im Wahlkampf lassen die Parteien das Thema Zivil- und Katastrophenschutz links liegen. Meine Kollegin Lisa-Martina Klein hat ein Reformpapier des Grünen-Abgeordneten Leon Eckert, das die größten Probleme auflistet, vorab gelesen und für Sie analysiert.
In der Ukraine tritt am 1. September die Wehrdienstreform in Kraft. Kyjiw bereitet sich darauf vor, auch langfristig so verteidigungsfähig wie möglich zu sein. Wie genau die Reform helfen soll, beschreibt unser Ukraine-Korrespondent Denis Trubetskoy.
In Deutschland, Frankreich und Großbritannien sollte man sich derweil damit beschäftigen, wie ein möglicher Waffenstillstand in der Ukraine gesichert werden könnte. Welche Modelle Claudia Major und Aldo Kleemann von der Stiftung Wissenschaft und Politik sehen, lesen Sie in den News.
Eine gute Lektüre wünscht
Trotz Krieg in Europa und der von Bundeskanzler Olaf Scholz ausgerufenen “Zeitenwende”: Der Zivil- und Katastrophenschutz bekommt in Deutschland nur wenig Aufmerksamkeit. In den aktuellen Wahlprogrammen kommt er nur am Rande vor, mit teils Jahre alten Forderungen.
Allerdings sei Deutschland nur dann auf Krisen und Bedrohungslagen vorbereitet, wenn es gelänge, die zivile Verteidigung als gleichwertigen Gegenpart zur militärischen Verteidigung zu stärken, schreibt der Bundestagsabgeordnete Leon Eckert (Grüne) in einem 22-seitigen Reformpapier zur “Zivilen Verteidigung 2025 – 2029”. In dem Papier, das Table.Briefings vorab exklusiv vorliegt und am Dienstagabend im Berlin.Table veröffentlicht wird, beschreibt Eckert eine lange Liste an Großbaustellen, die im Bevölkerungsschutz gelöst werden müssten.
Konkret geht es unter anderem um:
Der tiefgreifendste Reformansatz ist zugleich seit Jahren Streitpunkt zwischen den Ländern und dem Bund: Der Bund soll mehr Kompetenzen im Bevölkerungsschutz bekommen, um verbindliche und einheitliche Regeln auf Bundes- sowie Landesebene zu schaffen. Denn, so bemängelt Eckert, es gäbe bis heute keine verbindlichen Stabsstrukturen, einheitlichen Warnsignale oder Zeichen für den Katastrophenschutz. “Diese grundsätzlichen Schwachstellen können am besten durch eine grundlegende neue Ordnung der Aufgabenteilung zwischen Bund und Ländern gelöst werden.”
Im Frieden ist der Katastrophenschutz Sache der Länder. Im Spannungs- und Verteidigungsfall muss der Bund für den Schutz der Bevölkerung sorgen (Zivilschutz). Für eine Neuordnung sei die rechtliche Festlegung des Zivil- und Katastrophenschutzes als Gemeinschaftsaufgabe im Grundgesetz, wie sie etwa für den Küstenschutz bereits besteht, zu bevorzugen, schlägt Eckert vor.
Der Bund wirkt bei Gemeinschaftsaufgaben bei der Erfüllung von Aufgaben der Länder mit, “wenn diese Aufgaben für die Gesamtheit bedeutsam sind und die Mitwirkung des Bundes zur Verbesserung der Lebensverhältnisse erforderlich ist”, heißt es in Art. 91a, Grundgesetz. Damit würden Bund und Länder etwa die Vorratshaltung nicht mehr separat planen und koordinieren müssen, und könnten sich auch Kosten teilen.
Für eine solche tiefgreifende Änderung ist eine Grundgesetzänderung nötig und somit eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Bundestag und Bundesrat. Anfang der 2000er-Jahre hatten die Länder eine ähnliche Verfassungsänderung schon einmal abgelehnt. Nur vor Ort arbeitende Verantwortliche könnten wirklich entscheiden, welche Regelung im Ernstfall lokal sinnvoll ist, so die Argumentation damals.
Mehr Chancen auf Umsetzung dürfte Eckerts Vorschlag haben, eine Zentralstellenfunktion für das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe einzuführen, die als Bundeskompetenz im Grundgesetz verankert ist. Auch hier fürchten die Länder zwar zu viele Regelungen durch den Bund. Aber die FDP ist ein Unterstützer dieser Idee, die Parteien der zerbrochenen Ampel-Regierung hatten sich dieses Vorhaben in den Koalitionsvertrag geschrieben.
Aufräumen und klare Zuständigkeiten schaffen will Eckert bei den Institutionen. Das Gemeinsame Kompetenzzentrum Bevölkerungsschutz (Gekob) bringe “keinen Mehrwert”: “Fehlende Ergebnisse und der Abzug der entsendeten Personen durch die Bundesländer zeigen, dass dieses Gremium ohne klaren strategischen Plan nach der Ahrtalkatastrophe eingerichtet wurde und dementsprechend nie seinen Platz gefunden hat. Das Gekob ist daher aufzulösen und die Ressourcen sinnvoller zu verwenden”, konstatiert Eckert.
Stattdessen hält er ein Nationales Resilienzzentrum für die strategische Planung für sinnvoll, parallel zum operativ ausgerichteten Gemeinsamen Melde- und Lagezentrum (GMLZ). Im politischen Raum sollte nach Vorstellung Eckerts im Bundeskanzleramt ein Bevölkerungsschutz-Krisenstab eingerichtet werden. Außerdem fordert der Grünen-Abgeordnete die Einrichtung eines gemeinsamen Unterausschusses Gesamtverteidigung, der mit Parlamentariern des Innen- und Verteidigungsausschuss besetzt ist.
Zudem braucht es laut Eckert eine Aktualisierung des Zivilschutzgesetzes. So sollten die Kommunen verpflichtend am bundesweiten, jährlichen Warntag teilnehmen, nicht freiwillig. In der Schule sollte es eine Zivilschutzausbildung geben. Auch die kommunalen Entscheidungsträger sollten sich verpflichtend weiterbilden im Bereich Krisenmanagement.
Die Vorsorge- und Sicherstellungsgesetze ermöglichen dem Bund im Spannungs- und Verteidigungsfall empfindliche Eingriffe in Wirtschaft und Privatleben. Sie sollten modernisiert und unter einem Rahmengesetz gebündelt werden, schlägt Eckert vor. Auch viele Juristen sehen das so. Außerdem brauche es, um Vorbereitungen bereits jetzt treffen zu können, eine Möglichkeit, diese Gesetze früher als erst im Spannungs- und Verteidigungsfall zu entsperren. Es herrsche ein Zustand zwischen Frieden und Krieg, der rechtlich zurzeit nicht abgebildet sei. Die neue Bundesregierung müsse zudem die Umsetzung des Kritis-Dachgesetzes und des NIS-2- Umsetzungsgesetzes schnell in die Wege leiten.
Auf Kritik in der Bevölkerung dürfte eine bundesweite “Sicherheitsabgabe” stoßen. Angelehnt an die frühere Feuerwehrabgabe soll dadurch jeder, der sich nicht in einer Zivilschutzorganisation engagiert, einen finanziellen Beitrag zur Ausrüstung der Einsatzkräfte leisten.
Mit einer Reform des Wehrdienstes bereitet sich die Ukraine darauf vor, auch langfristig so viel wie möglich selbst für die eigene Sicherheit zu sorgen – unabhängig davon, wann der russisch-ukrainische Krieg endet und welche Sicherheitsgarantien das Land erhält.
Vor dem 24. Februar 2022 galt in der Ukraine eine allgemeine Wehrpflicht. Sie sah vor, dass Männer zwischen 18 und 27 Jahren den regulären, zwölfmonatigen Wehrdienst absolvieren müssen. In Wirklichkeit haben die meisten Männer aber nicht gedient, es war stets relativ leicht möglich, das mit falschen Gesundheitsattesten oder Umzügen zu vermeiden.
Wie es in den Ländern der ehemaligen Sowjetunion üblich ist, gab es in der Ukraine zwei Einberufungen innerhalb eines Jahres – eine im Frühjahr und eine im Herbst. Während der letzten Einberufung vor der russischen Großinvasion wurden nach Angaben des ukrainischen Generalstabs im Herbst 2021 nur 13.575 Wehrdienstleistende eingezogen. Seit dem russischen Großüberfall sind reguläre Einberufungen ausgesetzt. Die Einberufungsämter konzentrieren sich ganz auf die Mobilmachung für die kämpfende Armee.
Der russische Angriff legte die Probleme des alten Systems deutlich offen. Nach etlichen Diskussionen fiel 2024 die Entscheidung, sich vom regulären Wehrdienst zu verabschieden. Dieser wird nun ersetzt durch:
Seit wenigen Tagen ist jetzt klar, wie das organisiert werden wird. Vom 1. September an gilt: Der neue reguläre Wehrdienst beginnt im September mit dem neuen Studienjahr. Die militärische Grundausbildung wird an Hochschulen und Universitäten in den Lehrplan integriert.
Den Grundwehrdienst absolvieren Männern im Alter zwischen 18 bis 25 Jahren, die keine Studenten sind. Anders als vor 2022 werden die Männer aber nicht gezielt von Einberufungsämtern eingezogen, sondern dürfen freiwillig auswählen, wann genau sie den Grundwehrdienst an einem der Ausbildungszentren der Armee absolvieren. Unter Kriegsrecht wird dieser drei Monate dauern, in der Friedenszeit fünf Monate.
Die militärische Grundausbildung an höheren Bildungseinrichtungen ist anders geregelt: In den ersten beiden Studienjahren müssen alle Studierenden, Frauen wie Männer, einen theoretischen Kurs absolvieren: Er besteht aus 90 akademischen Stunden. Der praktische Teil besteht aus 210 Stunden, die die jungen Menschen während der Ferien ebenfalls in Ausbildungszentren der Armee absolvieren. Dieser ist für diensttaugliche Männer verpflichtend.
Frauen dürfen freiwillig mitmachen, und zwar sowohl beim Grundwehrdienst als auch beim praktischen Kurs der militärischen Grundausbildung. Diensttaugliche Männer müssen bis 25 Jahre entweder die eine oder die andere Form absolvieren. Sonst werden sie von Jobs in staatlichen Institutionen und in lokalen Selbstverwaltungen ausgeschlossen.
“Die Reform ist vernünftig und ist an sich nur zu begrüßen”, sagt der renommierte Militärexperte Oleksij Melnyk, Oberstleutnant a.D. der ukrainischen Armee und Co-Direktor der Programme für internationale Sicherheit an der Kyjiwer Denkfabrik Zentr Rasumkowa. Die Idee sei klar: Statt des nicht effektiven regulären Wehrdienstes solle die allgemeine Wehrfähigkeit der potenziellen Reservisten deutlich erhöht werden. Denn schon länger ist die Ukraine darauf angewiesen, auch Männer ohne jeglichen Militärhintergrund einzuziehen, die dann zunächst nur zwei Monate Ausbildungszeit haben.
Die Reform soll dafür sorgen, dass alle Männer, die 25 werden und damit mobilisiert werden könnten, bereits über grundsätzliche Kenntnisse und Fähigkeiten sowie ein konkretes Militärfach verfügen. “Es kommt aber natürlich vor allem auf die praktische Umsetzung an”, unterstreicht Melnyk. “Die Leute müssen wirklich ausgebildet werden und nicht etwas völlig anderes machen wie beispielsweise Zäune und Gehwege streichen, was mit dem regulären Wehrdienst gang und gäbe war.”
Unklar ist allerdings, was die Wehrdienstreform bedeuten würde, sollte die Ukraine in der Zukunft das minimale Mobilisierungsalter senken. Sowohl die US-Administration von Joe Biden als auch die neue von Donald Trump drängen Kyjiw dazu, das Einberufungsalter auf 18 Jahre zu senken und schon jetzt die jungen Männer dieses Alters einzuziehen. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj lehnt das entschieden ab. Stattdessen will seine Regierung junge Männer dazu bewegen, sich freiwillig mobilisieren zu lassen. Dabei soll es unter anderem um lukrative Verträge gehen.
Dass die Ukraine jedoch trotzdem irgendwann das Alter für die Mobilmachung senken muss, ist nicht ausgeschlossen. Ob dies so viel bringt, wie es die USA erwarten, ist fraglich. Wegen der Geburtenkrise der 1990er- und Anfang der 2000er-Jahre handelt es sich um geburtenschwache Jahrgänge – und Experten zufolge wird es schwierig sein, mehr als etwa 200.000 Menschen in dieser Altersgruppe mobilzumachen.
“Wir müssen mehr tun, schneller werden und gemeinsam handeln”, sagte EU-Ratspräsident António Costa am Ende des ersten Verteidigungsgipfels in Brüssel. Russlands Krieg in der Ukraine und die hybriden Angriffe machten eine europäische Antwort nötig, um die Sicherheit für alle Bürger und für den Kontinent zu garantieren.
Die Klausurtagung soll Leitlinien für das Weißbuch zur Verteidigung liefern, das die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas am 19. März präsentieren wird. Man werde sich auf die wichtigsten Fähigkeitslücken konzentrieren, in Absprache mit der Nato und in Bereichen, wo Europa Mehrwert bieten könne, sagte António Costa. Der EU-Ratspräsident erwähnte konkret eine europäische Raketenabwehr, weitreichende Präzisionswaffen und militärische Mobilität.
An zweiter Stelle auf der Agenda der Klausur stand das heikle Thema der Finanzierung: Europa müsse private und öffentliche Gelder mobilisieren, sagte António Costa. Der Ratspräsident erwähnte dabei alle Optionen von einer stärkeren Rolle der Europäischen Investitionsbank, über Möglichkeiten, den Mitgliedstaaten weitere Flexibilität bei der Anwendung der Haushaltskriterien des Stabilitätspakts zu gewähren, bis zum nächsten mehrjährigen Finanzrahmen und innovativen Instrumenten, das Stichwort für gemeinsame Schulden. So könnte etwa bei einer europäischen Raketenabwehr eine europäische Finanzierung diskutiert werden.
Wobei das Lager der Gegner von Verteidigungsbonds weiter zu schrumpfen scheint. Nach Dänemark hat am Gipfel auch Finnland signalisiert, für alle Optionen offen zu sein: Russland sei eine permanente und existenzielle Bedrohung für die EU und ihre Mitgliedstaaten, sagte der finnische Regierungschef Petteri Orpo in Brüssel. Seine Regierung sei offen für verschiedene Lösungen, wie gemeinsame Verteidigung finanziert werden könne. Es werde auch gemeinsames europäisches Geld brauchen.
Der griechische Premier Kyriakos Mitsotakis forderte in einem Gastbeitrag in der Financial Times gemeinsame Verteidigungsausgaben in der Höhe von mindestens 100 Milliarden Euro. Der Vorstoß kommt eine Woche nachdem die vier Frontstaaten Litauen, Estland, Lettland und Polen ein Papier mit einer identischen Forderung präsentiert hatten. Wenn die EU ein Pol des Friedens und der Stabilität bleiben wolle, müsse sie eine robuste, einheitliche und glaubwürdige Abschreckungsfähigkeit aufbauen, sagte Mitsotakis. Es gebe keine Zeit zu verlieren.
Ganz anders Olaf Scholz, der seine Absage zu Eurobonds bekräftigte: Die EU habe nicht die Perspektive, gemeinsame Schulden aufzunehmen. Der Bundeskanzler legte den Fokus auf eine nationale Finanzierung: “Ich plädiere dafür, dass alle Staaten jetzt zwei Prozent für Verteidigung ausgeben.” Deutschland habe das zwei Prozent-Ziel mithilfe des Sondervermögens erreicht und werde ab 2028 weiter nach Mitteln suchen müssen, um dauerhaft den Bundeswehrhaushalt um 30 Milliarden Euro zu verbessern. Außerdem brauche es konkrete Verabredungen, wie die Verteidigungsindustrie gestärkt werden könne: “Wir haben heute eine große Aufsplitterung, ganz anders als in den USA.”
Der erste Verteidigungsgipfel der EU wurde von Donald Trump und seiner Ankündigung überschattet, Strafzölle gegen Europas Industrie zu verhängen. Polens Regierungschef Donald Tusk sprach von einem “grausamen Paradox”: Der Westen müsse sich gegen Russlands Aggression sowie Chinas Expansion wehren, und gleichzeitig suchten Verbündete einen Grund für einen Konflikt: Es müsse alles getan werden, um “diesen dummen und absolut unnötigen” Handelskrieg abzuwenden.
Deutlich wurde auch Luxemburgs Regierungschef Luc Frieden: Europa sei nicht schwächer als die USA: “Wenn jemand einen Handelskonflikt will, dann kriegt er ihn.” Europa werde mit den gleichen Waffen antworten, wenn Trump mit seinen Zöllen Ernst mache. Bei einem Handelskrieg zwischen der EU und den USA würde China zum lachenden Dritten werden, sagte Österreichs Bundeskanzler Alexander Schallenberg. Auf der einen Seite die Kriegsgefahr durch ein aggressives Russland, auf der anderen ein drohender Handelskrieg mit den USA, die Position der Europäer ist wenig beneidenswert.
Ein möglicher Waffenstillstand in der Ukraine, über den derzeit viel spekuliert wird, birgt für die Europäer “besondere Sprengkraft”. Denn klar ist: Die USA unter Präsident Donald Trump lehnen eine zentrale Rolle bei der Absicherung eines Waffenstillstandes ab und “sehen die Europäer in der Pflicht”. Zu diesem Schluss kommen Claudia Major, Leiterin der Forschungsgruppe Sicherheitspolitik bei der SWP, und SWP-Gastwissenschaftler Aldo Kleemann. Bislang allerdings, so Major zu Table.Briefings, “fehlt es an deutscher, französischer und britischer Führung”. Bislang habe kein europäisches Land eine “ernsthafte Bereitschaft zur Truppenentsendung” für ein mögliches Abkommen gezeigt.
In ihrem neuen Papier stellen die Wissenschaftler drei Modelle zur Absicherung eines möglichen Waffenstillstandes in der Ukraine vor. Das erste Modell, ein Beitritt der Ukraine in die Nato, sei auf absehbare Zeit “unrealistisch”. Das Zweite, eine “glaubwürdige militärische Absicherung im Rahmen einer westlichen Stationierung in der Ukraine”, sei ebenfalls illusorisch. Laut Berechnungen der SWP bräuchte es dazu ein Kontingent von 150.000 Soldaten.
Bleibt als drittes Modell das sogenannte “sui generis-Modell”, welches eine schrittweise “Integration der Ukraine in Euro-Atlantische Strukturen” vorsähe. Die “Hilfe zur Selbsthilfe” sieht unter anderem eine verstärkte Finanzierung der ukrainischen Industrie, mehr militärische Unterstützung, Ausbildung der Streitkräfte in der Ukraine und die Sicherung des ukrainischen Luftraums vor. Auch die Mandatierung eines solchen Abkommens ist bislang offen. Bekannte Modelle aus Einsätzen der UN oder der EU ließen sich nicht einfach übertragen. Deshalb müssten die Europäer, so Major, ein “sui generis-Modell entwickeln und die Lücke schließen, zwischen dem, was militärisch nötig ist” und dem, was die Europäer de facto militärisch leisten können. Doch auch beim favorisierten Modell könne man nicht auf die USA verzichten: “Ohne einen Rückgriff auf US-Fähigkeiten wie Lufttransport oder Aufklärung ist eine glaubwürdige Abschreckung unvorstellbar.” nana
Beim Besuch von Regierungschef Benjamin Netanjahu bei US-Präsident Donald Trump am heutigen Dienstag in Washington soll es um die zweite Phase des Waffenruhe-Deals zwischen Israel und der palästinensischen Terrororganisation Hamas gehen. Netanjahu war bereits am Sonntag nach Washington gereist, um zunächst mit dem US-Nahost-Gesandten Steve Witkoff Gespräche darüber zu führen.
Trump und Netanjahu wollen Medienberichten zufolge auch über ein Normalisierungsabkommen mit Saudi-Arabien sprechen. Dem US-Präsidenten war während seiner ersten Amtszeit ein Durchbruch gelungen, in dem er mit den sogenannten Abraham-Abkommen die Normalisierung der Beziehungen zwischen Israel und mehreren arabischen Staaten auf den Weg gebracht hatte. Im Oktober 2023 wurde die sich anbahnende Annäherung an Saudi-Arabien durch das Massaker der Hamas und anderer islamistischer Terroristen im Süden Israels beendet.
Seit dem 19. Januar läuft die erste Phase des komplexen dreistufigen Geiseldeals zwischen Israel und der Hamas, in der Israel mit dem Rückzug seiner Truppen aus dem Gazastreifen beginnt und die Hamas im Austausch für palästinensische Gefangene israelische Geiseln freilässt.
In Israel zweifeln vor allem die Angehörigen der im Gazastreifen festgehaltenen Geiseln an Netanjahus Willen, diese Phase wirklich umzusetzen. Seine rechtsextremen Koalitionspartner drängen auf eine Wiederaufnahme des Kriegs. Nach dem Stopp der Kämpfe in Gaza hat die israelische Armee außerdem gemeinsam mit Polizei und Geheimdienst eine groß angelegte Operation im Westjordanland gestartet, die ebenfalls nicht auf Deeskalation der israelischen Regierung hindeutet. Gleichzeitig ist der Vorschlag von US-Präsident Trump, die Menschen aus dem Gazastreifen nach Ägypten und Jordanien umzusiedeln, in Jordanien, Ägypten und in Gaza auf entschiedene Ablehnung gestoßen. wp/dpa
Die von Ruanda unterstützen M23-Rebellen im Osten der Demokratischen Republik Kongo sind nach der Eroberung Gomas weiter auf dem Vormarsch. Die Rebellen rücken in südlicher Richtung auf Bukavu vor, die Hauptstadt der Provinz Süd-Kivu. Das von der M23 dominierte Rebellenbündnis Alliance Fleuve Congo hat unterdessen die 1.500 Kilometer entfernte Landeshauptstadt Kinshasa zum Ziel der Offensive erklärt. Dies ist aufgrund der Entfernung allerdings symbolischer Natur.
“Wenn es so weitergeht, besteht die Gefahr, dass sich der Krieg in der Region ausbreitet“, warnte der burundische Präsident Evariste Ndayishimiye. Burundi hat mindestens 10.000 Soldaten aufseiten der kongolesischen Soldaten im Osten der DR Kongo, wie die Nachrichtenagentur AFP berichtet. “Es ist nicht nur Burundi, es ist Tansania, Uganda, Kenia – die ganze Region ist bedroht“, so Ndayishimiye.
Eine diplomatische Lösung scheint derzeit in weiter Ferne. Während Ruandas Präsident Paul Kagame direkte Verhandlungen mit M23 fordert, lehnt sein kongolesischer Amtskollege Félix Tshisekedi dies ab. Die Gründe: M23 sei eine Terrorgruppe, außerdem eine ruandische Marionette. Weder im Luanda-Friedensprozess der Afrikanischen Union noch im Nairobi-Prozess der Ostafrikanischen Gemeinschaft (EAC) konnten zuletzt Verhandlungsfortschritte erzielt werden.
Die Demokratische Republik Kongo fordert internationale Sanktionen gegen Ruanda, bislang allerdings ohne Erfolg. Kinshasa hat auch die Fußballvereine Bayern München, Arsenal London und Paris Saint-Germain aufgefordert, ihre “blutigen” Sponsoringverträge mit der ruandischen Tourismusagentur zu beenden. Inzwischen wird von manchem europäischen Politiker eine im Februar 2024 verabredete enge Zusammenarbeit mit Ruanda beim Rohstoffhandel infrage gestellt.
Entscheidend für Ruanda ist, wie sich die USA positionieren. Der neue US-Außenminister Marco Rubio hat bereits sowohl mit Tshisekedi als auch mit Kagame telefoniert. Einem Sprecher zufolge verlangte er einen Waffenstillstand und, dass “alle Parteien die souveräne territoriale Integrität respektieren.” av/ajs
Foreign Policy: Good Optics But Empty Pockets. Beim Treffen zwischen Trump und Netanjahu wird der neue US-Präsident wenig Rücksicht auf die komplizierte innenpolitische Lage Israels nehmen. Trump will ein Ende des Kriegs in Gaza und Netanjahu dazu zwingen, sich mit der Hamas zu einigen. Die schönen Bilder, die das Treffen liefern wird, werden nicht über das Machtgefälle hinwegtäuschen können.
China.Table: Weshalb sich Deutschland zwischen Demokratie und Autokratie entscheiden muss. Roderich Kiesewetter, Obmann der CDU/CSU im Auswärtigen Ausschuss, fordert eine Gesamtstrategie des Westens gegen die CRINK-Allianz (China, Russland, Iran, Nordkorea). Wie diese und zudem eine glaubwürdige Änderung der deutschen China-Politik aussehen kann, beschreibt er im Standpunkt.
Substack: The Logic of Destruction And How to Destroy it. Der US-Historiker Timothy Snyder blickt düster auf die Zukunft der USA unter Trump. Das Land sei nun in der Hand von Oligarchen, welche die Nation und alles, wofür sie steht, zerstören wollen. Freunde würden zu Feinden gemacht und die Oligarchen plündern das Land aus, während Trump den Amerikanern erklären wird, es gäbe zu all dem keine Alternative.
Stiftung Wissenschaft und Politik: Mapping the Realm of the Unknown. Nukleare Abschreckung ist gefährlich, aber legitim und unverzichtbar, um existenzielle Bedrohungen abzuwehren, so die These des Arbeitspapiers. Eine Welt ohne Atomwaffen sei eine Fata Morgana: Der Geist sei aus der Flasche, die nukleare Bewaffnung könne nicht rückgängig gemacht werden. Solange Krieg eine Zukunft hat, gelte dies auch für nukleare Abschreckung.
Washington Post: In Kursk, Ukrainians try to sway Russian minds. And film it. Seit Monaten hält die Ukraine russisches Territorium im Bereich von Kursk besetzt. Nun dokumentiert eine Einheit den dortigen Umgang mit den russischen Zivilisten. Die Ukrainer wollen sie davon überzeugen, dass die Hasspropaganda, der sie über Jahre ausgesetzt waren, falsch war.
New York Times: Trump Favors Blunt Force in Dealing With Foreign Allies and Enemies Alike. US-Präsident Donald Trump setzt bei der Durchsetzung seiner Ziele weniger auf militärische Gewalt als auf Zölle. Für ihn hat die Unterscheidung zwischen Verbündeten und Gegnern der USA dabei keine Bedeutung. Er behandelt sie gleich, wenn sie nicht machen, was er will. Damit gefährdet er Partnerschaften, die die USA brauchen.
In Deutschland leben elf Millionen Veteranen – viele vermutlich, ohne es zu wissen. Im Jahr 2018 entschied die damalige Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen, dass alle aktiven und ehemaligen Soldaten künftig als Veteranen gelten. Diese Definition setzte zwar einen Schlussstrich unter die Frage einer Veteranendefinition, die jahrelang für Streit unter Soldatenverbänden gesorgt hatte, sie beantwortete jedoch nicht die Frage, was eine Veteranenpolitik sein könnte.
Besonders Rückkehrer aus Auslandseinsätzen hatten zuvor eine explizite Anerkennung ihrer Leistungen und einen eigenen Status gefordert. Doch nun gilt auch ein 17-jähriger Rekrut vom ersten Tag seines Dienstes an als Veteran, was einer intuitiven Deutung des Begriffs widerspricht. Auch im internationalen Vergleich bleibt diese maximal inklusive Definition ein “Sonderweg”. Die meisten Länder knüpfen den Veteranenstatus an die Teilnahme an einem Auslandseinsatz oder behalten diesen langgedienten und ehemaligen Soldaten vor.
Eine gezielte Veteranenpolitik könnte eine Brücke zwischen Bundeswehr und Gesellschaft schlagen – eine Verbindung, die laut einer jüngsten Bundeswehrstudie zwischen “Kriegsangst und Kriegstauglichkeit” schwankt. Zwar genießt die Bundeswehr ein hohes Ansehen, und Forderungen nach höheren Verteidigungsausgaben finden breite Zustimmung – doch nur 42 Prozent der Deutschen wären bereit, ihr Land im Falle eines militärischen Angriffs mit der Waffe zu verteidigen. Veteranen könnten dazu beitragen, diese Bereitschaft zu stärken, indem sie die Resilienz der Gesellschaft auch als Reservisten stärken und das Verständnis für sicherheitspolitische Notwendigkeiten fördern.
Erste Schritte wie das Veteranenabzeichen, ein Berliner Veteranenbüro sowie ein geplanter Veteranentag sollten Ausgangspunkt für die Entwicklung weiterer gezielter Maßnahmen sein:
Der Umgang mit Veteranen ist ein Gradmesser für die gesellschaftliche Dimension der Zeitenwende und zentraler Bestandteil nachhaltiger Sicherheitspolitik. Die Parteien sollten die Bundestagswahl nutzen und die Veteranenpolitik auf ihre Agenda setzen. Die Entstehung parteinaher Vereine wie “Liberale Soldaten und Veteranen”, “Charlie Delta Uniform”, “Bundeswehrgrün” und die “SPD-Betriebsgruppe Bundeswehr” zeigt, dass Veteranen bereit sind, sich aktiv und im Einklang mit demokratischen Werten in die Politik einzubringen, und dass sich eine neue Veteranenkultur in Deutschland entwickelt.
Christian Weber ist Vorsitzender der “Liberalen Soldaten und Veteranen e. V.“ und hat zum Thema Veteranenpolitik promoviert.
Generalmajor a.D. Eyal Zamir wird der neue Oberbefehlshaber der Israelischen Streitkräfte (IDF). Der 59-Jährige ist der Nachfolger von Herzi Halewi, der im vergangenen Monat zurücktrat, um damit Verantwortung für das Versagen der Armee beim Hamas-Überfall am 7. Oktober 2023 zu übernehmen.
Zamir blickt auf eine lange militärische Karriere zurück: Er war bereits Generaldirektor des israelischen Verteidigungsministeriums, stellvertretender Generalstabschef, Kommandeur des Südkommandos, Militärsekretär des Premierministers sowie Kommandeur in verschiedenen Brigaden. Sein neues Amt wird er voraussichtlich am 6. März antreten.
Seine wichtigste Aufgabe wird sein, neues Vertrauen der israelischen Gesellschaft in das Militär zu schaffen – eine Herausforderung nach dem 7. Oktober und dem Krieg der vergangenen 14 Monate. Die IDF befinde sich “inmitten ihrer schlimmsten Berufsoffizierskrise aller Zeiten”, schreibt die israelische Tageszeitung Haaretz. “Viele Offiziere der unteren und mittleren Ebene sehen sie nicht mehr als den richtigen Ort für sich an”, schreibt die Zeitung. Grund seien “der tiefgreifende Vertrauensverlust in das Establishment und fehlende Sympathie für die Kriegsziele”.
Zudem wird Zamir verantwortlich für die Aufarbeitung der Untersuchungen des militärischen Versagens sein – und dafür, sich den “wahrscheinlichen Versuchen der politischen Führung, diese zu beeinflussen” zu widersetzen. asc
Die Fotografin Herlinde Koelbl hat ein Foto- und Interviewbuch über und mit Verteidigungsminister Boris Pistorius angefertigt. Es ist auch ein Dokument der Zeitenwende. Koelbl hat den SPD-Politiker ein Jahr lang auf seinen Reisen – unter anderem auch nach Jordanien und in den Irak – begleitet. Sein Auftreten, seine präzise Sprache und seine sachlichen Statements hätten ihr Interesse geweckt, schreibt die renommierte Fotografin, die vor allem für ihre Kanzlerporträts bekannt ist.
In acht Interviews gibt Pistorius Einblicke in seinen Werdegang und in die sicherheitspolitischen Herausforderungen für Deutschland. Mit ihrem Sinn für den anderen Blick und die anderen Fragen hat die 85-Jährige ein intimes Bild von Pistorius gezeichnet. Dazu gibt es Analysen des Historikers Herfried Münkler und der Sicherheitsexpertin Claudia Major. Das Werk ist am Montag im Knesebeck-Verlag erschienen. Boris Pistorius. Aufbruch. brö/wp
im Wahlkampf lassen die Parteien das Thema Zivil- und Katastrophenschutz links liegen. Meine Kollegin Lisa-Martina Klein hat ein Reformpapier des Grünen-Abgeordneten Leon Eckert, das die größten Probleme auflistet, vorab gelesen und für Sie analysiert.
In der Ukraine tritt am 1. September die Wehrdienstreform in Kraft. Kyjiw bereitet sich darauf vor, auch langfristig so verteidigungsfähig wie möglich zu sein. Wie genau die Reform helfen soll, beschreibt unser Ukraine-Korrespondent Denis Trubetskoy.
In Deutschland, Frankreich und Großbritannien sollte man sich derweil damit beschäftigen, wie ein möglicher Waffenstillstand in der Ukraine gesichert werden könnte. Welche Modelle Claudia Major und Aldo Kleemann von der Stiftung Wissenschaft und Politik sehen, lesen Sie in den News.
Eine gute Lektüre wünscht
Trotz Krieg in Europa und der von Bundeskanzler Olaf Scholz ausgerufenen “Zeitenwende”: Der Zivil- und Katastrophenschutz bekommt in Deutschland nur wenig Aufmerksamkeit. In den aktuellen Wahlprogrammen kommt er nur am Rande vor, mit teils Jahre alten Forderungen.
Allerdings sei Deutschland nur dann auf Krisen und Bedrohungslagen vorbereitet, wenn es gelänge, die zivile Verteidigung als gleichwertigen Gegenpart zur militärischen Verteidigung zu stärken, schreibt der Bundestagsabgeordnete Leon Eckert (Grüne) in einem 22-seitigen Reformpapier zur “Zivilen Verteidigung 2025 – 2029”. In dem Papier, das Table.Briefings vorab exklusiv vorliegt und am Dienstagabend im Berlin.Table veröffentlicht wird, beschreibt Eckert eine lange Liste an Großbaustellen, die im Bevölkerungsschutz gelöst werden müssten.
Konkret geht es unter anderem um:
Der tiefgreifendste Reformansatz ist zugleich seit Jahren Streitpunkt zwischen den Ländern und dem Bund: Der Bund soll mehr Kompetenzen im Bevölkerungsschutz bekommen, um verbindliche und einheitliche Regeln auf Bundes- sowie Landesebene zu schaffen. Denn, so bemängelt Eckert, es gäbe bis heute keine verbindlichen Stabsstrukturen, einheitlichen Warnsignale oder Zeichen für den Katastrophenschutz. “Diese grundsätzlichen Schwachstellen können am besten durch eine grundlegende neue Ordnung der Aufgabenteilung zwischen Bund und Ländern gelöst werden.”
Im Frieden ist der Katastrophenschutz Sache der Länder. Im Spannungs- und Verteidigungsfall muss der Bund für den Schutz der Bevölkerung sorgen (Zivilschutz). Für eine Neuordnung sei die rechtliche Festlegung des Zivil- und Katastrophenschutzes als Gemeinschaftsaufgabe im Grundgesetz, wie sie etwa für den Küstenschutz bereits besteht, zu bevorzugen, schlägt Eckert vor.
Der Bund wirkt bei Gemeinschaftsaufgaben bei der Erfüllung von Aufgaben der Länder mit, “wenn diese Aufgaben für die Gesamtheit bedeutsam sind und die Mitwirkung des Bundes zur Verbesserung der Lebensverhältnisse erforderlich ist”, heißt es in Art. 91a, Grundgesetz. Damit würden Bund und Länder etwa die Vorratshaltung nicht mehr separat planen und koordinieren müssen, und könnten sich auch Kosten teilen.
Für eine solche tiefgreifende Änderung ist eine Grundgesetzänderung nötig und somit eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Bundestag und Bundesrat. Anfang der 2000er-Jahre hatten die Länder eine ähnliche Verfassungsänderung schon einmal abgelehnt. Nur vor Ort arbeitende Verantwortliche könnten wirklich entscheiden, welche Regelung im Ernstfall lokal sinnvoll ist, so die Argumentation damals.
Mehr Chancen auf Umsetzung dürfte Eckerts Vorschlag haben, eine Zentralstellenfunktion für das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe einzuführen, die als Bundeskompetenz im Grundgesetz verankert ist. Auch hier fürchten die Länder zwar zu viele Regelungen durch den Bund. Aber die FDP ist ein Unterstützer dieser Idee, die Parteien der zerbrochenen Ampel-Regierung hatten sich dieses Vorhaben in den Koalitionsvertrag geschrieben.
Aufräumen und klare Zuständigkeiten schaffen will Eckert bei den Institutionen. Das Gemeinsame Kompetenzzentrum Bevölkerungsschutz (Gekob) bringe “keinen Mehrwert”: “Fehlende Ergebnisse und der Abzug der entsendeten Personen durch die Bundesländer zeigen, dass dieses Gremium ohne klaren strategischen Plan nach der Ahrtalkatastrophe eingerichtet wurde und dementsprechend nie seinen Platz gefunden hat. Das Gekob ist daher aufzulösen und die Ressourcen sinnvoller zu verwenden”, konstatiert Eckert.
Stattdessen hält er ein Nationales Resilienzzentrum für die strategische Planung für sinnvoll, parallel zum operativ ausgerichteten Gemeinsamen Melde- und Lagezentrum (GMLZ). Im politischen Raum sollte nach Vorstellung Eckerts im Bundeskanzleramt ein Bevölkerungsschutz-Krisenstab eingerichtet werden. Außerdem fordert der Grünen-Abgeordnete die Einrichtung eines gemeinsamen Unterausschusses Gesamtverteidigung, der mit Parlamentariern des Innen- und Verteidigungsausschuss besetzt ist.
Zudem braucht es laut Eckert eine Aktualisierung des Zivilschutzgesetzes. So sollten die Kommunen verpflichtend am bundesweiten, jährlichen Warntag teilnehmen, nicht freiwillig. In der Schule sollte es eine Zivilschutzausbildung geben. Auch die kommunalen Entscheidungsträger sollten sich verpflichtend weiterbilden im Bereich Krisenmanagement.
Die Vorsorge- und Sicherstellungsgesetze ermöglichen dem Bund im Spannungs- und Verteidigungsfall empfindliche Eingriffe in Wirtschaft und Privatleben. Sie sollten modernisiert und unter einem Rahmengesetz gebündelt werden, schlägt Eckert vor. Auch viele Juristen sehen das so. Außerdem brauche es, um Vorbereitungen bereits jetzt treffen zu können, eine Möglichkeit, diese Gesetze früher als erst im Spannungs- und Verteidigungsfall zu entsperren. Es herrsche ein Zustand zwischen Frieden und Krieg, der rechtlich zurzeit nicht abgebildet sei. Die neue Bundesregierung müsse zudem die Umsetzung des Kritis-Dachgesetzes und des NIS-2- Umsetzungsgesetzes schnell in die Wege leiten.
Auf Kritik in der Bevölkerung dürfte eine bundesweite “Sicherheitsabgabe” stoßen. Angelehnt an die frühere Feuerwehrabgabe soll dadurch jeder, der sich nicht in einer Zivilschutzorganisation engagiert, einen finanziellen Beitrag zur Ausrüstung der Einsatzkräfte leisten.
Mit einer Reform des Wehrdienstes bereitet sich die Ukraine darauf vor, auch langfristig so viel wie möglich selbst für die eigene Sicherheit zu sorgen – unabhängig davon, wann der russisch-ukrainische Krieg endet und welche Sicherheitsgarantien das Land erhält.
Vor dem 24. Februar 2022 galt in der Ukraine eine allgemeine Wehrpflicht. Sie sah vor, dass Männer zwischen 18 und 27 Jahren den regulären, zwölfmonatigen Wehrdienst absolvieren müssen. In Wirklichkeit haben die meisten Männer aber nicht gedient, es war stets relativ leicht möglich, das mit falschen Gesundheitsattesten oder Umzügen zu vermeiden.
Wie es in den Ländern der ehemaligen Sowjetunion üblich ist, gab es in der Ukraine zwei Einberufungen innerhalb eines Jahres – eine im Frühjahr und eine im Herbst. Während der letzten Einberufung vor der russischen Großinvasion wurden nach Angaben des ukrainischen Generalstabs im Herbst 2021 nur 13.575 Wehrdienstleistende eingezogen. Seit dem russischen Großüberfall sind reguläre Einberufungen ausgesetzt. Die Einberufungsämter konzentrieren sich ganz auf die Mobilmachung für die kämpfende Armee.
Der russische Angriff legte die Probleme des alten Systems deutlich offen. Nach etlichen Diskussionen fiel 2024 die Entscheidung, sich vom regulären Wehrdienst zu verabschieden. Dieser wird nun ersetzt durch:
Seit wenigen Tagen ist jetzt klar, wie das organisiert werden wird. Vom 1. September an gilt: Der neue reguläre Wehrdienst beginnt im September mit dem neuen Studienjahr. Die militärische Grundausbildung wird an Hochschulen und Universitäten in den Lehrplan integriert.
Den Grundwehrdienst absolvieren Männern im Alter zwischen 18 bis 25 Jahren, die keine Studenten sind. Anders als vor 2022 werden die Männer aber nicht gezielt von Einberufungsämtern eingezogen, sondern dürfen freiwillig auswählen, wann genau sie den Grundwehrdienst an einem der Ausbildungszentren der Armee absolvieren. Unter Kriegsrecht wird dieser drei Monate dauern, in der Friedenszeit fünf Monate.
Die militärische Grundausbildung an höheren Bildungseinrichtungen ist anders geregelt: In den ersten beiden Studienjahren müssen alle Studierenden, Frauen wie Männer, einen theoretischen Kurs absolvieren: Er besteht aus 90 akademischen Stunden. Der praktische Teil besteht aus 210 Stunden, die die jungen Menschen während der Ferien ebenfalls in Ausbildungszentren der Armee absolvieren. Dieser ist für diensttaugliche Männer verpflichtend.
Frauen dürfen freiwillig mitmachen, und zwar sowohl beim Grundwehrdienst als auch beim praktischen Kurs der militärischen Grundausbildung. Diensttaugliche Männer müssen bis 25 Jahre entweder die eine oder die andere Form absolvieren. Sonst werden sie von Jobs in staatlichen Institutionen und in lokalen Selbstverwaltungen ausgeschlossen.
“Die Reform ist vernünftig und ist an sich nur zu begrüßen”, sagt der renommierte Militärexperte Oleksij Melnyk, Oberstleutnant a.D. der ukrainischen Armee und Co-Direktor der Programme für internationale Sicherheit an der Kyjiwer Denkfabrik Zentr Rasumkowa. Die Idee sei klar: Statt des nicht effektiven regulären Wehrdienstes solle die allgemeine Wehrfähigkeit der potenziellen Reservisten deutlich erhöht werden. Denn schon länger ist die Ukraine darauf angewiesen, auch Männer ohne jeglichen Militärhintergrund einzuziehen, die dann zunächst nur zwei Monate Ausbildungszeit haben.
Die Reform soll dafür sorgen, dass alle Männer, die 25 werden und damit mobilisiert werden könnten, bereits über grundsätzliche Kenntnisse und Fähigkeiten sowie ein konkretes Militärfach verfügen. “Es kommt aber natürlich vor allem auf die praktische Umsetzung an”, unterstreicht Melnyk. “Die Leute müssen wirklich ausgebildet werden und nicht etwas völlig anderes machen wie beispielsweise Zäune und Gehwege streichen, was mit dem regulären Wehrdienst gang und gäbe war.”
Unklar ist allerdings, was die Wehrdienstreform bedeuten würde, sollte die Ukraine in der Zukunft das minimale Mobilisierungsalter senken. Sowohl die US-Administration von Joe Biden als auch die neue von Donald Trump drängen Kyjiw dazu, das Einberufungsalter auf 18 Jahre zu senken und schon jetzt die jungen Männer dieses Alters einzuziehen. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj lehnt das entschieden ab. Stattdessen will seine Regierung junge Männer dazu bewegen, sich freiwillig mobilisieren zu lassen. Dabei soll es unter anderem um lukrative Verträge gehen.
Dass die Ukraine jedoch trotzdem irgendwann das Alter für die Mobilmachung senken muss, ist nicht ausgeschlossen. Ob dies so viel bringt, wie es die USA erwarten, ist fraglich. Wegen der Geburtenkrise der 1990er- und Anfang der 2000er-Jahre handelt es sich um geburtenschwache Jahrgänge – und Experten zufolge wird es schwierig sein, mehr als etwa 200.000 Menschen in dieser Altersgruppe mobilzumachen.
“Wir müssen mehr tun, schneller werden und gemeinsam handeln”, sagte EU-Ratspräsident António Costa am Ende des ersten Verteidigungsgipfels in Brüssel. Russlands Krieg in der Ukraine und die hybriden Angriffe machten eine europäische Antwort nötig, um die Sicherheit für alle Bürger und für den Kontinent zu garantieren.
Die Klausurtagung soll Leitlinien für das Weißbuch zur Verteidigung liefern, das die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas am 19. März präsentieren wird. Man werde sich auf die wichtigsten Fähigkeitslücken konzentrieren, in Absprache mit der Nato und in Bereichen, wo Europa Mehrwert bieten könne, sagte António Costa. Der EU-Ratspräsident erwähnte konkret eine europäische Raketenabwehr, weitreichende Präzisionswaffen und militärische Mobilität.
An zweiter Stelle auf der Agenda der Klausur stand das heikle Thema der Finanzierung: Europa müsse private und öffentliche Gelder mobilisieren, sagte António Costa. Der Ratspräsident erwähnte dabei alle Optionen von einer stärkeren Rolle der Europäischen Investitionsbank, über Möglichkeiten, den Mitgliedstaaten weitere Flexibilität bei der Anwendung der Haushaltskriterien des Stabilitätspakts zu gewähren, bis zum nächsten mehrjährigen Finanzrahmen und innovativen Instrumenten, das Stichwort für gemeinsame Schulden. So könnte etwa bei einer europäischen Raketenabwehr eine europäische Finanzierung diskutiert werden.
Wobei das Lager der Gegner von Verteidigungsbonds weiter zu schrumpfen scheint. Nach Dänemark hat am Gipfel auch Finnland signalisiert, für alle Optionen offen zu sein: Russland sei eine permanente und existenzielle Bedrohung für die EU und ihre Mitgliedstaaten, sagte der finnische Regierungschef Petteri Orpo in Brüssel. Seine Regierung sei offen für verschiedene Lösungen, wie gemeinsame Verteidigung finanziert werden könne. Es werde auch gemeinsames europäisches Geld brauchen.
Der griechische Premier Kyriakos Mitsotakis forderte in einem Gastbeitrag in der Financial Times gemeinsame Verteidigungsausgaben in der Höhe von mindestens 100 Milliarden Euro. Der Vorstoß kommt eine Woche nachdem die vier Frontstaaten Litauen, Estland, Lettland und Polen ein Papier mit einer identischen Forderung präsentiert hatten. Wenn die EU ein Pol des Friedens und der Stabilität bleiben wolle, müsse sie eine robuste, einheitliche und glaubwürdige Abschreckungsfähigkeit aufbauen, sagte Mitsotakis. Es gebe keine Zeit zu verlieren.
Ganz anders Olaf Scholz, der seine Absage zu Eurobonds bekräftigte: Die EU habe nicht die Perspektive, gemeinsame Schulden aufzunehmen. Der Bundeskanzler legte den Fokus auf eine nationale Finanzierung: “Ich plädiere dafür, dass alle Staaten jetzt zwei Prozent für Verteidigung ausgeben.” Deutschland habe das zwei Prozent-Ziel mithilfe des Sondervermögens erreicht und werde ab 2028 weiter nach Mitteln suchen müssen, um dauerhaft den Bundeswehrhaushalt um 30 Milliarden Euro zu verbessern. Außerdem brauche es konkrete Verabredungen, wie die Verteidigungsindustrie gestärkt werden könne: “Wir haben heute eine große Aufsplitterung, ganz anders als in den USA.”
Der erste Verteidigungsgipfel der EU wurde von Donald Trump und seiner Ankündigung überschattet, Strafzölle gegen Europas Industrie zu verhängen. Polens Regierungschef Donald Tusk sprach von einem “grausamen Paradox”: Der Westen müsse sich gegen Russlands Aggression sowie Chinas Expansion wehren, und gleichzeitig suchten Verbündete einen Grund für einen Konflikt: Es müsse alles getan werden, um “diesen dummen und absolut unnötigen” Handelskrieg abzuwenden.
Deutlich wurde auch Luxemburgs Regierungschef Luc Frieden: Europa sei nicht schwächer als die USA: “Wenn jemand einen Handelskonflikt will, dann kriegt er ihn.” Europa werde mit den gleichen Waffen antworten, wenn Trump mit seinen Zöllen Ernst mache. Bei einem Handelskrieg zwischen der EU und den USA würde China zum lachenden Dritten werden, sagte Österreichs Bundeskanzler Alexander Schallenberg. Auf der einen Seite die Kriegsgefahr durch ein aggressives Russland, auf der anderen ein drohender Handelskrieg mit den USA, die Position der Europäer ist wenig beneidenswert.
Ein möglicher Waffenstillstand in der Ukraine, über den derzeit viel spekuliert wird, birgt für die Europäer “besondere Sprengkraft”. Denn klar ist: Die USA unter Präsident Donald Trump lehnen eine zentrale Rolle bei der Absicherung eines Waffenstillstandes ab und “sehen die Europäer in der Pflicht”. Zu diesem Schluss kommen Claudia Major, Leiterin der Forschungsgruppe Sicherheitspolitik bei der SWP, und SWP-Gastwissenschaftler Aldo Kleemann. Bislang allerdings, so Major zu Table.Briefings, “fehlt es an deutscher, französischer und britischer Führung”. Bislang habe kein europäisches Land eine “ernsthafte Bereitschaft zur Truppenentsendung” für ein mögliches Abkommen gezeigt.
In ihrem neuen Papier stellen die Wissenschaftler drei Modelle zur Absicherung eines möglichen Waffenstillstandes in der Ukraine vor. Das erste Modell, ein Beitritt der Ukraine in die Nato, sei auf absehbare Zeit “unrealistisch”. Das Zweite, eine “glaubwürdige militärische Absicherung im Rahmen einer westlichen Stationierung in der Ukraine”, sei ebenfalls illusorisch. Laut Berechnungen der SWP bräuchte es dazu ein Kontingent von 150.000 Soldaten.
Bleibt als drittes Modell das sogenannte “sui generis-Modell”, welches eine schrittweise “Integration der Ukraine in Euro-Atlantische Strukturen” vorsähe. Die “Hilfe zur Selbsthilfe” sieht unter anderem eine verstärkte Finanzierung der ukrainischen Industrie, mehr militärische Unterstützung, Ausbildung der Streitkräfte in der Ukraine und die Sicherung des ukrainischen Luftraums vor. Auch die Mandatierung eines solchen Abkommens ist bislang offen. Bekannte Modelle aus Einsätzen der UN oder der EU ließen sich nicht einfach übertragen. Deshalb müssten die Europäer, so Major, ein “sui generis-Modell entwickeln und die Lücke schließen, zwischen dem, was militärisch nötig ist” und dem, was die Europäer de facto militärisch leisten können. Doch auch beim favorisierten Modell könne man nicht auf die USA verzichten: “Ohne einen Rückgriff auf US-Fähigkeiten wie Lufttransport oder Aufklärung ist eine glaubwürdige Abschreckung unvorstellbar.” nana
Beim Besuch von Regierungschef Benjamin Netanjahu bei US-Präsident Donald Trump am heutigen Dienstag in Washington soll es um die zweite Phase des Waffenruhe-Deals zwischen Israel und der palästinensischen Terrororganisation Hamas gehen. Netanjahu war bereits am Sonntag nach Washington gereist, um zunächst mit dem US-Nahost-Gesandten Steve Witkoff Gespräche darüber zu führen.
Trump und Netanjahu wollen Medienberichten zufolge auch über ein Normalisierungsabkommen mit Saudi-Arabien sprechen. Dem US-Präsidenten war während seiner ersten Amtszeit ein Durchbruch gelungen, in dem er mit den sogenannten Abraham-Abkommen die Normalisierung der Beziehungen zwischen Israel und mehreren arabischen Staaten auf den Weg gebracht hatte. Im Oktober 2023 wurde die sich anbahnende Annäherung an Saudi-Arabien durch das Massaker der Hamas und anderer islamistischer Terroristen im Süden Israels beendet.
Seit dem 19. Januar läuft die erste Phase des komplexen dreistufigen Geiseldeals zwischen Israel und der Hamas, in der Israel mit dem Rückzug seiner Truppen aus dem Gazastreifen beginnt und die Hamas im Austausch für palästinensische Gefangene israelische Geiseln freilässt.
In Israel zweifeln vor allem die Angehörigen der im Gazastreifen festgehaltenen Geiseln an Netanjahus Willen, diese Phase wirklich umzusetzen. Seine rechtsextremen Koalitionspartner drängen auf eine Wiederaufnahme des Kriegs. Nach dem Stopp der Kämpfe in Gaza hat die israelische Armee außerdem gemeinsam mit Polizei und Geheimdienst eine groß angelegte Operation im Westjordanland gestartet, die ebenfalls nicht auf Deeskalation der israelischen Regierung hindeutet. Gleichzeitig ist der Vorschlag von US-Präsident Trump, die Menschen aus dem Gazastreifen nach Ägypten und Jordanien umzusiedeln, in Jordanien, Ägypten und in Gaza auf entschiedene Ablehnung gestoßen. wp/dpa
Die von Ruanda unterstützen M23-Rebellen im Osten der Demokratischen Republik Kongo sind nach der Eroberung Gomas weiter auf dem Vormarsch. Die Rebellen rücken in südlicher Richtung auf Bukavu vor, die Hauptstadt der Provinz Süd-Kivu. Das von der M23 dominierte Rebellenbündnis Alliance Fleuve Congo hat unterdessen die 1.500 Kilometer entfernte Landeshauptstadt Kinshasa zum Ziel der Offensive erklärt. Dies ist aufgrund der Entfernung allerdings symbolischer Natur.
“Wenn es so weitergeht, besteht die Gefahr, dass sich der Krieg in der Region ausbreitet“, warnte der burundische Präsident Evariste Ndayishimiye. Burundi hat mindestens 10.000 Soldaten aufseiten der kongolesischen Soldaten im Osten der DR Kongo, wie die Nachrichtenagentur AFP berichtet. “Es ist nicht nur Burundi, es ist Tansania, Uganda, Kenia – die ganze Region ist bedroht“, so Ndayishimiye.
Eine diplomatische Lösung scheint derzeit in weiter Ferne. Während Ruandas Präsident Paul Kagame direkte Verhandlungen mit M23 fordert, lehnt sein kongolesischer Amtskollege Félix Tshisekedi dies ab. Die Gründe: M23 sei eine Terrorgruppe, außerdem eine ruandische Marionette. Weder im Luanda-Friedensprozess der Afrikanischen Union noch im Nairobi-Prozess der Ostafrikanischen Gemeinschaft (EAC) konnten zuletzt Verhandlungsfortschritte erzielt werden.
Die Demokratische Republik Kongo fordert internationale Sanktionen gegen Ruanda, bislang allerdings ohne Erfolg. Kinshasa hat auch die Fußballvereine Bayern München, Arsenal London und Paris Saint-Germain aufgefordert, ihre “blutigen” Sponsoringverträge mit der ruandischen Tourismusagentur zu beenden. Inzwischen wird von manchem europäischen Politiker eine im Februar 2024 verabredete enge Zusammenarbeit mit Ruanda beim Rohstoffhandel infrage gestellt.
Entscheidend für Ruanda ist, wie sich die USA positionieren. Der neue US-Außenminister Marco Rubio hat bereits sowohl mit Tshisekedi als auch mit Kagame telefoniert. Einem Sprecher zufolge verlangte er einen Waffenstillstand und, dass “alle Parteien die souveräne territoriale Integrität respektieren.” av/ajs
Foreign Policy: Good Optics But Empty Pockets. Beim Treffen zwischen Trump und Netanjahu wird der neue US-Präsident wenig Rücksicht auf die komplizierte innenpolitische Lage Israels nehmen. Trump will ein Ende des Kriegs in Gaza und Netanjahu dazu zwingen, sich mit der Hamas zu einigen. Die schönen Bilder, die das Treffen liefern wird, werden nicht über das Machtgefälle hinwegtäuschen können.
China.Table: Weshalb sich Deutschland zwischen Demokratie und Autokratie entscheiden muss. Roderich Kiesewetter, Obmann der CDU/CSU im Auswärtigen Ausschuss, fordert eine Gesamtstrategie des Westens gegen die CRINK-Allianz (China, Russland, Iran, Nordkorea). Wie diese und zudem eine glaubwürdige Änderung der deutschen China-Politik aussehen kann, beschreibt er im Standpunkt.
Substack: The Logic of Destruction And How to Destroy it. Der US-Historiker Timothy Snyder blickt düster auf die Zukunft der USA unter Trump. Das Land sei nun in der Hand von Oligarchen, welche die Nation und alles, wofür sie steht, zerstören wollen. Freunde würden zu Feinden gemacht und die Oligarchen plündern das Land aus, während Trump den Amerikanern erklären wird, es gäbe zu all dem keine Alternative.
Stiftung Wissenschaft und Politik: Mapping the Realm of the Unknown. Nukleare Abschreckung ist gefährlich, aber legitim und unverzichtbar, um existenzielle Bedrohungen abzuwehren, so die These des Arbeitspapiers. Eine Welt ohne Atomwaffen sei eine Fata Morgana: Der Geist sei aus der Flasche, die nukleare Bewaffnung könne nicht rückgängig gemacht werden. Solange Krieg eine Zukunft hat, gelte dies auch für nukleare Abschreckung.
Washington Post: In Kursk, Ukrainians try to sway Russian minds. And film it. Seit Monaten hält die Ukraine russisches Territorium im Bereich von Kursk besetzt. Nun dokumentiert eine Einheit den dortigen Umgang mit den russischen Zivilisten. Die Ukrainer wollen sie davon überzeugen, dass die Hasspropaganda, der sie über Jahre ausgesetzt waren, falsch war.
New York Times: Trump Favors Blunt Force in Dealing With Foreign Allies and Enemies Alike. US-Präsident Donald Trump setzt bei der Durchsetzung seiner Ziele weniger auf militärische Gewalt als auf Zölle. Für ihn hat die Unterscheidung zwischen Verbündeten und Gegnern der USA dabei keine Bedeutung. Er behandelt sie gleich, wenn sie nicht machen, was er will. Damit gefährdet er Partnerschaften, die die USA brauchen.
In Deutschland leben elf Millionen Veteranen – viele vermutlich, ohne es zu wissen. Im Jahr 2018 entschied die damalige Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen, dass alle aktiven und ehemaligen Soldaten künftig als Veteranen gelten. Diese Definition setzte zwar einen Schlussstrich unter die Frage einer Veteranendefinition, die jahrelang für Streit unter Soldatenverbänden gesorgt hatte, sie beantwortete jedoch nicht die Frage, was eine Veteranenpolitik sein könnte.
Besonders Rückkehrer aus Auslandseinsätzen hatten zuvor eine explizite Anerkennung ihrer Leistungen und einen eigenen Status gefordert. Doch nun gilt auch ein 17-jähriger Rekrut vom ersten Tag seines Dienstes an als Veteran, was einer intuitiven Deutung des Begriffs widerspricht. Auch im internationalen Vergleich bleibt diese maximal inklusive Definition ein “Sonderweg”. Die meisten Länder knüpfen den Veteranenstatus an die Teilnahme an einem Auslandseinsatz oder behalten diesen langgedienten und ehemaligen Soldaten vor.
Eine gezielte Veteranenpolitik könnte eine Brücke zwischen Bundeswehr und Gesellschaft schlagen – eine Verbindung, die laut einer jüngsten Bundeswehrstudie zwischen “Kriegsangst und Kriegstauglichkeit” schwankt. Zwar genießt die Bundeswehr ein hohes Ansehen, und Forderungen nach höheren Verteidigungsausgaben finden breite Zustimmung – doch nur 42 Prozent der Deutschen wären bereit, ihr Land im Falle eines militärischen Angriffs mit der Waffe zu verteidigen. Veteranen könnten dazu beitragen, diese Bereitschaft zu stärken, indem sie die Resilienz der Gesellschaft auch als Reservisten stärken und das Verständnis für sicherheitspolitische Notwendigkeiten fördern.
Erste Schritte wie das Veteranenabzeichen, ein Berliner Veteranenbüro sowie ein geplanter Veteranentag sollten Ausgangspunkt für die Entwicklung weiterer gezielter Maßnahmen sein:
Der Umgang mit Veteranen ist ein Gradmesser für die gesellschaftliche Dimension der Zeitenwende und zentraler Bestandteil nachhaltiger Sicherheitspolitik. Die Parteien sollten die Bundestagswahl nutzen und die Veteranenpolitik auf ihre Agenda setzen. Die Entstehung parteinaher Vereine wie “Liberale Soldaten und Veteranen”, “Charlie Delta Uniform”, “Bundeswehrgrün” und die “SPD-Betriebsgruppe Bundeswehr” zeigt, dass Veteranen bereit sind, sich aktiv und im Einklang mit demokratischen Werten in die Politik einzubringen, und dass sich eine neue Veteranenkultur in Deutschland entwickelt.
Christian Weber ist Vorsitzender der “Liberalen Soldaten und Veteranen e. V.“ und hat zum Thema Veteranenpolitik promoviert.
Generalmajor a.D. Eyal Zamir wird der neue Oberbefehlshaber der Israelischen Streitkräfte (IDF). Der 59-Jährige ist der Nachfolger von Herzi Halewi, der im vergangenen Monat zurücktrat, um damit Verantwortung für das Versagen der Armee beim Hamas-Überfall am 7. Oktober 2023 zu übernehmen.
Zamir blickt auf eine lange militärische Karriere zurück: Er war bereits Generaldirektor des israelischen Verteidigungsministeriums, stellvertretender Generalstabschef, Kommandeur des Südkommandos, Militärsekretär des Premierministers sowie Kommandeur in verschiedenen Brigaden. Sein neues Amt wird er voraussichtlich am 6. März antreten.
Seine wichtigste Aufgabe wird sein, neues Vertrauen der israelischen Gesellschaft in das Militär zu schaffen – eine Herausforderung nach dem 7. Oktober und dem Krieg der vergangenen 14 Monate. Die IDF befinde sich “inmitten ihrer schlimmsten Berufsoffizierskrise aller Zeiten”, schreibt die israelische Tageszeitung Haaretz. “Viele Offiziere der unteren und mittleren Ebene sehen sie nicht mehr als den richtigen Ort für sich an”, schreibt die Zeitung. Grund seien “der tiefgreifende Vertrauensverlust in das Establishment und fehlende Sympathie für die Kriegsziele”.
Zudem wird Zamir verantwortlich für die Aufarbeitung der Untersuchungen des militärischen Versagens sein – und dafür, sich den “wahrscheinlichen Versuchen der politischen Führung, diese zu beeinflussen” zu widersetzen. asc
Die Fotografin Herlinde Koelbl hat ein Foto- und Interviewbuch über und mit Verteidigungsminister Boris Pistorius angefertigt. Es ist auch ein Dokument der Zeitenwende. Koelbl hat den SPD-Politiker ein Jahr lang auf seinen Reisen – unter anderem auch nach Jordanien und in den Irak – begleitet. Sein Auftreten, seine präzise Sprache und seine sachlichen Statements hätten ihr Interesse geweckt, schreibt die renommierte Fotografin, die vor allem für ihre Kanzlerporträts bekannt ist.
In acht Interviews gibt Pistorius Einblicke in seinen Werdegang und in die sicherheitspolitischen Herausforderungen für Deutschland. Mit ihrem Sinn für den anderen Blick und die anderen Fragen hat die 85-Jährige ein intimes Bild von Pistorius gezeichnet. Dazu gibt es Analysen des Historikers Herfried Münkler und der Sicherheitsexpertin Claudia Major. Das Werk ist am Montag im Knesebeck-Verlag erschienen. Boris Pistorius. Aufbruch. brö/wp