Table.Briefing: Research

WissenschaftsMK: Was das Format bringen soll + Metin Tolan: Wie er seine Abwahl bewertet + Warum Berliner Hochschulen sparen müssen

Liebe Leserin, lieber Leser,

seit mehreren Jahrzehnten wird darüber diskutiert, wie man die inzwischen 76 Jahre alte Kultusministerkonferenz effizienter gestalten kann. Der einstige FDP-Bildungsminister Jürgen Möllemann etwa hatte ihr Arbeitstempo mal mit einer griechischen Landschildkröte verglichen. Ein wichtiger Schritt der KMK-Strukturreform wird heute vollzogen: Erstmals tagt die neue Wissenschaftsministerkonferenz eigenständig und gründet sich – nach der Entscheidung der Minister im Juni – auch offiziell.

Das ist überfällig, denn es gab schon länger nicht mehr in jedem Bundesland einen Kultusminister, der die Themen Bildung, Kultur und Wissenschaft vereinte, sondern zuletzt fast 40 Landesminister, die mindestens eines der drei Themen verantworteten. Das Thema Wissenschaft wurde so in der KMK verzwergt.

Die mit der WissenschaftsMK verbundene Hoffnung: Mit mehr Abstimmung und gemeinsamer Stimme der Bundesländer wird Forschungspolitik insgesamt relevanter. Oder wie Bayerns Wissenschaftsminister Markus Blume es – auf unsere Anfrage hin – selbstbewusst formuliert: “Die Bundesregierung hat hier eine gefährliche Lücke entstehen lassen, die wir Länder nun füllen werden.” Zur Premiere des neuen Formats haben wir für den besseren Überblick ein Q&A erstellt, in dem Sie alles Wichtige zu den Hintergründen und Personalien, ersten anstehenden Entscheidungen und den Prioritäten der Landesminister erfahren.

Seit dem gestrigen Mittwoch ist klar: Metin Tolan wird nicht Präsident der Universität Göttingen bleiben. Tolan wurde am Mittwoch durch den Senat endgültig abgewählt, nachdem eine Einigungssitzung mit dem Stiftungsausschuss gescheitert war. Der Vorsitzende des Stiftungsausschusses, Peter Strohschneider, bezeichnete diesen Schritt als “unverantwortbar” und durch Sachgründe nicht hinreichend gerechtfertigt. Mit meinem Kollegen Markus Weißkopf hat Metin Tolan im Interview exklusiv über die Situation in Göttingen und die wiederholten Angriffe gegen seine Person gesprochen.

Ich wünsche Ihnen eine informative Lektüre,

Ihr
Tim Gabel
Bild von Tim  Gabel

Analyse

WissenschaftsMK: Minister wollen forschungspolitisches Profil der Länder schärfen 

Bettina Martin (SPD): Seit nun schon vier Jahren Ministerin für Wissenschaft in Mecklenburg-Vorpommern.
Wird am heutigen Donnerstag zur Vorsitzenden der Wissenschaftsministerkonferenz für das kommende Jahr gewählt: Bettina Martin (SPD), Ministerin für Wissenschaft in Mecklenburg-Vorpommern.

Was steht auf der Agenda der ersten Sitzung der neuen WissenschaftsMK?

Zu ihrer Premiere tagt die Wissenschaftsministerkonferenz (WissenschaftsMK) in Köln, auf dem Programm steht die offizielle Gründung des Gremiums. Es seien zunächst Fragen der “Innenausstattung” zu klären, hatte Saarlands Wissenschaftsminister Jakob von Weizsäcker (SPD) im Gespräch mit Table.Briefings gesagt. Parallel arbeitet die Strukturkommission II weiter daran, Vorschläge zur Struktur der künftigen Zusammenarbeit zwischen den nun drei Ministerkonferenzen unter dem Dach der KMK zu erarbeiten. Darüber sollen die Minister im Dezember entscheiden. Die Länder wollen sich in der ersten Sitzung aber auch über zeitkritische und drängende Themen austauschen und priorisieren. Als dritter Punkt steht die Wahl der Vorsitzenden der Wissenschaftsministerkonferenz für 2025 an. 

Über welche Personalien wird in der ersten Sitzung entschieden? 

Die Wissenschaftsministerinnen und -minister hatten bei ihrer Entscheidung für das neue Gremium bereits festgelegt, dass sie sich beim Vorsitz dem Länder-Rhythmus der KMK und künftig der neuen BildungsMK anpassen wollen. Für die WissenschaftsMK bedeutet das, dass die erste Sitzung von Saarlands Finanz- und Wissenschaftsminister Jakob von Weizsäcker (SPD) geleitet wird. Gleichzeitig wird am heutigen Donnerstag Bettina Martin (SPD) formell zur neuen Vorsitzenden für das Jahr 2025 gewählt. Ihr Bundesland Mecklenburg-Vorpommern übernimmt im nächsten Jahr turnusmäßig den Vorsitz. Martin ist seit 2021 Ministerin für Wissenschaft, Kultur, Bundes- und Europaangelegenheiten des Landes. Schon vor der Sitzung war klar: Neuer A-Koordinator für die SPD-regierten Länder wird Niedersachsens Wissenschafts- und Kulturminister Falko Mohrs, der von Armin Willingmann (SPD, Sachsen-Anhalt) übernimmt. B-Koordinator bleibt Bayerns Wissenschaftsminister Markus Blume

Neben hochschul- nun auch mehr forschungsspezifische Themen

Womit soll sich die WissenschaftsMK künftig beschäftigen? 

Das zentrale Thema der KMK im Wissenschaftsbereich war in der Vergangenheit vor allem die Hochschulpolitik. Gemeinsame Positionen der Länder wurden unter anderem mit Blick auf die Finanzierung und Akkreditierung von Hochschulen und Studiengängen gesucht. Auch der Bologna-Prozess und die Internationalisierung der Hochschulen waren Themen, die weiterhin eine Rolle spielen dürften. Genauso wie die Qualitätsentwicklung und Exzellenzförderung oder der Zugang und die Zulassung zum Studium. In der ersten Sitzung steht etwa die Einführung einer Landarztquote beim Zugang zum Medizinstudium auf dem Programm. Auch die Debatte über bessere Arbeitsbedingungen und neue Stellenkategorien in der Wissenschaft wird sich in der WissenschaftsMK wiederfinden. Dazu kommen in dem rein auf Wissenschaft fokussierten Gremium künftig vermutlich stärker forschungs- und förderspezifische Themen. 

Welche Prioritäten sehen die Länderminister für die WissenschaftsMK? 

Der neue A-Koordinator Falko Mohrs (SPD) teilt auf Anfrage von Table.Briefings mit, dass es im neuen Gremium der Länder darum gehen werde, “unsere Themen selbstbewusst zu vertreten”. Dazu zählen aus seiner Sicht “die Finanzierung von Studierenden, die Exzellenzstrategie, der Hochschulbau und Forschungsinfrastrukturen“. Das gemeinsame Ziel sei es, sich zwischen den Ländern gut abzustimmen und wichtige Impulse zu setzen. Sein Vorgänger aus Sachsen-Anhalt, Armin Willingmann, hatte gegenüber Table.Briefings gefordert, dass man “hochschulrechtliche Fragen gemeinsam beantworten und mit Blick auf bessere Arbeitsbedingungen in der Wissenschaft Personalkategorien harmonisieren müsse. Einem vom BMBF mehr oder wenig widerwillig angeregten Bund-Länder-Programm für mehr Dauerstellen, hatten die Länder zuletzt eine Absage erteilt.

Fegebank: “Müssen über möglichst schlanke Prozesse sprechen”

Die Hamburger Wissenschaftssenatorin Katharina Fegebank (Grüne) ist sich sicher, dass man mit der neu gegründeten WissenschaftsMK das traditionsreiche Gremium KMK auf ein modernes Fundament gestellt hat. “Mit Themen wie der nachhaltigen Nutzung von Forschungsdaten, der Förderung von Wissens- und Technologietransfer oder Forschungssicherheit in der Zeitenwende gehen wir in den kommenden Jahren Themen an, die unsere Wissenschaftslandschaft zukunftsfähig machen”, sagt Fegebank auf Anfrage von Table.Briefings. Im Sinne der deutschen Wettbewerbsfähigkeit müsse man in der WissenschaftsMK auch “über die besten Rahmenbedingungen und möglichst schlanke Prozesse” sprechen. Die Grünen stellen insgesamt drei Wissenschaftsministerinnen, die sich je nach Koalition im Land den A- oder B-Ländern zuordnen.

Für den bayerischen Wissenschaftsminister und B-Koordinator Markus Blume wird die Premiere der WissenschaftsMK “ein kleiner Gänsehaut-Moment” – auch, weil die erste Sitzung der Startpunkt für einen neuen Stellenwert von Wissenschaft und Forschung in Deutschland sein werde, teilte Blume auf Anfrage von Table.Briefings mit. “Die Bundesregierung hat hier eine gefährliche Lücke entstehen lassen, die wir Länder nun füllen werden. An dieser Stelle herzlichen Dank und Gratulation an den ersten Vorsitzenden der WissMK Jakob von Weizsäcker für den guten Start”. Es brauche in der Wissenschaftspolitik mehr Ambition, mehr Strategie und mehr Missionsdenken. Am heutigen Donnerstag werden es um Karrierewege und um die Zukunft der medizinischen Versorgung gehen – “beides dringende Aufgaben, die der Bund nicht zufriedenstellend löst”.

Neue Struktur: Seit Jahrzehnten wird Ineffizienz der KMK kritisiert

Warum ein weiteres Gremium? Hatte die Strukturkommission II nicht weniger empfohlen? 

Die Aufteilung der KMK in drei Gremien für Bildung, Wissenschaft und Kultur schafft neue Strukturen, soll aber ein zentrales Problem der KMK lösen: Es gibt mit Karin Prien (CDU, Schleswig-Holstein) nur noch in einem einzigen Land eine Kultusministerin mit allen drei Zuständigkeiten. Fast 40 Minister und Ministerinnen müssten sich aktuell zu den drei “Kultus”-Themen abstimmen. In seinem viel beachteten Essay diagnostizierte der ehemalige Berliner Bildungsstaatssekretär Mark Rackles 2022, dass der “Kultus”-Ansatz schon seit Jahren überholt und der Preis “ein Verlust an Koordinationseffizienz, eine Unschärfe im Themenfokus und geringe Agilität” sei. Nichtssagende Papiere, viel zu lange Plenartagungen und überfrachtete Präsidentschaftsprogramme seien die Folge, hatte die ehemalige Kultusministerin Marianne Tidick bereits 1998 in der Festschrift zum 50-jährigen Jubiläum der KMK formuliert. 

Wie sieht die Zusammenarbeit innerhalb der Dachorganisation KMK künftig aus? 

Die neue WissenschaftsMK will dreimal pro Jahr physisch tagen, weitere Treffen könnten virtuell stattfinden. Eines davon soll in direkter Vorbereitung eines geplanten Jahrestreffens mit der BildungsMK und der KulturMK stattfinden. Diese Jahreskonferenz der Dachorganisation KMK soll zur Behandlung gemeinsamer politisch-strategischer Themen dienen. Im Bedarfsfall können anlassbezogen weitere bereichsübergreifende Sitzungen stattfinden. Die gleichberechtigten Vorsitzenden der drei Ministerkonferenzen sollen eine gemeinsame Spitzenstruktur bilden, die für die übergreifende politisch-strategische Koordination der KMK zuständig ist. Wie genau die neuen Strukturen der KMK aussehen, soll im Dezember entschieden werden. 

Künftig mehr gemeinsame Absprachen, die aber nicht bindend sind

Brauchte es noch eine neue Austauschplattform neben GWK und dem Wissenschaftsrat? 

Beim Wissenschaftsrat und der GWK sind die Bundesländer jeweils vertreten. Es gab und gibt zwar Vorbesprechungen, bislang aber kein Gremium, in dem die Länder sich offiziell abstimmen und gemeinsame Entscheidungen treffen können. Die WissenschaftsMK trifft sich bei ihrer Premiere in Köln, in direkter Nähe zur GWK in Bonn, die am Freitag tagt. Auch vor einer der vier jährlichen Sitzungen des Wissenschaftsrates will man künftig zusammenfinden. Damit dürfte sich der zeitliche und organisatorische Mehraufwand für die betreffenden Ministerinnen und Minister in Grenzen halten. Bei der GWK am Freitag treffen die Wissenschaftsminister erstmals im offiziellen Rahmen auf den neuen Chef im BMBF, Cem Özdemir. Bayerns Wissenschaftsminister Blume ist gespannt auf das Gespräch und hält es für “gut und wichtig, dass er (Özdemir, Anm. d. Red.) im BMBF in den kommenden Monaten die Arbeitsfähigkeit gewähleistet”.

Wie viel (Entscheidungs-)Macht hat die neue WissenschaftMK auf Länderebene? 

Blume kündigte im Gespräch mit Table.Briefings aber auch eine “eigenständige, wirkmächtige und selbstbewusste Konferenz” an sowie eine “neue Ära des Forschungsföderalismus”. Fraglich bleibt allerdings, wie viel Durchschlagskraft das Gremium in der Realität haben wird. Ein bekanntes Problem der KMK ist, dass die Länder dort gemeinsame Beschlüsse fassen, die aber nicht bindend sind. Das wird auch in der WissenschaftsMK vorerst nicht anders sein. Ob die gemeinsamen Entscheidungen dann umgesetzt werden, wird bislang nicht mal nachgehalten. Zwar wird in der Strukturkommission II der KMK derzeit über ein systematisches Monitoring beraten, allerdings gibt es derzeit nach Informationen des Wiarda-Blogs keine Mehrheiten für ein solches Vorhaben. Bis Dezember will die Strukturkommission Empfehlungen für den Beschluss der Minister erarbeiten. 

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Interview

Metin Tolan: “Ich habe die Unruhe unterschätzt”

Metin Tolan
Abgewählter Metin Tolan: “Senatoren drohten immer schon, wenn ihnen Entscheidungen nicht gepasst haben, mit der Abwahlkarte.”

Herr Tolan, Senat und Stiftungsausschuss konnten sich am Mittwoch nicht mehr auf eine tragfähige Lösung einigen. Der Senat hat daraufhin direkt Ihre Abwahl bestätigt. Damit sind Sie in wenigen Tagen nicht mehr Präsident der Universität Göttingen. Wie konnte es dazu kommen?

Das war ein längerer Prozess. Die Senatoren hier in Göttingen haben immer schon, wenn ihnen Entscheidungen nicht gepasst haben, mit der Abwahlkarte gedroht. Durch die finanziell schwierige Lage mussten wir im Präsidium einige unpopuläre Entscheidungen treffen. Aus meiner Sicht haben wir diese immer gut erläutert. Aber auf der Seite des Senats gab es oft keine wirkliche Diskussionsbereitschaft.

Also sind Reformen und Veränderungen an den niedersächsischen Hochschulen bei einem gleichzeitig besonderen Hochschulgesetz, das eine Abwahl letztlich allein durch den Senat möglich macht, nur sehr schwer umzusetzen?

Wenn man mit dieser Möglichkeit der Abwahl nicht verantwortlich umgeht und diese nicht als letztes Mittel sieht, sondern sie einsetzt, um eigene Interessen durchzusetzen, dann ist das so.

Die Göttinger Universität hatte sich dazu entschieden, mit nur 13 Senatorinnen und Senatoren die nach dem Gesetz kleinstmögliche Zahl zu berufen. Auch ein Problem?

Ja, trotz Dreiviertelmehrheit müssen absolut nur wenige Personen für eine Abwahl stimmen. Und wenn man dann noch sieht, dass die sechs Personen, die nicht aus der professoralen Gruppe kommen, meist als Block abstimmen, dann ist der Weg zur Dreiviertelmehrheit nicht mehr weit. Wenn dann noch durch Einflussnahme und Manipulation eine Stimmung gegen “die da oben” erzeugt wird, relativiert sich die scheinbar hohe Hürde.

Widerstände an der Universität gegen zentrales Budget

Das Scheitern der Exzellenzcluster und damit auch in der Exzellenzstrategie wird immer als ein Grund für das Misstrauen des Senats gegen Ihre Person dargestellt. Dabei hatten Sie darauf kaum einen Einfluss. Ging es bei dem Streit eher um die Verteilung der Budgets? Sie wollten alle Mittel in einem großen Topf zusammenführen und dann nach Bedarf verteilen. Dagegen gab es Widerstände.

Ja, das war und ist ein wichtiger Punkt. Da muss ich auch selbstkritisch sagen: Offensichtlich habe ich das nicht gut genug erklärt. Die Leute wollten ihr Geld in ihren Töpfen behalten und es nicht zentral zusammenführen. Trotzdem haben wir den finanziellen Turnaround geschafft. Das ist die Ironie an der Geschichte: Der große Clash passiert jetzt, gerade dann, wenn wir finanziell wieder auf einem guten Weg sind.

Steht dahinter auch der alte Kampf gegen ein zu starkes Präsidium, der ja eigentlich an vielen anderen Universitäten schon entschieden ist?

Das ist auch ein Punkt. Dazu gehört, dass ich am Anfang gleich eine Strukturreform durchgeführt habe. Die beinhaltet, dass die Vizepräsidentinnen und -präsidenten nicht mehr für Ressorts und bestimmte Fakultäten, sondern für Ressorts bezogen auf die gesamte Universität zuständig sind, wie es an fast allen Universitäten der Fall ist. Es bedeutet allerdings auch, dass ein Vizepräsident oder eine Vizepräsidentin nun nicht mehr “seiner” oder “ihrer” Fakultät Versprechungen machen konnte, ohne dies groß abzustimmen, sondern dass alles gemeinschaftlich im Präsidium diskutiert und beschlossen wird. Die Konsequenz ist, dass die Prozesse somit etwas länger dauern. Das hat für Unruhe gesorgt. Das habe ich unterschätzt.

Im Rückblick: Zu schnell zu viel gewollt

Sie wollten zu schnell zu viel?

Die Antwort lautet ganz klar: ja. Aber unsere Aufsichtsgremien, der Stiftungsausschuss Universität und der Stiftungsrat haben die Veränderungen immer befürwortet.

Es gab Kritik an Ihrem Zukunftskonzept für die Universität. Gibt es denn ein konstruktives Gegenkonzept Ihrer Widersacher im Senat?

Nein, es gibt keinen Gegenentwurf. Wir wollen nach dem Scheitern in der Exzellenzstrategie dennoch zu den Top 10-Unis in Deutschland gehören. Das bedeutet, wir müssen unser Augenmerk dann auf andere Erfolgskriterien richten. Wir sind zum Beispiel sehr gut beim Einwerben von Graduiertenkollegs oder Sonderforschungsbereichen. Aber die Personen, die die Abwahl vorangetrieben haben, sind wissenschaftlich nicht einschlägig ausgewiesen. Die haben es entsprechend nicht goutiert, dass ich in einem Zukunftskonzept vor allem die Forschung in den Mittelpunkt gestellt habe.

Generell gab es Kritik an Ihrer Kommunikation. Teilweise wurde behauptet, dass, wer gute Wissenschaftskommunikation betreibt, eben noch lange nicht gut intern kommunizieren kann. Wie bewerten Sie das?

Ich müsste meine Kommunikationsfähigkeiten spontan verlernt haben, oder sie nur in speziellen Kontexten einsetzen können. Natürlich kann man immer sagen, man müsste mehr kommunizieren. Wir haben auch gerade einen Prozess mit der Boston Consulting Group in der Verwaltung. Zum Ende der ersten Phase gab es den Vorwurf, wir hätten dazu überhaupt nicht kommuniziert. Dabei gab es in den vier Monaten 49 Termine, in denen wir die Dinge erklärt haben. Aber das Argument “zu wenig oder zu schlechte Kommunikation” wird eben oft hervorgeholt, wenn man Führungspersönlichkeiten bewusst schaden will. Nachprüfbar ist das kaum. Es geht darum, die handelnde Person zu desavouieren.

Gerüchte wurden in die Welt gesetzt

Persönlich angegriffen wurden Sie auch an anderer Stelle. Von einem “Klima der Angst” ist da teilweise die Rede, das Sie geschaffen hätten.

Bei fast allen direkten Gesprächen, die ich geführt habe, war meine persönliche Referentin dabei. Es gab Posts in den Sozialen Medien, in denen behauptet wurde, ich hätte Leute angeschrien. Alles im Anonymen. Das sind alles reine Gerüchte, die in die Welt gesetzt werden. Ich kann ausschließen, dass es so etwas je gegeben hat. Es ist jetzt ein Punkt erreicht, da geht es um meine Reputation als Mensch. Hier überlege ich, ob ich juristisch gegen diejenigen vorgehe, die das betrieben haben.

Nochmal zurück zu den Organen der Universität – wie ist denn die Rolle des Stiftungsausschusses zu bewerten?

Der Stiftungsausschuss hat mich in allen Punkten unterstützt.

Die Senatoren waren immun gegen Sachargumente

Hätte es hier vielleicht mehr Gespräche seitens des Stiftungsausschusses mit den handelnden Personen vor Ort gebraucht?

Man hat Gespräche mit den Senatsmitgliedern geführt und auch gesagt, “Leute, das, was ihr tut, ist falsch. Die Abwahl sollte die Ultima Ratio sein”. Und eine Unterstützung von Peter Strohschneider könnte man eben auch als Zeichen sehen, dass man seine eigene Haltung vielleicht nochmal überdenkt. Die Senatoren waren aber immun gegen jede Form von Sachargumenten.

War die Unterstützung durch den Stiftungsausschuss und auch gerade durch den Minister, Falko Mohrs, vielleicht sogar kontraproduktiv? Wollte man sich dem bewusst widersetzen?

Das kann ich mir nicht vorstellen. Aber gut, ich konnte mir viele andere Dinge hier auch nicht vorstellen. Dass man in die Hand beißt, die einen füttert, das ist in der Tat schon erstaunlich.

Fluktuation wie bei Bundesliga-Trainern

Sie hatten zum Amtsantritt mit Blick auf die Querelen, die es ja zuvor schon gab, mal gesagt, dass die Dinge in Göttingen nicht so außergewöhnlich seien. Würden Sie das heute anders bewerten?

Ja, das würde ich heute völlig anders sehen. Dass ein Senat ständig mit der Abwahlkarte droht, ist schon ein Göttinger Spezifikum. Die Versuche, mich mit diesem Instrument unter Druck zu setzen, sind quasi seit Beginn meiner Amtszeit gelaufen. In Göttingen ist jeder Respekt dem Amt des Präsidenten gegenüber verloren gegangen, wie die letzten fünf Jahre mit einer Präsidentin, drei gewählten Präsidenten, einer kommissarischen Präsidentin und einem nun neu ins Amt kommenden Kollegen deutlich zeigen. So eine Fluktuation gibt es sonst nur auf der Trainerbank in der Fußball-Bundesliga.

Wie kann die Universität wieder in geordnete Bahnen finden?

Es braucht eine intensive Aufarbeitung. Auch der Vorgänge zuvor, wie dem Ausscheiden von Ulrike Beisiegel und dem nicht zustande gekommenen Amtsantritt von Sascha Spoun. Das ist unter anderem durch Corona damals verhindert worden. Das Zweite ist ein anderes Rollenverständnis der Akteure. Ein Senat ist kein Aufsichts- und Kontrollgremium, sondern ist beratend tätig. Er sollte eben nicht sein Recht auf Abwahl des Präsidenten ständig missbrauchen, um seine Macht zu demonstrieren. Das Aufsichtsgremium ist ganz klar der Stiftungsausschuss. Jedes Gremium sollte sich auf seine Rolle besinnen und seine Verantwortung wahrnehmen. Dieses Rollenverständnis muss der Senat in Göttingen erst wieder von Grund auf lernen. Das ist ein weiter Weg und mit den aktuell handelnden Akteuren sicher nicht zu schaffen.

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Termine

25. November 2024, Haus der Leibniz-Gemeinschaft, Chausseestraße 111, 10115 Berlin
Buchpremiere und Diskussion “Frieden verhandeln im Krieg – Russlands Krieg, Chancen auf Frieden und die Kunst des Verhandelns” Mehr

27.-29. November 2024, Leopoldina, Jägerberg 1/Emil-Abderhaldenstr. 36, Halle (Saale)
Symposium der Leopoldina Chancen und Herausforderungen von Flucht, Zuwanderung und Integration Mehr

29. November 2024, 19:00 Uhr, Nikolaisaal Potsdam, Wilhelm-Staab-Straße 10-11, 14467 Potsdam
Einsteintag der BBAW “Konflikte lösen!” Mehr

11.-12. Dezember, Berlin
Forum Wissenschaftskommunikation Wissenschaftskommunikation für eine starke Demokratie und offene Gesellschaft Mehr

12. Dezember 2024, 10:30 bis 18:00 Uhr. Vertretung des Landes Sachsen-Anhalt beim Bund, Luisenstraße 18, 10117 Berlin
Symposium der Leopoldina 10 Jahre Politikevaluierung in der Bundesregierung – Wo stehen wir heute? Ein Blick aus Wissenschaft und Politik Mehr

News

Meistzitierte Wissenschaftler 2024: China macht den USA zunehmend Konkurrenz

In der Liste der einflussreichsten Forschenden, dem Clarivate-Zitationsranking, spielt China von Jahr zu Jahr eine größere Rolle. Das geht aus der Auswertung des Datenkonzerns Clarivate Analytics hervor, die in dieser Woche veröffentlicht wurde. Demnach kommen 20 Prozent der dort aktuell rund 6.600 verzeichneten Wissenschaftler aus China, 2018 waren es noch acht Prozent. Zwar liegen die USA mit 36 Prozent weiterhin deutlich vorne, ihr Anteil schrumpft jedoch, 2018 lag er noch bei 43 Prozent.  

Großbritannien und Deutschland auf den Rängen drei und vier

Die Auswertung für das Jahr 2024 identifizierte insgesamt 6.636 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die in den vergangenen zehn Jahren durch die Veröffentlichung mehrerer viel zitierter Beiträge einen bedeutenden Einfluss auf ihre Fachgebiete ausgeübt haben. 2.507 davon sind in den USA tätig, 1.405 in China. Auf den Rängen drei und vier: Großbritannien mit 563 Wissenschaftlern, Deutschland mit 332.

Damit konnte Deutschland seinen 2022 und 2023 errungenen vierten Platz behaupten, 2021 war es noch Rang fünf. Der Blick auf die zehn bestplatzierten Länder zeigt jedoch auch die wachsende wissenschaftliche Stärke im gesamten Asien-Pazifik-Raum: Neu unter den Top 10-Ländern (siehe Grafik) ist Singapur, es hat Italien verdrängt, das im vergangenen Jahr auf Rang zehn war. Hongkong, der Newcomer des vergangenen Jahres, hat sich auf Rang acht verbessert und Frankreich auf den vorletzten Platz verwiesen.

Max-Planck-Gesellschaft unter den Top 10-Forschungseinrichtungen

Unter den Forschungseinrichtungen mit den meisten einflussreichen Wissenschaftlern liegt China mit der Chinese Academy of Sciences (CAS) sogar auf Rang eins, gefolgt von den Universitäten in Harvard und Stanford. Allerdings hinkt der direkte Vergleich: “Bei der CAS handelt es sich um ein großes Netzwerk staatlicher Institute, während Harvard eine einzelne Einrichtung ist”, kommentiert Clarivate-Chefanalyst David Pendlebury in einem Blogbeitrag. Die CAS sei eher mit den US-amerikanischen National Institutes of Health vergleichbar (Rang fünf) oder der Max-Planck-Gesellschaft (Rang 9).

Beste europäische Forschungseinrichtungen sind die University of Oxford auf Platz sieben, das University College London auf Platz acht, gefolgt von der MPG. Im vergangenen Jahr hatte es die MPG nur auf Platz zehn geschafft, 2021 war es Platz fünf.

Uni-Erfolge vor allem in München, Heidelberg – und Berlin

Unter den Top 50-Forschungseinrichtungen finden sich keine weiteren aus Deutschland, aus Großbritannien hingegen vier weitere Universitäten (Cambridge, Imperial, Edinburgh und King’s). Dennoch tun sich neben der MPG, die 56 der 332 aktuell gelisteten Forschenden stellt, einige deutsche Universitäten hervor:

  • München: Technische Universität und LMU München haben 15 beziehungsweise 17 Forschende in der Clarivate-Liste.
  • Heidelberg: Universität Heidelberg (12), außeruniversitär herausragend das dortige European Molecular Biology Laboratory (14).
  • Berlin University Alliance: Charité (7), Freie Universität (5), Humboldt-Universität (3) und Technische Universität (3) zählen einzeln, zusammen kämen sie auf 18.
  • German U15: Aus dem Verbund der 15 forschungsstarken Universitäten kommen insgesamt 106 meistzitierte Forschende. Nach LMU München und Heidelberg an der Spitze: Bonn (8), Freiburg (8) und Mainz (8).

Basis des Clarivate Rankings der Highly Cited Researchers sind Veröffentlichungen, die im Web of Science-Zitierindex am häufigsten zitiert werden. Für die diesjährige Liste wurde der Zeitraum 2013 bis 2023 in 20 Fächern ausgewertet.

Zitationsrankings stehen unter anderem wegen ihrer Anfälligkeit für Trickserei in der Kritik. Die Bewertungs- und Auswahlkriterien seien in dieser Hinsicht noch strenger geworden, teilt Clarivate mit. In der Folge wurden im Laufe der diesjährigen Analyse etwas mehr als 2.000 Kandidaten ausgeschlossen – doppelt so viele wie im Vorjahr. Geachtet wurde zum Beispiel auf übermäßige Selbstzitierungen und Zitierkartelle. abg

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Wirtschaftsweise Grimm fordert Studiengebühren

Die Wirtschaftsweise Veronika Grimm will Studierende zur Kasse bitten, damit der Staat mehr Geld für frühkindliche und Grundschulbildung ausgeben kann. Grimm sagte Table.Briefings: “Wir sollten darüber nachdenken, etwa Studiengebühren einzuführen. Mit den frei werdenden Mitteln sollten wir die frühkindliche Bildung und die Grundschulen stärken, was dringend nötig ist.”

Grimm, Wirtschaftsprofessorin an der Technischen Universität Nürnberg, unterstützt den jüngsten Vorschlag der Wirtschaftsweisen, für Bildung und Verteidigung Mindestausgabequoten einzuführen. “Dafür müssen aber auch die Voraussetzungen geschaffen werden.” Grimm: “Wir werden das Bildungswesen nur ausreichend finanzieren können, wenn wir an anderer Stelle dafür die Spielräume schaffen.”

Sachverständigenrat will gesetzliche Fixierung der Mindestausgaben für Bildung

Die Hausaufgaben dafür müssten in den sozialen Sicherungssystemen gemacht werden, wo die Kosten immer weiter stiegen. “Aber auch innerhalb des Bildungsbudgets müssen wir umschichten.” Weshalb Geld aus der Hochschulbildung in die frühe Bildung transferiert werden müsse. Dort gelinge es bisher nicht, allen Kindern ausreichende Startchancen zu eröffnen. In “unserer immer diverseren Gesellschaft” gebe es noch immer zu viele Kinder, die ohne ausreichende Sprachkenntnisse in die Grundschule starteten und den Rückstand in ihrer Schullaufbahn nicht wieder aufholen könnten. “Das können wir uns nicht länger leisten.” 

Der Sachverständigenrat hatte im zweiten Kapitel seines Jahresgutachtens 2024/2025 mit dem Titel “Zukunftsorientierung der öffentlichen Finanzen stärken” geschrieben, dass es für die Bildung “eine gesetzliche Fixierung der Mindestausgaben” geben müsse. Ein “sinnvoller Indikator könnte beispielsweise ausgehend von Mindestausgaben pro Schülerin und Schüler definiert werden”. Die Länder sollte dafür eigene Quoten festlegen, um regionale Unterschiede zu berücksichtigen. Eine bundesweite Koordination wäre jedoch sinnvoll. td

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Berlin: Wie sich die Haushaltskrise auf Hochschulen und Forschung auswirkt

Im Land Berlin wird es zu deutlichen Einsparungen kommen: Aus der Streichliste, auf die sich die schwarz-rote Koalition geeinigt hat, geht hervor, dass der Berliner Senat im Haushalt für 2025 drei Milliarden sparen muss. Seit Dienstag besteht Gewissheit, dass praktisch alle Bereiche betroffen sind, somit auch die Berliner Hochschulen und die Forschung. So sollen etwa bei den Hochschulverträgen 100 Millionen Euro gespart werden. Sie haben ein jährliches Volumen von rund 1,7 Milliarden Euro. Am Dienstag sollen die Streichungen vom Senat beschlossen werden.

Insgesamt muss Berlins Wissenschaftssenatorin Ina Czyborra (SPD) im Bereich Wissenschaft und Hochschulen im nächsten Jahr rund 250 Millionen Euro einsparen. Auch bei der Qualitäts- und Innovationsoffensive an Hochschulen sind erhebliche Einsparungen (Kürzung von 5,6 auf 4,6 Millionen Euro) vorgesehen, ebenso beim Investitionspakt Hochschulbau (Kürzung von fünf auf zwei Millionen Euro). Der mit 52 Millionen Euro veranschlagte Neubau des Universitären Herzzentrums der Charité soll auf kreditfinanzierte Eigenkapitalzuführung umgestellt werden.

Im Bereich Forschung fällt auf: Die ursprünglich mit rund sechs Millionen Euro veranschlagte Förderung der Berlin Quantum Alliance entfällt ganz. Der Verbund war im Jahr 2021 mit dem Ziel gestartet, Berlin zum Hotspot für die Erforschung und Entwicklung von Quantentechnologien zu machen. Außerdem wird der Zuschuss für die Projektförderung der Einstein Stiftung Berlin um vier Millionen gekürzt, die 400.000 Euro für die Berlin School of Public Health sollen ganz entfallen.

Julia von Blumenthal: “Die vom Land Berlin geforderten Einsparungen sind gravierend”

Vor allem an den Hochschulen ist die Unruhe groß – denn noch ist unklar, was die Kürzungen jeweils bedeuten und wie sie verteilt werden. Darüber berät die Senatsverwaltung mit den Betroffenen. Eine Sparrunde im laufenden Jahr hatten zum Beispiel die großen Universitäten aufgefangen. Wie berichtet waren die für 2024 erforderlichen Einsparungen von 55 Millionen Euro aus den Rücklagen von Technischer Universität, Humboldt-Universität und Freier Universität bestritten worden.

Die Berliner Hochschulen stehen vor sehr großen Herausforderungen, sagt Julia von Blumenthal, Vorsitzende der Landeskonferenz der Rektor*innen und Präsident*innen auf Anfrage von Table.Briefings. “Die vom Land Berlin geforderten Einsparungen im Hochschulbereich sind gravierend und wir benötigen nun einerseits sehr schnell Klarheit, welche Auswirkungen diese für die Berliner Hochschulen konkret haben werden. Andererseits müssen wir darauf achten, dass die Einsparungen nicht die Fortschritte der letzten Jahre zunichtemachen.”

Die GEW Berlin befürchtet für die Hochschulen, “dass noch mehr Stellen unbesetzt bleiben und viele nur befristet beschäftigte Wissenschaftler*innen um ihre Anschlussverträge bangen müssen. Arbeitsverdichtung und Überlastung durch fehlendes Personal werden weiter zunehmen.” abg

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HRK-Kritik: Fachantrag zu Antisemitismus kann Wissenschaftsfreiheit und Hochschulautonomie einschränken

An der bereits beschlossenen Antisemitismusresolution des Bundestages hatte die Hochschulrektorenkonferenz (HRK) nicht öffentlich Kritik geübt. Dabei gab es auch bei dem Antrag bereits zahlreiche Stimmen aus der Wissenschaft, die vor einer Einschränkung der Wissenschaftsfreiheit warnten. Zum dazugehörigen Fachantrag, der die Antisemitismusbekämpfung an Schulen und Hochschulen in den Blick nimmt, bezieht die HRK nun Position.

Die derzeit angedachte, hochschulspezifische Resolution könnte in ihrer Umsetzung zu einer Beeinträchtigung der Wissenschaftsfreiheit und der Hochschulautonomie führen, heißt es in einer Entschließung, die am Dienstag auf der HRK-Mitgliederversammlung in Tübingen verabschiedet wurde.

Einfallstor für Einschränkungen und Bevormundung

Gleichwohl begrüße man, dass sich der Deutsche Bundestag für den Schutz jüdischen Lebens einsetzt und diesbezüglich die vielfältigen Anstrengungen der Hochschulen und der HRK würdigt. Zwar seien Resolutionen des Bundestags rechtlich nicht bindend, sagte HRK-Präsident Walter Rosenthal. “Ich verstehe aber, dass in der Wissenschaft Sorge vor unzulässigen Folgewirkungen besteht.”

Die Resolution enthalte Forderungen, die auch bei besten Absichten als Einfallstor für Einschränkungen und Bevormundung etwa in der Forschungsförderung verstanden werden könnten. “In der Beratung der HRK-Mitgliederversammlung ist deutlich geworden, dass Hochschulen darauf achten werden, dass ihre Autonomie und die Wissenschaftsfreiheit sowie die wissenschaftsgeleiteten Verfahren in Förderentscheidungen gewahrt bleiben. Die Wissenschaftsfreiheit ist für uns als Hochschulen die Grundlage allen Handelns.”

Auf den Hochschul-Fachantrag hatten sich die Fraktionen von CDU/CSU und der Ex-Ampel nach Informationen von Table.Briefings bereits geeinigt. Durch den Bruch der Koalition ist der Fortgang nun ungewiss. abg

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Google: Weitere 20 Millionen Dollar für KI-Grundlagenforschung

Google.org stellt 20 Millionen Dollar für KI-gestützte wissenschaftliche Projekte bereit. Dies ergänzt die bisherigen Investitionen von 200 Millionen Dollar in den letzten fünf Jahren. Die Mittel sollen Fortschritte in Bereichen wie der Entwicklung neuer Kunststoffe, der Krebsforschung bei Frauen und dem Kampf gegen Antibiotikaresistenzen unterstützen.

Die Ankündigung erfolgte beim “AI for Science Forum” von Google DeepMind und der Royal Society, der nationalen Wissenschaftsakademie des Vereinigten Königreichs. Google.org, der wohltätige Zweig des Konzerns, fördert seit 2005 gemeinnützige Projekte in Umwelt, Bildung, Gesundheit und Krisenbewältigung.

Hassabis: Forschung und Unternehmen müssen stärker zusammenarbeiten

Die Nobelpreisträger Demis Hassabis und John Jumper von Google DeepMind betonten die Bedeutung von KI in der Wissenschaft. Ihr Projekt AlphaFold hilft weltweit Forschern, Proteinstrukturen vorherzusagen, was Fortschritte bei Malaria, Parkinson und anderen Forschungsfeldern ermöglichen kann. Hassabis sieht in KI einen Schlüssel für zukünftige wissenschaftliche Durchbrüche und hofft auf verstärkte Zusammenarbeit zwischen Privatsektor und Forschung. mw mit dpa

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Kürzungen vermieden: Parlament einigt sich auf Ausgaben für 2025

Das Europäische Parlament konnte die Mitgliedstaaten davon überzeugen, die Mittel für Horizont Europa 2025 nicht um 400 Millionen Euro zu kürzen und stattdessen 25 Millionen Euro mehr für das Programm bereitzustellen als ursprünglich von der Kommission vorgeschlagen, berichtet das Online-Portal Science.Business.

Zahlreiche Abgeordnete hatten sich für eine Aufstockung des F&E-Budgets um 242 Millionen Euro eingesetzt, doch der Kompromiss sieht eine bescheidenere Aufstockung vor, einschließlich zusätzlicher 15 Millionen Euro für die Gesundheitsforschung, 7,5 Millionen Euro für den Europäischen Innovationsrat (EIC) und 2,5 Millionen Euro für das Marie-Sklodowska-Curie-Programm (MSCA). Es ist das Flaggschiff-Förderprogramm der Europäischen Union für die Doktorandenausbildung und Postdoktorandenausbildung von Forschern.

1,4 Milliarden Euro für Europäischen Verteidigungsfonds

Die vorläufige Einigung, auf die sich das Parlament und der Rat am Samstag geeinigt haben, sieht vor, dass Horizont Europa 12,8 Milliarden Euro erhält, gegenüber 12,9 Milliarden Euro im Jahr 2024.

Für den Europäischen Verteidigungsfonds sind 1,4 Milliarden Euro vorgesehen, um Forschungs- und Kapazitätsentwicklungsprojekte zu unterstützen, und 2,1 Milliarden Euro für die Raumfahrt, hauptsächlich für das europäische Raumfahrtprogramm.

Für das Programm InvestEU werden 378 Millionen Euro für Forschung, grüne und digitale Transformation, Gesundheit und strategische Technologien bereitgestellt, gegenüber 348 Millionen Euro im Jahr 2024. Das Jahresbudget des Programms Digitales Europa wird jedoch von 1,3 Milliarden Euro auf 1,1 Milliarden Euro sinken.

Zusätzlich zu der von den Abgeordneten und dem Rat vereinbarten Aufstockung um 25 Millionen Euro wird es Aufstockungen für die Forschung geben, die aus früheren Einsparungen resultieren, einschließlich 20 Millionen Euro für Horizont Europa und 62 Millionen Euro für das Studentenaustauschprogramm Erasmus+.

Christian Ehler sieht “relatives gutes Resultat”

Den Verhandlungsführern des Parlaments ist es außerdem gelungen, die vom Rat vorgeschlagene Kürzung von 295 Millionen Euro für Erasmus+ zu kippen.

Das Ergebnis ist “ein relativ gutes Resultat”, sagte der deutsche Europaabgeordnete Christian Ehler, der Mitberichterstatter für die Einrichtung von Horizont Europa war, gegenüber Science.Business.

“Wenn man es mit 2024 vergleicht, sollte man bedenken, dass das Parlament 2024 sehr erfolgreich war, zusätzliche Mittel für Horizon zu erhalten”, so Ehler. Das langfristige Horizon Europe-Budget wurde erst nach der Einigung auf das Budget für 2024 um 2,1 Milliarden Euro gekürzt. “Die Tatsache, dass das Budget relativ stabil ist, ist ein gutes Zeichen”. nik

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Must-Reads

Standard: Soziale Ausgewogenheit beim Hochschulzugang. Mehr als die Hälfte der Studienanfänger in Österreich kommt aus Haushalten ohne akademischen Hintergrund. An Fachhochschulen ist dieser Anteil mit 65 Prozent sogar noch höher. In den letzten Jahren gab es allerdings keine signifikanten Verschlechterungen hinsichtlich der sozialen Ausgewogenheit beim Hochschulzugang, aber auch nur wenige Verbesserungen. (IHS-Forscherin: Soziale Ungleichheit beginnt lange vor dem Studium)

Forschung & Lehre: Unternehmen profitieren von Forschungsförderung. Europäische Unternehmen profitieren besonders stark von den Fördergeldern des Europäischen Forschungsrats. Den Unternehmen gelingt es, über die Hälfte der durch ECR-Mittel geförderten Entdeckungen in wirtschaftlich ertragreiche Innovationen umzuwandeln. (“Wie innovativ forscht Europa?”)

FAZ: Özdemir schleift FDP-Hochburg. Bildungsminister Cem Özdemir geht gegen die FDP-Dominanz im Bildungsministerium vor und entlässt verbeamtete Staatssekretäre. Seine Vorgängerin hatte zahlreiche Stellen im Ministerium mit FDP-Parteifreunden besetzt. Vor allem die Absicherung von Liberalen aus ihrem hessischen Landesverband war Bettina Stark-Watzinger wichtig. (“Überall Parteisoldaten nach dem Ampel-Aus”)

NZZ: Pro-Palästina-Aktivisten vertreiben Bundesrat. Der Schweizer Außenminister Ignazio Cassis sagte eine an der Uni Freiburg geplante Podiumsdiskussion zum Thema “Schweiz in einer polarisierten Welt: Herausforderungen und Chancen für Rechtsstaatlichkeit und Demokratie” ab. Pro-palästinensische Aktivisten hatten dazu aufgerufen, die Veranstaltung zu stören. Cassis ist ihrer Ansicht nach zu israelfreundlich. (“Ignazio Cassis sagt wegen propalästinensischer Aktivisten einen Anlass an der Universität Freiburg ab”)

Merkur: Weiter Forschung für die Verteidigung. Die Linke im sächsischen Landtag fand für ihre Forderung nach einem Ende der militärischen Forschung an Sachsens Hochschulen keine Mehrheit. Nur das Bündnis Sahra Wagenknecht unterstützte die Idee einer sogenannten Zivilklausel. In der Landtagsdebatte sagte Wissenschaftsminister Sebastian Gemkow (CDU), technische Innovationen könnten Angriffe abwehren und Leben retten. (“Linke scheitern mit Antrag gegen militärische Forschung”)

Standpunkt

Ideal des kooperativen, deliberativen und machtfreien Schaffensprozesses erhalten 

Von Patrick Honecker
Patrick Honecker ist als Chief Communication Officer (CCO) Mitglied des erweiterten Präsidiums der TU Darmstadt.
Patrick Honecker ist als Chief Communication Officer (CCO) Mitglied des erweiterten Präsidiums der TU Darmstadt.

Elisabeth Hoffmann, Kommunikationschefin der Universität zu Köln, hat an dieser Stelle vor einem neuen Narrativ in der Wissenschaftskommunikation gewarnt. Die Erwartung, dass Wissenschaftskommunikation demokratiestabilisierend wirkt (so im Wissenschaftsausschuss des Deutschen Bundestags), sei angesichts der aktuellen Wahlergebnisse nicht zu halten. Wichtiger wäre es, sich an Leitlinien für gute Wissenschaftskommunikation zu halten.  

Ich schätze die Kollegin in Köln sehr, möchte aber beiden Aussagen widersprechen. Natürlich kann es nicht nur an der guten Kommunikation von wissenschaftlichen Erkenntnissen liegen, wenn wir an einer bewährten Staatsform festhalten. Wir können aber davon ausgehen, dass in einer Demokratie viele Menschen gemeinsam eine Entscheidung herbeiführen müssen. Damit eine vernünftige Auseinandersetzung über Themen stattfinden kann, brauchen wir eine valide Wissensbasis. Diese Basis stellt in einem sich wieder selbst überprüfenden Prozess die Wissenschaft her. Die evidenzbasierten Informationen können nur mit Hilfe eines professionellen Wissens über individuelle Gruppierungen und spezifisch genutzter Kommunikationskanäle passabel verteilt werden.  

Umdenken gerade nach Corona 

Gerade die oft zitierte Corona-Pandemie hat uns in dieser Hinsicht enorm viel lernen lassen. Dadurch, dass wissenschaftliche Methoden oft weder adäquat verstanden noch erläutert wurden, hat in vielen wissenschaftlichen und politischen Kreisen ein Umdenken begonnen.  

Dieses Umdenken wurde auch dadurch befeuert, dass Wissenschaftler:innen sich auf einmal viel stärker öffentlicher Kritik ausgesetzt sahen, als sie es bislang gewohnt waren. Es wurde besonders deutlich, wie schwierig es ist, über Social-Media-Kanäle unwidersprochen zu bleiben. Inklusive der Tatsache, dass auch polemische und justiziable Attacken auf Veröffentlichungen von wissenschaftlichen Ergebnissen stattfinden. Die Stärke von Wissenschaft in einer Demokratie zeigt sich besonders dadurch, dass sich Politiker:innen, Wissenschaftler:innen und Medienvertreter:innen zusammentun, um die Grundwerte der Wissenschaftsfreiheit zu verteidigen.  

Unterschiedliche Aktivitäten haben sich inzwischen herausgebildet, wie zum Beispiel der ScicommSupport. Dieser Support setzt sich für einen demokratischen Wissenschaftsdiskurs ein und macht damit das Wissenschaftssystem resilienter. Gleichzeitig rücken kommunizierende Wissenschaftler:innen und institutionelle Öffentlichkeitsarbeiter:innen enger zusammen. Kontexte werden gemeinsam analysiert, durch Austausch von Argumenten wird Konsens erzielt, eine wichtige Voraussetzung unserer deliberativen, sich beratenden Demokratie. 

Wissenschaft braucht keine neuen Regelwerke 

Zusammengefasst: Bildung muss uns grundsätzlich ein Herzensanliegen sein, denn nur wenn wir uns darüber einig sind, dass der Klimawandel eine Realität ist, können wir uns über Gegenmaßnahmen einigen. Komplexe Wissenschaftsinhalte dafür verständlich bereitzustellen, ist die Aufgabe guter Wissenschaftskommunikation. Sie ist damit demokratiestabilisierend. 

Was wir aber nicht brauchen, sind weitere Regelwerke. Die Wissenschaft hat sich selbst bereits ausreichend qualitätssichernde Verfahren auferlegt. Mit einer weiteren Leitlinie für gute Wissenschaftskommunikation schaffen wir nur Verdruss. Besonders kritisch daran sehe ich, dass diese Leitlinien als Machtinstrument eingesetzt werden könnten. Wenn sich Kommunikationsabteilungen gegenüber Wissenschaftler:innen auf Leitlinien berufen, ziehen sie eine bürokratische Hürde ein, die kontraproduktiv zu einer kreativ-leidenschaftlichen Wissenschaftskommunikation steht. Wenn das Ideal der kooperative, deliberative und machtfreie Schaffensprozess ist, dann können wir als Kommunikationsverantwortliche nicht eine zusätzliche Stopp-Linie einziehen.  

Patrick Honecker ist als Chief Communication Officer (CCO) Mitglied des erweiterten Präsidiums der TU Darmstadt. 

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  • Wissenschaftsfreiheit
  • Wissenschaftskommunikation

Heads

Denise Hilfiker-Kleiner wird die neue Präsidentin der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH). Die 63-jährige Biologin tritt am 1. Januar 2025 die Nachfolge von Michael Manns an, der nach dem Ende seiner Amtszeit in den Ruhestand gehen wird.

Andreas von Arnauld wird stellvertretender Vorsitzender der Deutschen Stiftung Friedensforschung (DSF). Arnauld ist seit 2013 Inhaber des Lehrstuhls für Öffentliches Recht mit dem Schwerpunkt Völker- und Europarecht an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel und Ko-Direktor des Walther-Schücking-Instituts für Internationales Recht.

Katharina Brinkert ist neue Co-Direktorin des Zentrums für angewandte Raumfahrttechnologie und Mikrogravitation (ZARM) an der Universität Bremen. Brinkert leitet künftig das neue Fachgebiet “Human Space Exploration Technologies” und bildet mit Marc Avila die Doppelspitze des Instituts.

Elisabeth Clausen, Direktorin des Institute for Advanced Mining Technologies der RWTH Aachen ist zur neuen Präsidentin der Society of Mining Professors (SOMP) gewählt worden.

Lutz Gürtler, Virologe und der Entdecker des HIV-Subtyps O., ist mit dem Bundesverdienstkreuz 1. Klasse ausgezeichnet worden. Der HIV-Forscher wurde für seine herausragenden Verdienste im Bereich der Virologie und der Erforschung des HI-Virus geehrt. 

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Research.Table Redaktion

RESEARCH.TABLE REDAKTION

Licenses:
    Liebe Leserin, lieber Leser,

    seit mehreren Jahrzehnten wird darüber diskutiert, wie man die inzwischen 76 Jahre alte Kultusministerkonferenz effizienter gestalten kann. Der einstige FDP-Bildungsminister Jürgen Möllemann etwa hatte ihr Arbeitstempo mal mit einer griechischen Landschildkröte verglichen. Ein wichtiger Schritt der KMK-Strukturreform wird heute vollzogen: Erstmals tagt die neue Wissenschaftsministerkonferenz eigenständig und gründet sich – nach der Entscheidung der Minister im Juni – auch offiziell.

    Das ist überfällig, denn es gab schon länger nicht mehr in jedem Bundesland einen Kultusminister, der die Themen Bildung, Kultur und Wissenschaft vereinte, sondern zuletzt fast 40 Landesminister, die mindestens eines der drei Themen verantworteten. Das Thema Wissenschaft wurde so in der KMK verzwergt.

    Die mit der WissenschaftsMK verbundene Hoffnung: Mit mehr Abstimmung und gemeinsamer Stimme der Bundesländer wird Forschungspolitik insgesamt relevanter. Oder wie Bayerns Wissenschaftsminister Markus Blume es – auf unsere Anfrage hin – selbstbewusst formuliert: “Die Bundesregierung hat hier eine gefährliche Lücke entstehen lassen, die wir Länder nun füllen werden.” Zur Premiere des neuen Formats haben wir für den besseren Überblick ein Q&A erstellt, in dem Sie alles Wichtige zu den Hintergründen und Personalien, ersten anstehenden Entscheidungen und den Prioritäten der Landesminister erfahren.

    Seit dem gestrigen Mittwoch ist klar: Metin Tolan wird nicht Präsident der Universität Göttingen bleiben. Tolan wurde am Mittwoch durch den Senat endgültig abgewählt, nachdem eine Einigungssitzung mit dem Stiftungsausschuss gescheitert war. Der Vorsitzende des Stiftungsausschusses, Peter Strohschneider, bezeichnete diesen Schritt als “unverantwortbar” und durch Sachgründe nicht hinreichend gerechtfertigt. Mit meinem Kollegen Markus Weißkopf hat Metin Tolan im Interview exklusiv über die Situation in Göttingen und die wiederholten Angriffe gegen seine Person gesprochen.

    Ich wünsche Ihnen eine informative Lektüre,

    Ihr
    Tim Gabel
    Bild von Tim  Gabel

    Analyse

    WissenschaftsMK: Minister wollen forschungspolitisches Profil der Länder schärfen 

    Bettina Martin (SPD): Seit nun schon vier Jahren Ministerin für Wissenschaft in Mecklenburg-Vorpommern.
    Wird am heutigen Donnerstag zur Vorsitzenden der Wissenschaftsministerkonferenz für das kommende Jahr gewählt: Bettina Martin (SPD), Ministerin für Wissenschaft in Mecklenburg-Vorpommern.

    Was steht auf der Agenda der ersten Sitzung der neuen WissenschaftsMK?

    Zu ihrer Premiere tagt die Wissenschaftsministerkonferenz (WissenschaftsMK) in Köln, auf dem Programm steht die offizielle Gründung des Gremiums. Es seien zunächst Fragen der “Innenausstattung” zu klären, hatte Saarlands Wissenschaftsminister Jakob von Weizsäcker (SPD) im Gespräch mit Table.Briefings gesagt. Parallel arbeitet die Strukturkommission II weiter daran, Vorschläge zur Struktur der künftigen Zusammenarbeit zwischen den nun drei Ministerkonferenzen unter dem Dach der KMK zu erarbeiten. Darüber sollen die Minister im Dezember entscheiden. Die Länder wollen sich in der ersten Sitzung aber auch über zeitkritische und drängende Themen austauschen und priorisieren. Als dritter Punkt steht die Wahl der Vorsitzenden der Wissenschaftsministerkonferenz für 2025 an. 

    Über welche Personalien wird in der ersten Sitzung entschieden? 

    Die Wissenschaftsministerinnen und -minister hatten bei ihrer Entscheidung für das neue Gremium bereits festgelegt, dass sie sich beim Vorsitz dem Länder-Rhythmus der KMK und künftig der neuen BildungsMK anpassen wollen. Für die WissenschaftsMK bedeutet das, dass die erste Sitzung von Saarlands Finanz- und Wissenschaftsminister Jakob von Weizsäcker (SPD) geleitet wird. Gleichzeitig wird am heutigen Donnerstag Bettina Martin (SPD) formell zur neuen Vorsitzenden für das Jahr 2025 gewählt. Ihr Bundesland Mecklenburg-Vorpommern übernimmt im nächsten Jahr turnusmäßig den Vorsitz. Martin ist seit 2021 Ministerin für Wissenschaft, Kultur, Bundes- und Europaangelegenheiten des Landes. Schon vor der Sitzung war klar: Neuer A-Koordinator für die SPD-regierten Länder wird Niedersachsens Wissenschafts- und Kulturminister Falko Mohrs, der von Armin Willingmann (SPD, Sachsen-Anhalt) übernimmt. B-Koordinator bleibt Bayerns Wissenschaftsminister Markus Blume

    Neben hochschul- nun auch mehr forschungsspezifische Themen

    Womit soll sich die WissenschaftsMK künftig beschäftigen? 

    Das zentrale Thema der KMK im Wissenschaftsbereich war in der Vergangenheit vor allem die Hochschulpolitik. Gemeinsame Positionen der Länder wurden unter anderem mit Blick auf die Finanzierung und Akkreditierung von Hochschulen und Studiengängen gesucht. Auch der Bologna-Prozess und die Internationalisierung der Hochschulen waren Themen, die weiterhin eine Rolle spielen dürften. Genauso wie die Qualitätsentwicklung und Exzellenzförderung oder der Zugang und die Zulassung zum Studium. In der ersten Sitzung steht etwa die Einführung einer Landarztquote beim Zugang zum Medizinstudium auf dem Programm. Auch die Debatte über bessere Arbeitsbedingungen und neue Stellenkategorien in der Wissenschaft wird sich in der WissenschaftsMK wiederfinden. Dazu kommen in dem rein auf Wissenschaft fokussierten Gremium künftig vermutlich stärker forschungs- und förderspezifische Themen. 

    Welche Prioritäten sehen die Länderminister für die WissenschaftsMK? 

    Der neue A-Koordinator Falko Mohrs (SPD) teilt auf Anfrage von Table.Briefings mit, dass es im neuen Gremium der Länder darum gehen werde, “unsere Themen selbstbewusst zu vertreten”. Dazu zählen aus seiner Sicht “die Finanzierung von Studierenden, die Exzellenzstrategie, der Hochschulbau und Forschungsinfrastrukturen“. Das gemeinsame Ziel sei es, sich zwischen den Ländern gut abzustimmen und wichtige Impulse zu setzen. Sein Vorgänger aus Sachsen-Anhalt, Armin Willingmann, hatte gegenüber Table.Briefings gefordert, dass man “hochschulrechtliche Fragen gemeinsam beantworten und mit Blick auf bessere Arbeitsbedingungen in der Wissenschaft Personalkategorien harmonisieren müsse. Einem vom BMBF mehr oder wenig widerwillig angeregten Bund-Länder-Programm für mehr Dauerstellen, hatten die Länder zuletzt eine Absage erteilt.

    Fegebank: “Müssen über möglichst schlanke Prozesse sprechen”

    Die Hamburger Wissenschaftssenatorin Katharina Fegebank (Grüne) ist sich sicher, dass man mit der neu gegründeten WissenschaftsMK das traditionsreiche Gremium KMK auf ein modernes Fundament gestellt hat. “Mit Themen wie der nachhaltigen Nutzung von Forschungsdaten, der Förderung von Wissens- und Technologietransfer oder Forschungssicherheit in der Zeitenwende gehen wir in den kommenden Jahren Themen an, die unsere Wissenschaftslandschaft zukunftsfähig machen”, sagt Fegebank auf Anfrage von Table.Briefings. Im Sinne der deutschen Wettbewerbsfähigkeit müsse man in der WissenschaftsMK auch “über die besten Rahmenbedingungen und möglichst schlanke Prozesse” sprechen. Die Grünen stellen insgesamt drei Wissenschaftsministerinnen, die sich je nach Koalition im Land den A- oder B-Ländern zuordnen.

    Für den bayerischen Wissenschaftsminister und B-Koordinator Markus Blume wird die Premiere der WissenschaftsMK “ein kleiner Gänsehaut-Moment” – auch, weil die erste Sitzung der Startpunkt für einen neuen Stellenwert von Wissenschaft und Forschung in Deutschland sein werde, teilte Blume auf Anfrage von Table.Briefings mit. “Die Bundesregierung hat hier eine gefährliche Lücke entstehen lassen, die wir Länder nun füllen werden. An dieser Stelle herzlichen Dank und Gratulation an den ersten Vorsitzenden der WissMK Jakob von Weizsäcker für den guten Start”. Es brauche in der Wissenschaftspolitik mehr Ambition, mehr Strategie und mehr Missionsdenken. Am heutigen Donnerstag werden es um Karrierewege und um die Zukunft der medizinischen Versorgung gehen – “beides dringende Aufgaben, die der Bund nicht zufriedenstellend löst”.

    Neue Struktur: Seit Jahrzehnten wird Ineffizienz der KMK kritisiert

    Warum ein weiteres Gremium? Hatte die Strukturkommission II nicht weniger empfohlen? 

    Die Aufteilung der KMK in drei Gremien für Bildung, Wissenschaft und Kultur schafft neue Strukturen, soll aber ein zentrales Problem der KMK lösen: Es gibt mit Karin Prien (CDU, Schleswig-Holstein) nur noch in einem einzigen Land eine Kultusministerin mit allen drei Zuständigkeiten. Fast 40 Minister und Ministerinnen müssten sich aktuell zu den drei “Kultus”-Themen abstimmen. In seinem viel beachteten Essay diagnostizierte der ehemalige Berliner Bildungsstaatssekretär Mark Rackles 2022, dass der “Kultus”-Ansatz schon seit Jahren überholt und der Preis “ein Verlust an Koordinationseffizienz, eine Unschärfe im Themenfokus und geringe Agilität” sei. Nichtssagende Papiere, viel zu lange Plenartagungen und überfrachtete Präsidentschaftsprogramme seien die Folge, hatte die ehemalige Kultusministerin Marianne Tidick bereits 1998 in der Festschrift zum 50-jährigen Jubiläum der KMK formuliert. 

    Wie sieht die Zusammenarbeit innerhalb der Dachorganisation KMK künftig aus? 

    Die neue WissenschaftsMK will dreimal pro Jahr physisch tagen, weitere Treffen könnten virtuell stattfinden. Eines davon soll in direkter Vorbereitung eines geplanten Jahrestreffens mit der BildungsMK und der KulturMK stattfinden. Diese Jahreskonferenz der Dachorganisation KMK soll zur Behandlung gemeinsamer politisch-strategischer Themen dienen. Im Bedarfsfall können anlassbezogen weitere bereichsübergreifende Sitzungen stattfinden. Die gleichberechtigten Vorsitzenden der drei Ministerkonferenzen sollen eine gemeinsame Spitzenstruktur bilden, die für die übergreifende politisch-strategische Koordination der KMK zuständig ist. Wie genau die neuen Strukturen der KMK aussehen, soll im Dezember entschieden werden. 

    Künftig mehr gemeinsame Absprachen, die aber nicht bindend sind

    Brauchte es noch eine neue Austauschplattform neben GWK und dem Wissenschaftsrat? 

    Beim Wissenschaftsrat und der GWK sind die Bundesländer jeweils vertreten. Es gab und gibt zwar Vorbesprechungen, bislang aber kein Gremium, in dem die Länder sich offiziell abstimmen und gemeinsame Entscheidungen treffen können. Die WissenschaftsMK trifft sich bei ihrer Premiere in Köln, in direkter Nähe zur GWK in Bonn, die am Freitag tagt. Auch vor einer der vier jährlichen Sitzungen des Wissenschaftsrates will man künftig zusammenfinden. Damit dürfte sich der zeitliche und organisatorische Mehraufwand für die betreffenden Ministerinnen und Minister in Grenzen halten. Bei der GWK am Freitag treffen die Wissenschaftsminister erstmals im offiziellen Rahmen auf den neuen Chef im BMBF, Cem Özdemir. Bayerns Wissenschaftsminister Blume ist gespannt auf das Gespräch und hält es für “gut und wichtig, dass er (Özdemir, Anm. d. Red.) im BMBF in den kommenden Monaten die Arbeitsfähigkeit gewähleistet”.

    Wie viel (Entscheidungs-)Macht hat die neue WissenschaftMK auf Länderebene? 

    Blume kündigte im Gespräch mit Table.Briefings aber auch eine “eigenständige, wirkmächtige und selbstbewusste Konferenz” an sowie eine “neue Ära des Forschungsföderalismus”. Fraglich bleibt allerdings, wie viel Durchschlagskraft das Gremium in der Realität haben wird. Ein bekanntes Problem der KMK ist, dass die Länder dort gemeinsame Beschlüsse fassen, die aber nicht bindend sind. Das wird auch in der WissenschaftsMK vorerst nicht anders sein. Ob die gemeinsamen Entscheidungen dann umgesetzt werden, wird bislang nicht mal nachgehalten. Zwar wird in der Strukturkommission II der KMK derzeit über ein systematisches Monitoring beraten, allerdings gibt es derzeit nach Informationen des Wiarda-Blogs keine Mehrheiten für ein solches Vorhaben. Bis Dezember will die Strukturkommission Empfehlungen für den Beschluss der Minister erarbeiten. 

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    Translation missing.

    Interview

    Metin Tolan: “Ich habe die Unruhe unterschätzt”

    Metin Tolan
    Abgewählter Metin Tolan: “Senatoren drohten immer schon, wenn ihnen Entscheidungen nicht gepasst haben, mit der Abwahlkarte.”

    Herr Tolan, Senat und Stiftungsausschuss konnten sich am Mittwoch nicht mehr auf eine tragfähige Lösung einigen. Der Senat hat daraufhin direkt Ihre Abwahl bestätigt. Damit sind Sie in wenigen Tagen nicht mehr Präsident der Universität Göttingen. Wie konnte es dazu kommen?

    Das war ein längerer Prozess. Die Senatoren hier in Göttingen haben immer schon, wenn ihnen Entscheidungen nicht gepasst haben, mit der Abwahlkarte gedroht. Durch die finanziell schwierige Lage mussten wir im Präsidium einige unpopuläre Entscheidungen treffen. Aus meiner Sicht haben wir diese immer gut erläutert. Aber auf der Seite des Senats gab es oft keine wirkliche Diskussionsbereitschaft.

    Also sind Reformen und Veränderungen an den niedersächsischen Hochschulen bei einem gleichzeitig besonderen Hochschulgesetz, das eine Abwahl letztlich allein durch den Senat möglich macht, nur sehr schwer umzusetzen?

    Wenn man mit dieser Möglichkeit der Abwahl nicht verantwortlich umgeht und diese nicht als letztes Mittel sieht, sondern sie einsetzt, um eigene Interessen durchzusetzen, dann ist das so.

    Die Göttinger Universität hatte sich dazu entschieden, mit nur 13 Senatorinnen und Senatoren die nach dem Gesetz kleinstmögliche Zahl zu berufen. Auch ein Problem?

    Ja, trotz Dreiviertelmehrheit müssen absolut nur wenige Personen für eine Abwahl stimmen. Und wenn man dann noch sieht, dass die sechs Personen, die nicht aus der professoralen Gruppe kommen, meist als Block abstimmen, dann ist der Weg zur Dreiviertelmehrheit nicht mehr weit. Wenn dann noch durch Einflussnahme und Manipulation eine Stimmung gegen “die da oben” erzeugt wird, relativiert sich die scheinbar hohe Hürde.

    Widerstände an der Universität gegen zentrales Budget

    Das Scheitern der Exzellenzcluster und damit auch in der Exzellenzstrategie wird immer als ein Grund für das Misstrauen des Senats gegen Ihre Person dargestellt. Dabei hatten Sie darauf kaum einen Einfluss. Ging es bei dem Streit eher um die Verteilung der Budgets? Sie wollten alle Mittel in einem großen Topf zusammenführen und dann nach Bedarf verteilen. Dagegen gab es Widerstände.

    Ja, das war und ist ein wichtiger Punkt. Da muss ich auch selbstkritisch sagen: Offensichtlich habe ich das nicht gut genug erklärt. Die Leute wollten ihr Geld in ihren Töpfen behalten und es nicht zentral zusammenführen. Trotzdem haben wir den finanziellen Turnaround geschafft. Das ist die Ironie an der Geschichte: Der große Clash passiert jetzt, gerade dann, wenn wir finanziell wieder auf einem guten Weg sind.

    Steht dahinter auch der alte Kampf gegen ein zu starkes Präsidium, der ja eigentlich an vielen anderen Universitäten schon entschieden ist?

    Das ist auch ein Punkt. Dazu gehört, dass ich am Anfang gleich eine Strukturreform durchgeführt habe. Die beinhaltet, dass die Vizepräsidentinnen und -präsidenten nicht mehr für Ressorts und bestimmte Fakultäten, sondern für Ressorts bezogen auf die gesamte Universität zuständig sind, wie es an fast allen Universitäten der Fall ist. Es bedeutet allerdings auch, dass ein Vizepräsident oder eine Vizepräsidentin nun nicht mehr “seiner” oder “ihrer” Fakultät Versprechungen machen konnte, ohne dies groß abzustimmen, sondern dass alles gemeinschaftlich im Präsidium diskutiert und beschlossen wird. Die Konsequenz ist, dass die Prozesse somit etwas länger dauern. Das hat für Unruhe gesorgt. Das habe ich unterschätzt.

    Im Rückblick: Zu schnell zu viel gewollt

    Sie wollten zu schnell zu viel?

    Die Antwort lautet ganz klar: ja. Aber unsere Aufsichtsgremien, der Stiftungsausschuss Universität und der Stiftungsrat haben die Veränderungen immer befürwortet.

    Es gab Kritik an Ihrem Zukunftskonzept für die Universität. Gibt es denn ein konstruktives Gegenkonzept Ihrer Widersacher im Senat?

    Nein, es gibt keinen Gegenentwurf. Wir wollen nach dem Scheitern in der Exzellenzstrategie dennoch zu den Top 10-Unis in Deutschland gehören. Das bedeutet, wir müssen unser Augenmerk dann auf andere Erfolgskriterien richten. Wir sind zum Beispiel sehr gut beim Einwerben von Graduiertenkollegs oder Sonderforschungsbereichen. Aber die Personen, die die Abwahl vorangetrieben haben, sind wissenschaftlich nicht einschlägig ausgewiesen. Die haben es entsprechend nicht goutiert, dass ich in einem Zukunftskonzept vor allem die Forschung in den Mittelpunkt gestellt habe.

    Generell gab es Kritik an Ihrer Kommunikation. Teilweise wurde behauptet, dass, wer gute Wissenschaftskommunikation betreibt, eben noch lange nicht gut intern kommunizieren kann. Wie bewerten Sie das?

    Ich müsste meine Kommunikationsfähigkeiten spontan verlernt haben, oder sie nur in speziellen Kontexten einsetzen können. Natürlich kann man immer sagen, man müsste mehr kommunizieren. Wir haben auch gerade einen Prozess mit der Boston Consulting Group in der Verwaltung. Zum Ende der ersten Phase gab es den Vorwurf, wir hätten dazu überhaupt nicht kommuniziert. Dabei gab es in den vier Monaten 49 Termine, in denen wir die Dinge erklärt haben. Aber das Argument “zu wenig oder zu schlechte Kommunikation” wird eben oft hervorgeholt, wenn man Führungspersönlichkeiten bewusst schaden will. Nachprüfbar ist das kaum. Es geht darum, die handelnde Person zu desavouieren.

    Gerüchte wurden in die Welt gesetzt

    Persönlich angegriffen wurden Sie auch an anderer Stelle. Von einem “Klima der Angst” ist da teilweise die Rede, das Sie geschaffen hätten.

    Bei fast allen direkten Gesprächen, die ich geführt habe, war meine persönliche Referentin dabei. Es gab Posts in den Sozialen Medien, in denen behauptet wurde, ich hätte Leute angeschrien. Alles im Anonymen. Das sind alles reine Gerüchte, die in die Welt gesetzt werden. Ich kann ausschließen, dass es so etwas je gegeben hat. Es ist jetzt ein Punkt erreicht, da geht es um meine Reputation als Mensch. Hier überlege ich, ob ich juristisch gegen diejenigen vorgehe, die das betrieben haben.

    Nochmal zurück zu den Organen der Universität – wie ist denn die Rolle des Stiftungsausschusses zu bewerten?

    Der Stiftungsausschuss hat mich in allen Punkten unterstützt.

    Die Senatoren waren immun gegen Sachargumente

    Hätte es hier vielleicht mehr Gespräche seitens des Stiftungsausschusses mit den handelnden Personen vor Ort gebraucht?

    Man hat Gespräche mit den Senatsmitgliedern geführt und auch gesagt, “Leute, das, was ihr tut, ist falsch. Die Abwahl sollte die Ultima Ratio sein”. Und eine Unterstützung von Peter Strohschneider könnte man eben auch als Zeichen sehen, dass man seine eigene Haltung vielleicht nochmal überdenkt. Die Senatoren waren aber immun gegen jede Form von Sachargumenten.

    War die Unterstützung durch den Stiftungsausschuss und auch gerade durch den Minister, Falko Mohrs, vielleicht sogar kontraproduktiv? Wollte man sich dem bewusst widersetzen?

    Das kann ich mir nicht vorstellen. Aber gut, ich konnte mir viele andere Dinge hier auch nicht vorstellen. Dass man in die Hand beißt, die einen füttert, das ist in der Tat schon erstaunlich.

    Fluktuation wie bei Bundesliga-Trainern

    Sie hatten zum Amtsantritt mit Blick auf die Querelen, die es ja zuvor schon gab, mal gesagt, dass die Dinge in Göttingen nicht so außergewöhnlich seien. Würden Sie das heute anders bewerten?

    Ja, das würde ich heute völlig anders sehen. Dass ein Senat ständig mit der Abwahlkarte droht, ist schon ein Göttinger Spezifikum. Die Versuche, mich mit diesem Instrument unter Druck zu setzen, sind quasi seit Beginn meiner Amtszeit gelaufen. In Göttingen ist jeder Respekt dem Amt des Präsidenten gegenüber verloren gegangen, wie die letzten fünf Jahre mit einer Präsidentin, drei gewählten Präsidenten, einer kommissarischen Präsidentin und einem nun neu ins Amt kommenden Kollegen deutlich zeigen. So eine Fluktuation gibt es sonst nur auf der Trainerbank in der Fußball-Bundesliga.

    Wie kann die Universität wieder in geordnete Bahnen finden?

    Es braucht eine intensive Aufarbeitung. Auch der Vorgänge zuvor, wie dem Ausscheiden von Ulrike Beisiegel und dem nicht zustande gekommenen Amtsantritt von Sascha Spoun. Das ist unter anderem durch Corona damals verhindert worden. Das Zweite ist ein anderes Rollenverständnis der Akteure. Ein Senat ist kein Aufsichts- und Kontrollgremium, sondern ist beratend tätig. Er sollte eben nicht sein Recht auf Abwahl des Präsidenten ständig missbrauchen, um seine Macht zu demonstrieren. Das Aufsichtsgremium ist ganz klar der Stiftungsausschuss. Jedes Gremium sollte sich auf seine Rolle besinnen und seine Verantwortung wahrnehmen. Dieses Rollenverständnis muss der Senat in Göttingen erst wieder von Grund auf lernen. Das ist ein weiter Weg und mit den aktuell handelnden Akteuren sicher nicht zu schaffen.

    • Exzellenzstrategie
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    • Wissenschaftskommunikation

    Termine

    25. November 2024, Haus der Leibniz-Gemeinschaft, Chausseestraße 111, 10115 Berlin
    Buchpremiere und Diskussion “Frieden verhandeln im Krieg – Russlands Krieg, Chancen auf Frieden und die Kunst des Verhandelns” Mehr

    27.-29. November 2024, Leopoldina, Jägerberg 1/Emil-Abderhaldenstr. 36, Halle (Saale)
    Symposium der Leopoldina Chancen und Herausforderungen von Flucht, Zuwanderung und Integration Mehr

    29. November 2024, 19:00 Uhr, Nikolaisaal Potsdam, Wilhelm-Staab-Straße 10-11, 14467 Potsdam
    Einsteintag der BBAW “Konflikte lösen!” Mehr

    11.-12. Dezember, Berlin
    Forum Wissenschaftskommunikation Wissenschaftskommunikation für eine starke Demokratie und offene Gesellschaft Mehr

    12. Dezember 2024, 10:30 bis 18:00 Uhr. Vertretung des Landes Sachsen-Anhalt beim Bund, Luisenstraße 18, 10117 Berlin
    Symposium der Leopoldina 10 Jahre Politikevaluierung in der Bundesregierung – Wo stehen wir heute? Ein Blick aus Wissenschaft und Politik Mehr

    News

    Meistzitierte Wissenschaftler 2024: China macht den USA zunehmend Konkurrenz

    In der Liste der einflussreichsten Forschenden, dem Clarivate-Zitationsranking, spielt China von Jahr zu Jahr eine größere Rolle. Das geht aus der Auswertung des Datenkonzerns Clarivate Analytics hervor, die in dieser Woche veröffentlicht wurde. Demnach kommen 20 Prozent der dort aktuell rund 6.600 verzeichneten Wissenschaftler aus China, 2018 waren es noch acht Prozent. Zwar liegen die USA mit 36 Prozent weiterhin deutlich vorne, ihr Anteil schrumpft jedoch, 2018 lag er noch bei 43 Prozent.  

    Großbritannien und Deutschland auf den Rängen drei und vier

    Die Auswertung für das Jahr 2024 identifizierte insgesamt 6.636 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die in den vergangenen zehn Jahren durch die Veröffentlichung mehrerer viel zitierter Beiträge einen bedeutenden Einfluss auf ihre Fachgebiete ausgeübt haben. 2.507 davon sind in den USA tätig, 1.405 in China. Auf den Rängen drei und vier: Großbritannien mit 563 Wissenschaftlern, Deutschland mit 332.

    Damit konnte Deutschland seinen 2022 und 2023 errungenen vierten Platz behaupten, 2021 war es noch Rang fünf. Der Blick auf die zehn bestplatzierten Länder zeigt jedoch auch die wachsende wissenschaftliche Stärke im gesamten Asien-Pazifik-Raum: Neu unter den Top 10-Ländern (siehe Grafik) ist Singapur, es hat Italien verdrängt, das im vergangenen Jahr auf Rang zehn war. Hongkong, der Newcomer des vergangenen Jahres, hat sich auf Rang acht verbessert und Frankreich auf den vorletzten Platz verwiesen.

    Max-Planck-Gesellschaft unter den Top 10-Forschungseinrichtungen

    Unter den Forschungseinrichtungen mit den meisten einflussreichen Wissenschaftlern liegt China mit der Chinese Academy of Sciences (CAS) sogar auf Rang eins, gefolgt von den Universitäten in Harvard und Stanford. Allerdings hinkt der direkte Vergleich: “Bei der CAS handelt es sich um ein großes Netzwerk staatlicher Institute, während Harvard eine einzelne Einrichtung ist”, kommentiert Clarivate-Chefanalyst David Pendlebury in einem Blogbeitrag. Die CAS sei eher mit den US-amerikanischen National Institutes of Health vergleichbar (Rang fünf) oder der Max-Planck-Gesellschaft (Rang 9).

    Beste europäische Forschungseinrichtungen sind die University of Oxford auf Platz sieben, das University College London auf Platz acht, gefolgt von der MPG. Im vergangenen Jahr hatte es die MPG nur auf Platz zehn geschafft, 2021 war es Platz fünf.

    Uni-Erfolge vor allem in München, Heidelberg – und Berlin

    Unter den Top 50-Forschungseinrichtungen finden sich keine weiteren aus Deutschland, aus Großbritannien hingegen vier weitere Universitäten (Cambridge, Imperial, Edinburgh und King’s). Dennoch tun sich neben der MPG, die 56 der 332 aktuell gelisteten Forschenden stellt, einige deutsche Universitäten hervor:

    • München: Technische Universität und LMU München haben 15 beziehungsweise 17 Forschende in der Clarivate-Liste.
    • Heidelberg: Universität Heidelberg (12), außeruniversitär herausragend das dortige European Molecular Biology Laboratory (14).
    • Berlin University Alliance: Charité (7), Freie Universität (5), Humboldt-Universität (3) und Technische Universität (3) zählen einzeln, zusammen kämen sie auf 18.
    • German U15: Aus dem Verbund der 15 forschungsstarken Universitäten kommen insgesamt 106 meistzitierte Forschende. Nach LMU München und Heidelberg an der Spitze: Bonn (8), Freiburg (8) und Mainz (8).

    Basis des Clarivate Rankings der Highly Cited Researchers sind Veröffentlichungen, die im Web of Science-Zitierindex am häufigsten zitiert werden. Für die diesjährige Liste wurde der Zeitraum 2013 bis 2023 in 20 Fächern ausgewertet.

    Zitationsrankings stehen unter anderem wegen ihrer Anfälligkeit für Trickserei in der Kritik. Die Bewertungs- und Auswahlkriterien seien in dieser Hinsicht noch strenger geworden, teilt Clarivate mit. In der Folge wurden im Laufe der diesjährigen Analyse etwas mehr als 2.000 Kandidaten ausgeschlossen – doppelt so viele wie im Vorjahr. Geachtet wurde zum Beispiel auf übermäßige Selbstzitierungen und Zitierkartelle. abg

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    Wirtschaftsweise Grimm fordert Studiengebühren

    Die Wirtschaftsweise Veronika Grimm will Studierende zur Kasse bitten, damit der Staat mehr Geld für frühkindliche und Grundschulbildung ausgeben kann. Grimm sagte Table.Briefings: “Wir sollten darüber nachdenken, etwa Studiengebühren einzuführen. Mit den frei werdenden Mitteln sollten wir die frühkindliche Bildung und die Grundschulen stärken, was dringend nötig ist.”

    Grimm, Wirtschaftsprofessorin an der Technischen Universität Nürnberg, unterstützt den jüngsten Vorschlag der Wirtschaftsweisen, für Bildung und Verteidigung Mindestausgabequoten einzuführen. “Dafür müssen aber auch die Voraussetzungen geschaffen werden.” Grimm: “Wir werden das Bildungswesen nur ausreichend finanzieren können, wenn wir an anderer Stelle dafür die Spielräume schaffen.”

    Sachverständigenrat will gesetzliche Fixierung der Mindestausgaben für Bildung

    Die Hausaufgaben dafür müssten in den sozialen Sicherungssystemen gemacht werden, wo die Kosten immer weiter stiegen. “Aber auch innerhalb des Bildungsbudgets müssen wir umschichten.” Weshalb Geld aus der Hochschulbildung in die frühe Bildung transferiert werden müsse. Dort gelinge es bisher nicht, allen Kindern ausreichende Startchancen zu eröffnen. In “unserer immer diverseren Gesellschaft” gebe es noch immer zu viele Kinder, die ohne ausreichende Sprachkenntnisse in die Grundschule starteten und den Rückstand in ihrer Schullaufbahn nicht wieder aufholen könnten. “Das können wir uns nicht länger leisten.” 

    Der Sachverständigenrat hatte im zweiten Kapitel seines Jahresgutachtens 2024/2025 mit dem Titel “Zukunftsorientierung der öffentlichen Finanzen stärken” geschrieben, dass es für die Bildung “eine gesetzliche Fixierung der Mindestausgaben” geben müsse. Ein “sinnvoller Indikator könnte beispielsweise ausgehend von Mindestausgaben pro Schülerin und Schüler definiert werden”. Die Länder sollte dafür eigene Quoten festlegen, um regionale Unterschiede zu berücksichtigen. Eine bundesweite Koordination wäre jedoch sinnvoll. td

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    Berlin: Wie sich die Haushaltskrise auf Hochschulen und Forschung auswirkt

    Im Land Berlin wird es zu deutlichen Einsparungen kommen: Aus der Streichliste, auf die sich die schwarz-rote Koalition geeinigt hat, geht hervor, dass der Berliner Senat im Haushalt für 2025 drei Milliarden sparen muss. Seit Dienstag besteht Gewissheit, dass praktisch alle Bereiche betroffen sind, somit auch die Berliner Hochschulen und die Forschung. So sollen etwa bei den Hochschulverträgen 100 Millionen Euro gespart werden. Sie haben ein jährliches Volumen von rund 1,7 Milliarden Euro. Am Dienstag sollen die Streichungen vom Senat beschlossen werden.

    Insgesamt muss Berlins Wissenschaftssenatorin Ina Czyborra (SPD) im Bereich Wissenschaft und Hochschulen im nächsten Jahr rund 250 Millionen Euro einsparen. Auch bei der Qualitäts- und Innovationsoffensive an Hochschulen sind erhebliche Einsparungen (Kürzung von 5,6 auf 4,6 Millionen Euro) vorgesehen, ebenso beim Investitionspakt Hochschulbau (Kürzung von fünf auf zwei Millionen Euro). Der mit 52 Millionen Euro veranschlagte Neubau des Universitären Herzzentrums der Charité soll auf kreditfinanzierte Eigenkapitalzuführung umgestellt werden.

    Im Bereich Forschung fällt auf: Die ursprünglich mit rund sechs Millionen Euro veranschlagte Förderung der Berlin Quantum Alliance entfällt ganz. Der Verbund war im Jahr 2021 mit dem Ziel gestartet, Berlin zum Hotspot für die Erforschung und Entwicklung von Quantentechnologien zu machen. Außerdem wird der Zuschuss für die Projektförderung der Einstein Stiftung Berlin um vier Millionen gekürzt, die 400.000 Euro für die Berlin School of Public Health sollen ganz entfallen.

    Julia von Blumenthal: “Die vom Land Berlin geforderten Einsparungen sind gravierend”

    Vor allem an den Hochschulen ist die Unruhe groß – denn noch ist unklar, was die Kürzungen jeweils bedeuten und wie sie verteilt werden. Darüber berät die Senatsverwaltung mit den Betroffenen. Eine Sparrunde im laufenden Jahr hatten zum Beispiel die großen Universitäten aufgefangen. Wie berichtet waren die für 2024 erforderlichen Einsparungen von 55 Millionen Euro aus den Rücklagen von Technischer Universität, Humboldt-Universität und Freier Universität bestritten worden.

    Die Berliner Hochschulen stehen vor sehr großen Herausforderungen, sagt Julia von Blumenthal, Vorsitzende der Landeskonferenz der Rektor*innen und Präsident*innen auf Anfrage von Table.Briefings. “Die vom Land Berlin geforderten Einsparungen im Hochschulbereich sind gravierend und wir benötigen nun einerseits sehr schnell Klarheit, welche Auswirkungen diese für die Berliner Hochschulen konkret haben werden. Andererseits müssen wir darauf achten, dass die Einsparungen nicht die Fortschritte der letzten Jahre zunichtemachen.”

    Die GEW Berlin befürchtet für die Hochschulen, “dass noch mehr Stellen unbesetzt bleiben und viele nur befristet beschäftigte Wissenschaftler*innen um ihre Anschlussverträge bangen müssen. Arbeitsverdichtung und Überlastung durch fehlendes Personal werden weiter zunehmen.” abg

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    HRK-Kritik: Fachantrag zu Antisemitismus kann Wissenschaftsfreiheit und Hochschulautonomie einschränken

    An der bereits beschlossenen Antisemitismusresolution des Bundestages hatte die Hochschulrektorenkonferenz (HRK) nicht öffentlich Kritik geübt. Dabei gab es auch bei dem Antrag bereits zahlreiche Stimmen aus der Wissenschaft, die vor einer Einschränkung der Wissenschaftsfreiheit warnten. Zum dazugehörigen Fachantrag, der die Antisemitismusbekämpfung an Schulen und Hochschulen in den Blick nimmt, bezieht die HRK nun Position.

    Die derzeit angedachte, hochschulspezifische Resolution könnte in ihrer Umsetzung zu einer Beeinträchtigung der Wissenschaftsfreiheit und der Hochschulautonomie führen, heißt es in einer Entschließung, die am Dienstag auf der HRK-Mitgliederversammlung in Tübingen verabschiedet wurde.

    Einfallstor für Einschränkungen und Bevormundung

    Gleichwohl begrüße man, dass sich der Deutsche Bundestag für den Schutz jüdischen Lebens einsetzt und diesbezüglich die vielfältigen Anstrengungen der Hochschulen und der HRK würdigt. Zwar seien Resolutionen des Bundestags rechtlich nicht bindend, sagte HRK-Präsident Walter Rosenthal. “Ich verstehe aber, dass in der Wissenschaft Sorge vor unzulässigen Folgewirkungen besteht.”

    Die Resolution enthalte Forderungen, die auch bei besten Absichten als Einfallstor für Einschränkungen und Bevormundung etwa in der Forschungsförderung verstanden werden könnten. “In der Beratung der HRK-Mitgliederversammlung ist deutlich geworden, dass Hochschulen darauf achten werden, dass ihre Autonomie und die Wissenschaftsfreiheit sowie die wissenschaftsgeleiteten Verfahren in Förderentscheidungen gewahrt bleiben. Die Wissenschaftsfreiheit ist für uns als Hochschulen die Grundlage allen Handelns.”

    Auf den Hochschul-Fachantrag hatten sich die Fraktionen von CDU/CSU und der Ex-Ampel nach Informationen von Table.Briefings bereits geeinigt. Durch den Bruch der Koalition ist der Fortgang nun ungewiss. abg

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    Google: Weitere 20 Millionen Dollar für KI-Grundlagenforschung

    Google.org stellt 20 Millionen Dollar für KI-gestützte wissenschaftliche Projekte bereit. Dies ergänzt die bisherigen Investitionen von 200 Millionen Dollar in den letzten fünf Jahren. Die Mittel sollen Fortschritte in Bereichen wie der Entwicklung neuer Kunststoffe, der Krebsforschung bei Frauen und dem Kampf gegen Antibiotikaresistenzen unterstützen.

    Die Ankündigung erfolgte beim “AI for Science Forum” von Google DeepMind und der Royal Society, der nationalen Wissenschaftsakademie des Vereinigten Königreichs. Google.org, der wohltätige Zweig des Konzerns, fördert seit 2005 gemeinnützige Projekte in Umwelt, Bildung, Gesundheit und Krisenbewältigung.

    Hassabis: Forschung und Unternehmen müssen stärker zusammenarbeiten

    Die Nobelpreisträger Demis Hassabis und John Jumper von Google DeepMind betonten die Bedeutung von KI in der Wissenschaft. Ihr Projekt AlphaFold hilft weltweit Forschern, Proteinstrukturen vorherzusagen, was Fortschritte bei Malaria, Parkinson und anderen Forschungsfeldern ermöglichen kann. Hassabis sieht in KI einen Schlüssel für zukünftige wissenschaftliche Durchbrüche und hofft auf verstärkte Zusammenarbeit zwischen Privatsektor und Forschung. mw mit dpa

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    Kürzungen vermieden: Parlament einigt sich auf Ausgaben für 2025

    Das Europäische Parlament konnte die Mitgliedstaaten davon überzeugen, die Mittel für Horizont Europa 2025 nicht um 400 Millionen Euro zu kürzen und stattdessen 25 Millionen Euro mehr für das Programm bereitzustellen als ursprünglich von der Kommission vorgeschlagen, berichtet das Online-Portal Science.Business.

    Zahlreiche Abgeordnete hatten sich für eine Aufstockung des F&E-Budgets um 242 Millionen Euro eingesetzt, doch der Kompromiss sieht eine bescheidenere Aufstockung vor, einschließlich zusätzlicher 15 Millionen Euro für die Gesundheitsforschung, 7,5 Millionen Euro für den Europäischen Innovationsrat (EIC) und 2,5 Millionen Euro für das Marie-Sklodowska-Curie-Programm (MSCA). Es ist das Flaggschiff-Förderprogramm der Europäischen Union für die Doktorandenausbildung und Postdoktorandenausbildung von Forschern.

    1,4 Milliarden Euro für Europäischen Verteidigungsfonds

    Die vorläufige Einigung, auf die sich das Parlament und der Rat am Samstag geeinigt haben, sieht vor, dass Horizont Europa 12,8 Milliarden Euro erhält, gegenüber 12,9 Milliarden Euro im Jahr 2024.

    Für den Europäischen Verteidigungsfonds sind 1,4 Milliarden Euro vorgesehen, um Forschungs- und Kapazitätsentwicklungsprojekte zu unterstützen, und 2,1 Milliarden Euro für die Raumfahrt, hauptsächlich für das europäische Raumfahrtprogramm.

    Für das Programm InvestEU werden 378 Millionen Euro für Forschung, grüne und digitale Transformation, Gesundheit und strategische Technologien bereitgestellt, gegenüber 348 Millionen Euro im Jahr 2024. Das Jahresbudget des Programms Digitales Europa wird jedoch von 1,3 Milliarden Euro auf 1,1 Milliarden Euro sinken.

    Zusätzlich zu der von den Abgeordneten und dem Rat vereinbarten Aufstockung um 25 Millionen Euro wird es Aufstockungen für die Forschung geben, die aus früheren Einsparungen resultieren, einschließlich 20 Millionen Euro für Horizont Europa und 62 Millionen Euro für das Studentenaustauschprogramm Erasmus+.

    Christian Ehler sieht “relatives gutes Resultat”

    Den Verhandlungsführern des Parlaments ist es außerdem gelungen, die vom Rat vorgeschlagene Kürzung von 295 Millionen Euro für Erasmus+ zu kippen.

    Das Ergebnis ist “ein relativ gutes Resultat”, sagte der deutsche Europaabgeordnete Christian Ehler, der Mitberichterstatter für die Einrichtung von Horizont Europa war, gegenüber Science.Business.

    “Wenn man es mit 2024 vergleicht, sollte man bedenken, dass das Parlament 2024 sehr erfolgreich war, zusätzliche Mittel für Horizon zu erhalten”, so Ehler. Das langfristige Horizon Europe-Budget wurde erst nach der Einigung auf das Budget für 2024 um 2,1 Milliarden Euro gekürzt. “Die Tatsache, dass das Budget relativ stabil ist, ist ein gutes Zeichen”. nik

    • Europäische Kommission
    • Europäisches Parlament
    • Forschung
    • Horizon Europe

    Must-Reads

    Standard: Soziale Ausgewogenheit beim Hochschulzugang. Mehr als die Hälfte der Studienanfänger in Österreich kommt aus Haushalten ohne akademischen Hintergrund. An Fachhochschulen ist dieser Anteil mit 65 Prozent sogar noch höher. In den letzten Jahren gab es allerdings keine signifikanten Verschlechterungen hinsichtlich der sozialen Ausgewogenheit beim Hochschulzugang, aber auch nur wenige Verbesserungen. (IHS-Forscherin: Soziale Ungleichheit beginnt lange vor dem Studium)

    Forschung & Lehre: Unternehmen profitieren von Forschungsförderung. Europäische Unternehmen profitieren besonders stark von den Fördergeldern des Europäischen Forschungsrats. Den Unternehmen gelingt es, über die Hälfte der durch ECR-Mittel geförderten Entdeckungen in wirtschaftlich ertragreiche Innovationen umzuwandeln. (“Wie innovativ forscht Europa?”)

    FAZ: Özdemir schleift FDP-Hochburg. Bildungsminister Cem Özdemir geht gegen die FDP-Dominanz im Bildungsministerium vor und entlässt verbeamtete Staatssekretäre. Seine Vorgängerin hatte zahlreiche Stellen im Ministerium mit FDP-Parteifreunden besetzt. Vor allem die Absicherung von Liberalen aus ihrem hessischen Landesverband war Bettina Stark-Watzinger wichtig. (“Überall Parteisoldaten nach dem Ampel-Aus”)

    NZZ: Pro-Palästina-Aktivisten vertreiben Bundesrat. Der Schweizer Außenminister Ignazio Cassis sagte eine an der Uni Freiburg geplante Podiumsdiskussion zum Thema “Schweiz in einer polarisierten Welt: Herausforderungen und Chancen für Rechtsstaatlichkeit und Demokratie” ab. Pro-palästinensische Aktivisten hatten dazu aufgerufen, die Veranstaltung zu stören. Cassis ist ihrer Ansicht nach zu israelfreundlich. (“Ignazio Cassis sagt wegen propalästinensischer Aktivisten einen Anlass an der Universität Freiburg ab”)

    Merkur: Weiter Forschung für die Verteidigung. Die Linke im sächsischen Landtag fand für ihre Forderung nach einem Ende der militärischen Forschung an Sachsens Hochschulen keine Mehrheit. Nur das Bündnis Sahra Wagenknecht unterstützte die Idee einer sogenannten Zivilklausel. In der Landtagsdebatte sagte Wissenschaftsminister Sebastian Gemkow (CDU), technische Innovationen könnten Angriffe abwehren und Leben retten. (“Linke scheitern mit Antrag gegen militärische Forschung”)

    Standpunkt

    Ideal des kooperativen, deliberativen und machtfreien Schaffensprozesses erhalten 

    Von Patrick Honecker
    Patrick Honecker ist als Chief Communication Officer (CCO) Mitglied des erweiterten Präsidiums der TU Darmstadt.
    Patrick Honecker ist als Chief Communication Officer (CCO) Mitglied des erweiterten Präsidiums der TU Darmstadt.

    Elisabeth Hoffmann, Kommunikationschefin der Universität zu Köln, hat an dieser Stelle vor einem neuen Narrativ in der Wissenschaftskommunikation gewarnt. Die Erwartung, dass Wissenschaftskommunikation demokratiestabilisierend wirkt (so im Wissenschaftsausschuss des Deutschen Bundestags), sei angesichts der aktuellen Wahlergebnisse nicht zu halten. Wichtiger wäre es, sich an Leitlinien für gute Wissenschaftskommunikation zu halten.  

    Ich schätze die Kollegin in Köln sehr, möchte aber beiden Aussagen widersprechen. Natürlich kann es nicht nur an der guten Kommunikation von wissenschaftlichen Erkenntnissen liegen, wenn wir an einer bewährten Staatsform festhalten. Wir können aber davon ausgehen, dass in einer Demokratie viele Menschen gemeinsam eine Entscheidung herbeiführen müssen. Damit eine vernünftige Auseinandersetzung über Themen stattfinden kann, brauchen wir eine valide Wissensbasis. Diese Basis stellt in einem sich wieder selbst überprüfenden Prozess die Wissenschaft her. Die evidenzbasierten Informationen können nur mit Hilfe eines professionellen Wissens über individuelle Gruppierungen und spezifisch genutzter Kommunikationskanäle passabel verteilt werden.  

    Umdenken gerade nach Corona 

    Gerade die oft zitierte Corona-Pandemie hat uns in dieser Hinsicht enorm viel lernen lassen. Dadurch, dass wissenschaftliche Methoden oft weder adäquat verstanden noch erläutert wurden, hat in vielen wissenschaftlichen und politischen Kreisen ein Umdenken begonnen.  

    Dieses Umdenken wurde auch dadurch befeuert, dass Wissenschaftler:innen sich auf einmal viel stärker öffentlicher Kritik ausgesetzt sahen, als sie es bislang gewohnt waren. Es wurde besonders deutlich, wie schwierig es ist, über Social-Media-Kanäle unwidersprochen zu bleiben. Inklusive der Tatsache, dass auch polemische und justiziable Attacken auf Veröffentlichungen von wissenschaftlichen Ergebnissen stattfinden. Die Stärke von Wissenschaft in einer Demokratie zeigt sich besonders dadurch, dass sich Politiker:innen, Wissenschaftler:innen und Medienvertreter:innen zusammentun, um die Grundwerte der Wissenschaftsfreiheit zu verteidigen.  

    Unterschiedliche Aktivitäten haben sich inzwischen herausgebildet, wie zum Beispiel der ScicommSupport. Dieser Support setzt sich für einen demokratischen Wissenschaftsdiskurs ein und macht damit das Wissenschaftssystem resilienter. Gleichzeitig rücken kommunizierende Wissenschaftler:innen und institutionelle Öffentlichkeitsarbeiter:innen enger zusammen. Kontexte werden gemeinsam analysiert, durch Austausch von Argumenten wird Konsens erzielt, eine wichtige Voraussetzung unserer deliberativen, sich beratenden Demokratie. 

    Wissenschaft braucht keine neuen Regelwerke 

    Zusammengefasst: Bildung muss uns grundsätzlich ein Herzensanliegen sein, denn nur wenn wir uns darüber einig sind, dass der Klimawandel eine Realität ist, können wir uns über Gegenmaßnahmen einigen. Komplexe Wissenschaftsinhalte dafür verständlich bereitzustellen, ist die Aufgabe guter Wissenschaftskommunikation. Sie ist damit demokratiestabilisierend. 

    Was wir aber nicht brauchen, sind weitere Regelwerke. Die Wissenschaft hat sich selbst bereits ausreichend qualitätssichernde Verfahren auferlegt. Mit einer weiteren Leitlinie für gute Wissenschaftskommunikation schaffen wir nur Verdruss. Besonders kritisch daran sehe ich, dass diese Leitlinien als Machtinstrument eingesetzt werden könnten. Wenn sich Kommunikationsabteilungen gegenüber Wissenschaftler:innen auf Leitlinien berufen, ziehen sie eine bürokratische Hürde ein, die kontraproduktiv zu einer kreativ-leidenschaftlichen Wissenschaftskommunikation steht. Wenn das Ideal der kooperative, deliberative und machtfreie Schaffensprozess ist, dann können wir als Kommunikationsverantwortliche nicht eine zusätzliche Stopp-Linie einziehen.  

    Patrick Honecker ist als Chief Communication Officer (CCO) Mitglied des erweiterten Präsidiums der TU Darmstadt. 

    • Demokratie
    • Wissenschaftsfreiheit
    • Wissenschaftskommunikation

    Heads

    Denise Hilfiker-Kleiner wird die neue Präsidentin der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH). Die 63-jährige Biologin tritt am 1. Januar 2025 die Nachfolge von Michael Manns an, der nach dem Ende seiner Amtszeit in den Ruhestand gehen wird.

    Andreas von Arnauld wird stellvertretender Vorsitzender der Deutschen Stiftung Friedensforschung (DSF). Arnauld ist seit 2013 Inhaber des Lehrstuhls für Öffentliches Recht mit dem Schwerpunkt Völker- und Europarecht an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel und Ko-Direktor des Walther-Schücking-Instituts für Internationales Recht.

    Katharina Brinkert ist neue Co-Direktorin des Zentrums für angewandte Raumfahrttechnologie und Mikrogravitation (ZARM) an der Universität Bremen. Brinkert leitet künftig das neue Fachgebiet “Human Space Exploration Technologies” und bildet mit Marc Avila die Doppelspitze des Instituts.

    Elisabeth Clausen, Direktorin des Institute for Advanced Mining Technologies der RWTH Aachen ist zur neuen Präsidentin der Society of Mining Professors (SOMP) gewählt worden.

    Lutz Gürtler, Virologe und der Entdecker des HIV-Subtyps O., ist mit dem Bundesverdienstkreuz 1. Klasse ausgezeichnet worden. Der HIV-Forscher wurde für seine herausragenden Verdienste im Bereich der Virologie und der Erforschung des HI-Virus geehrt. 

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    Bildung.Table. USA: Wie Trump das US-Bildungssystem umkrempeln will. Donald Trump hat versprochen, das Bildungsministerium abzuschaffen. Bildung soll an konservativen Vorstellungen ausgerichtet werden. Die richtige Frau für das Amt hat er schon gefunden. Mehr.

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    Research.Table Redaktion

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