Table.Briefing: Research

Wissenschaftsrat: SPK weiterhin reformbedürftig + Wire-Chats: FragDenStaat vs BMBF + UK: Was die Wahl für die Wissenschaft bedeutet

Liebe Leserin, lieber Leser,

es klang vielleicht zunächst erstaunlich, als wir Ende der vergangenen Woche schrieben, dass die Fördermittel-Affäre für Bettina Stark-Watzinger noch nicht ausgestanden sei. Ist sie aber tatsächlich nicht. Gleich zwei juristische Verfahren laufen gegen das BMBF. Mit dem einen will die entlassene Staatssekretärin Sabine Döring erreichen, sich in der Fördergeld-Affäre öffentlich äußern zu können. Gegen die vom Ministerium auferlegte Verschwiegenheitspflicht hat sie ein Eilverfahren angestrengt.

Das zweite Verfahren kommt von FragDenStaat. Die Aktivisten hatten festgestellt, dass das BMBF dem Portal für Informationsfreiheit womöglich Informationen vorenthalten hat – nämlich den Inhalt interner Chats per Blogging-Dienst Wire. Weshalb FragDenStaat daraufhin ebenfalls juristisch vorgeht, hat uns Projektleiter Arne Semsrott im Interview berichtet.

Während es in dieser Sache noch dauern kann, bis das Verwaltungsgericht Köln eine Entscheidung fällt, könnte es bei Sabine Döring deutlich schneller gehen: “Mit einer Entscheidung ist in den nächsten Wochen zu rechnen”, sagte uns ein Sprecher des Berliner Verwaltungsgerichts.

Und dann ist da noch der Brief von Thomas Jarzombek für die CDU. Weil der entlassenen Staatssekretärin öffentliche Äußerungen zu dem Thema untersagt sind, verlangt die Unions-Bundestagsfraktion per Brief an Mario Brandenburg eine persönliche Stellungnahme Dörings für den Bundestags-Forschungsausschuss. “Die Perspektive von Frau Prof. Dr. Sabine Döring kann einen maßgeblichen Beitrag zur vollständigen Aufarbeitung der im Raume stehenden Vorwürfe und der weiterhin offenen Fragen leisten”, schreibt Jarzombek. Diese Stellungnahme soll bis zum 17. Juli vorliegen.

Bleibt abzuwarten, was als Erstes eintrifft. Vielleicht kommt Bettina Stark-Watzinger ja auch allem zuvor.

Ich wünsche Ihnen eine aufschlussreiche Lektüre,

Ihre
Nicola Kuhrt
Bild von Nicola  Kuhrt

Analyse

Stiftung Preußischer Kulturbesitz: Warum sich der Wissenschaftsrat mehr Autonomie für Berliner Museen wünscht

Marion Ackermann, Generaldirektorin der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden und zukünftige SPK-Präsidentin, steht zusammen mit ihrem Amtsvorgänger, Hermann Parzinger, Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, nach der Pressekonferenz zur Neubesetzung der Präsidentschaft der Stiftung Preußischer Kulturbesitz (SPK) in der Staatsbibliothek. Der bisherige SPK-Präsident Parzinger wird Ende Mai 2025 in den Ruhestand gehen.
Amtsübergabe Ende Mai 2025: Hermann Parzinger geht in den Ruhestand, Marion Ackermann wird neue Präsidentin der Stiftung Preußischer Kulturbesitz (SPK).

Deutschlands größte und wichtigste Kultureinrichtung bekommt eine neue Spitze: Die Stiftung Preußischer Kulturbesitz (SPK) wird künftig von Marion Ackermann geleitet. Das entschied der Stiftungsrat der SPK unter dem Vorsitz von Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) am Montag. Die bisherige Generaldirektorin der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden folgt auf den seit 2008 amtierenden SPK-Präsidenten Hermann Parzinger, der altersbedingt im nächsten Jahr aufhört.

Zur Pflichtlektüre bis zum Amtsantritt dürfte für Marion Ackermann die neuerliche Stellungnahme des Wissenschaftsrats (WR) zur SPK gehören, die ebenfalls am Montag vorgestellt wurde. Es ist eine Art Zeugnis, in dem das Gremium den eingeleiteten Reformprozess der Stiftung bewertet, und es fällt nicht sonderlich gut aus.

SPK-Dachstruktur bleibt – entgegen den Empfehlungen des WR

Hauptkritikpunkt ist, dass die Stiftung die vom WR empfohlene Auflösung der Dachstruktur nicht umgesetzt hat. Diese “Zerschlagung” und organisatorische Verselbständigung der Einrichtungen war der Kern der im Jahr 2020 verabschiedeten Strukturempfehlungen. Zur SPK gehören neben der Staatsbibliothek Berlin und Instituten wie dem Ibero-Amerikanischen Institut auch die Staatlichen Museen zu Berlin – mit 15 Sammlungen und 4,7 Millionen Objekten an 19 Standorten.

Die Auflösung der Dachstruktur sollte helfen, das große Potenzial der einzelnen Einrichtungen und ihrer Sammlungen und Bestände besser auszuschöpfen. Autonomie in Form von Budget- und Personalverantwortung lautete die Empfehlung. Gefolgt ist die Stiftung der Empfehlung jedoch nicht.

“Der Wissenschaftsrat nimmt zur Kenntnis, dass von einer Verselbständigung der Einrichtungen abgesehen wurde und stattdessen die Strukturen innerhalb des Stiftungsverbunds reformiert werden sollen”, sagte Marina Münkler, Vorsitzende der WR-Arbeitsgruppe “Stiftung Preußischer Kulturbesitz” und Professorin an der Technischen Universität Dresden. Von dieser Entscheidung unberührt blieben jedoch die Ziele einer Reform. Man sei nach wie vor davon überzeugt, dass der größte Wert der SPK in den einzelnen Einrichtungen liegt. Die Arbeitsgruppe sei bereit, die Reform weiterhin zu begleiten. Passend dazu kündigte Marion Ackermann an, den “Reformprozess zu vollenden und die Stiftung international erstrahlen zu lassen”.

Die aktuellen Empfehlungen für die SPK

  • Die Autonomie der Einrichtungen vor allem in Personal- und Budgetfragen ist zu stärken und Hierarchieebenen konsequent auf den Prüfstand zu stellen.
  • Die Sammlungen müssen für die nationale wie internationale Öffentlichkeit erhalten bleiben, zugänglich gemacht und forschend erschlossen werden. Insbesondere die Staatlichen Museen benötigten mehr Autonomie.
  • Als Bund-Länder-Einrichtung sollte die SPK noch stärker als Impulsgeber für bundesweite Debatten zur Bedeutung, Funktion und Zukunft von Museen, Bibliotheken und Archiven in Erscheinung treten.
  • Wichtig: eine nachhaltige Bund-Länder-Finanzierungsstruktur für die Stiftungseinrichtungen. Insbesondere in den Museen sind zusätzliche Investitionen erforderlich. Es gehe darum, der internationalen Bedeutung zu genügen.

Was die Evaluation des Umweltbundesamtes ergab

Eine ausgesprochen positive Entwicklung bescheinigt der WR dem Umweltbundesamt (Uba). Für seine Forschungsleistungen genieße das Uba einen national wie international sehr guten Ruf, heißt es in der am Montag veröffentlichten Stellungnahme. Es verfüge über eine hervorragende Forschungsinfrastruktur und werbe in großem Umfang Drittelmittel ein. Die Beratungsleistungen des Uba sind gut strukturiert und von großer Bedeutung für Gesetzgebung und Regulierung. Die Politikberatung und Wissenschaftskommunikation des Uba greifen gut ineinander.

In puncto Forschung sieht der WR jedoch Nachbesserungsbedarf und empfiehlt:

  • mehr aus dem großen wissenschaftlichen Potenzial zu machen und sich hierbei von einem wissenschaftlichen Beirat unterstützen zu lassen
  • mehr wissenschaftliche Veröffentlichungen in hochrangigen Journalen anzustreben, dazu müsse eine Publikationsstrategie entwickelt werden
  • die Zusammenarbeit mit nationalen und internationalen Forschungseinrichtungen sowie Hochschulen zu intensivieren, ebenso die Kooperation mit anderen Ressortforschungseinrichtungen.
  • Investitionsbedarf sieht der WR bei der IT-Infrastruktur, die für ein verbessertes Datenmanagement nötig wäre.

Neuorientierung der Agrar-, Lebensmittel- und Ernährungswissenschaften

Auf Bitte des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft hat sich der Wissenschaftsrat darüber hinaus mit der Situation der Agrar-, Lebensmittel- und Ernährungswissenschaften, kurz ALE, befasst. Das mehr als 200 Seiten umfassende Papier der Arbeitsgruppe um Anja-Katrin Boßerhoff, Professorin an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, empfiehlt eine Neuorientierung. Es gehe darum, besser zum Agrar- und Ernährungswandel beizutragen.

Diese Maßnahmen empfiehlt der WR für den ALE-Bereich:

  • mehr interdisziplinäre Zusammenarbeit und Austausch miteinander sowie mit angrenzenden Disziplinen, etwa mit den Umwelt-, Wirtschafts- und Sozialwissenschaften. Deutliche Stärkung der transdisziplinären Forschung, etwa in Reallaboren
  • mehrere Food Systems Research Hubs schaffen – als längerfristige Zusammenschlüsse starker Partnereinrichtungen mit einer gemeinsamen Governance
  • ein Synthesezentrum für Metaanalysen und Datensynthese einrichten
  • Politikberatung ressortübergreifend zu organisieren und an die Transformationsanforderungen anpassen.
  • Agrar
  • Berlin
  • Ernährung
  • Forschung
  • Forschungspolitik
  • Politikberatung, quo vadis?
  • Umwelt
  • Wissenschaftskommunikation
  • Wissenschaftsrat
Translation missing.

Interview

Arne Semsrott: “Das kann Wochen oder Monate dauern, wenn das Ministerium weiter mauert”

Arne Semsrott, Leiter von FragDenStaat
Arne Semsrott, Leiter von FragDenStaat: “Korrespondenz in Chatgruppen muss auf jeden Fall dokumentiert werden”.

Spätestens seit dem 24. Juni kennt jeder in der Wissenschaftscommunity die Plattform “FragDenStaat“. An diesem Tag hat die gemeinnützige Initiative mittels einer Anfrage per Informationsfreiheitsgesetz (IFG) die interne Korrespondenz der BMBF-Hausspitze zur Fördermittel-Affäre des Bundesforschungsministeriums veröffentlicht. Zunächst war der Vorgang damit für Projektleiter Arne Semsrott abgeschlossen. Dann aber legte “FragDenStaat” eine Klage beim Verwaltungsgericht Köln gegen das BMBF ein – per Eilantrag.

Herr Semsrott, Sie haben kurz nach Veröffentlichung der BMBF-Korrespondenz zum umstrittenen Fördermittel-Check ein Eilverfahren gegen das Ministerium angestrengt. Warum haben Sie das getan?

Bisher haben wir das BMBF immer als vorbildlich genannt, wenn wir über unsere Arbeit berichtet haben. Doch der Fall um die Fördermittel-Affäre hat eine gänzlich andere Qualität, hier arbeitet das Ministerium nicht transparent, sondern politisch. Sie haben erst den gesetzten Termin zur Abgabe der Daten an uns verschoben, dann wurden uns offenbar nicht alle Unterlagen zum Sachverhalt übermittelt.

Was fehlte?

Die internen Akten, die wir vorvergangene Woche veröffentlicht haben, legen nahe, dass Bettina Stark-Watzinger von dem Auftrag, die unterzeichnenden Hochschullehrenden zu prüfen, – was einen möglichen Eingriff in die Wissenschaftsfreiheit darstellen könnte – früh gewusst hat. Vielleicht hat sie diesen sogar beauftragt. Das Ministerium bestreitet dies. In den Akten, die wir erhalten haben, ist der Name der Ministerin nicht direkt zu lesen. Inzwischen haben wir erfahren, woran das liegen könnte: Die Leitungsebene des Ministeriums kommuniziert offenbar über den privaten Chatdienst Wire. Der Inhalt hier geführter Chats wurden aber nicht an uns übermittelt.

Und das BMBF hätte den Inhalt der Wire-Chats an FragDenStaat schicken müssen?

Ja, alles, was zu dem angefragten Vorgang gehört, muss mitgeschickt werden. Wir wissen nicht, warum dies nicht passiert ist. Damit aber die Nachrichten nicht gelöscht werden, haben wir am 28. Juni Eilantrag beim Kölner Verwaltungsgericht eingereicht. Das Gericht hat dann direkt einen sogenannten Hängebeschluss erlassen: Das BMBF darf die Wire-Nachrichten mindestens bis zum Abschluss des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens nicht löschen. Begründung für den Hängebeschluss: Das Gericht sieht die Gefahr, dass Nachrichten ansonsten vor einer gerichtlichen Entscheidung unwiderruflich gelöscht werden.

Was sagt das BMBF selbst zur Nutzung von Wire?

Das Ministerium erklärte uns, es gebe keine interne Anweisung der Bundesministerin, Wire zu nutzen. Die Antragserwiderung des Ministeriums im Eilverfahren zeigt, dass es offenbar Chats der Leitungsebene gibt.

Behörden sind verpflichtet, ihre Entscheidungen schriftlich festzuhalten

Darf ein Ministerium denn dienstliche Anfragen und Informationen per Messenager-Dienst überhaupt austauschen?

Eine Korrespondenz in Chatgruppen muss auf jeden Fall dokumentiert werden. Sollte das Forschungsministerium dort kommunizieren, muss die Kommunikation also zumindest veraktet werden. Werden Gespräche absichtlich auf einen Chatdienst wie Wire verlegt, um genau dies nicht tun zu müssen, wäre dies eine eklatante Missachtung gesetzlicher Transparenzpflichten und Veraktungsvorschriften. Oder anders formuliert: Behörden sind verpflichtet, ihre Entscheidungen schriftlich festzuhalten. Damit ermöglichen sie der Öffentlichkeit eine demokratische Kontrolle. Eine Ministerin, die dies umgehen will, entzieht sich ihrer Verantwortung.

Wie geht es nun weiter?

Das Verwaltungsgericht wird im Eilverfahren schnell eine Entscheidung zur Sicherung der Nachrichten treffen. Danach geht es um die Herausgabe der Chat-Nachrichten. Das kann womöglich Wochen oder sogar Monate dauern, wenn das Ministerium weiter mauert. Aber wir bleiben dran – die Fördermittel-Affäre muss aufgeklärt werden.

Der Journalist und Politikwissenschaftler Arne Semsrott leitet seit 2014 das Projekt FragDenStaat bei der Open Knowledge Foundation Deutschland. Bereits zweimal erhielt er dafür den Otto-Brenner-Preis in der Kategorie Medienprojekt. Semsrott ist Mitinitiator der Initiative OpenSCHUFA und seit 2018 im Vorstand von LobbyControl.

  • Bettina Stark-Watzinger
  • BMBF
  • Fördergeld-Affäre
Translation missing.

Termine

24. September 2024, 10:30 bis 16:15 Uhr, Haus der Commerzbank, Pariser Platz 1, 10117 Berlin
Forum Hochschulräte Starke Marken, klarer Kern: Strategische Schwerpunktsetzung und Markenbildung bei Hochschulen Mehr

25. September 2024, Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt (KU)
Jahreskolloquium des Bayerischen Wissenschaftsforums Transformationskompetenz in Wissenschaft und Hochschule Mehr

26. September 2024, 12:00 bis 13:00 Uhr, Webinar
CHE talk feat. DAAD KIWi Connect Transfer und Internationalisierung – Warum ist es sinnvoll, beides gemeinsam zu denken und was braucht es hierzu? Mehr

26. bis 27. September 2024, Leopoldina, Jägerberg 1, 06108 Halle (Saale) und Online
Jahresversammlung 2024 der Leopoldina Ursprung und Beginn des Lebens Mehr

23. bis 25. Oktober 2024 am ETH AI Center in Zürich, Schweiz
Jahrestagung der Gesellschaft für Medien in der Wissenschaft (GMW) und CampusSource Agilität und KI in Hochschulen Mehr

News

DAAD-Förderranking: Warum die TUs München und Berlin seit Jahren an der Spitze sind

Die Förderbilanzen des DAAD zeigen jährlich, welche Fördersummen an DAAD-Mitgliedshochschulen gingen und wie viele DAAD-Stipendiatinnen und -Stipendiaten an den Hochschulen gefördert wurden. An der Spitze des aktuellen Förderrankings des DAAD für 2023 stehen die üblichen Verdächtigen: Mit der TU München (15 Millionen Euro) und der TU Berlin (elf Millionen Euro) sind zwei Hochschulen auf den ersten beiden Plätzen, die seit rund zehn Jahren zu den Top 10 der Bezieher gehören und die seit 2021 die ersten beiden Plätze quasi abonniert haben.

“Das ist einerseits erwartbar, weil es sich mit Berlin und München um attraktive Städte handelt und um zwei forschungsstarke und internationale Unis. Andererseits gibt es auch in anderen Bundesländern sehr erfolgreiche Hochschulen, bei denen die Themen Internationalisierung und Drittmitteileinwerbung ebenfalls gut verankert sind“, sagt DAAD-Sprecher Michael Flacke auf Anfrage von Table.Briefings. Eine qualitative Bewertung der Hochschullandschaft wolle der DAAD mit Blick auf die Mitgliedshochschulen nicht vornehmen.

Musik- und Kunsthochschulen international attraktiv

Aufsteiger des Jahres – zumindest im vorderen Bereich – ist die TU Dresden, die in drei Vorjahreszeiträumen zweimal aus den Top 10 gefallen war und sich diesmal mit elf Millionen Euro Fördermitteln den zweiten Platz mit der TU Berlin teilt. “Die DAAD-Mitgliedshochschulen in Berlin, Bayern, Nordrhein-Westfalen und Sachsen zählten im Jahr 2023 zu den Spitzenreitern bei der Gesamtsumme der DAAD-Förderung”, sagt Flacke. Aus NRW kommen die Universitäten aus Bonn und Köln, sowie die RWTH Aachen in die Top 10. Die TU München stellt auch die größte Anzahl an Stipendiatinnen und Stipendiaten des DAAD (690), gefolgt wiederum von Berliner Hochschulen: der Freien Universität (448) und der Humboldt-Universität (397).

Bemerkenswert auch: Sobald man die Quoten beziehungsweise die Auswertungen nach Hochschulgröße miteinbezieht, zeigt sich in den Bilanzen erneut die starke internationale Ausrichtung der deutschen Kunst- und Musikhochschulen. Die erfolgreichsten Mitgliedshochschulen beim Einwerben von DAAD-Mitteln in Bezug auf ihre Größe sind die Hochschule Schmalkalden, die Hochschule Karlsruhe und die Hochschule Magdeburg-Stendal. tg

  • DAAD
  • Forschungsförderung
  • Hochschulen
  • Universitäten

State of the Science Adress: Vormachtstellung der USA steht infrage

In ihrer ersten “State of the Science”-Ansprache forderte die Präsidentin der National Academy of Sciences (NAS), Marcia McNutt, verschiedene Maßnahmen, um die Führungsposition der USA in der Wissenschaft zu stärken. Angesichts der wachsenden Konkurrenz aus China müssten die USA ihre Forschungs- und Entwicklungsmodelle anpassen, um weltweit führend zu bleiben.

Modernisierung der MINT-Ausbildung gefordert

Während die USA absolut immer noch das meiste Geld in Forschung und Entwicklung investieren, seien Chinas anteilige Investitionen in Forschung und Entwicklung doppelt so hoch wie die der USA. Diese Investitionen führen beispielsweise zu mehr Forschungsergebnissen, sagte McNutt. Ein zentrales Anliegen sei die Verbesserung der naturwissenschaftlichen Bildung. Die NAS-Präsidentin hob hervor, dass der Unterricht oft als reine Faktenvermittlung statt als fortlaufender Lernprozess gestaltet sei. 

Weitere Forderungen McNutts waren:

  • Bürokratieabbau: Abbau bürokratischer Hürden für ausländische Studierende und Absolventen, die im Land bleiben und arbeiten wollen. 
  • Entwicklung einer nationalen Forschungsstrategie in Zusammenarbeit mit der Industrie und dem gemeinnützigen Sektor.
  • Förderung der Partnerschaften zwischen Universitäten und Wirtschaft: Die Regeln für die Zusammenarbeit zwischen Universitäten und der Industrie sollten modernisiert werden, wobei auf mögliche Interessenkonflikte zu achten sei, die das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Wissenschaft untergraben könnten.
  • Internationale Partnerschaften stärken: Die USA sollten ihre Partnerschaften mit anderen Ländern stärken, gut kommunizierte Richtlinien für die Zusammenarbeit entwickeln und Verfahren zur Bewertung des Erfolgs dieser Kooperationen einführen.
  • Vertrauen in die Wissenschaft stärken: Wissenschaftler sollten zeigen, dass ihre Forschung glaubwürdig, vernünftig, unvoreingenommen, selbstkorrigierend und nützlich ist – alles Eigenschaften, die mit der öffentlichen Unterstützung für die Wissenschaft korrelierten. mw
  • China
  • Forschungspolitik
  • USA

Gentechnikrecht: DFG-Senatskommission fordert Entbürokratisierung bei der Umsetzung

Aus Sicht der Ständigen Senatskommission für Grundsatzfragen der Genforschung der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) droht die Forschung, Entwicklung und Anwendung in Deutschland im Bereich gentechnischer Verfahren bereits in naher Zukunft international zurückzufallen. Das deutsche Gentechnikrecht aus dem Jahr 1990 bedürfe langfristig einer grundlegenden Überarbeitung. 

Aber auch kurzfristig lässt sich aus Sicht der Kommission etwas tun. Sie hat Empfehlungen erarbeitet, um den bürokratischen Aufwand in gentechnischen Anlagen, zumindest auf der niedrigsten von vier Sicherheitsstufen (S1), abzubauen. Angestrebt wird ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Sicherheitsanforderungen und wissenschaftsförderlichen rechtlichen Rahmenbedingungen.

Vier Maßnahmen zur Vereinheitlichung des Gentechnikrechts

Von den Anlagen der Sicherheitsstufe S1 sei weder ein Risiko für die menschliche Gesundheit noch für die Umwelt zu erwarten, heißt es in dem Papier. “In mehr als 30 Jahren haben wir in Wissenschaft und Verwaltung Erfahrungen mit einem durchgehend sicheren Betrieb gentechnischer S1-Anlagen und der sicheren Durchführung gentechnischer S1-Arbeiten gesammelt”, sagt der Vorsitzende der Senatskommission und DFG-Vizepräsident Axel Brakhage.

Um diese vier Maßnahmen geht es:

  • Aufzeichnungspflichten für S1-Experimente reduzieren und digitalisieren
  • Mitteilungspflichten für Änderungen an sogenannten S1-relevanten Geräten begrenzen
  • die deutschen Regelungen zur Abwasser- und Abfallbehandlung an die europäischen Standards der Sicherheitsstufe S1 anpassen
  • Anforderungen an den Sachkundenachweis für Projektleiter und Beauftragte für Biologische Sicherheit bei S1-Arbeiten reduzieren. abg
  • DFG
  • Forschung
  • Forschungspolitik
  • Medizin

Standpunkt

Labours Landslide – was aus den UK-Wahlen für die deutsche Wissenschaft folgt

Von Yannick Bauer und Jan Wöpking
Yannick Bauer ist Leiter Politik bei German U15, Jan Wöpking Geschäftsführer des Hochschulverbunds.

Nach Jahren erratischer bis chaotischer Politik hat Großbritannien mit Keir Starmer einen neuen Premier, der Seriosität und Bodenständigkeit als Markenkern hat. Starmer kann sich zudem auf eine überwältigende Parlamentsmehrheit stützen: Labour hat mit einem Drittel der Stimmen fast zwei Drittel der Mandate errungen, dem britischem Mehrheitswahlrecht sei Dank.

Was folgt aus Labours Erdrutschsieg für die Wissenschaft? Unsere fünf Takeaways:

  • Neue Seriosität. Neuer Wissenschaftsminister wird Peter Kyle, der als deutlich wissenschaftsfreundlicher als seine Vorgängerin gilt. Geradezu Begeisterung in der Community hat die Berufung von Sir Patrick Vallance zum Staatssekretär ausgelöst: Vallance ist renommierter Mediziner, Professor am University College London, war Manager in der Pharmaindustrie und Chief Scientific Advisor früherer Regierungen. Er verbindet also akademische Meriten, Unternehmertum und politische Versiertheit. Eine spannende Entscheidung mit hohem Potenzial.

Britische Hochschulen betreiben selbstverständlich Verteidigungsforschung

  • Wiederannäherung an Deutschland und Europa. Die erste Amtsreise des neuen Außenministers, David Lammy, ging nach Deutschland, wo er einen Kurswechsel verkündete: “It’s time to reset Britain’s relations with Europe.” Zwar gilt: Eine Rückkehr in die EU schließt Keir Starmer kategorisch aus, ebenso den Wiedereinstieg in Erasmus. Trotzdem wird Großbritannien wohl wieder enger an Europa und besonders Deutschland heranrücken. Das bedeutet auch Chancen für mehr wissenschaftliche Kooperation. Labour war klar für die Assoziierung zu Horizon Europe und wird voraussichtlich auch beim nächsten EU-Forschungsrahmenprogramm partizipieren wollen. Und selbst beim Reizthema Mobilität tut sich was: Die neue Regierung will Einreisebedingungen verbessern und mehr zur (Rück-)Gewinnung europäischer Studierender tun.
  • Im Visier: Sicherheit. Die neue Regierung will insbesondere beim Thema Sicherheit mit der EU kooperieren. Dazu will man einen Pakt auflegen, der die Bereiche Klimaschutz, Cybersecurity, Energieversorgung, aber insbesondere auch die militärische Kooperation umfasst. Das hat auch Implikationen für die Wissenschaft, Stichwort: Verteidigungsforschung. Britische Universitäten betreiben diese im Gegensatz zu deutschen mit Selbstverständlichkeit. Im Vorfeld der Wahl gab es Gerüchte, dass Labour eine “Verteidigungsallianz der Universitäten” anstrebt, die die Universitäten mit den Streitkräften verbinden und die militärische Forschung koordinieren soll. In jedem Fall ist davon auszugehen, dass die neue Regierung die Verteidigungsforschung deutlich ausweiten wird.
  • Ein Ende des “war on universities”. Die Tories standen der Wissenschaft teilweise offen feindselig gegenüber, warfen Universitäten Cancel Culture und “Micky-Maus-Abschlüsse” vor. Der neue Wissenschaftsminister versprach, diesen “Krieg gegen die Universitäten” zu beenden. Für Labour ist Wissenschaft mehr Teil der Lösung, weniger das Problem. Ein Beispiel ist eine große Lehrkräfteoffensive – finanziert durch die Beendigung von Steuervorteilen für Privatschulen -, die Universitäten als zentrale Akteure für die Stärkung der Bildung adressiert.

Entscheidung könnte viele Verbesserungen für die Hochschulen bedeuten

  • Universitätsfinanzierung: Zwischen Pleitewelle und 10-Jahres-Zyklen. Viele britische Universitäten sind in existenzieller Finanznot. Labour weiß darum: Eine universitäre Pleitewelle wurde intern als potenzielles Super-GAU Thema identifiziert. Doch die Staatskassen sind leer und Labour hat bereits angekündigt, die Staatsausgaben zurückzufahren. Für die Universitäten werden kaum Aufwüchse erwartet, trotz ihres strukturellen Budgetdefizits, das vor allem aus der übergroßen Abhängigkeit von den tuition fees internationaler Studierender entstanden ist. Kein frisches Geld also, aber dafür immerhin mehr Planungssicherheit. Labour möchte die zuletzt kurzfristigen Finanzierungszyklen für Forschung und Entwicklung auf zehn Jahre ausweiten – das klingt für deutsche Ohren vertraut, am Ende stand hier vielleicht der Pakt für Forschung und Innovation Pate.

Insgesamt also gilt: Gerade für die deutsche und europäische Wissenschaft könnte die veränderte Situation in Großbritannien signifikante Vorteile bringen. Ein europafreundlicheres Klima, ein partnerschaftliches Verhältnis zwischen Universitäten und Regierung sowie Verbesserungen bei der Mobilität von Studierenden und Forschenden lassen hoffen, dass Deutschland mit seinem stärksten europäischen Wissenschaftspartner zukünftig wieder enger und mit weniger Hindernissen wird kooperieren können.

Yannick Bauer ist Leiter Politik bei der German U15, Jan Wöpking, ist Geschäftsführer des Zusammenschlusses von fünfzehn forschungsstarken und traditionsreichen Universitäten. German U15 und die britische Russell Group verbindet seit Jahren eine enge und vertrauensvolle strategische Partnerschaft. Trotz Brexit und Erasmus-Aus der Briten haben beide Verbünde ihre Kooperation in den letzten Jahren weiter ausgebaut und sich gemeinsam intensiv für die Assoziierung Großbritanniens zu Horizon Europe eingesetzt.

  • Europa
  • Großbritannien
  • Hochschulen
  • Horizon Europe
  • Wissenschaft

Heads

Kerstin Göpfrich erhält den Alfried Krupp-Förderpreis 2024. Die Professorin am Zentrum für Molekulare Biologie der Universität Heidelberg wird für ihre Arbeiten auf dem Gebiet der synthetischen Biologie ausgezeichnet. Die mit 1 Million Euro dotierte Auszeichnung vergibt die Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftung an junge Wissenschaftler, die ihre erste Professur in den Natur- und Ingenieurwissenschaften innehaben.

Aiden Haghikia ist neuer Direktor der Klinik für Neurologie mit Klinischer Neurophysiologie der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH). Der Neurologe war zuvor als Direktor der Klinik für Neurologie am Universitätsklinikum Magdeburg tätig.

Mike Josef, Frankfurter Oberbürgermeister, hat den Vorsitz des Stiftungskuratoriums der Goethe-Universität Frankfurt am Main übernommen.

Hans Jürgen Prömel leitet vorübergehend die Hochschule für Musik, Theater und Medien Hannover. Das Niedersächsische Ministerium für Wissenschaft und Kultur hat ihn als Beauftragten des Ministeriums (“Staatskommissar”) ernannt. Prömel war von 2007 bis 2019 Präsident der TU Darmstadt. Von 2021 bis März 2024 war er Gründungspräsident der TU Nürnberg.

Esther Seng wird neue Generalsekretärin des Wissenschaftsrats. Sie folgt Ende November auf Thomas May. Seng leitet seit 2019 das Referat für Grundsatzfragen, Digitalisierung und Transfer der Hochschul- und Wissenschaftsabteilung des BMBF. Zuvor war sie seit 2003 in verschiedenen Positionen im BMBF tätig, unter anderem als Leiterin des Justiziariats. Vor ihrem Wechsel zum BMBF arbeitete die Volljuristin für eine Nichtregierungsorganisation in den USA.

Ändert sich etwas in Ihrer Organisation? Schicken Sie doch einen Hinweis für unsere Personal-Rubrik an research@table.media!

Best of Table

Bildung.Table. Haushalt 2025: Wie es mit dem Digitalpakt weitergeht. Der beigelegte Haushaltsstreit bringt noch nicht das große Aufatmen in puncto Digitalpakt. Im Gegenteil: Die Debatte hat noch einmal richtig Fahrt aufgenommen. Das hat auch die Bundesratssitzung gezeigt. Mehr

China.Table. Neue Verordnung: Wie China generative KI besser regulieren will. China will generative KI regulieren und gleichzeitig Innovation und technologischen Fortschritt fördern. Ein neuer Verordnungsentwurf sieht unter anderem Sicherheitsvorschriften für Anbieter generativer KI-Dienste vor. Mehr

Europe.Table. Wahl in Frankreich: Warum auf die Überraschung die Ungewissheit folgt. Völlig unerwartet geht die Linkskoalition aus der zweiten Runde der Parlamentswahlen in Frankreich als Siegerin hervor. Doch die absolute Mehrheit erreicht sie nicht. So bleibt vorerst offen, wer künftig die Regierung stellen wird. Mehr

Climate.Table. So baut die neue Regierung die Klimapolitik ab. Die neue Mitte-Rechts-Regierung in Neuseeland dreht die Klimapolitik ihrer Vorgängerin zurück: Erst wurde das Budget für Klimaschutz gestrichen. Jetzt soll die Suche nach Gas und Öl wieder leichter werden und die Landwirtschaft wird von Klima-Auflagen befreit. Mehr

Dessert

Exoplanet HD 189733 b in einer künstlerischen Darstellung
Auf Exoplanet HD 189733b ist es 900 Grad heißt, es gibt Orkane aus Glaspartikeln und stinkt nach faulen Eiern.

Kleine Warnung vorweg: Zum Nachtisch wird es heute olfaktorisch leider ein bisschen unangenehm. Unser Riecher für kuriose Forschungsnews führt uns in die Weiten des Universums und zu der neuesten Erkenntnis: Auf dem 64 Lichtjahre entfernten Planeten HD 189733b stinkt es gewaltig – und zwar nach verfaulten Eiern.

Über diesen Odeur im All berichten Forscher der Johns Hopkins University im Fachmagazin Nature. Aus Beobachtungen mit dem Weltraumteleskop James Webb schließen sie auf einen hohen Anteil an Schwefelwasserstoff in der Atmosphäre des heißen jupitergroßen Planeten. Das ist einerseits zum Nase zuhalten. Andererseits durchaus zu begrüßen. Denn nun wissen die Astrophysiker, dass Schwefelwasserstoff auch außerhalb des Sonnensystems vorkommt. Und Schwefel ist ein lebenswichtiges Element für den Aufbau komplexerer Moleküle, wie Kohlenstoff, Stickstoff, Sauerstoff und Phosphat.

Solange sich kosmischer Stinkbomben-Geruch per Weltraumteleskop feststellen lässt, ist das aus unserer Sicht vollkommen okay. Von Forschungsreisen in andere Sonnensysteme sehen wir vom Research.Table aber bis auf Weiteres ab und bleiben auf der Erde. Nicht auszudenken, was für außerirdische Gerüche es da draußen sonst noch so geben könnte. Anne Brüning

 

  • Forschung

Research.Table Redaktion

RESEARCH.TABLE REDAKTION

Licenses:
    Liebe Leserin, lieber Leser,

    es klang vielleicht zunächst erstaunlich, als wir Ende der vergangenen Woche schrieben, dass die Fördermittel-Affäre für Bettina Stark-Watzinger noch nicht ausgestanden sei. Ist sie aber tatsächlich nicht. Gleich zwei juristische Verfahren laufen gegen das BMBF. Mit dem einen will die entlassene Staatssekretärin Sabine Döring erreichen, sich in der Fördergeld-Affäre öffentlich äußern zu können. Gegen die vom Ministerium auferlegte Verschwiegenheitspflicht hat sie ein Eilverfahren angestrengt.

    Das zweite Verfahren kommt von FragDenStaat. Die Aktivisten hatten festgestellt, dass das BMBF dem Portal für Informationsfreiheit womöglich Informationen vorenthalten hat – nämlich den Inhalt interner Chats per Blogging-Dienst Wire. Weshalb FragDenStaat daraufhin ebenfalls juristisch vorgeht, hat uns Projektleiter Arne Semsrott im Interview berichtet.

    Während es in dieser Sache noch dauern kann, bis das Verwaltungsgericht Köln eine Entscheidung fällt, könnte es bei Sabine Döring deutlich schneller gehen: “Mit einer Entscheidung ist in den nächsten Wochen zu rechnen”, sagte uns ein Sprecher des Berliner Verwaltungsgerichts.

    Und dann ist da noch der Brief von Thomas Jarzombek für die CDU. Weil der entlassenen Staatssekretärin öffentliche Äußerungen zu dem Thema untersagt sind, verlangt die Unions-Bundestagsfraktion per Brief an Mario Brandenburg eine persönliche Stellungnahme Dörings für den Bundestags-Forschungsausschuss. “Die Perspektive von Frau Prof. Dr. Sabine Döring kann einen maßgeblichen Beitrag zur vollständigen Aufarbeitung der im Raume stehenden Vorwürfe und der weiterhin offenen Fragen leisten”, schreibt Jarzombek. Diese Stellungnahme soll bis zum 17. Juli vorliegen.

    Bleibt abzuwarten, was als Erstes eintrifft. Vielleicht kommt Bettina Stark-Watzinger ja auch allem zuvor.

    Ich wünsche Ihnen eine aufschlussreiche Lektüre,

    Ihre
    Nicola Kuhrt
    Bild von Nicola  Kuhrt

    Analyse

    Stiftung Preußischer Kulturbesitz: Warum sich der Wissenschaftsrat mehr Autonomie für Berliner Museen wünscht

    Marion Ackermann, Generaldirektorin der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden und zukünftige SPK-Präsidentin, steht zusammen mit ihrem Amtsvorgänger, Hermann Parzinger, Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, nach der Pressekonferenz zur Neubesetzung der Präsidentschaft der Stiftung Preußischer Kulturbesitz (SPK) in der Staatsbibliothek. Der bisherige SPK-Präsident Parzinger wird Ende Mai 2025 in den Ruhestand gehen.
    Amtsübergabe Ende Mai 2025: Hermann Parzinger geht in den Ruhestand, Marion Ackermann wird neue Präsidentin der Stiftung Preußischer Kulturbesitz (SPK).

    Deutschlands größte und wichtigste Kultureinrichtung bekommt eine neue Spitze: Die Stiftung Preußischer Kulturbesitz (SPK) wird künftig von Marion Ackermann geleitet. Das entschied der Stiftungsrat der SPK unter dem Vorsitz von Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) am Montag. Die bisherige Generaldirektorin der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden folgt auf den seit 2008 amtierenden SPK-Präsidenten Hermann Parzinger, der altersbedingt im nächsten Jahr aufhört.

    Zur Pflichtlektüre bis zum Amtsantritt dürfte für Marion Ackermann die neuerliche Stellungnahme des Wissenschaftsrats (WR) zur SPK gehören, die ebenfalls am Montag vorgestellt wurde. Es ist eine Art Zeugnis, in dem das Gremium den eingeleiteten Reformprozess der Stiftung bewertet, und es fällt nicht sonderlich gut aus.

    SPK-Dachstruktur bleibt – entgegen den Empfehlungen des WR

    Hauptkritikpunkt ist, dass die Stiftung die vom WR empfohlene Auflösung der Dachstruktur nicht umgesetzt hat. Diese “Zerschlagung” und organisatorische Verselbständigung der Einrichtungen war der Kern der im Jahr 2020 verabschiedeten Strukturempfehlungen. Zur SPK gehören neben der Staatsbibliothek Berlin und Instituten wie dem Ibero-Amerikanischen Institut auch die Staatlichen Museen zu Berlin – mit 15 Sammlungen und 4,7 Millionen Objekten an 19 Standorten.

    Die Auflösung der Dachstruktur sollte helfen, das große Potenzial der einzelnen Einrichtungen und ihrer Sammlungen und Bestände besser auszuschöpfen. Autonomie in Form von Budget- und Personalverantwortung lautete die Empfehlung. Gefolgt ist die Stiftung der Empfehlung jedoch nicht.

    “Der Wissenschaftsrat nimmt zur Kenntnis, dass von einer Verselbständigung der Einrichtungen abgesehen wurde und stattdessen die Strukturen innerhalb des Stiftungsverbunds reformiert werden sollen”, sagte Marina Münkler, Vorsitzende der WR-Arbeitsgruppe “Stiftung Preußischer Kulturbesitz” und Professorin an der Technischen Universität Dresden. Von dieser Entscheidung unberührt blieben jedoch die Ziele einer Reform. Man sei nach wie vor davon überzeugt, dass der größte Wert der SPK in den einzelnen Einrichtungen liegt. Die Arbeitsgruppe sei bereit, die Reform weiterhin zu begleiten. Passend dazu kündigte Marion Ackermann an, den “Reformprozess zu vollenden und die Stiftung international erstrahlen zu lassen”.

    Die aktuellen Empfehlungen für die SPK

    • Die Autonomie der Einrichtungen vor allem in Personal- und Budgetfragen ist zu stärken und Hierarchieebenen konsequent auf den Prüfstand zu stellen.
    • Die Sammlungen müssen für die nationale wie internationale Öffentlichkeit erhalten bleiben, zugänglich gemacht und forschend erschlossen werden. Insbesondere die Staatlichen Museen benötigten mehr Autonomie.
    • Als Bund-Länder-Einrichtung sollte die SPK noch stärker als Impulsgeber für bundesweite Debatten zur Bedeutung, Funktion und Zukunft von Museen, Bibliotheken und Archiven in Erscheinung treten.
    • Wichtig: eine nachhaltige Bund-Länder-Finanzierungsstruktur für die Stiftungseinrichtungen. Insbesondere in den Museen sind zusätzliche Investitionen erforderlich. Es gehe darum, der internationalen Bedeutung zu genügen.

    Was die Evaluation des Umweltbundesamtes ergab

    Eine ausgesprochen positive Entwicklung bescheinigt der WR dem Umweltbundesamt (Uba). Für seine Forschungsleistungen genieße das Uba einen national wie international sehr guten Ruf, heißt es in der am Montag veröffentlichten Stellungnahme. Es verfüge über eine hervorragende Forschungsinfrastruktur und werbe in großem Umfang Drittelmittel ein. Die Beratungsleistungen des Uba sind gut strukturiert und von großer Bedeutung für Gesetzgebung und Regulierung. Die Politikberatung und Wissenschaftskommunikation des Uba greifen gut ineinander.

    In puncto Forschung sieht der WR jedoch Nachbesserungsbedarf und empfiehlt:

    • mehr aus dem großen wissenschaftlichen Potenzial zu machen und sich hierbei von einem wissenschaftlichen Beirat unterstützen zu lassen
    • mehr wissenschaftliche Veröffentlichungen in hochrangigen Journalen anzustreben, dazu müsse eine Publikationsstrategie entwickelt werden
    • die Zusammenarbeit mit nationalen und internationalen Forschungseinrichtungen sowie Hochschulen zu intensivieren, ebenso die Kooperation mit anderen Ressortforschungseinrichtungen.
    • Investitionsbedarf sieht der WR bei der IT-Infrastruktur, die für ein verbessertes Datenmanagement nötig wäre.

    Neuorientierung der Agrar-, Lebensmittel- und Ernährungswissenschaften

    Auf Bitte des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft hat sich der Wissenschaftsrat darüber hinaus mit der Situation der Agrar-, Lebensmittel- und Ernährungswissenschaften, kurz ALE, befasst. Das mehr als 200 Seiten umfassende Papier der Arbeitsgruppe um Anja-Katrin Boßerhoff, Professorin an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, empfiehlt eine Neuorientierung. Es gehe darum, besser zum Agrar- und Ernährungswandel beizutragen.

    Diese Maßnahmen empfiehlt der WR für den ALE-Bereich:

    • mehr interdisziplinäre Zusammenarbeit und Austausch miteinander sowie mit angrenzenden Disziplinen, etwa mit den Umwelt-, Wirtschafts- und Sozialwissenschaften. Deutliche Stärkung der transdisziplinären Forschung, etwa in Reallaboren
    • mehrere Food Systems Research Hubs schaffen – als längerfristige Zusammenschlüsse starker Partnereinrichtungen mit einer gemeinsamen Governance
    • ein Synthesezentrum für Metaanalysen und Datensynthese einrichten
    • Politikberatung ressortübergreifend zu organisieren und an die Transformationsanforderungen anpassen.
    • Agrar
    • Berlin
    • Ernährung
    • Forschung
    • Forschungspolitik
    • Politikberatung, quo vadis?
    • Umwelt
    • Wissenschaftskommunikation
    • Wissenschaftsrat
    Translation missing.

    Interview

    Arne Semsrott: “Das kann Wochen oder Monate dauern, wenn das Ministerium weiter mauert”

    Arne Semsrott, Leiter von FragDenStaat
    Arne Semsrott, Leiter von FragDenStaat: “Korrespondenz in Chatgruppen muss auf jeden Fall dokumentiert werden”.

    Spätestens seit dem 24. Juni kennt jeder in der Wissenschaftscommunity die Plattform “FragDenStaat“. An diesem Tag hat die gemeinnützige Initiative mittels einer Anfrage per Informationsfreiheitsgesetz (IFG) die interne Korrespondenz der BMBF-Hausspitze zur Fördermittel-Affäre des Bundesforschungsministeriums veröffentlicht. Zunächst war der Vorgang damit für Projektleiter Arne Semsrott abgeschlossen. Dann aber legte “FragDenStaat” eine Klage beim Verwaltungsgericht Köln gegen das BMBF ein – per Eilantrag.

    Herr Semsrott, Sie haben kurz nach Veröffentlichung der BMBF-Korrespondenz zum umstrittenen Fördermittel-Check ein Eilverfahren gegen das Ministerium angestrengt. Warum haben Sie das getan?

    Bisher haben wir das BMBF immer als vorbildlich genannt, wenn wir über unsere Arbeit berichtet haben. Doch der Fall um die Fördermittel-Affäre hat eine gänzlich andere Qualität, hier arbeitet das Ministerium nicht transparent, sondern politisch. Sie haben erst den gesetzten Termin zur Abgabe der Daten an uns verschoben, dann wurden uns offenbar nicht alle Unterlagen zum Sachverhalt übermittelt.

    Was fehlte?

    Die internen Akten, die wir vorvergangene Woche veröffentlicht haben, legen nahe, dass Bettina Stark-Watzinger von dem Auftrag, die unterzeichnenden Hochschullehrenden zu prüfen, – was einen möglichen Eingriff in die Wissenschaftsfreiheit darstellen könnte – früh gewusst hat. Vielleicht hat sie diesen sogar beauftragt. Das Ministerium bestreitet dies. In den Akten, die wir erhalten haben, ist der Name der Ministerin nicht direkt zu lesen. Inzwischen haben wir erfahren, woran das liegen könnte: Die Leitungsebene des Ministeriums kommuniziert offenbar über den privaten Chatdienst Wire. Der Inhalt hier geführter Chats wurden aber nicht an uns übermittelt.

    Und das BMBF hätte den Inhalt der Wire-Chats an FragDenStaat schicken müssen?

    Ja, alles, was zu dem angefragten Vorgang gehört, muss mitgeschickt werden. Wir wissen nicht, warum dies nicht passiert ist. Damit aber die Nachrichten nicht gelöscht werden, haben wir am 28. Juni Eilantrag beim Kölner Verwaltungsgericht eingereicht. Das Gericht hat dann direkt einen sogenannten Hängebeschluss erlassen: Das BMBF darf die Wire-Nachrichten mindestens bis zum Abschluss des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens nicht löschen. Begründung für den Hängebeschluss: Das Gericht sieht die Gefahr, dass Nachrichten ansonsten vor einer gerichtlichen Entscheidung unwiderruflich gelöscht werden.

    Was sagt das BMBF selbst zur Nutzung von Wire?

    Das Ministerium erklärte uns, es gebe keine interne Anweisung der Bundesministerin, Wire zu nutzen. Die Antragserwiderung des Ministeriums im Eilverfahren zeigt, dass es offenbar Chats der Leitungsebene gibt.

    Behörden sind verpflichtet, ihre Entscheidungen schriftlich festzuhalten

    Darf ein Ministerium denn dienstliche Anfragen und Informationen per Messenager-Dienst überhaupt austauschen?

    Eine Korrespondenz in Chatgruppen muss auf jeden Fall dokumentiert werden. Sollte das Forschungsministerium dort kommunizieren, muss die Kommunikation also zumindest veraktet werden. Werden Gespräche absichtlich auf einen Chatdienst wie Wire verlegt, um genau dies nicht tun zu müssen, wäre dies eine eklatante Missachtung gesetzlicher Transparenzpflichten und Veraktungsvorschriften. Oder anders formuliert: Behörden sind verpflichtet, ihre Entscheidungen schriftlich festzuhalten. Damit ermöglichen sie der Öffentlichkeit eine demokratische Kontrolle. Eine Ministerin, die dies umgehen will, entzieht sich ihrer Verantwortung.

    Wie geht es nun weiter?

    Das Verwaltungsgericht wird im Eilverfahren schnell eine Entscheidung zur Sicherung der Nachrichten treffen. Danach geht es um die Herausgabe der Chat-Nachrichten. Das kann womöglich Wochen oder sogar Monate dauern, wenn das Ministerium weiter mauert. Aber wir bleiben dran – die Fördermittel-Affäre muss aufgeklärt werden.

    Der Journalist und Politikwissenschaftler Arne Semsrott leitet seit 2014 das Projekt FragDenStaat bei der Open Knowledge Foundation Deutschland. Bereits zweimal erhielt er dafür den Otto-Brenner-Preis in der Kategorie Medienprojekt. Semsrott ist Mitinitiator der Initiative OpenSCHUFA und seit 2018 im Vorstand von LobbyControl.

    • Bettina Stark-Watzinger
    • BMBF
    • Fördergeld-Affäre
    Translation missing.

    Termine

    24. September 2024, 10:30 bis 16:15 Uhr, Haus der Commerzbank, Pariser Platz 1, 10117 Berlin
    Forum Hochschulräte Starke Marken, klarer Kern: Strategische Schwerpunktsetzung und Markenbildung bei Hochschulen Mehr

    25. September 2024, Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt (KU)
    Jahreskolloquium des Bayerischen Wissenschaftsforums Transformationskompetenz in Wissenschaft und Hochschule Mehr

    26. September 2024, 12:00 bis 13:00 Uhr, Webinar
    CHE talk feat. DAAD KIWi Connect Transfer und Internationalisierung – Warum ist es sinnvoll, beides gemeinsam zu denken und was braucht es hierzu? Mehr

    26. bis 27. September 2024, Leopoldina, Jägerberg 1, 06108 Halle (Saale) und Online
    Jahresversammlung 2024 der Leopoldina Ursprung und Beginn des Lebens Mehr

    23. bis 25. Oktober 2024 am ETH AI Center in Zürich, Schweiz
    Jahrestagung der Gesellschaft für Medien in der Wissenschaft (GMW) und CampusSource Agilität und KI in Hochschulen Mehr

    News

    DAAD-Förderranking: Warum die TUs München und Berlin seit Jahren an der Spitze sind

    Die Förderbilanzen des DAAD zeigen jährlich, welche Fördersummen an DAAD-Mitgliedshochschulen gingen und wie viele DAAD-Stipendiatinnen und -Stipendiaten an den Hochschulen gefördert wurden. An der Spitze des aktuellen Förderrankings des DAAD für 2023 stehen die üblichen Verdächtigen: Mit der TU München (15 Millionen Euro) und der TU Berlin (elf Millionen Euro) sind zwei Hochschulen auf den ersten beiden Plätzen, die seit rund zehn Jahren zu den Top 10 der Bezieher gehören und die seit 2021 die ersten beiden Plätze quasi abonniert haben.

    “Das ist einerseits erwartbar, weil es sich mit Berlin und München um attraktive Städte handelt und um zwei forschungsstarke und internationale Unis. Andererseits gibt es auch in anderen Bundesländern sehr erfolgreiche Hochschulen, bei denen die Themen Internationalisierung und Drittmitteileinwerbung ebenfalls gut verankert sind“, sagt DAAD-Sprecher Michael Flacke auf Anfrage von Table.Briefings. Eine qualitative Bewertung der Hochschullandschaft wolle der DAAD mit Blick auf die Mitgliedshochschulen nicht vornehmen.

    Musik- und Kunsthochschulen international attraktiv

    Aufsteiger des Jahres – zumindest im vorderen Bereich – ist die TU Dresden, die in drei Vorjahreszeiträumen zweimal aus den Top 10 gefallen war und sich diesmal mit elf Millionen Euro Fördermitteln den zweiten Platz mit der TU Berlin teilt. “Die DAAD-Mitgliedshochschulen in Berlin, Bayern, Nordrhein-Westfalen und Sachsen zählten im Jahr 2023 zu den Spitzenreitern bei der Gesamtsumme der DAAD-Förderung”, sagt Flacke. Aus NRW kommen die Universitäten aus Bonn und Köln, sowie die RWTH Aachen in die Top 10. Die TU München stellt auch die größte Anzahl an Stipendiatinnen und Stipendiaten des DAAD (690), gefolgt wiederum von Berliner Hochschulen: der Freien Universität (448) und der Humboldt-Universität (397).

    Bemerkenswert auch: Sobald man die Quoten beziehungsweise die Auswertungen nach Hochschulgröße miteinbezieht, zeigt sich in den Bilanzen erneut die starke internationale Ausrichtung der deutschen Kunst- und Musikhochschulen. Die erfolgreichsten Mitgliedshochschulen beim Einwerben von DAAD-Mitteln in Bezug auf ihre Größe sind die Hochschule Schmalkalden, die Hochschule Karlsruhe und die Hochschule Magdeburg-Stendal. tg

    • DAAD
    • Forschungsförderung
    • Hochschulen
    • Universitäten

    State of the Science Adress: Vormachtstellung der USA steht infrage

    In ihrer ersten “State of the Science”-Ansprache forderte die Präsidentin der National Academy of Sciences (NAS), Marcia McNutt, verschiedene Maßnahmen, um die Führungsposition der USA in der Wissenschaft zu stärken. Angesichts der wachsenden Konkurrenz aus China müssten die USA ihre Forschungs- und Entwicklungsmodelle anpassen, um weltweit führend zu bleiben.

    Modernisierung der MINT-Ausbildung gefordert

    Während die USA absolut immer noch das meiste Geld in Forschung und Entwicklung investieren, seien Chinas anteilige Investitionen in Forschung und Entwicklung doppelt so hoch wie die der USA. Diese Investitionen führen beispielsweise zu mehr Forschungsergebnissen, sagte McNutt. Ein zentrales Anliegen sei die Verbesserung der naturwissenschaftlichen Bildung. Die NAS-Präsidentin hob hervor, dass der Unterricht oft als reine Faktenvermittlung statt als fortlaufender Lernprozess gestaltet sei. 

    Weitere Forderungen McNutts waren:

    • Bürokratieabbau: Abbau bürokratischer Hürden für ausländische Studierende und Absolventen, die im Land bleiben und arbeiten wollen. 
    • Entwicklung einer nationalen Forschungsstrategie in Zusammenarbeit mit der Industrie und dem gemeinnützigen Sektor.
    • Förderung der Partnerschaften zwischen Universitäten und Wirtschaft: Die Regeln für die Zusammenarbeit zwischen Universitäten und der Industrie sollten modernisiert werden, wobei auf mögliche Interessenkonflikte zu achten sei, die das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Wissenschaft untergraben könnten.
    • Internationale Partnerschaften stärken: Die USA sollten ihre Partnerschaften mit anderen Ländern stärken, gut kommunizierte Richtlinien für die Zusammenarbeit entwickeln und Verfahren zur Bewertung des Erfolgs dieser Kooperationen einführen.
    • Vertrauen in die Wissenschaft stärken: Wissenschaftler sollten zeigen, dass ihre Forschung glaubwürdig, vernünftig, unvoreingenommen, selbstkorrigierend und nützlich ist – alles Eigenschaften, die mit der öffentlichen Unterstützung für die Wissenschaft korrelierten. mw
    • China
    • Forschungspolitik
    • USA

    Gentechnikrecht: DFG-Senatskommission fordert Entbürokratisierung bei der Umsetzung

    Aus Sicht der Ständigen Senatskommission für Grundsatzfragen der Genforschung der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) droht die Forschung, Entwicklung und Anwendung in Deutschland im Bereich gentechnischer Verfahren bereits in naher Zukunft international zurückzufallen. Das deutsche Gentechnikrecht aus dem Jahr 1990 bedürfe langfristig einer grundlegenden Überarbeitung. 

    Aber auch kurzfristig lässt sich aus Sicht der Kommission etwas tun. Sie hat Empfehlungen erarbeitet, um den bürokratischen Aufwand in gentechnischen Anlagen, zumindest auf der niedrigsten von vier Sicherheitsstufen (S1), abzubauen. Angestrebt wird ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Sicherheitsanforderungen und wissenschaftsförderlichen rechtlichen Rahmenbedingungen.

    Vier Maßnahmen zur Vereinheitlichung des Gentechnikrechts

    Von den Anlagen der Sicherheitsstufe S1 sei weder ein Risiko für die menschliche Gesundheit noch für die Umwelt zu erwarten, heißt es in dem Papier. “In mehr als 30 Jahren haben wir in Wissenschaft und Verwaltung Erfahrungen mit einem durchgehend sicheren Betrieb gentechnischer S1-Anlagen und der sicheren Durchführung gentechnischer S1-Arbeiten gesammelt”, sagt der Vorsitzende der Senatskommission und DFG-Vizepräsident Axel Brakhage.

    Um diese vier Maßnahmen geht es:

    • Aufzeichnungspflichten für S1-Experimente reduzieren und digitalisieren
    • Mitteilungspflichten für Änderungen an sogenannten S1-relevanten Geräten begrenzen
    • die deutschen Regelungen zur Abwasser- und Abfallbehandlung an die europäischen Standards der Sicherheitsstufe S1 anpassen
    • Anforderungen an den Sachkundenachweis für Projektleiter und Beauftragte für Biologische Sicherheit bei S1-Arbeiten reduzieren. abg
    • DFG
    • Forschung
    • Forschungspolitik
    • Medizin

    Standpunkt

    Labours Landslide – was aus den UK-Wahlen für die deutsche Wissenschaft folgt

    Von Yannick Bauer und Jan Wöpking
    Yannick Bauer ist Leiter Politik bei German U15, Jan Wöpking Geschäftsführer des Hochschulverbunds.

    Nach Jahren erratischer bis chaotischer Politik hat Großbritannien mit Keir Starmer einen neuen Premier, der Seriosität und Bodenständigkeit als Markenkern hat. Starmer kann sich zudem auf eine überwältigende Parlamentsmehrheit stützen: Labour hat mit einem Drittel der Stimmen fast zwei Drittel der Mandate errungen, dem britischem Mehrheitswahlrecht sei Dank.

    Was folgt aus Labours Erdrutschsieg für die Wissenschaft? Unsere fünf Takeaways:

    • Neue Seriosität. Neuer Wissenschaftsminister wird Peter Kyle, der als deutlich wissenschaftsfreundlicher als seine Vorgängerin gilt. Geradezu Begeisterung in der Community hat die Berufung von Sir Patrick Vallance zum Staatssekretär ausgelöst: Vallance ist renommierter Mediziner, Professor am University College London, war Manager in der Pharmaindustrie und Chief Scientific Advisor früherer Regierungen. Er verbindet also akademische Meriten, Unternehmertum und politische Versiertheit. Eine spannende Entscheidung mit hohem Potenzial.

    Britische Hochschulen betreiben selbstverständlich Verteidigungsforschung

    • Wiederannäherung an Deutschland und Europa. Die erste Amtsreise des neuen Außenministers, David Lammy, ging nach Deutschland, wo er einen Kurswechsel verkündete: “It’s time to reset Britain’s relations with Europe.” Zwar gilt: Eine Rückkehr in die EU schließt Keir Starmer kategorisch aus, ebenso den Wiedereinstieg in Erasmus. Trotzdem wird Großbritannien wohl wieder enger an Europa und besonders Deutschland heranrücken. Das bedeutet auch Chancen für mehr wissenschaftliche Kooperation. Labour war klar für die Assoziierung zu Horizon Europe und wird voraussichtlich auch beim nächsten EU-Forschungsrahmenprogramm partizipieren wollen. Und selbst beim Reizthema Mobilität tut sich was: Die neue Regierung will Einreisebedingungen verbessern und mehr zur (Rück-)Gewinnung europäischer Studierender tun.
    • Im Visier: Sicherheit. Die neue Regierung will insbesondere beim Thema Sicherheit mit der EU kooperieren. Dazu will man einen Pakt auflegen, der die Bereiche Klimaschutz, Cybersecurity, Energieversorgung, aber insbesondere auch die militärische Kooperation umfasst. Das hat auch Implikationen für die Wissenschaft, Stichwort: Verteidigungsforschung. Britische Universitäten betreiben diese im Gegensatz zu deutschen mit Selbstverständlichkeit. Im Vorfeld der Wahl gab es Gerüchte, dass Labour eine “Verteidigungsallianz der Universitäten” anstrebt, die die Universitäten mit den Streitkräften verbinden und die militärische Forschung koordinieren soll. In jedem Fall ist davon auszugehen, dass die neue Regierung die Verteidigungsforschung deutlich ausweiten wird.
    • Ein Ende des “war on universities”. Die Tories standen der Wissenschaft teilweise offen feindselig gegenüber, warfen Universitäten Cancel Culture und “Micky-Maus-Abschlüsse” vor. Der neue Wissenschaftsminister versprach, diesen “Krieg gegen die Universitäten” zu beenden. Für Labour ist Wissenschaft mehr Teil der Lösung, weniger das Problem. Ein Beispiel ist eine große Lehrkräfteoffensive – finanziert durch die Beendigung von Steuervorteilen für Privatschulen -, die Universitäten als zentrale Akteure für die Stärkung der Bildung adressiert.

    Entscheidung könnte viele Verbesserungen für die Hochschulen bedeuten

    • Universitätsfinanzierung: Zwischen Pleitewelle und 10-Jahres-Zyklen. Viele britische Universitäten sind in existenzieller Finanznot. Labour weiß darum: Eine universitäre Pleitewelle wurde intern als potenzielles Super-GAU Thema identifiziert. Doch die Staatskassen sind leer und Labour hat bereits angekündigt, die Staatsausgaben zurückzufahren. Für die Universitäten werden kaum Aufwüchse erwartet, trotz ihres strukturellen Budgetdefizits, das vor allem aus der übergroßen Abhängigkeit von den tuition fees internationaler Studierender entstanden ist. Kein frisches Geld also, aber dafür immerhin mehr Planungssicherheit. Labour möchte die zuletzt kurzfristigen Finanzierungszyklen für Forschung und Entwicklung auf zehn Jahre ausweiten – das klingt für deutsche Ohren vertraut, am Ende stand hier vielleicht der Pakt für Forschung und Innovation Pate.

    Insgesamt also gilt: Gerade für die deutsche und europäische Wissenschaft könnte die veränderte Situation in Großbritannien signifikante Vorteile bringen. Ein europafreundlicheres Klima, ein partnerschaftliches Verhältnis zwischen Universitäten und Regierung sowie Verbesserungen bei der Mobilität von Studierenden und Forschenden lassen hoffen, dass Deutschland mit seinem stärksten europäischen Wissenschaftspartner zukünftig wieder enger und mit weniger Hindernissen wird kooperieren können.

    Yannick Bauer ist Leiter Politik bei der German U15, Jan Wöpking, ist Geschäftsführer des Zusammenschlusses von fünfzehn forschungsstarken und traditionsreichen Universitäten. German U15 und die britische Russell Group verbindet seit Jahren eine enge und vertrauensvolle strategische Partnerschaft. Trotz Brexit und Erasmus-Aus der Briten haben beide Verbünde ihre Kooperation in den letzten Jahren weiter ausgebaut und sich gemeinsam intensiv für die Assoziierung Großbritanniens zu Horizon Europe eingesetzt.

    • Europa
    • Großbritannien
    • Hochschulen
    • Horizon Europe
    • Wissenschaft

    Heads

    Kerstin Göpfrich erhält den Alfried Krupp-Förderpreis 2024. Die Professorin am Zentrum für Molekulare Biologie der Universität Heidelberg wird für ihre Arbeiten auf dem Gebiet der synthetischen Biologie ausgezeichnet. Die mit 1 Million Euro dotierte Auszeichnung vergibt die Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftung an junge Wissenschaftler, die ihre erste Professur in den Natur- und Ingenieurwissenschaften innehaben.

    Aiden Haghikia ist neuer Direktor der Klinik für Neurologie mit Klinischer Neurophysiologie der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH). Der Neurologe war zuvor als Direktor der Klinik für Neurologie am Universitätsklinikum Magdeburg tätig.

    Mike Josef, Frankfurter Oberbürgermeister, hat den Vorsitz des Stiftungskuratoriums der Goethe-Universität Frankfurt am Main übernommen.

    Hans Jürgen Prömel leitet vorübergehend die Hochschule für Musik, Theater und Medien Hannover. Das Niedersächsische Ministerium für Wissenschaft und Kultur hat ihn als Beauftragten des Ministeriums (“Staatskommissar”) ernannt. Prömel war von 2007 bis 2019 Präsident der TU Darmstadt. Von 2021 bis März 2024 war er Gründungspräsident der TU Nürnberg.

    Esther Seng wird neue Generalsekretärin des Wissenschaftsrats. Sie folgt Ende November auf Thomas May. Seng leitet seit 2019 das Referat für Grundsatzfragen, Digitalisierung und Transfer der Hochschul- und Wissenschaftsabteilung des BMBF. Zuvor war sie seit 2003 in verschiedenen Positionen im BMBF tätig, unter anderem als Leiterin des Justiziariats. Vor ihrem Wechsel zum BMBF arbeitete die Volljuristin für eine Nichtregierungsorganisation in den USA.

    Ändert sich etwas in Ihrer Organisation? Schicken Sie doch einen Hinweis für unsere Personal-Rubrik an research@table.media!

    Best of Table

    Bildung.Table. Haushalt 2025: Wie es mit dem Digitalpakt weitergeht. Der beigelegte Haushaltsstreit bringt noch nicht das große Aufatmen in puncto Digitalpakt. Im Gegenteil: Die Debatte hat noch einmal richtig Fahrt aufgenommen. Das hat auch die Bundesratssitzung gezeigt. Mehr

    China.Table. Neue Verordnung: Wie China generative KI besser regulieren will. China will generative KI regulieren und gleichzeitig Innovation und technologischen Fortschritt fördern. Ein neuer Verordnungsentwurf sieht unter anderem Sicherheitsvorschriften für Anbieter generativer KI-Dienste vor. Mehr

    Europe.Table. Wahl in Frankreich: Warum auf die Überraschung die Ungewissheit folgt. Völlig unerwartet geht die Linkskoalition aus der zweiten Runde der Parlamentswahlen in Frankreich als Siegerin hervor. Doch die absolute Mehrheit erreicht sie nicht. So bleibt vorerst offen, wer künftig die Regierung stellen wird. Mehr

    Climate.Table. So baut die neue Regierung die Klimapolitik ab. Die neue Mitte-Rechts-Regierung in Neuseeland dreht die Klimapolitik ihrer Vorgängerin zurück: Erst wurde das Budget für Klimaschutz gestrichen. Jetzt soll die Suche nach Gas und Öl wieder leichter werden und die Landwirtschaft wird von Klima-Auflagen befreit. Mehr

    Dessert

    Exoplanet HD 189733 b in einer künstlerischen Darstellung
    Auf Exoplanet HD 189733b ist es 900 Grad heißt, es gibt Orkane aus Glaspartikeln und stinkt nach faulen Eiern.

    Kleine Warnung vorweg: Zum Nachtisch wird es heute olfaktorisch leider ein bisschen unangenehm. Unser Riecher für kuriose Forschungsnews führt uns in die Weiten des Universums und zu der neuesten Erkenntnis: Auf dem 64 Lichtjahre entfernten Planeten HD 189733b stinkt es gewaltig – und zwar nach verfaulten Eiern.

    Über diesen Odeur im All berichten Forscher der Johns Hopkins University im Fachmagazin Nature. Aus Beobachtungen mit dem Weltraumteleskop James Webb schließen sie auf einen hohen Anteil an Schwefelwasserstoff in der Atmosphäre des heißen jupitergroßen Planeten. Das ist einerseits zum Nase zuhalten. Andererseits durchaus zu begrüßen. Denn nun wissen die Astrophysiker, dass Schwefelwasserstoff auch außerhalb des Sonnensystems vorkommt. Und Schwefel ist ein lebenswichtiges Element für den Aufbau komplexerer Moleküle, wie Kohlenstoff, Stickstoff, Sauerstoff und Phosphat.

    Solange sich kosmischer Stinkbomben-Geruch per Weltraumteleskop feststellen lässt, ist das aus unserer Sicht vollkommen okay. Von Forschungsreisen in andere Sonnensysteme sehen wir vom Research.Table aber bis auf Weiteres ab und bleiben auf der Erde. Nicht auszudenken, was für außerirdische Gerüche es da draußen sonst noch so geben könnte. Anne Brüning

     

    • Forschung

    Research.Table Redaktion

    RESEARCH.TABLE REDAKTION

    Licenses:

      Jetzt kostenlos anmelden und sofort weiterlesen

      Keine Bankdaten. Keine automatische Verlängerung.

      Sie haben bereits das Table.Briefing Abonnement?

      Anmelden und weiterlesen