nach dem Koalitions-Aus ist unklar, wie es mit den bereits geplanten, aber noch nicht im Haushalt hinterlegten Rüstungsvorhaben bei der Bundeswehr weitergeht. Was das 100-Milliarden-Sondervermögen angeht, gäbe es einen Ausweg, schreibt Thomas Wiegold in seiner Analyse.
Auch in den USA drehen sich nach der Wiederwahl Donald Trumps viele Fragen um den Haushalt. Werden die USA die Ukraine weiterhin unterstützen? Innerhalb einer Stunde könne er den Krieg Russlands gegen die Ukraine beenden, hatte Trump mehrfach gesagt. Warum zwischen Können und Wollen dann doch noch ein großer Unterschied liegt, erklären Viktor Funk und Stephan Israel in ihrer Analyse.
Die anstehende zweite Amtszeit Trumps regt bei Menschenrechtsschützern die Befürchtung, dass die Waffengewalt in den USA weiter zunehmen und das Völkerrecht unter die Räder kommen wird. Julia Duchrow, Generalsekretärin von Amnesty International in Deutschland, fordert im Interview mit Markus Bickel, dass die Bundesregierung das zu verhindern versucht.
Eine aufschlussreiche Lektüre in bewegten Zeiten wünscht
Mit dem plötzlichen Aus der regierenden Ampel-Koalition scheint eine der größten Befürchtungen der Bundeswehrspitze Realität zu werden. Ohne einen Beschluss zum Haushalt für das kommende Jahr, so hatte ein hochrangiger General Anfang Oktober angesichts des damals schon absehbaren Bruchs zwischen den Koalitionspartnern gewarnt, drohe den Streitkräften ein Stillstand bei ihrer dringend notwendigen weiteren Ausrüstung. Die Suche nach möglichen Auswegen hat begonnen; ob sie Erfolg hat, hängt nicht von den beteiligten Verteidigungspolitikern selbst ab.
Kernproblem ist die fehlende Zustimmung des Bundestages zur Haushaltsplanung für 2025. Der Streit um das Budget war einer der wesentlichen Gründe für das Ende der Koalition, und eine Mehrheit für das Haushaltswerk zum Beispiel mit den Stimmen der Union ist nicht in Sicht. Damit gilt ab Beginn kommenden Jahres für alle Ressorts eine sogenannte vorläufige Haushaltsführung – der Staat darf zwar weiterhin Geld ausgeben, allerdings nur in begrenztem Rahmen: Im Wesentlichen, so legt es Artikel 111 des Grundgesetzes fest, für gesetzlich bereits vorgeschriebene Ausgaben.
Zwar ließen sich die Aufgaben der Landesverteidigung unter die Ermächtigung für Ausgaben fassen, “um gesetzlich bestehende Einrichtungen zu erhalten” oder “die rechtlich begründeten Verpflichtungen des Bundes zu erfüllen”. Doch für die Bundeswehr bleibt die Schwierigkeit: Gerade Verträge für die Beschaffung neuer Rüstungsgüter wären dann vorerst nicht mehr möglich. Das Verteidigungsministerium müsste auf den nächsten ordentlichen Haushalt warten – der voraussichtlich erst nach Neuwahlen und anschließender Regierungsbildung zu erwarten ist.
Einen Ausweg bietet ausgerechnet das Sondervermögen für die Bundeswehr, das Bundeskanzler Olaf Scholz wenige Tage nach Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine 2022 angekündigt hatte. Die nominal 100 Milliarden Euro sind zwar zu einem großen Teil bereits vertraglich gebunden, etliche Milliarden sind aber noch frei – und könnten theoretisch unabhängig von einem regulären Haushalt für Beschaffungen verwendet werden. Dafür müsste der Wirtschaftsplan für dieses Sondervermögen, derzeit Bestandteil des Haushaltspakets, herausgenommen und als eigenständige Ausgabemöglichkeit gesetzlich abgesichert werden.
Ob diese Möglichkeit überhaupt zur Debatte steht, dürfte von den Gesprächen zwischen dem Kanzler und der Unions-Oppositionsführung abhängen. Eine Zustimmung zu einem solchen Weg könnte allerdings der Union leichter fallen als eine praktisch nicht zu erwartende Zustimmung zu einem Gesamthaushalt.
Ohne eine Einigung auf eine gesonderte Finanzierung von Rüstungsprojekten müsste die Bundeswehr in einer sicherheitspolitisch kritischen Weltlage etliche Vorhaben noch weiter nach hinten schieben als ohnehin schon. Für die Luftwaffe wäre die – vom Kanzler selbst im Sommer auf der Internationalen Luftfahrtausstellung angekündigte – Beschaffung neuer Eurofighter vorerst nicht machbar. Das Heer müsste wichtige Projekte wie die Nachfolge des Transportpanzers Fuchs oder die Verstärkung der Artillerie mit Radhaubitzen ebenfalls auf unbekannte Zeit aufschieben.
Dass die Notwendigkeit weiterer Beschaffungen für die Streitkräfte im Bundestag weitgehend parteiübergreifend Konsens ist, demonstrierten die Haushaltspolitiker deshalb am Tag nach dem Koalitions-Aus schon mal demonstrativ: Mit den Stimmen der drei bisherigen Koalitionspartner plus denen der Union billigte der Haushaltsausschuss des Bundestages die Rüstungsvorhaben auf der Tagesordnung.
Donald Trump war der Elefant im Raum, Olaf Scholz der große Abwesende. Europa muss sich nach dem Comeback Trumps im Weißen Haus neu orientieren. Und ausgerechnet jetzt steht in Berlin auch noch die Regierung vor dem Ende, was Bundeskanzler Scholz davon abhielt, zum Treffen der Europäischen Politischen Gemeinschaft (EPG) in Budapest zu reisen. 42 Staats- und Regierungschefs haben sich am Donnerstag in einem Fußballstadion am Rande der ungarischen Hauptstadt versammelt.
Die halbjährlichen EPG-Gipfel sind ein Gesprächsformat auf höchster Ebene, das Emmanuel Macron einst lanciert hatte. Diesmal hatte ausgerechnet Ungarns Regierungschef als Gastgeber die Regie. Doch Viktor Orbán kann in der großen Runde auch diplomatisch, vermied die Provokation. Europa könne nicht darauf warten, dass die Amerikaner sie beschützten. Nach der Rückkehr von Trump ins Weiße Haus müsse Europa über seine Sicherheitsstruktur reden. Orbán hielt sich mit triumphierenden Gesten zurück. Vielleicht hat die Zurückhaltung am Tag damit zu tun, dass Ungarn laut einer Studie der EU-Kommission von Trumps angedrohten neuen Zöllen besonders stark betroffen wäre.
Nicht umsonst hatte Wolodymyr Selenskyj als einer der ersten Staatsführer Trump gratuliert und ihn zu umschmeicheln versucht. Er habe eine “gute, produktive Konversation” gehabt, sagte Selenskyj auf dem Gipfel. “Wir hoffen, dass Amerika stärker wird.” Das sei das Amerika, das Europa brauche. Selenskyj weiß, dass die Ukraine gerade angesichts der Trump-Wahl sowie der innerdeutschen und innereuropäischen Probleme diplomatisch im Nachteil ist. Sollte sich Trump für die Ukraine nicht weiter interessieren oder zu sehr auf die Wünsche Moskaus eingehen, würden das Kiews Probleme vergrößern.
Wladimir Putin habe nämlich den Einsatz erhöht: “Nordkoreanische Soldaten sind dabei, unsere Leute auf europäischem Boden zu töten.” Sein Land in dieser Situation zu Konzessionen gegenüber Russland zu drängen, sei inakzeptabel für die Ukraine und “selbstmörderisch” für Europa, warnte Selenskyj und meinte damit wohl auch Gastgeber Orbán. Es sei eine Illusion zu glauben, mit Konzessionen Frieden zu erkaufen. Friede sei die Belohnung für jene, die stark seien. Das dürfte auch Trump gefallen.
Dass Moskau von sich aus bald das Gespräch mit dem künftigen US-Präsidenten sucht, um ein Ende des Krieges mit der Ukraine anzustreben, ist unwahrscheinlich. Dafür gibt es mehrere Gründe:
Deutliche Worte auf dem Gipfel fand auch Macron: Es sei logisch, dass Trump die Interessen der USA vertrete. Die eigentliche Frage sei, ob die Europäer bereit seien, ihre eigenen Interessen zu verteidigen. Der französische Präsident zeichnete ein düsteres Bild: Die Europäer könnten in einer von “Fleischfressern” dominierten Welt nicht länger “Vegetarier” bleiben. Die Europäer müssten zumindest Allesfresser werden, um überleben zu können. Macron dürfte versuchen, sich im Schatten des Comebacks von Trump neu zu erfinden und die Rolle des Wortführers Europas zu übernehmen.
Den informellen EU-Gipfel heute wird Scholz nicht verpassen. Der Bundeskanzler wollte noch am Donnerstagabend anreisen. Orbán hatte die Staats- und Regierungschefs der EU zu einem Abendessen eingeladen, bei dem es auch um Trumps Comeback und die transatlantischen Beziehungen gehen sollte.
Was sehen Sie als größte Gefahr für die internationale Ordnung in einer zweiten Amtszeit Donald Trumps?
Als Menschenrechtsorganisation befürchten wir, dass das Völkerrecht weiter geschwächt wird. In seiner ersten Amtszeit hat Donald Trump eine Doppelmoral an den Tag gelegt, um Menschenrechte zu schwächen, insbesondere in den Bereichen Rassismus, Sexismus und Waffengewalt. Wir setzen uns dafür ein, dass das Waffenrecht restriktiv gehandhabt und Waffengewalt gestoppt wird.
Ein zentrales Dokument der regelbasierten Weltordnung ist die 1948 von der UN-Generalversammlung verkündete Allgemeine Erklärung der Menschenrechte. Nimmt Trump sie auch ins Visier?
In seiner ersten Amtszeit hat Präsident Trump immer wieder versucht, die Menschenrechte auf seine Weise zu interpretieren – und zu erodieren. Insofern droht das auch für die zweite Amtszeit. Aber die Welt schaut ganz genau hin und wir als Amnesty werden den designierten Präsidenten und die US-Regierung an ihre Verpflichtungen erinnern.
Wie groß ist die Gefahr, dass Trump im Innern mit Verhaftungen Andersdenkender im Verwaltungsapparat und öffentlichen Leben vorgehen könnte?
Befürchtungen, dass die neue Administration Demonstrationen einschränken und verstärkt zu Polizeigewalt greifen könnte, speisen sich aus den Erfahrungen zwischen 2017 und 2021. Wir setzen uns für die Einhaltung der Vereinigungs-, Versammlungs- und Meinungsfreiheit ein.
Was kann Präsident Joe Biden bis zum Ende seiner Amtszeit im Januar 2025 noch tun, um Menschenrechte und Völkerrecht zu verteidigen?
Der amtierende Präsident hat die Möglichkeit, Exekutivanordnungen zu erlassen. Wir fordern, dass Biden auf diese Weise endlich das Gefangenenlager Guantanámo schließt und die Todesstrafe auf US-Bundesebene abschafft sowie eine Kommission zur Wiedergutmachung von Sklaverei einrichtet.
Was erwarten Sie von der Bundesregierung im Umgang mit den USA unter Trump?
Zur Verteidigung von Menschenrechten und anderer internationaler Regeln gehört es, dass man befreundete Staaten an ihre Verpflichtungen erinnert. Das fordern wir von der Bundesregierung gegenüber der US-amerikanischen Regierung – aber auch andersherum. Nur so kann man garantieren, dass wir weiter eine regelbasierte Ordnung haben, die die Menschen vor Menschenrechtsverletzungen schützt. Die USA haben sich in verschiedenen internationalen Abkommen verbindlich zur Einhaltung der Menschenrechte verpflichtet. Diese muss auch die Trump-Regierung respektieren und schützen.
Was fordern Sie von der US-Regierung mit Blick auf den Krieg in Gaza?
Wir fordern von der US-Regierung die Aussetzung von Waffenlieferungen an Israel, wenn die Gefahr besteht, dass dadurch humanitäres Völkerrecht verletzt wird oder die Waffen Ursache schwerwiegender Menschenrechtsverletzungen werden könnten. Wir haben zahlreiche Kriegsverbrechen der israelischen Streitkräfte dokumentiert und deswegen auch die Bundesregierung in Berlin aufgefordert, ihre Waffenlieferungen an Israel zu stoppen, wenn nicht sichergestellt ist, dass diese bei ihrem Einsatz humanitäres Völkerrecht nicht verletzen. Vor allem fordern wir aber einen sofortigen und umfassenden Waffenstillstand zwischen den Konfliktparteien. Nur ein Waffenstillstand schafft die Bedingungen für ein Ende des Tötens und für die Freilassung der Geiseln sowie unrechtmäßig Inhaftierten. Die Verletzungen des humanitären Völkerrechts in Gaza, Palästina und Israel müssen dringend enden.
Die libanesische Schiitenmiliz Hisbollah hat am Donnerstag verhalten konstruktive Signale an eine künftige Administration Donald Trumps gesendet. Die Hisbollah begrüße jede Anstrengung, den Krieg im Libanon zu beenden, knüpfe ihre Hoffnungen auf einen Waffenstillstand aber nicht an eine bestimmte US-Regierung, sagte der Hisbollah-Parlamentsabgeordnete Ibrahim al-Moussawi. “Es mag sein, dass die Partei, die an der Macht ist, wechselt, aber wenn es um Israel geht, haben sie mehr oder weniger die gleiche Politik”, sagte Moussawi der Nachrichtenagentur Reuters. “Wir wollen Taten sehen, wir wollen, dass Entscheidungen getroffen werden”.
Die Hisbollah hatte einen Tag nach dem Hamas-Terrorüberfall auf Israel im Oktober 2023 mit dem Beschuss israelischer Gemeinden im Norden des Landes begonnen. Im September tötete die israelische Luftwaffe den langjährigen Generalsekretär der von Iran aufgerüsteten Schiitenmiliz, Hassan Nasrallah. 3.050 Libanesen sind in den vergangenen 13 Monaten getötet worden, gab das libanesische Gesundheitsministerium am Mittwoch bekannt, mehr als 13.000 sind verwundet worden.
Vergangene Woche war ein US-Vermittlungsversuch für eine 60-tägige Waffenruhe gescheitert. Die israelische Regierung Benjamin Netanjahus verfolgt auch nach der Entlassung von Verteidigungsminister Yoav Gallant einen militärischen Sieg. Am Mittwoch traf Netanjahu Generalstabschef der Israelischen Defence Forces, Herzl Halevi, und die Direktoren der In- und Auslandsgeheimdienste Shin Bet und Mossad und wies Berichte über Entlassungspläne an der Spitze des Sicherheitsapparats zurück.
Das israelische Verteidigungsministerium gab am Donnerstag derweil den Abschluss eines Abkommens im Wert von 5,2 Milliarden US-Dollar mit dem US-Flugzeughersteller Boeing bekannt, das bis die Anschaffung von 25 F-15-Kampfflugzeugen bis 2031 vorsieht. mrb/vw
Nato-Generalsekretär Mark Rutte fordert, dass die europäischen Nato-Staaten “deutlich mehr als zwei Prozent” für Verteidigung ausgeben. Dass die europäischen Nato-Länder ihre Verteidigungsausgaben gesteigert hätten, sei auch ein Erfolg Donald Trumps, sagte Rutte am Donnerstag beim Treffen der Europäischen Politischen Gemeinschaft (EPG) in Budapest. Zu diskutieren sei, ob man ein allgemeines Budgetziel wie bisher definiere oder ob man Ziele für die Verteidigungsfähigkeit festlege.
Kurz nach der Wahl Trumps zum US-Präsidenten suchen die Nato-Staaten nach einer Antwort auf das Wahlergebnis. “Ich denke, dass es sehr schwierig sein wird, eine einheitliche europäische Antwort zu geben”, sagte Camille Grand vom European Council on Foreign Relations und früherer stellvertretender Nato-Generalsekretär am Donnerstag beim Nato-Talk in Berlin.
Grund seien Quertreiber wie Ungarn in EU und Nato. Deshalb sei es wichtig, koordinierte Botschaften von gleichgesinnten europäischen Ländern zu senden. Das könnten Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Polen oder die skandinavischen Länder sein. Michal Baranowski, Regionaldirektor Polen beim German Marshall Fund of the United States sagte, dass man in Polen eigentlich auf eine deutsche Führungsrolle hoffe.
Die deutschen und französischen Verteidigungsminister Boris Pistorius und Sébastien Lecornu hatten am Mittwoch in Paris angekündigt, dass sie bis Mitte November in Berlin ihren Amtskollegen aus Italien, Polen und Großbritannien zusammenkommen würden, um zu beraten, wie sich Europa “in dieser Weltordnung” aufstellen solle. Dabei werde “der deutsch-französisch/französisch-deutsche Motor” eine Rolle spielen, so Pistorius. Lecornu betonte, dass die EU ihre eigenen Rüstungsindustrien besser schützen müsse. Dafür müssten europäische Gelder vermehrt in europäische Waffen gesteckt werden. bub
Das EU-Parlament hat in der Nacht zu Donnerstag Andrius Kubilius als ersten EU-Verteidigungskommissar bestätigt. In einer mehr als dreistündigen Anhörung präsentierte der ehemalige litauische Premierminister dem Parlament seine Prioritäten.
An Platz eins steht das Hochfahren der Rüstungsproduktion. Er will die EU-Staaten dazu anhalten, mehr Waffen gemeinsam zu beschaffen, und sprach sich für eine “Buy Europe”-Klausel aus. Aus seiner Sicht sei absehbar, dass die USA ihren Fokus auf die strategische Herausforderung durch China legten. Diese längerfristige Verschiebung mache eine eigenständige europäische Verteidigungsstrategie nötiger denn je. Der starke Ukraine-Unterstützer und Russland-Kritiker verwies zudem auf Erkenntnisse der Nachrichtendienste, dass Russland bis Ende des Jahrzehnts EU und Nato auf die Probe stellen könnte.
Europa müsse mehr Geld für Verteidigung in die Hand nehmen, die Mittel besser einsetzen und diese möglichst auch in Europa ausgeben, betonte Kubilius. Derzeit kaufen die Mitgliedstaaten etwa 80 Prozent der Waffen außerhalb der EU ein, vor allem in den USA. Das knappe Geld müsse man verwenden, um die europäische Rüstungsindustrie zu stärken. Im Kriegsfall sei es wichtig, dass die Rüstungsindustrie nicht zu weit weg von der Frontlinie produziere. Die EU-Staaten bräuchten zudem Waffen, deren Verwendung nicht an irgendwelche Bedingungen geknüpft sei. Kubilius bezifferte den Bedarf für die nächsten Jahre auf 500 Milliarden Euro. sti/wp
Mit direkter Anwerbung von Arbeitssuchenden will die Bundeswehr ihren Personalmangel angehen. Verteidigungsminister Boris Pistorius und die Chefin der Bundesagentur für Arbeit, Andrea Nahles, unterzeichneten am Mittwoch eine entsprechende Vereinbarung, nach der bei der Beratung von Arbeitssuchenden künftig auch militärische Berufe angeboten werden können. Damit sollen soldatische Aufgaben als berufliche Perspektive gezeigt werden, teilte das Verteidigungsministerium mit.
Am Mittwoch brachte das Bundeskabinett zudem eine Neufassung des auf sechs bis 23 Monate angelegten, künftig als Basisdienst bezeichneten Wehrdienstes auf den Weg, für den sich Frauen wie Männer bewerben können. Wie vom Verteidigungsministerium vorgeschlagen, sollen ab Frühjahr 2025 junge Männer und Frauen ab 18 Jahren von der Bundeswehr angeschrieben werden und einen Fragebogen zu Kenntnissen, Fähigkeiten und Bereitschaft zum Dienst in den Streitkräften erhalten. Für Männer ist die Antwort verpflichtend; darauffolgende Einladungen zur Musterung und erst recht zum Wehrdienst bleiben aber die Entscheidung der Betroffenen.
Eine wesentliche und direkt wirksame Neuregelung in dem Gesetzentwurf ist die Wiedereinführung der Vorschriften für die Erfassung derjenigen, die im Kriegs- und Krisenfall als Wehrpflichtige einberufen werden können – nach derzeitiger Rechtslage sind das Männer ab 18 Jahren. Das geltende Wehrpflichtgesetz, mit dem 2011 diese Pflicht ausgesetzt worden war, sieht für den Verteidigungs- und Spannungsfall automatisch die Rückkehr der Wehrpflicht vor. Allerdings waren mit der Aussetzung auch die Regelungen für Erfassung und Musterung weggefallen. Sie sollen mit dem neuen Gesetz neu geschaffen werden, vor allem als Pflicht zur Datenübermittlung zwischen Meldebehörden und den Streitkräften.
Langfristig strebt das Ministerium neben einer Erhöhung der Zahl aktiver Soldaten auf rund 200.000 eine Reserve von rund 260.000 Männern und Frauen an. Die militärische Stärke der Bundeswehr nahm unterdessen weiter ab und fiel im September wieder unter 180.000 aktive Soldaten und Soldatinnen. tw
Der 1. Ausschuss der UN-Generalversammlung hat Mitte der Woche beschlossen, informelle Verhandlungen zur Regulierung von Tödlichen Autonomen Waffensystemen (Lethal Autonomous Weapons, LAWS) aufzunehmen. “Das ist noch kein Durchbruch, aber besser als nichts”, beurteilt Anja Dahlmann, Expertin für Künstliche Intelligenz vom Institut für Friedensforschung und Sicherheitspolitik an der Universität Hamburg, die Resolution. Die Verhandlungen sollen nächstes Jahr in New York stattfinden. Dazu einladen wird UN-Generalsekretär António Guterres, der die LAWS zur Chefsache gemacht hat. Unter seiner Ägide haben die UN-Mitgliedstaaten sowie einzelne NGOs ihre Positionen in einem gemeinsamen Papier dargelegt.
Vorbereitet wurde die Resolution L.77 von Österreich und 26 weiteren Staaten, die schon länger auf ein komplettes Verbot von LAWS drängen. Seit zehn Jahren werden dazu Gespräche auf der Convention of Certain Conventional Weapons in Genf geführt – allerdings nur auf Expertenebene. Laut KI-Expertin Dahlmann kommt es darauf an, den Begriff “human control” bei automatisierten Waffen zu klären. Bislang konnten man sich weder auf eine Definition einigen, noch auf ein Verfahren über eine Regelung, was auch der Rechtsprofessor Harold Hongju Koh kritisiert.
Die informellen Gespräche dazu auf UN-Ebene seien zwar ein wichtiger Beitrag. Sie bedeuten aber noch immer kein Mandat für konkrete Verhandlungen. Deutschland verfolgt zusammen mit Frankreich den sogenannten “Two Tier Approach”. Der beinhaltet ein Verbot von vollautomatisierten Waffen und plädiert für ein Gebot zur menschlichen Kontrolle bei automatisierten Waffen.
Die UN-Resolution wurde von 161 Staaten angenommen, darunter auch Deutschland und die USA. Mehrere Staaten, die bei der Entwicklung von automatisierten Waffensystemen eine große Rolle spielen, haben sich allerdings enthalten, darunter die Ukraine, die Türkei, China, Israel, Indien und Polen. Drei Staaten – Belarus, Nordkorea und Russland – lehnten die Resolution ab. nana
Stiftung Wissenschaft und Politik: Die Individualisierung des islamistischen Terrorismus. Die Fragmentierung islamischer Terrorgruppen wie Al-Qaida oder IS hat dazu geführt, dass sie verstärkt auf Einzeltäter statt auf groß angelegte Terroraktionen setzen müssen. Einzeltäter sind schwer zu bekämpfen und werden vor allem in den Ländern tätig, die seit 2015 viele Flüchtlinge aufgenommen haben.
Breaking Defense: Trump admin will bring ‘uncertainty,’ opportunities for defense industry. Experten sind sich uneins darüber, wie sich Donald Trumps Politik auf den US-Verteidigungshaushalt auswirken wird. Die Spanne der Erwartungen reicht von massiven Kürzungen bis hin zu starken Investitionen im Bereich Luftwaffe und Raketenabwehr.
Foreign Policy: Before Trump Returns, Congress Should Buy Weapons for Ukraine. Der noch amtierende US-Präsident Joe Biden sollte möglichst schnell einen Finanzierungsplan durch den Kongress bringen, der die Ukraine mit 60 Milliarden US-Dollar im Kampf gegen Russland unterstützt. Es besteht die Gefahr, dass sein Nachfolger Donald Trump die Hilfe für das Land einstellt oder reduziert.
CEPA: Is Western Sea Power Adrift? Deutschland wird die Fregatte “Baden-Württemberg” und das Versorgungsschiff “Frankfurt am Main” nicht durch das Rote Meer fahren lassen. Grund dafür ist die Sorge vor möglichen Angriffen durch Huthi-Rebellen. Die internationale Seefahrtsgemeinschaft ist empört.
Washington Post: In Trump victory, Netanyahu sees himself as ‘the great winner’. Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hofft von Donald Trump mehr Unterstützung im Mehrfrontenkrieg, den das Land seit über einem Jahr führt. Unter dem neuen Präsidenten, so die Hoffnung, würde auch die Siedlerpolitik kein Streitthema mehr sein.
Wann immer der nordkoreanische Machthaber Kim Jong-un seine Truppen inspiziert, ist General Kim Yong Bok nie weit entfernt. Auf Bildern der koreanischen Nachrichtenagentur KCNA sieht man ihn – wahlweise im khakifarbenen Dienstanzug oder grünen Flecktarn -, wie er aufmerksam den Notizblock zückt, um die Notizen des Parteivorsitzenden niederzuschreiben. Solch sorgfältig inszenierten Fotos lassen keinen Zweifel daran: Der drei-Sterne-General gehört zum innersten Führungszirkel.
Nun wurde der Mann mit dem stoischen Gesichtsausdruck von Kim Jong-un mit einer besonderen Aufgabe betraut: Er soll die nordkoreanischen Truppen in Russland aufbauen und schlussendlich für einen Einsatz gegen die Ukraine vorbereiten.
Wer ist Kim Yong Bok? Sein Privatleben ist vollkommen unbekannt. Auch über sein Alter kann nur gemutmaßt werden: Auf den Pressefotos der Staatsmedien wirkt der ranghohe Militär, als hätte er die 60 deutlich überschritten.
Den führenden Nordkorea-Experten fiel Kim erstmals vor gut neun Jahren auf, als er während einer öffentlichen Gedenkkundgebung über Kim Jong Il – dem verstorbenen Vater des amtierenden Machthabers Kim Jong-un – eine Rede hielt. Nur wenig später übernahm er das Kommando des berüchtigten 11. Armeekorps, in den Medien oft als “Sturmkorps” bezeichnet. Es handelt sich dabei um jene Eliteeinheit, aus der mutmaßlich auch Nordkoreas nach Russland entsandte Soldaten rekrutiert wurden. Aktuell dient Kim Yong Bok innerhalb der Armee als Vize-Chef des Generalstabs.
Neben seiner militärischen Karriere gehört er auch innerhalb der Parteihierarchie zum obersten Führungszirkel. So wurde er erstmals 2016 ins Zentralkomitee der Arbeiterpartei (ZK) gewählt und fünf Jahre später in seiner Position bestätigt. Insgesamt hat das ZK knapp 140 Mitglieder.
Kim Yong Bok wurde allein in diesem Jahr bei über einem halben Dutzend öffentlicher Auftritte neben Kim Jong-un gesichtet. Es ist also kein Zufall, dass der nordkoreanische Machthaber einen Spitzengeneral aus seinem engsten Führungszirkel nach Russland geschickt hat.
Mehr als 11.000 nordkoreanische Soldaten sollen sich mittlerweile Russland aufhalten, heißt es aus Kiew. Und offenbar hat es bereits die ersten Kämpfe zwischen ukrainischen und nordkoreanischen Soldaten gegeben.
Südkoreas Verteidigungsminister hatte die nordkoreanischen Soldaten vor kurzem als “Kanonenfutter-Söldner” bezeichnet. In vielen Medienberichten heißt es zudem, dass die Truppen körperlich von geringer Statur seien und schwächlich aussehen würden. Zudem wurde immer wieder ihre Kampffähigkeit und Motivation angezweifelt. In Seoul jedenfalls wächst die Bereitschaft, die Ukraine auch mit Waffen zu unterstützen, was Südkorea bisher vermeidet.
Doch Experten warnen davor, dass man die nordkoreanischen Truppen unterschätzen sollte. An Motivation dürfte es den Soldaten in jedem Fall nicht mangeln. Denn sollte auch nur ein Bruchteil der kolportierten 2.000 US-Dollar Monatslohn in ihren Taschen landen, so würde es sich um ein Vielfaches dessen handeln, was sie in Nordkorea als Sold bekommen.
Zudem ziehen die Truppen auch mit der Gewissheit ins Schlachtfeld, dass – sollten sie für ihr bitterarmes Heimatland sterben -, der Staat für ihre Eltern wirtschaftlich sorgen wird. Fabian Kretschmer
Nicht nur in Kriegszeiten haben Pazifisten und Pazifistinnen einen schweren Stand. Sie sehen sich Beleidigungen ausgesetzt, unabhängig davon, dass es ihnen bisweilen nur um Besonnenheit in politisch aufgeheiztem Umfeld geht, darum, zivile Alternativen zu militärischem Handeln aufzuzeigen. In dem schmalen Bändchen “Pazifismus – ein Irrweg?”, herausgegeben vom ehemaligen ARD-Nahostkorrespondent Jörg Armbruster, liefert der taz-Redakteur Pascal Beucker einen theoretischen und historischen Abriss jener gesellschaftlichen Strömung, die auf dem Weltfriedenskongress 1901 in Glasgow erstmals offiziell in Erscheinung trat.
Beucker schlüsselt auf, wie sich absoluter, rigider, realistisch-skeptischer, pragmatischer, konditionaler und Völkerrechtspazifismus konzeptionell voneinander unterscheiden – und stellt klar, dass nur die wenigsten von ihnen für absolute Gewaltfreiheit stehen.
Das letzte Drittel seines Buchs widmet Beucker der deutschen Friedensbewegung von ihren Blütezeiten nach dem Ersten Weltkrieg, in den späten 1950er- sowie frühen 1980er-Jahren – bis hin zu der Sackgasse, in die sie sich spätestens mit dem russischen Angriffskrieg 2022 manövriert hat. “Ist die Welt nach dem Ende der alten Ost-West-Konfrontation einfach zu kompliziert für die Friedensbewegung geworden? Oder liegt ihr Problem nicht eher darin, dass schon lange bestehende Grundkonflikte nicht mehr überdeckt werden können?”, lauten seine Leitfragen.
Pascal Beucker: Pazifismus – ein Irrweg? Kohlhammer GmbH, Stuttgart, 2024, 178 Seiten, 19 Euro.
nach dem Koalitions-Aus ist unklar, wie es mit den bereits geplanten, aber noch nicht im Haushalt hinterlegten Rüstungsvorhaben bei der Bundeswehr weitergeht. Was das 100-Milliarden-Sondervermögen angeht, gäbe es einen Ausweg, schreibt Thomas Wiegold in seiner Analyse.
Auch in den USA drehen sich nach der Wiederwahl Donald Trumps viele Fragen um den Haushalt. Werden die USA die Ukraine weiterhin unterstützen? Innerhalb einer Stunde könne er den Krieg Russlands gegen die Ukraine beenden, hatte Trump mehrfach gesagt. Warum zwischen Können und Wollen dann doch noch ein großer Unterschied liegt, erklären Viktor Funk und Stephan Israel in ihrer Analyse.
Die anstehende zweite Amtszeit Trumps regt bei Menschenrechtsschützern die Befürchtung, dass die Waffengewalt in den USA weiter zunehmen und das Völkerrecht unter die Räder kommen wird. Julia Duchrow, Generalsekretärin von Amnesty International in Deutschland, fordert im Interview mit Markus Bickel, dass die Bundesregierung das zu verhindern versucht.
Eine aufschlussreiche Lektüre in bewegten Zeiten wünscht
Mit dem plötzlichen Aus der regierenden Ampel-Koalition scheint eine der größten Befürchtungen der Bundeswehrspitze Realität zu werden. Ohne einen Beschluss zum Haushalt für das kommende Jahr, so hatte ein hochrangiger General Anfang Oktober angesichts des damals schon absehbaren Bruchs zwischen den Koalitionspartnern gewarnt, drohe den Streitkräften ein Stillstand bei ihrer dringend notwendigen weiteren Ausrüstung. Die Suche nach möglichen Auswegen hat begonnen; ob sie Erfolg hat, hängt nicht von den beteiligten Verteidigungspolitikern selbst ab.
Kernproblem ist die fehlende Zustimmung des Bundestages zur Haushaltsplanung für 2025. Der Streit um das Budget war einer der wesentlichen Gründe für das Ende der Koalition, und eine Mehrheit für das Haushaltswerk zum Beispiel mit den Stimmen der Union ist nicht in Sicht. Damit gilt ab Beginn kommenden Jahres für alle Ressorts eine sogenannte vorläufige Haushaltsführung – der Staat darf zwar weiterhin Geld ausgeben, allerdings nur in begrenztem Rahmen: Im Wesentlichen, so legt es Artikel 111 des Grundgesetzes fest, für gesetzlich bereits vorgeschriebene Ausgaben.
Zwar ließen sich die Aufgaben der Landesverteidigung unter die Ermächtigung für Ausgaben fassen, “um gesetzlich bestehende Einrichtungen zu erhalten” oder “die rechtlich begründeten Verpflichtungen des Bundes zu erfüllen”. Doch für die Bundeswehr bleibt die Schwierigkeit: Gerade Verträge für die Beschaffung neuer Rüstungsgüter wären dann vorerst nicht mehr möglich. Das Verteidigungsministerium müsste auf den nächsten ordentlichen Haushalt warten – der voraussichtlich erst nach Neuwahlen und anschließender Regierungsbildung zu erwarten ist.
Einen Ausweg bietet ausgerechnet das Sondervermögen für die Bundeswehr, das Bundeskanzler Olaf Scholz wenige Tage nach Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine 2022 angekündigt hatte. Die nominal 100 Milliarden Euro sind zwar zu einem großen Teil bereits vertraglich gebunden, etliche Milliarden sind aber noch frei – und könnten theoretisch unabhängig von einem regulären Haushalt für Beschaffungen verwendet werden. Dafür müsste der Wirtschaftsplan für dieses Sondervermögen, derzeit Bestandteil des Haushaltspakets, herausgenommen und als eigenständige Ausgabemöglichkeit gesetzlich abgesichert werden.
Ob diese Möglichkeit überhaupt zur Debatte steht, dürfte von den Gesprächen zwischen dem Kanzler und der Unions-Oppositionsführung abhängen. Eine Zustimmung zu einem solchen Weg könnte allerdings der Union leichter fallen als eine praktisch nicht zu erwartende Zustimmung zu einem Gesamthaushalt.
Ohne eine Einigung auf eine gesonderte Finanzierung von Rüstungsprojekten müsste die Bundeswehr in einer sicherheitspolitisch kritischen Weltlage etliche Vorhaben noch weiter nach hinten schieben als ohnehin schon. Für die Luftwaffe wäre die – vom Kanzler selbst im Sommer auf der Internationalen Luftfahrtausstellung angekündigte – Beschaffung neuer Eurofighter vorerst nicht machbar. Das Heer müsste wichtige Projekte wie die Nachfolge des Transportpanzers Fuchs oder die Verstärkung der Artillerie mit Radhaubitzen ebenfalls auf unbekannte Zeit aufschieben.
Dass die Notwendigkeit weiterer Beschaffungen für die Streitkräfte im Bundestag weitgehend parteiübergreifend Konsens ist, demonstrierten die Haushaltspolitiker deshalb am Tag nach dem Koalitions-Aus schon mal demonstrativ: Mit den Stimmen der drei bisherigen Koalitionspartner plus denen der Union billigte der Haushaltsausschuss des Bundestages die Rüstungsvorhaben auf der Tagesordnung.
Donald Trump war der Elefant im Raum, Olaf Scholz der große Abwesende. Europa muss sich nach dem Comeback Trumps im Weißen Haus neu orientieren. Und ausgerechnet jetzt steht in Berlin auch noch die Regierung vor dem Ende, was Bundeskanzler Scholz davon abhielt, zum Treffen der Europäischen Politischen Gemeinschaft (EPG) in Budapest zu reisen. 42 Staats- und Regierungschefs haben sich am Donnerstag in einem Fußballstadion am Rande der ungarischen Hauptstadt versammelt.
Die halbjährlichen EPG-Gipfel sind ein Gesprächsformat auf höchster Ebene, das Emmanuel Macron einst lanciert hatte. Diesmal hatte ausgerechnet Ungarns Regierungschef als Gastgeber die Regie. Doch Viktor Orbán kann in der großen Runde auch diplomatisch, vermied die Provokation. Europa könne nicht darauf warten, dass die Amerikaner sie beschützten. Nach der Rückkehr von Trump ins Weiße Haus müsse Europa über seine Sicherheitsstruktur reden. Orbán hielt sich mit triumphierenden Gesten zurück. Vielleicht hat die Zurückhaltung am Tag damit zu tun, dass Ungarn laut einer Studie der EU-Kommission von Trumps angedrohten neuen Zöllen besonders stark betroffen wäre.
Nicht umsonst hatte Wolodymyr Selenskyj als einer der ersten Staatsführer Trump gratuliert und ihn zu umschmeicheln versucht. Er habe eine “gute, produktive Konversation” gehabt, sagte Selenskyj auf dem Gipfel. “Wir hoffen, dass Amerika stärker wird.” Das sei das Amerika, das Europa brauche. Selenskyj weiß, dass die Ukraine gerade angesichts der Trump-Wahl sowie der innerdeutschen und innereuropäischen Probleme diplomatisch im Nachteil ist. Sollte sich Trump für die Ukraine nicht weiter interessieren oder zu sehr auf die Wünsche Moskaus eingehen, würden das Kiews Probleme vergrößern.
Wladimir Putin habe nämlich den Einsatz erhöht: “Nordkoreanische Soldaten sind dabei, unsere Leute auf europäischem Boden zu töten.” Sein Land in dieser Situation zu Konzessionen gegenüber Russland zu drängen, sei inakzeptabel für die Ukraine und “selbstmörderisch” für Europa, warnte Selenskyj und meinte damit wohl auch Gastgeber Orbán. Es sei eine Illusion zu glauben, mit Konzessionen Frieden zu erkaufen. Friede sei die Belohnung für jene, die stark seien. Das dürfte auch Trump gefallen.
Dass Moskau von sich aus bald das Gespräch mit dem künftigen US-Präsidenten sucht, um ein Ende des Krieges mit der Ukraine anzustreben, ist unwahrscheinlich. Dafür gibt es mehrere Gründe:
Deutliche Worte auf dem Gipfel fand auch Macron: Es sei logisch, dass Trump die Interessen der USA vertrete. Die eigentliche Frage sei, ob die Europäer bereit seien, ihre eigenen Interessen zu verteidigen. Der französische Präsident zeichnete ein düsteres Bild: Die Europäer könnten in einer von “Fleischfressern” dominierten Welt nicht länger “Vegetarier” bleiben. Die Europäer müssten zumindest Allesfresser werden, um überleben zu können. Macron dürfte versuchen, sich im Schatten des Comebacks von Trump neu zu erfinden und die Rolle des Wortführers Europas zu übernehmen.
Den informellen EU-Gipfel heute wird Scholz nicht verpassen. Der Bundeskanzler wollte noch am Donnerstagabend anreisen. Orbán hatte die Staats- und Regierungschefs der EU zu einem Abendessen eingeladen, bei dem es auch um Trumps Comeback und die transatlantischen Beziehungen gehen sollte.
Was sehen Sie als größte Gefahr für die internationale Ordnung in einer zweiten Amtszeit Donald Trumps?
Als Menschenrechtsorganisation befürchten wir, dass das Völkerrecht weiter geschwächt wird. In seiner ersten Amtszeit hat Donald Trump eine Doppelmoral an den Tag gelegt, um Menschenrechte zu schwächen, insbesondere in den Bereichen Rassismus, Sexismus und Waffengewalt. Wir setzen uns dafür ein, dass das Waffenrecht restriktiv gehandhabt und Waffengewalt gestoppt wird.
Ein zentrales Dokument der regelbasierten Weltordnung ist die 1948 von der UN-Generalversammlung verkündete Allgemeine Erklärung der Menschenrechte. Nimmt Trump sie auch ins Visier?
In seiner ersten Amtszeit hat Präsident Trump immer wieder versucht, die Menschenrechte auf seine Weise zu interpretieren – und zu erodieren. Insofern droht das auch für die zweite Amtszeit. Aber die Welt schaut ganz genau hin und wir als Amnesty werden den designierten Präsidenten und die US-Regierung an ihre Verpflichtungen erinnern.
Wie groß ist die Gefahr, dass Trump im Innern mit Verhaftungen Andersdenkender im Verwaltungsapparat und öffentlichen Leben vorgehen könnte?
Befürchtungen, dass die neue Administration Demonstrationen einschränken und verstärkt zu Polizeigewalt greifen könnte, speisen sich aus den Erfahrungen zwischen 2017 und 2021. Wir setzen uns für die Einhaltung der Vereinigungs-, Versammlungs- und Meinungsfreiheit ein.
Was kann Präsident Joe Biden bis zum Ende seiner Amtszeit im Januar 2025 noch tun, um Menschenrechte und Völkerrecht zu verteidigen?
Der amtierende Präsident hat die Möglichkeit, Exekutivanordnungen zu erlassen. Wir fordern, dass Biden auf diese Weise endlich das Gefangenenlager Guantanámo schließt und die Todesstrafe auf US-Bundesebene abschafft sowie eine Kommission zur Wiedergutmachung von Sklaverei einrichtet.
Was erwarten Sie von der Bundesregierung im Umgang mit den USA unter Trump?
Zur Verteidigung von Menschenrechten und anderer internationaler Regeln gehört es, dass man befreundete Staaten an ihre Verpflichtungen erinnert. Das fordern wir von der Bundesregierung gegenüber der US-amerikanischen Regierung – aber auch andersherum. Nur so kann man garantieren, dass wir weiter eine regelbasierte Ordnung haben, die die Menschen vor Menschenrechtsverletzungen schützt. Die USA haben sich in verschiedenen internationalen Abkommen verbindlich zur Einhaltung der Menschenrechte verpflichtet. Diese muss auch die Trump-Regierung respektieren und schützen.
Was fordern Sie von der US-Regierung mit Blick auf den Krieg in Gaza?
Wir fordern von der US-Regierung die Aussetzung von Waffenlieferungen an Israel, wenn die Gefahr besteht, dass dadurch humanitäres Völkerrecht verletzt wird oder die Waffen Ursache schwerwiegender Menschenrechtsverletzungen werden könnten. Wir haben zahlreiche Kriegsverbrechen der israelischen Streitkräfte dokumentiert und deswegen auch die Bundesregierung in Berlin aufgefordert, ihre Waffenlieferungen an Israel zu stoppen, wenn nicht sichergestellt ist, dass diese bei ihrem Einsatz humanitäres Völkerrecht nicht verletzen. Vor allem fordern wir aber einen sofortigen und umfassenden Waffenstillstand zwischen den Konfliktparteien. Nur ein Waffenstillstand schafft die Bedingungen für ein Ende des Tötens und für die Freilassung der Geiseln sowie unrechtmäßig Inhaftierten. Die Verletzungen des humanitären Völkerrechts in Gaza, Palästina und Israel müssen dringend enden.
Die libanesische Schiitenmiliz Hisbollah hat am Donnerstag verhalten konstruktive Signale an eine künftige Administration Donald Trumps gesendet. Die Hisbollah begrüße jede Anstrengung, den Krieg im Libanon zu beenden, knüpfe ihre Hoffnungen auf einen Waffenstillstand aber nicht an eine bestimmte US-Regierung, sagte der Hisbollah-Parlamentsabgeordnete Ibrahim al-Moussawi. “Es mag sein, dass die Partei, die an der Macht ist, wechselt, aber wenn es um Israel geht, haben sie mehr oder weniger die gleiche Politik”, sagte Moussawi der Nachrichtenagentur Reuters. “Wir wollen Taten sehen, wir wollen, dass Entscheidungen getroffen werden”.
Die Hisbollah hatte einen Tag nach dem Hamas-Terrorüberfall auf Israel im Oktober 2023 mit dem Beschuss israelischer Gemeinden im Norden des Landes begonnen. Im September tötete die israelische Luftwaffe den langjährigen Generalsekretär der von Iran aufgerüsteten Schiitenmiliz, Hassan Nasrallah. 3.050 Libanesen sind in den vergangenen 13 Monaten getötet worden, gab das libanesische Gesundheitsministerium am Mittwoch bekannt, mehr als 13.000 sind verwundet worden.
Vergangene Woche war ein US-Vermittlungsversuch für eine 60-tägige Waffenruhe gescheitert. Die israelische Regierung Benjamin Netanjahus verfolgt auch nach der Entlassung von Verteidigungsminister Yoav Gallant einen militärischen Sieg. Am Mittwoch traf Netanjahu Generalstabschef der Israelischen Defence Forces, Herzl Halevi, und die Direktoren der In- und Auslandsgeheimdienste Shin Bet und Mossad und wies Berichte über Entlassungspläne an der Spitze des Sicherheitsapparats zurück.
Das israelische Verteidigungsministerium gab am Donnerstag derweil den Abschluss eines Abkommens im Wert von 5,2 Milliarden US-Dollar mit dem US-Flugzeughersteller Boeing bekannt, das bis die Anschaffung von 25 F-15-Kampfflugzeugen bis 2031 vorsieht. mrb/vw
Nato-Generalsekretär Mark Rutte fordert, dass die europäischen Nato-Staaten “deutlich mehr als zwei Prozent” für Verteidigung ausgeben. Dass die europäischen Nato-Länder ihre Verteidigungsausgaben gesteigert hätten, sei auch ein Erfolg Donald Trumps, sagte Rutte am Donnerstag beim Treffen der Europäischen Politischen Gemeinschaft (EPG) in Budapest. Zu diskutieren sei, ob man ein allgemeines Budgetziel wie bisher definiere oder ob man Ziele für die Verteidigungsfähigkeit festlege.
Kurz nach der Wahl Trumps zum US-Präsidenten suchen die Nato-Staaten nach einer Antwort auf das Wahlergebnis. “Ich denke, dass es sehr schwierig sein wird, eine einheitliche europäische Antwort zu geben”, sagte Camille Grand vom European Council on Foreign Relations und früherer stellvertretender Nato-Generalsekretär am Donnerstag beim Nato-Talk in Berlin.
Grund seien Quertreiber wie Ungarn in EU und Nato. Deshalb sei es wichtig, koordinierte Botschaften von gleichgesinnten europäischen Ländern zu senden. Das könnten Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Polen oder die skandinavischen Länder sein. Michal Baranowski, Regionaldirektor Polen beim German Marshall Fund of the United States sagte, dass man in Polen eigentlich auf eine deutsche Führungsrolle hoffe.
Die deutschen und französischen Verteidigungsminister Boris Pistorius und Sébastien Lecornu hatten am Mittwoch in Paris angekündigt, dass sie bis Mitte November in Berlin ihren Amtskollegen aus Italien, Polen und Großbritannien zusammenkommen würden, um zu beraten, wie sich Europa “in dieser Weltordnung” aufstellen solle. Dabei werde “der deutsch-französisch/französisch-deutsche Motor” eine Rolle spielen, so Pistorius. Lecornu betonte, dass die EU ihre eigenen Rüstungsindustrien besser schützen müsse. Dafür müssten europäische Gelder vermehrt in europäische Waffen gesteckt werden. bub
Das EU-Parlament hat in der Nacht zu Donnerstag Andrius Kubilius als ersten EU-Verteidigungskommissar bestätigt. In einer mehr als dreistündigen Anhörung präsentierte der ehemalige litauische Premierminister dem Parlament seine Prioritäten.
An Platz eins steht das Hochfahren der Rüstungsproduktion. Er will die EU-Staaten dazu anhalten, mehr Waffen gemeinsam zu beschaffen, und sprach sich für eine “Buy Europe”-Klausel aus. Aus seiner Sicht sei absehbar, dass die USA ihren Fokus auf die strategische Herausforderung durch China legten. Diese längerfristige Verschiebung mache eine eigenständige europäische Verteidigungsstrategie nötiger denn je. Der starke Ukraine-Unterstützer und Russland-Kritiker verwies zudem auf Erkenntnisse der Nachrichtendienste, dass Russland bis Ende des Jahrzehnts EU und Nato auf die Probe stellen könnte.
Europa müsse mehr Geld für Verteidigung in die Hand nehmen, die Mittel besser einsetzen und diese möglichst auch in Europa ausgeben, betonte Kubilius. Derzeit kaufen die Mitgliedstaaten etwa 80 Prozent der Waffen außerhalb der EU ein, vor allem in den USA. Das knappe Geld müsse man verwenden, um die europäische Rüstungsindustrie zu stärken. Im Kriegsfall sei es wichtig, dass die Rüstungsindustrie nicht zu weit weg von der Frontlinie produziere. Die EU-Staaten bräuchten zudem Waffen, deren Verwendung nicht an irgendwelche Bedingungen geknüpft sei. Kubilius bezifferte den Bedarf für die nächsten Jahre auf 500 Milliarden Euro. sti/wp
Mit direkter Anwerbung von Arbeitssuchenden will die Bundeswehr ihren Personalmangel angehen. Verteidigungsminister Boris Pistorius und die Chefin der Bundesagentur für Arbeit, Andrea Nahles, unterzeichneten am Mittwoch eine entsprechende Vereinbarung, nach der bei der Beratung von Arbeitssuchenden künftig auch militärische Berufe angeboten werden können. Damit sollen soldatische Aufgaben als berufliche Perspektive gezeigt werden, teilte das Verteidigungsministerium mit.
Am Mittwoch brachte das Bundeskabinett zudem eine Neufassung des auf sechs bis 23 Monate angelegten, künftig als Basisdienst bezeichneten Wehrdienstes auf den Weg, für den sich Frauen wie Männer bewerben können. Wie vom Verteidigungsministerium vorgeschlagen, sollen ab Frühjahr 2025 junge Männer und Frauen ab 18 Jahren von der Bundeswehr angeschrieben werden und einen Fragebogen zu Kenntnissen, Fähigkeiten und Bereitschaft zum Dienst in den Streitkräften erhalten. Für Männer ist die Antwort verpflichtend; darauffolgende Einladungen zur Musterung und erst recht zum Wehrdienst bleiben aber die Entscheidung der Betroffenen.
Eine wesentliche und direkt wirksame Neuregelung in dem Gesetzentwurf ist die Wiedereinführung der Vorschriften für die Erfassung derjenigen, die im Kriegs- und Krisenfall als Wehrpflichtige einberufen werden können – nach derzeitiger Rechtslage sind das Männer ab 18 Jahren. Das geltende Wehrpflichtgesetz, mit dem 2011 diese Pflicht ausgesetzt worden war, sieht für den Verteidigungs- und Spannungsfall automatisch die Rückkehr der Wehrpflicht vor. Allerdings waren mit der Aussetzung auch die Regelungen für Erfassung und Musterung weggefallen. Sie sollen mit dem neuen Gesetz neu geschaffen werden, vor allem als Pflicht zur Datenübermittlung zwischen Meldebehörden und den Streitkräften.
Langfristig strebt das Ministerium neben einer Erhöhung der Zahl aktiver Soldaten auf rund 200.000 eine Reserve von rund 260.000 Männern und Frauen an. Die militärische Stärke der Bundeswehr nahm unterdessen weiter ab und fiel im September wieder unter 180.000 aktive Soldaten und Soldatinnen. tw
Der 1. Ausschuss der UN-Generalversammlung hat Mitte der Woche beschlossen, informelle Verhandlungen zur Regulierung von Tödlichen Autonomen Waffensystemen (Lethal Autonomous Weapons, LAWS) aufzunehmen. “Das ist noch kein Durchbruch, aber besser als nichts”, beurteilt Anja Dahlmann, Expertin für Künstliche Intelligenz vom Institut für Friedensforschung und Sicherheitspolitik an der Universität Hamburg, die Resolution. Die Verhandlungen sollen nächstes Jahr in New York stattfinden. Dazu einladen wird UN-Generalsekretär António Guterres, der die LAWS zur Chefsache gemacht hat. Unter seiner Ägide haben die UN-Mitgliedstaaten sowie einzelne NGOs ihre Positionen in einem gemeinsamen Papier dargelegt.
Vorbereitet wurde die Resolution L.77 von Österreich und 26 weiteren Staaten, die schon länger auf ein komplettes Verbot von LAWS drängen. Seit zehn Jahren werden dazu Gespräche auf der Convention of Certain Conventional Weapons in Genf geführt – allerdings nur auf Expertenebene. Laut KI-Expertin Dahlmann kommt es darauf an, den Begriff “human control” bei automatisierten Waffen zu klären. Bislang konnten man sich weder auf eine Definition einigen, noch auf ein Verfahren über eine Regelung, was auch der Rechtsprofessor Harold Hongju Koh kritisiert.
Die informellen Gespräche dazu auf UN-Ebene seien zwar ein wichtiger Beitrag. Sie bedeuten aber noch immer kein Mandat für konkrete Verhandlungen. Deutschland verfolgt zusammen mit Frankreich den sogenannten “Two Tier Approach”. Der beinhaltet ein Verbot von vollautomatisierten Waffen und plädiert für ein Gebot zur menschlichen Kontrolle bei automatisierten Waffen.
Die UN-Resolution wurde von 161 Staaten angenommen, darunter auch Deutschland und die USA. Mehrere Staaten, die bei der Entwicklung von automatisierten Waffensystemen eine große Rolle spielen, haben sich allerdings enthalten, darunter die Ukraine, die Türkei, China, Israel, Indien und Polen. Drei Staaten – Belarus, Nordkorea und Russland – lehnten die Resolution ab. nana
Stiftung Wissenschaft und Politik: Die Individualisierung des islamistischen Terrorismus. Die Fragmentierung islamischer Terrorgruppen wie Al-Qaida oder IS hat dazu geführt, dass sie verstärkt auf Einzeltäter statt auf groß angelegte Terroraktionen setzen müssen. Einzeltäter sind schwer zu bekämpfen und werden vor allem in den Ländern tätig, die seit 2015 viele Flüchtlinge aufgenommen haben.
Breaking Defense: Trump admin will bring ‘uncertainty,’ opportunities for defense industry. Experten sind sich uneins darüber, wie sich Donald Trumps Politik auf den US-Verteidigungshaushalt auswirken wird. Die Spanne der Erwartungen reicht von massiven Kürzungen bis hin zu starken Investitionen im Bereich Luftwaffe und Raketenabwehr.
Foreign Policy: Before Trump Returns, Congress Should Buy Weapons for Ukraine. Der noch amtierende US-Präsident Joe Biden sollte möglichst schnell einen Finanzierungsplan durch den Kongress bringen, der die Ukraine mit 60 Milliarden US-Dollar im Kampf gegen Russland unterstützt. Es besteht die Gefahr, dass sein Nachfolger Donald Trump die Hilfe für das Land einstellt oder reduziert.
CEPA: Is Western Sea Power Adrift? Deutschland wird die Fregatte “Baden-Württemberg” und das Versorgungsschiff “Frankfurt am Main” nicht durch das Rote Meer fahren lassen. Grund dafür ist die Sorge vor möglichen Angriffen durch Huthi-Rebellen. Die internationale Seefahrtsgemeinschaft ist empört.
Washington Post: In Trump victory, Netanyahu sees himself as ‘the great winner’. Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hofft von Donald Trump mehr Unterstützung im Mehrfrontenkrieg, den das Land seit über einem Jahr führt. Unter dem neuen Präsidenten, so die Hoffnung, würde auch die Siedlerpolitik kein Streitthema mehr sein.
Wann immer der nordkoreanische Machthaber Kim Jong-un seine Truppen inspiziert, ist General Kim Yong Bok nie weit entfernt. Auf Bildern der koreanischen Nachrichtenagentur KCNA sieht man ihn – wahlweise im khakifarbenen Dienstanzug oder grünen Flecktarn -, wie er aufmerksam den Notizblock zückt, um die Notizen des Parteivorsitzenden niederzuschreiben. Solch sorgfältig inszenierten Fotos lassen keinen Zweifel daran: Der drei-Sterne-General gehört zum innersten Führungszirkel.
Nun wurde der Mann mit dem stoischen Gesichtsausdruck von Kim Jong-un mit einer besonderen Aufgabe betraut: Er soll die nordkoreanischen Truppen in Russland aufbauen und schlussendlich für einen Einsatz gegen die Ukraine vorbereiten.
Wer ist Kim Yong Bok? Sein Privatleben ist vollkommen unbekannt. Auch über sein Alter kann nur gemutmaßt werden: Auf den Pressefotos der Staatsmedien wirkt der ranghohe Militär, als hätte er die 60 deutlich überschritten.
Den führenden Nordkorea-Experten fiel Kim erstmals vor gut neun Jahren auf, als er während einer öffentlichen Gedenkkundgebung über Kim Jong Il – dem verstorbenen Vater des amtierenden Machthabers Kim Jong-un – eine Rede hielt. Nur wenig später übernahm er das Kommando des berüchtigten 11. Armeekorps, in den Medien oft als “Sturmkorps” bezeichnet. Es handelt sich dabei um jene Eliteeinheit, aus der mutmaßlich auch Nordkoreas nach Russland entsandte Soldaten rekrutiert wurden. Aktuell dient Kim Yong Bok innerhalb der Armee als Vize-Chef des Generalstabs.
Neben seiner militärischen Karriere gehört er auch innerhalb der Parteihierarchie zum obersten Führungszirkel. So wurde er erstmals 2016 ins Zentralkomitee der Arbeiterpartei (ZK) gewählt und fünf Jahre später in seiner Position bestätigt. Insgesamt hat das ZK knapp 140 Mitglieder.
Kim Yong Bok wurde allein in diesem Jahr bei über einem halben Dutzend öffentlicher Auftritte neben Kim Jong-un gesichtet. Es ist also kein Zufall, dass der nordkoreanische Machthaber einen Spitzengeneral aus seinem engsten Führungszirkel nach Russland geschickt hat.
Mehr als 11.000 nordkoreanische Soldaten sollen sich mittlerweile Russland aufhalten, heißt es aus Kiew. Und offenbar hat es bereits die ersten Kämpfe zwischen ukrainischen und nordkoreanischen Soldaten gegeben.
Südkoreas Verteidigungsminister hatte die nordkoreanischen Soldaten vor kurzem als “Kanonenfutter-Söldner” bezeichnet. In vielen Medienberichten heißt es zudem, dass die Truppen körperlich von geringer Statur seien und schwächlich aussehen würden. Zudem wurde immer wieder ihre Kampffähigkeit und Motivation angezweifelt. In Seoul jedenfalls wächst die Bereitschaft, die Ukraine auch mit Waffen zu unterstützen, was Südkorea bisher vermeidet.
Doch Experten warnen davor, dass man die nordkoreanischen Truppen unterschätzen sollte. An Motivation dürfte es den Soldaten in jedem Fall nicht mangeln. Denn sollte auch nur ein Bruchteil der kolportierten 2.000 US-Dollar Monatslohn in ihren Taschen landen, so würde es sich um ein Vielfaches dessen handeln, was sie in Nordkorea als Sold bekommen.
Zudem ziehen die Truppen auch mit der Gewissheit ins Schlachtfeld, dass – sollten sie für ihr bitterarmes Heimatland sterben -, der Staat für ihre Eltern wirtschaftlich sorgen wird. Fabian Kretschmer
Nicht nur in Kriegszeiten haben Pazifisten und Pazifistinnen einen schweren Stand. Sie sehen sich Beleidigungen ausgesetzt, unabhängig davon, dass es ihnen bisweilen nur um Besonnenheit in politisch aufgeheiztem Umfeld geht, darum, zivile Alternativen zu militärischem Handeln aufzuzeigen. In dem schmalen Bändchen “Pazifismus – ein Irrweg?”, herausgegeben vom ehemaligen ARD-Nahostkorrespondent Jörg Armbruster, liefert der taz-Redakteur Pascal Beucker einen theoretischen und historischen Abriss jener gesellschaftlichen Strömung, die auf dem Weltfriedenskongress 1901 in Glasgow erstmals offiziell in Erscheinung trat.
Beucker schlüsselt auf, wie sich absoluter, rigider, realistisch-skeptischer, pragmatischer, konditionaler und Völkerrechtspazifismus konzeptionell voneinander unterscheiden – und stellt klar, dass nur die wenigsten von ihnen für absolute Gewaltfreiheit stehen.
Das letzte Drittel seines Buchs widmet Beucker der deutschen Friedensbewegung von ihren Blütezeiten nach dem Ersten Weltkrieg, in den späten 1950er- sowie frühen 1980er-Jahren – bis hin zu der Sackgasse, in die sie sich spätestens mit dem russischen Angriffskrieg 2022 manövriert hat. “Ist die Welt nach dem Ende der alten Ost-West-Konfrontation einfach zu kompliziert für die Friedensbewegung geworden? Oder liegt ihr Problem nicht eher darin, dass schon lange bestehende Grundkonflikte nicht mehr überdeckt werden können?”, lauten seine Leitfragen.
Pascal Beucker: Pazifismus – ein Irrweg? Kohlhammer GmbH, Stuttgart, 2024, 178 Seiten, 19 Euro.