Table.Briefing: Research

Wie die USA ihre Forschung sichert + China: Deutsche Universitäten werden vorsichtiger + Hochschulen: Wofür Angela Ittel sich einsetzt

Liebe Leserin, lieber Leser,

Rebecca Spyke Keiser ist Chief of Research Security Strategy and Policy bei der National Science Foundation in den USA. Im Interview mit Table.Briefings redet sie nicht lange um bestehende Probleme in Sachen Forschungssicherheit herum: “Das größte Sicherheitsrisiko ist der Missbrauch von Forschung und Technologie für unethische Zwecke.” Einige Länder versuchten, zum Beispiel durch Technologieklau, auf unfaire Art Wettbewerbsvorteile zu erlangen.

Keiser verweist auf chinesische Schattenlabore, in denen US-Forschung kopiert wird, aber auch Forschende beider Länder, die zur Spionage gezwungen werden – das Thema Forschungssicherheit werde immer relevanter. Die amerikanische National Science Foundation hat mehrere Strategien, das Problem anzugehen.

Dem deutschen Wissenschaftssystem wurde in der jüngeren Vergangenheit von verschiedenen Seiten ein naiver Blick auf China als Forschungspartner vorgeworfen. Unser Autor Marcel Grzanna berichtet darüber, dass sich das inzwischen an einigen Stellen ändert. Er hat in Hamburg und München Hinweise darauf gefunden, dass die politische Zeitenwende inzwischen auch an deutschen Hochschulen ankommt. Seine Gesprächspartner haben ihm allerdings auch gesagt, dass noch längst nicht alle Gefahren gebannt sind.

In diesen Tagen konstituiert sich der Ausschuss für Industrie, Forschung und Energie (ITRE) des Europäischen Parlaments. Sowohl die inhaltlichen Schwerpunkte als auch der neue Vorsitzende stehen bereits fest. Auch ist der Brandenburger Europaabgeordnete Christian Ehler (CDU/EVP) als Koordinator und Sprecher der EVP-Fraktion im ITRE-Ausschuss wiedergewählt worden. Mein Kollege Tim Gabel hat alles Wichtige zur ersten Ausschusswoche in Brüssel für Sie zusammengestellt.

Ich wünsche Ihnen eine aufschlussreiche Lektüre,

Ihre
Nicola Kuhrt
Bild von Nicola  Kuhrt

Analyse

Forschung: Wie die Zeitenwende die deutsche Wissenschaft erreicht

Uni Hamburg
Die Universität Hamburg unterzieht Forschungsanfragen aus dem Ausland inzwischen einem vertieften Prüfungsverfahren.

Chinas Positionierung im Ukraine-Krieg hat ein Umdenken in der deutschen Wissenschaft angeschoben. Spätestens seit es zahlreiche Belege dafür gibt, dass Peking seinen engen Freund und strategischen Partner Wladimir Putin militärisch unterstützt, stehen etliche Kooperationen deutscher Universitäten oder Forschungsinstitute mit chinesischen Institutionen in einem anderen Licht da. “Der Ukraine-Krieg hat die Wahrnehmung verändert. Wir können nicht wegdiskutieren, dass es neben der Partnerschaft mit China auch eine Rivalität gibt”, sagt Yannick Ringot, Koordinator des Hamburg Network on Compliance in Cooperation with China HNC³ der Uni Hamburg.

In Bereichen, wo einem intensiven Austausch mit chinesischen Partnern vor wenigen Jahren noch weitgehend bedenkenlos zugestimmt wurde, existiert inzwischen großer Bedarf an Wissen und Handlungsanweisungen. Wissenschaftler sehen sich dem Dilemma ausgesetzt, zwischen Risiken und Chancen der Zusammenarbeit abwägen zu müssen. In allen Forschungsfeldern, die Chinas Militär oder Überwachungspotenzial erweitern, “müssen die Unis und Forscher sehr vorsichtig sein”, sagt Ringot im Gespräch mit Table.Briefings.

“Universitäten haben eine gesellschaftliche Aufgabe”

Das Netzwerk HNC³ wird vom Bundesforschungsministerium finanziert und bündelt die China-Kompetenz von neun wissenschaftlichen Einrichtungen der Hansestadt. Zentraler Akteur des Netzwerks ist die Uni Hamburg, die früher als andere damit begonnen hat, noch genauer hinzuschauen, mit wem man zusammenarbeitet. Bereits Ende 2020 wurde die übliche Prüfung von internationalen Kooperationsanfragen deutlich intensiviert. Seitdem werden die Anfragen einem vertieften Prüfungsverfahren unterzogen.

Die Implementierung dieser detaillierten Evaluierung resultierte aus der “dynamischen weltpolitischen Lage”, aus der sich zunehmend eine Systemrivalität zwischen Demokratien und Autokratien herauskristallisiert hat. “Unsere Universitäten haben eine gesellschaftliche Aufgabe. Es kann nicht sein, dass sie dabei helfen, China militärisch aufzurüsten”, sagt Ringot. Das Prozedere wurde bereits mehrfach im Detail angepasst, um dem Risikopotenzial zunehmend gerecht zu werden. Das häufige Nachjustieren steht sinnbildlich für die Defizite, die noch vor wenigen Jahren bei den Prüfungen an den deutschen Unis existiert haben.

Chancen überstrahlten viele Jahre die Risiken

Auch weil “Nein” zu sagen, nicht immer leicht fällt. China lockt mit großzügigen Finanzierungen von Forschungsprojekten, mit gut ausgebildeten Gast-Wissenschaftlern und mit hochmodern ausgerüsteten Partner-Einrichtungen. Viele Jahre überstrahlten die Chancen einer Zusammenarbeit die möglichen Gefahren für die Deutschlands Souveränität, nationale Sicherheit und die Forschungsfreiheit. Doch die Zeitenwende hat auch die Wissenschaft erreicht.

“Wir sehen gerade in Bereichen der Exportkontrolle eine deutlich größere Sensibilisierung und Sorge”, sagt die Wirtschaftsethikerin mit China-Schwerpunkt, Alicia Hennig vom Internationalen Hochschulinstitut (IHI) Zittau an der TU Dresden. Deutlich wurde das beim Bundesarbeitskreis Exportkontrolle und Wissenschaft, wo Mitte Juni rund 130 Vertreter von Universitäten und Forschungseinrichtungen über den Umgang mit den Gefahren und Konsequenzen einer Zusammenarbeit debattierten. Hennig selbst arbeitete fünf Jahre an einer chinesischen Uni als Dozentin, ehe sie nicht mehr bereit war, die ideologischen Grenzen in der Lehre aus Rücksicht auf die Gastgeber einzuhalten, und das Land verließ.

Hamburger Prüfverfahren ist länderunabhängig

Im Rahmen des Arbeitskreises erkannte Hennig jedoch “viel Frustration darüber, dass der Bund keine zentrale Rolle bei der Risikobewertung für die Unis einnimmt. Das Bundesforschungsministerium (BMBF) hatte in seinem Positionspapier zur Forschungssicherheit im März 2024 zwar angekündigt, “die Überprüfung und (Weiter-)Entwicklung entsprechender Leitlinien und Instrumente durch die Wissenschaft” im Rahmen ihrer Verantwortung aktiv begleiten zu wollen. Dennoch bleibt die finale Entscheidung an den Universitäten hängen.

Problematisch dabei: Viele Wissenschaftler besitzen wenig oder gar keine China-Kompetenz. Sie bewerten Risiken nach eigenen Mustern aus ihren persönlichen Werten und Erfahrungen. Sie können weder die persönlichen Hintergründe chinesischer Wissenschaftler einordnen noch die Verknüpfung von Partner-Institutionen in staatliche Rüstungsindustrie- oder Überwachungsprogramme identifizieren. Die Uni Hamburg will diese Lücken schließen. Ihr vertieftes Prüfungsverfahren ist dabei länderunabhängig. Auch die Anfragen aus anderen Staaten werden genau unter die Lupe genommen, zumal wenn diese autokratische Struktur aufweisen. Dennoch sind es Anfragen zu Kooperationen mit chinesischen Partnern, die die meisten Verfahren in Gang setzen.

Laufendes Projekt von der Uni Hamburg beendet

Die deutliche Mehrheit der bisher etwa 20 geprüften Verfahren betreffen MINT-Fächer. Die allermeisten bekamen grünes Licht. In einem Fall wurde eine laufende Zusammenarbeit jedoch beendet. Das betroffene drittmittelfinanzierte Projekt befasste sich mit maschinellem Lernen und KI. Als der Antrag der dritten Phase ins Rollen kam, gab es eine Reihe von offenen und kritischen Fragen, die nach intensiven Diskussionen und Abwägungen gegen eine Fortsetzung sprachen.

Die Prozedur benötigt Zeit: Einer Einstufung nach der Länderliste des Academic Freedom Index (AFI) folgt im Zweifelsfall die erforderliche fachbezogene Einstufung nach Forschungsbereichen mit erhöhtem Risiko beziehungsweise Exportkontrollrelevanz. Weisen auch die Kriterien des Bundesamtes für Ausfuhrkontrolle ein hohes Risiko aus, geht die Prüfung ins Detail. Die Uni holt danach Selbstauskünfte von Projektverantwortlichen und die Einschätzungen von einer Handvoll Abteilungen ein, stimmt sie miteinander ab, hält Rücksprache und entwirft schließlich eine Vorlage für das Präsidium. Dort wird letztlich entschieden, ob eine Kooperation zustande kommt oder nicht.

Spezifisches Informationsangebot an der TU München

Auch an der TU München ist man vorsichtig geworden. “In den vergangenen Jahren haben wir eine hohe Sensibilität wie auch verstärkten Beratungsbedarf unserer Forschenden hinsichtlich internationaler Kooperationen festgestellt”, teilt die Uni mit. China steht dabei ganz besonders im Fokus. Die TU hat deshalb im Rahmen ihrer 2022 entwickelten Global Engagement Principles einen Round Table zu China eingerichtet, der ein spezifisches Informationsangebot und Empfehlungen für die Forschenden anbietet. Einerseits soll damit zur weiteren Sensibilisierung beigetragen werden. Andererseits will man die Möglichkeit für eine bestmögliche Ausgestaltung von wissenschaftlicher Kooperation schaffen. Generell orientiere man sich an den Leitfragen der Hochschulrektorenkonferenz zur Zusammenarbeit mit Partnern in China.

Ebenso wird an der Freien Universität Berlin ein Sensibilisierungsprozess vor allem von der Abteilung Internationales sowie seitens des Rechtsamts vorangetrieben. Ein vertieftes Prüfungsverfahren befindet sich seit Anfang des Jahres in einer Testphase. Bislang gab es bei Drittmittelanträgen lediglich eine Empfehlung oder die Universitätsverwaltung konnte, “im Fall bestimmter Länder wie China”, eine Prüfung ihrerseits einfordern. Zusätzlich hat die Freie Universität einen China-Beirat eingerichtet, der die Hochschulleitungen bei Kooperationen mit China berät.

Gefahren sind noch lange nicht gebannt

Drittmittelanträge mit China werden nach Beratung durch die Forschungsabteilung von der Abteilung Internationales – und hier vor allem von den Länderbeauftragen – geprüft. Auch hier lauten die Kernfragen: Drohen Eingriffe in die Wissenschaftsfreiheit oder Verstöße gegen das Exportkontrollrecht?

Aktuell weist die Forschungsdatenbank der Freien Universität sechs laufende Kooperationen mit China aus, die alle vollständig durch die Europäische Union (Horizon), den DAAD, die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) oder andere internationale Organisationen finanziert sind. Dazu kommen zwei Langzeitprojekte mit zum Teil chinesischer Finanzierung – das von der Peking Universität, der FU und der Humboldt-Universität getragene Zentrum für Deutschlandstudien, das vom DAAD und den drei Partnern finanziert wird. Ferner finanziert China das Konfuzius-Institut an der FU, “das jedoch getrennt vom universitären Lehrbetrieb agiert und vor allem Sprachkurse und Kulturveranstaltungen anbietet”, wie es in einer Stellungnahme der Uni heißt.

Die Beispiele zeigen, dass Teile der Wissenschaft in Deutschland nicht mehr bereit sind, chinesische Kooperationsanfragen um jeden Preis anzunehmen. Sind die Gefahren gebannt? Noch lange nicht, sagt Wirtschaftsethikerin Hennig. “Es gibt in manchen Bereichen der deutschen Wissenschaften deutliche Fortschritte. In anderen Bereichen tut man sich weiterhin sehr schwer oder es fehlt der Wille, den Risiken geeignete Mechanismen entgegenzusetzen.”

  • DAAD
  • DFG
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  • Wissenschaftsfreiheit
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Interview

Rebecca Spyke Keiser: Wie die NSF für Forschungssicherheit sorgen will

Rebecca Spyke Keiser ist bei der National Science Foundation (NSF) in den USA für Forschungssicherheit und -strategie verantwortlich.
Rebecca Spyke Keiser ist bei der National Science Foundation (NSF) in den USA für Forschungssicherheit und -strategie verantwortlich.

Frau Keiser, was ist aktuell die größte Herausforderung im Bereich der Forschungssicherheit? 

Das größte Sicherheitsrisiko ist der Missbrauch von Forschung und Technologie für unethische Zwecke. Dazu kommt, dass einige Länder versuchen, zum Beispiel durch Technologieklau, auf unfaire Art Wettbewerbsvorteile zu erlangen. Damit wiederum können sie auch stärker Einfluss über internationale Organisationen bekommen. 

Welche Länder haben Sie besonders im Blick? 

Das sind die sogenannten countries of concern, die Volksrepublik China, Russland, Nord-Korea und Iran. Diese sind auch im Chips and Science Act, der 280 Milliarden Dollar für die US-amerikanische Halbleiterforschung bereitstellt, konkret benannt. 

“Safeguarding” für die Wissenschaft

Wie können wir im Umgang mit diesen Ländern gleichzeitig offen und nicht naiv sein? 

Es gibt diesen Satz, der oft zitiert wird: “So offen wie möglich, so sicher wie nötig.” Mir gefällt das eigentlich nicht so. Weil der Satz suggeriert, dass man entweder das eine oder andere haben kann. Wir müssen aber beides gemeinsam umsetzen. Wenn ich an Sicherheit denke, dann geht es nicht darum, uns abzuschotten. Aus meiner Sicht brauchen wir eine Art “Safeguarding” für die Wissenschaft.  

Was bedeutet das?  

Wir müssen durch Kommunikation, Trainings und Bildung vermitteln, wie man in der täglichen Arbeit mit diesen Risiken umgehen kann. Zum Beispiel, dass wir vorsichtig mit vorläufigen Ergebnissen oder der Beschreibung der Methoden sind. Denn wir haben gesehen, dass Regierungen aus den eben genannten Ländern diese Ergebnisse auf unethische Art verwenden oder Ergebnisse und Methoden als ihre ausgeben. 

Gibt es dafür konkrete Beispiele? 

Das größte Land, das seine Wissenschaftler teilweise dazu zwingt, Know-how aus anderen Ländern abzugreifen, ist die Volksrepublik China. Wir sehen zum Beispiel, dass dort Schattenlabore aufgebaut werden, in denen US-Forschung kopiert wird. Oder wir sehen Wissenschaftler, die in den USA forschen und die gezwungen wurden, für die chinesische Regierung zu arbeiten. Auch deren Ergebnisse haben dann chinesische wissenschaftliche Einrichtungen für sich reklamiert. Wir erleben auch, dass Know-how, anders als zuvor behauptet, für militärische oder unethische Zwecke genutzt und damit missbraucht wird. 

Secure-Center soll die Wissenschaft unterstützen

Ein neues Zentrum für Forschungssicherheit namens Secure soll helfen. Was steckt dahinter? 

Secure wird die Community in den USA beim Safeguarding unterstützen. Das Zentrum wird Werkzeuge zur Verfügung stellen, sodass Wissenschaftler und ihre Institutionen ihre eigenen Risikobewertungen vornehmen können. Und man kann über das Secure-Center Informationen zu potenziellen Partnern einholen. Zum Beispiel, ob diese Verbindungen zum chinesischen Militär unterhalten. Aber das Center soll sich nicht nur auf Risiken konzentrieren, sondern auch Chancen der Kooperation beleuchten. 

Wann wird Secure starten und wie viel Geld steht zur Verfügung? 

Wir hoffen, dass Secure ab Januar 2025 arbeitsfähig ist. Wir sind gerade dabei, alles vorzubereiten. Von diesem Zeitpunkt an haben wir eine Finanzierungszusage für fünf Jahre, aber unsere Budgets werden jährlich freigegeben. Secure wird mit zehn Millionen Dollar jährlich gefördert, also 50 Millionen insgesamt. Darüber hinaus hoffen wir, dass dazu noch 3,5 Millionen Dollar jährlich für Secure Analytics kommen. Damit wollen wir Tools für die Hochschulen entwickeln, sodass diese ihre eigenen Bewertungen vornehmen können. 

Auf keinen Fall ganze Forschungsbereiche infrage stellen

Sehen Sie auch Handlungsbedarf im gesetzlichen Bereich? 

Gesetzlich sind wir gut aufgestellt. Wir haben zum Beispiel einige Passagen zu Research Security im Chips and Science Act, auf die wir nun aufbauen können. Im National Defense Authorization Act sind ebenfalls Regelungen zu Research Security enthalten, die nicht nur fürs Militär, sondern auch für andere Bereiche gelten. Es kann sein, dass in Zukunft weitere Regulierungen auf uns zukommen. Mein Wunsch ist jedoch, unser offenes Wissenschaftssystem zu erhalten und auf keinen Fall ganze Forschungsbereiche infrage zu stellen.  

Demnach ist Secure zum Erfolg verdammt, damit die Gesetze nicht härter werden. 

Ja, wir müssen zeigen, dass das, was wir gerade haben, auch umgesetzt wird, dass wir eine Kultur der Forschungssicherheit und dafür vorgesehene Maßnahmen umsetzen. 

Zusammenarbeit mit anderen nationalen Zentren 

Deutschland wählt bekanntlich einen anderen Weg. Die Ministerin weist den Universitäten selbst die Lösung des Problems zu. Ein nationales Zentrum soll es nicht geben. Was denken Sie über diese Herangehensweise? 

Es gibt viele verschiedene Modelle. Durch die Zusammenarbeit beim Aufbau der nationalen Zentren sind wir in regem Austausch mit Ländern wie dem UK oder den Niederlanden, die einen ähnlichen Ansatz haben. Grundsätzlich müssen alle das so organisieren, dass es in ihrem System funktioniert. Letztendlich kommt es darauf an, die Kommunikation über das Thema aufrechtzuerhalten. Dazu sind wir in Deutschland im Gespräch mit dem BMBF, auch über die G7.  

Kommen die Anstrengungen in diesem Bereich nicht viel zu spät? 

Keine Frage, es ist höchste Zeit, etwas zu tun. Es gibt Wissenschaftler aus kritischen Ländern und Institutionen, die zu uns kommen oder mit uns Forschung betreiben. Und gerade China macht ja auch öffentlich deutlich, was es von diesen erwartet. Das schauen wir uns jetzt kritischer an. In dieser Hinsicht müssen wir auch mit Deutschland zusammenarbeiten. Aber es steht mir nicht zu, Ratschläge an das deutsche Forschungssystem geben.  

Wie optimistisch sind Sie, dass das Thema Forschungssicherheit auch nach der Präsidentenwahl im November noch eine wichtige Rolle spielt? 

Wir hatten immer die überparteiliche Unterstützung für die NSF und die Research Security. Das kommt auch daher, dass die Aktivitäten noch in der vorherigen Legislatur begonnen haben. Die Biden-Administration hat viele Dinge übernommen. Daher sind wir optimistisch, dass die Unterstützung auch nach November weitergeht.  

Rebecca Spyke Keiser ist bei der National Science Foundation (NSF) in den USA für Forschungssicherheit und -strategie verantwortlich. Ihre Position des Chief of Research Security Strategy and Policy (CRSSP) wurde im März 2020 geschaffen, um die Sicherheit der staatlich finanzierten Forschung zu gewährleisten und gleichzeitig eine offene internationale Zusammenarbeit aufrechtzuerhalten. 

In dieser Funktion berät Keiser die NSF-Präsidentin in allen Aspekten der Forschungssicherheitsstrategie. Außerdem leitet sie die Bemühungen der NSF zur Entwicklung und Umsetzung von Maßnahmen zur Verbesserung der Forschungssicherheit sowie die Koordinierung der Behörde mit anderen Bundesbehörden und dem Weißen Haus.

Die Langfassung des Interviews lesen Sie hier.

  • BMBF
  • Chips
  • Forschungssicherheit
  • National Science Foundation
  • USA
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Termine

12./13. September 2024, FU Berlin
Jah­res­ta­gung des Netz­werks Wis­sen­schafts­ma­nage­ment Für Frei­heit in Kri­sen­zei­ten. Per­spek­ti­ven aus dem Wissenschaftsmanagement Mehr

19. September 2024, ab 11 Uhr, Körber-Stiftung, Hamburg
Hamburg Science Summit 2024 “Europe’s Path Towards Tech Sovereignty” Mehr

24. September 2024, 10:30 bis 16:15 Uhr, Haus der Commerzbank, Pariser Platz 1, 10117 Berlin
Forum Hochschulräte Starke Marken, klarer Kern: Strategische Schwerpunktsetzung und Markenbildung bei Hochschulen Mehr

25. September 2024, Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt (KU)
Jahreskolloquium des Bayerischen Wissenschaftsforums Transformationskompetenz in Wissenschaft und Hochschule Mehr

26. September 2024, 12:00 bis 13:00 Uhr, Webinar
CHE talk feat. DAAD KIWi Connect Transfer und Internationalisierung – Warum ist es sinnvoll, beides gemeinsam zu denken und was braucht es hierzu? Mehr

26./27. September 2024, Leopoldina, Jägerberg 1, 06108 Halle (Saale) und Online
Jahresversammlung 2024 der Leopoldina Ursprung und Beginn des Lebens Mehr

23. bis 25. Oktober 2024 am ETH AI Center in Zürich, Schweiz
Jahrestagung der Gesellschaft für Medien in der Wissenschaft (GMW) und CampusSource Agilität und KI in Hochschulen Mehr

News

“Scorecard” Forschung und Innovation: So steht Deutschland im Vergleich der G20 da

Mit einem hohen Anteil von Forschenden in der Bevölkerung sowie überdurchschnittlich vielen Patentzitationen steht Deutschland in der jährlichen Bewertungsliste “G20-Scorecard” relativ gut da. Der vom Institute for Scientific Information (ISI) des Unternehmens Clarivate jährlich veröffentlichte Bericht untersucht die Forschungs- und Innovationsleistungen der einzelnen G20-Mitglieder und ist in interaktiven Grafiken einsehbar.

Die Scorecard soll Wissenschaftlern und politischen Entscheidungsträgern Einblicke in globale Trends in der Forschung geben. Dafür werden unter anderem Daten über Patent- und Publikationszitationen erhoben, aber auch, wie kollaborativ und zugänglich die Forschung in den jeweiligen Ländern ist. Neuerdings lässt sich außerdem die Forschung im Bereich der Nachhaltigkeitsziele vergleichen. In diesem Jahr sind zum ersten Mal auch Daten für die Europäische Union enthalten sowie für das neue ständige Mitglied der G20, die Afrikanische Union.

Die wichtigsten Ergebnisse aus deutscher Sicht

  • Mit 8,3 Forschenden pro 1.000 Einwohner ist die Wissenschaftlerdichte in Deutschland hoch. Einzig Südkorea schneidet mit 11,6 pro 1.000 Einwohner besser ab. Fast so gut wie Deutschland sind Japan (8) und Großbritannien (7,9).
  • Open Access: Fast 64 Prozent der im Jahr 2023 erstellten deutschen Veröffentlichungen waren frei zugänglich. Zum Vergleich: Der Open-Access-Anteil der USA lag 2023 bei 47,9 Prozent, in China bei 38,3 Prozent, in Italien und UK bei 67 Prozent.
  • Impact von Patenten: Bei der Zitation von Patenten liegt Deutschland im Bereich Medizin und Lebenswissenschaften deutlich über dem Durchschnitt. Bei der Zahl der Patentanmeldungen liegt China mit Abstand vorn (1,5 Millionen im Jahr 2022), Deutschland mit 157.000 auf Rang 5.
  • Impact von Studien: Bei der Zitierhäufigkeit liegt Deutschland mit einem Category Normalized Citation Impact (CNCI) von 1,22 für den Zeitraum 2014 bis 2023 über dem Durchschnitt und an siebter Stelle. Die beste Kennzahl erreicht Großbritannien mit 1,39. Ein CNCI-Wert von mehr als 1,0 bedeutet, dass eine Arbeit häufiger zitiert wird als im weltweiten Durchschnitt.
  • Mit einem Frauenanteil bei den Forschenden von 29,4 Prozent liegt Deutschland auf dem drittletzten Platz. Noch schlechter sind Südkorea (23 Prozent) und Japan (18,3 Prozent). Führend: Argentinien mit 53,6 Prozent und Südafrika (47 Prozent). abg
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ITRE konstituiert sich: Christian Ehler erneut zum EVP-Sprecher gewählt worden

Der Brandenburger Europaabgeordnete Christian Ehler (CDU/EVP) ist als Koordinator und Sprecher der EVP-Fraktion im Ausschuss für Industrie, Forschung und Energie (ITRE) des Europäischen Parlaments wiedergewählt worden. “Es ist mir eine große Ehre, erneut das Vertrauen meiner Kolleginnen und Kollegen im ITRE-Ausschuss erhalten zu haben und sie in den nächsten Jahren im Ausschuss führen zu dürfen”, sagt Ehler. Der Forschungspolitiker war in der vergangenen Legislaturperiode Ko-Berichterstatter für Horizont Europa und will sich auch am Gesetzgebungsprozess für das 10. Forschungsrahmenprogramm (FP10) beteiligen.

Der ITRE-Ausschuss werde in der anstehenden Legislaturperiode eine strategisch wichtige Rolle spielen, um Europas Wettbewerbsfähigkeit zu stärken und die Weichen für ein starkes, innovatives und nachhaltiges Europa zu stellen, sagte Ehler. Als Koordinator daran aktiv mitzuwirken, sei eine besondere Aufgabe. Ehler hatte das Amt bereits in den vergangenen fünf Jahren inne. “Ich freue mich auch auf die Zusammenarbeit mit meiner geschätzten bulgarischen Vize-Koordinatorin Eva Maydell.” Maydell ist mit 38 Jahren das jüngste Mitglied der EVP und eine Abgeordnete der bulgarischen Mitte-Rechts-Partei GERB.

Borys Budka soll neuer ITRE-Vorsitzender werden

Am Dienstag findet in Brüssel die konstituierende Sitzung des ITRE statt. In dieser Sitzung wird der Ausschuss sein Präsidium, bestehend aus einem Vorsitzenden und stellvertretenden Vorsitzenden, für ein zweieinhalbjähriges Mandat wählen. Beste Chancen auf das Amt soll der polnische Europaabgeordnete Borys Budka (EVP) haben. Nach Informationen des Fachportals ScienceBusiness übernimmt er den Vorsitz vom rumänischen Europaabgeordneten Cristian Bușoi, während die Verhandlungen über die Ausgestaltung des FP10 beginnen. 

Budka ist seit den 1990er Jahren politisch aktiv und war zwischen 2002 und 2011 Stadtrat im polnischen Zabrze. 2006 trat er der Partei Bürgerplattform bei und wurde 2011 in den Sejm gewählt, das Unterhaus des polnischen Zweikammerparlaments. Budkas politische Karriere umfasst eine Amtszeit als Justizminister im Jahr 2015 und als Minister für Staatsvermögen von Dezember 2023 bis Mai 2024. Er trat zurück, um für das Europäische Parlament zu kandidieren.

Herausforderungen: Klimawandel und Wettbewerbsfähigkeit

“Der Schwerpunkt des Ausschusses wird wahrscheinlich auf der Bewältigung der Herausforderungen des globalen Klimawandels liegen, wobei man sich gleichzeitig der Aufrechterhaltung der globalen technologischen Wettbewerbsfähigkeit Europas bewusst sein muss”, sagte Lidia Borrell-Damián, auf Anfrage von ScienceBusiness. Borrell-Damián ist Generalsekretärin von Science Europe, einem Zusammenschluss europäischer Forschungsorganisationen. Die erste reguläre ITRE-Sitzung findet am Mittwoch statt. tg

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Hessen: Offener Brief gegen Kürzungen

Nachdem bereits die Rektoren und Studierende protestiert hatten, melden sich jetzt auch die Professoren. In ihrem offenen Brief warnen sie vor empfindlichen Einschnitten “im Bereich der Kernaufgaben der Hochschulen: Forschung und Lehre“, die durch den Sparkurs der Regierung notwendig würden. 

34 Millionen Euro Einsparungen im Etat von Wissenschaftsminister Timon Gremmels sieht der Nachtragshaushalt der neuen schwarz-roten hessischen Landesregierung für 2024 vor. Und auch in 2025 muss man sparen. Daneben steht man jedoch zum laufenden Hochschulpakt, der vier Prozent mehr für die Hochschulen im Land bringt. Gespart werden soll in anderen Bereichen.

Kostensteigerungen belasten Hochschulen zusätzlich

Das Problem sei allerdings, dass schon die durch den Hochschulpakt garantierten Aufwüchse die aktuellen Kostensteigerungen nicht wettmachen. Die Lasten für die Hochschulen durch weiterhin erhöhte Energiekosten, Baukostensteigerung und Erhöhung der Personalkosten infolge des jüngsten Tarifabschlusses seien massiv angestiegen, schreiben die Autoren des offenen Briefes.

Einer der Initiatoren, Lambert Alff von der TU Darmstadt erläutert gegenüber Table.Briefings, dass die Kürzungen auch nicht mehr durch eine verstärkte Drittmitteleinwerbung kompensiert werden könnten. Schließlich müssten beispielsweise DFG oder BMBF auch sparen und können weniger verteilen. 

Hoffnung auf den nächsten Hochschulpakt

Viele der Akteure setzen nun bereits auf den neuen hessischen Hochschulpakt, der ab 2026 laufen soll. Dort wolle man ein stabiles Sockelbudget sowie einen Ausgleich für den neuen Tarifvertrag erreichen, sagte kürzlich die Präsidentin der Uni Kassel, Ute Clement.

Alff und bisher mehr als 390 Mitunterzeichnende halten sich mit konkreten politischen Forderungen zurück. Sie wollen auf die Folgen der Kürzungen aufmerksam machen. Diese könnten “langfristig schädliche Wirkungen für Zukunftsfähigkeit haben, denn einmal verloren gegangene Expertise im Wissenschaftsbereich kann nicht kurzfristig wiederhergestellt werden“. Man wünsche sich daher Entscheidungen mit Weitblick und langfristiger Perspektive. mw

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Haushalt 2025: AiF kritisiert Kürzungen bei ZIM

Die Arbeitsgemeinschaft industrieller Forschungsvereinigungen (AiF) spricht sich gegen die im Bundeshaushaltsgesetzentwurf 2025 geplante Mittelkürzung des Zentralen Innovationsprogramms Mittelstand (ZIM) aus. “In Anbetracht der aktuell geringen Wachstumsraten und der herausragenden Anforderungen an die deutsche Wirtschaft halten wir die angedachte Kürzung von über 17 Prozent für ein falsches Signal”, erklärt AiF-Vorstand Thomas Reiche in einer Mitteilung.

Reiche verweist dabei auf einen aktuellen Evaluationsbericht von Anfang Juli, den das Bundeswirtschaftsministerium in Auftrag gegeben hatte. Demnach ist das ZIM-Programm eines der wichtigsten und erfolgreichsten Forschungsförderprogramme in Deutschland. Die derzeit geplante Reduzierung von 628 (2024) auf 519 Millionen Euro (2025) stehe nicht im Verhältnis zu den Bedarfen und der Wirtschaftssituation in Deutschland, schreibt die AiF in einer Mitteilung und fordert eine Nachjustierung.

Habeck verweist auf Entlastungen und die Forschungszulage

Dass die Mittel für die Industrielle Gemeinschaftsforschung und das INNO-KOM-Förderprogramm (insgesamt rund 253 Millionen Euro für 2025) laut aktuellem Entwurf nicht gekürzt werden sollen, sei in Anbetracht des deutlich geringeren Gesamthaushalts des Bundesministeriums positiv zu werten. Allerdings komme dies mit Sicht auf die erheblich gesteigerten Kosten für die forschungsaffinen Unternehmen einer Reduzierung gleich, betonte Reiche.

In seiner Mitteilung zum Haushaltsentwurf umging Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck die Kürzungen bei ZIM. Habeck betonte dagegen die Möglichkeit zu beschleunigten Abschreibungen und einer verbesserten Forschungszulage, die die Bundesregierung in ihrer parallel zum Haushaltsentwurf beschlossenen Wachstumsinitiative vorgesehen habe. Zudem werde das Vergaberecht einfacher, der Datenschutz entschlackt und kleine und mittlere Unternehmen besonders entlastet, teilte der Vizekanzler mit. tg

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Heads

Angela Ittel – progressive Netzwerkerin, auch außerhalb der TU Braunschweig

Die Präsidentin der TU Braunschweig und Vizepräsidentin der HRK, Angela Ittel, setzt sich forschungspolitisch für Interdisziplinarität, den wissenschaftlichen Nachwuchs, Internationalisierung, Gleichstellung und Diversität ein.

Angela Ittel, seit 2021 Präsidentin der TU Braunschweig, hat eine genaue Vorstellung davon, was gute Hochschulleitung ausmacht: “Man muss strategisch denken und vernetzen können, aber auch politisch aktiv sein und eine Vision haben.” Ittel will die TU Braunschweig noch forschungs- und transferstärker, internationaler, diverser und auch gleichstellungsgerechter machen, um sie hinsichtlich des Wettbewerbs um Forschungsgelder und um Studierende für die Zukunft gut aufzustellen.

Nach einem Studium an der Florida International University (USA) promovierte Ittel 1997 an der University of California at Santa Cruz (USA) im Fach Entwicklungspsychologie. 2005 habilitierte sie an der Freien Universität Berlin und wurde 2008 zur Professorin für Pädagogische Psychologie an die TU Berlin berufen. 2014 kam dann der Wechsel in das Wissenschaftsmanagement: Bis 2021 war die Wissenschaftlerin hauptberufliche Vizepräsidentin der TU Berlin und verantwortete dort die Bereiche strategische Entwicklung, Förderung in der frühen Karrierephase und Lehrkräftebildung.

Personen vernetzen, damit exzellente Forschungsfragen entstehen

“Aus den Erfahrungen, die ich während meiner Zeit in den USA gesammelt habe, schöpfe ich bis heute”, sagt sie. Obwohl eine Hochschulleitung nicht ihr berufliches Ziel gewesen sei, habe sie doch “eine wirkliche Leidenschaft” für das Wissenschaftsmanagement entwickelt, erklärt Ittel: “Ich sehe meine Aufgabe und auch Begeisterung darin, Personen zu vernetzen. Daraus können sich exzellente Forschungsfragen entwickeln.” Seit Oktober 2022 führt Angela Ittel auch die TU9-Allianz als Doppelspitze mit der Präsidentin der TU Darmstadt Tanja Brühl.

In einer durchschnittlichen Arbeitswoche gibt es zunächst mal viele interne Termine zur Absprache von aktuellen Themen. Dann kommen noch externe Verpflichtungen, etwa zur Repräsentanz der TU nach außen, dazu. Ittel fährt etwa zur Präsidiumssitzung der Hochschulrektorenkonferenz, in der sie seit 2023 das Amt der Vizepräsidentin für Internationales, Gleichstellung und Diversität innehält. Zuletzt hatte sie sich dafür starkgemacht, dass die HRK der Nationalen Kontaktstelle der sogenannten Coalition for Advancing Research Assessment (CoARA) als Gast beitritt. Sie ist in der HRK auch Leiterin der Arbeitsgruppe Forschungsbewertung der Mitgliedergruppe Universitäten.

Forschungspolitisch aktiv, als Expertin im Bundestag

Auch im Forschungsausschuss des Bundestages ist Ittel eine gefragte Expertin. Erst im Februar war sie eingeladen worden, zum Thema Internationalisierung in der Wissenschaft Auskunft zu geben. Sie sprach sich dort für eine Stärkung der Integrations- und Willkommenskultur in Deutschland aus. Damit die Wissenschaft weiter exzellent bleibt, sei “Brain-Circulation” und die Gewinnung von internationalen Fachkräften entscheidend. “Aus meiner Sicht ist ein zentraler Punkt, die Integration von Studierenden zu beginnen, während sie noch im Studium sind”, sagte Angela Ittel damals, in ihrer Rolle als HRK-Expertin.

Hochschulen müssten die Vermittlung von Sprachkompetenzen sehr ernst nehmen, damit die Studierenden anschließend direkt in den Arbeitsmarkt integrierbar seien. Zudem seien Welcome- und Career-Center vorzuhalten. Die Positionen, die sie in Berlin vertritt, versucht sie auch an ihrer Hochschule umzusetzen, gleichzeitig speisen sich ihre Analysen aus den Erfahrungen an der TU Braunschweig.

Ittel entwickelt ihre Universität ganzheitlich

Für die TU Braunschweig hat die Präsidentin ein “Modell der ganzheitlichen Entwicklung” ausgearbeitet: “Wir müssen uns in allen Leistungsdimensionen weiterentwickeln, um unsere Wettbewerbsfähigkeit in der exzellenten Forschung zu bewahren.” Der Fokus, sagt Ittel, liege dabei auf der Integration der Querschnittsthemen in die Leistungsbereiche:  Internationalisierung, Digitalisierung, Gleichstellung und Diversität, sowie einem breiten Verständnis des Transfers, das die Aspekte des Technologietransfers, Wissenstransfers und des Knowledge Exchange beinhaltet.

Erste Ergebnisse dieser Entwicklungsstrategie gibt es übrigens schon – zum Beispiel, neben einer deutlichen Drittmittelsteigerung, ein externer Campus der TU Braunschweig in Wolfsburg, eine Forschungsniederlassung in Singapur und vier strategische Partnerschaften mit Universitäten in Schottland, Finnland, Mexiko und den USA. Und, last but not least: Strategien zur Nachhaltigkeit, Diversität und zum Transfer sowie ein neues Leitbild zur Lehre. Gabriele Voßkühler, Tim Gabel

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Personalien

Sophia Becker, Professorin für Nachhaltige Mobilität und transdisziplinäre Forschungsmethoden an der TU Berlin, ist in den wissenschaftlichen Klimabeirat Brandenburg berufen worden. Dieser soll den Monitoring-Prozess zum Klimaplan wissenschaftlich begleiten. Dem Beirat gehören fünf Frauen und sieben Männer an. Becker, die überdies ständiges Mitglied im Expertenbeirat “Klimaschutz in der Mobilität” des Bundesverkehrsministeriums ist, leitet aktuell die interdisziplinäre Nachwuchsgruppe “Die Verkehrswende als sozial-ökologisches Realexperiment (EXPERI)” an der TU Berlin.

Eva-Maria Seng, Rektorin der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Stuttgart, ist neues Mitglied im Kuratorium der Kulturstiftung der Länder. Die Kunsthistorikerin und Kulturwissenschaftlerin wurde auf Vorschlag des Landes Nordrhein-Westfalen vom Stiftungsrat der Kulturstiftung in das Gremium berufen. Seng beschäftigt sich als Wissenschaftlerin mit dem materiellen und immateriellen Kulturerbe. 

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  • Verkehrswende

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Europe.Table. Digitalpolitik: Wirtschaft fordert Fokus auf die Chancen. Die Wirtschaft fordert, dass es in der zweiten Amtszeit von Kommissionspräsidentin von der Leyen um die Umsetzung der beschlossenen Gesetze gehen müsse. Experten haben Bedenken bei der Förderung europäischer Champions. Mehr

Europe.Table. Kritische Rohstoffe: Welche Zielkonflikte der Deal mit Serbien offenbart. Bundeskanzler Scholz und Kommissionsvize Šefčovič haben am Freitag eine Rohstoffpartnerschaft mit Serbien vereinbart, um Lithium für die Dekarbonisierung zu sichern. NGOs verweisen auf die Gefahren für die Umwelt, Bürger auf die fehlende Rechtsstaatlichkeit. Mehr

Climate.Table. Sparhaushalt: So bricht Deutschland sein Versprechen zur Klimafinanzierung. Deutschland hat versprochen, ab 2025 jährlich sechs Milliarden Euro aus öffentlichen Mitteln für die globale Klimafinanzierung bereitzustellen. Im Haushaltsentwurf der Regierung wird dieses Ziel verfehlt. Es fehlt etwa eine Milliarde Euro. Mehr

Berlin.Table. UBA-Chef Dirk Messner über die Netztarife: “Das ist klimapolitisch wenig überzeugend”. Der Chef des Umweltbundesamtes kritisiert, dass die Kosten für den Ausbau erneuerbarer Energien vor allem den Regionen zur Last fallen, die am meisten für Klimaschutz tun. Mehr

Nachtisch

Sicherheitskonferenz in München, 18. Februar 2024: Markus Söder begrüßte US-Vizepräsidentin Kamala Harris bei Ihrer Ankunft.

Bevor Ursula von der Leyen zu ihrer Wiederwahl in der vergangenen Woche antrat, veröffentlichte sie ihre Pläne für die kommenden fünf Jahre. Darin versprach sie unter anderem, Forschung und Innovation “in den Mittelpunkt unserer Wirtschaft” zu stellen. Auch versprach sie, die Forschungsausgaben der EU zu erhöhen und den Europäischen Forschungsrat (ERC) und den Europäischen Innovationsrat (EIC) zu “erweitern”.

Wie ScienceBusiness berichtet, möchte von der Leyen außerdem neue öffentlich-private Partnerschaften ins Leben rufen. Sie will im nächsten Jahr ein europäisches Biotechnologiegesetz als Teil einer umfassenderen Strategie für die Biowissenschaften vorschlagen und die Universitätsallianzen stärken, die die grenzüberschreitenden Verbindungen zwischen den Institutionen vertiefen sollen.

Der EIC unterstützt derzeit Forscher und Innovatoren mit Zuschüssen und Kapitalbeteiligungen mit einem Budget von 10,1 Milliarden Euro bis 2027. Das macht diesen zu einem der größten Deep-Tech-Budgets der Welt. Der ERC vergibt aktuelle Zuschüsse zur Unterstützung vor allem der Forschung im Frühstadium und hat im Rahmen von Horizont Europa ein Budget von mehr als 16 Milliarden Euro.

ESC-Präsidentin Maria Leptin erklärte, von der Leyens Ernennung würde für die dringend benötigte Kontinuität sorgen, und sie sei “sehr erfreut” über die Verpflichtung, die Forschungsausgaben mit Schwerpunkt auf Grundlagenforschung, wissenschaftlicher Exzellenz und bahnbrechender Innovation zu erhöhen und den ERC auszubauen.

Was aber wird wohl eine andere Frau für Forschung und Innovationen bewirken können, von der seit Sonntag bekannt ist, dass sie die erste schwarze Präsidentin der USA werden könnte? Konkret ist die aktuelle Vize-Präsidentin Kamala Harris noch nicht mit Tatendrang in Sachen Research aufgefallen. Sie müsste die Wissenschaft aber eigentlich im Blut haben, denn sie ist die Tochter einer indischen Krebs-Forscherin und eines Wirtschaftswissenschaftlers. Die akademischen Welten sind der Juristin also sehr wohlbekannt. Und sie hat bereits eine Begrüßung durch den Bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder (Foto) erfolgreich über sich ergehen lassen. Wir sind gespannt, was die weiteren Wochen bringen werden. Nicola Kuhrt

Research.Table Redaktion

RESEARCH.TABLE REDAKTION

Licenses:
    Liebe Leserin, lieber Leser,

    Rebecca Spyke Keiser ist Chief of Research Security Strategy and Policy bei der National Science Foundation in den USA. Im Interview mit Table.Briefings redet sie nicht lange um bestehende Probleme in Sachen Forschungssicherheit herum: “Das größte Sicherheitsrisiko ist der Missbrauch von Forschung und Technologie für unethische Zwecke.” Einige Länder versuchten, zum Beispiel durch Technologieklau, auf unfaire Art Wettbewerbsvorteile zu erlangen.

    Keiser verweist auf chinesische Schattenlabore, in denen US-Forschung kopiert wird, aber auch Forschende beider Länder, die zur Spionage gezwungen werden – das Thema Forschungssicherheit werde immer relevanter. Die amerikanische National Science Foundation hat mehrere Strategien, das Problem anzugehen.

    Dem deutschen Wissenschaftssystem wurde in der jüngeren Vergangenheit von verschiedenen Seiten ein naiver Blick auf China als Forschungspartner vorgeworfen. Unser Autor Marcel Grzanna berichtet darüber, dass sich das inzwischen an einigen Stellen ändert. Er hat in Hamburg und München Hinweise darauf gefunden, dass die politische Zeitenwende inzwischen auch an deutschen Hochschulen ankommt. Seine Gesprächspartner haben ihm allerdings auch gesagt, dass noch längst nicht alle Gefahren gebannt sind.

    In diesen Tagen konstituiert sich der Ausschuss für Industrie, Forschung und Energie (ITRE) des Europäischen Parlaments. Sowohl die inhaltlichen Schwerpunkte als auch der neue Vorsitzende stehen bereits fest. Auch ist der Brandenburger Europaabgeordnete Christian Ehler (CDU/EVP) als Koordinator und Sprecher der EVP-Fraktion im ITRE-Ausschuss wiedergewählt worden. Mein Kollege Tim Gabel hat alles Wichtige zur ersten Ausschusswoche in Brüssel für Sie zusammengestellt.

    Ich wünsche Ihnen eine aufschlussreiche Lektüre,

    Ihre
    Nicola Kuhrt
    Bild von Nicola  Kuhrt

    Analyse

    Forschung: Wie die Zeitenwende die deutsche Wissenschaft erreicht

    Uni Hamburg
    Die Universität Hamburg unterzieht Forschungsanfragen aus dem Ausland inzwischen einem vertieften Prüfungsverfahren.

    Chinas Positionierung im Ukraine-Krieg hat ein Umdenken in der deutschen Wissenschaft angeschoben. Spätestens seit es zahlreiche Belege dafür gibt, dass Peking seinen engen Freund und strategischen Partner Wladimir Putin militärisch unterstützt, stehen etliche Kooperationen deutscher Universitäten oder Forschungsinstitute mit chinesischen Institutionen in einem anderen Licht da. “Der Ukraine-Krieg hat die Wahrnehmung verändert. Wir können nicht wegdiskutieren, dass es neben der Partnerschaft mit China auch eine Rivalität gibt”, sagt Yannick Ringot, Koordinator des Hamburg Network on Compliance in Cooperation with China HNC³ der Uni Hamburg.

    In Bereichen, wo einem intensiven Austausch mit chinesischen Partnern vor wenigen Jahren noch weitgehend bedenkenlos zugestimmt wurde, existiert inzwischen großer Bedarf an Wissen und Handlungsanweisungen. Wissenschaftler sehen sich dem Dilemma ausgesetzt, zwischen Risiken und Chancen der Zusammenarbeit abwägen zu müssen. In allen Forschungsfeldern, die Chinas Militär oder Überwachungspotenzial erweitern, “müssen die Unis und Forscher sehr vorsichtig sein”, sagt Ringot im Gespräch mit Table.Briefings.

    “Universitäten haben eine gesellschaftliche Aufgabe”

    Das Netzwerk HNC³ wird vom Bundesforschungsministerium finanziert und bündelt die China-Kompetenz von neun wissenschaftlichen Einrichtungen der Hansestadt. Zentraler Akteur des Netzwerks ist die Uni Hamburg, die früher als andere damit begonnen hat, noch genauer hinzuschauen, mit wem man zusammenarbeitet. Bereits Ende 2020 wurde die übliche Prüfung von internationalen Kooperationsanfragen deutlich intensiviert. Seitdem werden die Anfragen einem vertieften Prüfungsverfahren unterzogen.

    Die Implementierung dieser detaillierten Evaluierung resultierte aus der “dynamischen weltpolitischen Lage”, aus der sich zunehmend eine Systemrivalität zwischen Demokratien und Autokratien herauskristallisiert hat. “Unsere Universitäten haben eine gesellschaftliche Aufgabe. Es kann nicht sein, dass sie dabei helfen, China militärisch aufzurüsten”, sagt Ringot. Das Prozedere wurde bereits mehrfach im Detail angepasst, um dem Risikopotenzial zunehmend gerecht zu werden. Das häufige Nachjustieren steht sinnbildlich für die Defizite, die noch vor wenigen Jahren bei den Prüfungen an den deutschen Unis existiert haben.

    Chancen überstrahlten viele Jahre die Risiken

    Auch weil “Nein” zu sagen, nicht immer leicht fällt. China lockt mit großzügigen Finanzierungen von Forschungsprojekten, mit gut ausgebildeten Gast-Wissenschaftlern und mit hochmodern ausgerüsteten Partner-Einrichtungen. Viele Jahre überstrahlten die Chancen einer Zusammenarbeit die möglichen Gefahren für die Deutschlands Souveränität, nationale Sicherheit und die Forschungsfreiheit. Doch die Zeitenwende hat auch die Wissenschaft erreicht.

    “Wir sehen gerade in Bereichen der Exportkontrolle eine deutlich größere Sensibilisierung und Sorge”, sagt die Wirtschaftsethikerin mit China-Schwerpunkt, Alicia Hennig vom Internationalen Hochschulinstitut (IHI) Zittau an der TU Dresden. Deutlich wurde das beim Bundesarbeitskreis Exportkontrolle und Wissenschaft, wo Mitte Juni rund 130 Vertreter von Universitäten und Forschungseinrichtungen über den Umgang mit den Gefahren und Konsequenzen einer Zusammenarbeit debattierten. Hennig selbst arbeitete fünf Jahre an einer chinesischen Uni als Dozentin, ehe sie nicht mehr bereit war, die ideologischen Grenzen in der Lehre aus Rücksicht auf die Gastgeber einzuhalten, und das Land verließ.

    Hamburger Prüfverfahren ist länderunabhängig

    Im Rahmen des Arbeitskreises erkannte Hennig jedoch “viel Frustration darüber, dass der Bund keine zentrale Rolle bei der Risikobewertung für die Unis einnimmt. Das Bundesforschungsministerium (BMBF) hatte in seinem Positionspapier zur Forschungssicherheit im März 2024 zwar angekündigt, “die Überprüfung und (Weiter-)Entwicklung entsprechender Leitlinien und Instrumente durch die Wissenschaft” im Rahmen ihrer Verantwortung aktiv begleiten zu wollen. Dennoch bleibt die finale Entscheidung an den Universitäten hängen.

    Problematisch dabei: Viele Wissenschaftler besitzen wenig oder gar keine China-Kompetenz. Sie bewerten Risiken nach eigenen Mustern aus ihren persönlichen Werten und Erfahrungen. Sie können weder die persönlichen Hintergründe chinesischer Wissenschaftler einordnen noch die Verknüpfung von Partner-Institutionen in staatliche Rüstungsindustrie- oder Überwachungsprogramme identifizieren. Die Uni Hamburg will diese Lücken schließen. Ihr vertieftes Prüfungsverfahren ist dabei länderunabhängig. Auch die Anfragen aus anderen Staaten werden genau unter die Lupe genommen, zumal wenn diese autokratische Struktur aufweisen. Dennoch sind es Anfragen zu Kooperationen mit chinesischen Partnern, die die meisten Verfahren in Gang setzen.

    Laufendes Projekt von der Uni Hamburg beendet

    Die deutliche Mehrheit der bisher etwa 20 geprüften Verfahren betreffen MINT-Fächer. Die allermeisten bekamen grünes Licht. In einem Fall wurde eine laufende Zusammenarbeit jedoch beendet. Das betroffene drittmittelfinanzierte Projekt befasste sich mit maschinellem Lernen und KI. Als der Antrag der dritten Phase ins Rollen kam, gab es eine Reihe von offenen und kritischen Fragen, die nach intensiven Diskussionen und Abwägungen gegen eine Fortsetzung sprachen.

    Die Prozedur benötigt Zeit: Einer Einstufung nach der Länderliste des Academic Freedom Index (AFI) folgt im Zweifelsfall die erforderliche fachbezogene Einstufung nach Forschungsbereichen mit erhöhtem Risiko beziehungsweise Exportkontrollrelevanz. Weisen auch die Kriterien des Bundesamtes für Ausfuhrkontrolle ein hohes Risiko aus, geht die Prüfung ins Detail. Die Uni holt danach Selbstauskünfte von Projektverantwortlichen und die Einschätzungen von einer Handvoll Abteilungen ein, stimmt sie miteinander ab, hält Rücksprache und entwirft schließlich eine Vorlage für das Präsidium. Dort wird letztlich entschieden, ob eine Kooperation zustande kommt oder nicht.

    Spezifisches Informationsangebot an der TU München

    Auch an der TU München ist man vorsichtig geworden. “In den vergangenen Jahren haben wir eine hohe Sensibilität wie auch verstärkten Beratungsbedarf unserer Forschenden hinsichtlich internationaler Kooperationen festgestellt”, teilt die Uni mit. China steht dabei ganz besonders im Fokus. Die TU hat deshalb im Rahmen ihrer 2022 entwickelten Global Engagement Principles einen Round Table zu China eingerichtet, der ein spezifisches Informationsangebot und Empfehlungen für die Forschenden anbietet. Einerseits soll damit zur weiteren Sensibilisierung beigetragen werden. Andererseits will man die Möglichkeit für eine bestmögliche Ausgestaltung von wissenschaftlicher Kooperation schaffen. Generell orientiere man sich an den Leitfragen der Hochschulrektorenkonferenz zur Zusammenarbeit mit Partnern in China.

    Ebenso wird an der Freien Universität Berlin ein Sensibilisierungsprozess vor allem von der Abteilung Internationales sowie seitens des Rechtsamts vorangetrieben. Ein vertieftes Prüfungsverfahren befindet sich seit Anfang des Jahres in einer Testphase. Bislang gab es bei Drittmittelanträgen lediglich eine Empfehlung oder die Universitätsverwaltung konnte, “im Fall bestimmter Länder wie China”, eine Prüfung ihrerseits einfordern. Zusätzlich hat die Freie Universität einen China-Beirat eingerichtet, der die Hochschulleitungen bei Kooperationen mit China berät.

    Gefahren sind noch lange nicht gebannt

    Drittmittelanträge mit China werden nach Beratung durch die Forschungsabteilung von der Abteilung Internationales – und hier vor allem von den Länderbeauftragen – geprüft. Auch hier lauten die Kernfragen: Drohen Eingriffe in die Wissenschaftsfreiheit oder Verstöße gegen das Exportkontrollrecht?

    Aktuell weist die Forschungsdatenbank der Freien Universität sechs laufende Kooperationen mit China aus, die alle vollständig durch die Europäische Union (Horizon), den DAAD, die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) oder andere internationale Organisationen finanziert sind. Dazu kommen zwei Langzeitprojekte mit zum Teil chinesischer Finanzierung – das von der Peking Universität, der FU und der Humboldt-Universität getragene Zentrum für Deutschlandstudien, das vom DAAD und den drei Partnern finanziert wird. Ferner finanziert China das Konfuzius-Institut an der FU, “das jedoch getrennt vom universitären Lehrbetrieb agiert und vor allem Sprachkurse und Kulturveranstaltungen anbietet”, wie es in einer Stellungnahme der Uni heißt.

    Die Beispiele zeigen, dass Teile der Wissenschaft in Deutschland nicht mehr bereit sind, chinesische Kooperationsanfragen um jeden Preis anzunehmen. Sind die Gefahren gebannt? Noch lange nicht, sagt Wirtschaftsethikerin Hennig. “Es gibt in manchen Bereichen der deutschen Wissenschaften deutliche Fortschritte. In anderen Bereichen tut man sich weiterhin sehr schwer oder es fehlt der Wille, den Risiken geeignete Mechanismen entgegenzusetzen.”

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    Interview

    Rebecca Spyke Keiser: Wie die NSF für Forschungssicherheit sorgen will

    Rebecca Spyke Keiser ist bei der National Science Foundation (NSF) in den USA für Forschungssicherheit und -strategie verantwortlich.
    Rebecca Spyke Keiser ist bei der National Science Foundation (NSF) in den USA für Forschungssicherheit und -strategie verantwortlich.

    Frau Keiser, was ist aktuell die größte Herausforderung im Bereich der Forschungssicherheit? 

    Das größte Sicherheitsrisiko ist der Missbrauch von Forschung und Technologie für unethische Zwecke. Dazu kommt, dass einige Länder versuchen, zum Beispiel durch Technologieklau, auf unfaire Art Wettbewerbsvorteile zu erlangen. Damit wiederum können sie auch stärker Einfluss über internationale Organisationen bekommen. 

    Welche Länder haben Sie besonders im Blick? 

    Das sind die sogenannten countries of concern, die Volksrepublik China, Russland, Nord-Korea und Iran. Diese sind auch im Chips and Science Act, der 280 Milliarden Dollar für die US-amerikanische Halbleiterforschung bereitstellt, konkret benannt. 

    “Safeguarding” für die Wissenschaft

    Wie können wir im Umgang mit diesen Ländern gleichzeitig offen und nicht naiv sein? 

    Es gibt diesen Satz, der oft zitiert wird: “So offen wie möglich, so sicher wie nötig.” Mir gefällt das eigentlich nicht so. Weil der Satz suggeriert, dass man entweder das eine oder andere haben kann. Wir müssen aber beides gemeinsam umsetzen. Wenn ich an Sicherheit denke, dann geht es nicht darum, uns abzuschotten. Aus meiner Sicht brauchen wir eine Art “Safeguarding” für die Wissenschaft.  

    Was bedeutet das?  

    Wir müssen durch Kommunikation, Trainings und Bildung vermitteln, wie man in der täglichen Arbeit mit diesen Risiken umgehen kann. Zum Beispiel, dass wir vorsichtig mit vorläufigen Ergebnissen oder der Beschreibung der Methoden sind. Denn wir haben gesehen, dass Regierungen aus den eben genannten Ländern diese Ergebnisse auf unethische Art verwenden oder Ergebnisse und Methoden als ihre ausgeben. 

    Gibt es dafür konkrete Beispiele? 

    Das größte Land, das seine Wissenschaftler teilweise dazu zwingt, Know-how aus anderen Ländern abzugreifen, ist die Volksrepublik China. Wir sehen zum Beispiel, dass dort Schattenlabore aufgebaut werden, in denen US-Forschung kopiert wird. Oder wir sehen Wissenschaftler, die in den USA forschen und die gezwungen wurden, für die chinesische Regierung zu arbeiten. Auch deren Ergebnisse haben dann chinesische wissenschaftliche Einrichtungen für sich reklamiert. Wir erleben auch, dass Know-how, anders als zuvor behauptet, für militärische oder unethische Zwecke genutzt und damit missbraucht wird. 

    Secure-Center soll die Wissenschaft unterstützen

    Ein neues Zentrum für Forschungssicherheit namens Secure soll helfen. Was steckt dahinter? 

    Secure wird die Community in den USA beim Safeguarding unterstützen. Das Zentrum wird Werkzeuge zur Verfügung stellen, sodass Wissenschaftler und ihre Institutionen ihre eigenen Risikobewertungen vornehmen können. Und man kann über das Secure-Center Informationen zu potenziellen Partnern einholen. Zum Beispiel, ob diese Verbindungen zum chinesischen Militär unterhalten. Aber das Center soll sich nicht nur auf Risiken konzentrieren, sondern auch Chancen der Kooperation beleuchten. 

    Wann wird Secure starten und wie viel Geld steht zur Verfügung? 

    Wir hoffen, dass Secure ab Januar 2025 arbeitsfähig ist. Wir sind gerade dabei, alles vorzubereiten. Von diesem Zeitpunkt an haben wir eine Finanzierungszusage für fünf Jahre, aber unsere Budgets werden jährlich freigegeben. Secure wird mit zehn Millionen Dollar jährlich gefördert, also 50 Millionen insgesamt. Darüber hinaus hoffen wir, dass dazu noch 3,5 Millionen Dollar jährlich für Secure Analytics kommen. Damit wollen wir Tools für die Hochschulen entwickeln, sodass diese ihre eigenen Bewertungen vornehmen können. 

    Auf keinen Fall ganze Forschungsbereiche infrage stellen

    Sehen Sie auch Handlungsbedarf im gesetzlichen Bereich? 

    Gesetzlich sind wir gut aufgestellt. Wir haben zum Beispiel einige Passagen zu Research Security im Chips and Science Act, auf die wir nun aufbauen können. Im National Defense Authorization Act sind ebenfalls Regelungen zu Research Security enthalten, die nicht nur fürs Militär, sondern auch für andere Bereiche gelten. Es kann sein, dass in Zukunft weitere Regulierungen auf uns zukommen. Mein Wunsch ist jedoch, unser offenes Wissenschaftssystem zu erhalten und auf keinen Fall ganze Forschungsbereiche infrage zu stellen.  

    Demnach ist Secure zum Erfolg verdammt, damit die Gesetze nicht härter werden. 

    Ja, wir müssen zeigen, dass das, was wir gerade haben, auch umgesetzt wird, dass wir eine Kultur der Forschungssicherheit und dafür vorgesehene Maßnahmen umsetzen. 

    Zusammenarbeit mit anderen nationalen Zentren 

    Deutschland wählt bekanntlich einen anderen Weg. Die Ministerin weist den Universitäten selbst die Lösung des Problems zu. Ein nationales Zentrum soll es nicht geben. Was denken Sie über diese Herangehensweise? 

    Es gibt viele verschiedene Modelle. Durch die Zusammenarbeit beim Aufbau der nationalen Zentren sind wir in regem Austausch mit Ländern wie dem UK oder den Niederlanden, die einen ähnlichen Ansatz haben. Grundsätzlich müssen alle das so organisieren, dass es in ihrem System funktioniert. Letztendlich kommt es darauf an, die Kommunikation über das Thema aufrechtzuerhalten. Dazu sind wir in Deutschland im Gespräch mit dem BMBF, auch über die G7.  

    Kommen die Anstrengungen in diesem Bereich nicht viel zu spät? 

    Keine Frage, es ist höchste Zeit, etwas zu tun. Es gibt Wissenschaftler aus kritischen Ländern und Institutionen, die zu uns kommen oder mit uns Forschung betreiben. Und gerade China macht ja auch öffentlich deutlich, was es von diesen erwartet. Das schauen wir uns jetzt kritischer an. In dieser Hinsicht müssen wir auch mit Deutschland zusammenarbeiten. Aber es steht mir nicht zu, Ratschläge an das deutsche Forschungssystem geben.  

    Wie optimistisch sind Sie, dass das Thema Forschungssicherheit auch nach der Präsidentenwahl im November noch eine wichtige Rolle spielt? 

    Wir hatten immer die überparteiliche Unterstützung für die NSF und die Research Security. Das kommt auch daher, dass die Aktivitäten noch in der vorherigen Legislatur begonnen haben. Die Biden-Administration hat viele Dinge übernommen. Daher sind wir optimistisch, dass die Unterstützung auch nach November weitergeht.  

    Rebecca Spyke Keiser ist bei der National Science Foundation (NSF) in den USA für Forschungssicherheit und -strategie verantwortlich. Ihre Position des Chief of Research Security Strategy and Policy (CRSSP) wurde im März 2020 geschaffen, um die Sicherheit der staatlich finanzierten Forschung zu gewährleisten und gleichzeitig eine offene internationale Zusammenarbeit aufrechtzuerhalten. 

    In dieser Funktion berät Keiser die NSF-Präsidentin in allen Aspekten der Forschungssicherheitsstrategie. Außerdem leitet sie die Bemühungen der NSF zur Entwicklung und Umsetzung von Maßnahmen zur Verbesserung der Forschungssicherheit sowie die Koordinierung der Behörde mit anderen Bundesbehörden und dem Weißen Haus.

    Die Langfassung des Interviews lesen Sie hier.

    • BMBF
    • Chips
    • Forschungssicherheit
    • National Science Foundation
    • USA
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    Termine

    12./13. September 2024, FU Berlin
    Jah­res­ta­gung des Netz­werks Wis­sen­schafts­ma­nage­ment Für Frei­heit in Kri­sen­zei­ten. Per­spek­ti­ven aus dem Wissenschaftsmanagement Mehr

    19. September 2024, ab 11 Uhr, Körber-Stiftung, Hamburg
    Hamburg Science Summit 2024 “Europe’s Path Towards Tech Sovereignty” Mehr

    24. September 2024, 10:30 bis 16:15 Uhr, Haus der Commerzbank, Pariser Platz 1, 10117 Berlin
    Forum Hochschulräte Starke Marken, klarer Kern: Strategische Schwerpunktsetzung und Markenbildung bei Hochschulen Mehr

    25. September 2024, Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt (KU)
    Jahreskolloquium des Bayerischen Wissenschaftsforums Transformationskompetenz in Wissenschaft und Hochschule Mehr

    26. September 2024, 12:00 bis 13:00 Uhr, Webinar
    CHE talk feat. DAAD KIWi Connect Transfer und Internationalisierung – Warum ist es sinnvoll, beides gemeinsam zu denken und was braucht es hierzu? Mehr

    26./27. September 2024, Leopoldina, Jägerberg 1, 06108 Halle (Saale) und Online
    Jahresversammlung 2024 der Leopoldina Ursprung und Beginn des Lebens Mehr

    23. bis 25. Oktober 2024 am ETH AI Center in Zürich, Schweiz
    Jahrestagung der Gesellschaft für Medien in der Wissenschaft (GMW) und CampusSource Agilität und KI in Hochschulen Mehr

    News

    “Scorecard” Forschung und Innovation: So steht Deutschland im Vergleich der G20 da

    Mit einem hohen Anteil von Forschenden in der Bevölkerung sowie überdurchschnittlich vielen Patentzitationen steht Deutschland in der jährlichen Bewertungsliste “G20-Scorecard” relativ gut da. Der vom Institute for Scientific Information (ISI) des Unternehmens Clarivate jährlich veröffentlichte Bericht untersucht die Forschungs- und Innovationsleistungen der einzelnen G20-Mitglieder und ist in interaktiven Grafiken einsehbar.

    Die Scorecard soll Wissenschaftlern und politischen Entscheidungsträgern Einblicke in globale Trends in der Forschung geben. Dafür werden unter anderem Daten über Patent- und Publikationszitationen erhoben, aber auch, wie kollaborativ und zugänglich die Forschung in den jeweiligen Ländern ist. Neuerdings lässt sich außerdem die Forschung im Bereich der Nachhaltigkeitsziele vergleichen. In diesem Jahr sind zum ersten Mal auch Daten für die Europäische Union enthalten sowie für das neue ständige Mitglied der G20, die Afrikanische Union.

    Die wichtigsten Ergebnisse aus deutscher Sicht

    • Mit 8,3 Forschenden pro 1.000 Einwohner ist die Wissenschaftlerdichte in Deutschland hoch. Einzig Südkorea schneidet mit 11,6 pro 1.000 Einwohner besser ab. Fast so gut wie Deutschland sind Japan (8) und Großbritannien (7,9).
    • Open Access: Fast 64 Prozent der im Jahr 2023 erstellten deutschen Veröffentlichungen waren frei zugänglich. Zum Vergleich: Der Open-Access-Anteil der USA lag 2023 bei 47,9 Prozent, in China bei 38,3 Prozent, in Italien und UK bei 67 Prozent.
    • Impact von Patenten: Bei der Zitation von Patenten liegt Deutschland im Bereich Medizin und Lebenswissenschaften deutlich über dem Durchschnitt. Bei der Zahl der Patentanmeldungen liegt China mit Abstand vorn (1,5 Millionen im Jahr 2022), Deutschland mit 157.000 auf Rang 5.
    • Impact von Studien: Bei der Zitierhäufigkeit liegt Deutschland mit einem Category Normalized Citation Impact (CNCI) von 1,22 für den Zeitraum 2014 bis 2023 über dem Durchschnitt und an siebter Stelle. Die beste Kennzahl erreicht Großbritannien mit 1,39. Ein CNCI-Wert von mehr als 1,0 bedeutet, dass eine Arbeit häufiger zitiert wird als im weltweiten Durchschnitt.
    • Mit einem Frauenanteil bei den Forschenden von 29,4 Prozent liegt Deutschland auf dem drittletzten Platz. Noch schlechter sind Südkorea (23 Prozent) und Japan (18,3 Prozent). Führend: Argentinien mit 53,6 Prozent und Südafrika (47 Prozent). abg
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    ITRE konstituiert sich: Christian Ehler erneut zum EVP-Sprecher gewählt worden

    Der Brandenburger Europaabgeordnete Christian Ehler (CDU/EVP) ist als Koordinator und Sprecher der EVP-Fraktion im Ausschuss für Industrie, Forschung und Energie (ITRE) des Europäischen Parlaments wiedergewählt worden. “Es ist mir eine große Ehre, erneut das Vertrauen meiner Kolleginnen und Kollegen im ITRE-Ausschuss erhalten zu haben und sie in den nächsten Jahren im Ausschuss führen zu dürfen”, sagt Ehler. Der Forschungspolitiker war in der vergangenen Legislaturperiode Ko-Berichterstatter für Horizont Europa und will sich auch am Gesetzgebungsprozess für das 10. Forschungsrahmenprogramm (FP10) beteiligen.

    Der ITRE-Ausschuss werde in der anstehenden Legislaturperiode eine strategisch wichtige Rolle spielen, um Europas Wettbewerbsfähigkeit zu stärken und die Weichen für ein starkes, innovatives und nachhaltiges Europa zu stellen, sagte Ehler. Als Koordinator daran aktiv mitzuwirken, sei eine besondere Aufgabe. Ehler hatte das Amt bereits in den vergangenen fünf Jahren inne. “Ich freue mich auch auf die Zusammenarbeit mit meiner geschätzten bulgarischen Vize-Koordinatorin Eva Maydell.” Maydell ist mit 38 Jahren das jüngste Mitglied der EVP und eine Abgeordnete der bulgarischen Mitte-Rechts-Partei GERB.

    Borys Budka soll neuer ITRE-Vorsitzender werden

    Am Dienstag findet in Brüssel die konstituierende Sitzung des ITRE statt. In dieser Sitzung wird der Ausschuss sein Präsidium, bestehend aus einem Vorsitzenden und stellvertretenden Vorsitzenden, für ein zweieinhalbjähriges Mandat wählen. Beste Chancen auf das Amt soll der polnische Europaabgeordnete Borys Budka (EVP) haben. Nach Informationen des Fachportals ScienceBusiness übernimmt er den Vorsitz vom rumänischen Europaabgeordneten Cristian Bușoi, während die Verhandlungen über die Ausgestaltung des FP10 beginnen. 

    Budka ist seit den 1990er Jahren politisch aktiv und war zwischen 2002 und 2011 Stadtrat im polnischen Zabrze. 2006 trat er der Partei Bürgerplattform bei und wurde 2011 in den Sejm gewählt, das Unterhaus des polnischen Zweikammerparlaments. Budkas politische Karriere umfasst eine Amtszeit als Justizminister im Jahr 2015 und als Minister für Staatsvermögen von Dezember 2023 bis Mai 2024. Er trat zurück, um für das Europäische Parlament zu kandidieren.

    Herausforderungen: Klimawandel und Wettbewerbsfähigkeit

    “Der Schwerpunkt des Ausschusses wird wahrscheinlich auf der Bewältigung der Herausforderungen des globalen Klimawandels liegen, wobei man sich gleichzeitig der Aufrechterhaltung der globalen technologischen Wettbewerbsfähigkeit Europas bewusst sein muss”, sagte Lidia Borrell-Damián, auf Anfrage von ScienceBusiness. Borrell-Damián ist Generalsekretärin von Science Europe, einem Zusammenschluss europäischer Forschungsorganisationen. Die erste reguläre ITRE-Sitzung findet am Mittwoch statt. tg

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    Hessen: Offener Brief gegen Kürzungen

    Nachdem bereits die Rektoren und Studierende protestiert hatten, melden sich jetzt auch die Professoren. In ihrem offenen Brief warnen sie vor empfindlichen Einschnitten “im Bereich der Kernaufgaben der Hochschulen: Forschung und Lehre“, die durch den Sparkurs der Regierung notwendig würden. 

    34 Millionen Euro Einsparungen im Etat von Wissenschaftsminister Timon Gremmels sieht der Nachtragshaushalt der neuen schwarz-roten hessischen Landesregierung für 2024 vor. Und auch in 2025 muss man sparen. Daneben steht man jedoch zum laufenden Hochschulpakt, der vier Prozent mehr für die Hochschulen im Land bringt. Gespart werden soll in anderen Bereichen.

    Kostensteigerungen belasten Hochschulen zusätzlich

    Das Problem sei allerdings, dass schon die durch den Hochschulpakt garantierten Aufwüchse die aktuellen Kostensteigerungen nicht wettmachen. Die Lasten für die Hochschulen durch weiterhin erhöhte Energiekosten, Baukostensteigerung und Erhöhung der Personalkosten infolge des jüngsten Tarifabschlusses seien massiv angestiegen, schreiben die Autoren des offenen Briefes.

    Einer der Initiatoren, Lambert Alff von der TU Darmstadt erläutert gegenüber Table.Briefings, dass die Kürzungen auch nicht mehr durch eine verstärkte Drittmitteleinwerbung kompensiert werden könnten. Schließlich müssten beispielsweise DFG oder BMBF auch sparen und können weniger verteilen. 

    Hoffnung auf den nächsten Hochschulpakt

    Viele der Akteure setzen nun bereits auf den neuen hessischen Hochschulpakt, der ab 2026 laufen soll. Dort wolle man ein stabiles Sockelbudget sowie einen Ausgleich für den neuen Tarifvertrag erreichen, sagte kürzlich die Präsidentin der Uni Kassel, Ute Clement.

    Alff und bisher mehr als 390 Mitunterzeichnende halten sich mit konkreten politischen Forderungen zurück. Sie wollen auf die Folgen der Kürzungen aufmerksam machen. Diese könnten “langfristig schädliche Wirkungen für Zukunftsfähigkeit haben, denn einmal verloren gegangene Expertise im Wissenschaftsbereich kann nicht kurzfristig wiederhergestellt werden“. Man wünsche sich daher Entscheidungen mit Weitblick und langfristiger Perspektive. mw

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    Haushalt 2025: AiF kritisiert Kürzungen bei ZIM

    Die Arbeitsgemeinschaft industrieller Forschungsvereinigungen (AiF) spricht sich gegen die im Bundeshaushaltsgesetzentwurf 2025 geplante Mittelkürzung des Zentralen Innovationsprogramms Mittelstand (ZIM) aus. “In Anbetracht der aktuell geringen Wachstumsraten und der herausragenden Anforderungen an die deutsche Wirtschaft halten wir die angedachte Kürzung von über 17 Prozent für ein falsches Signal”, erklärt AiF-Vorstand Thomas Reiche in einer Mitteilung.

    Reiche verweist dabei auf einen aktuellen Evaluationsbericht von Anfang Juli, den das Bundeswirtschaftsministerium in Auftrag gegeben hatte. Demnach ist das ZIM-Programm eines der wichtigsten und erfolgreichsten Forschungsförderprogramme in Deutschland. Die derzeit geplante Reduzierung von 628 (2024) auf 519 Millionen Euro (2025) stehe nicht im Verhältnis zu den Bedarfen und der Wirtschaftssituation in Deutschland, schreibt die AiF in einer Mitteilung und fordert eine Nachjustierung.

    Habeck verweist auf Entlastungen und die Forschungszulage

    Dass die Mittel für die Industrielle Gemeinschaftsforschung und das INNO-KOM-Förderprogramm (insgesamt rund 253 Millionen Euro für 2025) laut aktuellem Entwurf nicht gekürzt werden sollen, sei in Anbetracht des deutlich geringeren Gesamthaushalts des Bundesministeriums positiv zu werten. Allerdings komme dies mit Sicht auf die erheblich gesteigerten Kosten für die forschungsaffinen Unternehmen einer Reduzierung gleich, betonte Reiche.

    In seiner Mitteilung zum Haushaltsentwurf umging Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck die Kürzungen bei ZIM. Habeck betonte dagegen die Möglichkeit zu beschleunigten Abschreibungen und einer verbesserten Forschungszulage, die die Bundesregierung in ihrer parallel zum Haushaltsentwurf beschlossenen Wachstumsinitiative vorgesehen habe. Zudem werde das Vergaberecht einfacher, der Datenschutz entschlackt und kleine und mittlere Unternehmen besonders entlastet, teilte der Vizekanzler mit. tg

    • Forschungspolitik
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    Heads

    Angela Ittel – progressive Netzwerkerin, auch außerhalb der TU Braunschweig

    Die Präsidentin der TU Braunschweig und Vizepräsidentin der HRK, Angela Ittel, setzt sich forschungspolitisch für Interdisziplinarität, den wissenschaftlichen Nachwuchs, Internationalisierung, Gleichstellung und Diversität ein.

    Angela Ittel, seit 2021 Präsidentin der TU Braunschweig, hat eine genaue Vorstellung davon, was gute Hochschulleitung ausmacht: “Man muss strategisch denken und vernetzen können, aber auch politisch aktiv sein und eine Vision haben.” Ittel will die TU Braunschweig noch forschungs- und transferstärker, internationaler, diverser und auch gleichstellungsgerechter machen, um sie hinsichtlich des Wettbewerbs um Forschungsgelder und um Studierende für die Zukunft gut aufzustellen.

    Nach einem Studium an der Florida International University (USA) promovierte Ittel 1997 an der University of California at Santa Cruz (USA) im Fach Entwicklungspsychologie. 2005 habilitierte sie an der Freien Universität Berlin und wurde 2008 zur Professorin für Pädagogische Psychologie an die TU Berlin berufen. 2014 kam dann der Wechsel in das Wissenschaftsmanagement: Bis 2021 war die Wissenschaftlerin hauptberufliche Vizepräsidentin der TU Berlin und verantwortete dort die Bereiche strategische Entwicklung, Förderung in der frühen Karrierephase und Lehrkräftebildung.

    Personen vernetzen, damit exzellente Forschungsfragen entstehen

    “Aus den Erfahrungen, die ich während meiner Zeit in den USA gesammelt habe, schöpfe ich bis heute”, sagt sie. Obwohl eine Hochschulleitung nicht ihr berufliches Ziel gewesen sei, habe sie doch “eine wirkliche Leidenschaft” für das Wissenschaftsmanagement entwickelt, erklärt Ittel: “Ich sehe meine Aufgabe und auch Begeisterung darin, Personen zu vernetzen. Daraus können sich exzellente Forschungsfragen entwickeln.” Seit Oktober 2022 führt Angela Ittel auch die TU9-Allianz als Doppelspitze mit der Präsidentin der TU Darmstadt Tanja Brühl.

    In einer durchschnittlichen Arbeitswoche gibt es zunächst mal viele interne Termine zur Absprache von aktuellen Themen. Dann kommen noch externe Verpflichtungen, etwa zur Repräsentanz der TU nach außen, dazu. Ittel fährt etwa zur Präsidiumssitzung der Hochschulrektorenkonferenz, in der sie seit 2023 das Amt der Vizepräsidentin für Internationales, Gleichstellung und Diversität innehält. Zuletzt hatte sie sich dafür starkgemacht, dass die HRK der Nationalen Kontaktstelle der sogenannten Coalition for Advancing Research Assessment (CoARA) als Gast beitritt. Sie ist in der HRK auch Leiterin der Arbeitsgruppe Forschungsbewertung der Mitgliedergruppe Universitäten.

    Forschungspolitisch aktiv, als Expertin im Bundestag

    Auch im Forschungsausschuss des Bundestages ist Ittel eine gefragte Expertin. Erst im Februar war sie eingeladen worden, zum Thema Internationalisierung in der Wissenschaft Auskunft zu geben. Sie sprach sich dort für eine Stärkung der Integrations- und Willkommenskultur in Deutschland aus. Damit die Wissenschaft weiter exzellent bleibt, sei “Brain-Circulation” und die Gewinnung von internationalen Fachkräften entscheidend. “Aus meiner Sicht ist ein zentraler Punkt, die Integration von Studierenden zu beginnen, während sie noch im Studium sind”, sagte Angela Ittel damals, in ihrer Rolle als HRK-Expertin.

    Hochschulen müssten die Vermittlung von Sprachkompetenzen sehr ernst nehmen, damit die Studierenden anschließend direkt in den Arbeitsmarkt integrierbar seien. Zudem seien Welcome- und Career-Center vorzuhalten. Die Positionen, die sie in Berlin vertritt, versucht sie auch an ihrer Hochschule umzusetzen, gleichzeitig speisen sich ihre Analysen aus den Erfahrungen an der TU Braunschweig.

    Ittel entwickelt ihre Universität ganzheitlich

    Für die TU Braunschweig hat die Präsidentin ein “Modell der ganzheitlichen Entwicklung” ausgearbeitet: “Wir müssen uns in allen Leistungsdimensionen weiterentwickeln, um unsere Wettbewerbsfähigkeit in der exzellenten Forschung zu bewahren.” Der Fokus, sagt Ittel, liege dabei auf der Integration der Querschnittsthemen in die Leistungsbereiche:  Internationalisierung, Digitalisierung, Gleichstellung und Diversität, sowie einem breiten Verständnis des Transfers, das die Aspekte des Technologietransfers, Wissenstransfers und des Knowledge Exchange beinhaltet.

    Erste Ergebnisse dieser Entwicklungsstrategie gibt es übrigens schon – zum Beispiel, neben einer deutlichen Drittmittelsteigerung, ein externer Campus der TU Braunschweig in Wolfsburg, eine Forschungsniederlassung in Singapur und vier strategische Partnerschaften mit Universitäten in Schottland, Finnland, Mexiko und den USA. Und, last but not least: Strategien zur Nachhaltigkeit, Diversität und zum Transfer sowie ein neues Leitbild zur Lehre. Gabriele Voßkühler, Tim Gabel

    • Diversität
    • Forschungsausschuss
    • Nachhaltigkeit
    • Transfer
    • Universitäten
    • Wissenschaftskooperation

    Personalien

    Sophia Becker, Professorin für Nachhaltige Mobilität und transdisziplinäre Forschungsmethoden an der TU Berlin, ist in den wissenschaftlichen Klimabeirat Brandenburg berufen worden. Dieser soll den Monitoring-Prozess zum Klimaplan wissenschaftlich begleiten. Dem Beirat gehören fünf Frauen und sieben Männer an. Becker, die überdies ständiges Mitglied im Expertenbeirat “Klimaschutz in der Mobilität” des Bundesverkehrsministeriums ist, leitet aktuell die interdisziplinäre Nachwuchsgruppe “Die Verkehrswende als sozial-ökologisches Realexperiment (EXPERI)” an der TU Berlin.

    Eva-Maria Seng, Rektorin der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Stuttgart, ist neues Mitglied im Kuratorium der Kulturstiftung der Länder. Die Kunsthistorikerin und Kulturwissenschaftlerin wurde auf Vorschlag des Landes Nordrhein-Westfalen vom Stiftungsrat der Kulturstiftung in das Gremium berufen. Seng beschäftigt sich als Wissenschaftlerin mit dem materiellen und immateriellen Kulturerbe. 

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    • Verkehrswende

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    Nachtisch

    Sicherheitskonferenz in München, 18. Februar 2024: Markus Söder begrüßte US-Vizepräsidentin Kamala Harris bei Ihrer Ankunft.

    Bevor Ursula von der Leyen zu ihrer Wiederwahl in der vergangenen Woche antrat, veröffentlichte sie ihre Pläne für die kommenden fünf Jahre. Darin versprach sie unter anderem, Forschung und Innovation “in den Mittelpunkt unserer Wirtschaft” zu stellen. Auch versprach sie, die Forschungsausgaben der EU zu erhöhen und den Europäischen Forschungsrat (ERC) und den Europäischen Innovationsrat (EIC) zu “erweitern”.

    Wie ScienceBusiness berichtet, möchte von der Leyen außerdem neue öffentlich-private Partnerschaften ins Leben rufen. Sie will im nächsten Jahr ein europäisches Biotechnologiegesetz als Teil einer umfassenderen Strategie für die Biowissenschaften vorschlagen und die Universitätsallianzen stärken, die die grenzüberschreitenden Verbindungen zwischen den Institutionen vertiefen sollen.

    Der EIC unterstützt derzeit Forscher und Innovatoren mit Zuschüssen und Kapitalbeteiligungen mit einem Budget von 10,1 Milliarden Euro bis 2027. Das macht diesen zu einem der größten Deep-Tech-Budgets der Welt. Der ERC vergibt aktuelle Zuschüsse zur Unterstützung vor allem der Forschung im Frühstadium und hat im Rahmen von Horizont Europa ein Budget von mehr als 16 Milliarden Euro.

    ESC-Präsidentin Maria Leptin erklärte, von der Leyens Ernennung würde für die dringend benötigte Kontinuität sorgen, und sie sei “sehr erfreut” über die Verpflichtung, die Forschungsausgaben mit Schwerpunkt auf Grundlagenforschung, wissenschaftlicher Exzellenz und bahnbrechender Innovation zu erhöhen und den ERC auszubauen.

    Was aber wird wohl eine andere Frau für Forschung und Innovationen bewirken können, von der seit Sonntag bekannt ist, dass sie die erste schwarze Präsidentin der USA werden könnte? Konkret ist die aktuelle Vize-Präsidentin Kamala Harris noch nicht mit Tatendrang in Sachen Research aufgefallen. Sie müsste die Wissenschaft aber eigentlich im Blut haben, denn sie ist die Tochter einer indischen Krebs-Forscherin und eines Wirtschaftswissenschaftlers. Die akademischen Welten sind der Juristin also sehr wohlbekannt. Und sie hat bereits eine Begrüßung durch den Bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder (Foto) erfolgreich über sich ergehen lassen. Wir sind gespannt, was die weiteren Wochen bringen werden. Nicola Kuhrt

    Research.Table Redaktion

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