführer des BDSV.

    Die Koalitionspartner in der Ampel-Regierung haben in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart, sich für ein nationales Rüstungsexportkontrollgesetz (REKG) einzusetzen mit dem Ziel, “den gemeinsamen Standpunkt der EU mit seinen acht Kriterien sowie die Politischen Grundsätze der Bundesregierung für den Export von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern, die Kleinwaffengrundsätze und die Ausweitung von Post-Shipment-Kontrollen in einem solchen Gesetz zu verankern.”

    Hierzu gibt es bisher allerdings noch keine in der Bundesregierung abgestimmten Eckpunkte für einen Referentenentwurf, sondern – dem Vernehmen nach – lediglich eine noch andauernde Diskussion zwischen den beteiligten Ressorts der Regierung über kritische Themen. Dies ist sicherlich auch dem Umstand geschuldet, dass wir mit dem Krieg in der Ukraine und dem Terroranschlag der libanesischen Hamas in Israel vor einer veränderten Weltlage stehen.

    Stärkere Rüstungskooperation in Europa als Ziel

    Bereits heute besitzt die Bundesregierung auf der Grundlage der bestehenden, sehr umfassenden rechtlichen Rahmenbedingungen alle Möglichkeiten, um eine restriktive Rüstungsexportpolitik durchzusetzen. Ein darüber hinaus gehendes Gesetz erhöht nach Ansicht der Industrie nicht das exportkontrollrechtliche Niveau, sondern würde die Bundesregierung in ihrer exekutiven Eigenverantwortung bei der Genehmigung von Exporten einschränken.

    Zu den aus Sicht der Industrie auf jeden Fall noch offenen REKG-Diskussionspunkten gehören unter anderem:

    • eine mangelnde Verfahrenssicherheit,
    • der mangelnde Vertrauensschutz für den Fall, dass eine einmal erteilte Genehmigung aus politischen Gründen widerrufen wird oder die Anschlussgenehmigung nicht erteilt wird,
    • der mangelnde Schutz der Industrie vor möglicherweise nur Effekt-haschenden Opferschutzklagen und daraus folgenden ungerechtfertigten Reputationsschäden,
    • die Widersprüche zwischen einer restriktiven Exportkontrollpolitik und dem Ziel einer stärkeren Rüstungskooperation in Europa,
    • dabei vor allem die bei europäischer Kooperation unter Umständen hinderliche Mehrheits-/Minderheitsregelung, die im Zweifel Kooperationen mit deutschen Unternehmen nur dann realistisch erscheinen lässt, wenn der deutsche Anteil in der Minderheit ist.

    Bei praktizierten oder geplanten Rüstungskooperationen zwischen verschiedenen europäischen Partnerländern ist die Harmonisierung der Rüstungsexportkontrolle ein wesentliches Kernanliegen. Einen weiteren Ausbau deutscher Sonderregeln beim Export von Rüstungsgütern gilt es daher unbedingt zu vermeiden. Ohne ein auskömmliches Maß an Rüstungsexport und eine entsprechende Entscheidungs-Harmonisierung ist für andere europäische Länder – wie zum Beispiel Frankreich – ein Rüstungskooperationsvorhaben mit Deutschland im Zweifel uninteressant.

    Bundesregierung bekennt sich zu Vertragstreue

    Leider gilt schon heute bei vielen potenziellen Kooperationspartnern in Europa das Motto “German-free” – eine Wahrnehmung, die durch eine deutsche Verweigerungshaltung in Sachen Eurofighter/Großbritannien weiter verschärft worden wäre und Rüstungskooperationen mit deutscher Beteiligung erschwert hätte. Insofern ist es gut, dass die Bundesregierung nunmehr zwar spät, aber wohl nicht zu spät, davon abgerückt ist und sich zur Vertragstreue gegenüber den europäischen Partnern bekannt hat.

    Sofern es um eigenständige deutsche Regierungsentscheidungen zur Rüstungsexportkontrolle geht, praktiziert Deutschland von jeher denkbar strenge Anforderungen, gerade bei Rüstungsexporten in Drittländer (außerhalb von EU und Nato): Nach den “Politischen Grundsätzen der Bundesregierung zum Rüstungsexport” dürfen Exporte von sogenannten Kriegswaffen in solche Länder nur ganz ausnahmsweise erfolgen, sofern die Bundesregierung hieran ein außen- und sicherheitspolitisches Interesse hat.

    Erst recht gilt dies für Kleinwaffen. Dem stimmt die Industrie aus Überzeugung zu, soweit dabei transparente und verlässliche Verfahrensgrundsätze praktiziert werden. Insofern sind die vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klima in den letzten Monaten beschlossenen Verwaltungsvereinfachungen bei bestimmten Rüstungsexportentscheidungen aus unserer Sicht zu begrüßen.

    Hans Christoph Atzpodien ist Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Deutschen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie e.V. (BDSV), Berlin.

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