Table.Briefing: Security

Neuer Ministerpräsident in Niger + Friedensverhandlungen in Saudi-Arabien + Russlands nukleare Geopolitik

Liebe Leserin, lieber Leser,

wie geht es weiter in Niger? Die von der Ecowas angedrohte Intervention ist bislang ausgeblieben. In der Nacht von Montag auf Dienstag hat die Militärjunta einen Ministerpräsidenten für das Land ernannt. Auch haben sich jetzt die USA in den Konflikt eingeschaltet und eine ranghohe Unterhändlerin zu Gesprächen nach Niamey geschickt. Mein Kollege Christian von Hiller widmet sich in seiner Analyse detailliert der aktuellen Lage in Niger, beleuchtet die Schlüsselrolle Algeriens und was die Situation für die Interessen der Bundesregierung und nicht zuletzt für die Bundeswehr bedeutet.

Um Interessen geht es auch im Text von Michael Radunski. Saudi-Arabien lädt zu Gesprächen über den Krieg in der Ukraine ein. Man möge Riad nun vorwerfen, nur sein Image als neuer Vermittler aufpolieren zu wollen, doch das will auch China, das der Einladung gefolgt ist. Um ehrliche Friedensverhandlungen schien es China nicht zu gehen. Unter welchen Umständen Peking vielleicht doch noch Substanzielles beitragen könnte, lesen Sie in seiner Analyse.

Unberührt vom Krieg treibt Russland im Mittelmeerraum eine gefährliche Politik der Abhängigkeit voran. Zahlreiche Staaten, darunter die Türkei, der Iran und auch Saudi-Arabien, bauen auf russische Atomkraftwerke vom Konzern Rosatom zur eigenen Energieversorgung. Auf lange Sicht ein gefährliches Spiel, wie Frank Nordhausen analysiert.

Ich habe für das Portrait in dieser Ausgabe Hans Christoph Atzpodien getroffen. Er ist seit sechs Jahren Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Deutschen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie. Er spricht darüber, woher das schlechte Image der Rüstungsindustrie in der Bevölkerung stammt und wie Rüstung und Klimaschutz zusammenhängen.

Gestatten Sie mir bitte noch einen Glückwunsch in eigener Sache: Heute Morgen um sechs Uhr ist bei Table.Media die 500. Ausgabe des Europe.Table erschienen. Fünfhundert Briefings, vollgepackt mit News zur Europäischen Politik in Brüssel und tiefgründigen Analysen der EU-Gesetze und -Verordnungen. An (fast) jedem Werktag seit dem 3. August 2021 liefert das Team um Till Hoppe Aktualität, Relevanz und journalistische Qualität. Hier geht’s zum kostenfreien Test.

Und jetzt wünsche ich eine spannende Lektüre des Security.Table!

Ihre
Lisa-Martina Klein
Bild von Lisa-Martina  Klein

Analyse

Sahelzone wird auf Jahre hinaus instabil bleiben

Trotz des großen internationalen Drucks will die Militärjunta in Niger offenbar weiter Fakten schaffen. In der Nacht von Montag auf Dienstag hat sie einen Ministerpräsidenten und einen neuen Kommandeur der Präsidentengarde ernannt. Der Ökonom Ali Mahaman Lamine Zeine soll als Premierminister künftig Niger regieren. Er ist ein alter Bekannter der nigrischen Politik. Er war schon Wirtschafts- und Finanzminister des 2010 gestürzten Präsidenten Mamadou Tandja und arbeitete nigrischen Medien zufolge zuletzt als Ökonom für die Afrikanische Entwicklungsbank (AfDB) im Nachbarland Tschad. Zudem wurde Oberstleutnant Habibou Assoumane zum Kommandeur der Präsidentengarde ernannt.

Am Sonntag ließ die Militärjunta ein Ultimatum der westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft Ecowas verstreichen. Bis dahin sollte die Militärjunta den Weg freimachen für eine Wiedereinsetzung des gestürzten Präsidenten Mohamed Bazoum. Es war erwartet worden, dass die Ecowas daraufhin militärisch einschreiten könnte. Doch zunächst wollen sich die Staats- und Regierungschefs der Organisation am Donnerstag in der nigerianischen Hauptstadt Abuja treffen, teilte die Ecowas mit.

Offenbar streben die Ecowas-Länder eine Lösung auf dem Verhandlungsweg an. Auch die amerikanische Diplomatin Victoria Nuland war als Unterhändlerin am Montag nach Niamey gereist. Sie ist im US-Außenministerium Staatssekretärin für politische Angelegenheiten und damit die Nummer zwei. “Diese Gespräche waren äußerst offen und teilweise recht schwierig”, berichtete sie im Anschluss Pressevertretern. Sie habe den neuen Chef der Armee Moussa Salaou Barmou gesprochen. Weder den neuen Machthaber Abdourahame Tchiani noch den gestürzten Präsidenten Mohamed Bazoum habe sie getroffen. Sie habe der Militärjunta “zahlreiche Optionen” aufgezeigt, um den Staatsstreich zu beenden. “Ich hoffe, sie lassen eine Tür offen für die Diplomatie”, sagte Nuland weiter.

Auswärtiges Amt warnt Militärjunta

In der Nacht von Sonntag auf Montag hatte die Militärjunta den Luftraum über Niger geschlossen. “Jeder Versuch, den Luftraum zu verletzen” werde zu “einer energischen und sofortigen Reaktion” führen, teilten die Putschisten am Montagmorgen mit. Auch hat sich offenbar die Sicherheit des ehemaligen Präsidenten Mohamed Bazoum verschlechtert. Die Putschisten müssten “mit scharfen persönlichen Konsequenzen rechnen”, sollte Bazoum und seiner Familie etwas zustoßen, sagte ein Sprecher des Auswärtigen Amtes am Montag. “Wir würden das genauso wie unsere afrikanischen Partner als eine Eskalation wahrnehmen.”

Allein die nigerianische Armee wäre wohl in der Lage, eine Militärintervention gegen die Junta in Niamey zu führen. Von der mehr als 400.000 Einwohner großen Stadt Sokoto im Nordwesten Nigerias sind es weniger als 500 Kilometer bis nach Niamey. Nigers Hauptstadt zählt noch zum Ausbreitungsgebiet der Hausa, einer Ethnie, die ihre Heimat nicht nur im Norden Nigerias hat. Etwa 13 Millionen der 25 Millionen Einwohner von Niger sind Hausa. Auch hat der Sultan von Sokoto, ein geistlicher Führer von rund 70 Millionen Muslimen in Nigeria, auch im Nachbarland Niger Einfluss. Seit 2006 übt Muhammad Sa’ad Abubakar das Amt aus. Er ist auch in die Vermittlungsversuche der Ecowas eingebunden.

Die Hoffnungen innerhalb der Ecowas-Gruppe und bei den westlichen Unterstützern Bazoums beruhen offenbar darauf, dass die Kombination aus internationalen Vermittlungsgesprächen und Sanktionen gegen Niger rasch Wirkung zeigen wird. So liefert Nigeria keinen Strom mehr nach Niger, und auch die Bargeldversorgung in Niger wird angeblich schwieriger.

Unterstützung vom ehemaligen Militärattaché in Berlin

Nicht nur wegen der Nähe zu Niamey, auch wegen der Stärke der Armee ist Nigeria der einzige Ecowas-Staat, der eine Militäroperation gegen die Putschisten führen könnte. Sicher, die Präsidentengarde von Abdourahamane Tchiani hat die Unterstützung der Armee bekommen. Das war für ihn wesentlich. Denn Tchiani hat als Mitglied der Präsidentengarde keine Kampferfahrung gesammelt. Dementsprechend gering war sein Ansehen bei der kämpfenden Truppe und bei der Bevölkerung, die unter den wiederholten Übergriffen von Terrorgruppen leidet.

Der Oberste Kommandierende der nigrische Armee, Salifou Mody, ist hinter Tchiani die Nummer zwei der Putschisten. Besonders für die Bundesregierung ist das bitter. Denn in Deutschland hat sich Mody in seiner Zeit als Militärattaché hohes Ansehen erworben. 2020, nach seiner Rückkehr aus Berlin, wurde er zum Chef der Generalstabs ernannt, bis er vor wenigen Wochen, im Juni, als Botschafter in die Vereinigten Arabischen Emiraten entsandt wurde – oder wäre abgeschoben das bessere Wort?

Mody spricht nicht nur gut deutsch. Er war auch der Gewährsmann Deutschlands – und Frankreichs – für die Aufrüstung der nigrischen Armee und ihre Ausbildung durch europäische Truppen. Unter anderem beteiligte sich die Bundeswehr seit Februar 2023 an der EU-Mission EUMPM Niger. Das Mandat sah vor, bis zu 60 Soldaten zu stellen. Tatsächlich wurden in der vergangenen Woche nur zwei Soldaten ausgeflogen, die für EUMPM in Niger waren. Die Mission sah vor, nigrische Spezialkräfte, unter anderem im militärischen Nachrichtenwesen und der Aufklärung, zu trainieren.

Schlüsselrolle für Algerien

Dank der Unterstützung aus Frankreich, Deutschland und der EU hat Niger kräftig aufgerüstet. Der gestürzte Präsident Mohamed Bazoum hatte im Februar 2022 angekündigt, die Truppenstärke bis 2025 auf 50.000 zu erhöhen. Aktuell läge sie bei 30.000, sagte Bazoum damals. Wie realistisch diese Zahl jemals war, lässt sich nicht abschätzen. Auf Wikipedia wird die Truppenstärke mit 5700 angegeben.

Damit kann Niger deutlich weniger Truppen aufbieten als allein Nigeria mit seiner 230.000 Mann starken Armee. Allerdings sind große Teile der nigerianischen Truppen im Kampf gegen Boko Haram im Nordosten Nigerias gebunden. Dabei wird eine Militärintervention nicht nur militärisch entschieden.

Eine nicht zu unterschätzende Rolle spielt Algerien. Staatschef Abdelmadjid Tebboune ließ am Samstag verbreiten, dass er eine Militärintervention der Ecowas in Niger kategorisch ablehne. “Das war eine echte Überraschung”, sagte der Journalist und Experte für Geopolitik Anthony Bellanger im Radiosender France Inter. “Damit machte er klar, dass es keine Lösung ohne die Einbindung Algeriens geben werde.” Da Algerien nicht Mitglied der Ecowas ist, wird diese Algerien wohl miteinbinden müssen.

Algier hat eine Schlüsselrolle für die Region, nicht nur wegen seiner wirtschaftlichen Macht, die auf Erdöl und Erdgas gründet, sondern auch wegen seiner langen Grenzen mit Libyen, Mali und Niger. Algerien hat sein Militärbudget laut Bellanger auf 22 Milliarden Dollar erhöht.

Dabei hatte Algerien anfangs selbst zur Regionalisierung des Islamismus beigetragen, als die Armee um 2010 begann, Terrorgruppen über die Grenzen in die Nachbarländer zu verdrängen. Tebboune war aber auch 2015 maßgeblich am Abkommen von Algier beteiligt, das eine politische Lösung für die Konflikte im Sahel bringen sollte. Algerien strebt einen größeren Einfluss an, zumal nach dem Tod von Muammar al-Gaddafi sich mit dem Zerfall Libyens eine Lücke ergeben hat, die Tebboune ausfüllen will.

Anarchie auf 6,4 Millionen Quadratkilometern?

Noch ist offen, wie der Konflikt um die Militärjunta in Niamey ausgehen wird. Im besten Fall findet hinter verschlossenen Türen eine Geheimdiplomatie statt mit dem Ziel, die Putschisten unter Zusicherung ihrer persönlichen Unversehrtheit zur Aufgabe zu bewegen. Vielleicht findet die afrikanische Staatengemeinschaft die Kraft, die Junta aus dem Amt zu heben.

Doch gleichgültig wie der Machtkampf in Niamey ausgeht, langfristig droht die Region zu zerfallen. Libyen, Mali, Burkina Faso, aber auch die Zentralafrikanische Republik und Niger sind nicht mehr in der Lage, ihr Territorium zu kontrollieren. Der Tschad dürfte der nächste Fall sein. Auch die Zukunft des Sudan ist ungewiss.

Damit stünde eine Region von 6,4 Millionen Quadratkilometern de facto ohne Regierung da, eine Fläche anderthalbmal so groß wie die Europäische Union. Unter Einschluss Sudans breitete sich die Anarchie sogar über 8,3 Millionen Quadratkilometer aus.

Die Folge wäre, dass die Region faktisch von konkurrierenden Warlords, Condottieri, Bandenanführern oder anderen Terrorgruppen kontrolliert würde, die sich über Drogenschmuggel, Rohstoffe, die Erpressung der Bevölkerung und vielleicht über Menschenhandel finanzieren.

Eine Rückkehr zum alten Regime in Niger wird mit jedem Tag unwahrscheinlicher. Und Europa wird diesem Ende nach der Klatsche von Niger nicht mehr viel entgegenzusetzen haben. Sowohl der sicherheitspolitisch-militärische Ansatz Frankreichs wie auch das entwicklungspolitische Modell Deutschlands sind beide gescheitert.

  • Bundeswehr
  • Ecowas
  • Niger
  • Sicherheit

Chinesische Manöver in Dschidda

Reiste im Auftrag Pekings zu den Gesprächen nach Saudi-Arabien: Chinas Sondergesandter für eurasische Angelegenheiten Li Hui.

Die Bewertung der Gespräche in Saudi-Arabien über ein Ende des russischen Angriffskriegs in der Ukraine fallen zu Wochenbeginn überraschend positiv aus. Zwar gaben die 40 Staaten keine gemeinsame Abschlusserklärung ab, aber vor allem die Teilnahme Chinas an den Verhandlungen wird vielerorts als Erfolg verbucht.

Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba bezeichnet das Erscheinen von Chinas Sondergesandten für eurasische Angelegenheiten Li Hui als “erheblichen Durchbruch“. Ein europäischer Diplomat lobt in der Zeitung “Financial Times”, China sei “konstruktiv aufgetreten” und “darauf bedacht zu zeigen, dass [es] nicht Russland ist”. Seine Schlussfolgerung daraus: “Die bloße Präsenz Chinas zeigt, dass Russland immer isolierter wird.

Pekings Unzufriedenheit mit Moskau wächst

In der Tat hat sich China in dieser Hinsicht bewegt. Als im Sommer in Kopenhagen ähnliche Gespräche stattfanden, wollte Peking damals nicht teilnehmen. Seither hat Pekings Unzufriedenheit mit Moskau zugenommen: Die Geschehnisse auf den Schlachtfeldern entwickeln sich immer mehr zuungunsten Russlands und das nicht verlängerte Getreideabkommen trifft vor allem China als größtem Abnehmer von ukrainischem Weizen.

Aber außer seiner Teilnahme hat China in Dschidda nichts Neues auf den Tisch gelegt. Li Hui hat nochmals Chinas Friedensplan referiert und seinen Respekt für die Prinzipien der UN-Charta ausgedrückt. “Das ist alles bekannt, bringt allerdings keinerlei greifbare Veränderungen”, sagt Alexander Gabuev zu Table.Media. Der Direktor des Carnegie Russia Eurasia Center weist darauf hin, dass die Gesprächsteilnehmer in Dschidda kritische Themen schlicht gemieden hätten, wie beispielsweise russische Truppen auf ukrainischem Gebiet. So findet man Konsens ohne Substanz.

Chinas Interessen in Dschidda

Und so ist denn auch die Hoffnung auf eine Abkehr Chinas von seinem Partner Russland mehr Wunschdenken als Realität. Der bilaterale Handel wächst in immer neue Höhen, zudem verstärken China und Russland ihre militärische Zusammenarbeit, zuletzt durch große gemeinsame Übungen der See- und Luftstreitkräfte vor Alaska.

Li Huis Reise nach Dschidda ist vielmehr ein chinesisches Manöver. Denn China hat am Wochenende in Saudi-Arabien vor allem seine eigenen Interessen verfolgt.

Peking will:

  • sich als aktive und verantwortungsvolle Friedensmacht präsentieren,
  • seine Beziehungen in die Golf-Region und den Nahen Osten stärken,
  • den Einfluss der USA zurückdrängen.

China als verantwortungsvolle Friedensmacht

Was China vor allem will, lässt sich in der Erklärung des chinesischen Außenministeriums in Peking gut erkennen. Dort hieß es am Montag: “Alle Parteien äußerten sich positiv zu Li Huis Anwesenheit und unterstützten voll und ganz Chinas positive Rolle bei der Erleichterung von Friedensgesprächen.” Li habe umfangreiche Gespräche geführt und “den internationalen Konsens gefestigt”. China werde den Dialog auf der Grundlage seines 12-Punkte-Friedensvorschlags weiter stärken und “gegenseitiges Vertrauen aufbauen”.

Zuletzt hatten die USA und Europa diplomatisch ihren Druck auf China erhöht. China solle seiner Verantwortung als Vetomacht im UN-Sicherheitsrat und selbsternannter globaler Sicherheitsakteur gerecht werden. Vor allem die Kritik aus Europa ist dabei für China von Bedeutung: Peking will diesen wichtigen Partner im Ringen mit den USA nicht verlieren.  

Chinas Einfluss im Nahen Osten wächst

Ein weiteres Ziel hinter Chinas Teilnahme in Dschidda ist: Peking will seinen Einfluss im Nahen Osten weiter ausbauen. So hat China vor einigen Monaten ein Abkommen zwischen Iran und Saudi-Arabien vermittelt. Beide Länder liefern große Mengen Öl, was Peking hilft, seinen Energiebedarf zu diversifizieren – zu den ohnehin sehr günstigen Gaslieferungen aus Russland. Die Golf-Staaten gelten als wichtige Partner der chinesischen “Belt-and-Road”-Initiative (BRI).

Der iranische Militärberater Generalmajor Yahya Rahim Safavi hofft gar, die “post-amerikanische Ära am Persischen Golf hat begonnen.” Ganz so weit ist es noch nicht. Der US-Fernsehsender CNN stellte jedoch unlängst fest: “China hat die Prämisse der amerikanischen Dominanz im Mittleren Osten zerschlagen.”

Einfluss Amerikas zurückdrängen

Einer der wichtigsten Partner für China hierbei ist Saudi-Arabien. Der einst so enge Partner der USA hat sich in den vergangenen Jahren immer mehr von Washington entfernt. Diese Entfremdung will China zu seinen Gunsten nutzen. Wohl auch deshalb hat Saudi-Arabien inzwischen den Status eines Dialogpartners in der Shanghai Cooperation Organization (SCO) erhalten – einem Paradebeispiel dafür, wie China alternative Strukturen zu westlich dominierten Institutionen errichtet.

Ähnlich sieht es Gabuev: “Es wäre diplomatisch ein großer Fehler von China gewesen, nicht an den Gesprächen mit vierzig anderen Staaten teilzunehmen”, sagt der China-Russland-Experte zu Table.Media. “Ich sehe allerdings keine Anzeichen dafür, dass sich Pekings unverbindliche Teilnahme in Dschidda in konkreten Maßnahmen niederschlagen wird, zum Beispiel Druck auf Russland ausüben, um den Krieg so zu beenden, wie es der Westen und Kiew erhoffen.”

Und so feiern sich Saudi-Arabien als neuer Vermittler und China als verantwortungsvoller Akteur, während die westlichen Staaten sich an ihre Hoffnung klammern. Doch: China wird nur etwas Substanzielles unternehmen, wenn es dafür auch etwas angeboten bekommt.

  • China
  • Geopolitik
  • Getreideabkommen
  • Ukraine-Krieg

Russlands nukleare Geopolitik im Mittelmeerraum

Staaten im Mittelmeerraum mit russischer Atomkraftwerkstechnik.

In Akkuyu an der Südküste der Türkei liegt die weltgrößte Baustelle eines Atomkraftwerks. Dort errichtet der russische Staatskonzern Rosatom vier Druckwasserreaktoren der Baureihe WWER-1200. Nach der Fertigstellung 2028 soll das 20-Milliarden-Dollar-Projekt etwa zehn Prozent des Strombedarfs der Türkei erzeugen.

Obwohl die Bauarbeiten noch nicht abgeschlossen sind, ließ der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan kurz vor den Präsidial- und Parlamentswahlen vom 14. Mai den ersten Reaktorblock feierlich einweihen. Per Videoschalte sprach Kremlchef Wladimir Putin: “Dieses Projekt trägt dazu bei, die facettenreiche Partnerschaft zwischen unseren beiden Staaten zu stärken.”

Analysten und Kritiker halten Rosatom-Projekte wie Akkuyu für Bausteine der russischen nuklearen Geopolitik, um den Raum zwischen östlichem Mittelmeer und Arabischem Golf langfristig in eine strategische Abhängigkeit zu treiben. So forderten Vertreter der “Zypern-Anti-Atom-Plattform” aus über 50 Organisationen von beiden Seiten der geteilten Insel am Tag vor der Einweihung den sofortigen Baustopp von Akkuyu. Sie warnten nicht nur vor massiver Erdbebengefahr, sondern auch vor ökologischen Risiken. Rosatom sei die Umwelt gleichgültig, sagte die Istanbuler Atomkritikerin Pinar Demircan. Nur eines zähle: “Die Bedeutung für Russlands geopolitische Ziele in der Region.”

Auf Jahrzehnte an Russland gebunden

“Es gibt kein anderes industrielles Infrastrukturprojekt, das zwei Länder so stark und so lange aneinanderbindet, wie ein Atomkraftwerk”, präzisiert der deutsche Atomexperte Mycle Schneider. “Russland finanziert den Bau durch Kredite und kann über Akkuyu in die Türkei hineinregieren.” Nach dem Geschäftsmodell “Build-Own-Operate” (BOO) sind Planung, Bau, Betrieb, Brennstoff, Abfallentsorgung für mindestens 60 Jahre fest in russischer Hand. Im Gegenzug zahlt die türkische Regierung 15 Jahre lang einen bestimmten Betrag je produzierter Kilowattstunde. Ankara umgeht so das Investitionsrisiko, hat gegenüber Rosatom aber auch wenig mitzureden.

Die Türkei begibt sich freiwillig in eine jahrzehntelange technologische Abhängigkeit – mit politischen Konsequenzen auch für den Westen. Rosatom besitzt das Monopol für die nuklearen Brennelemente der Reaktoren; ein Grund, warum die russische Atomindustrie bisher nicht von den Russland-Sanktionen erfasst wurde. Ungarn und Bulgarien betreiben Rosatom-Reaktoren; Konzerne aus den USA und anderen westlichen Ländern produzieren wichtige Komponenten für die russischen AKW.

Sanktionen gegen zwei russische Banken, die wesentlich an der Akkuyu-Finanzierung beteiligt sind, zeitigten keine erkennbare Wirkung. Laut Bloomberg hat Russland der Türkei sogar mindestens 15 Milliarden Dollar für Akkuyu überwiesen. Kredite, welche die klamme türkische Zentralbank zur Stabilisierung der Landeswährung Lira vor den Wahlen verwendete. Russische Kredite kommen auch bei weiteren Rosatom-Projekten in der Region ins Spiel:

  • Ägypten: In El Dabaa am Mittelmeer westlich von Alexandria errichtet Rosatom seit Juni 2022 zwei Reaktorblöcke vom Typ WWER-1200, zwei weitere Blöcke sollen folgen.
  • Iran: In Buschehr am Persischen Golf ist ein Rosatom-Reaktor vom Typ WWER-1000 seit 2011 in Betrieb. Ein zweiter Reaktorblock wird seit 2019 von Rosatom errichtet.
  • Jordanien: In Qasr Amra nahe Amman waren zwei Reaktorblöcke vom Typ WWER-1200 nach dem BOO-Modell geplant, wurden aber 2018 wegen zu hoher Kosten gestoppt. Derzeit werden Pläne für zwei kleinere Rosatom-AKW erwogen.
  • Saudi-Arabien: Für die möglichen Standorte Umm Huwayd oder Kor Duweihin am Golf nahe Katar erhielt Rosatom 2019 den Auftrag für eine Machbarkeitsstudie.

Die Bedingungen für die Kooperationen sind unbekannt

Welche politischen Verpflichtungen die Türkei und Ägypten gegenüber Russland möglicherweise eingegangen sind, ist ebenso intransparent wie Einzelheiten der Sicherheitsarchitektur. “Das ist ein Projekt zwischen Erdoğan und Putin, und was die miteinander ausgemacht haben, weiß keiner”, sagt der Atomexperte Schneider. “Ähnliches gilt für El Dabaa.”

Die Anrainerstaaten Griechenland und Zypern sind alarmiert; Zypern liegt nur 90 Kilometer von Akkuyu entfernt und wäre bei einem AKW-Unfall unmittelbar betroffen. Anfragen der griechischen Regierung in Ankara blieben unbeantwortet. Derzeit sehe man in der Region das größte Risiko in einer großflächigen radioaktiven Verseuchung, sagt der zyprische Energie- und Klimaexperte Theodoros Christoudias vom Cyprus Institute in Nikosia. “Doch wir haben absolut keine Informationen über die Sicherheit von Akkuyu und El Dabaa.” Sein Institut entwickelt computergestützte Risikoanalysen für verschieden schwere Unfälle. “Die russischen AKW im Dreieck Türkei-Jordanien-Ägypten gefährden die Sicherheit des gesamten östlichen Mittelmeerraums”, sagt er.

Atomkraftwerke in einer konfliktreichen Region

Zudem gebe es nur wenige Regionen auf der Welt, die so intensiv und so oft von Kriegen und Terrorismus geplagt seien wie der Nahe Osten, so der Wissenschaftler. “In der Ukraine sahen wir, dass Russland sogar das AKW Saporischschja angegriffen hat.” Während des iranisch-irakischen Kriegs flogen die Iraker 1987 mehrfach Luftangriffe auf die AKW-Baustelle in Buschehr; 2010 wurde das Computersystem des AKW mit dem Virus “Stuxnet” angegriffen. 2017 behaupteten die jemenitischen Huthis, sie hätten das im Bau befindliche AKW Barakah in Katar mit einer Rakete attackiert.

Und dann sei da noch die Sache mit der Bombe, sagt Christoudias. Man habe es in der gesamten Region mit Autokraten zu tun, die ihre technologische Fortschrittlichkeit durch den Wunsch ausdrücken wollten, eine Nuklearmacht zu werden, obwohl billige Solarenergie im Überfluss vorhanden sei. Doch haben die Präsidenten der Türkei, Ägyptens und Saudi-Arabiens ihr Recht betont, ebenfalls Nuklearwaffen zu entwickeln, falls dies anderen Mächten in der Region gelinge.

“Energiesicherheit steht klar nicht im Vordergrund”, sagt Theodoros Christoudias. “Es geht um das Prestige, aber im Hintergrund steht auf lange Sicht auch der Wunsch, Atomwaffen zu bekommen. Und der erste Schritt zur Bombe ist der Aufbau einer zivilen Nuklearindustrie.” Russland gehe mit seiner Atompolitik ein hohes Risiko ein.

  • Geopolitik
  • Naher Osten
  • Russland
  • Sicherheit

Neu: Agrifood.Table Professional Briefing – jetzt kostenlos anmelden. Wie unsere Lebensgrundlagen geschaffen, gesichert und reguliert werden. Für die entscheidenden Köpfe in Landwirtschaft und Ernährung in Politik und Verwaltung, Wirtschaft und Wissenschaft, Verbänden und NGO. Von Table.Media. (Anmelden)

News

Legales Kiffen: Soldaten ausdrücklich ausgenommen

Die geplante Legalisierung des Konsums von Haschisch und Marihuana soll ausdrücklich nicht für Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr gelten. Im Referentenentwurf des Bundesgesundheitsministeriums für ein “Gesetz zum kontrollierten Umgang mit Cannabis” werden die Streitkräfte als einzige Berufsgruppe ausdrücklich von einer Freigabe ausgenommen. Die Bestimmungen wurden auf Veranlassung des Verteidigungsministeriums in den Gesetzestext aufgenommen.

In den Paragraphen 3 und 5 des Gesetzentwurfes werden der Besitz und der Konsum von Cannabis geregelt. Darin ist auch die Ausnahme von der Legalisierung enthalten: “Beschränkungen des Besitzes/des Konsums von Cannabis für Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr aufgrund dienstrechtlicher Vorschriften bleiben … unberührt.” Für Beamte zum Beispiel der Bundespolizei ist dagegen keine entsprechende Regelung vorgesehen.

In der Begründung der Ausnahme von der Freigabe heißt es, in der Bundeswehr “gibt es berufliche Tätigkeiten, bei denen gewichtige Gründe für Beschränkungen des Cannabisbesitzes zum Zweck der Berauschung vorliegen, zum Beispiel bei Personal, das Umgang oder Zugang zu Waffen und Waffensystemen aller Art oder Gerätschaften, die bei nicht sachgemäßer Führung eine erhebliche Gefahr für Leib und Leben begründen können, hat”. Außerdem könne das Verbot “zur Aufrechterhaltung der Einsatzbereitschaft der Truppe und der militärischen Ordnung” erforderlich sein.

Bereits jetzt gilt für Soldatinnen und Soldaten ein Cannabisverbot, das über das aktuelle Gesetz hinausgeht. “Wegen der möglichen Auswirkungen auf Gesundheit und psychische wie physische Einsatzbereitschaft der betroffenen Soldatinnen oder Soldaten ist hier über die Regelungen des Betäubungsmittelgesetzes hinaus jeglicher Konsum von Betäubungsmitteln in und außer Dienst verboten”, heißt es in der Zentralen Dienstvorschrift A-2160/6 in Abschnitt 1.29. “Dies gilt auch für die so genannten ‘weichen’ Drogen, wie beispielsweise Marihuana und Haschisch.” Der Genuss dieser Betäubungsmittel sei auch “außerhalb der Dienstzeit – anders als beim Alkoholrausch – eine solche Dienstpflichtverletzung.”

“Ähnlich wie beim Konsum von Alkohol gilt es Regelungen zu treffen, die geeignet sind, sowohl die Sicherheit als auch die Schlagkraft der Truppe zu erhalten“, sagte die Ministeriumssprecherin auf Anfrage von Table.Media. “Die bisherigen Regelungen zum Umgang mit Cannabis werden bei Inkrafttreten des Gesetzes geprüft und gegebenenfalls überarbeitet.” tw

  • Bundeswehr

Presseschau

Babel: Translating the Middle East – The Rise of Hostage Taking (Podcast). Jason Rezaian verbrachte von 2014 bis 2015 eineinhalb Jahre im Iran in Gefangenschaft. Die Zahl der unrechtmäßig im Ausland festgesetzten US-Amerikaner sei in den vergangenen zehn Jahren um 500 Prozent gestiegen, sagt er im Podcast des Center for Strategic and International Studies (CSIS). Die USA müssen einerseits eine glaubwürdige Abschreckung entwickeln, um Entführer abzuhalten, andererseits über die Freilassung von Gefangenen verhandeln. 27 Minuten über Gefangene als politisches Instrument.

The Economist – What Ukraine’s bloody battlefield is teaching medics (Paywall). Richtig beunruhigt waren die US-amerikanischen und britischen Geheimdienste, als Russland vor dem Einmarsch in die Ukraine Blutkonserven zu den Truppen an die Grenze brachten. In diesem Krieg enden wieder mehr Verletzungen tödlich und bürokratische Hürden erschweren die medizinische Versorgung der ukrainischen Soldaten an der Front. Welche Schlüsse westliche Armeen zur Verwundetenversorgung aus dem Krieg in der Ukraine ziehen können.

Deaidua.org – Fact check- Welt.de: Despite big promises. Aufhänger ist ein Artikel aus der Welt, der Deutschland Zögerung bei Waffenlieferungen vorwirft. Der Faktencheck des Blogs, der sonst Waffenlieferungen aus Berlin nach Kiew dokumentiert, liefert auch Erkenntnisse, was im Zeitraum zwischen Ankündigung und Lieferung von Waffensystemen passiert und wie deutsche Rüstungsunternehmen dem gesteigerten Bedarf nachkommen.

Tagesspiegel – Darum erweisen sich die ukrainischen Marinedrohnen als so effektiv. So überlegen die russische Marine der ukrainischen sein mag – ein probates Mittel zur Abwehr ukrainischer Marinedrohnen hat Russland noch nicht gefunden. Die relativ günstig herzustellenden Drohnen richteten zuletzt große Schäden an der Kertschbrücke an.

Heads

Hans Christoph Atzpodien – Chef-Lobbyist der deutschen Rüstungsindustrie 

Hans Christoph Atzpodien ist seit 2017 Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Deutschen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie (BDSV).

Hans Christoph Atzpodien weiß, wie man sich in der wohl unliebsamsten aller Branchen bewegt – rechtlich, strategisch, aber vor allem argumentativ. Worin er Energie investiert – in die Verhinderung eines Rüstungsexportkontrollgesetzes etwa -, oder wo er es auch mal gut sein lässt – gegenüber den Medien zum Beispiel.

Atzpodien, 1955 in Düren in der Eifel geboren und promovierter Jurist, ist seit 2017 Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Deutschen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie (BDSV) und dessen Gründungsmitglied. Der 2009 gegründete Lobbyverband vereint mehr als 200 deutsche Rüstungsfirmen, darunter Schwergewichte wie Airbus Defence, MBDA, Rheinmetall, Krauss-Maffei Wegmann, ThyssenKrupp Marine Systems (TKMS) und Diehl Defence.

Atzpodien: Waffen sollen als nachhaltig gelten

Zusammen ist man eben stärker – nicht zuletzt gegenüber der Bundesregierung, die Rüstungsexporte noch in dieser Legislaturperiode strenger per Gesetz kontrollieren will. Das sieht der oberste Vertreter einer Branche, die sehr auf das Exportgeschäft und internationale Zusammenarbeit angewiesen ist, entsprechend kritisch. “Dieses Instrument ist im Zweifel eher kooperationsschädlich”, sagt der 68-Jährige. “Europäische Kooperationen funktionieren nur, wenn die Kunden dasselbe Gerät wollen. Dafür muss die Politik in den entsprechenden Ländern sorgen und alle Hürden aus dem Weg räumen. Zu diesen Hürden gehören auch unterschiedliche Vorstellungen über den Rüstungsexport.”

Und man ist stärker gegenüber der EU-Institutionen, die Druck machen beim Klimaschutz. So plädiert Atzpodien dafür, Waffen in die Nachhaltigkeits-Taxonomie der EU aufzunehmen, um Investoren zu signalisieren, dass es sich um eine nachhaltige Anlagemöglichkeit handele. “Ohne Waffen keine Verteidigungsbereitschaft und auch kein Frieden”, so Atzpodiens Argumentation – oder auch: “Sicherheit ist die Mutter aller Nachhaltigkeit”.

Eine Branche im Fokus

Ohne Zweifel, der 24. Februar 2022 bedeutete auch für die deutsche Rüstungsindustrie eine Zeitenwende: Waffenlieferungen an die Ukraine, die Ausstattung der Bundeswehr – die Sicherheits- und Verteidigungsbranche steht seitdem gar nicht so schlecht da in der Öffentlichkeit, könnte man meinen. Ob sich das Image der Branche in der Bevölkerung dadurch aber wirklich verbessert habe?

Dazu holt Atzpodien aus, erklärt, woher der schlechte Ruf überhaupt komme. So sei es die Bundesregierung, die Waffenexporte auch an Nicht-Nato-Länder genehmige, der Bevölkerung aber nicht erkläre, warum. Das falle dann zurück auf die Branche. Beispiel Algerien: “Da haben wir seinerzeit von ThyssenKrupp Marine Systems Fregatten hinverkauft. Warum hat die Bundesregierung das genehmigt? Weil sie Algerien als stabilisierenden Faktor im westlichen Mittelmeer ansah.”

Nach den politischen Grundsätzen der Bundesregierung würden Waffen aus Deutschland nur dann exportiert, wenn die Bundesregierung daran ein außen- und sicherheitspolitisches Interesse habe, erklärt Atzpodien. “Da auch wir wollen, dass unsere Produkte nicht in falsche Hände geraten, stehen wir da absolut dahinter.” Auch am Beispiel Ukraine sehe man, dass es die Bundesregierung sei, die über Exporte entscheide, nicht die Industrie.

Bei TKMS für U-Boot-Deals zuständig

1982 war Atzpodien bei der damaligen Otto Wolff AG eingestiegen, die später im Thyssen-Konzern aufging. 2007 wurde er Vorstandsvorsitzender von ThyssenKrupp Marine Systems (TKMS). In seine Zeit an der Konzernspitze fallen umstrittene U-Boot-Deals mit der israelischen und ägyptischen Regierung. 2016 musste Atzpodien TKMS verlassen, nachdem ein milliardenschwerer U-Boot-Auftrag aus Australien an den französischen Konkurrenten DCNS ging.

Ob sich der Ruf der Rüstungsbranche seit Beginn des Ukraine-Kriegs denn nun verbessert habe? Eine direkte Antwort darauf gibt Atzpodien nicht. Das Medieninteresse sei zwar gestiegen, aber er komme weiterhin längst nicht überall zu Wort, versuche es allerdings inzwischen auch nicht mehr so oft wie früher. Lisa-Martina Klein

  • Bundeswehr
  • Deutschland
  • Europa
  • Rüstung

Security.Table Redaktion

SECURITY.TABLE REDAKTION

Licenses:
    Liebe Leserin, lieber Leser,

    wie geht es weiter in Niger? Die von der Ecowas angedrohte Intervention ist bislang ausgeblieben. In der Nacht von Montag auf Dienstag hat die Militärjunta einen Ministerpräsidenten für das Land ernannt. Auch haben sich jetzt die USA in den Konflikt eingeschaltet und eine ranghohe Unterhändlerin zu Gesprächen nach Niamey geschickt. Mein Kollege Christian von Hiller widmet sich in seiner Analyse detailliert der aktuellen Lage in Niger, beleuchtet die Schlüsselrolle Algeriens und was die Situation für die Interessen der Bundesregierung und nicht zuletzt für die Bundeswehr bedeutet.

    Um Interessen geht es auch im Text von Michael Radunski. Saudi-Arabien lädt zu Gesprächen über den Krieg in der Ukraine ein. Man möge Riad nun vorwerfen, nur sein Image als neuer Vermittler aufpolieren zu wollen, doch das will auch China, das der Einladung gefolgt ist. Um ehrliche Friedensverhandlungen schien es China nicht zu gehen. Unter welchen Umständen Peking vielleicht doch noch Substanzielles beitragen könnte, lesen Sie in seiner Analyse.

    Unberührt vom Krieg treibt Russland im Mittelmeerraum eine gefährliche Politik der Abhängigkeit voran. Zahlreiche Staaten, darunter die Türkei, der Iran und auch Saudi-Arabien, bauen auf russische Atomkraftwerke vom Konzern Rosatom zur eigenen Energieversorgung. Auf lange Sicht ein gefährliches Spiel, wie Frank Nordhausen analysiert.

    Ich habe für das Portrait in dieser Ausgabe Hans Christoph Atzpodien getroffen. Er ist seit sechs Jahren Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Deutschen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie. Er spricht darüber, woher das schlechte Image der Rüstungsindustrie in der Bevölkerung stammt und wie Rüstung und Klimaschutz zusammenhängen.

    Gestatten Sie mir bitte noch einen Glückwunsch in eigener Sache: Heute Morgen um sechs Uhr ist bei Table.Media die 500. Ausgabe des Europe.Table erschienen. Fünfhundert Briefings, vollgepackt mit News zur Europäischen Politik in Brüssel und tiefgründigen Analysen der EU-Gesetze und -Verordnungen. An (fast) jedem Werktag seit dem 3. August 2021 liefert das Team um Till Hoppe Aktualität, Relevanz und journalistische Qualität. Hier geht’s zum kostenfreien Test.

    Und jetzt wünsche ich eine spannende Lektüre des Security.Table!

    Ihre
    Lisa-Martina Klein
    Bild von Lisa-Martina  Klein

    Analyse

    Sahelzone wird auf Jahre hinaus instabil bleiben

    Trotz des großen internationalen Drucks will die Militärjunta in Niger offenbar weiter Fakten schaffen. In der Nacht von Montag auf Dienstag hat sie einen Ministerpräsidenten und einen neuen Kommandeur der Präsidentengarde ernannt. Der Ökonom Ali Mahaman Lamine Zeine soll als Premierminister künftig Niger regieren. Er ist ein alter Bekannter der nigrischen Politik. Er war schon Wirtschafts- und Finanzminister des 2010 gestürzten Präsidenten Mamadou Tandja und arbeitete nigrischen Medien zufolge zuletzt als Ökonom für die Afrikanische Entwicklungsbank (AfDB) im Nachbarland Tschad. Zudem wurde Oberstleutnant Habibou Assoumane zum Kommandeur der Präsidentengarde ernannt.

    Am Sonntag ließ die Militärjunta ein Ultimatum der westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft Ecowas verstreichen. Bis dahin sollte die Militärjunta den Weg freimachen für eine Wiedereinsetzung des gestürzten Präsidenten Mohamed Bazoum. Es war erwartet worden, dass die Ecowas daraufhin militärisch einschreiten könnte. Doch zunächst wollen sich die Staats- und Regierungschefs der Organisation am Donnerstag in der nigerianischen Hauptstadt Abuja treffen, teilte die Ecowas mit.

    Offenbar streben die Ecowas-Länder eine Lösung auf dem Verhandlungsweg an. Auch die amerikanische Diplomatin Victoria Nuland war als Unterhändlerin am Montag nach Niamey gereist. Sie ist im US-Außenministerium Staatssekretärin für politische Angelegenheiten und damit die Nummer zwei. “Diese Gespräche waren äußerst offen und teilweise recht schwierig”, berichtete sie im Anschluss Pressevertretern. Sie habe den neuen Chef der Armee Moussa Salaou Barmou gesprochen. Weder den neuen Machthaber Abdourahame Tchiani noch den gestürzten Präsidenten Mohamed Bazoum habe sie getroffen. Sie habe der Militärjunta “zahlreiche Optionen” aufgezeigt, um den Staatsstreich zu beenden. “Ich hoffe, sie lassen eine Tür offen für die Diplomatie”, sagte Nuland weiter.

    Auswärtiges Amt warnt Militärjunta

    In der Nacht von Sonntag auf Montag hatte die Militärjunta den Luftraum über Niger geschlossen. “Jeder Versuch, den Luftraum zu verletzen” werde zu “einer energischen und sofortigen Reaktion” führen, teilten die Putschisten am Montagmorgen mit. Auch hat sich offenbar die Sicherheit des ehemaligen Präsidenten Mohamed Bazoum verschlechtert. Die Putschisten müssten “mit scharfen persönlichen Konsequenzen rechnen”, sollte Bazoum und seiner Familie etwas zustoßen, sagte ein Sprecher des Auswärtigen Amtes am Montag. “Wir würden das genauso wie unsere afrikanischen Partner als eine Eskalation wahrnehmen.”

    Allein die nigerianische Armee wäre wohl in der Lage, eine Militärintervention gegen die Junta in Niamey zu führen. Von der mehr als 400.000 Einwohner großen Stadt Sokoto im Nordwesten Nigerias sind es weniger als 500 Kilometer bis nach Niamey. Nigers Hauptstadt zählt noch zum Ausbreitungsgebiet der Hausa, einer Ethnie, die ihre Heimat nicht nur im Norden Nigerias hat. Etwa 13 Millionen der 25 Millionen Einwohner von Niger sind Hausa. Auch hat der Sultan von Sokoto, ein geistlicher Führer von rund 70 Millionen Muslimen in Nigeria, auch im Nachbarland Niger Einfluss. Seit 2006 übt Muhammad Sa’ad Abubakar das Amt aus. Er ist auch in die Vermittlungsversuche der Ecowas eingebunden.

    Die Hoffnungen innerhalb der Ecowas-Gruppe und bei den westlichen Unterstützern Bazoums beruhen offenbar darauf, dass die Kombination aus internationalen Vermittlungsgesprächen und Sanktionen gegen Niger rasch Wirkung zeigen wird. So liefert Nigeria keinen Strom mehr nach Niger, und auch die Bargeldversorgung in Niger wird angeblich schwieriger.

    Unterstützung vom ehemaligen Militärattaché in Berlin

    Nicht nur wegen der Nähe zu Niamey, auch wegen der Stärke der Armee ist Nigeria der einzige Ecowas-Staat, der eine Militäroperation gegen die Putschisten führen könnte. Sicher, die Präsidentengarde von Abdourahamane Tchiani hat die Unterstützung der Armee bekommen. Das war für ihn wesentlich. Denn Tchiani hat als Mitglied der Präsidentengarde keine Kampferfahrung gesammelt. Dementsprechend gering war sein Ansehen bei der kämpfenden Truppe und bei der Bevölkerung, die unter den wiederholten Übergriffen von Terrorgruppen leidet.

    Der Oberste Kommandierende der nigrische Armee, Salifou Mody, ist hinter Tchiani die Nummer zwei der Putschisten. Besonders für die Bundesregierung ist das bitter. Denn in Deutschland hat sich Mody in seiner Zeit als Militärattaché hohes Ansehen erworben. 2020, nach seiner Rückkehr aus Berlin, wurde er zum Chef der Generalstabs ernannt, bis er vor wenigen Wochen, im Juni, als Botschafter in die Vereinigten Arabischen Emiraten entsandt wurde – oder wäre abgeschoben das bessere Wort?

    Mody spricht nicht nur gut deutsch. Er war auch der Gewährsmann Deutschlands – und Frankreichs – für die Aufrüstung der nigrischen Armee und ihre Ausbildung durch europäische Truppen. Unter anderem beteiligte sich die Bundeswehr seit Februar 2023 an der EU-Mission EUMPM Niger. Das Mandat sah vor, bis zu 60 Soldaten zu stellen. Tatsächlich wurden in der vergangenen Woche nur zwei Soldaten ausgeflogen, die für EUMPM in Niger waren. Die Mission sah vor, nigrische Spezialkräfte, unter anderem im militärischen Nachrichtenwesen und der Aufklärung, zu trainieren.

    Schlüsselrolle für Algerien

    Dank der Unterstützung aus Frankreich, Deutschland und der EU hat Niger kräftig aufgerüstet. Der gestürzte Präsident Mohamed Bazoum hatte im Februar 2022 angekündigt, die Truppenstärke bis 2025 auf 50.000 zu erhöhen. Aktuell läge sie bei 30.000, sagte Bazoum damals. Wie realistisch diese Zahl jemals war, lässt sich nicht abschätzen. Auf Wikipedia wird die Truppenstärke mit 5700 angegeben.

    Damit kann Niger deutlich weniger Truppen aufbieten als allein Nigeria mit seiner 230.000 Mann starken Armee. Allerdings sind große Teile der nigerianischen Truppen im Kampf gegen Boko Haram im Nordosten Nigerias gebunden. Dabei wird eine Militärintervention nicht nur militärisch entschieden.

    Eine nicht zu unterschätzende Rolle spielt Algerien. Staatschef Abdelmadjid Tebboune ließ am Samstag verbreiten, dass er eine Militärintervention der Ecowas in Niger kategorisch ablehne. “Das war eine echte Überraschung”, sagte der Journalist und Experte für Geopolitik Anthony Bellanger im Radiosender France Inter. “Damit machte er klar, dass es keine Lösung ohne die Einbindung Algeriens geben werde.” Da Algerien nicht Mitglied der Ecowas ist, wird diese Algerien wohl miteinbinden müssen.

    Algier hat eine Schlüsselrolle für die Region, nicht nur wegen seiner wirtschaftlichen Macht, die auf Erdöl und Erdgas gründet, sondern auch wegen seiner langen Grenzen mit Libyen, Mali und Niger. Algerien hat sein Militärbudget laut Bellanger auf 22 Milliarden Dollar erhöht.

    Dabei hatte Algerien anfangs selbst zur Regionalisierung des Islamismus beigetragen, als die Armee um 2010 begann, Terrorgruppen über die Grenzen in die Nachbarländer zu verdrängen. Tebboune war aber auch 2015 maßgeblich am Abkommen von Algier beteiligt, das eine politische Lösung für die Konflikte im Sahel bringen sollte. Algerien strebt einen größeren Einfluss an, zumal nach dem Tod von Muammar al-Gaddafi sich mit dem Zerfall Libyens eine Lücke ergeben hat, die Tebboune ausfüllen will.

    Anarchie auf 6,4 Millionen Quadratkilometern?

    Noch ist offen, wie der Konflikt um die Militärjunta in Niamey ausgehen wird. Im besten Fall findet hinter verschlossenen Türen eine Geheimdiplomatie statt mit dem Ziel, die Putschisten unter Zusicherung ihrer persönlichen Unversehrtheit zur Aufgabe zu bewegen. Vielleicht findet die afrikanische Staatengemeinschaft die Kraft, die Junta aus dem Amt zu heben.

    Doch gleichgültig wie der Machtkampf in Niamey ausgeht, langfristig droht die Region zu zerfallen. Libyen, Mali, Burkina Faso, aber auch die Zentralafrikanische Republik und Niger sind nicht mehr in der Lage, ihr Territorium zu kontrollieren. Der Tschad dürfte der nächste Fall sein. Auch die Zukunft des Sudan ist ungewiss.

    Damit stünde eine Region von 6,4 Millionen Quadratkilometern de facto ohne Regierung da, eine Fläche anderthalbmal so groß wie die Europäische Union. Unter Einschluss Sudans breitete sich die Anarchie sogar über 8,3 Millionen Quadratkilometer aus.

    Die Folge wäre, dass die Region faktisch von konkurrierenden Warlords, Condottieri, Bandenanführern oder anderen Terrorgruppen kontrolliert würde, die sich über Drogenschmuggel, Rohstoffe, die Erpressung der Bevölkerung und vielleicht über Menschenhandel finanzieren.

    Eine Rückkehr zum alten Regime in Niger wird mit jedem Tag unwahrscheinlicher. Und Europa wird diesem Ende nach der Klatsche von Niger nicht mehr viel entgegenzusetzen haben. Sowohl der sicherheitspolitisch-militärische Ansatz Frankreichs wie auch das entwicklungspolitische Modell Deutschlands sind beide gescheitert.

    • Bundeswehr
    • Ecowas
    • Niger
    • Sicherheit

    Chinesische Manöver in Dschidda

    Reiste im Auftrag Pekings zu den Gesprächen nach Saudi-Arabien: Chinas Sondergesandter für eurasische Angelegenheiten Li Hui.

    Die Bewertung der Gespräche in Saudi-Arabien über ein Ende des russischen Angriffskriegs in der Ukraine fallen zu Wochenbeginn überraschend positiv aus. Zwar gaben die 40 Staaten keine gemeinsame Abschlusserklärung ab, aber vor allem die Teilnahme Chinas an den Verhandlungen wird vielerorts als Erfolg verbucht.

    Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba bezeichnet das Erscheinen von Chinas Sondergesandten für eurasische Angelegenheiten Li Hui als “erheblichen Durchbruch“. Ein europäischer Diplomat lobt in der Zeitung “Financial Times”, China sei “konstruktiv aufgetreten” und “darauf bedacht zu zeigen, dass [es] nicht Russland ist”. Seine Schlussfolgerung daraus: “Die bloße Präsenz Chinas zeigt, dass Russland immer isolierter wird.

    Pekings Unzufriedenheit mit Moskau wächst

    In der Tat hat sich China in dieser Hinsicht bewegt. Als im Sommer in Kopenhagen ähnliche Gespräche stattfanden, wollte Peking damals nicht teilnehmen. Seither hat Pekings Unzufriedenheit mit Moskau zugenommen: Die Geschehnisse auf den Schlachtfeldern entwickeln sich immer mehr zuungunsten Russlands und das nicht verlängerte Getreideabkommen trifft vor allem China als größtem Abnehmer von ukrainischem Weizen.

    Aber außer seiner Teilnahme hat China in Dschidda nichts Neues auf den Tisch gelegt. Li Hui hat nochmals Chinas Friedensplan referiert und seinen Respekt für die Prinzipien der UN-Charta ausgedrückt. “Das ist alles bekannt, bringt allerdings keinerlei greifbare Veränderungen”, sagt Alexander Gabuev zu Table.Media. Der Direktor des Carnegie Russia Eurasia Center weist darauf hin, dass die Gesprächsteilnehmer in Dschidda kritische Themen schlicht gemieden hätten, wie beispielsweise russische Truppen auf ukrainischem Gebiet. So findet man Konsens ohne Substanz.

    Chinas Interessen in Dschidda

    Und so ist denn auch die Hoffnung auf eine Abkehr Chinas von seinem Partner Russland mehr Wunschdenken als Realität. Der bilaterale Handel wächst in immer neue Höhen, zudem verstärken China und Russland ihre militärische Zusammenarbeit, zuletzt durch große gemeinsame Übungen der See- und Luftstreitkräfte vor Alaska.

    Li Huis Reise nach Dschidda ist vielmehr ein chinesisches Manöver. Denn China hat am Wochenende in Saudi-Arabien vor allem seine eigenen Interessen verfolgt.

    Peking will:

    • sich als aktive und verantwortungsvolle Friedensmacht präsentieren,
    • seine Beziehungen in die Golf-Region und den Nahen Osten stärken,
    • den Einfluss der USA zurückdrängen.

    China als verantwortungsvolle Friedensmacht

    Was China vor allem will, lässt sich in der Erklärung des chinesischen Außenministeriums in Peking gut erkennen. Dort hieß es am Montag: “Alle Parteien äußerten sich positiv zu Li Huis Anwesenheit und unterstützten voll und ganz Chinas positive Rolle bei der Erleichterung von Friedensgesprächen.” Li habe umfangreiche Gespräche geführt und “den internationalen Konsens gefestigt”. China werde den Dialog auf der Grundlage seines 12-Punkte-Friedensvorschlags weiter stärken und “gegenseitiges Vertrauen aufbauen”.

    Zuletzt hatten die USA und Europa diplomatisch ihren Druck auf China erhöht. China solle seiner Verantwortung als Vetomacht im UN-Sicherheitsrat und selbsternannter globaler Sicherheitsakteur gerecht werden. Vor allem die Kritik aus Europa ist dabei für China von Bedeutung: Peking will diesen wichtigen Partner im Ringen mit den USA nicht verlieren.  

    Chinas Einfluss im Nahen Osten wächst

    Ein weiteres Ziel hinter Chinas Teilnahme in Dschidda ist: Peking will seinen Einfluss im Nahen Osten weiter ausbauen. So hat China vor einigen Monaten ein Abkommen zwischen Iran und Saudi-Arabien vermittelt. Beide Länder liefern große Mengen Öl, was Peking hilft, seinen Energiebedarf zu diversifizieren – zu den ohnehin sehr günstigen Gaslieferungen aus Russland. Die Golf-Staaten gelten als wichtige Partner der chinesischen “Belt-and-Road”-Initiative (BRI).

    Der iranische Militärberater Generalmajor Yahya Rahim Safavi hofft gar, die “post-amerikanische Ära am Persischen Golf hat begonnen.” Ganz so weit ist es noch nicht. Der US-Fernsehsender CNN stellte jedoch unlängst fest: “China hat die Prämisse der amerikanischen Dominanz im Mittleren Osten zerschlagen.”

    Einfluss Amerikas zurückdrängen

    Einer der wichtigsten Partner für China hierbei ist Saudi-Arabien. Der einst so enge Partner der USA hat sich in den vergangenen Jahren immer mehr von Washington entfernt. Diese Entfremdung will China zu seinen Gunsten nutzen. Wohl auch deshalb hat Saudi-Arabien inzwischen den Status eines Dialogpartners in der Shanghai Cooperation Organization (SCO) erhalten – einem Paradebeispiel dafür, wie China alternative Strukturen zu westlich dominierten Institutionen errichtet.

    Ähnlich sieht es Gabuev: “Es wäre diplomatisch ein großer Fehler von China gewesen, nicht an den Gesprächen mit vierzig anderen Staaten teilzunehmen”, sagt der China-Russland-Experte zu Table.Media. “Ich sehe allerdings keine Anzeichen dafür, dass sich Pekings unverbindliche Teilnahme in Dschidda in konkreten Maßnahmen niederschlagen wird, zum Beispiel Druck auf Russland ausüben, um den Krieg so zu beenden, wie es der Westen und Kiew erhoffen.”

    Und so feiern sich Saudi-Arabien als neuer Vermittler und China als verantwortungsvoller Akteur, während die westlichen Staaten sich an ihre Hoffnung klammern. Doch: China wird nur etwas Substanzielles unternehmen, wenn es dafür auch etwas angeboten bekommt.

    • China
    • Geopolitik
    • Getreideabkommen
    • Ukraine-Krieg

    Russlands nukleare Geopolitik im Mittelmeerraum

    Staaten im Mittelmeerraum mit russischer Atomkraftwerkstechnik.

    In Akkuyu an der Südküste der Türkei liegt die weltgrößte Baustelle eines Atomkraftwerks. Dort errichtet der russische Staatskonzern Rosatom vier Druckwasserreaktoren der Baureihe WWER-1200. Nach der Fertigstellung 2028 soll das 20-Milliarden-Dollar-Projekt etwa zehn Prozent des Strombedarfs der Türkei erzeugen.

    Obwohl die Bauarbeiten noch nicht abgeschlossen sind, ließ der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan kurz vor den Präsidial- und Parlamentswahlen vom 14. Mai den ersten Reaktorblock feierlich einweihen. Per Videoschalte sprach Kremlchef Wladimir Putin: “Dieses Projekt trägt dazu bei, die facettenreiche Partnerschaft zwischen unseren beiden Staaten zu stärken.”

    Analysten und Kritiker halten Rosatom-Projekte wie Akkuyu für Bausteine der russischen nuklearen Geopolitik, um den Raum zwischen östlichem Mittelmeer und Arabischem Golf langfristig in eine strategische Abhängigkeit zu treiben. So forderten Vertreter der “Zypern-Anti-Atom-Plattform” aus über 50 Organisationen von beiden Seiten der geteilten Insel am Tag vor der Einweihung den sofortigen Baustopp von Akkuyu. Sie warnten nicht nur vor massiver Erdbebengefahr, sondern auch vor ökologischen Risiken. Rosatom sei die Umwelt gleichgültig, sagte die Istanbuler Atomkritikerin Pinar Demircan. Nur eines zähle: “Die Bedeutung für Russlands geopolitische Ziele in der Region.”

    Auf Jahrzehnte an Russland gebunden

    “Es gibt kein anderes industrielles Infrastrukturprojekt, das zwei Länder so stark und so lange aneinanderbindet, wie ein Atomkraftwerk”, präzisiert der deutsche Atomexperte Mycle Schneider. “Russland finanziert den Bau durch Kredite und kann über Akkuyu in die Türkei hineinregieren.” Nach dem Geschäftsmodell “Build-Own-Operate” (BOO) sind Planung, Bau, Betrieb, Brennstoff, Abfallentsorgung für mindestens 60 Jahre fest in russischer Hand. Im Gegenzug zahlt die türkische Regierung 15 Jahre lang einen bestimmten Betrag je produzierter Kilowattstunde. Ankara umgeht so das Investitionsrisiko, hat gegenüber Rosatom aber auch wenig mitzureden.

    Die Türkei begibt sich freiwillig in eine jahrzehntelange technologische Abhängigkeit – mit politischen Konsequenzen auch für den Westen. Rosatom besitzt das Monopol für die nuklearen Brennelemente der Reaktoren; ein Grund, warum die russische Atomindustrie bisher nicht von den Russland-Sanktionen erfasst wurde. Ungarn und Bulgarien betreiben Rosatom-Reaktoren; Konzerne aus den USA und anderen westlichen Ländern produzieren wichtige Komponenten für die russischen AKW.

    Sanktionen gegen zwei russische Banken, die wesentlich an der Akkuyu-Finanzierung beteiligt sind, zeitigten keine erkennbare Wirkung. Laut Bloomberg hat Russland der Türkei sogar mindestens 15 Milliarden Dollar für Akkuyu überwiesen. Kredite, welche die klamme türkische Zentralbank zur Stabilisierung der Landeswährung Lira vor den Wahlen verwendete. Russische Kredite kommen auch bei weiteren Rosatom-Projekten in der Region ins Spiel:

    • Ägypten: In El Dabaa am Mittelmeer westlich von Alexandria errichtet Rosatom seit Juni 2022 zwei Reaktorblöcke vom Typ WWER-1200, zwei weitere Blöcke sollen folgen.
    • Iran: In Buschehr am Persischen Golf ist ein Rosatom-Reaktor vom Typ WWER-1000 seit 2011 in Betrieb. Ein zweiter Reaktorblock wird seit 2019 von Rosatom errichtet.
    • Jordanien: In Qasr Amra nahe Amman waren zwei Reaktorblöcke vom Typ WWER-1200 nach dem BOO-Modell geplant, wurden aber 2018 wegen zu hoher Kosten gestoppt. Derzeit werden Pläne für zwei kleinere Rosatom-AKW erwogen.
    • Saudi-Arabien: Für die möglichen Standorte Umm Huwayd oder Kor Duweihin am Golf nahe Katar erhielt Rosatom 2019 den Auftrag für eine Machbarkeitsstudie.

    Die Bedingungen für die Kooperationen sind unbekannt

    Welche politischen Verpflichtungen die Türkei und Ägypten gegenüber Russland möglicherweise eingegangen sind, ist ebenso intransparent wie Einzelheiten der Sicherheitsarchitektur. “Das ist ein Projekt zwischen Erdoğan und Putin, und was die miteinander ausgemacht haben, weiß keiner”, sagt der Atomexperte Schneider. “Ähnliches gilt für El Dabaa.”

    Die Anrainerstaaten Griechenland und Zypern sind alarmiert; Zypern liegt nur 90 Kilometer von Akkuyu entfernt und wäre bei einem AKW-Unfall unmittelbar betroffen. Anfragen der griechischen Regierung in Ankara blieben unbeantwortet. Derzeit sehe man in der Region das größte Risiko in einer großflächigen radioaktiven Verseuchung, sagt der zyprische Energie- und Klimaexperte Theodoros Christoudias vom Cyprus Institute in Nikosia. “Doch wir haben absolut keine Informationen über die Sicherheit von Akkuyu und El Dabaa.” Sein Institut entwickelt computergestützte Risikoanalysen für verschieden schwere Unfälle. “Die russischen AKW im Dreieck Türkei-Jordanien-Ägypten gefährden die Sicherheit des gesamten östlichen Mittelmeerraums”, sagt er.

    Atomkraftwerke in einer konfliktreichen Region

    Zudem gebe es nur wenige Regionen auf der Welt, die so intensiv und so oft von Kriegen und Terrorismus geplagt seien wie der Nahe Osten, so der Wissenschaftler. “In der Ukraine sahen wir, dass Russland sogar das AKW Saporischschja angegriffen hat.” Während des iranisch-irakischen Kriegs flogen die Iraker 1987 mehrfach Luftangriffe auf die AKW-Baustelle in Buschehr; 2010 wurde das Computersystem des AKW mit dem Virus “Stuxnet” angegriffen. 2017 behaupteten die jemenitischen Huthis, sie hätten das im Bau befindliche AKW Barakah in Katar mit einer Rakete attackiert.

    Und dann sei da noch die Sache mit der Bombe, sagt Christoudias. Man habe es in der gesamten Region mit Autokraten zu tun, die ihre technologische Fortschrittlichkeit durch den Wunsch ausdrücken wollten, eine Nuklearmacht zu werden, obwohl billige Solarenergie im Überfluss vorhanden sei. Doch haben die Präsidenten der Türkei, Ägyptens und Saudi-Arabiens ihr Recht betont, ebenfalls Nuklearwaffen zu entwickeln, falls dies anderen Mächten in der Region gelinge.

    “Energiesicherheit steht klar nicht im Vordergrund”, sagt Theodoros Christoudias. “Es geht um das Prestige, aber im Hintergrund steht auf lange Sicht auch der Wunsch, Atomwaffen zu bekommen. Und der erste Schritt zur Bombe ist der Aufbau einer zivilen Nuklearindustrie.” Russland gehe mit seiner Atompolitik ein hohes Risiko ein.

    • Geopolitik
    • Naher Osten
    • Russland
    • Sicherheit

    Neu: Agrifood.Table Professional Briefing – jetzt kostenlos anmelden. Wie unsere Lebensgrundlagen geschaffen, gesichert und reguliert werden. Für die entscheidenden Köpfe in Landwirtschaft und Ernährung in Politik und Verwaltung, Wirtschaft und Wissenschaft, Verbänden und NGO. Von Table.Media. (Anmelden)

    News

    Legales Kiffen: Soldaten ausdrücklich ausgenommen

    Die geplante Legalisierung des Konsums von Haschisch und Marihuana soll ausdrücklich nicht für Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr gelten. Im Referentenentwurf des Bundesgesundheitsministeriums für ein “Gesetz zum kontrollierten Umgang mit Cannabis” werden die Streitkräfte als einzige Berufsgruppe ausdrücklich von einer Freigabe ausgenommen. Die Bestimmungen wurden auf Veranlassung des Verteidigungsministeriums in den Gesetzestext aufgenommen.

    In den Paragraphen 3 und 5 des Gesetzentwurfes werden der Besitz und der Konsum von Cannabis geregelt. Darin ist auch die Ausnahme von der Legalisierung enthalten: “Beschränkungen des Besitzes/des Konsums von Cannabis für Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr aufgrund dienstrechtlicher Vorschriften bleiben … unberührt.” Für Beamte zum Beispiel der Bundespolizei ist dagegen keine entsprechende Regelung vorgesehen.

    In der Begründung der Ausnahme von der Freigabe heißt es, in der Bundeswehr “gibt es berufliche Tätigkeiten, bei denen gewichtige Gründe für Beschränkungen des Cannabisbesitzes zum Zweck der Berauschung vorliegen, zum Beispiel bei Personal, das Umgang oder Zugang zu Waffen und Waffensystemen aller Art oder Gerätschaften, die bei nicht sachgemäßer Führung eine erhebliche Gefahr für Leib und Leben begründen können, hat”. Außerdem könne das Verbot “zur Aufrechterhaltung der Einsatzbereitschaft der Truppe und der militärischen Ordnung” erforderlich sein.

    Bereits jetzt gilt für Soldatinnen und Soldaten ein Cannabisverbot, das über das aktuelle Gesetz hinausgeht. “Wegen der möglichen Auswirkungen auf Gesundheit und psychische wie physische Einsatzbereitschaft der betroffenen Soldatinnen oder Soldaten ist hier über die Regelungen des Betäubungsmittelgesetzes hinaus jeglicher Konsum von Betäubungsmitteln in und außer Dienst verboten”, heißt es in der Zentralen Dienstvorschrift A-2160/6 in Abschnitt 1.29. “Dies gilt auch für die so genannten ‘weichen’ Drogen, wie beispielsweise Marihuana und Haschisch.” Der Genuss dieser Betäubungsmittel sei auch “außerhalb der Dienstzeit – anders als beim Alkoholrausch – eine solche Dienstpflichtverletzung.”

    “Ähnlich wie beim Konsum von Alkohol gilt es Regelungen zu treffen, die geeignet sind, sowohl die Sicherheit als auch die Schlagkraft der Truppe zu erhalten“, sagte die Ministeriumssprecherin auf Anfrage von Table.Media. “Die bisherigen Regelungen zum Umgang mit Cannabis werden bei Inkrafttreten des Gesetzes geprüft und gegebenenfalls überarbeitet.” tw

    • Bundeswehr

    Presseschau

    Babel: Translating the Middle East – The Rise of Hostage Taking (Podcast). Jason Rezaian verbrachte von 2014 bis 2015 eineinhalb Jahre im Iran in Gefangenschaft. Die Zahl der unrechtmäßig im Ausland festgesetzten US-Amerikaner sei in den vergangenen zehn Jahren um 500 Prozent gestiegen, sagt er im Podcast des Center for Strategic and International Studies (CSIS). Die USA müssen einerseits eine glaubwürdige Abschreckung entwickeln, um Entführer abzuhalten, andererseits über die Freilassung von Gefangenen verhandeln. 27 Minuten über Gefangene als politisches Instrument.

    The Economist – What Ukraine’s bloody battlefield is teaching medics (Paywall). Richtig beunruhigt waren die US-amerikanischen und britischen Geheimdienste, als Russland vor dem Einmarsch in die Ukraine Blutkonserven zu den Truppen an die Grenze brachten. In diesem Krieg enden wieder mehr Verletzungen tödlich und bürokratische Hürden erschweren die medizinische Versorgung der ukrainischen Soldaten an der Front. Welche Schlüsse westliche Armeen zur Verwundetenversorgung aus dem Krieg in der Ukraine ziehen können.

    Deaidua.org – Fact check- Welt.de: Despite big promises. Aufhänger ist ein Artikel aus der Welt, der Deutschland Zögerung bei Waffenlieferungen vorwirft. Der Faktencheck des Blogs, der sonst Waffenlieferungen aus Berlin nach Kiew dokumentiert, liefert auch Erkenntnisse, was im Zeitraum zwischen Ankündigung und Lieferung von Waffensystemen passiert und wie deutsche Rüstungsunternehmen dem gesteigerten Bedarf nachkommen.

    Tagesspiegel – Darum erweisen sich die ukrainischen Marinedrohnen als so effektiv. So überlegen die russische Marine der ukrainischen sein mag – ein probates Mittel zur Abwehr ukrainischer Marinedrohnen hat Russland noch nicht gefunden. Die relativ günstig herzustellenden Drohnen richteten zuletzt große Schäden an der Kertschbrücke an.

    Heads

    Hans Christoph Atzpodien – Chef-Lobbyist der deutschen Rüstungsindustrie 

    Hans Christoph Atzpodien ist seit 2017 Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Deutschen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie (BDSV).

    Hans Christoph Atzpodien weiß, wie man sich in der wohl unliebsamsten aller Branchen bewegt – rechtlich, strategisch, aber vor allem argumentativ. Worin er Energie investiert – in die Verhinderung eines Rüstungsexportkontrollgesetzes etwa -, oder wo er es auch mal gut sein lässt – gegenüber den Medien zum Beispiel.

    Atzpodien, 1955 in Düren in der Eifel geboren und promovierter Jurist, ist seit 2017 Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Deutschen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie (BDSV) und dessen Gründungsmitglied. Der 2009 gegründete Lobbyverband vereint mehr als 200 deutsche Rüstungsfirmen, darunter Schwergewichte wie Airbus Defence, MBDA, Rheinmetall, Krauss-Maffei Wegmann, ThyssenKrupp Marine Systems (TKMS) und Diehl Defence.

    Atzpodien: Waffen sollen als nachhaltig gelten

    Zusammen ist man eben stärker – nicht zuletzt gegenüber der Bundesregierung, die Rüstungsexporte noch in dieser Legislaturperiode strenger per Gesetz kontrollieren will. Das sieht der oberste Vertreter einer Branche, die sehr auf das Exportgeschäft und internationale Zusammenarbeit angewiesen ist, entsprechend kritisch. “Dieses Instrument ist im Zweifel eher kooperationsschädlich”, sagt der 68-Jährige. “Europäische Kooperationen funktionieren nur, wenn die Kunden dasselbe Gerät wollen. Dafür muss die Politik in den entsprechenden Ländern sorgen und alle Hürden aus dem Weg räumen. Zu diesen Hürden gehören auch unterschiedliche Vorstellungen über den Rüstungsexport.”

    Und man ist stärker gegenüber der EU-Institutionen, die Druck machen beim Klimaschutz. So plädiert Atzpodien dafür, Waffen in die Nachhaltigkeits-Taxonomie der EU aufzunehmen, um Investoren zu signalisieren, dass es sich um eine nachhaltige Anlagemöglichkeit handele. “Ohne Waffen keine Verteidigungsbereitschaft und auch kein Frieden”, so Atzpodiens Argumentation – oder auch: “Sicherheit ist die Mutter aller Nachhaltigkeit”.

    Eine Branche im Fokus

    Ohne Zweifel, der 24. Februar 2022 bedeutete auch für die deutsche Rüstungsindustrie eine Zeitenwende: Waffenlieferungen an die Ukraine, die Ausstattung der Bundeswehr – die Sicherheits- und Verteidigungsbranche steht seitdem gar nicht so schlecht da in der Öffentlichkeit, könnte man meinen. Ob sich das Image der Branche in der Bevölkerung dadurch aber wirklich verbessert habe?

    Dazu holt Atzpodien aus, erklärt, woher der schlechte Ruf überhaupt komme. So sei es die Bundesregierung, die Waffenexporte auch an Nicht-Nato-Länder genehmige, der Bevölkerung aber nicht erkläre, warum. Das falle dann zurück auf die Branche. Beispiel Algerien: “Da haben wir seinerzeit von ThyssenKrupp Marine Systems Fregatten hinverkauft. Warum hat die Bundesregierung das genehmigt? Weil sie Algerien als stabilisierenden Faktor im westlichen Mittelmeer ansah.”

    Nach den politischen Grundsätzen der Bundesregierung würden Waffen aus Deutschland nur dann exportiert, wenn die Bundesregierung daran ein außen- und sicherheitspolitisches Interesse habe, erklärt Atzpodien. “Da auch wir wollen, dass unsere Produkte nicht in falsche Hände geraten, stehen wir da absolut dahinter.” Auch am Beispiel Ukraine sehe man, dass es die Bundesregierung sei, die über Exporte entscheide, nicht die Industrie.

    Bei TKMS für U-Boot-Deals zuständig

    1982 war Atzpodien bei der damaligen Otto Wolff AG eingestiegen, die später im Thyssen-Konzern aufging. 2007 wurde er Vorstandsvorsitzender von ThyssenKrupp Marine Systems (TKMS). In seine Zeit an der Konzernspitze fallen umstrittene U-Boot-Deals mit der israelischen und ägyptischen Regierung. 2016 musste Atzpodien TKMS verlassen, nachdem ein milliardenschwerer U-Boot-Auftrag aus Australien an den französischen Konkurrenten DCNS ging.

    Ob sich der Ruf der Rüstungsbranche seit Beginn des Ukraine-Kriegs denn nun verbessert habe? Eine direkte Antwort darauf gibt Atzpodien nicht. Das Medieninteresse sei zwar gestiegen, aber er komme weiterhin längst nicht überall zu Wort, versuche es allerdings inzwischen auch nicht mehr so oft wie früher. Lisa-Martina Klein

    • Bundeswehr
    • Deutschland
    • Europa
    • Rüstung

    Security.Table Redaktion

    SECURITY.TABLE REDAKTION

    Licenses:

      Jetzt kostenlos anmelden und sofort weiterlesen

      Keine Bankdaten. Keine automatische Verlängerung.

      Sie haben bereits das Table.Briefing Abonnement?

      Anmelden und weiterlesen